Kommunale Auftragsvergabe
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Kommunale Auftragsvergabe
Auftragsvergabe durch die Kommunen Die Vergabe öffentlicher Aufträge bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen macht einen volkswirtschaftlich sehr wichtigen Bereich aus. Das Marktvolumen aller öffentlichen Aufträge in Deutschland beträgt nach Schätzungen rund 300 Milliarden EURO jährlich. Davon sind die Kommunen mit knapp 60 Prozent aller Aufträge der mit Abstand größte öffentliche Auftraggeber. 95 Prozent der kommunalen Aufträge liegen unterhalb der EU-Schwellenwerte, d.h. also: nur 5 Prozent der kommunalen Aufträge müssen europaweit ausgeschrieben werden. Wichtige Leitprinzipien Wichtige Leitprinzipien der öffentlichen Auftragsvergabe sind: einen transparenten Umgang mit öffentlichen Finanzen gewährleisten, die Vergabe öffentlicher Aufträge nachprüfbar gestalten, dadurch Begünstigungen und Korruption verhindern; öffentliche Finanzen sollen gemäß dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eingesetzt werden; die gewünschte Qualität der auszuführenden Bau-, Liefer- und Dienstleistungen soll sicherstellt werden; der Wettbewerb zwischen den Bietern ist zu gewährleisten, dabei ist die Gleichbehandlung der Bieter zu wahren; unlauterer Wettbewerb ist zu verhindern, kein Bieter soll sich unter Umgehung geltender Normen und Gesetze einseitige Vorteile verschaffen können. Bundes und Landesebene Auf der Bundesebene besteht derzeit das Vergaberecht aus: dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen §§ 97 bis 129 (GWB), der Vergabeverordnung (VgV), der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) und den Verdingungsordnungen für Leistungen (VOL) und freiberufliche Leistungen (VOF). Für Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte (5,15 Mio. EURO für Bauaufträge und 206.000 EURO für Liefer- und Dienstleistungsaufträge – ohne Umsatzsteuer) kommen auf Landesebene außerdem zur Anwendung: Das Sächsisches Vergabegesetz (SächsVergabeG) und die Sächsische Vergabedurchführungsverordnung (SächsVergabeDVO). Modernisierung 2009 Mit dem am 24. April 2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts wurden umfangreiche Änderungen im GWB vorgenommen, darunter sind u.a. folgende Neuregelungen in § 97 hervorzuheben: mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge jetzt nicht mehr nur angemessen, sondern vornehmlich zu berücksichtigen, die Auftragsvergabe ist nicht mehr nur an Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, sondern auch an die Gesetzestreue von Unternehmen gebunden, soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte können jetzt als Anforderungen bei Ausschreibung und Auftragsvergabe gestellt werden, die Einrichtung von Präqualifikationssystemen wurde nun für alle Leistungen (nicht nur für Bauleistungen) ermöglicht, d.h. zur Verfahrensvereinfachung beim Nachweis der Eignung von Bietern können öffentlich zugängliche Listen von Unternehmen erstellt werden, die sich für bestimmte Leistungen vorqualifiziert haben. 1 Losweise Vergabe § 97 GWB, § 4 VOB/A, § 5 VOL/A und § 2 des SächsVergabeG enthalten aus mittelstandsund wettbewerbspolitischen Gründen das Gebot der Losvergabe. Durch die losweise Vergabe haben kleine und mittlere Unternehmen mit örtlichem oder regionalem Bezug eine größere Chance, bei der Auftragsvergabe den Zuschlag zu erhalten. Durch die losweise Vergabe können auch Bietergemeinschaften mittelständischer Unternehmen gefördert werden. Auf die Möglichkeit der Bildung solcher Bietergemeinschaften sollten die Auftraggeber kleine und mittlere Betriebe bereits in der Bekanntmachung zur Auftragsvergabe hinweisen. Nach dem neuen § 97, Abs. 3 GWB besteht die grundsätzliche Verpflichtung, Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art und Weise (Fachlos) zu vergeben. Eine Losvergabe hat also stattzufinden. Nur in begründeten Ausnahmefällen dürfen mehrere Teilund Fachlose zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Eignung der Bieter Nach § 2 VOB/A und § 2 VOL/A sind Leistungen vom Auftraggeber an die Unternehmen nach den Kriterien der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zu angemessenen Preisen zu vergeben. Im erneuerten § 97, Abs. 4 GWB wurde als weiteres Kriterium „Gesetzestreue“ aufgenommen. Nur jene Unternehmen, die die deutschen Gesetze einhalten, werden zum Wettbewerb um öffentliche Aufträge zugelassen. Als zwingende Bestandteile der Rechtsordnung und damit der Vergaberegeln führt die amtliche Begründung beispielhaft auf: für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge, die Entgeltgleichheit von Männern und Frauen und die international vereinbarten Grundprinzipien und Rechte wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zum Verbot der Kinder- und Zwangsarbeit. § 4 SächsVergabeDVO führt zu den Eignungskriterien weiter aus: „(2) Fachkundig ist ein Bieter, der über die für die fachgerechte Vorbereitung und Ausführung der jeweiligen Leistung notwendigen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten verfügt. Bei schwierigen Leistungen ist in der Regel zu fordern, dass der Bieter bereits nach Art und Umfang vergleichbare Leistungen ausgeführt hat. (3) Leistungsfähig ist ein Bieter, der als Unternehmer über die personellen, kaufmännischen, technischen und finanziellen Mittel verfügt, um die Leistung fachlich einwandfrei und fristgerecht ausführen zu können. (4) Zuverlässig ist ein Bieter, der eine einwandfreie Ausführung der Leistung einschließlich Gewährleistung erwarten lässt. Indiz dafür kann die einwandfreie Erfüllung früherer Verträge sein. Eine Zuverlässigkeit ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn einer der in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A oder § 7 Nr. 5 VOL/A genannten Ausschlussgründe oder eine Eintragung in einem amtlichen Register über unzuverlässige Unternehmen vorliegt. (5) Die Eignung des Bieters hängt auch davon ab, in welchem Umfang er Leistungen an Nachunternehmer übertragen will. Für diesen Fall ist zu prüfen, ob dadurch die für die Leistung erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters beeinträchtigt wird und er wirtschaftlich, technisch und organisatorisch die Gewähr für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung, insbesondere für eine einwandfreie Koordinierung und Aufsicht, bietet. Kommt es für die Ausführung auf die besondere Fachkunde und Zuverlässigkeit des Bieters an, ist zu prüfen, ob nicht die Vergabe an Nachunternehmer ausgeschlossen oder auf Teilleistungen oder nach Auftragsteilwert beschränkt werden kann.“ „Gesetzestreue“ Unternehmen Ganz neu im bereits erwähnten § 97 Absatz 4 GWB ist die Bestimmung, dass öffentliche Aufträge nur an „gesetzestreue“ Unternehmen zu vergeben sind. Was hier mit „gesetzestreu“ gemeint ist, wird in der amtlichen Begründung zur Gesetzesnovelle weiter ausgeführt: 2 „Die Aufnahme des Begriffs ,gesetzestreu’ macht klarer, was im Gesetz gemeint ist: Nur das Unternehmen, das die deutschen Gesetze einhält, wird zum Wettbewerb um öffentliche Aufträge zugelassen. Die Aufzählung der Gesamtheit der einzuhaltenden Regeln im Gesetz ist weder möglich noch nötig. Es geht um alle Regeln, an die sich alle Unternehmen, die eine entsprechende Tätigkeit ausüben, halten müssen. Das gilt selbstverständlich auch und gerade für so wichtige Grundregeln wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation. Sie sind zwingender Bestandteil unserer Rechtsordnung. Zu den von allen Unternehmen einzuhaltenden Regeln gehören auch für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge. Auch wenn diese keine formellen Gesetze sind, so sind es doch allgemeinverbindliche gesetzesähnliche Rechtsakte, denen sich kein Unternehmen entziehen darf.“1 Zu beachten ist, dass es sich um allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge (Flächentarifverträge) handeln muss, für sogenannte „einfache“ Tarifverträge gilt das oben Gesagte nicht. Soziale und Umweltaspekte Lange Zeit galten Tariftreue von Unternehmen sowie soziale, umweltbezogene und sonstige politische Aspekte als „vergabefremde Kriterien“, die also bei Ausschreibung und Vergabe öffentlicher Aufträge keine Rolle zu spielen hatten. Mit der Neufassung des § 97 Abs. 4 hat der Gesetzgeber nun zusätzliche, bisher als „vergabefremd“ geltende Kriterien, soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte, für die Auftragsvergabe aufgenommen. Damit wurde an Vergaberichtlinien der EU von 2004 angeknüpft und klargestellt, dass die öffentlichen Auftraggeber vom Unternehmen ein bestimmtes Verhalten während der Ausführung des Auftrages verlangen können, auch wenn das Unternehmen sich ansonsten am Markt anders verhält. § 97 Abs. 4 setzt wie das EU-Recht voraus, dass die zusätzlichen Anforderungen für die Auftragsausführung „im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand“ stehen müssen. Damit wird sichergestellt, dass allgemeine Anforderungen an die Unternehmens- oder Geschäftspolitik ohne konkreten Bezug zum Auftrag (z. B. allgemeine Ausbildungsquoten, Quotierungen von Führungspositionen zu Gunsten der Frauenförderung, generelle Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen) keine Kriterien bei der Auftragsvergabe sein können und nach wie vor einer besonderen Gesetzgebung durch Bund oder Länder bedürfen. Die zusätzlichen Anforderungen an die Auftragnehmer für die Ausführung der Leistung stellen Leistungsanforderungen dar und müssen daher Gegenstand der Leistungsbeschreibung sein. Sie sind allen Wettbewerbern zu Beginn des Vergabeverfahrens bekannt zu machen. In der amtlichen Begründung zur Neufassung des § 97 GWB die Leistungsbeschreibung betreffend werden u.a. folgende Beispiele genannt: Der öffentliche Auftraggeber kann durch Spezifizierung des Auftragsgegenstandes Innovations- oder Umweltschutzaspekte berücksichtigen wie die Begrenzung des Schadstoffausstoßes von Dienstkraftfahrzeugen oder die Brennstoffzellentechnologie. Durch die Beschreibung der Leistung als „Strom aus erneuerbaren Energiequellen“ oder „Recyclingpapier“ können dem Auftragnehmer auch mittelbar bestimmte Produktionsverfahren bei der Ausführung des Auftrags vorgegeben werden. Bei der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen kann die Berücksichtigung innovativer Verfahren oder Produkte im Stadium der Bedarfsanalyse nicht nur bessere Lösungen bringen, sondern auch ein Signal für die Innovationsbereitschaft öffentlicher Auftraggeber sein. In vielen Fällen kann es aber auch schon darauf ankommen, durch eine funktionale Leistungsbeschreibung oder die ausdrückliche Zulassung von Nebenangeboten Angebote über innovative Lösungen zu erhalten. Die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers können die Beschäftigung von Auszubildenden oder Langzeitarbeitslosen, bezogen auf den konkreten Auftrag, betreffen. Die öffentlichen Auftraggeber können eine angemessene Bezahlung zur Sicherstellung der Qualifikation von Wachpersonal fordern. 3 Ebenso steht es einem öffentlichen Auftraggeber frei, die Pflasterung öffentlicher Plätze aus Steinen zu verlangen, die im Ausland unter Einhaltung der Kernarbeitsnormen der ILO hergestellt wurden. Damit kann der öffentliche Auftraggeber die Vorgabe der Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen bei Importen für die gesamte Lieferkette bis ins Ursprungsland erstrecken. Zu den Anforderungen, die insbesondere soziale Aspekte betreffen können, sind auch Maßnahmen zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern im Erwerbsleben zu rechnen. Das betrifft insbesondere die Sicherstellung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern bei der konkreten Ausführung eines Auftrages.2 Vergabe-Verordnungen Die VOB gilt nur für Bauleistungen. Bauleistungen sind danach Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instandgehalten, geändert oder beseitigt wird. Der Bauleistungsbegriff umfasst auch Arbeiten an einem Grundstück. Bauleistungen sind u.a.: Arbeiten zur Errichtungen einer baulichen Anlage, Arbeiten an einer bestehenden Anlage, Abbrucharbeiten, Garten- und Landschaftsarbeiten, Ausschachtungsarbeiten, Lieferung und Einbau maschineller oder elektrotechnischer Teile (zum Beispiel Aufzüge), wenn die Teile durch eine feste Verbindung Bestandteil der baulichen Anlage selbst werden.3 Alle anderen Lieferungen und Leistungen unterliegen grundsätzlich der VOL. Neben Warenlieferungen sind das zum Beispiel die für eine bauliche Anlage gelieferten Kommunikationsund EDV-Anlagen, die von der baulichen Anlage ohne Beeinträchtigung der Benutzbarkeit abgetrennt werden können und die einem selbstständigen Nutzungszweck dienen. Daneben erfasst die VOL insbesondere auch gewerbliche Dienstleistungen sowie vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbare freiberufliche Dienstleistungen. Eine grundsätzliche Gewährleistungsfrist für Bauwerke besteht nach VOB für vier Jahre, während für die von der VOL erfassten Leistungen grundsätzlich die BGBGewährleistungsfrist von zwei Jahren gilt. Die VOF kommt ausschließlich für Auftragsvergaben oberhalb der EG-Schwellenwerte zur Anwendung. Die Vergabe freiberuflicher Leistungen erfolgt in der Regel wegen ihrer besonderen intellektuellen und kreativen Natur entweder in Form einer freihändigen Vergabe oder durch eine beschränkte Ausschreibung. Bei der konkreten Vergabeentscheidung durch den Auftraggeber stehen dabei Leistungs-, nicht aber Preiskriterien im Vordergrund. Welche beruflichen Tätigkeiten zu den freiberuflichen gehören, ergibt sich aus der Definition in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz. Arten der Vergabe In § 3 VOB/A und VOL/A werden drei Vergabearten unterschieden, die in einem Stufenverhältnis zueinander stehen. Die Öffentliche Ausschreibung („Offenes Verfahren“ nach EU-Vergabeverfahren)4 das hat aus Wettbewerbsgründen grundsätzlich Vorrang. Eine öffentliche Ausschreibung muss stattfinden, soweit nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Eine Beschränkte Ausschreibung („Nichtoffene Verfahren“ nach EU) kommt vor allem dann in Betracht, wenn die Leistungen nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmen ausgeführt werden kann, besonders, wenn außergewöhnliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit erforderlich sind, 4 wenn die öffentliche Ausschreibung für den Auftraggeber oder die Bewerber einen Aufwand verursachen würde, der zu dem erreichbaren Vorteil oder dem Wert der Leistung in keinem Verhältnis stehen würde, wenn eine öffentliche Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis gebracht hat, wenn eine öffentliche Ausschreibung aus anderen Gründen (zum Beispiel Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßig ist. Die große Ausnahme im Vergabeverfahren ist die Freihändige Vergabe („Verhandlungsverfahren“ nach EU). Die freihändige Vergabe kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn für die Leistung aus besonderen Gründen (zum Beispiel besondere Erfahrungen, Zuverlässigkeit oder Einrichtungen, bestimmte Ausführungsarten) nur ein Unternehmen in Betracht kommt, die Leistung – etwa weil Gefahr in Verzug ist – besonders dringlich ist, die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe – etwa bei Reparaturleistungen – nicht so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können, nach Aufhebung einer öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung eine erneute Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis verspricht. Bei einer beschränkten Ausschreibung ist in jedem Einzelfall im Vergabevermerk aktenkundig zu machen, warum von einer öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung abgesehen worden ist. Auch soll vor einer freihändigen Vergabe ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb stattfinden. Wertgrenzen Nach der neuen VOB/A können Beschränkte Vergaben bis zu folgendem Auftragswert der Bauleistung ohne Umsatzsteuer erfolgen: 50.000 EURO für Ausbaugewerke (ohne Energie- und Gebäudetechnik), Landschaftsbau und Straßenausstattung, 150.000 EURO für Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau, 100.000 EURO für alle übrigen Gewerke. Eine Freihändige Vergabe ist nach der neuen VOB/A außerdem bis zu einem Auftragswert von 10.000 EURO ohne Umsatzsteuer möglich. Nach § 1, Abs. 2 der SächsVergabeDVO kann eine freihändige Vergabe bis zu 13.000 EURO (ohne Umsatzsteuer) für Aufträge nach VOL erfolgen, für Bauaufträge nach VOB bis zu einem Auftragswert von 25.000 EURO (ohne Umsatzsteuer) sind öffentliche oder beschränkte Ausschreibung im Regelfall unzweckmäßig. Auf der Grundlage des Konjunkturpakets II wurden wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise bis 31.12.2010 befristet die Schwellenwerte für Beschränkte Ausschreibungen und Freihändige Vergaben (jeweils ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb) deutlich angehoben. Für Bauleistungen: Beschränkte Ausschreibungen bis zu 1 Mio. EURO, Freihändige Vergaben bis zu 100.000 EURO, Für Dienst- und Lieferleistungen: Freihändige Vergaben und Beschränkte Ausschreibungen bis 100.000 EURO. Kernpunkt: Leistungsbeschreibung Kernpunkt des Vergabeverfahrens ist eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung (vgl. § 8 VOL/A bzw. § 9 VOB/A). Diese legt den späteren Vertragsinhalt fest und auch die spätere Prüfung und Wertung der Angebote erfolgt anhand der Leistungsbeschreibung. Eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung erfordert vom Auftraggeber eine hinreichende Eindeutigkeit und Klarheit, so dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen können. Den Bietern und Bewerbern darf insbesondere durch die Art der Leistungsbeschreibung kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die sie keinen Einfluss haben (z.B.: Haftung für Zufall oder höhere Gewalt, Verzicht auf Verjäh5 rung bei Gewährleistung, überlange Ausdehnung der Verjährungsfristen, Verpflichtung zur Verwendung nicht erprobter Materialien) und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen sie nicht im Voraus schätzen können. In der Praxis gibt es standardisierte Ausschreibungstexte, die in Standardleistungsbüchern enthalten sind. Nach § 2 der SächsVergabeDVO können weitere, über VOB und VOL hinausgehende Kriterien für die Leistungsbeschreibung angeführt werden: Dies können insbesondere Ortskenntnisse, schnelle Verfügbarkeit des Unternehmens, besondere Serviceleistungen, besondere Anforderungen an das Personal oder an die Ausrüstung sein. Jedoch dürfen diese zusätzlichen Kriterien nicht dazu führen, dass einzelne Unternehmen oder Leistungen ohne Grund bevorzugt oder ausgeschlossen werden. Gleichbehandlung der Bieter Das Wettbewerbsprinzip und das Prinzip des Diskriminierungsverbots (vgl. § 97 Abs. 1 und 2 GWB) verlangen, Bieter und Bewerber ohne sachlichen Grund nicht ungleich zu behandeln. Dies bedeutet z.B., dass Kommunen ortsansässige Unternehmen bei der Auftragsvergabe nicht bevorzugen dürfen (vgl. § 7 Nr. 1 S. 2 VOL/A). Eine Verletzung dieses Grundsatzes könnte auch dazu führen, dass zum Beispiel ein in einer Kommune ansässiges Unternehmen nicht oder kaum die Chance erhalten würde, in der Nachbarkommune einen Auftrag zu bekommen. Im Ergebnis könnte das nicht nur zum Schaden des Unternehmens sein, sondern über die Gewerbesteuereinnahmen mittelbar auch der betreffenden Kommune schaden. Verbot der bloßen Markterkundung Nach § 16 Nr. 2 VOL/A und VOB/A sind Ausschreibungen für vergabefremde Zwecke (zum Beispiel Ertragsberechnungen, Vergleichsanschläge, Markterkundungen) unzulässig. Ein Auftraggeber darf z.B. nicht im Wege einer Ausschreibung erkunden, ob zum Beispiel seine eigene Hausdruckerei im Vergleich zu externen Anbietern wirtschaftlicher arbeitet. Das Vergabeverfahren ist vielmehr darauf ausgerichtet, dass ein externer Bieter einen Auftrag erhält. Weitergabe an Nachunternehmer Speziell hierfür schreibt § 3 SächsVergabeG vor: „(1) Im Fall der Auftragserteilung sind die vom Auftragnehmer angebotenen Leistungen grundsätzlich im eigenen Betrieb auszuführen. Die Weitergabe von Leistungen an Nachunternehmer ist grundsätzlich nur bis zu einer Höhe von 50 vom Hundert des Auftragswertes und nur mit Zustimmung des Auftraggebers zulässig. Die Bieter haben bei der Angebotsabgabe ein Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen und der hierfür vorgesehenen Nachunternehmer vorzulegen. (2) Auftragnehmer sind für den Fall der Weitergabe von Leistungen an Nachunternehmer vertraglich zu verpflichten, 1. bevorzugt Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft zu beteiligen, soweit es mit der vertragsgemäßen Ausführung des Auftrags zu vereinbaren ist, 2. Nachunternehmen davon in Kenntnis zu setzen, dass es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt, 3. bei der Weitergabe von Bauleistungen an Nachunternehmen die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen der Verdingungsverordnung für Bauleistungen (VOB/B), bei der Weitergabe von Lieferleistungen die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/B) zum Vertragsbestandteil zu machen, 4. den Nachunternehmern keine, insbesondere hinsichtlich der Zahlungsweise, ungünstigeren Bedingungen aufzuerlegen, als zwischen dem Auftragnehmer und dem öffentlichen Auftraggeber vereinbart sind.“ 6 Niedrigste Angebot nicht entscheidend Die Prüfung und Wertung der Angebote sind nach den §§ 23 bis 25 VOB/A oder nach den §§ 23 bis 25 VOL/A unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sorgfältig und zügig durchzuführen. Nur Angebote von Bietern, deren Eignung für die nachgefragte Leistung erwiesen ist, die die formellen und technischen Anforderungen erfüllen und deren Angebotspreis angemessen ist, kommen in die engere Wahl. § 25 VOB/A: „In die engere Wahl kommen nur solche Angebote, die unter Berücksichtigung rationellen Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine einwandfreie Ausführung einschließlich Haftung für Mängelansprüche erwarten lassen. Unter diesen Angeboten soll der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie z.B. Preis, Ausführungsfrist, Betriebs- und Folgekosten, Gestaltung, Rentabilität oder technischer Wert, als das wirtschaftlichste erscheint. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend.“ § 25b VOL/A, Abschnitt 3: „Der Auftrag ist auf das wirtschaftlich günstigste Angebot unter Berücksichtigung der auftragsgebundenen Kriterien wie etwa Lieferfrist, Ausführungsdauer, Betriebskosten, Rentabilität, Qualität, Ästhetik und Zweckmäßigkeit, technischer Wert, Kundendienst und technische Hilfe, Verpflichtungen hinsichtlich der Ersatzteile, Versorgungssicherheit, Preis zu erteilen.“ § 6 SächsVergabeDVO: „(1) Auf Angebote mit unangemessen hohen oder niedrigen Preisen darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Dies gilt insbesondere für Angebote, deren Preise in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen. Die Angemessenheit der Preise für Teilleistungen ist in der Regel nicht für einzelne Leistungen, sondern im Rahmen der Angebotsendsumme zu beurteilen... (3) Die Angemessenheit des Preises ist insbesondere dann zweifelhaft, wenn ein Angebot um mehr als 10 Prozent vom geschätzten Auftragswert der Vergabestelle oder von dem Angebot eines oder einiger Bieter abweicht. Die Gründe für den niedrigen Preis sind aufzuklären. Dazu können die Angaben des Bieters zur Preisermittlung und die Aufgliederung wichtiger Einheitspreise herangezogen werden. Geht die Angemessenheit des Preises aus den verfügbaren Unterlagen nicht hervor, ist vom Bieter schriftlich Aufklärung über seine Preisermittlung zu verlangen. Ist dies nicht ausreichend, können eine Informationsverhandlung durchgeführt und Einsichtnahme in die Kalkulation verlangt werden (§ 24 VOB/A, § 24 VOL/A). (4) Der Bieter kann seinerseits Zweifel an der Angemessenheit des Preises ausräumen, indem er über die Ermittlung des Angebotspreises umfassend aufklärt und nachweist, dass für den erheblich geringeren Angebotspreis sachlich gerechtfertigte Gründe vorliegen.“ ACHIM GRUNKE 1 Siehe in: Ley/Schnabel, Das neue Vergaberecht 2009, Rehm 2009, S. 22. Vgl. ebenda, S. 19f. 3 Vgl. Vergaberecht 2009. Novellierung, aktuelle Entwicklungen und Verfahrensablauf, Dt. Städte- und Gemeindebund, Dokumentation Nr. 90, S. 16. 4 Im europaweiten Vergabeverfahren entsprechen diese Verfahrensarten in etwa den bisher üblichen Verfahrensarten im nationalen Vergabeverfahren. Vgl. Vergaberecht, 11. Aufl. 2009, Beck-Texte dtv, Einleitung von U. Jasper und F. Marx. 2 7