Magdalena Abakanowicz Neun-Figuren

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Magdalena Abakanowicz Neun-Figuren
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Magdalena Abakanowicz
Neun-Figuren-Raum
1990
Skulptur
Bronze
9 Teile, je ca. 250 × 150 × 50 cm
—
Lehmbruck Museum
Magisch. Mythisch. Mystisch. Die einzelnen Stelen von Magdalena
Abakanowiczs Neun-Figuren-Raum wirken wie hieratische Gestalten und
scheinen geradewegs aus dem Boden zu wachsen. Als archaische
Monumente der Erinnerung und des Überzeitlichen berühren sie eine Welt
des Magischen, Mythischen und Mystischen.
Nur ein Parkweg, eine Busch- und Baumreihe trennen die beiden
mehrteiligen, in Material und Stil ganz unterschiedlichen plastischen Werke
im Museumspark voneinander: die Skulptur für eine Ebene von André Volten
aus dem Jahre 1977 und den Neun-Figuren-Raum von Magdalena
Abakanowicz, der seit 1989 geplant und 1990 aufgestellt wurde. Er besetzt die
leicht ansteigende Wiese an der Ostseite des Lehmbruck-Traktes im Park.
Beinahe alle genannten Werke konnten im Rahmen der Ausstellung
»Europäische Skulptur der Zweiten Moderne« im Skulpturenpark installiert
werden.
Nach der Wahl des Standortes hat die Künstlerin – in weiterer
Zusammenarbeit mit Jan Kosmowski und Artur Starewicz – Holzschablonen
schneiden lassen, um die Anzahl, Größe und Gruppierung der Figuren zu
entscheiden. Durch Konstruktionszeichnungen hat sie die direkte Arbeit im
Material vorbereitet und schließlich den Bronze-Guss ausführen lassen,
dessen spezifische ästhetische Erscheinung vor allem auch durch die
Patinierung an Steinmaterial erinnern soll. Die Künstlerin hatte gerade zuvor
in Israel Steinformen für eine mehrteilige Arbeit geschnitten. Vor der
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endgültigen Aufstellung, der die Betonfundamentierung vorausging, erfolgte
eine letzte Überprüfung der Standorte und der Ausrichtung der Figuren.
So stehen diese Formen als abstrahierte Figuren nach gut einjähriger
Bearbeitungszeit seit Herbst 1990 auf dem Hügelgelände, definieren den
Raum zwischen den einzelnen Elementen und zugleich einen eigenen
Binnen- und Grenzraum des Skulpturenparkes. Alle Einzelstelen sind frontal
auf einer Linie geordnet, die die dahinter stehende Baumreihe abzuschirmen
scheint. Durch die unterschiedliche Drehung der einzelnen Werke entsteht
ebenso ein schwingender Rhythmus wie zugleich eine kommunikative
Gruppierung.
Dabei erreichen die Figuren eine erhabene Höhe, die ein Maß zwischen
Menschengestalt und Baumgröße einnimmt. Nicht zuletzt aufgrund dieser
anthropometrischen Bezugnahme und der dialogischen Struktur dieser
frontal gerichteten Anordnung wirken die einzelnen Stelen wie hieratische
Gestalten. Sie scheinen geradewegs und sockellos aus dem Boden zu
wachsen und unmittelbar mit der Umgebung des Parks verwandt. Als
archaische Monumente der Erinnerung und des Überzeitlichen berühren sie
eine Welt des Magischen, Mythischen und Mystischen.
Dieses naturhafte Wesen des Werkes gelangt in den Strukturbildungen am
stärksten zum Ausdruck. Eine Vielfalt von Empfindungen wird in den
Handabdrucken, den Höhen und Tiefen, den Zerklüftungen und den
abstrakten Linien spürbar. Die Bezüge zur Natur werden erkennbar in Aderund Astbildungen. Über Ausdruck und Bedeutung der Strukturbildung in
ihrem Werk hat Magdalena Abakanowicz (1976) gesagt: »Die Formen des
Ausdrucks wechseln. Nur sie können die Wahrheit über sich selber
ausdrücken. In allem jedoch, was ich tue, gibt es einen konstanten Faktor und
die bleibende Notwendigkeit: die Suche und Offenbarung der Geheimnisse,
die in Strukturen liegen – Struktur verstanden als ein Phänomen, das die
ganze organische Welt auf diesem Planeten gemein hat. Dieses Mysterium
kann niemals ganz enthüllt werden.«
Im Skulpturenpark des Duisburger Lehmbruckmuseums erscheinen diese
monumentalen naturbezogenen Gebilde wie Wächterfiguren, die Grenzen
zwischen Natur-Raum, Museumsraum und städtischem Wohnraum ziehen.
Sie artikulieren in besonderer Weise die mythisierende und religiöskulturelle Erfahrungen eines unbewohnten natürlichen Ortes.
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