Nachtspaziergang zu den Wölfen – Der Heimat

Transcrição

Nachtspaziergang zu den Wölfen – Der Heimat
Nachtspaziergang zu den Wölfen –
Der Heimat-Tierpark Olderdissen
Von Fajsz Deáky, dpa
Bielefeld (dpa/lnw) - Ein Bär liegt wohlig im Schatten und
ein Fuchs döst unter einem Stein. Die vielen Augenpaare, die
auf ihn gerichtet sind, interessieren Meister Petz nicht im
geringsten. In der größten Mittagshitze hängen eben auch
manche Tiere im Bielefelder Heimat-Tierpark Olderdissen in
den Seilen. Allerdings können die Besucher hier auch in der
Abendkühle oder bei Bedarf mitten in der Nacht zwischen den
Gehegen spazieren gehen - der Tierpark ist Tag und
Nacht geöffnet.
Kein Zaun, kein Eingangstor - nicht einmal ein
Kassenhäuschen: «Wir sind meines Wissens bundesweit der
einzige Tierpark in Zoo- Größe, in dem der Eintritt frei
ist», sagt der Leiter des Parks, Volker Brekenkamp. «Und das
soll auch so bleiben.» Der Tierpark Olderdissen gehört zum
Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld und finanziert sich teils
aus Zuschüssen der Kommune. «Das sind rund 500000 Euro im
Jahr», sagt Brekenkamp. Insgesamt hat der Park einen
Jahresetat von rund 700000 Euro. Was nicht von der Stadt
kommt, muss der Park über Gastronomie und Artikelverkauf
erwirtschaften. Jährlich lockt Olderdissen rund 500000
Besucher an.
Auch in Bielefeld werden hin und wieder Stimmen laut, die
die Einführung von Eintrittspreisen fordern. «Aber das hieße,
wir müssten einen Zaun um das 15,3 Hektar große Gelände
aufstellen», sagt Brekenkamp. «Dazu Kassenhäuschen,
entsprechendes Kassenpersonal, und so weiter. Am Ende wäre
genauso viel in der Stadtkasse wie jetzt, und man hätte
niemandem einen Gefallen getan.» So bleibt der Tierpark
jederzeit von allen Seiten aus zugänglich.
«In mancher Hinsicht wäre es natürlich für den Betreiber
besser, wenn man nachts einfach die Pforte abschließen
könnte», räumt der Tierparkleiter ein. Hin und wieder gebe es
Beschädigungen und in der Vergangenheit seien auch wertvolle
Adler gestohlen worden. «Aber insgesamt hält sich das alles
in Grenzen. Ich glaube, der Tierpark genießt bei den
Bielefeldern große Akzeptanz und großes Wohlwollen.»
Womit er Recht haben wird: Denn viele der Anlagen im Park
sind über Sponsoring finanziert. Kaum ein Gehege oder eine
Aussichtsplattform, an der nicht eine Plakette mit dem
Hinweis auf den Sponsor hängt. «Viele Unternehmen kommen auf
uns zu und bieten sich als Sponsor an.»
Und das Geld der Unternehmen und Verbände scheint im
Heimat- Tierpark gut aufgehoben zu sein: Gehege und Gebäude
sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet. «Die optische
Harmonie ist für die Besucher eben sehr wichtig», sagt
Brekenkamp. So haben sich die Verantwortlichen viel einfallen
lassen, um Zoo-Besuchern einen optimalen Blick auf die rund
450 in Westfalen oder anderen Teilen Europas beheimateten
Tiere zu geben. Etwa die Hausmäuse: «Hausmäuse haben sich
früher eben oft in den Speisekammern der Bauernhäuser
getummelt.» Also flitzen die Mäuse in Olderdissen hinter Glas
durch eine liebevoll nachgebildete Speisekammer. Die
Hausratten haben ihren eigenen «Dachboden» und die Marder
ihre «Scheune» samt altem Traktor.
Brekenkamp legt zudem großen Wert auf gut zugängliche
Gehege. Metalldraht gibt es nur wenig, die meisten Gehege
sind verglast. Die beiden Braunbären Alma und Max sind durch
einen Graben von den Besuchern getrennt und liegen im
Schatten oder unter dem künstlichen Wasserfall. Nur Nachts
kommen sie in sichere Käfige. «Das Risiko, dass einer der
Bären entwischt, können wir einfach nicht eingehen.»
Denn dann könnten sie sofort in der westfälischen
Waldlandschaft verschwinden, ohne dass ein Zaun sie
zurückhalten würde.

Documentos relacionados