Repressionen Nehmen zu Tibet

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Repressionen Nehmen zu Tibet
repressionen Nehmen zu Tibet-Bahnlinie wird eröffnet
Ein Bericht der International Campaign for Tibet
Washington, DC | Amsterdam | Berlin
www.savetibet.de
INTERNATIONAL CAMPAIGN FOR TIBET
Repressionen Nehmen zu - Tibet-Bahnlinie wird eingeweiht
inhalt
Einleitung
1
Lhasa Ende JUni: Vorbereitungen auf die
Eröffnung der Bahnlinie
2
Ein “Kampf um Leben oder TOD” gegen den Dalai
Lama:
Verschärfung von Sicherheit und
“Patriotischer erziehung”
4
An der Frontlinie des Mutterlandes: Chinas
strategische Ziele und die Bahnlinie
7
“Nicht mal der Buddha Kann Etwas gegen Sie
tun”:
Tibeter Sprechen über die Bahnlinie
13
Hintergrund
14
Chinesische Zuwanderung nach Tibet und die Bahnlinie
Die Streckenführung der Bahnlinie
Titelbild: Neue Züge an der Endstation Golmud, Qinghai.
14
15
Repressionen nehmen zu - Tibet-Bahnlinie wird eröffnet
INTERNATIONAL CAMPAIGN FOR TIBET
1. einleitung
Die neue Eisenbahnlinie, die China mit dem tibetischen Hochplateau
verbindet, wird am 1. Juli 2006 offiziell eingeweiht. Begleitet wird
die von Peking als historisch bezeichnete Inbetriebnahme des milliardenschweren Infrastrukturprojektes von einem immer repressiver
werdenden politischen Klima. Die chinesische Führung hat Sicherheitsvorkehrungen verschärft, „patriotische Erziehungskampagnen“
und ihre „strike-hard“-Kampagne intensiviert. Gleichzeitig hat der
Parteichef der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) in Tibet,
Zhang Qingli, verkündet, es werde einen „Kampf auf Leben und
Tod“ gegen den Dalai Lama und seine Unterstützer geben.
Die Fertigstellung der 1.142 Kilometer langen Strecke von Golmud
in der Provinz Qinghai nach Lhasa in der Tibetischen Autonomen
Region (TAR) erfolgte trotz hoher Kosten und zahlreicher technischer Schwierigkeiten. Die chinesische Staatsführung hat durch ihr
Chinesische Arbeiter aus ganz China haben an
Festhalten an dem Projekt deutlich gemacht, welche hohe politische
der Fertigstellung der Bahnhofsanlagen in Lhasa
mitgewirkt. Das Foto zeigt einen chinesischen und strategische Bedeutung dieses Projekt für sie hat. Das Projekt
Arbeiter, der in traditionell tibetischer Kleidung wird in chinesischen Medien als „Kernstück“ des mit hoher Priorfür ein Erinnerungsfoto posiert. Im Hintergrund das
ität betriebenen Entwicklungsplans der westlichen Gebiete Chinas
Monument „Gedenken an die friedliche Befreiung
Tibets“, das den Potala-Platz in Lhasa dominiert. beschrieben. Die rund 3,25 Milliarden Euro teure Verbindung macht
direkte Verbindungen von Peking, Schanghai oder Chendgu nach
Lhasa möglich. Peking verwirklicht damit Pläne Mao Zedongs und ist damit Maos Ziel näher gekommen,
die politische Kontrolle über die Region zu gewinnen.1
Peking versucht, die Eisenbahnlinie vor allem als technologische Meisterleistung chinesischer Ingenieure
darzustellen. Die Strecke führt über zahlreiche Gebirgspässe des Hochplateaus. Rund die Hälfte der
Schienenstrecke wurde auf Permafrostböden verlegt, die die Anwendung neuer Methoden erforderten, da
Permafrost ein besonders schwieriger und instabiler Untergrund ist. Ende Juni war noch unklar, ob Staatsund Parteichef Hu Jintao, früher selbst Parteichef in Tibet, an der Jungfernfahrt des ersten Passagierzuges
teilnehmen würde.
Unmittelbar vor der Fertigstellung der Eisenbahnlinie hatten sich führende Parteifunktionäre für die Intensivierung des Kampfes gegen „Separatisten“ ausgesprochen. Bei einer Parteiveranstaltung im Mai 2006
forderte Zhang Qingli, Parteichef der TAR, eine Verschärfung der „patriotischen Erziehungskampagne“
und verkündete, die Partei befände sich in einem „Kampf auf Leben und Tod“ mit dem Dalai Lama und
Ein tibetischer Arbeiter auf dem Weg zur Baustelle. Viele Bahnarbeiter waren Chinesen, während Tibeter fast ausschließlich unqualifizierte
und körperlich anstrengende Aufgaben ausführen mussten.
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seinen Anhängern. Zhang, der formell erst am 26. Mai 2006 zum Parteichef in der TAR ernannt worden war,
hatte zuvor eine Leitungsfunktion in der Provinz Xinjiang (Ost-Turkestan) inne und war verantwortlich für
die Steuerung des Zuzugs chinesischer Migranten nach Xinjiang, dem traditionellen Siedlungsgebiet der
Uighuren. Zhang beschreibt den Dalai Lama als „das größte Hindernis für den tibetischen Buddhismus,
zu einer normalen Ordnung zu kommen“.2
Vertreter des Obersten Volksgerichtes und der KPCh waren
am 15. Juni in Lhasa zusammengekommen, um zu erörtern,
inwiefern die Inbetriebnahme der Bahnlinie zu „erhöhten
Anforderungen“ an Gerichte und Sicherheitskräfte führen
könne.3 Jeder Form „krimineller Aktivität“, die gegen den
Betrieb der Bahnlinie gerichtet sei, müsse entschlossen
begegnet werden. In den letzten zehn Jahren hat das chinesische Besatzungsregime rechtliche und administrative
Mechanismen entwickelt, mit Hilfe derer jegliche Ausübung
von Religion oder friedlicher Protest, der als Gefahr für die
„gesellschaftliche Stabilität“ oder die „nationale Einheit“
gewertet werden könnte, sofort unterbunden werden können
Dieses Vorgehen entspräche geltendem Recht und sei daher
rechtsstaatlich, argumentiert Peking.
Auf einem Plakat in Lhasa auf dem Weg zum alten
Ramoche-Kloster ist in großen chinesischen Lettern zu lesen:
„Willkommen zum Testlauf der Qinghai-Tibet Eisenbahn!“
Obwohl sowohl Tibetisch als auch Chinesisch Amtssprachen
in der TAR sind, sind während der Bauphase häufig nur
chinesische Werbetafeln auf zentralen Plätzen genutzt
worden.
Dieser Bericht enthält neue Aufnahmen von der Stadtentwicklung Lhasas und den Baumaßnahmen der Bahnstrecke.
Sie sind Beleg für die Auswirkungen dieses Mega-Projektes auf Umwelt und Gesellschaft Tibets. Die
Qinghai-Tibet Bahnlinie ist das vielleicht sichtbarste und teuerste Element von Chinas „Großem Sprung
nach Westen“ (chin.: Xibu da kaifa)4, einer hoch angesiedelten politischen Kampagne, die vom damaligen
Staats- und Parteichef Jiang Zemin in den Jahren 1999/2000 initiiert worden war. Dieses Vorhaben betrifft
mehr als 56% des Territoriums der Volksrepublik China und
beeinflusst die Lebenswelt von fast einem Viertel der Bevölkerung Chinas, unter ihnen Tibeter, Uighuren und andere
„nationale Minderheiten“.
2. Lhasa Ende Juni: Vorbereitungen auf die
Einweihung der Bahnlinie
Eine Werbetafel in der Nähe des Flusses Kyichu fordert in
chinesischer und tibetischer Sprache auf: „Verbreitet die gute
Nachricht über die Qinghai-Tibet Eisenbahn und Lhasa wird
neu erstehen“.
Bahnlinie an ihren Häusern anzubringen.
Sicherheitsvorkehrungen wurden sowohl in Lhasa als auch
Golmud verschärft. Mehrere Militärconvoys mit jeweils
etwa 50 Fahrzeugen wurden auf ihrem Weg von Qinghai in
die TAR beobachtet. Zusätzliche Armeeeinheiten patrouillieren rund um die Schienenstrecke. Anwohner in angrenzenden Gemeinden wurden aufgefordert, die chinesische
rote Fahne sowie Spruchbänder in Unterstützung der neuen
Ende Juni 2006 waren die Bauarbeiten im Bahnhofsgebäude von Lhasa noch nicht abgeschlossen. Die
Anlage verfügt über vier Bahnsteige und insgesamt zehn Gleise. Das weitläufige Bahnhofsgelände umfasst
ein Gebäude, in dem die für die Überwachung der Schienenstrecke in Lhasa zuständigen Sicherheitsbehörden untergebracht sind. Daneben befinden sich eine Wartungs- und Instandhaltungseinrichtung sowie
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ein Servicebüro für den öffentlichen Verkehr in dem Gebäude.
Die Bahnhofsanlagen in Lhasa reichen weit über das Areal hinaus, an dem zuvor an gleicher Stelle das tibetische Dorf Ne’u (chin. Liuwu) gestanden hatte, das dem Bahnhofsgelände weichen musste und vollständig
abgerissen wurde. Mehr als einhundert Familien wurden in ein neues Dorf umgesiedelt, eine Siedlung mit
monoton angeordneten Gebäuden, die sich etwa 2,5 Kilometer entfernt von der ursprünglichen Siedlung befindet. Das
alte Dorf bestand aus traditionell kleinen Wohnanlagen mit
Höfen. Aussagen ICT gegenüber berichten davon, dass den
Dorfbewohnern keine Wahl gelassen wurde und sie damit
ihre traditionellen Höfe und landwirtschaftlichen genutzten
Felder verloren. Manche erhielten nur eine Entschädigung
in eingeschränkter Höhe. Jüngere Dorfbewohner haben sich
auch um eine Beschäftigung im Rahmen der BaumaßnahDie Fassade des Bahnhofsgebäudes von Lhasa. Das Gebäude
men beworben, aber nur wenige wurden eingestellt und ist ein rot-weißer Backsteinbau, der auf die Architektur des
diesen wurden nur einfache Arbeiten übertragen, wie etwa Potala Palastes, der früheren Winterresidenz des Dalai Lama
Reinigungsarbeiten, Wachdienste oder schwere körperliche in Lhasa anspielen soll. Viele Tibeter in Lhasa empfinden die
Gestaltung des Gebäudes als eine provokative Vereinnahmung
Arbeit.
eines ihrer wichtigsten religiösen und kulturellen Symbole.
Die Art der Beschäftigungsverhältnisse beim Bau der Eisenbahn spiegelt ein generelles Muster wider. Die beteiligten
Baufirmen waren allesamt chinesische Unternehmen und
ihre Angestellten zumeist Chinesen und wenige Tibeter, die
nur einfache Arbeiten ausführen mussten. Tibeter sehen sich
einem wachsenden Konkurrenzkampf ausgesetzt, verursacht
durch den Zuzug vieler Chinesen, einschließlich derer, die
über die Bahnstrecke eine Beschäftigung gefunden haben.
Die leichtere Erreichbarkeit Tibets durch die Bahnverbindung wird ebenfalls mehr Chinesen aus dem „Mutterland“
nach Tibet locken.
Das gesamte Bahnhofsgelände ist insgesamt größer als das
Areal, auf dem zuvor an gleicher Stelle das traditionelle
tibetische Dorf Ne’u gestanden hatte. Jeder Bahnsteig ist
mehr als acht Meter breit
Berichten vieler Tibeter aus der Provinz Qinghai zufolge
war ein vergleichbares Muster erkennbar, als die Bahnlinie
von Xining nach Golmud fertiggestellt worden war. Der
1958 begonnene Bau dieser Strecke war 1984 abgeschlossen worden. Damals war behauptet worden, die Strecke und das neue Bahnhofsgebäude würde örtlichen
Tibetern zugute kommen, aber diese sind durch den Zuzug weiterer Chinesen, der durch die Bahnstrecke
erleichtert worden war, wirtschaftlich weiter an den Rand gedrängt worden. Ein im indischen Exil lebender
jüngerer Tibeter erklärte gegenüber ICT: „Meine Familie wohnt gegenüber dem Bahnhofsgelände in Xining in Qinghai. Von den tausenden von Angestellten sind alle Chinesen und ich kenne überhaupt nur einen
Tibeter, der auf dem Bahnhofsgelände arbeitet. Um das Bahnhofsgebäude herum gibt es immer noch viele
Möglichkeiten, zum Beispiel Hotels, Restaurants, Läden und Transportdienste, aber nach meiner Erfahrung
werden alle von Chinesen geleitet. Die Situation entlang der gesamten Bahnlinie ähnelt sich sehr – nur
wenige Tibeter werden beschäftigt und alle Geschäfte werden von chinesischen Immigranten geleitet.“
Amtliche chinesische Statistiken belegen, dass es den meisten Tibetern an Ausbildung und Qualifikation
fehlt, um in der von den Chinesen dominierten Wirtschaft Tibets konkurrenzfähig zu sein. Einer chinesischen Erhebung aus dem Jahre 2000 zufolge ist die Analphabetenrate in Tibet die höchste verglichen mit
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Das alte Dorf Ne’u vor seiner Zerstörung. Die traditionelle Siedlung musste einem
„High-Tech“ Bahnhofsgebäude weichen, das nun an seiner Stelle steht.
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allen anderen ethnischen Gruppen in China.
Die Abschlusszahlen in der Grundschule
sind die einzigen, die dem Durchschnitt in
China nahe kommen. Dabei gibt es deutliche
Unterschiede im Bildungsstand zwischen
Tibetern, die in der Stadt und auf dem Land
leben. Tibeter in den urbanen Zentren erreichen mit höherer Wahrscheinlichkeit einen
besseren Bildungsgrad. Annähernd 85%
der Tibeter, die in der TAR leben, wohnen
in ländlichen Gegenden. Diese Tibeter sind
diejenigen, die auf dem umkämpften Arbeitsmarkt Opfer von Benachteiligung werden
und wirtschaftlicher Marginalisierung betroffen sind.
2. „Kampf um Leben oder Tod“
gegen den Dalai Lama: Die Verschärfung von Sicherheitsmassnahmen und „patriotischer
Erziehung”
Die neue Siedlung Ne’u. Die Weitläufigkeit des Areals wirft die Frage auf, ob die
Zerstörung des Dorfes tatsächlich nötig war.
Unmittelbar vor der Einweihung der Bahnlinie hatten hohe Parteifunktionäre in Tibet
angekündigt, dass der „Kampf gegen Separatisten“ und der Umgang mit religiösen
Angelegenheiten verschärft werden müsse.
Dabei betonten sie, dass es vor allem gegen
den andauernden Einfluss des Dalai Lama,
Tibets spirituellem Führer, gehe.
Der neue Parteisekretär der KPCh in der
TAR, Zhang Qingli, erklärte noch im Mai
2006 auf einer Parteisitzung in Lhasa, dass
die Partei sich in einem „Kampf um Leben
oder Tod“ mit dem Dalai Lama befände und
daher die „patriotischen Erziehungsmaßnahmen“ intensivieren müsse, um eine breitere
Bevölkerung zu erreichen. Daneben müssten
auch die Regierungsabordnungen in den
Klöstern (auch bekannt als „Demokratische
Management Kommitees“)7 neu strukturiert
werden (Tibet Daily, Bericht in chinesischer
Die Qinghai-Tibet Eisenbahnlinie erreicht Höhen von über 4.800 Metern. Sprache vom 16. Mai 2006). So genannte
Chinesische Wissenschaftler gehen davon aus, dass die globale Erderwärmung „patriotische Umerziehungsmaßnahmen“ in
die Dauerfrostböden innerhalb von zehn Jahren zum Tauen bringen wird.
Klöstern und Abteien werden mit dem Ziel
durchgeführt, den Einfluss des Dalai Lama zu schwächen, Mönche und Nonnen ideologisch zu indoktrinieren
und um opponierende Geistliche identifizieren zu können.8 Zhang Qingli beschreibt den Dalai Lama als
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„das für den tibetischen Buddhismus größte Hindernis dafür, eine normale Ordnung aufzubauen.“
Teile der chinesischen Führung betrachten den Dalai Lama als Haupthindernis für „politische Stabilität“
in Tibet. Buddhistische Religionsausübung und das
Zeigen des Portraits des Dalai Lama sind in Tibet
Ausdruck tibetischer Identität und manchmal auch
Zeichen des Widerstands gegen die Politik der KPCh
und Loyalität gegenüber dem Dalai Lama geworden.
Fragen von Religion und Religionsausübung werden
in Tibet als hochpolitisch und aus chinesischer Sicht
in engem Zusammenhang mit „Separatismus“ und
politischer Kontrolle gesehen. Ein Beleg für die
strategisch-politischen Ziele Chinas in Tibet.
Gesandte des Dalai Lama sind seit 2002 im Gespräch mit Vertretern der Vereinigten Arbeitsfront im
der KPCh, um über die Zukunft Tibets zu beraten,
nachdem zuvor ein Jahrzehnt diplomatische Eiszeit
zwischen Peking und dem Dalai Lama geherrscht
hatte. Die in den USA erscheinende chinesischsprachige Zeitung „Singtao Daily“ bemerkte in einem
Bericht vom 10. Juni dieses Jahres: „Ausgerechnet
in einer Zeit, in der der Dalai Lama nach vielen
Jahren im Exil Peking Olivenzweige als Zeichen
seiner Rückkehrabsichten nach Tibet entgegenreicht,
kommt der Ständige Ausschuss der KPCh in der
TAR zusammen um „die Verbrechen der Separatistengruppe um den Dalai Lama zu thematisieren
und zu verurteilen.“9
Zhang Qingli, der Yang Chuantang als Parteichef
der KPCh in der TAR abgelöst hat, ist ein enger
Verbündeter und politischer Weggefährte von Präsident Hu Jintao. Hu selbst hatte früher die KPCh in
der TAR geleitet und war 1989 verantwortlich für
die Verhängung des Kriegsrechts nach einer Serie
von Demonstrationen, in denen die Unabhängigkeit
Tibets gefordert worden war. Hu und Zhang waren
beide von 1979 bis 1986 in der Kommunistischen
Jugendliga aktiv gewesen.10 Zhang wurde nach
Tibet abgeordnet, nachdem er als Leiter des „Xinjiang Produktions- und Baucorps“ fungiert hatte.
Diese Einheit fördert den Zuzug von Chinesen in
die Uighurische Autonome Region Xinjiang (oder
Ost-Turkestan) und ist daneben zuständig für den
Schutz von Grenzen und „Stabilität“. Zhang Qingli
hat sich während dieser Zeit einen Namen als Hardliner in Fragen von „Separatismus“ und politischer
Bahngelände in Golmud. Auf dem Schild steht u.a.: “Lasst
uns die Qinghai-Tibet Eisenbahn bauen, damit Menschen aller
Volkszugehörigkeiten davon profitieren“.
Bau der Bahnhofsanlagen im Winter 2005.
Ein neuer Zug am Endpunkt der Strecke in Golmud,
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Der Ne’u Tunnel (tib.: sNe’u rdzong brag phug; chin.: Liuwu suidao) hat eine
Länge von 620 Metern. Im gewohnten offiziellen Sprachgebrauch heißt es auf
der Werbetafel links: „Bekämpft das Plateau und den Mangel an Sauerstoff. Die
Fahne der Elektrifizierung erschüttert die Kunlun-Berge. Schützt die Sicherheit
und schafft nationale Bestleistungen. Prestige wird mit der Qinghai-Tibet Bahn
verbunden – China Eisenbahn Elektrifizierungsbüro Gruppe“.
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Opposition gemacht. In seiner Amtszeit
waren besonders viele Vorfälle von offener
Repression gegenüber den Uighuren zu
verzeichnen. Noch vor dem Wechsel an die
Spitze der KPCh in der TAR beschrieb er den
„Kampf gegen Separatismus“ und Fragen
landwirtschaftlicher Entwicklung als zwei
Elemente einer politischen Strategie, deren
Ziel die Wahrung der nationalen Sicherheit
sei. Zhang wörtlich: „So lange wir Feinde
in aller Welt haben, die uns am liebsten tot
sähen, solange in Xinjiang Separatisten und
religiöse Extremisten ihr Unwesen treiben,
wird der Corps weiterleben. Er hat zwei
Aufgaben: die Erschließung der Brach- und
Wüstenflächen [für landwirtschaftliche
Zwecke] und der Schutz der Grenzen. Beides sind Aspekte nationaler Sicherheit. In
Friedenszeiten spielt der landwirtschaftli-
che Aspekt eine große Rolle, in Zeiten von Spannung ist der Sicherheitsaspekt wichtiger. Beide Rollen
sind untrennbar miteinander verbunden.“11
In offiziellen Stellungnahmen heißt es oft, dass die westlichen Regionen Chinas, zu denen auch Tibet
gehört, entwickelt werden müssten, um die Einheit des Landes und Stabilität sicherzustellen. Gemeint ist
damit schlicht die politische Kontrolle über die Region.
Der auch in Hongkong erscheinenden Singtao Daily zufolge betonte der Ständige Ausschuss des Volkskongresses der TAR bei einem Treffen in Lhasa „die Wichtigkeit der legislativen Arbeit beim Kampf gegen den
Separatismus und der Regelung religiöser Angelegenheiten (10.Juni).“ Dem Blatt zufolge erklärten Zhao
Lian und Bai Zhao, beide stellvertretende Vorsitzende des Ständigen Ausschusses, im Rahmen der Sitzung,
dass der Dalai Lama beabsichtige „das Autonomiesystem in den Minderheitenregionen abzuschaffen,
seine Herrschaft in Tibet wiederherzustellen und die Tibeter wieder in die Sklaverei zu führen.“ Mit dem
„Autonomiesystem“ ist das bestehende „Gesetz über Regionale Ethnische Autonomie“ im Rahmen der
Verfassung der Volksrepublik China gemeint.
Obwohl einige Vorschriften dieses Gesetzes dazu beitragen könnten, die tibetische Kultur und Religion
zu schützen, wird dieses Gesetz nur sehr selten angewandt. In Chinas Rechtssystem liegt der Fokus auf
staatlicher Kontrolle, was im Widerspruch zum gemeinhin verstandenen Konzept von Autonomie steht. So
heißt es auch in Artikel 7 des chinesischen Autonomiegesetzes: „Die Organe der Selbstverwaltung sollen
die Staatsinteressen über alle anderen Interessen stellen und ihre Energie darauf richten, die Aufgaben, die
ihnen von übergeordneter staatlicher Seite auferlegt wurden, zu erfüllen.“
Der Dalai Lama nahm in den späten 80er Jahren von Forderungen nach Unabhängigkeit Abstand, um für
eine „echte Autonomie“ Tibets einzutreten. Im März dieses Jahres erklärte er öffentlich seinen Wunsch,
nach China zu reisen.
Mit welchem Nachdruck die Behörden besonders vor dem Hintergrund der Eisenbahneröffnung gegen
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Ein Bus mit chinesischen Zuwanderern nach Xinjiang – vier sechsspurige Autobahnen ersetzen die alten Wege der südlichen Seidenstraße.
„Separatismus“ kämpfen, wurde bei einer Konferenz mit dem Titel „Die Antwort der Gerichte auf die Eröffnung der Qinghai-Tibet Eisenbahn“ in Lhasa am 15. Juni deutlich (siehe: China Court Network Bericht,
der am 26. Juni 2006 von der Congressional Executive-Commission des amerikanischen Kongresses
herausgegeben worden war.) Wang Yibin, Chef der
Sicherheitsorgane in der TAR, erklärte, dass das
Rechtssystem mithelfen müsse, „hart gegen illegale
Aktivitäten entlang der Eisenbahn vorzugehen um so
die politische und soziale Stabilität zu sichern.“
Diese Aussagen widerspiegeln offensichtlich eine
wachsende Besorgnis in der Führungsetage der
KPCh aufgrund von zunehmender Unruhen, Streiks
und Demonstrationen in ganz China. Alle Sicherheitsorgane wurden daher aufgefordert, gegen jedwede
Form von Unruhen „hart durchzugreifen“ („strike
hard“).
In Tibet verfolgt die „Strike Hard“- Kampagne das
Ziel, den Einfluss des Dalai Lama zu untergraben
und potenzielle Dissidenten in den Klöstern und
in der Gesellschaft ausfindig zu machen. „Strike
Hard“ bietet den Behörden die Möglichkeit, Tibeter auszuhören und zu beobachten, um etwaigen
„Separatismus“ zu bekämpfen und die „Stabilität“
zu sichern.
3. An derFRONTLINIE DES MUTTERLANDES“: CHINAS STRATEGISCHE Ziele
und die Bahnlinie nach Lhasa
Eine Statue von Mao Zedong in Xinjiang, mit der die Hilfsbereitschaft
Chinas gegenüber den Uighuren vermittelt werden soll. Auch in der
TAR wurde eine 35 Tonnen mächtige Mao-Statue errichtet. Sie befindet
sich im Kreis Gonggar, in der Nähe des Flughafens von Lhasa. Die
Statue wird sieben Meter hoch sein und auf einem fünf Meter breiten
Sockel stehen. Mao Zedong hatte die Invasion Tibets von 1949-1950
angeordnet.
Die mit großer Geschwindigkeit betriebene Modernisierung von Chinas Wirtschaft und Gesellschaft bedeutet
für Tibet vor allem den Ausbau des Verwaltungs- und Militärapparates. Währendessen leiden viele Tibeter
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unter steigender Armut, Ungleichheit zwischen Stadt und Land, den schlechtesten Bildungsindikatoren in
China und einer unzureichenden bzw. nicht vorhandenen Gesundheitsversorgung.
Pekings Entwicklungspolitik für die westlichen Regionen Chinas vernachlässigt „weiche“ Infrastruktur
wie etwa Gesundheit und Bildung. Offizielle chinesische Statistiken besagen, dass der BIP-Wert im Gesundheitswesen in der TAR in den Jahren 2001 und 2003 nominal gesunken sei. Er fiel von 6,8% auf 4,5%
im tertiären Sektor, obwohl die Regierung behauptet, dass es große Summen in das Gesundheitswesen investiert habe. Da das Gesundheitssystem ländliche Gegenden kaum erreicht und die medizinischen Kosten
für die Bevölkerung oft kaum zu bezahlen sind, sterben viele Tibeter an leicht behandelbaren Krankheiten
wie Durchfall, Ruhr oder Lungenentzündung. Der Anteil der Bildungseinrichtungen und Schulen in der
TAR ist ebenfalls zurückgegangen und viele Eltern können es sich auch nicht leisten, ihre Kinder in die
Schule zu schicken.
Trotz offizieller Verlautbarungen der chinesischen Regierung, die Eisenbahn sei gut für Tibet und die
Tibeter, wurden sogar von chinesischen Funktionären Bedenken über die wirtschaftliche Rentabilität des
Projekts geäußert. Lou Thompson, ein ehemaliger Berater der Weltbank, der an der Darlehensvergabe an
neun anderen chinesische Bahnprojekten beteiligt war, errechnete, dass die Frachtkapazitäten der Linie bei
ca. zwei Millionen Tonnen liegen. Dies bedeutet, dass es über dreihundert Jahre dauern würde, bis sich das
investierte Kapital amortisiert, selbst wenn man mit einem verstärkten Tourismus rechnet.
Ausgehend von seiner Analyse von Bevölkerungsstatistiken und Wirtschaftsdaten Chinas, kommt der
kanadische Wirtschaftswissenschaftler, Andrew Fischer von der London School of Economics zu dem
Ergebnis: „Die Eisenbahn wird wahrscheinlich zu einem Anwachsen des Tourismus führen, obwohl sie
wohl nur den schon bestehenden Verkehr vom Flugzeug oder dem Bus auf die Schiene holen wird. Der
Tourismus ist ohnehin schon stark angestiegen und hat sich in den letzten fünf Jahren fast verdoppelt. Allein im Jahr 2005 besuchten – laut offizieller Angaben - 1,8 Millionen Touristen Tibet. Die chinesische
Regierung bemüht sich sehr, den Tourismus zu fördern und die Eisenbahn wird ihren Teil dazu beitragen.
Die Bahnlinie ist daher schlicht ein neues Element einer schon bestehenden Tourismuspolitik und ihre
Folgen sind eher Ergebnis von Regierungspolitik als einer verbesserten Infrastruktur.“
Offiziellen chinesischen Medien zufolge werden - nach der Eröffnung der Linie am 1. Juli 2006 - ca. 4.000
Touristen täglich in Lhasa ankommen (Xinhua, 21. Mai). Das tibetische Tourismusbüro erwartet im verbleibenden Jahr 2006 400.000 Besucher in der TAR.
Fischer hierzu: „Wie andere Industriezweige in der TAR wird auch in der Tourismusbranche alles, oder doch
der größte Teil von chinesischen Unternehmen außerhalb der TAR kontrolliert werden. Ähnlich werden die
meisten Ausschreibungen für große Bauprojekte in der TAR an Untenehmen, die außerhalb der Provinz
tätig sind, vergeben. An der Qinghai-Tibet Eisenbahn arbeitetet ein Konsortium aus staatlichen Bau- und
Ingenieurfirmen aus China, die ihren Firmensitze meist in den Küstengegenden haben. Dies führt dazu,
dass die lokale Wirtschaft der TAR sehr polarisiert wird, vorausgesetzt der Reichtum in den boomenden
Wirtschaftssektoren ist nur im Besitz Weniger und zirkuliert nicht in der regionalen Wirtschaft lang genug,
bis er wieder aus der Provinz abfließt. Ein gutes Beispiel für dieses Phänomen ist die Ungleichheit zwischen
Stadt und Land, die sehr viel höher ist als in anderen Provinzen.
Fischer verwendet auch Statistiken der Regierung, um zu zeigen, wie „riesige Zuwächse“ im Bereich des
BIP-Wertes, der die öffentliche Verwaltung beziffert, in den Jahren 2000-2001 indirekt eine militärische
Aufrüstung widerspiegeln könnten. Eine Ausweitung des Kontrollapparats in der TAR (und in Xinjiang)
war eine wichtige Vorbedingung für die dann folgenden Investitionen in die Region, die im Zuge der
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schnellen wirtschaftlichen Entwicklung, die derzeit
in den westlichen Regionen Chinas verfolgt wird,
gemacht wurden. Fischer schlussfolgert, dass der
Bau der Eisenbahn im Kontext der Sicherheitspolitik Pekings gesehen werden muss: „Das nationales
Interesse am Bau der Eisenbahnlinie leitet zum Teil
auch von ihrem strategisch-militärischen Wert ab.
Der Bau und die Aufrechterhaltung der Linie wirken
sich ebenfalls auf den Bedarf an Sicherheitspersonal
aus, das die neuen Einrichtungen bewachen muss.
Aus diesem Grund haben militärische Überlegungen
die Entwicklungspolitik in der TAR mitbestimmt, die
indirekt sehr viele Hilfsgelder gebunden haben.“12
Peking hat aus seiner politische Agenda bezüglich
des Eisenbahnbaus keinen Hehl gemacht. Im Jahr
2001 zitierte die New York Times Staats- und
Parteichef Jiang Zemin mit den Worten: „Einige
Personen haben mir geraten, dieses Projekt nicht
weiter voran zu treiben, da es aus wirtschaftlichen
Gesichtspunkten nicht überlebensfähig ist. Ich erwiderte, das hier ist eine politische Entscheidung.“
(10. August 2001)13 Wang Derong, ein Architekt
der Regierung, der für Chinas Transportplanung
zuständig ist, meinte kürzlich: „Einer der wichtigsten
Gründe [für die Eisenbahn] ist die politische Stabilität. Sie [die Regierungsvertreter] versuchen nicht,
diesen Grund zu verheimlichen“ (Fortune Magazin,
Juni 2006).14
Die Eisenbahn wird eine größere Militarisierung
auf dem tibetischen Plateau erlauben – in der chinesischen Presse wird von einer „politischen Frontlinie,
Chamtänzer in einem Kloster in Kardze (chinesisch: Ganzi), Sichuan,
die sich an der süd-westlichen Grenze des Mutter- Ein
während einer tibetisch-buddhistischen Zeremonie im Winter 2005. Die
landes entlang zieht“ gesprochen (Qinghai Daily). Gottheit Mahakala, die von dem Tänzer gezeigt wird, repräsentiert die
Ein Bericht der Tibet Daily erklärte vor dem Bau der kosmische Darstellung von Zeit.
Eisenbahnlinie: „Die Einheit der Nationen und die
Festigung der nationalen Verteidigung machen den Bau einer Eisenbahnlinie, die Tibet mit dem Hinterland
verbindet, notwendig. (12. Dezember 2000). Der Bau von Versorgungs- und Seitenlinien nach China etwas
abseits der Hauptgleise wird die Ausweitung von Militärbasen in der ganzen Region erleichtern und eine
schnellere Mobilisierung der Soldaten ermöglichen. Anschlusslinien oder Zugangsstraßen könnten von der
Armee hunderte von Kilometern von der Haupttrasse entfernt, genutzt werden.
Die Eisenbahn könnte auch die Aufstellung von mobilen Raketen-Abschussbasen ermöglichen. Einem
Bericht der Hongkonger Presse zufolge, der im November 2004 erschien, entwickelt die Artillerie der
chinesischen Armee die DF31, eine verbesserte Version der Interkontinentalrakete, die auch auf Schienen
transportiert werden kann. Die Hong Kong Commercial Daily, die die Kanwa Defence Review zitiert,
schreibt: „Um ihre Treffsicherheit und die Überlebensfähigkeit zu verbessern wurden eisenbahnbasierte
DF31 Interkontinentalraketen entwickelt, die ähnlich wie die SS-24 Raketen der ehemaligen Sowjetunion
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Ein Mönch vor dem Larung Gar Institut, Serthar in der Provinz Sichuan im Winter 2006. Das Institut wurde 1980 vom Gelehrten Khenpo Jigme
Phuntsog gegründet, mit dem Ziel, die tibetische buddhistische Lehre wieder zu beleben. Es gewährt einer großen Zahl Mönche, Nonnen und
chinesischer Buddhisten aus tibetischen Gebieten Unterkunft. Im Jahr 2001 wurden mehr als 1.000 Unterkünfte für Mönche und Nonnen von
chinesischen Arbeitsteams zerstört. Einem Befehl aus Peking folgend hat man hunderte Geistliche vertrieben. Heutzutage werden weiterhin
religiösen Studien und Praktiken in Serthar verfolgt. Allerdings nehmen weniger Mönche und Nonnen teil und auch der Institutsgründer und
Lehrer, Khenpo Jigme Phuntsog, ist mittlerweile verstorben.
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Chamtänzer erholen sich kurz während einer Vorführung im Kloster Kardze (chinesisch: Ganzi), Sichuan. Die Feier im Winter 2005 galt
Schutzgottheiten des tibetischen Buddhismus.
funktionieren. Sie werden in den Zeiten des Friedens transportiert und in Kriegszeiten von bestimmten
Orten abgeschossen, um einen nuklearen Angriff durchzuführen.
Quellen besagen, dass China wiederholt entsprechendes Fachpersonal in die Ukraine entsendet hat, damit diese sowohl den Bau der
SS-24 Interkontinentalraketen, als auch den Bau von Abschussbasen
erlernen.“15
DER PREIS DER GLOBALEN ERWÄRMUNG
Die geographischen Bedingungen auf dem Hochplateau haben den
Bau der Eisenbahnlinie nicht nur sehr kostspielig gemacht, sie können sie ebenfalls zu einer Einstellung des Betriebs innerhalb von
zehn Jahren zwingen. In den chinesischen Medien wurde davor
gewarnt, dass steigende Temperaturen im Qinghai-Tibet Plateau zum
Schmelzen des Permafrosts und zu einer wachsenden Instabilität des
Bodens führen können. Somit würde die Stabilität der Eisenbahn
schon in kurzer Zeit stark bedroht sein.
In Alaska und Sibirien sind die Temperaturen niedrig genug, um
Permafrost vor möglichem Tauen zu bewahren. Den Untergrund des
tibetischen Plateaus kann man allerdings nicht unbedingt als Dauerfrostboden bezeichnen. Wenn er taut, kann sich der Boden um ca. 30
cm verschieben. Um die Eisenbahnlinie auf solch einem Boden zu
bauen, mussten chinesische Wissenschaftler Klimaveränderungen
mit einberechnen, um dann eine System zu entwerfen, dass den
Boden gefroren und den Untergrund des Zuges stabil lässt, auch
wenn sich die Luft erwärmt. In einigen Regionen wurden die Gleise
höher gelegt, damit kalte Luft unter ihnen hindurch zieht und den
Chinesische Arbeiter tragen Zementpfosten. Der
Fotograph des Bildes, der die Entwicklungen in
tibetischen Regionen seit fünf Jahren beobachtet,
meint: „Erst Straßen, dann Elektrizität, dann
Telefonverbindungen. Das habe ich in den letzten
Jahren in den abgelegensten Gegenden in Kham
oder Amdo beobachtet. Aber in den letzten zwei
Jahren fand eine enorme Beschleunigung dieser
Entwicklungen statt. Das Foto wurde in Kardze
(chinesisch: Ganzi) auf 4.600 Metern Höhe
gemacht, wo die Arbeiter Zementpfosten für eine
Telefonverbindung setzten. Kein einziger tibetischer
Arbeiter war vor Ort, nur Chinesen. Die Behörden
wissen, dass sie nur Straßen bauen müssen, um die
Zuwanderer anzulocken. Sie müssen nicht länger
Han-Chinesen dort hinschicken oder finanzielle
Anreize schaffen, wie sie es die Jahre zuvor getan
hatten. Die Arbeitslosigkeit in Sichuan oder Yunnan
ist für die Zuwanderer Anreiz genug, der Straße
nach Westen zu folgen, und einen Nebenjob in den
größeren Städten anzunehmen.“
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Grund kühlt. In anderen Gebieten wurden Teile der Eisenbahnlinie mit senkrechten Rohren versehen, die
flüssigen Stickstoff transportieren. Außerdem hat man an manchen Stellen Entlüftungstunnel unter den
Gleisen gebaut.
Über die Auswirkungen des tauenden Permafrosts wurde in der chinesischen Presse letztes Jahr zum ersten
Mal berichtet. Allerdings gingen Klimaspezialisten davon aus, dass die Bahnstrecke erst in ca. 45 Jahren
Nomaden auf Motorrädern in Osttibet. Chinesische Bevölkerungspolitik zwingt Nomaden, sich in Städten anzusiedeln.
bedroht sein würde.16 Professor Wu Ziwang, ein Experte des chinesischen Forschungsinstituts für kalte
und trockene Regionen sagte am 22. Januar: „Aufgrund des tauenden Permafrosts befürchte ich, dass die
Eisenbahnlinie in zehn Jahren nicht mehr sicher sein wird“ (chinesischsprachiger Bericht, Beijing News).
Professor Wu, der sich 45 Jahre lang mit dem Thema Permafrost befasst hat, erklärte gegenüber einem
amerikanischen Journalisten, dass – falls die Temperaturen auf dem Plateau um 1, 5 Grad °C bis 2021
stiegen und man keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen einbaue - „mehrere hundert Kilometer der Gleise
verbogen werden könnten.“17
PRÄZEDENZFALL KASHGAR
Die Verlängerung der Eisenbahnlinie von der Provinzhauptstadt Xinjiang und Urumqi in die Stadt Kashgar ist ein besorgniserregender Präzedenzfall für die Eisenbahnlinie von Golmud nach Lhasa. Sie hat die
Wüstenoase Kashgar sehr verändert und führt zu einer immer weiter um sich greifenden Verzweiflung
unter der ursprünglichen uighurisch-muslimischen Bevölkerung. Die Eisenbahnlinie wurde im Jahr 1999
für den Gütertransport und ab 2000 für den Personenverkehr geöffnet, als der jetzige Parteichef der TAR,
Zhang Qingli eine wichtige Position in der Provinz innehielt. Die 1.000 Kilometer weite Reise von Urumqi
nach Kashgar dauert 24 Stunden.
Die Eröffnung der Eisenbahnlinie zeigte sehr schnell ihre Auswirkungen. Besonders chinesische Zuwanderer, die nach Kashgar, einer ehemaligen Oasenstadt auf der Seidenstraße, kamen, profitierten von ihr. Um
die Bahnstation zu bauen, wurden viele Häuser und Geschäfte, die vor allem Uighuren gehörten, zerstört.
Viele Menschen, auch die, die kleine Ställe in der Nähe des Bahnhofsgebäudes besaßen, wurden ihres
Lebensunterhalts beraubt. Andere Uighuren, die Güter transportierten, verloren ihre Arbeit, da mittlerweile
fast alle Transporte auf die Schienen verlegt wurden. Ein uighurischer Gelehrter, der derzeit im Westen
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wohnt, sagte ICT: „Die Regierung sagt, dass die Eisenbahn die wirtschaftliche Entwicklung in Xinjiang
unterstützen würde, aber sie gefährdet weiterhin das Überleben der uighurisch-muslimischen Kultur in der
Gegend. Die Uighuren, die stark unter dem Druck der chinesischen Zuwanderung leiden, sind nicht fähig
mit den Chinesen zu konkurrieren und an der Entwicklung einer eigenen Wirtschaft teilzuhaben.“18
Ein westlicher Reiseleiter, der oft in die Region fährt, berichtete ICT: „Unter „Westlicher Entwicklung“
verstehen viele einen massiven Autobahnbau entlang der Seidenstraße, der an Vorkriegsdeutschland erinnert.
In den letzten Jahren habe ich das Gefühl, dass die alte Stadt Kashgar keine Seele mehr hat. Ihr wird von
einem wachsenden chinesischen Stadtteil einfach die Luft zum Atmen genommen. Die Bevölkerung von
Kashgar verliert ihren Willen sich zu wehren. Vor einigen Jahren war die Stadt noch voller rauer, stolzer
Uighuren, während sich mittlerweile alle ihrem Schicksal zu ergeben scheinen, so als hätte man sie ihrer
Identität und ihrer Kultur beraubt. Es entwickelt sich eine Diaspora in Zentralasien wo reichere Uighuren
leben. Die Teehäuser sind voll von Uighuren, die trotz der Bauarbeiten in der Stadt keine Beschäftigung
finden. Ein chinesischer Arbeiter sagt zu mir, dass der Grund darin bestünde, dass die Uighuren „zu dumm“
seien. Wenn Uighuren angestellt werden, arbeiten sie immer unter einem chinesischen Bauleiter. Uighuren
werden weiter aus den Städten gedrängt und in Städten wie Korla und Turfan, die vor 15 Jahren noch
komplett von Uighuren bevölkert wurden, findet man heute kaum noch Vertreter dieser Minderheit. Sehr
häufig erinnert das, was in Xinjang passiert, an den Wilden Westen, wo sich der Kolonialherr einredet, dass
er das Recht besitzt, zu tun was er tat. Die ursprünglichen Einwohner wurden zu Bürgern zweiter Klasse
degradiert und in Reservate oder an die Stadtränder verfrachtet.“
4. „Nicht einmal der BUDDHA etwas gegen sie tun“: Tibeter sprechen über die
Bahnstrecke
„Tibet hat einen Eisenbahnanschluss
Wirklich, er ruiniert Tibet
Ein schwarzes Gefährt schleicht sich in das Herz Tibets
…diesmal kann Buddha wirklich nichts dagegen tun.“
Gedichtsauszug eines bekannten chinesischen Autors, der in einem chinesischsprachigen Chatroom
veröffentlicht wurde. Das Gedicht verwendet eine Metapher, in der es Tibet als wunderschöne Jungfrau
darstellt, deren Reinheit durch die Eisenbahnlinie geschändet wird.
„In diesen Tagen läuft das „westliche Entwicklungsprojekt“. Dieses Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt,
eine große Anzahl Chinesen in Gebieten anzusiedeln, die von Minderheiten bewohnt werden, die Bodenschätze auszubeuten und die Bevölkerung unnachgiebig zu unterdrücken. Statt eine „seltene Chance“ für
die Minderheiten darzustellen, repräsentiert das Projekt eine Zeit des Notzustands und der Dunkelheit.“
Der ehemalige politische Gefangene und religiöse Gelehrte, Yulo Dawa Tsering. Yulo Dawa Tsering, der
sieben Jahre im Gefängnis von Lhasa inhaftiert war, weil er einem Ausländer seine politische Meinung
mitgeteilt hatte, verstarb im Jahre 2002.
Ein älterer tibetischer Gelehrter, der in einer Gemeindeverwaltung in Tibet arbeitete und auch eine örtliche
Parteifunktion innehatte, Tibet allerdings vor einigen Jahren ins Exil verließ schildert seine Meinung über
die Qinghai-Tibet Eisenbahn wie folgt:
„Der chinesischen Regierung zufolge wurde die Eisenbahnlinie von Golmud nach Tibet gebaut, um den
Lebensstandard der Tibeter durch eine bessere Infrastruktur zu heben. Schon als die Chinesen die Eisen-
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bahnlinie von Xining nach Goldmud bauten, sagten sie, dass die Eisenbahnlinie den Tibetern Vorteile
bringen würde, aber bis jetzt haben ausschließlich die Chinesen von diesem Projekt profitiert. Sie bauten
die Eisenbahn und beuteten Tibets Bodenschätze aus, zudem brachten sie eine hohe Anzahl chinesischer
Einwanderer mit sich.
Jetzt kommen viele studierte Chinesen nach Tibet, die auf der Pekinger, der Lanzhouer oder der Shanghaier
Universität waren und die Tibeter können nicht mit ihnen konkurrieren. Es wird auch Auswirkungen auf
unsere heiligen Sehenswürdigkeiten geben. Viele tibetische Berge und Seen werden für heilig gehalten und
die Tibeter glaubten immer, dass in den Bergen Geister wohnen, die die Tiere schützen, aber die chinesische
Regierung bringt diesen Orten keinen Respekt entgegen. Chinesische Regierungsvertreter haben oft den
Ausdruck „Westliche Entwicklung“ verwendet, was im chinesischen „xibu da kaifa“ heißt. Das chinesische
Wort „kaifa“ bedeutet ausbeuten, nicht entwickeln. Diese Wortwahl liefert eine bessere Beschreibung dessen,
was wirklich geschieht. Die Eisenbahnlinie ist wie ein Tsunami, der Tibet verschlingt, weil die Eisenbahn,
wie ein Tsunami die tibetischen Traditionen, die Kultur und die Bodenschätze wegfegen wird.“
TIBETISCHE RELIGIÖSE UND KULTURELLE IDENTITÄT
Die Regierungsstrategie und vor allem das „Westliche Entwicklungsprogramm“, zu dem auch der Bau
der Eisenbahnlinie gehört, vermehren den Druck auf die tibetische Kultur und ihr Erbe. Dennoch finden
Tibeter einen Weg, ihre Verehrung für den Dalai Lama etwa durch Popmusik und Gedichte kundzutun. Sie
schützen die tibetische Identität, indem sie ihre Sprache und die Traditionen lebendig halten.
5. HINTERGRUND
Migration nach Tibet und die Bahnstrecke
Li Dezhu, einer der Gründer der Führungsgruppe des „Westlichen Entwicklungsprogrammes“, die vom
Staatsrat im Februar 2000 ins Leben gerufen worden war, sagte im Juni 2000, dass die „gegenseitige Zuwanderung“ ein „unvermeidbarer Trend“ der „Westlichen Entwicklung“ sei. In einem Artikel einer Veröffentlichung für das Presseorgan des Parteiausschusses Qiu Shi, der am ersten Juni 2000 erschien, ging Li Dezhu
auf Menschen westlicher Regionen ein, die aufgrund der raschen Entwicklung in den Küstenregionen in
den Osten auswandern. Er sagte: „Durch die Ausführung der groß angelegten Strategie für westliche Entwicklung wird der Westen schnell Fortschritte erzielen und auch talentierte Menschen werden sich dort
ansiedeln, wenn man ihnen staatliche Anreize gibt. Es ist absehbar, dass sich durch die Realisierung der
Westlichen Entwicklungsstrategie die Besten im Westen niederlassen werden.“
Die andauernde Reform des Haushalts-Registrierungssystems in China wird die Zuwanderung gelernter
oder ungelernter chinesischer Arbeiter und Studierter erleichtern und ihnen ermöglichen, in tibetischen
Regionen zu leben und zu arbeiten. China ist eines der wenigen Länder, die eine Aufenthaltsregistrierung
durchführen, die Personen verpflichtet, bei einem Umzug ihre Kontaktdaten der Regierung mitzuteilen.
Die Reformen zur Aufenthaltsregistrierung sind in China voll im Gange. Aufgrund der „Westlichen Entwicklungsstrategie“ versuchen die Behörden, das Leben und Arbeiten im Westen zu erleichtern. Die
Aufenthaltsregistrierung für Chinesen wird im Heimatort aufrechterhalten, damit sie - auf eigenem Wunsch
- auch wieder zurückkehren können.
In einer im Jahr 2005 erschienenen Studie über saisonale Zuwanderer in Lhasa, sprechen zwei renommierte Akademiker, ein Chinese und ein Tibeter, über die zunehmende Migration chinesischer Arbeiter, die
aus der „Westlichen Entwicklungsstrategie“ und dem Bau der Eisenbahnlinie folgt: „Am Anfang der 80er
Jahre waren saisonale Zuwanderer aus den Regionen Sichuan, Gansu und anderen Gebieten vor allem in
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handwerklichen Bereichen wie der Teppichherstellung, dem Nähen, der Uhren- und Fahrradreparatur, oder
Ähnlichem beschäftigt. Ende der 80er Jahre arbeiteten sie auf dem Bau, in der Gastronomie und als Gärtner. Die Anzahl der Zuwanderer stieg enorm an, als im Jahr 2000 die Regierung auch noch ihre Strategie
zur „Entwicklung des Westens“ lancierte und sehr viel Geld in den Aufbau verschiedener Projekte in der
TAR investierte. In Zukunft wird die Zahl der saisonal bedingten Zuwanderer in Lhasa noch weiter steigen, einerseits weil die tibetische Bevölkerung aus ländlichen Gegenden am Zuwanderstrom teilnehmen
wird, andererseits, weil die Qinghai-Tibet Eisenbahn den Transport zwischen Lhasa und anderen Städten
umliegender Regionen erleichtern wird.“19
Die Streckenführung von Lhasa nach Qinghai
Die Qinghai Linie beginnt im Süden von Golmud in Nanshakou, wo die Xining-Golmud-Linie derzeit
aufhört. Sie folgt einer ähnlichen Route wie die Qinghai-Tibet Autobahn nach Lhasa, die über Kyegudo
(chinesisch:Yushu), Qinghai und Nagchu führt. Als im Jahr 2000 der Bau begann, rechnete man damit,
dass er 2,34 Milliarden Dollar kosten wird.
Die Route, die in Golmud (auf einer Höhe von ca. 2.800 Metern) beginnt, kreuzt die Kunlun Berge und
den Khunu-la Pass, der auf 4.722 Metern Höhe liegt. Die Eisenbahn erklimmt dann den Dang-la Pass
(chinesisch: Tanggula), der über 5.000 Meter über dem Meeresspiegel liegt und die Grenze zwischen der
TAR und Qinghai darstellt. Dann führt der Weg wieder bergab, steiler als er angestiegen ist, über AmdoStadt (chinesisch: Anduo, 4.600 Meter), das Weideland von Nagchu (4.300 Meter), Damshung (chinesisch.
Dangxiong) und das Umland von Lhasa, um im Stadtzentrum (3.590 Meter) zu enden.
Laut einem Artikel von Tibet Daily verlaufen 2,8% der Strecke in Tunneln und auf Brücken.
Die neue Eisenbahn könnte die Goldindustrie in der Nagchu Präfektur (chinesisch: Naqu) in der TAR beschleunigen und ebenfalls die Ausbeutung der Ölreserven im Lhupola-Ölbecken, in der Jangtang Region
(chinesisch: Changtang) im Norden der Nagchu Präfektur ermöglichen. Im TAR- Spezialistenplan, einem
Dokument, dass sich mit der Entwicklung Tibets bis zum Jahr 2020 befasst, heißt es: „Tibet ist dank seiner
Naturressourcen, die nur darauf warten, genutzt zu werden, sehr reich. Allerdings ist der Grad der Ausbeutung und der Nutzung dieser Bodenschätze aufgrund der beschränkten Infrastruktur sehr gering.“20 Der Plan
besagt, dass es bei Einberechnung der Entwicklung der TAR „den Bedürfnissen der tibetischen Wirtschaft
und Fortschritten im Bereich des Sozialen komplett unangemessen wäre, nur auf den Straßenverkehr zu
bauen“. Weiter heißt es: „Immer mehr Personen kommen zu dem Schluss, dass der Bau der Eisenbahnlinie
nach Tibet eine sehr wichtige Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung in der TAR spielen wird.“
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Fussnoten
1 Die anfänglich geschätzten Kosten stiegen während des Baus dramatisch an. Einem Bericht des China Daily vom 15.
Oktober 2005 zufolge investierte man in das Projekt 33 Milliarden Yuan (rd. 3,25 Milliarden Euro).
2 Treffen von Parteifunktionären am 16. Mai, laut Bericht von Xinhua am 21. Juni.
3 China Court Network vom 16. Juni, zitiert in einem Bericht der Congressional-Executive Commission (CECC) unter www.
cecc.gov.
4 „Xibu da kaifa“ wird generell als „Große Entwicklung des Westens“ übersetzt. Das Wort „kaifa“ bedeutet allerdings genau
übersetzt „Ausbeutung“.
5 Huang Difu, ein Beamter, der den Bau der Eisenbahnlinie beaufsichtigte, sagte während der Bauarbeiten zu einem
westlichen Journalisten, dass man zwar 6.000 tibetische Arbeiter beschäftige, dass aber keiner der 27.000 qualifizierten
Angestellten oder Manager Tibeter sei. Huang Difu fügte hinzu, dass ein großer Teil der Arbeit von Unternehmen unter
Vertrag genommen wurde, die in China ansässig sind (Asia Business Week, 9. September 2003). In einem ähnlichen Beispiel
berichtete die Shanghai Daily im April, dass mehr als 200 chinesische Arbeiter aus der Anhui Provinz Tibetisch lernten,
um sich auf die Arbeit an der Shanghai-Tibet Route vorzubereiten. Man verzichtete einfach darauf, Tibeter einzustellen
(Shanghai Daily, 19. April 2006).
6 Siehe die Ergebnisse der Erhebungen, die vom Amt für Bevölkerung aus dem Jahre 2000, vom nationalen Amt für
Statistiken, vom Amt der wirtschaftlichen Entwicklung und von der Kommission ethnischer Angelegenheiten (Peking: Ethnic
Publishing House, September 2003) durchgeführt wurden. Die Analphabetenrate unter Tibetern (47,55 %) ist laut danach
fünfmal so hoch wie die unter Chinesen (9,08 %). Eine Auswertung über Jugendliche im Alter von 15 Jahren und älter zeigt,
dass die Dongxiang, Salar, Baoan, Monba und Lhoba Nationalitäten eine noch höhere Analphabetisierungsrate haben als
Tibeter. Die Tabelle 2-3 besagt zudem, dass Mongolen eine Analphabetisierungsrate von 8,40 und die Uighuren eine Rate
von 9,22 haben. Eine nützliche Zusammenfassung der Daten ist im chinesischen Jahresbericht 2005 der CECC zu finden, den
man unter www.cecc.gov einsehen kann.
7 Demokratische Verwaltungsteams bestehen fast alle aus ausgewählten Mönchen und Laienkadern der tibetischen
Volkszugehörigkeit. Ihre Mitglieder sind für die Verteilung offizieller Dokumente, die Bekanntmachung der Gesetze der
Regierung, für Finanzen und die Sicherheit in den Klöstern zuständig.
8 In den letzten Jahren hat die Partei das Klosterleben eingeschränkt und neue Maßnahmen umgesetzt, die Tätigkeiten
einflussreicher Geistlicher zu kontrollieren. Im Jahr 2005 hat der Widerstand gegen „patriotische Umerziehungsmaßnahmen“
und gegen die Forderung, den Dalai Lama zu diskreditieren, zu vielen Verhaftungen und Ausschlüssen aus den Klöstern
geführt. In Lhasa wurden im November letzten Jahres mehrere Mönche aus dem Drepung-Kloster ausgeschlossen und ein
Mönch beging Selbstmord.
9 Siehe Bericht „TAR Party Secretary calls for tighter control of Tibetan monasteries, nunneries“, www.cecc.gov, 21. Juni
10 Siehe den Bericht “Xinjiang Communist Party official Promoted to Acting Secretary of the Tibet Autonomous Region”,
the Congressional-Executive Commission on China, http://www.cecc.gov/pages/virtualAcad/.
11 CECC Bericht (ebd.), Bericht der South China Morning Post vom November 2004, FBIS 8. November 2004.
12 Siehe: Andrew Fischers, „State Growth and Social Exclusion in Tibet: Challenges of Recent Economic Growth“, das vom
nordischen Institut asiatischer Studien im Jahr 2005 herausgegeben wurde.
13. Siehe ICT Bericht, „Crossing the Line: China’s Railway to Lhasa, Tibet”, der im PDF-Format von der ICT- Homepage
http://www.savetibet.org/documents/document.php?id=34 herunter geladen werden kann.
14. Siehe Abrahm Lustgarten, „Next Stop, Lhasa: A Railroad to the Top of the World“.
15. Siehe Hong Kong Commercial Daily (Chinese: Hong Kong Hsiang Kang Shang Pao), vom 17. November 2004. Die
staatliche Tageszeitung gehört der Gruppe Shenzhen Tequ Bao an. Sie nennt Kanwa Defense Review als Quelle für ihre
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Angaben, gibt aber kein genaues Datum an.
16. Siehe Bericht der Congression-Executive Commission on China, “Thawing permafrost may threaten Qinghai-Tibet
railroad in 10 years”, http://www.cecc.gov/pages/virtualAcad/index.phpd.
17. Siehe Artikel von David Wolman, www.wired.com.
18. „China’s Great Leap West“, Tibet Information Network, 2000.
19. Siehe Artikel von Ma Rong, Pekinger Universität und Tenzin Lhundup, Chinesisches Zentrum für Tibetische Studien.
20. Internes Dokument, das das frühere Tibetische Informationsnetzwerk in London erhalten hatte.
17
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T (202) 785-1515
F (202) 785-4343
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