Wechselbeziehungen zwischen Co

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Wechselbeziehungen zwischen Co
Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und
Kündigungsabsicht
Bachelorarbeit
am
Institut für Betriebswirtschaftslehre
Universität Zürich
Lehrstuhl für Human Resource Management
Prof. Dr. Bruno Staffelbach
Betreuerin:
Lea Rutishauser
Fachgebiet:
Fach:
Betriebswirtschaftslehre
Human Resource Management
Verfasserin:
Adresse:
PLZ / Ort:
E-Mail:
Martrikelnummer:
Andrea Zaugg
Studienrichtung:
Betriebswirtschaftslehre
Anzahl studierter Semester: 6
Abgabedatum:
10. Juli 2014
Abstract
Die Aufgaben, welche heute in einem Unternehmen anfallen, sind wissensbasierter als jemals
zuvor. Entsprechend ist es von grosser Bedeutung, Mitarbeiter langzeitig im Unternehmen
halten zu können, um die Investitionen in ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten langfristig nutzen
und damit amortisieren zu können. Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird der sog. Co-worker
Support (Deutsch: Unterstützung durch Arbeitskollegen) als wichtiges Mittel zur Unterbindung von Kündigungsabsichten bei Arbeitnehmern untersucht. Begonnen wird hierbei mit
einer Übersicht über die wesentlichen Beiträge in der akademischen Literatur in den Bereichen des Social Supports und der Mitarbeiter-Fluktuation. Im Anschluss daran werden die
direkten Beziehungen zwischen dem Co-worker Support und der Kündigungsabsicht von
Mitarbeitern aufgezeigt. Es werden sechs Einflussgruppen definiert und erklärt, wie sich diese
auf den Co-worker Support, die Kündigungsabsicht und deren Beziehung zueinander auswirken. Es resultiert ein komplexes theoretisches Framework, welches die vielen Wechselbeziehungen zwischen dem Co-worker Support, der Kündigungsabsicht und deren Einflussgruppen
aufzeigt. Auf diesem Ergebnis basierend werden in einem letzten Teil Handlungsempfehlungen nur Minderung von Kündigungsabsichten gegeben.
The tasks that arise in an organization today are more knowledge-based than ever before.
Hence, it looms large to hold the employees in the organization for a long time, to be able to
profit of and amortize the investments in their skills. In this bachelor thesis, co-worker support as an important way to prevent turnover intentions will be analyzed. First, the author
provides an overview of academic literature in the fields of co-worker support and turnover
intentions. Afterwards, the direct relationships between co-worker support and turnover intentions will be analyzed. Six groups that influence co-worker support, turnover intention and
their direct relationship are defined and explained. The outcome of this is a complex theoretical framework that shows the inter-relations between co-worker support, turnover intention
and aspects that influence them. Based on this outcome, the author provides recommendations
to decrease turnover intentions in the last part of this thesis.
II
Inhalt
Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................. V
Tabellenverzeichnis .................................................................................................................. VI
Abkürzungsverzeichnis ...........................................................................................................VII
1 Einleitung ................................................................................................................................ 1
1.1 Ausgangslage .................................................................................................................... 1
1.2 Zielsetzung........................................................................................................................ 2
1.3 Aufbau und Vorgehen ...................................................................................................... 2
1.3.1 inhaltlicher Aufbau .................................................................................................... 2
1.3.2 Methodisches Vorgehen............................................................................................. 3
1.4 Abgrenzungen ................................................................................................................... 3
2 Grundlagen und Begriffsdefinitionen...................................................................................... 5
2.1 Begriffsdefinitionen .......................................................................................................... 5
2.1.1 Begriffsdefinition eines Co-workers .......................................................................... 5
2.1.2 Begriffsdefinition von Social Support bzw. Co-worker Support............................... 6
2.1.3 Begriffsdefinition der Kündigungsabsicht ................................................................. 8
2.2 Auswirkungen der Kündigungsabsicht und Fluktuation auf Unternehmen ..................... 9
3. Überblick über bisherige akademische Untersuchungen ..................................................... 12
3.1 Modelle zur Erklärung von Fluktuation ......................................................................... 12
3.1.1 Die Anreiz-Beitrags-Theorie von March und Simon (1966) ................................... 12
3.1.2 Das Verkettungsmodell nach Mobley (1977) .......................................................... 14
3.1.3 Das Modell von Price und Müller (1990) ................................................................ 16
3.1.4 Das Entwicklungsmodell von Lee und Mitchell (1994) .......................................... 18
3.1.5 Das Job-Einbettungsmodell von Mitchell et al. (2001) ........................................... 20
3.1.6 Fazit.......................................................................................................................... 22
3.2 Theorien zur Erklärung von sozialer Unterstützung....................................................... 22
3.2.1 Die Social Exchange Theorie................................................................................... 22
3.2.2 Theorie zum Gleichheitsprinzip der Gerechtigkeit (Equity Theorie) ...................... 24
3.2.3 Fazit.......................................................................................................................... 24
4 Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht ...................... 25
4.1 Direkter Einfluss von Co-worker Support auf die Kündigungsabsicht .......................... 25
4.2 Direkter Einfluss der Kündigungsabsicht auf den Social Support ................................. 28
4.3 Einflussfaktoren auf die Wechselbeziehung................................................................... 30
4.3.1 Einflussfaktoren auf den Co-worker Support .......................................................... 33
III
4.3.2 Einflussfaktoren auf die Kündigungsabsicht ........................................................... 37
4.3.3 Einflussfaktoren auf die Beziehung zwischen Social Support und
Kündigungsabsicht ............................................................................................................ 43
4.3.4 Beziehungen zwischen den Einflussgruppen ........................................................... 43
4.4 Fazit ................................................................................................................................ 46
5 Handlungsempfehlungen ....................................................................................................... 48
5.1 Co-worker Support und Grösse und Stärke des sozialen Netzes.................................... 48
5.2 Fluktuationskultur........................................................................................................... 50
5.3 Jobzufriedenheit und organisationales Commitment ..................................................... 51
5.4 Stressfaktoren ................................................................................................................. 52
5.5 Fazit ................................................................................................................................ 52
6 Abschliessende Beurteilung .................................................................................................. 53
6.1 Zusammenfassung / Schlussfolgerungen........................................................................ 53
6.2 kritische Beurteilung....................................................................................................... 54
6.3 Ausblick .......................................................................................................................... 57
Literaturverzeichnis .................................................................................................................... 9
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Mögliche Ausprägungen von sozialer Unterstützung .......................................... 6
Abbildung 2: Anreiz-Beitrags-Theorie von March und Simon ............................................... 14
Abbildung 3: Das Verkettungsmodell nach Mobley ................................................................ 16
Abbildung 4: Das Modell von Price und Müller ...................................................................... 18
Abbildung 5: Die sechs Dimensionen der Job-Einbettung ...................................................... 21
Abbildung 6: Kündigungsabsicht abhängig von Arbeitsbelastung und Co-worker Support ... 26
Abbildung 7: Wirkung von Co-worker Support auf die Kündigungsabsicht........................... 28
Abbildung 8: Die Wirkung eines Kündigungswunsches auf den geleisteten Co-worker
Support ............................................................................................................... 29
Abbildung 9: Wirkung eines Kündigungswunsches auf den wahrgenommenen Co-worker
Support ............................................................................................................... 30
Abbildung 10: Die direkten Wechselbeziehungen zwischen Kündigungsabsicht und Coworker Support ................................................................................................... 30
Abbildung 11: Beispiel eines sozialen Netzwerks ................................................................... 32
Abbildung 12: Beziehungen zwischen sozialem Verhalten und Co-worker Support .............. 34
Abbildung 13: Wirkung von sozialen Netzen auf Co-worker Support .................................... 35
Abbildung 14: Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und Fluktuation ............. 35
Abbildung 15: Wechselbeziehungen zwischen Commitment und Co-worker Support ........... 36
Abbildung 16: Wechselbeziehungen zwischen Jobzufriedenheit und Co-worker Support ..... 36
Abbildung 17: Einfluss von Co-worker Support auf wahrgenommenen Stress ...................... 37
Abbildung 18: Wirkung von gebotenem sozialem Verhalten auf Kündigungsabsicht ............ 37
Abbildung 19: Einfluss des sozialen Netzes auf die Kündigungsabsicht ................................ 38
Abbildung 20: Wirkung von Fluktuation auf verbleibende Arbeitskollegen ........................... 40
Abbildung 21: Ausbreitung des Kündigungswunsches unter Mitarbeitern ............................. 41
Abbildung 22: Die Kündigungsabsicht als guter Prädiktor von tatsächlicher Fluktuation ...... 41
Abbildung 23: Wechselbeziehung zwischen Jobzufriedenheit und Kündigungsabsicht ......... 42
Abbildung 24: Einfluss von Stress auf die Kündigungsabsicht ............................................... 42
Abbildung 25: Einfluss von Commitment auf die Kündigungsabsicht.................................... 42
Abbildung 26: Einfluss von sozialer Anbindung auf Social Support und Kündigungsabsicht 43
Abbildung 27: Übersicht über die behandelten Zusammenhänge ........................................... 47
V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Anfallende Fluktuationskosten für Unternehmen ................................................... 10
Tabelle 2: Übersicht über die sechs Einflussgruppen .............................................................. 31
Tabelle 3: Zusammenfassung der Einflussfaktoren auf Co-worker Support und
Kündigungsabsicht .................................................................................................. 54
VI
Abkürzungsverzeichnis
OCBI
Organizational-Citizenship-Behavoir-Towards-Individuals
(Deutsch: Verhalten gegenüber anderen Menschen im Unternehmen, welches nicht arbeitsvertraglich gefordert ist)
PCS
perceived co-worker support (Deutsch: wahrgenommene Unterstützung von Arbeitskollegen)
PSS
perceived supervisor support (Deutsch: wahrgenommene Unterstützung von Vorgesetzten)
VII
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
Für Manager ist das Einstellen und Binden von Mitarbeitern mit hoher Qualität an die Unternehmung heute wichtiger als jemals zuvor. Entwicklungen wie die Globalisierung, die Zunahme wissensintensiver Arbeiten und der rasche technologische Fortschritt verlangen von
Unternehmen dahingehend den Aufbau von Humankapital (Holtom, Mitchell, Lee & Eberly,
2008, S. 232). Tziner und Birati (1996, S. 116) untersuchten in einer Studie z.B. die Kosten,
welche für ein Unternehmen bei der Abwanderung eines Mitarbeiters entstehen können. Sie
unterscheiden dabei zwischen direkten Kosten (Rekrutierung, Anstellung, Ausbildung und
Einbindung des neuen Mitarbeiters), indirekten Kosten (Unterbrüche in der Produktion und in
der Lieferung von Produkten und Services) und den finanziellen Einbussen, die entstehen,
weil das Verlassen des Kollegen bei den verbleibenden Mitarbeitern einen Moralverlust verursacht.
Vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung der Mitarbeiterretention im Unternehmen klar.
Es gibt dabei viele Möglichkeiten, einen Arbeitnehmer an die Unternehmung zu binden, weil
die individuelle Entscheidung zu kündigen von vielen verschiedenen Einflussfaktoren abhängig ist, die (teilweise) durch den Arbeitgeber beeinflusst werden können (Huf, 2012, S.
47+48).
Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt deshalb auf einem bestimmten Faktor, der die Kündigungsabsicht eines Mitarbeiters beeinflussen kann, namentlich dem sogenannten Co-worker
Support und den Beziehungen, welche zwischen der sozialen Unterstützung durch Kollegen
und der Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers bestehen.
Es existieren dabei etliche Studien, welche sich mit diesen Beziehungen des Co-worker Supports und der Kündigungsabsicht auseinandersetzen. Dabei wurde sowohl der direkte Einfluss
der sozialen Unterstützung, als auch der indirekte Einfluss (z.B. über die Arbeitszufriedenheit) untersucht (Holtom et al., 2008, S. 256). So konnte z.B. gezeigt werden, dass Kündigungen von Arbeitskollegen einen Einfluss auf die Arbeitseinstellung der verbleibenden Arbeitnehmer haben. Dieser Effekt ist jedoch stark abhängig von den Beziehungen, welche zwischen den Mitarbeitern bestanden haben (Krackhardt & Porter, 1985, S. 259).
1
Bisher wurde dabei sehr wenig darüber publiziert, wie sich der Kündigungswunsch eines Mitarbeiters auf den Co-worker Support auswirkt, welchen dieser Mitarbeiter erfährt. Doch zeigen zum Beispiel Eder und Eisenberger (2008, S.63), dass sich Arbeitskollegen untereinander
in ihren Einstellungen und Verhaltensweisen stark beeinflussen (können).
1.2 Zielsetzung
Ziel dieser Arbeit ist es, einen wissenschaftlichen Beitrag zum besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen dem Co-worker Support und der Kündigungsabsicht eines Mitarbeiters zu leisten. Auf Basis dieses Verständnisses sollen Handlungsempfehlungen abgeleitet
werden, so dass Kündigungsabsichten und deren negative Folgen für Unternehmen in Zukunft
verringert werden können.
Im Rahmen der Arbeit werden dabei insbesondere
a) die Begriffe Co-worker Support und Kündigungsabsicht definiert,
b) die Beziehungen zwischen dem Co-worker Support und der Kündigungsabsicht theoretisch erläutert und deren Wechselbeziehungen aufzeigt,
c) und aus den Erkenntnissen praktische Handlungsempfehlungen abgeleitet.
1.3 Aufbau und Vorgehen
1.3.1 inhaltlicher Aufbau
Im ersten Kapitel werden das Thema, die Ausgangslage und die Zielsetzung erläutert und
abgegrenzt, der inhaltliche Aufbau aufgezeigt und das methodische Vorgehen erklärt.
Die für das Verständnis der vorliegenden Arbeit wichtigsten Begriffe des Co-workers, des
Co-worker Supports und der Kündigungsabsicht werden in Kapitel 2 definiert. Im Anschluss
an diese Definitionen finden sich Erläuterungen zu den positiven und negativen Auswirkungen, welche freiwillige Fluktuation aus theoretischer Sicht auf ein Unternehmen haben kann.
Kapitel 3 befasst sich mit bisherigen akademischen Untersuchungen zum Thema des Coworker Supports. Es werden Modelle aufgezeigt, welche das Aufkommen von Fluktuation
und Kündigungsabsicht erklären. Dabei werden sowohl Situations- als auch Prozessmodelle
erklärt. Was Arbeitnehmer dazu bewegt, Co-worker Support zu leisten, wird ebenfalls in Kapitel 3 dargelegt, indem die zwei wichtigsten Theorien zum Themengebiet des Social Supports vorgestellt und diskutiert werden.
2
In Kapitel 4 werden die Beziehungen zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht
erläutert und die Wechselbeziehungen aufgezeigt. In einem ersten Teil werden die direkten
Verbindungen des Co-worker Supports und der Kündigungsabsicht untersucht. Anschliessend
werden Einflussfaktoren und ihre Wirkung auf den Co-worker Support, die Kündigungsabsicht und deren Beziehung zueinander erläutert. Auch die Verbindungen zwischen den Einflussgruppen selbst werden kurz diskutiert. Abgeschlossen wird Kapitel 4 mit einer Übersicht
über die relevanten Einflussfaktoren und wie sie auf den Co-worker Support, die Kündigungsabsicht und deren Beziehung einwirken.
Basierend auf den Erläuterungen in Kapitel 3 und 4 werden im fünften Kapitel praktische
Handlungsempfehlungen formuliert, welche das Verständnis und den Umgang mit den Wechselwirkungen zwischen dem Co-worker Support und der Kündigungsabsicht erleichtern sollen.
Abschliessend werden im sechsten Kapitel die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst
und eine kritische Beurteilung der Arbeit vorgenommen, welche auch ungeklärte Fragen für
die Zukunft beinhaltet.
1.3.2 Methodisches Vorgehen
Die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit basieren auf einer intensiven Literaturrecherche der
aktuellen und vergangenen akademischen Arbeiten in den oben beschriebenen, relevanten
Themengebieten. Um die eingangs formulierten Fragestellungen zu beantworten und Handlungsempfehlungen abzuleiten, werden bestehende Theorien und Modelle aus der Psychologie, Soziologie und der Ökonomie analysiert und miteinbezogen.
1.4 Abgrenzungen
Fisher (1985, S.40) definiert Social Support folgendermassen:
„Social support is conceptualized as the number and quality of
friendships or caring relationships which provide either emotional reassurance, needed information, or instrumental aid in dealing with stressful situations. Support can come from a variety of
sources, such as family, friends, organizations like churches and
clubs, coworkers, and superiors at work.”
Co-worker Support ist also ein Teil der sozialen Unterstützung durch sein Arbeitsumfeld, die
ein Arbeitnehmer erfahren kann. Die vorliegende Arbeit wird sich dabei ausschliesslich und
3
spezifisch mit dem Co-worker Support beschäftigen. Unterstützung durch Familie, Freunde,
externe Organisationen und Vorgesetzte wird also nicht weiter betrachtet. Falls nichts anderes
angegeben ist, wird für den Rest der Arbeit der Begriff Social Support ausschliesslich im Sinne eines Co-worker Supports verwendet.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird nicht die Fluktuation von Mitarbeitern als solches
untersucht, sondern die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers. Grund dafür ist, dass die
Kündigungsabsicht der beste Prädiktor der Fluktuation darstellt (Mor Barak et al., 2001,
S.652). Es gibt Studien, welche die freiwilligen Kündigungen anstelle der Kündigungsabsicht
untersucht haben. Vor einer freiwilligen Kündigung wird dabei eine Absicht formuliert (Mor
Barak et al., 2001, S. 629; Morrell, Loan-Clarke & Wilkinson, 2001, S. 220), jedoch führt
nicht jede Absichtserklärung auch tatsächlich zu einer Kündigung, weil die Absicht beispielsweise nicht genug stark ist oder die finanziellen Möglichkeiten zur effektiven Umsetzung der Absicht fehlen (Mor Barak, Levin, Nissly & Lane, 2006, S. 567).
In dieser Arbeit werden deshalb v.a. Studien zitiert, welche freiwillige Kündigungen untersucht haben (z.B. die Studie von Mossholder, Setton & Henagan, 2005), da das Auftreten einer freiwilligen Kündigung einen vorhergehenden Kündigungswunsch impliziert. Es ist jedoch wichtig, dass nicht immer dieselben Gründe für freiwillige Kündigungen verantwortlich
sind wie für Kündigungsabsichten. Mor Barak et al. (2001, S. 652) fanden z.B. heraus, dass
Arbeitnehmer oft aufgrund von Unzufriedenheit mit Managementpraktiken und wegen guter
Jobalternativen tatsächlich kündigten. Hauptgründe für einen Kündigungswunsch jedoch,
waren Aspekte wie fehlendes professionelles und organisationales Commitment, Unzufriedenheit mit der Arbeitsstelle, Burnout bzw. Stress und fehlender Social Support.
Die Faktoren, die in dieser Arbeit untersucht werden, stehen also alle in direkter Verbindung
zum Co-worker Support, zur Kündigungsabsicht und zu deren Beziehung zueinander. Demographische Faktoren werden nur am Rande diskutiert, da sie keinen direkten Einfluss auf die
Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers haben. Sie wirken wahrscheinlich indirekt (über die
Jobzufriedenheit und das organisationale Commitment) auf den Kündigungswunsch (Mor
Barak et al., 2001, S. 654). Einflussfaktoren, welche ausserhalb des Unternehmens liegen
(beispielsweise im Zusammenhang mit der Familie), werden in der vorliegenden Arbeit nicht
betrachtet, da diese von den Verantwortlichen im Unternehmen nur in begrenztem Masse beeinflussbar sind (Mor Barak et al., 2001, S. 655).
4
2 Grundlagen und Begriffsdefinitionen
In diesem Kapitel werden die wichtigsten Grundlagen zur Kündigungsabsicht von Mitarbeitern und zum Social Support durch Arbeitskollegen aufgezeigt. Dazu gehören die Definition
und Abgrenzung einiger Begriffe sowie eine Übersicht über den aktuellen Forschungsstand
sowie die daraus resultierenden Modelle und Theorien.
2.1 Begriffsdefinitionen
Im Folgenden werden die für das Verständnis des weiteren Verlaufs dieser Arbeit wichtigsten
Begriffe definiert. Es ist beispielsweise besonders wichtig zu verstehen, was einen Co-worker
von einem Vorgesetzten unterscheidet, da sich die jeweilig erfahrene soziale Unterstützung
unterschiedlich auf den Kündigungswunsch eines Arbeitnehmers auswirken kann.
2.1.1 Begriffsdefinition eines Co-workers
Der Cambridge Business English Dictionary definiert den Begriff “Co-worker” als „person
you work with, especially someone with a similar job or level of responsibility”. Diese Definition lässt dabei die Möglichkeit offen, dass zum Beispiel ein Vorgesetzter als Co-worker
gelten kann, zeigt aber auch klar, dass im engeren Sinne nur Mitarbeiter gemeint sind, die
ähnliche Aufgaben oder Verantwortungsbereiche aufweisen. Auch das Zitat von Fisher (1985,
S.40) im ersten Teil dieser Arbeit (vgl. S. 3) zeigt, dass Co-worker strikte von Vorgesetzten
unterschieden werden.
Laut Fisher (1985, S. 47) wirken die von einem Mitarbeiter erfahrene Unterstützung durch
Co-worker und diejenige durch Vorgesetzte ähnlich auf seinen Kündigungswunsch. Ng und
Sorensen (2008, S. 265) zeigten hingegen, dass die wahrgenommene Unterstützung durch
Vorgesetzte (PSS für „perceived supervisor support“ im Englischen) stärkere Verbindungen
zu Jobzufriedenheit, emotionaler Bindung und Kündigungsabsichten aufzeigt als die wahrgenommene Unterstützung durch Co-worker (PCS für „perceived co-worker support“ im Englischen). Sie führen diesen Effekt darauf zurück, dass die Fähigkeiten und die Erfahrung im
Generieren von sozialer Unterstützung bei Vorgesetzten höher sein sollten, da dies ein wichtiger Teil ihres Aufgabengebietes darstellt. Dadurch sei anzunehmen, dass die Unterstützung
durch Co-worker wohl als weniger nützlich wahrgenommen wird als diejenige durch Vorgesetzte (S. 246).
5
Ng und Sorensen (2008, S. 259) unterstreichen die Wichtigkeit der Unterscheidung von PCS
und PSS bei der Untersuchung von sozialer Unterstützung. Wird in dieser Arbeit von Coworkern, Mitarbeitern oder Kollegen gesprochen, sind damit ausschliesslich Mitarbeiter mit
ähnlichen Positionen und Verantwortlichkeitsbereichen im hierarchischen System einer Unternehmung, jedoch nicht Vorgesetzte im Fokus der Diskussion.
2.1.2 Begriffsdefinition von Social Support bzw. Co-worker Support
Der Begriff „Social Support“ steht für die Zuwendung und für die Rücksicht, welche ein Arbeitnehmer von anderen Teilnehmern einer Organisation erfährt (Mossholder, Settoon & Henagan, 2005, S. 609; Fisher, 1985, S. 4). In dieser Arbeit wird der Fokus dabei auf den sogenannten „Co-worker Support“ gelegt. Entsprechend der Definition eines Co-workers im vorangegangenen Abschnitt handelt es sich dabei um eine Form des Social Supports, der von
„Mitarbeitern auf gleicher Ebene“ angeboten wird. Auch Mossholder et al. (2005, S.609)
definieren in ihrer Studie den Co-worker Support als „ […] interactions with others at the
same organizational level“.
Laut Bowling, Beehr, Johnson, Semmer, Hendricks und Webster (2004, S. 339) kann der Social Support in drei Kategorien eingeteilt werden. Die drei möglichen Ausprägungen von sozialer Unterstützung werden dabei in Abbildung 1 dargestellt. Unter emotionaler Unterstützung wird hierbei Sympathie und Fürsorge verstanden, während die instrumentelle Unterstützung die konkrete Mithilfe bei Aufgaben beschreibt. Die alleinige Verfügbarkeit von Mitarbeitern, welche helfen würden, wird als strukturelle Unterstützung bezeichnet.
Emotionale
Unterstützung
Strukturelle
Unterstützung
Instrumentelle
Unterstützung
Abbildung 1: Mögliche Ausprägungen von sozialer Unterstützung
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung Bowling et al. (2004, S. 399)
6
Ein Konzept, das dem Social Support sehr nahe steht, nennt sich „Organizational-CitizenshipBehavoir-Towards-Individuals“ (OCBI). Bowling et al. (2004, S. 340) definieren es dabei
folgendermassen: „OCBIs involve helping others by, for example, assisting them when they
have heavy workloads or listening to their problems. Thus, OCBIs should have a conceptual
overlap with instrumental and emotional support.”
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Definition von sozialer Unterstützung verdeutlichen Ng
und Sorensen (2008, S.247):
„In this view, social support is not solely an act of giving or receiving help. It comprises a series of social interactions that generate interpretations and have meaning by which employees develop a new understanding of their social reality and identity.“
Wieviel soziale Unterstützung tatsächlich geboten wird, ist in dieser Hinsicht zweitrangig.
Was zählt, ist die wahrgenommene Unterstützung. So konnten Soltis, Agneessens, Sasovova
und Labianca (2013, S. 574) keinen eindeutigen Einfluss der Anzahl der Mitarbeiter, welche
um einen Rat gefragt werden können, auf die Kündigungsabsicht zeigen. Die Anzahl der Mitarbeiter, welche freiwillig (also ausserhalb des offiziellen internen Ablaufes) Rat bieten, senkt
den Kündigungswunsch von Angestellten jedoch. Soltis et al. (2013, S. 565) erklären diesen
Effekt damit, dass freiwillige Hilfe zu einer stärkeren Wahrnehmung von sozialer
Unterstützung führt, als dies die im Ablaufdiagramm vorgeschriebenen Hilfebeziehungen tun:
„If an empolyee is able to seek out advice from coworkers who genuinely want to help, the
employee is more likely to feel as if he or she is being done a favor and perceives greater social support (thus harboring lower turnover intentions)”.
Vaux (1988, S.16) geht davon aus, dass Wahrnehmung und Realität wohl oft sehr nahe beieinander liegen. Wenn jedoch zum Beispiel etwas als Hilfe angesehen wird, das überhaupt
nicht gut gemeint war, dann können Diskrepanzen zwischen den Wahrnehmungen der beiden
Mitarbeiter entstehen. Denn auch wenn soziale Unterstützung gut gemeint ist, muss sie (unabhängig von der Wahrnehmung) nicht zwangsläufig unterstützend sein. Ob die Unterstützung ankommt oder nicht, hängt von der Menge, dem Timing und der Art des unterstützenden
Verhaltens ab, genauso wie von der Beziehung zwischen dem Helfer und demjenigen, dem
geholfen werden soll (Vaux, 1988, S. 29).
Wird in dieser Arbeit zusammenfassend von sozialer Unterstützung, Social Support oder Coworker Support gesprochen, handelt es sich dabei (falls nicht anders definiert) um die wahr-
7
genommene Unterstützung, welche ein Mitarbeiter von seinem Kollegen mit ähnlichem Aufgabengebiet oder Verantwortungsbereich erfährt.
2.1.3 Begriffsdefinition der Kündigungsabsicht
Sousa-Poza und Henneberger (2002, S. 113) definieren die Kündigungsabsicht folgendermassen:„ […] the (subjective) probability that an individual will change his or her job within a
certain time period. “ Auch hier spielt die Wahrnehmung des einzelnen Arbeitnehmers also
eine grosse Rolle: Wichtig ist, was er und seine Arbeitskollegen denken, wie gross die tatsächliche Wahrscheinlichkeit sei. Subjektiv ist laut Duden etwas, das von „persönlichen Gefühle, Interessen, von Vorurteilen bestimmt“ ist (Duden, 2010, S.1001) Entsprechend werden
unterschiedliche Individuen die Wahrscheinlichkeit eines Jobwechsels anders einschätzen.
Durch die Subjektivität ist der Einfluss der Kündigungsabsicht von Mitarbeiter A auf die verschiedenen
Arbeitnehmer
(sowohl
A,
als
auch
seine
Arbeitskollegen)
anders.
Im Verlauf der Arbeit wird gezeigt, dass die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers nicht
nur auf ihn selbst, sondern auch auf seine Kollegen Einfluss nimmt.
Die Kündigungsabsicht wird oft auch als Bleibeabsicht bezeichnet. Dadurch werden negative
Beziehungen zum tatsächlichen Jobwechsel und zu exogenen Faktoren, welche die Absicht
beeinflussen, positiv und positive Beziehungen werden negativ. Ausserdem wird die Kündigungsabsicht oft mit der Suche von Jobalternativen gleichgesetzt, weil bisher zu wenig darüber bekannt ist, welche der beiden Faktoren dem anderen vorgelagert ist (Price, 2001, S.
609).
Ein Vorteil der Untersuchung der Kündigungsabsicht anstelle des tatsächlichen Verlassens
des Unternehmens ist, dass Vergleiche zwischen verschiedenen Regionen und Nationen weniger verzerrt werden. Ob ein Arbeitnehmer seinen Job freiwillig kündigt oder nicht, hängt
nicht nur von seinem Wunsch zu gehen ab, sondern auch von externen Faktoren wie z.B. der
Arbeitslosenrate des untersuchten Gebiets. Bereits March und Simon (1966, S. 93) haben erkannt, dass die Bequemlichkeit eines Jobwechsels - laut Holtom et al. (2008, S. 27) wird dies
heute oft als „wahrgenommene Alternativen“ betitelt - eine grosse Rolle dabei spielt, ob eine
Arbeitsstelle tatsächlich verlassen wird oder nicht. Da solche externen Faktoren jedoch von
Region zu Region unterschiedlich sind, stellt die tatsächliche Kündigungsrate keinen guten
Vergleichsfaktor dar. Um Studien verschiedener Gebiete zu vergleichen, bietet die Untersuchung des Kündigungswunsches eine bessere Basis: „Since turnover intentions and actual
8
(primarily voluntary) turnovers are strongly correlated, such an approach [Anm. d. Autors: die
Untersuchung der Kündigungsabsicht anstelle der Fluktuation] presents an interesting alternative for analyzing job mobility in an international, comparative way.” (Sousa-Poza & Henneberger, 2004, S. 114).
2.2 Auswirkungen der Kündigungsabsicht und Fluktuation auf Unternehmen
Da die Kündigungsabsicht eines Mitarbeiters der beste Prädiktor der Fluktuation darstellt
(Mor Barak et al., 2001, S.652), werden im Folgenden die Auswirkungen von freiwilligen
Kündigungen auf ein Unternehmen dargelegt.
Um die Folgen von Fluktuation für Unternehmen beschreiben zu können, bedarf es der Analyse dreier Eigenschaften von Kündigungen: der Freiwilligkeit, der Möglichkeit sie zu verhindern (d.h. den Antworten auf die Frage, ob ein Unternehmen durch entsprechende Massnahmen die freiwillige Fluktuation unterbinden kann) und der Funktionalität (und der Frage,
ob das Verlassen eines Mitarbeiters dem Unternehmen Vor- oder Nachteile bringt).
Vor allem wenn die Fluktuation aus einem psychologischen Zustand heraus entsteht (wie z.B.
der Kündigungsabsicht), ist es besonders wichtig, dass zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Fluktuation unterschieden wird. Geht einem Jobwechsel eine Kündigungsabsicht vor,
wird von freiwilliger Fluktuation gesprochen: „ Where an instance of turnover is genuinely
voluntary, this instance represents the exercise of choice and is the result of a decision process” (Morrell et al., 2001, S. 220). Wird in dieser Arbeit von Fluktuation gesprochen, ist damit in erster Linie das freiwillige Verlassen eines Unternehmens angesprochen.
In ihrer Studie zu den Kosten von dysfunktionaler Fluktuation haben Tziner und Birati (1996,
S. 119-120) eine Formel entwickelt, welche die resultierenden Kosten des Weggangs eines
Mitarbeiters aufzeigen kann. Sie stellen dabei fest, dass mit dem technologischen Fortschritt
immer mehr Fähigkeiten und Fertigkeiten von Mitarbeitern benötigt werden, um die neuartigen Maschinen und Systeme bedienen zu können. Für Unternehmen ist ein verantwortungsvoller Umgang mit seinen Humanressourcen vor diesem Hintergrund enorm wichtig, da der
Verlust von Mitarbeitern Investitionen in deren Fähigkeiten und Fertigkeiten vernichtet und
den Geschäftsfluss beeinträchtigt, was zu Einbussen in der Wettbewerbsfähigkeit führen
kann. Auch Felps, Mitchell, Hekman, Lee, Holtom und Harman (2009, S. 545) machen auf
diesen Aspekt aufmerksam: „As the global economy becomes knowledge based, organiza-
9
tions that can successfully retain their human resources have an advantage over organizations
that cannot.”
Fluktuation vermindert (zumindest kurzzeitig) das Servicelevel, das eine Unternehmung bietet. Kurz vor dem Verlassen ist der Mitarbeiter kaum noch motiviert, seine Leistung zu
erbringen und danach fehlt es dem neuen Verantwortlichen an Erfahrung, um den gewohnten
Service bieten zu können. Da der neue Mitarbeiter noch nicht alle Aufgaben übernehmen
kann, ist es durchaus möglich, dass andere Arbeitnehmer Anzeichen eines Burnouts aufweisen, da sie zusätzliche Arbeiten übernehmen müssen.
Verlässt ein Mitarbeiter ein Unternehmen, entstehen auch andere Kosten (direkte und indirekte). Tabelle 1 zeigt die Aufteilung dieser Kosten in „hard costs“, „soft costs“ und „opportunity
costs“ mit jeweils einer Beschreibung und einem Beispiel (Tracey & Hinkin, 2008, S. 13):
Bezeichnung
Beschreibung
 Direkter finanzieller Ein-
Hard costs
fluss
Beispiel
Stelleninserat in einer Zeitung
 Als Kosten in der Erfolgsrechnung ausgewiesen
 In der Erfolgsrechnung
Soft costs
nicht aufgeführt
 Manager verliert Zeit,
Zeit, welche für Vorstellungsgespräche aufgewendet
werden muss
welche für andere Aufgaben benötigt würde
Opportunity costs
 In der Erfolgsrechnung
nicht aufgeführt
 Werden oft vergessen zu
Verpasste Verkäufe, da kein
kurzzeitig kein Mitarbeiter
dafür verantwortlich ist
berücksichtigen
Tabelle 1: Anfallende Fluktuationskosten für Unternehmen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Tracey und Hinkin (2008, S. 13)
Folgendes Zitat von Mansell, Brough und Cole (2006, S. 103) unterstreicht die Vielfalt der
Kosten, welche durch Fluktuation entstehen können: „Staff turnover has a direct influence on
organizational functioning; organizational consequences associated with high employee turnover include operational disruption and lost productivity, as well as administration, replacement, and training costs associated with personnel loss.“
10
Nachdem ein Mitarbeiter das Unternehmen verlassen hat, passen die verbliebenen Angestellten ihr Verhalten und ihre Einstellungen gegenüber ihrer Arbeit und dem Unternehmen je
nach Grund für das Verlassen an. Teilweise sind sie traurig über den Weggang eines Kollegen
oder sie freuen sich, dass er eine neue Chance bekommen hat. Genauso können sie aber auch
eifersüchtig auf die Möglichkeit(en) sein, die sich ihm geboten hat. Oder sie sind wütend auf
den Arbeitgeber, der aus ihrer Sicht nicht genug unternommen hat, um den Mitarbeiter ans
Unternehmen zu binden (Sheehan, 1995, S.63-64). Ein Grossteil der verbleibenden Mitarbeiter vergleicht anschliessend die eigene Position mit derjenigen des Mitarbeiters, welcher gegangen ist. Je nachdem, wie dieser Vergleich ausgefallen ist, reagieren die Verbleibenden also
unterschiedlich (negativ oder auch positiv) auf den Weggang (Sheehan, 1995, S. 67).
Die Kündigung eines Arbeitnehmers hat dabei nicht nur intern negative Folgen für das Image
eines Unternehmens haben. Der ehemalige Mitarbeiter wird ausserhalb des Unternehmens
darüber berichten und möglicherweise über verschiedene Mängel der Unternehmung aufklären (Specker, 2014).
Freiwillige Kündigungen haben für eine Organisation aber nicht ausschliesslich negative Folgen. Eine gewisse Menge an Fluktuation ist von einem Grossteil der Unternehmen sogar erwünscht, da Stellen, welche von unpassenden Mitarbeitern besetzt waren, neu vergeben werden können, wodurch sich die Produktivität (zumindest langfristig) durchaus steigern kann
(Mansell et. al., 2006, S. 103).
11
3. Überblick über bisherige akademische Untersuchungen
Im folgenden Kapitel werden einige wegweisende Modelle und Theorien vorgestellt, welche
die Forschung über die Fluktuation und die Kündigungsabsicht von Mitarbeitern sowie den
Social Support unter Arbeitskollegen massgeblich geprägt haben.
Die Fluktuation ist ein sehr dynamisches Forschungsfeld, da sich einerseits der Arbeitsmarkt,
andererseits aber auch die Untersuchungsmethoden und -theorien sehr schnell weiterentwickeln bzw. in der Vergangenheit weiterentwickelt haben. Ausgangspunkt aller Untersuchungen war dabei die Überzeugung, dass die Fluktuation in erster Linie durch die Unzufriedenheit von Mitarbeitern verursacht wird. Erst mit der Zeit begannen Forscher nach zusätzlichen
Faktoren zu suchen, welche zu Fluktuation führen können (Holtom et al. 2008, S. 232-234).
Zu den Initianten der Fluktuationsforschung werden March und Simon gezählt (Felps et al.,
2009, S.545), weil sie mit ihrem Buch „Organizations“ die Forschung über freiwillige Kündigungen lancierten. Die Fluktuationstheorie ist darüber hinaus in der Psychologie, der Soziologie und der Ökonomie verankert. Die Psychologie nennt dabei individuelle Wahrnehmung
und Einstellungen über Arbeitsbedingungen als Grund für Verhaltensmuster. Theorien aus der
Soziologie zeigen die Bedeutung von Arbeitsbedingungen im Vergleich zu persönlichen Bedingungen in Bezug auf die Fluktuation. Ökonomische und organisationale Konditionen sind
der Kern der ökonomischen Fluktuationsforschung (Mor Barak et al., 2001, S. 628).
3.1 Modelle zur Erklärung von Fluktuation
3.1.1 Die Anreiz-Beitrags-Theorie von March und Simon (1966)
Laut March und Simon ist die Entscheidung eines Menschen, an einer Organisation teilzunehmen, abhängig vom sogenannten organisationalen Gleichgewicht („organizational equilibrium“ im Englischen). Die Frage ist, ob es dem Unternehmen gelingt, genügend Anreize
(nicht nur monetärer Natur) an den Mitarbeiter zu richten, so dass dieser nachhaltig motiviert
ist, in der Organisation zu bleiben und mitzumachen (Bowen & Siehl, 1997, S.58; March &
Simon, 1966, S.83).
Jeder Arbeitnehmer erhält ein Set von Anreizen (Lohn, sog. „Fringe Benefits“, Anerkennung
für geleistete Arbeiten, etc.). Dieses Set als Ganzes hat für den Arbeitnehmer einen bestimmten, subjektiv bewerteten Nutzen. Selbstverständlich leistet der Arbeitnehmer auch einen bestimmten Beitrag an die Unternehmung (z.B. Arbeitsleistung). Dieser Beitrag kann durch den
12
Wert von Alternativen gemessen werden, denen der Arbeitnehmer in dieser Zeit sonst nachgehen könnte (sog. Opportunitätskosten) (March & Simon, 1966, S.84-85).
Um die Balance zwischen Anreiz und Beitrag einschätzen zu können, nutzten March und Simon die Jobzufriedenheit. Sie gingen davon aus, dass die Zufriedenheit umso höher sein sollte, je grösser die Differenz zwischen Anreiz und Beitrag ist. Es sind dabei zwei Konzepte zu
unterscheiden: Das Konzept der Jobzufriedenheit sagt aus, dass ein unzufriedener Arbeitnehmer gerne den Job wechseln würde und deshalb nach Alternativen zu suchen beginnt. Das
Konzept der Anreiz-Beitrags-Nutzen-Skala misst nicht nur den Wunsch eines Jobwechsels,
sondern zusätzlich die wahrgenommene Bequemlichkeit des Wechsels (diese ist beispielsweise grösser, wenn viele gute Jobalternativen zur Verfügung stehen). Dadurch ist beim ersten
Konzept auf kurze Sicht Unzufriedenheit möglich, da sich das Anspruchsniveau bei diesem
Konzept nur langsam an die vorhandenen Alternativen anpasst, während dies beim Konzept
der Anreiz-Beitrags-Nutzen-Skala sehr schnell geschieht (beziehungsweise bereits einkalkuliert ist) (March & Simon, 1966. S.85-86). Folgendes Zitat zeigt den Grundgedanken,
welchen March und Simon (1966, S. 93) im Zusammenhang mit der Fluktuation hatten: „We
make the general postulate that increases in the balance of inducement utilities over contribution utilities […] decrease the propensity of the individual participant to leave […] the organization, whereas decreases in that balance have an opposite effect […].”
Wenn der Nutzen aus den Anreizen grundsätzlich grösser ist als das, was für den Beitrag aufgegeben werden muss, vermindert sich die Neigung eines Arbeitnehmers das Unternehmen zu
verlassen. Die Anreiz-Beitrags-Balance besteht hauptsächlich aus folgenden zwei Komponenten: der wahrgenommenen Erwünschtheit („perceived desirability“ im Englischen) des Jobwechsels und der wahrgenommenen Bequemlichkeit („perceived ease“ im Englischen) des
Jobwechsels.
Die wahrgenommene Erwünschtheit ist abhängig von der Jobzufriedenheit und von der Möglichkeit, innerhalb der Organisation den Job zu wechseln. Wenn ein Mitarbeiter zufrieden ist
und/oder er innerhalb der Organisation einen besseren Job bekommen könnte, sinkt die Erwünschtheit eines Jobwechsels (Holtom et al., 2008, S. 237; March & Simon, 1966, S. 94-99).
Hauptfaktor der wahrgenommenen Bequemlichkeit ist die Anzahl der ausserorganisationalen
Alternativen. Dabei spielen Dinge wie die Stärke der Suche, aber auch persönliche Charaktereigenschaften des Arbeitnehmers eine Rolle. Ein Arbeitnehmer, der gute Chancen auf viele
13
interessante Alternativjobs hat, nimmt eine hohe Bequemlichkeit des Wechsels wahr (Holtom
et al., 2008, S. 237; March & Simon, 1966, S.100-106).
Ob ein Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt oder nicht, ist also davon abhängig, wie gross
die wahrgenommene Erwünschtheit und Bequemlichkeit des Jobwechsels sind. Der Arbeitnehmer klärt für sich ab, ob die Anreize des Wechsels die Beiträge, welche er dafür leisten
muss, übersteigen. Abbildung 2 zeigt das Modell von March und Simon (nach Morrell et al.,
2001, S. 232). Konformität zwischen dem Job und dem Selbstbild, die Berechenbarkeit der
Arbeitsbeziehungen sowie die Kompatibilität der beruflichen und anderen Rollen beeinflussen die Jobzufriedenheit. Die organisationale Grösse wirkt sich auf die Möglichkeit eines internen Jobwechsels aus. Dies und die Jobzufriedenheit beeinflussen zusammen die Erwünschtheit eines Jobwechsels. Die Bequemlichkeit des Jobwechsels wird durch die Anzahl
der extraorganisationalen Alternativen definiert. Zusammen beeinflussen die Erwünschtheit
und die Bequemlichkeit den freiwilligen Turnover.
Abbildung 2: Anreiz-Beitrags-Theorie von March und Simon
Quelle: Morrell et al. 2001, S. 232
3.1.2 Das Verkettungsmodell nach Mobley (1977)
Mobley (1977, S. 237) war der Meinung, dass um die psychologischen Prozesse, die bei der
Entscheidung über eine freiwillige Kündigung stattfinden, besser verstehen zu können, müsse
mehr als nur die Beziehung zwischen Jobzufriedenheit und Fluktuation untersucht werden.
14
Bisherige Forschungen zeigten, dass die Korrelation zwischen Jobzufriedenheit und Fluktuation zwar signifikant negativ, jedoch relativ klein war. Er nahm an, dass die Beziehung durch
andere Faktoren beeinflusst würde. Er begann die Fluktuation nicht mehr als starres Modell,
sondern als Prozess, welcher zwischen der Unzufriedenheit und der tatsächlichen Fluktuation
verschiedene Schritte beinhaltet, zu sehen. Beginnend bei der Evaluation des momentanen
Jobs zeigte er diese Schritte im Entscheidungsprozess auf. Die Schritte sind in Abbildung 3
dargestellt. Der Prozess beginnt mit der Evaluation des aktuellen Jobs. Durch diese Evaluation entsteht eine wahrgenommene Jobzufriedenheit oder Jobunzufriedenheit. Anschliessend
wird eine mögliche Kündigung gedanklich durchgespielt, dann der erwartete Nutzen der Jobsuche mit den Kosten einer Kündigung verglichen. Fällt dieser Vergleich positiv aus, wird die
Absicht einer Suche nach Alternativen gebildet, wodurch anschliessend tatsächlich mit der
Suche nach Alternativen begonnen wird. Die gefundenen Alternativen werden evaluiert und
mit dem aktuellen Job verglichen. Falls die gefundenen Alternativen im Vergleich gut genug
sind, wird eine Kündigungsabsicht entwickelt und anschliessend gekündigt (Mobley, 1977, S.
237).
15
Abbildung 3: Das Verkettungsmodell nach Mobley
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mobley, 1933, S. 237
Nicht jeder Angestellte folgt diesem Ablauf eins zu eins. Es ist durchaus möglich, dass Schritte übersprungen oder in anderer Reihenfolge durchlaufen werden (Lee & Mitchell, 1994, S.
53). Im beschriebenen Prozess von Mobley ist auch das Modell von March und Simon enthalten: Schritt zwei zeigt die wahrgenommene Attraktivität eines Jobwechsels, Schritt vier die
wahrgenommene Bequemlichkeit (Mobley, 1977, S. 237-238).
Wie Abbildung 3 entnommen werden kann, wird nach Mobley erst nach der Suche und Evaluation von Alternativen eine Kündigungs- oder Bleibeabsicht formuliert. Laut Lee und Mitchell (1994, S. 53) gab es durchaus empirische Unterstützung für das Modell nach Mobley.
Da jedoch nur ein kleiner Teil der Fluktuation damit erklärt werden konnte, betonten sie die
Notwendigkeit, das Modell weiter auszubauen.
3.1.3 Das Modell von Price und Müller (1990)
Müller und Price (1990, S.324) entwickelten ein Modell, welches Elemente aus der Ökonomie, Psychologie und Soziologie miteinander zu verbinden versuchte. Laut Price (2001,
16
S.601) sind drei Gruppen mit exogenen Faktoren Basis des Modells: Umgebungsfaktoren,
individuelle Faktoren und strukturelle Faktoren. Zu den Umgebungsfaktoren gehören die
Möglichkeit eines Jobwechsels und die Verantwortung gegenüber der Verwandt- und Bekanntschaft (S. 601). Individuelle Faktoren sind die unspezifische Ausbildung, die Arbeitsbindung sowie die positive und negative Affektivität (S. 604). Unabhängigkeit, Gerechtigkeit,
Stress, Bezahlung, Beförderungschancen, Routine und soziale Unterstützung gehören zu den
strukturellen Faktoren (S. 605). Hierbei ist es wichtig, dass in diesem Modell nicht nur die
soziale Unterstützung durch Co-worker, sondern zusätzlich diejenige durch Vorgesetzte und
Verwandte betrachtet wird (S.607).
Müller und Price (1990, S. 325) führten zwischen den exogenen Faktoren und der Fluktuation
die Zufriedenheit, das Commitment und den Bleibewunsch als intervenierende Faktoren ein.
Abbildung 4 zeigt das Modell von Price und Müller (nach Price, 2001, S. 602). Demnach haben die Möglichkeit eines Jobwechsels, Verantwortung gegenüber der Verwandtschaft und
das generelles Training einen direkten Einfluss auf die freiwillige Fluktuation. Die JobBeteiligung, positive/negative Affektivität, Eigenständigkeit, Verteilungsgerechtigkeit, Stress,
Bezahlung, Beförderungschancen, Routine und Social Support wirken durch Jobzufriedenheit
und organisationales Commitment auf die Kündigungsabsicht und dadurch indirekt auf die
freiwillige Fluktuation. Die endogenen Faktoren des Suchverhaltens und des Bleibewunsches
sind getrennt eingezeichnet, werden aber wie im Originalmodell von Price und Müller gemeinsam betrachtet (1990, S. 609). In Abbildung 4 ist zudem aufgeführt, dass nur Unterstützung durch Vorgesetzte einen positiven Einfluss auf das Commitment eines Mitarbeiters aufzeigte (Price, 2001, S. 602). Eine Meta-Analyse von Chiaburu und Harrison (2008, S. 10901091) zeigte jedoch auch eine positive Korrelation zwischen Co-worker Support und organisationalem Commitment.
17
Abbildung 4: Das Modell von Price und Müller
Quelle: Price, 2001, S. 602
3.1.4 Das Entwicklungsmodell von Lee und Mitchell (1994)
Grundlage des Entwicklungsmodells nach Lee und Mitchell (1994, S. 57) bildet die Bildtheorie von Beach. Laut den Studien von Beach trifft die Bildtheorie einige Annahmen, die im
Widerspruch zu den klassischen Entscheidungstheorien stehen:
1. Die Bewertung von Alternativen ist selten teuer.
2. Ausgewählt werden Alternativen relativ selten.
3. Das Verhalten ist zu einem grossen Teil vorprogrammiert.
4. Es gibt verschiedene Strategien, wie ausgewählt wird, wobei einige Strategien von der
Nutzenmaximierung als massgebendes Ziel abweichen.
5. Die Ablösung von der alleinig ökonomischen Sichtweise des Entscheidens.
Die Bildtheorie bringt das sogenannte Screening als wichtigen Teil der Entscheidungsfindung
auf. Anstatt nur zwischen möglichen Alternativen auszuwählen, werden einkommende Informationen „durchgekämmt“ und teilweise gar nicht erst als Entscheidungsoption aufgenommen. Laut der Bildtheorie werden Menschen praktisch ununterbrochen mit neuen Informatio-
18
nen „bombardiert“, welche theoretisch zu einer Verhaltensänderung führen könnten. Passt
diese Information jedoch in keiner Weise zu den individuellen Werten, Zielen und Strategien
einer Person, wird diese Information direkt aussortiert und nicht als Entscheidungsalternative
in Erwägung gezogen. Übersteht eine Information diesen Screening-Prozess allerdings, wird
die sich daraus ergebende Alternative mit dem Status-Quo verglichen. Dabei gewinnt meistens der Status-Quo. Überstehen mehrere Alternativen den Kompatibilitätstest, wird anschliessend ein Profitabilitätstest durchgeführt, worauf basierend eine Alternative ausgewählt
wird. Da dieser Prozess ununterbrochen am Laufen ist, kann sich die Sichtweise eines Menschen über die Zeit etwas verändern, das Verhalten selbst bleibt jedoch über weite Strecken
stabil (Beach, zit. in Lee & Mitchell, 1994, S. 57-59).
Die Frage, die sich nun stellt, ist, wie die Bildtheorie zur Forschung über freiwillige Kündigung in Verbindung steht. Jeder Mensch hat ein Set von Ansichten für verschiedenste Lebensbereiche, wie zum Beispiel Arbeit, Familie, Freunde, etc. Empfängt eine Person nun eine
neue Information, wird sie zunächst mit den vorhandenen Ansichten der einzelnen Bereiche
verglichen (Screening-Prozess). Manchmal wird eine neue Information nicht einfach akzeptiert oder abgelehnt, sondern die bisherige Ansicht wird an die Neuigkeit angepasst (z.B. Definition eines neuen Ziels). Es kann vorkommen, dass ein Ereignis Konflikte zwischen den
Ansichten verschiedener Lebensbereiche hervorruft (beispielsweise passt eine Beförderung
zum beruflichen Ziel, jedoch gerät dadurch ein privates Ziel in Gefahr). Durch solche Konflikte verändert sich der Entscheidungsprozess und die kognitive Aktivität steigt (Beach, zit.
in Lee & Mitchell, 1994, S. 59).
Das Entwicklungsmodell von Lee und Mitchell (1994, S. 60) beginnt dabei im Normalfall mit
einem sogenannten Schock. Ein Schock wird folgendermassen definiert:
„A shock to the system is theorized to be a very distinguishable
event that jars employees toward deliberate judgments about their
jobs and, perhaps, to voluntarily quit their job. A shock is an
event that generates information or has meaning about a person’s
job.”
Gemäss dieser Definition kann z.B. die Kündigung oder der Wunsch zu kündigen eines Arbeitskollegen bereits einen Schock darstellen. Durch diesen Schock werden neue Informationen an einen Arbeitnehmer herangetragen, wodurch er damit beginnt, über den Schock und
die daraus resultierende Verbindung zu seinem Job nachzudenken. Je nachdem entscheidet er
sich, dass die eigene Kündigung als Entscheidungsalternative gesehen werden sollte oder
19
nicht. Wenn eine Kündigung möglich ist, gibt es verschiedene Jobalternativen oder eben
nicht. Durch diesen Ablauf entstehen fünf mögliche Entscheidungswege, wie ein Arbeitnehmer nach einiger Zeit den Job verlässt. Die verschiedenen Wege werden in dieser Arbeit nicht
aufgezeigt. Jedoch gilt es zu unterstreichen, dass während jedem dieser möglichen Wege einmal ein Kündigungs- oder Bleibewunsch formuliert wird (je nach Pfad automatisch oder kontrolliert) (Lee & Mitchell, 1994, S. 60-69).
3.1.5 Das Job-Einbettungsmodell von Mitchell et al. (2001)
Das Job-Einbettungsmodell von Mitchell, Holtom, Lee, Sablynski und Erez (2001, S. 11041105) ist ein Modell, das ein Gerüst aus den Faktoren, die eine freiwillige Kündigung verursachen, aufzeigt. Verglichen werden kann die Einbettung am besten mit einem Netz, in welchem ein Individuum gefangen wird. Drei wichtige Aspekte sind dabei zu beachten:
1. Beziehungen einer Person mit einer Institutionen oder einer anderen Personen („links“
im Englischen).
2. Die erwartete Kompatibilität zur Organisation oder zum Umfeld („fit“ im Englischen).
3. Erwartete materielle und psychologische Kosten beim Verlassen des Jobs („sacrifice“
im Englischen).
Im Zusammenhang mit dem Social Support sind vor allem die „links“ interessant: „Links“
beschreiben sowohl formelle, als auch informelle Verbindungen. Ein Mensch und seine Familie sind in einem Netz aus Arbeitskollegen, Freunden, Gruppen, Communities und auch dem
physikalischen Umfeld eingespannt. Je mehr solche „links“ zwischen einer Person und diesem Netz bestehen, desto mehr ist die Person an einen Job und an ein Unternehmen gebunden
(Mitchell et al., 2001, S. 1104). Das Verlassen des Unternehmens würde gleichzeitig auch das
Aufgeben vieler dieser Links bedeuten. Eine Beziehung mit einem Arbeitskollegen, in welcher immer wieder gegenseitig soziale Unterstützung ausgetauscht wird, kann nach dieser
Definition als „link“ gesehen werden.
20
Die drei Dimensionen („links“, „fit“ und „sacrifice“) stellen sowohl in Bezug auf die Organisation, als auch in Bezug auf die „Community“ (das Umfeld im Deutschen) grundlegende
Einflüsse auf die Einbettung eines Menschen dar (Lee, Mitchell, Sablynski, Burton & Holtom, 2004, S.712). Huf (2012, S.47) erklärt, dass ein Arbeitnehmer sich beispielsweise wegen
starken Beziehungen innerhalb (sog. „on-the-job“ Einbettung im Englischen) oder ausserhalb
der Unternehmung (sog. „off-the-job“ Einbettung im Englischen) entscheidet in einer Unternehmung zu bleiben. Abbildung 5 zeigt diese sechs Dimensionen der Job-Einbettung.
berufliche
Kosten einer
Kündigung
Beziehungen
im privaten
Umfeld
private Kosten
einer
Kündigung
JobEinbettung
Beziehungen
im
Unternehmen
Kompatibilität
mit dem
Unternehmen
Kompatibilität
mit dem
Umfeld
Abbildung 5: Die sechs Dimensionen der Job-Einbettung
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Lee et al. (2004, S.
712)
Mitchell et al. (2001, S. 1112) konnten dabei eine signifikante, negative Beziehung zwischen
Job-Einbettung und Kündigungswunsch aufzeigen. Lee at al. (2004, S. 2004) unterschieden
bei ihren Untersuchungen zwischen „on-the-job“ und „off-the-job“ Einbettung. Sie erkannten,
dass die „off-the-job“ Einbettung einen stärkeren Einfluss auf die freiwillige Fluktuation hat
als die „on-the-job“ Einbettung. Doch auch für die Wirksamkeit der „on-the-job“ Einbettung
gibt es Studien. Beispielsweise diejenige von Jiang, Liu, McKay, Lee und Mitchell (2012, S.
1081).
21
3.1.6 Fazit
Es gibt viele verschiedene Modelle zur Erklärung von Fluktuation. Situationsbetrachtungen
wie die Anreiz-Beitrags-Theorie, das Verkettungsmodell als Beispiel für komplexe Prozessmodell, Modelle, die sich auf unternehmensinterne Faktoren konzentrieren genauso wie solche, die interne und externe Faktoren gemeinsam betrachten.
Für alle diese Modelle gibt es empirische Untersuchungen, welche die aufgezeigten Zusammenhänge unterstützen. Holtom et al. (2008, S.265) beschreiben die Theorie und die Forschung über Fluktuation vor diesem Hintergrund als kumulativ. Sie erklären, über die Zeit
hätten Forscher viele Beweise angesammelt, welche die Effekte von verschiedenen Faktoren
aufzeigten. Es existiert dementsprechend nicht eine einzige „richtige“ Theorie, sondern alle
diese Modelle greifen ineinander und erklären damit jeweils einen Teil der auftretenden Fluktuation. So erklären Mor Barak et al. (2001, S. 628): „Although each of the three domains –
psychology, sociology, and economics – has strong proponents in the turnover literature, it is
widely recognized that theoretical aspects from all three are necessary to explain the process
of turnover fully. “
3.2 Theorien zur Erklärung von sozialer Unterstützung
Bisher wurden verschiedene Modelle diskutiert, die erklären, wie Fluktuation entstehen kann.
Im Folgenden wird das theoretische Grundwissen über die soziale Unterstützung erarbeitet,
um erklären zu können, wie, wieso und unter welchen Umständen soziale Unterstützung in
Unternehmen stattfindet bzw. Stattfinden kann.
Laut Bowling et al. (2004, S. 340) erfährt ein Mensch soziale Unterstützung entweder für das,
was er macht oder für dafür, wer er ist. Die Unterstützung wird zurückgegeben oder es sind
gewisse charakteristische Eigenheiten vorhanden, welche einen Kollegen dazu bringen, Unterstützung zu bieten. Für die Hypothese, dass Unterstützung dafür geboten wird, wer wir
sind, konnte jedoch im Rahmen der Studie kein Zusammenhang gefunden werden (S. 345). In
den Abschnitten 3.2.1 und 3.2.2 werden deshalb zwei Theorien vorgestellt, die das Entstehen
von Co-worker Support in Unternehmungen erklären können.
3.2.1 Die Social Exchange Theorie
Jeder Mensch ist mit bestimmten Ressourcen (z.B. Fach- und Anwendungswissen) ausgestattet. Dabei muss jedoch zwischen der Kontrolle über die Ressource und dem Interesse an der
22
Ressource unterschieden werden. Um seine Ziele (z.B. eine Nutzenmaximierung) zu erreichen, muss eine Person die Kontrolle über Ressourcen (oder zumindest Rechte an dieser Kontrolle) mit anderen Menschen tauschen. Dieser Tausch im sozialen Leben kann mit dem
Tausch eines ökonomischen Guts auf einem Markt verglichen werden. Jedoch sind die Institutionen im sozialen Leben lange nicht so ausgereift, wie sie es auf einem ökonomischen
Markt sind (Coleman, 1990, S.37-38). Ökonomischer Tausch ist im Normalfall über einen
Vertrag geregelt und wird meistens mit Geld bezahlt. Diese Reziprozität im ökonomischen
Sinne (z.B. Geld des Arbeitgebers gegen die Leistung des Arbeitnehmers) ist daher klar definiert und oft befristet.
Ganz im Gegensatz dazu ist der soziale Austausch charakterisiert durch eine nicht spezifizierte Schuld über eine Zeitspanne, welche im Normalfall auch nicht festgelegt ist. Eine solche
soziale Beziehung kann beispielsweise zwischen Arbeitskollegen entstehen (Deckop, Cirke &
Andersson, 2003, S 103). Die Schuld, welche entsteht, wenn soziale Unterstützung geboten
wird, verdeutlicht auch Blau (1964, S. 89): „An individual who supplies rewarding services to
another obligates him. To discharge this obligation, the second must furnish benefits to the
first in turn“.
Es existiert Vertrauen zwischen Tauschpartnern, dass diese Schuld auch tatsächlich zurückbezahlt wird. Die Norm der Reziprozität (Gouldner, 1960, S. 171) kommt zum Tragen. Wenn
ein Arbeitnehmer seinem Kollegen hilft, vertraut er auf eine Gegenleistung. Definiert sind Art
und Zeitpunkt dieser Rückzahlung jedoch selten (Deckop et al., 2003, S. 102).
Mit der Zeit entsteht in einem Unternehmen, in einer Abteilung oder auch in einer Arbeitsgruppe eine sogenannte Austausch-Ideologie. Diese Ideologie zeigt in welchem Umfang gute
Taten normalerweise innerhalb der betroffenen Mitarbeiter zurückgeboten werden. Die Austausch-Ideologie beschreibt also wie die Kultur bezüglich der Norm der Reziprozität innerhalb der Gruppe ausgelebt wird (Ladd & Henry, 2000, S. 2034).
In ihrer Studie konnten Ladd und Henry (2000, S. 2042) zeigen, dass eine positive Korrelation zwischen wahrgenommener sozialer Unterstützung durch Co-worker und unterstützendem
Verhalten gegenüber Mitarbeitern besteht. Die Ideologie, wie stark solches Verhalten allgemein zurückgeboten wird, beeinflusste diese Beziehung jedoch kaum. Sie erklärten diesen
Effekt damit, dass Arbeitnehmer von ihren Kollegen erwarten, dass diese die angebotene Un-
23
terstützung zurückbieten. Es wird als selbstverständlich angesehen, dass gebotenes soziales
Verhalten retourniert wird.
3.2.2 Theorie zum Gleichheitsprinzip der Gerechtigkeit (Equity Theorie)
Die Korrelation zwischen angebotener Unterstützung an andere und empfangener Unterstützung durch andere lag in einer Studie mit 488 College Studenten in Japan bei 0.71 und war
damit stark signifikant (Jou & Fukada, 2002, S. 360). Laut Bowling et al. (2004, S. 340) führt
ein Anbieten von sozialer Unterstützung dazu, dass solche zurückgeboten wird. Die Reziprozität von sozialer Unterstützung kann auch mit dem Gleichheitsprinzip der Gerechtigkeit
(Equity Theorie) erklärt werden. Nach der Equity Theorie bewertet jedes Individuum seine
Beziehungen danach, wieviel Beitrag für wieviel Nutzen erbracht werden muss. Wenn der
Nutzen kleiner ist als der Beitrag kommen negative Gefühle wie Unfairness und Missgunst
gegenüber dem Beziehungspartner auf. Aber auch wenn der Beitrag kleiner ist als der erhaltene Nutzen können negative Gefühle aufkommen, z.B. Verpflichtung, Schuld und Scham. Um
die negativen Gefühle zu vermindern, wird oft die Menge des gebotenen Beitrags verändert
oder die Beziehung aufgegeben. Bowling et al. (2004, S. 343-344) fanden heraus, dass Organizational-Citizenship-Behavoir-Towards-Individuals (OCBI) und wahrgenommener Social
Support signifikant positiv korrelierten. Sie haben in dieser Studie OCBI anstelle von gebotener sozialer Unterstützung untersucht, um Messfehler zu verhindern (S. 341). Wer also Social
Support bietet, bekommt auch Unterstützung zurück, da die Arbeitskollegen ihre eigene Balance halten wollten.
3.2.3 Fazit
Im beruflichen Alltag ist es aufgrund der limitierten eigenen Ressourcen praktisch unmöglich,
ohne Austausch von sozialer Unterstützung auszukommen, um den hohen Anforderungen
gerecht zu werden (Coleman, 1990, S. 37-38). Die Tauschbeziehung zwischen Arbeitnehmern
kann mit einem Tausch im ökonomischen Sinne verglichen werden. Die Norm der Reziprozität beruht auf der Annahme, dass sich die Tauschpartner vertrauen und gegenseitige Leistungen zurückvergüten. Damit keine negativen Gefühle aufkommen, muss jeder Arbeitgeber eine
Balance zwischen dem gebotenen und dem erhaltenen Co-worker Support finden.
24
4 Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht
Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten die wichtigsten theoretischen Grundlagen für
das Verständnis des Co-worker Supports und der Kündigungsabsicht von Mitarbeitern erläutert worden sind, wird im Folgenden die Beziehung zwischen dem Co-worker Support und
der Kündigungsabsicht aufgezeigt. Insbesondere werden Faktoren untersucht, welche den Coworker Support, die Kündigungsabsicht oder deren Beziehung zueinander beeinflussen. Es
wird dabei nur auf Faktoren eingegangen, für welche ein direkter Einfluss auf die Kündigungsabsicht, den Co-worker Support oder auf deren Beziehung gefunden werden konnte.
Faktoren, welche sich zum Beispiel auf die Jobzufriedenheit und dadurch indirekt auch auf
die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers auswirken, werden im Rahmen dieser Arbeit
nicht aufgezeigt. Da das Spektrum der möglichen Einflussfaktoren sehr breit ist, wird im Vorfeld eine Übersicht über die Einflussfaktoren geboten.
Da der Fokus der vorliegenden Arbeit auf der Wechselbeziehungen zwischen Co-worker
Support und der Kündigungsabsicht von Mitarbeitern liegt, wird mit dem Aufzeigen der direkten Beziehungen zwischen diesen beiden Faktoren begonnen. In einem ersten Schritt wird
dabei der Einfluss von Social Support von Co-workern und an Co-worker auf den Kündigungswunsch eines Mitarbeiters untersucht. Anschliessend wird der Einfluss einen Kündigungswunsches von Mitarbeiter A auf den Co-worker Support aufgezeigt, den er bietet sowie
den Support, den er von seinen Kollegen erfährt.
4.1 Direkter Einfluss von Co-worker Support auf die Kündigungsabsicht
In einer Studie über Personen, die neu im Lehrerberuf angekommen waren, fanden Pomaki,
DeLongis, Frey, Short und Woehrle (2010, S. 1342-1344) einen signifikanten, negativen Zusammenhang zwischen Co-worker Support und der Kündigungsabsicht (mehr Co-worker
Support führt zu niedrigeren Kündigungsabsichten). Sie konnten sogar zeigen, dass Personen
bei genügend vorhandenem Social Support durch Co-worker sehr hohen Arbeitsbelastungen
standhalten und trotzdem die Kündigungsabsicht nicht unbedingt steigen muss. Sie erklären
dieses Ergebnis damit, dass wohl dank der sozialen Unterstützung eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt wird, wodurch Mitarbeiter einander in schweren Zeiten nicht alleine
lassen wollen. Es entsteht eine Gruppenkohäsion. Denselben Punkt sprechen auch Mossholder
et al. (2005, S. 609) an: „The theoretical rationale […] is that demonstrations of care and con-
25
sideration engender emotional bonds between individuals and the sources of support. This
bonding creates feelings of social integration and identification that increases individuals‘
attachment to the support sources.“
Abbildung 6 zeigt, dass Arbeitnehmer bei hohem vorhandenem Co-worker Support und tiefer
Arbeitsbelastung eine höhere Kündigungsabsicht aufweisen als bei hohem Co-worker Support
und hoher Arbeitsbelastung. Die Abbildung zeigt auch, dass der Zusammenhang zwischen
Arbeitsbelastung und Kündigungsabsicht bei tiefem Co-worker Support genau umgekehrt
verläuft (Pomaki et al., 2010, S. 1342-1344).
Abbildung 6: Kündigungsabsicht abhängig von Arbeitsbelastung
und Co-worker Support
Quelle: Pomaki et al. (2010, S. 1344)
Besonders bei hoher Arbeitsbelastung kann Co-worker Support also den Einfluss auf die
Kündigungsabsicht stark prägen. Interessant ist, dass unter hohem Co-worker Support eine
hohe Arbeitsbelastung zu einer niedrigeren Kündigungsabsicht führt, als eine kleinere Arbeitsbelastung. Möglicherweise werten Arbeitnehmer den Co-worker Support in Zeiten hoher
Arbeitsbelastung höher, wodurch diese Situation die Bindung zum Unternehmen und zu den
Arbeitskollegen stärkt (Pomaki et al., 2010, S. 1344).
Houkes, Janssen, Jonge und Nijhuis (2001, S. 6-7) gaben eine Studie heraus, welche unter
anderem die Beziehung zwischen Social Support und der Kündigungsabsicht untersuchte.
Interessant war, dass sie die Ergebnisse einer Profit-Branche (Bankensektor) mit den Ergebnissen einer Non-Profit-Branche (Lehrerberuf) in Verbindung brachten. Dabei konnten in
beiden Gruppen eine negative Beziehung zwischen Social Support und Kündigungsabsicht
gefunden werden. Leider wurde dabei nicht zwischen sozialer Unterstützung von Co-workern
und derjenigen von Vorgesetzen unterschieden (Houkes et al., 2001, S. 17).
26
Tatsächlich existieren Studien, welche zeigen, dass soziale Unterstützung durch Co-worker
und durch Vorgesetzte ähnlich auf die Kündigungsabsicht wirken (Fisher, 1985, S.47). Da
hingegen konnten zum Beispiel Lee (2004, S. 330) sowie Ng und Sorensen (2008, S. 256)
einen stärkeren Effekt zwischen der Unterstützung durch Vorgesetzte und der Kündigungsabsicht ausmachen, als zwischen der Unterstützung durch Co-worker und der Kündigungsabsicht.
Auch wenn es Studien gibt, welche den eindeutigen, negativen Einfluss von Co-worker Support auf die Kündigungsabsicht zeigen (Chiaburu & Harrison, 2008, S. 1091-1092; Fisher,
1985, S. 48; Mor Barak et al., 2001, S. 650; Pomaki et al., 2010, S. 1343), wird sehr wenig
über den Hintergrund dieser Beziehung gesagt. Vaux (1988, S. 92) macht in seinem Buch
darauf aufmerksam, dass Social Support (nicht nur durch Co-worker) Individuen vor den Folgen einer Stresssituation bewahrt (oder diese zumindest verringert). Demzufolge wirkt Social
Support als Puffer (S. 133). Gleichzeitig kann Social Support zu Wohlbefinden führen (S.
148). Dass ein Mensch eine Umgebung, in der er sich wohl fühlt, nicht verlassen möchte, ist
nachvollziehbar. Vaux (1988, S. 148-150) erklärt, dass sich ein Arbeitnehmer, welcher sich in
einer Organisation oder in einem Netzwerk mit Social Support konfrontiert sieht, zugehörig
fühlt. Dies bestätigt die Existenz von “links“, die im sog. Einbettungsmodell grundlegend sind
(Mitchell et al. 2001, S. 1004) und zeigt, dass diese durchaus durch eine Beziehung zu Stande
kommen können, in welcher soziale Unterstützung ausgetauscht wird.
Es gibt auch Studien, welche einen negativen Zusammenhang zwischen Co-worker Support
und Kündigungsabsicht aufzeigen, wobei dieser jedoch nicht signifikant ist (Lee, 2004, S.
330; Mossholder et al., 2005, S. 615). Nicht nur die fehlende soziale Unterstützung von Arbeitskollegen kann zu einem Kündigungswunsch führen. Soltis et al. (2013, S.574) fanden
heraus, dass Mitarbeiter, welche viel nach Rat gefragt wurden, häufiger Kündigungsabsichten
aufzeigten als solche, die kaum Social Support anbieten mussten. Aufgrund der vielen Anfragen nach Hilfe hat der Arbeitnehmer Mühe damit, seine eigenen Aufgaben zu erledigen. Er
muss ununterbrochen zwischen verschiedenen Aufgaben und Themengebieten wechseln und
hat eine extrem hohe Menge an Informationen zu verarbeiten. Dies kann dazu führen, dass er
von diesen Informationen überladen wird. Mit der Zeit kann eine solche Situation zu schwächerer Performance und zu höherer Kündigungsabsicht führen. Der Zusammenhang zwischen
gebotenem Support und Kündigungsabsicht konnte nicht nur für freiwillige Hilfeleistungen,
27
sondern auch für Hilfebeziehungen, welche vorgeschrieben sind, nachgewiesen werden (Soltis et al. 2013, S. 567-574).
Abbildung 7 zeigt, dass wahrgenommener Co-worker Support negativ auf die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers wirkt, während gebotener Co-worker Support positiv darauf wirkt.
wahrgenommener
Co-worker Support
-
Kündigungsabsicht
+
gebotener Coworker Support
Abbildung 7: Wirkung von Co-worker Support auf die Kündigungsabsicht
Quelle: Eigene Darstellung
4.2 Direkter Einfluss der Kündigungsabsicht auf den Social Support
Bis anhin wurde ausschliesslich der Effekt behandelt, den wahrgenommener und gebotener
Social Support auf die Kündigungsabsicht haben. Natürlich beeinflusst die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers auch den Co-worker Support. Auch hierbei muss aber zwischen der
wahrgenommenen Unterstützung, welche ein Mitarbeiter erfährt, und der zur Verfügung gestellten Unterstützung, welche dieser Mitarbeiter bietet, unterschieden werden. Über diese
Beziehungen sind nur wenige Studien verfügbar, weshalb im Folgenden die wichtigsten Ergebnisse genannt und darauf aufbauend Hypothesen formuliert werden.
Je nachdem, wie stark der Kündigungswunsch eines Mitarbeiters A ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass geleistete soziale Unterstützung von Mitarbeiter A an Mitarbeiter B nicht
mehr zurückgegeben wird, da nach dem Verlassen des Unternehmens von A die Möglichkeit
dazu fehlt. Die Motivation soziale Unterstützung zu leisten, sinkt also mit dem Aufkommen
eines Kündigungswunsches (Mossholder et al., 2005, S. 614). Diese Ergebnisse unterstützen
die These, dass beim Leisten von sozialer Unterstützung die Norm der Reziprozität zur Anwendung kommt.
Hierbei müsste jedoch auch die Quelle des Kündigungswunsches in Betracht gezogen werden: Verlässt A das Unternehmen aufgrund von privaten Gründen, ist es durchaus möglich,
dass den Arbeitskollegen in der letzten Zeit bedeutend mehr Unterstützung geboten wird, als
wenn der Mitarbeiter das Unternehmen wegen betrieblicher Gründe (z.B. aufgrund schlechter
Beziehungen zu Arbeitskollegen) verlassen will.
28
Abbildung 8 zeigt den negativen Zusammenhang zwischen dem Kündigungswunsch eines
Mitarbeiters und dem Co-worker Support, welchen er noch leistet.
Kündigungswunsch
A
-
durch A geleisteter
Co-worker Support
Abbildung 8: Die Wirkung eines Kündigungswunsches auf
den geleisteten Co-worker Support
Quelle: Eigene Darstellung
Erfährt Mitarbeiter B, dass Mitarbeiter A das Unternehmen verlassen will, ist anzunehmen,
dass auch er sein Verhalten ändert. Die Norm der Reziprozität spielt auch hier eine Rolle: Die
soziale Unterstützung, welche Mitarbeiter B nun noch bietet, wird von Mitarbeiter A aus
Sicht des Autors und aufgrund der bisherigen theoretischen Erkenntnisse kaum mehr zurückgegeben werden, nachdem dieser das Unternehmen verlassen hat.
Wenn Mitarbeiter B erfährt, dass Mitarbeiter A das Unternehmen verlassen will (oder auch
schon gegangen ist), überlegt er sich den Grund für diesen Entscheid. Laut Sheehan (2001, S.
65) teilt Mitarbeiter B diesen Grund einer der folgenden drei Kategorien zu: Jobunzufriedenheit, ein besserer Job oder Gründe, welche keine Verbindung zum Job haben. Je nachdem
wieso Mitarbeiter A das Unternehmen verlassen will, fällt die Reaktion von Mitarbeiter B
anders aus. Es können beispielsweise Verlustgefühle, aber auch Glücksgefühle für Mitarbeiter
A entstehen (S. 68). Auch hier ist es naheliegend, dass je nach Gefühl, welches Mitarbeiter B
aufgrund des Entscheids von Mitarbeiter A entwickelt, unterschiedlich viel Co-worker Support für die restliche Arbeitszeit an Mitarbeiter A geboten wird.
Krackhardt und Porter (1985, S. 252) zeigten, dass Mitarbeiter oft ein Gefühl des Missfallens
gegenüber den Personen, die ein Unternehmen verlassen hatten, aufzeigten. Es bleibt die Frage offen, ob dieses Gefühl nicht bereits entsteht, wenn Mitarbeiter B vom Plan von Mitarbeiter A erfährt und deshalb nicht mehr bereit ist, im selben Umfang soziale Unterstützung zu
bieten.
29
Abbildung 9 zeigt, dass der Kündigungswunsch von Mitarbeiter A einen negativen Effekt auf
den von Mitarbeiter B an Mitarbeiter A bereitgestellten Co-worker Support hat.
Kündigungswunsch
von A
-
durch B
bereitgestellter Coworker Support
Abbildung 9: Wirkung eines Kündigungswunsches auf den
wahrgenommenen Co-worker Support
Quelle: Eigene Darstellung
Zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht bestehen zusammenfassend also vielschichtige Wechselbeziehungen. Der Einfluss des Co-worker Supports auf die Kündigungsabsicht wurde oft erforscht und stellte sich im Normalfall als positiv heraus. Trotzdem gab es
einige Studien, welche keinen oder vereinzelt sogar einen negativen Effekt der sozialen Unterstützung durch Co-worker auf die Kündigungsabsicht zeigen konnten.
Die Auswirkungen einer Kündigungsabsicht wurden bisher dagegen selten erforscht. Die vorhandenen Studien lassen jedoch auf eine negative Beziehung zwischen Kündigungsabsicht
und Social Support (sowohl geleistetem, als auch erhaltenem) schliessen.
Abbildung 10 zeigt die direkten Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht, welche bisher gezeigt werden konnten.
Abbildung 10: Die direkten Wechselbeziehungen zwischen Kündigungsabsicht und Co-worker Support
Quelle: Eigene Darstellung
Es stellt sich abschliessend die Frage, wieso die Beziehungen nicht eindeutiger sind. Dazu ist
es notwendig, die Einflussfaktoren, welche diese Wechselbeziehung beeinflussen, im Detail
zu untersuchen. Dies wird im Folgenden vorgenommen
4.3 Einflussfaktoren auf die Wechselbeziehung
Social Support, die Kündigungsabsicht und die direkte Beziehung dieser beiden Faktoren sind
komplexe Konstrukte, welche von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst werden. Entsprechend existieren einige Studien über diese möglichen Einflussfaktoren. In diesen Studien
30
wurden teilweise ähnliche Faktoren (oder Konzepte von Faktoren) unterschiedlich benannt.
Da in dieser Arbeit nicht jedes dieser Konzepte einzeln erklärt und betrachtet werden kann,
werden ähnliche zusammengefasst und gemeinsam betrachtet. Tabelle 2 zeigt, welche Faktoren jeweils zu einem Cluster zusammengeführt wurden.
Gemeinsame Bezeichnung
Gebotenes soziales Verhalten
Betrachtete Konzepte
 provided social support
 Organizational citizenship behavoir toward individuals (OCBI)
 Solidarity toward Co-workers
 Social competence
Grösse und Stärke des sozialen Netzes
 Social network ties
 Job embeddedness
 Work Group Cohesion
 Social affiliation needs
 Turnover culture
Fluktuationskultur
 Co-worker turnover
 Co-worker job search behavoir
Jobzufriedenheit
 Job satisfaction
Organisationales Commitment
 Organizational commitment
Stressfaktoren
 Work overload
 Emotional exhaustion
 Burnout
 Job stressors
 Shock (Co-worker turnover)
Tabelle 2: Übersicht über die sechs Einflussgruppen
Quelle: Eigene Darstellung
Der Faktor des gebotenes sozialen Verhaltens enthält Hilfeleistungen an Mitarbeiter mit ähnlichem Verantwortungsbereich im Sinne eines Co-worker Supports, wie er in Kapitel 2.1.2
definiert wurde. Dazu gehören der gebotene Social Support, OCBI, Solidarität gegenüber den
Mitarbeitern und soziale Kompetenz. Besonders bei den Konzepten des sog. „OrganizationCitizenship-Behavoir“ ist es deshalb wichtig, zwischen Hilfeleistungen an die Mitarbeiter von
solchen an Vorgesetzte und die Unternehmung allgemein zu unterscheiden.
31
Der Faktor der Grösse und Stärke des sozialen Netzes deckt die Anzahl und die Art der sozialen Bindungen ab, über welche Social Support geleistet werden kann. Mit der Grösse des sozialen Netzes ist im Grunde genommen die Anzahl der Verbindungen zu Mitarbeitern gemeint, während mit der Stärke der Qualität dieser Verbindungen Rechnung getragen wird.
Dazu gehören Aspekte wie die Anzahl der Netzwerkverbindungen, die Jobeinbettung, die
Arbeitsgruppenkohäsion und der Wunsch nach sozialer Anbindung. In Abbildung 11 ist ein
Beispiel eines sozialen Netzwerks aufgezeigt. Laut Krackhardt und Porter (1985, S. 246) sind
sich Mitarbeiter A und D durch ihre gemeinsamen Beziehungen zu Mitarbeiter B und C relativ nahe. Die Beziehung von A zu F ist jedoch um einiges schwächer, weil sie indirekt über
vier Personen (B, C, D und E) läuft.
Abbildung 11: Beispiel eines sozialen Netzwerks
Quelle: Krackhardt und Porter (1985, S. 246)
Die Fluktuationskultur beschreibt die allgemeine Häufigkeit von Fluktuation und Kündigungsabsicht in einem Unternehmen. Da die vorliegende Arbeit nicht in erster Linie auf die
Fluktuation, sondern auf die Kündigungsabsicht abzielt, werden bei diesem Faktor auch Verhaltensweisen berücksichtigt, welche auf eine solche Absicht hindeuten (z.B. Job-SucheAktivitäten).
Mit der Jobzufriedenheit wird oftmals die generelle affektive Reaktion eines Arbeitnehmers
auf seinen Job angesprochen (Mor Barak et al., 2006, S. 557). Verschiedenste individuelle
und arbeitsbezogene Faktoren können die Jobzufriedenheit eines Arbeitnehmers beeinflussen.
So fanden Mor Barak et al. (2006, S. 566) heraus, dass im Bereich der Kinderfürsorge Jobunzufriedenheit oft durch viel Papierkram und wenig Kundenkontakt hervorgerufen wird. Laut
ihnen ist jedoch anzunehmen, dass in anderen Branchen auch andere Faktoren zum Tragen
kommen.
32
Organisationales Commitment wurde von Mueller und Price (1990, S. 325) als Loyalität und
Anbindung an die Organisation definiert. Das Konzept des organisationalen Commitments
wird in der Literatur oft gebraucht, um die Frage der Loyalität zu behandeln. Das Commitment eines Menschen im Unternehmen zu verbleiben, wird als seine Absicht beschrieben,
einen langfristigen Karrierepfad im Unternehmen zu beschreiten (Guerrero & Herrbach, 2009,
S. 1536).
Stressfaktoren beinhalten nicht nur Aspekte wie zum Beispiel eine hohe Arbeitsbelastung,
organisationale Beschränkungen, Hilfslosigkeit, Strapazen, etc. Im unternehmerischen Kontext gibt es auch andere Situationen, die eine Belastung physischer oder psychischer Art hervorrufen. Diese Belastung wird laut Duden (2010, S. 997) als Stress definiert. Beispiele solcher Situationen in Bezug auf einen Arbeitnehmer sind Dinge wie emotionale Erschöpfung,
Rollenkonflikte, Spannungen, Unklarheit, Hilfslosigkeit und Burnout (Mor Barak et al., 2001,
S. 650). Auch die Kündigung eines Arbeitskollegen kann bei den verbleibenden Mitarbeitern
Stress auslösen (Lee & Mitchell, 1994, S. 60).
All diese Faktoren liessen sich auf viele verschiedenen Weisen in Gruppen gliedern. Da der
Fokus dieser Arbeit jedoch auf den Beziehungen zwischen Co-worker Support und der Kündigungsabsicht liegt, teilt der Autor die Faktoren danach ein, an welcher Stelle in dieser Beziehung sie am ehesten greifen und formiert darauf aufbauend drei Gruppen von Faktoren
(wobei entsprechend der Abgrenzung der betrachteten Faktoren aus Abschnitt 1.4 ein
Grossteil der Faktoren mehreren Gruppen zugeteilt ist):

Gruppe 1: Faktoren, die hauptsächlich den Co-worker Support beeinflussen

Gruppe 2: Faktoren, die hauptsächlich die Kündigungsabsicht beeinflussen

Gruppe 3: Faktoren, die hauptsächlich die Beziehung zwischen dem Co-worker Support und der Kündigungsabsicht beeinflussen
Im Folgenden wird im Detail untersucht, wie sich die in die Gruppen 1 bis 3 eingeteilten Einflussfaktoren auf den Co-worker Support, die Kündigungsabsicht eines Mitarbeiters und die
Wechselbeziehung zwischen diesen zwei Aspekten auswirken.
4.3.1 Einflussfaktoren auf den Co-worker Support
Gruppe 1 fasst diejenigen Faktoren aus den sechs Einflussfaktor-Gruppen aus Abschnitt 4.3
zusammen, die hauptsächlich den Co-worker Support beeinflussen. Dazu zählen:
33

Gebotenes soziales Verhalten: Die Erläuterungen zur Social Exchange Theorie und
zur Equity Theorie im Rahmen dieser Arbeit lassen vermuten, dass sich gebotene soziale Unterstützung von Mitarbeiter A wohl darauf auswirkt, wieviel Unterstützung
von seinen Arbeitskollegen zurückgegeben wird.
Bowling et al. (2004) konnten zeigen, dass OCBI einen positiven Einfluss auf den
wahrgenommenen Social Support hat, den ein Arbeitnehmer von seinen Kollegen geboten bekommt. Dasselbe gilt für die soziale Kompetenz. Zusammen erklärten diese
beiden Faktoren 7% der Variation von sozialer Unterstützung (S. 343-345). Sowohl
den Einfluss von OCBI als auch denjenigen von sozialer Kompetenz erklärten sie mit
der Norm der Reziprozität: laut ihnen bedeute soziale Kompetenz, dass das Bieten von
sozialer Unterstützung einfach fällt und dadurch öfters geboten wird, wodurch (nach
der Norm der Reziprozität) auch wieder soziale Unterstützung zurückgegeben wird (S.
341). Deckop et al. (2003, S. 104) erkannten den umgekehrten Zusammenhang
zwischen wahrgenommener sozialer Unterstützung und OCBI: „Thus, when an individual feels helped by the work group, the norm of reciprocity and social exchange
suggest that s/he will reciprocate by exhibiting OCB directed toward helping others in
the work group.“ In ihrer Studie konnten sie diesen Effekt auch nachweisen (S. 109).
Auch Koster und Sanders (2006, S. 528) konnten zeigen, dass kooperatives Verhalten
gegenüber Co-workern dazu führt, dass die Arbeitskollegen solches Verhalten zurückbieten. Abbildung 12 zeigt den positiven Einfluss, welchen wahrgenommener Coworker Support auf das gebotene soziale Verhalten eines Arbeitnehmers hat sowie den
positiven Einfluss, welchen dieses gebotene soziale Verhalten wiederum auf den
wahrgenommenen Co-worker Support ausübt.
wahrgenommener Coworker Support
+
gebotenes soziales
Verhalten
+
wahrgenommener Coworker Support
Abbildung 12: Beziehungen zwischen sozialem Verhalten und Co-worker Support
Quelle: Eigene Darstellung

Soziales Netz: Laut Friedman und Holtom (2002, S. 416) sind Netzwerkgruppen dazu
da, um Minderheiten in Unternehmungen die Möglichkeit zu bieten, soziale Verbindungen aufzubauen und einander innerhalb der Gruppe zu unterstützen. Wer also
solch einer Gruppe beitritt und aktiv daran teilnimmt, ist einem grösseren Mass an sozialer Unterstützung ausgesetzt und hat gleichzeitig mehr Möglichkeiten, Co-worker
34
Support anzubieten. Abbildung 13 zeigt die positiven Effekte, welche die Einbindung
in soziale Netze auf den erhaltenen und den gebotenen Co-worker Support ausübt.
gebotener Coworker Support
+
Einbindung in
soziale Netze
+
erhaltener Coworker Support
Abbildung 13: Wirkung von sozialen Netzen auf Co-worker Support
Quelle: Eigene Darstellung

Fluktuationskultur: Dieser Aspekt beschreibt die direkten Verbindungen zwischen der
Fluktuation bzw. dem Kündigungswunsch und dem Social Support, wie sie bereits in
Abschnitt
4.1
und
Kapitel
4.2
erläutert
worden
sind.
Besteht bei einem Mitarbeiter ein Kündigungswunsch, ist seine Motivation die Kollegen zu unterstützen kleiner, als wenn der Mitarbeiter noch lange im Unternehmen
bleiben möchte (Mossholder et al., 2005, S. 614). Co-worker Support kann die Häufigkeit von Fluktuationen und Kündigungswünschen mindern (Chiaburu & Harrison,
2008, S. 1091-1092; Fisher, 1985, S. 47). Diese zwei Beziehungen werden in Abbildung 14 aufgezeigt.
erhaltener Coworker Support
-
Kündigungsabsicht/
freiwillige
Fluktuation
-
gebotener Coworker Support
Abbildung 14: Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und Fluktuation
Quelle: Eigene Darstellung

Jobzufriedenheit: Jobzufriedenheit wird durch Co-worker Support positiv beeinflusst
(Baruch-Feldman, Brondolo, Ben-Dayan & Schwartz, 2002, S. 89; Chiaburu et al.,
2008, S. 1090-1091; Fisher, 1985, S. 47; Lee, 2004, S. 328; Mossholder et al., 2005,
S.613). Aber auch die Jobzufriedenheit kann den Co-worker Support, welchen ein
Mitarbeiter von seinen Arbeitskollegen erfährt, beeinflussen. Damit einem Arbeitnehmer von seinen Kollegen und Vorgesetzten soziale Unterstützung geboten wird,
muss er Zeichen von Commitment, Zufriedenheit und Leistungspotenzial zeigen. Nur
so wird er ernst genommen und seine Arbeitskollegen haben den Eindruck, dass sich
das Bieten sozialer Unterstützung überhaupt lohnt (Fisher, 1985, S. 42). Abbildung 15
zeigt die positiven Effekte welche Co-worker Support und Jobzufriedenheit aufeinander haben.
35
nach Aussen
gezeigte
Jobzufriedenheit
+
wahrgenommener
Co-worker Support
+
Jobzufriedenheit
Abbildung 16: Wechselbeziehungen zwischen Jobzufriedenheit und Co-worker Support
Quelle: Eigene Darstellung

Organisationales Commitment: Studien von Chiaburu und Harrison (2008, S. 10911092) sowie von Fisher (1985, S. 48) zeigen eine positive Korrelation zwischen Coworker Support und organisationalem Commitment. Auch die Ausstrahlung von
Commitment kann den wahrgenommenen Social Support positiv beeinflussen. Haben
Co-worker das Gefühl, Mitarbeiter A arbeite gerne und habe ein hohes Commitment
zum Job und zum Unternehmen, dann bieten sie ihm vermehrt Co-worker Support, da
so die Chance gross ist, dass dieser Support ankommt und auch zurückgeboten wird
(Fisher, 1985, S. 42). Auch wenn mit dem organisationalen Commitment klar die Anbindung an die Organisation als Ganzes definiert wird, kann Co-worker Support alleine (ohne Support durch Vorgesetzte oder Ähnliches) einen signifikanten Einfluss auf
dieses Commitment haben (Fisher. 1985, S. 48). In Abbildung 16 sind die positiven
Beziehungen zwischen Co-worker Support und organisationalem Commitment dargestellt.
nach Aussen
gezeigtes
Commitment
+
wahrgenommener
Co-worker Support
+
organisationales
Commitment
Abbildung 15: Wechselbeziehungen zwischen Commitment und Co-worker Support
Quelle: Eigene Darstellung

Stressfaktoren: Social Support durch Co-worker kann dazu beitragen, dass Stresssituationen etwas weniger als solche wahrgenommen werden (Ducharme, Knudsen & Roman, 2008, S. 95; Houkes et al., 2001, S. 16; Mor Barak et al., 2006, S. 562). Tritt beispielsweise eine Rollen-Ambiguität auf (der Arbeitnehmer weiss nicht genau, welches
Verhalten von ihm verlangt wird), können Mitarbeiter durch Information zu den offenen Fragen den wahrgenommenen Stress etwas mildern. Trotzdem kann Social Support das Auftreten solcher stressauslösender Ereignisse nicht gänzlich unterbinden.
Dadurch ist die Beziehung zwischen Social Support und wahrgenommenem Stress nur
schwach negativ (Fisher, 1985, S.42+47). Abbildung 17 zeigt den negativen Einfluss,
welchen Co-worker Support auf den wahrgenommenen Stress ausübt.
36
wahrgenommener
Co-worker Support
-
wahrgenommener
Stress
Abbildung 17: Einfluss von Co-worker Support auf wahrgenommenen Stress
Quelle: Eigene Darstellung
4.3.2 Einflussfaktoren auf die Kündigungsabsicht
In Gruppe 3 sind alle Faktoren aus den sechs Einflussfaktor-Gruppen aus Abschnitt 4.3 zusammengefasst, die hauptsächlich die Kündigungsabsicht eines Mitarbeiters beeinflussen.
Dazu zählen:

Gebotenes soziales Verhalten: In Abschnitt 4.1 wurde erklärt, dass Mitarbeiter, welche viel Rat und Hilfe an Co-worker bieten müssen, eher einen Kündigungswunsch
verspüren als andere. Diese Beziehung wird durch die Verteilungsgerechtigkeit beeinflusst. Der Kündigungswunsch des Mitarbeiters entsteht, wenn er das Gefühl hat, seine
Hilfsleistungen werden von der Unternehmung nicht wahrgenommen und entsprechend auch nicht entlohnt. Verteilungsgerechtigkeit herrscht vor, wenn genau solche
Hilfeleistungen (sowohl durch das System geforderte (sog. „in-role behavoir“ im Englischen), als auch solche, welche über die geforderte Rolle hinausgehen (sog. „extrarole behavoir“ im Englischen) (Koster & Sanders, 2006, S. 521)), im Entlohnungssystem beachtet werden. Wenn der Faktor der Verteilungsgerechtigkeit in ein Modell eingerechnet wird, ist der negative Effekt von gebotenem sozialen Verhalten auf die
Kündigungsabsicht nicht mehr signifikant (Soltis et al., 2013, S. 574). Abbildung 18
zeigt den positiven Effekt, den gebotenes soziales Verhalten, das durch die Unternehmung nicht wahrgenommen wird, auf die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers hat.
gebotenes soziales
Verhalten
+
Kündigungsabsicht
Abbildung 18: Wirkung von gebotenem sozialem Verhalten
auf Kündigungsabsicht
Quelle: Eigene Darstellung
37

Grösse und Stärke des sozialen Netzes: Netzwerkgruppen in einem Unternehmen können helfen, Minderheiten auf Manager-Level an eine Unternehmung zu binden. Durch
das Eintreten in solche Gruppen vermindert sich der Kündigungswunsch von ranghöheren Mitarbeitern (Friedman & Holtom, 2002, S. 415). Besonders auf ManagerEbene sind Netzwerke für das Ausüben von Aufgaben besonders wichtig. Deshalb haben sie auf dieser Ebene einen grossen, negativen Einfluss auf den Kündigungswunsch
eines Arbeitnehmers (S. 408). Wer mit seiner Netzwerkgruppe zufrieden ist, entwickelt ein Gefühl der sozialen Einbettung (S. 415). Dass diese soziale Einbettung auch
einen Einfluss auf die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers hat, zeigen Studien
von Jiang et al. (2012, S. 1081) und Mitchell et al. (2001, S. 1116): Sowohl für „onthe-job“, als auch „off-the-job“ konnte eine negative Beziehung zur Kündigungsabsicht aufgezeigt werden.
Eine gute soziale Einbettung alleine reicht nicht, um einen Arbeitnehmer an die Unternehmung zu binden. So fanden z.B. Felps et al. (2009, S. 556) heraus, dass der positive Einfluss einer guten Einbettung auf die freiwilligen Kündigungen stark durch aktives Suchverhalten von Co-workern vermindert wird. Wenn ein Arbeitnehmer A also
grundsätzlich gut eingebettet ist, seine Kollegen jedoch damit beginnen, nach Alternativjobs Ausschau zu halten, dann wird auch die Kündigungsabsicht von A zunehmen.
Griffeth, Hom und Gaertner (2000, S. 466) zeigten in ihrer Meta-Analyse einen signifikanten, negativen Einfluss des Zusammenhalts einer Arbeitsgruppe auf freiwilligen
Kündigungen. Der negative Zusammenhang zwischen der Grösse und der Stärke des
sozialen Netzes auf die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers wird in Abbildung 19
gezeigt.
soziales Netz
(Grösse und Stärke)
-
Kündigungsabsicht
Abbildung 19: Einfluss des sozialen Netzes auf die Kündigungsabsicht
Quelle: Eigene Darstellung

Fluktuationskultur: Wenn ein Kollege von Mitarbeiter A plötzlich Verhaltensweisen
an den Tag legt, welche auf ein Verlassen des Unternehmens hindeuten, dann kann
dieses Verhalten auf Mitarbeiter A übergreifen, sodass Mitarbeiter A selbst über einen
Jobwechsel nachdenkt. Beginnt Arbeitnehmer B also mit der Suche nach Jobalternati-
38
ven oder kündigt er sogar, beginnt ein Prozess von „sozialer Ansteckung“, welcher
den Kündigungswunsch von Mitarbeiter A ankurbeln kann. Wie bei einer Krankheit
wird der Kündigungswunsch von Mitarbeiter zu Mitarbeiter übertragen. Grund für
diese Übertragung könnte sein, dass Menschen dazu neigen, sich ununterbrochen mit
anderen zu vergleichen. Die Geschwindigkeit und die Stärke der Übertragung steigen,
wenn mehrere Arbeitskollegen mit ähnlichem Verhalten beginnen (Felps et al. 2009,
S. 546-547). Dieser Effekt ist nicht nur bei der Kündigungsabsicht beobachtbar. So
zeigten zum Beispiel Eder und Eisenberger (2008, S. 64), dass die Korrelation zwischen kontraproduktivem Verhalten in der Gruppe und eines Individuums 52% betrug
und damit hoch signifikant war. Kündigungen und kontraproduktives Verhalten treten
also meistens in Clustern auf.
Was die Kündigung eines Mitarbeiters bei den verbleibenden Kollegen auslösen kann,
untersuchten auch Krackhardt und Porter (1985, S. 246; 1986, S. 54). Sie prägten dabei den Begriff des „Schneeball-Effektes“. Verlässt Mitarbeiter A das Unternehmen,
sind auch andere Mitarbeiter davon betroffen. Besonders gefährdet sind dabei diejenigen Arbeitskollegen, welche Mitarbeiter A sozial am nächsten standen. Wie stark die
Kündigung oder kontraproduktives Verhalten (welches auf einen Kündigungswunsch
hindeutet) eines Arbeitnehmers A auf den Kündigungswunsch seiner Mitarbeiter
wirkt, hängt von der Beziehung (wahrgenommen durch Mitarbeiter B) zwischen ihnen
ab. Doch ein Mitarbeiter B wird nicht nur von diesen beeinflusst, welche das Unternehmen verlassen, sondern auch von denjenigen, welche bleiben. Der stärkste Effekt
auf den Kündigungswunsch von Mitarbeiter B entsteht also, wenn er denjenigen Mitarbeitern nahe stand, welche nun gehen (wollen), jedoch keine enge Beziehung zu
denjenigen Co-workern hat, welche bleiben. Sind die Beziehungen umgekehrt (Mitarbeiter B ist nahe an den Bleibenden, kennt die Gehenden jedoch kaum), ist der Effekt
auf die Kündigungsabsicht von Mitarbeiter B kleiner (Krackhardt & Porter, 1985, S,
247-248). Abbildung 20 zeigt die Möglichkeiten, wie B mit den Bleibenden und Verlassenden verbunden sein kann und wie diese Beziehungen auf das Übergreifen der
Kündigungsabsicht auf Mitarbeiter B wirken.
39
Abbildung 20: Wirkung von Fluktuation auf verbleibende Arbeitskollegen
Quelle: Krackhardt und Porter (1985, S. 247)
Verlässt ein Mitarbeiter ein Unternehmen, stellt das für die Arbeitskollegen auch einen
Schock dar, welcher je nach Entscheidungspfad zum Kündigungswunsch des Arbeitskollegen führen kann (Lee & Mitchell, 1994, S. 60). Es gibt Studien, welche Faktoren
untersuchten, die den Effekt von Fluktuation auf die Verbleibenden beeinflussen. Eine
solche Studie wurde mit Polizeibeamten in Israel durchgeführt. Die Hypothese war,
dass der Effekt, welche durch die Kündigung des Kollegen hervorgerufen wird, über
verschiedene Mediatoren wie soziale Beziehungen, Jobzufriedenheit und Kündigungswunsch zu Beginn auf die Kündigungsabsicht wirkt. Es wurde angenommen,
diese Faktoren würden zu einer positiven oder negativen Evaluation der Kündigung
des Kollegen führen und dadurch die Wirkung auf den eigenen Kündigungswunsch
beeinflussen. Es stellte sich heraus, dass einige diese Faktoren zu einer negativen Evaluation führten, jedoch konnte kein signifikanter Einfluss der negativen Evaluation auf
den Kündigungswunsch gefunden werden. Die positive Evaluation beeinflusste signi-
40
fikant den Kündigungswunsch der Verbleibenden. Hier konnte jedoch keine signifikante Verbindung zu den untersuchten Faktoren festgestellt werden. Der einzige signifikante Effekt zwischen einem Faktor und dem Kündigungswunsch nach dem Verlassen des Kollegen, bestand beim ursprünglichen Kündigungswunsch. Dass dieser ursprüngliche Wunsch eine positive, signifikante Verbindung zum Kündigungswunsch
am Ende hat, wurde damit erklärt, dass die Entscheidung des Arbeitskollegen die Verfügbarkeit von Jobalternativen aufzeigt. Der Verbleibende sieht, dass sein ursprünglicher Wunsch Wirklichkeit werden könnte, wodurch sein Interesse zu kündigen ansteigt (Krausz, Yaakobovitz, Bizman & Caspi, 1999, S. 97-103).
Die Ausbreitung der Fluktuation oder des Kündigungswunsches von Mitarbeiter A auf
seinen Arbeitskollegen wird in Abbildung 21 dargestellt.
Fluktuation /
Kündigungswunsch
A
+
Kündigungswunsch
B
Abbildung 21: Ausbreitung des Kündigungswunsches unter
Mitarbeitern
Quelle: Eigene Darstellung
Die Kündigungsabsicht beeinflusst dabei die tatsächliche Fluktuation in positiver
Weise (Griffeth et al., 2000, S. 476). Sie wird oft sogar als bester Prädiktor der Fluktuation genannt (Mor Barak et al., 2001, S. 652). Abbildung 22 zeigt diesen Zusammenhang.
Kündigungswunsch
von A
+
Fluktuation von A
Abbildung 22: Die Kündigungsabsicht als guter Prädiktor
von tatsächlicher Fluktuation
Quelle: Eigene Darstellung

Jobzufriedenheit: Jobzufriedenheit wirkt sich negativ auf die Kündigungsabsicht aus
(Lee, 2004, S. 328; Mansell et al., 2006, S. 97; Mor Barak et al., 2001, S. 649; Mor
Barak et al., 2006, S. 562). Jobzufriedenheit gehört zu den Faktoren, die in einem
Grossteil der Studien über Kündigungsabsichten untersucht werden. Dies ist nicht
überraschend, zeigten doch z.B. Mor Barak et al. (2006, S. 566), dass sie zu den
stärksten Prädiktoren der Kündigungsabsichten gehört. Gleichzeitig wirkt auch eine
41
vorhandene Kündigungsabsicht negativ auf die Jobzufriedenheit eines Arbeitnehmers
(Mansell et al., 2006, S. 97).Abbildung 23 zeigt die negativen Effekte, welche Jobzufriedenheit und Kündigungsabsicht aufeinander ausüben.
-
Jobzufriedenheit
Kündigungsabsicht
Abbildung 23: Wechselbeziehung zwischen Jobzufriedenheit und Kündigungsabsicht
Quelle: Eigene Darstellung

Stressfaktoren: Stress steigert den Wunsch eines Arbeitnehmers zu kündigen (Chen,
Lin & Lien, 2011, S. 1336; Fisher, 1985, S. 48; Mor Barak et al., 2001, S. 649; Mor
Barak et al., 2006, S. 566). Besonders Schwierigkeiten in Bezug auf die Arbeit haben
einen positiven Einfluss auf die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers (mehr
Schwierigkeiten führen zu stärkerer Absicht) (Mansell et al., 2006, S. 98). Dieser positive Einfluss von Stressfaktoren auf die Kündigungsabsicht wird in Abbildung 24 gezeigt.
Stress
+
Kündigungsabsicht
Abbildung 24: Einfluss von Stress auf die Kündigungsabsicht
Quelle: Eigene Darstellung

Organisationales Commitment: Organisationales Commitment übt einen positiven
Einfluss auf die Bleibeabsicht eines Arbeitnehmers (Mueller & Price, 1990, S. 331)
beziehungsweise einen negativen Einfluss auf die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers (Islam et al., 2013, S. 331; Mor Barak et al., 2001, S. 650) aus. Mor Barak et
al. (2006, S. 566) konnten sogar zeigen, dass organisationales Commitment zu den
stärksten Prädiktoren der Kündigungsabsichten zählt. Abbildung 25 stellt den negativen Einfluss von organisationalem Commitment auf die Kündigungsabsicht dar.
organisationales
Commitment
-
Kündigungsabsicht
Abbildung 25: Einfluss von Commitment auf die Kündigungsabsicht
Quelle: Eigene Darstellung
42
4.3.3 Einflussfaktoren auf die Beziehung zwischen Social Support und Kündigungsabsicht
In Gruppe 3 sind alle Faktoren aus den sechs Einflussfaktor-Gruppen aus Abschnitt 4.3 zusammengefasst, die hauptsächlich die Beziehung zwischen dem Co-worker Support und der
Kündigungsabsicht beeinflussen. Dazu zählt aus Sicht des Autors v.a. die Grösse und Stärke
des sozialen Netzes. Die Notwenigkeit von sozialer Einbindung, welche ein Mensch verspürt,
beeinflusst die Beziehung zwischen Social Support und Kündigungsabsicht. Bei einem Arbeitnehmer, welcher stark in einem sozialen Netz eingebunden sein will, hat Co-worker Support einen stärkeren Effekt auf die Kündigungsabsicht, als bei einem Arbeitnehmer, der kaum
Wert auf ein soziales Netz legt (Lee, 2004, S. 323-331). Abbildung 26 zeigt den Zusammenhang zwischen Social Support und Kündigungsabsicht unter verschiedenen Niveaus des Bedürfnisses nach sozialer Anbindung.
Abbildung 26: Einfluss von sozialer Anbindung
auf Social Support und Kündigungsabsicht
Quelle: Lee, 2004, S. 326
4.3.4 Beziehungen zwischen den Einflussgruppen
Zwischen den einzelnen Einflussgruppen bestehen verschiedene Beziehungen. Diese werden
im Folgenden kurz aufgezeigt. Wo keine Beziehung aufgezeigt ist, wurden keine entsprechenden Ergebnisse gefunden (beispielsweise in der Beziehung zwischen gebotenem sozialen
Verhalten und Jobzufriedenheit). Diese fehlenden Zusammenhänge stellen eine mögliche Basis für zukünftige Forschungen dar. Die Erklärung der Zusammenhänge wird möglichst kurz
43
gehalten, da dies im Rahmen der Arbeit aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge nicht
machbar wäre.

Gebotenes soziales Verhalten – Grösse und Stärke des sozialen Netzes: Sozialisationstaktiken wie beispielsweise das Bieten von Unterstützung durch erfahrenen Mitarbeitern stärken die Job-Einbettung und damit das soziale Netz von Anfängern (Allen,
2006, S. 247).

Gebotenes soziales Verhalten – Stressfaktoren: Wird ein Mitarbeiter oft nach Hilfe
gebeten, fällt für ihn viel zusätzlicher Arbeitsaufwand an, welcher zu einer Überlastung führen kann (Soltis et al., 2013, S. 567).

Gebotenes soziales Verhalten – Fluktuationskultur: Co-worker Support mindert die
Fluktuation und die Kündigungsabsicht von Mitarbeitern (Fisher, 1985, S. 47). Bietet
ein Arbeitnehmer A also Co-worker Support an seine Arbeitskollegen, dann kann er
die Menge an Fluktuation und kontraproduktivem Verhalten, welchem er ausgesetzt
ist, mindern.

Grösse und Stärke des soziales Netzes – gebotene soziale Unterstützung: Das Vorhandensein eines grossen und starken sozialen Netzes bringt die Möglichkeit mit sich,
mehr Co-worker Support anzubieten (Friedman & Holtom, 2002, S. 416).

Grösse und Stärke des sozialen Netzes - Fluktuationskultur: Allen (2006, S. 251),
Felps et al. (2009, S. 552+557) und Mitchell et al. (2001, S. 1116) fanden heraus, dass
sowohl individuelle Job-Einbettung, als auch diejenige auf Gruppenlevel einen negativen Einfluss auf die freiwillige Fluktuation haben.

Grösse und Stärke des sozialen Netzes – Jobzufriedenheit: Mueller und Price (1990, S.
331) zeigten, dass die Kohäsion einer Arbeitsgruppe zu höherer Jobzufriedenheit
führt.

Grösse und Stärke des sozialen Netzes – organisationales Commitment: Die Kohäsion
einer Arbeitsgruppe hat laut Mueller und Price (1990, S. 331) auch einen positiven
Einfluss auf das organisationale Commitment. Bei dieser Variable war der Effekt jedoch weniger signifikant, als dies beim Einfluss auf die Jobzufriedenheit der Fall war.

Fluktuationskultur – Grösse und Stärke des sozialen Netzes: Ist die Fluktuationsrate
eines Unternehmens hoch, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass enge Freunde eines Arbeitnehmers das Unternehmen verlassen. Dadurch wird sein soziales Netz abgeschwächt (Krackhardt & Porter, 1985, S. 247).
44

Fluktuationskultur – Stress: Verlässt ein Arbeitskollege ein Unternehmen, stellt das
für seine Kollegen einen Schock dar, welcher Stress auslösen kann (Lee & Mitchell,
1994, S. 60).

Jobzufriedenheit – Organisationales Commitment: Zwischen Jobzufriedenheit und organisationalem Commitment besteht eine positive Wechselbeziehung (Felps et al,
2009, S. 552; Mor Barak et al., 2006, S. 561).

Organisationales Commitment – gebotenes soziales Verhalten: Organisationales
Commitment wirkt sich positiv auf gebotenes Hilfsverhalten aus. Diese Beziehung
stellte sich jedoch nur als schwach signifikant heraus (Deckop et al., 2003, S. 109).

Stressfaktoren – Organisationales Commitment: Stress wirkt sich negativ auf das organisationale Commitment aus (Mor Barak et al, 2006, S. 562). Fisher (1985, S. 50)
fertigte eine Studie über Krankenschwerstern an, welche erst seit kurzer Zeit in ihrem
Beruf waren. Dabei entdeckte sie, dass viel soziale Unterstützung (sowohl durch Vorgesetzte, als auch durch Co-worker) den negativen Zusammenhang zwischen Stress
und organisationalem Commitment verstärkte. Die Hypothese dazu war genau umgekehrt: Sie ging eigentlich davon aus, dass Social Support diesen Zusammenhang etwas
mindern würde. Da gerade mal zwei aus insgesamt 26 Interaktionen signifikant waren,
besteht durchaus die Möglichkeit, dass es sich um Zufall handelt. Grund für diesen
Zusammenhang könnte sein, dass die Untersuchung an Anfängern durchgeführt wurde. Diese benötigen Social Support ohnehin und unabhängig davon, ob eine Stresssituation vorliegt oder nicht, da sie mit ihren Aufgaben noch zu wenig vertraut sind. So
übermannt der direkte Effekt der sozialen Unterstützung auf das organisationale
Commitment wohl den indirekten Effekt. Trotzdem ist es auch möglich, dass Social
Support einen dysfunktionalen Effekt aufweist.

Stressfaktoren – Fluktuationskultur: Stresssituationen fördern freiwillige Fluktuation
(Fisher, 1985, S. 47).

Stressfaktoren - Jobzufriedenheit: Schwierigkeiten bei der Arbeit, welche Stress auslösen, wirken sich negativ auf die Jobzufriedenheit eines Arbeitnehmers aus (Mansell et
al., 2006, S. 93; Mor Barak et al., 2006, S. 560). Co-worker Support mindert den positiven Effekt, welchen Stressfaktoren auf die Jobzufriedenheit haben. (Bowling et al.,
2004, S. 345).
45
4.4 Fazit
Zwischen Co-worker Support, der Kündigungsabsicht von Mitarbeitern und den untersuchten
Einflussgruppen bestehen vielfältige Beziehungen. Der Co-worker Support wirkt sich direkt
auf die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers aus, genauso wie sich die Kündigungsabsicht
auf den Co-worker Support auswirkt. Diese direkten Effekte sind jedoch nicht die einzigen in
dieser Wechselbeziehung. Co-worker Support und Kündigungsabsicht beeinflussen einander
über verschiedenste Einflussgruppen auch indirekt. Abbildung 27 zeigt alle in dieser Arbeit
behandelten direkten und indirekten Beziehungen zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht. Grüne Pfeile stehen für eine positive Beziehung (mehr führt zu mehr), während
rote Pfeile für einen negativen Zusammenhang stehen (mehr führt zu weniger). Damit die
Abbildung nicht zu unübersichtlich wird, wurde der Einfluss der Verteilungsgerechtigkeit
(Abschnitt 4.3.2) auf die direkte Beziehung zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht nicht eingezeichnet.
46
Abbildung 27: Übersicht über die behandelten Zusammenhänge
Quelle: Eigene Darstellung
47
5 Handlungsempfehlungen
In Kapitel 3 wurden die wichtigsten Grundlagen über freiwillige Fluktuation, Kündigungsabsicht und Social Support aufgezeigt. Die Beziehungen, welche zwischen Co-worker Support
und Kündigungsabsicht bestehen, sowie Einflüsse darauf, wurden in Kapitel 4 erklärt. Kapitel
5 soll nun an diese Basis anknüpfen und verdeutlichen, wie die gefundenen Ergebnisse dazu
genutzt werden können, die Kündigungsabsicht in einem Unternehmen nachhaltig zu verringern.
Da die in Kapitel 4 behandelten Faktoren alle stark miteinander vernetzt sind, gibt es verschiedene mögliche Punkte, an denen für die „Bekämpfung“ der Kündigungsabsicht und der
freiwilligen Fluktuation angesetzt werden kann. Gegliedert werden die möglichen Interventionspunkte danach, welche Faktorgruppe aus Kapitel 4 (gebotener Co-worker Support, Grösse
und Stärke des sozialen Netzes, Fluktuationskultur, Jobzufriedenheit, organisationales Commitment, Stressfaktoren) sie primär beeinflussen.
5.1 Co-worker Support und Grösse und Stärke des sozialen Netzes
Um die Anzahl freiwilliger Kündigungen zu vermindern, schlagen Felps et al. (2009, S. 557558) die Steigerung von individueller Job-Einbettung und Job-Einbettung auf Gruppenebene
vor. So wird einerseits der Kündigungswunsch des Mitarbeiters selbst etwas vermindert, anderseits wollen auch seine Arbeitskollegen, dass er bleibt und halten ihn nach Möglichkeit
von einer Kündigung ab. Allen (2006, S. 251) konnte zeigen, dass beispielsweise Taktiken
zur kollektiven Sozialisation die Job-Einbettung steigern konnten. Es geht dabei hauptsächlich darum, das kollektive Lernen im Unternehmen zu fördern und so die individuelle Einbettung und diejenige auf Gruppenebene zu verstärken. Eine höhere Job-Einbettung könnte auch
„off-the-job“ generiert werden (Felps et al., 2009, S. 558). Da sich diese Arbeit jedoch in erster Linie auf Faktoren innerhalb des Unternehmens konzentriert, wird darauf nicht näher eingegangen.
Friedman und Holtom (2002, S. 415-417) sehen verschiedene Möglichkeiten, wie die Kündigungsabsicht von Mitarbeitern (besonders auf Manager-Level) verringert werden kann. Einerseits sollten Netzwerkgruppen für Mitarbeiter, welche eine Minderheit darstellen (beispielsweise Frauen in einer Branche, in der typischerweise eher Männer arbeiten), unterstützt werden. Gelingt es nicht, Netzwerkgruppen zu bilden, sollte der Fokus auf die Job-Einbettung
gelegt werden. Pomaki et al. (2010, S. 1345) heben hervor, dass mehr Zeit und Möglichkeiten
48
für Interaktionen mit Co-workern geschaffen werden sollten, um das soziale Netz zu stärken.
Beispielsweise kann durch informelle Kommunikation eine Verbindung hergestellt werden,
die im Anschluss zu Co-worker Support auf professioneller Ebene führt.
Fisher (1985, S. 51) fand heraus, dass zwischen dem Social Support (sowohl durch Coworker, als auch durch Vorgesetzte), welcher ein neuer Arbeiter bekommt und dem Grad, wie
schnell er in die Unternehmung und deren Communities eingebunden ist, eine Beziehung besteht. Je schneller dieser neue Mitarbeiter eingebunden ist, desto eher hat auch er die Möglichkeit, Co-worker Support an andere zu bieten, was wiederum den anderen Mitarbeitern
zugutekommt. Sie unterstreicht, es sollten Möglichkeiten für Kontakte zu Vorgesetzten und
erfahrenen Co-workern geboten werden (z.B. über Mentoring Programme oder BuddySysteme).
Co-worker Support kann die Kündigungsabsicht eines Mitarbeiters verringern. Verantwortliche sollten also das Bieten von sozialer Unterstützung innerhalb eines Unternehmens oder
einer Gruppe kultivieren. Beispielsweise können Events und Aktivitäten durchgeführt werden, die dabei helfen, ein unterstützendes Netzwerk zu bilden (Lee, 2004, S. 331). Auch Mor
Barak et al., 2001, S. 655) sehen einen Vorteil in Gruppen, wo Unterstützung durch Arbeitskollegen ausgetauscht werden kann.
Wie bereits aufgezeigt wurde, hilft freiwilliger (ausserhalb des eigentlichen Geschäftsablaufes) Co-worker Support besser gegen Kündigungsabsichten, als Co-worker Support, der vom
Unternehmen verlangt wird. Deshalb ist es wichtig, dass das Management hilft, informelle
Verbindungen ausserhalb des normalen Geschäftsflusses zu bilden. Soltis et al. (2013, S. 578)
denken dabei an Übungsgruppen, Mentoring Programme, informelle Komitees, aber auch an
online Wissensaustauschprogramme.
Um denjenigen Teil der Fluktuation unterbinden zu können, der bei Mitarbeitern entsteht, die
viel nach Rat und Hilfe gefragt werden, kann die Informationsüberflutung wichtiger Mitarbeiter vermindert werden. Wird beispielsweise die interne Informationssuche vereinfacht und
effizienter gemacht (z.B. unterstützt durch Wissens-Management-Systeme), werden Schlüsselmitarbeiter weniger mit Hilfeanfragen belastet. Sollte einer dieser wichtigen Mitarbeiter
trotzdem das Unternehmen wechseln wollen, bleibt ein Teil des Wissens weiterhin abrufbar
(Soltis et al., 2013, S. 578).
49
Als wichtiger Punkt im Zusammenhang mit Co-worker Support und Kündigungsabsicht wurde die Verteilungsgerechtigkeit genannt (siehe Kapitel 4.3.2). Der Aufbau eines Systems,
welches Co-worker Support zu erkennen und entsprechend zu entlohnen (monetär, aber auch
nicht-monetär) hilft, ist zentral. Eine gute Methode hierbei ist das 360-Grad-Feedback (Soltis
et al., 2013, S. 578). So haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, den Vorgesetzten ihre geleistete
Co-worker Unterstützung aufzuzeigen und so deren sogenannte „blinde Flecken“ aufzudecken
(Reissig, 2011, S. 30).
5.2 Fluktuationskultur
Die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers kann auch gehemmt werden, indem die allgemeine Menge an Fluktuation in einem Unternehmen oder einer Abteilung vermindert wird.
Beispielsweise kann das Sprechen über andere Mitarbeiter, die auf Jobsuche sind, während
der Arbeitszeit verboten werden, so dass das Verbreiten dieser Information und dadurch das
Aufkommen von Kündigungsabsichten bei anderen Mitarbeitern gehemmt werden. Doch ein
alleiniges Verbot darüber zu sprechen, kann auch zu Groll und Sabotage führen (Felps et al.,
2009, S. 558). Wird unproduktives Verhalten, welches auf Kündigungsabsichten hindeuten,
konsequent verboten und falls nötig bestraft, wäre es laut Meinung des Autors ebenfalls möglich, die Verbreitung solcher Verhaltensweisen in einer Unternehmung zu unterbinden und so
die allgemeine Fluktuationskultur zu beeinflussen. Doch auch hier hätte ein zu harsches Vorgehen aus Sicht des Autors negative Konsequenzen.
Taktiken zur Job-Einbettung auf Gruppenebene, wie sie in Abschnitt 5.1 diskutiert wurden,
werden indirekt die allgemeine Menge an Kündigungsabsicht und Fluktuationsverhalten in
einem Unternehmen oder einer Abteilung senken, da die Einbettung von Arbeitskollegen deren Kündigungsabsichten mindert.
Die Mitarbeiterselektion hat einen grossen Einfluss auf die Fluktuationskultur in einem Unternehmen. Barrick und Zimmermann (2005, S. 164) haben herausgefunden, dass einige Arbeitnehmer schon vor dem Beginn eines neuen Jobs eine bestimmte Kündigungsabsicht haben. Kündigungsabsichten und freiwillige Fluktuation solcher Arbeitnehmer können verhindert werden, in dem bei der Mitarbeiterselektion vermehrt auf gewisse Charaktereigenschaften, Hintergründe und die Vergangenheit der Bewerber geachtet wird.
50
5.3 Jobzufriedenheit und organisationales Commitment
Jobzufriedenheit und organisationales Commitment sind zwei Faktoren, welche durch verschiedenste Massnahmen beeinflussbar sind. Als grosser Einfluss auf die Jobzufriedenheit
werden oft die Merkmale des Jobs genannt. So auch in einer Studie von Hytti, Kautonen und
Akola (2013, S. 2047) über Angestellte und Selbstständige in Finnland. Eigenständigkeit, die
Bedeutung der Aufgabe und die Vielfalt der Aufgaben haben alle einen positiven Einfluss auf
die Zufriedenheit eines Arbeitnehmers. Auch die Menge an Feedback, welches von Coworkern und Vorgesetzten geboten wird, beeinflusst die Jobzufriedenheit. Die Jobzufriedenheit der Mitarbeiter kann also gesteigert werden, indem die entsprechenden Merkmale der
Arbeit und die Feedback-Kultur im Unternehmen verbessert werden.
Laut Mansell et al. (2006, S. 102) kann die Jobzufriedenheit eines Arbeitnehmers gesteigert
werden, in dem mehr Unabhängigkeit, mehr Vorgesetztensupport und mehr positive Erfahrungen in Bezug auf den Job geboten werden. Zumindest die ersten zwei Punkte können
durch entsprechende Strukturierungen gefördert werden. Nach Meinung des Autors könnten
beispielsweise regelmässige Feedback-Gespräche zwischen Vorgesetztem und Arbeitnehmer
eingeführt werden, um so die allgemeine Menge an Unterstützung durch Vorgesetzte zu steigern.
Die Lernkultur eines Unternehmens beeinflusst das organisationale Commitment eines Arbeitnehmers. Die talentiertesten Mitarbeiter suchen sich Arbeitgeber, bei welchen sie möglichst viel dazu lernen können. Der beste Effekt auf das organisationale Commitment kann
erzielt werden, wenn die starke Lernkultur mit Support durch Vorgesetzte kombiniert wird
(Islam et al., 2013, S. 333).
Organisationales Commitment von Managern kann gestärkt werden, in dem das Unternehmensimage verbessert wird. Besonders bei jungen Managern scheint dieser Punkt bedeutend
zu sein (Guerrero & Herrbach, 2009, S. 1550).
Das organisationale Commitment lässt sich wie die Jobzufriedenheit durch Unterstützung von
Vorgesetzten stärken (Mor Barak et al., 2006, S. 569). Da die Vorgesetzten anscheinend einen
grossen Einfluss auf das Netz der Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und
Kündigungsabsicht haben, sollte die Selektion dieser Mitarbeiter genau durchdacht sein. Viele
Unternehmen bieten zwar regelmässig Trainings für Vorgesetzte an, jedoch werden diese oft
51
aufgrund ihres Alters und ihrer politischen Beziehungen, anstatt ihrer Skills eingestellt und
befördert.
5.4 Stressfaktoren
Da sich Stress positiv auf die Kündigungsabsicht eines Arbeitnehmers auswirkt, kann durch
weniger Stress auch die Kündigungsabsicht etwas eingedämmt werden. Das Projektmanagement gehört zu den stressigsten Jobs. Einerseits muss mit neuen, unbekannten Kollegen zusammengearbeitet werden, andererseits ist die Struktur des Projekts zu Beginn oft unklar, der
Kontext des Projekts ist unbekannt und es besteht hoher Zeitdruck (Berg & Karlsen, 2013, S.
53). Eine Studie von Berg und Karlsen (2013, S. 55+58) zeigt, dass Projektmanager von der
Anwendung von Coaching-Tools zur Eindämmung von wahrgenommenem Stress profitieren
können. Dabei wird an Methoden wie eigenem positiven Zureden, Visualisierungen, das Setzen klarer Ziele, Feedback, selbst-Coaching und andere gedacht. Will ein Unternehmen also
den wahrgenommenen Stress von Arbeitsnehmer und dadurch deren Kündigungsabsicht mindern, kann das Einführen und Unterrichten von Coaching-Tools helfen.
5.5 Fazit
Da zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht und deren Einflussfaktoren viele
Wechselbeziehungen bestehen, kann eine Unternehmung an vielen Punkten anknüpfen, wenn
sie die Kündigungsabsichten ihrer Mitarbeiter mindern will. Es ist praktisch unmöglich, seine
Mitarbeiter dazu zu „zwingen“, Co-worker Support anzubieten (ausserdem hätte dieser
Zwang aus Sicht des Autors höchstwahrscheinlich viele negative Nebeneffekte). Dennoch
gibt es viele Methoden, wie eine Unternehmung seine Mitarbeiter dazu bringen kann, vermehrt freiwillig Co-worker Support zu bieten und dadurch die Kündigungsabsichten ihrer
Arbeitskollegen einzuschränken.
Auch auf die Kündigungsabsicht ihrer Arbeitnehmer hat eine Unternehmung kaum direkten
Einfluss. Es können aber negative Effekte, welche eine Kündigungsabsicht zur Folge haben
könnten, eingedämmt werden. Beispielsweise in dem den Mitarbeitern geholfen wird, besser
mit Stress umzugehen.
Aufgrund der starken Verflechtung der einzelnen Faktoren kann eine kleine Änderung vielschichtige Auswirkungen nach sich ziehen. Es empfiehlt sich deshalb, Änderungen in inkrementellen Schritten zu vollziehen, so dass die entstandenen Veränderungen den jeweiligen
Massnahmen zugerechnet werden können.
52
6 Abschliessende Beurteilung
6.1 Zusammenfassung / Schlussfolgerungen
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, einen wissenschaftlichen Beitrag zum Verständnis von
Co-worker Support, der Kündigungsabsicht von Mitarbeitern und deren Wechselbeziehungen
zu leisten. Dazu sollten auch Handlungsempfehlungen für Unternehmen verfasst werden, um
die Kündigungsabsicht ihrer Mitarbeiter zu reduzieren.
Die Grundlagen dazu wurden in Kapitel 2 und 3 erarbeitet. Es wurden die wichtigsten Begriffe definiert und erklärt, wie die Folgen hoher Fluktuation für Unternehmen aussehen. Anschliessend wurde ein Überblick über den bisherigen Forschungsstand in den relevanten
Themengebieten geboten: Einerseits der Forschung über die Kündigungsabsicht und Fluktuation von Mitarbeitern, andererseits der Forschung über soziale Unterstützung. Dabei wurde
ersichtlich, dass unterschiedlichste Modelle über Fluktuation entwickelt worden sind und dass
soziale Unterstützung oft mit dem Begriff der „Reziprozität“ in Verbindung gebracht worden
ist.
In Kapitel 4 wurden einerseits die direkten Beziehungen zwischen Co-worker Support und
Kündigungsabsicht aufgezeigt, andererseits wurden Einflussfaktoren untersucht, welche auf
diese Hauptfaktoren und deren Wechselbeziehungen Einfluss ausübten. Es resultierte eine
Übersicht, aus der die Zusammenhänge ersichtlich sind (Abschnitt 4.5). Die direkten Effekte
von Co-worker Support und Kündigungsabsicht aufeinander sind dabei negativ: Mehr Coworker Support führt also zu einer niedrigeren Kündigungsabsicht. Eine höhere Kündigungsabsicht zu niedrigerem Co-worker Support (erhaltenem Support genauso wie gebotenem Support). Tabelle 3 zeigt nochmals, wie die verschiedenen Einflussfaktoren auf den Co-worker
Support und die Kündigungsabsicht wirken. „+“ steht dabei für eine positive Beziehung, „-“
beschreibt einen negativen Zusammenhang. „/“ zeigt, wo im Rahmen dieser Arbeit kein eindeutiger Zusammenhang gefunden werden konnte.
53
Einflussfaktor
Co-worker Support
Kündigungsabsicht
Gebotenes soziales Verhalten
+
+
Grösse und Stärke des sozialen Netzes
/
-
Fluktuationskultur
-
+
Jobzufriedenheit
+
-
Organisationales Commitment
+
-
Stressfaktoren
/
+
Tabelle 3: Zusammenfassung der Einflussfaktoren auf Co-worker Support und Kündigungsabsicht
Quelle: Eigene Darstellung
In Kapitel 5 wurden schliesslich Handlungsanweisungen für Unternehmen formuliert. Da sich
in Kapitel 4 herausgestellt hatte, dass alle erarbeiteten Einflussfaktoren miteinander sowie mit
Co-worker Support und Kündigungsabsicht verwoben sind, kann die „Bekämpfung“ von
Kündigungsabsichten an vielen Stellen begonnen werden. Im Bereich des sozialen Netzes und
des gebotenen sozialen Verhaltens ist die Job-Einbettung zentral. Um diese zu erhöhen, gibt
es verschiedenste Methoden wie beispielsweise Buddy-Systeme. Die Fluktuationskultur kann
hingegen durch die Mitarbeiterselektion stark beeinflusst werden, da viele Arbeitnehmer
schon vor dem Beginn einen neuen Arbeit einen Kündigungswunsch verspüren. Jobzufriedenheit und organisationales Commitment schliesslich lassen sich beispielsweise gut durch
verstärkte Unterstützung durch Vorgesetzte und die Unternehmung erhöhen. Coaching-Tools
stellten sich als effektive Methode heraus, um den wahrgenommenen Stress von Mitarbeitern
aktiv zu verringern.
6.2 kritische Beurteilung
Fluktuation und Kündigungsverhalten sind Begriffe für unterschiedliche Phänomene. Auch
wenn sie viele Ähnlichkeiten aufweisen, werden sie nicht immer von denselben Faktoren beeinflusst. Obwohl es inzwischen einige Studien über Kündigungsabsichten gibt, wurde in einem Grossteil der Studien über solche Themen die tatsächliche, freiwillige Fluktuation untersucht. Ein Vorteil der Untersuchung der freiwilligen Fluktuation ist, dass diese besser gemessen werden kann. Hier zeigt sich eine Schwäche der vorliegenden Untersuchung und der Forschung über Kündigungsabsicht und Fluktuation im Allgemeinen: Die „Kündigungsabsicht“
ist nur subjektiv messbar, wodurch die Ergebnisse stark verfälscht werden können, nimmt
54
doch jede Person verschiedene Situationen etwas anders wahr. Da die tatsächliche Fluktuation
in einem Unternehmen genauso eine Wirkung auf das Netzwerk der Einflussfaktoren hat, wie
die Kündigungsabsicht, wurde die tatsächliche Fluktuation immerhin als Einflussfaktor auf
Kündigungsabsicht und Co-worker Support eingebaut.
Auch im Bereich der sozialen Unterstützung gab es Abgrenzungsschwierigkeiten. In einem
Grossteil der analysierten Studien wurde nicht klar formuliert, wer als Co-worker gesehen
wird, beziehungsweise war teilweise nicht eindeutig klar, ob nur Co-worker Support oder
auch Support durch Vorgesetzte untersucht wurde. Als Folge davon mussten einige Studien
aussortiert werden und bei der Definition von Co-worker Support auf eine Arbeit aus dem
Jahre 1985 zurückgegriffen werden.
In Bezug auf Abschnitt 3.1 muss festgehalten werden, dass die vorgestellten Modelle die Entstehung von freiwilliger Fluktuation, nicht von Kündigungsabsicht erklären. Jedoch gilt es
hier anzumerken, dass vier der fünf Modelle das Konzept der Kündigungs- oder Bleibeabsicht
beinhalten (Abschnitt 3.1.2 - 3.1.5). Die Theorien zur sozialen Unterstützung in Abschnitt 3.2
beschreiben das Aufkommen von allgemeinem Social Support (durch Co-worker, Familie,
Vorgesetzte etc.), nicht explizit und dezidiert den Co-worker Support. Es werden jedoch innerhalb des betreffenden Kapitels Studien erwähnt, die zeigen, dass Co-worker Support diesen Theorien folgt.
Besonders kritisch ist die Vereinfachung der Einflussfaktoren in Abschnitt 4.3. Die gefundenen Konzepte wurden in Cluster eingeteilt, um sechs Haupteinflussgruppen zu bilden. Auch
wenn die Konzepte, welche zusammengefasst wurden, ähnliche Themen behandelten, gab es
feine Unterschieden in den Definitionen. Diese Unterschiede gingen beim Zusammenfassen
verloren, wodurch eventuell auch wichtige Informationen eingebüsst wurden. Vorteil dieses
Vorgehens ist die gesteigerte Übersichtlichkeit der Zusammenhänge. Gleichzeitig wurden
demographische Faktoren nur am Rande erwähnt. Die vollständige Untersuchung dieser Faktoren hätte der Rahmen der Arbeit gesprengt, da sie teils direkt, teils indirekt auf die verschiedenen Einflussfaktoren, den Co-worker Support und die Kündigungsabsicht wirken.
Da der Einfluss einer Kündigungsabsicht auf den gebotenen und vor allem auf den wahrgenommenen Co-worker Support kaum untersucht wurde, stellte der Autor für diesen Einfluss
einige Hypothesen auf, für die keine entsprechenden Studienergebnisse gezeigt werden konnten. Dies ist sicherlich ein guter Ansatzpunkt für zukünftige Forschungen.
55
Das Netz der Einflüsse, welches im Rahmen der Arbeit entworfen wurde, enthält einige Lücken. Es gibt Faktoren, zwischen welchen keine Einflüsse gefunden werden konnten. Dies
heisst noch lange nicht, dass zwischen diesen Faktoren tatsächlich keine direkten Einflüsse
bestehen. Ausserdem wurden einige Einflüsse auf Basis einzelner Studien in die Arbeit aufgenommen, da nicht mehr entsprechende Beweise gefunden werden konnten. Diese Ergebnisse könnten zu verfälschter Wahrnehmungen führen, da sie beispielsweise nur für eine bestimmte Branche gelten. Für die fehlenden Zusammenhänge wurden keine Hypothesen aufgestellt, da dies im Rahmen der Komplexität dieses Netzes ohne Verfälschungen kaum möglich
gewesen wäre.
Eine weitere Schwäche dieser Arbeit ist die Vernachlässigung von Veränderungen. Der
Mensch hat sich in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem auf sozialer Ebene rasant
weiterentwickelt. Aber auch die Art der Aufgaben, welche es in einem Unternehmen zu erledigen gibt, ist nicht mehr dieselbe (Holtom, Mitchell, Lee & Interrieden, 2005, S. 349). Heute
sind Berufe viel mehr wissensbasiert, als dies vor einigen Jahren der Fall war. In dieser Arbeit
wurde vernachlässigt, inwieweit sich die Anforderungen, welche ein Arbeitnehmer an seinen
Arbeitsplatz und seine Co-worker hat, in den vergangenen Jahren verändert haben. Um dieses
Problem etwas abzuschwächen, wurde darauf geachtet, immer möglichst aktuelle empirische
Resultate zu suchen.
Die gemachten Handlungsempfehlungen sind nicht abschliessend. Es wurden bloss einige
Beispiele genannt, wie auf Co-worker Support und Kündigungsabsicht Einfluss genommen
werden kann. Da primär die Einflussgruppen von verschiedensten organisationalen und persönlichen Faktoren abhängen, ist eine abschliessende Auflistung der Handlungsmöglichkeiten
praktisch unmöglich. Ausserdem wurden bei den Handlungsempfehlungen mögliche negative
Effekte nicht weiter untersucht. Die Wahrscheinlichkeit solcher Effekte ist aufgrund der starken Verflechtung aller dieser Einflussfaktoren sehr hoch.
Ein Grossteil der für diese Arbeit verwendeten Literatur besteht aus empirischen Studien aus
den letzten 15 Jahren. Wo nicht anders möglich, wurden auch ältere Studien zitiert. Dies jedoch hauptsächlich zur Erklärung der bisherigen Forschungen. Ein Grossteil dieser Forschungsergebnisse ist einige Jahre her (beispielsweise die Social Exchange Theorie von Blau
aus den 70er Jahren). Die Tatsache, dass die in Kapitel 3 vorgestellten Theorien und Modellen
in heutigen empirischen Studien zitiert und statistisch überprüft werden, zeigt, dass die Theorien und Modelle noch immer als realitätsnah angesehen werden. Die wenigen Bücher, wel56
che in der Arbeit zitiert wurden, behandeln die Grundideen dieser alten Theorien und Modelle.
6.3 Ausblick
Die starke Vernetzung der verschiedenen Einflussfaktoren und die enge Abgrenzung der vorliegenden Arbeit lassen viele Fragen für die zukünftige Forschung in diesem Gebiet offen.
Wie bereits erwähnt wurde, muss der Einfluss von demographischen Faktoren auf die gefundenen Zusammenhänge genauer untersucht werden. Wie wirkt beispielsweise die Zugehörigkeitsdauer eines Mitarbeiters auf den Co-worker Support, welchen er bietet? Nimmt er Hilfeleistungen nach einigen Jahren anders wahr als zu Beginn seiner Karriere? Und wie wirkt sich
die lange Zeit bei einem Arbeitgeber auf die Kündigungsabsicht aus? Hat Co-worker Support
am Anfang einen stärkeren Einfluss auf die Kündigungsabsicht als nach einigen Jahren? Alleine zur Zugehörigkeitsdauer gibt es viele Fragen zu klären. Dasselbe gilt für andere demographische Faktoren wie: Alter, Geschlecht, Herkunft etc. Bereits Lee und Mitchell (1994, S.
54) haben darauf aufmerksam gemacht, dass Arbeitnehmer aus verschiedenen Bevölkerungsschichten andere personelle und organisationale Faktoren als wichtig ansehen.
In Abschnitt 6.2 wurde bereits erklärt, dass Veränderungen im sozialen Denken und der Arbeiten in einem Unternehmen erforscht werden können. Auch in diesem Bereich gibt es extrem viel herauszufinden. In einem ersten Schritt muss evaluiert werden, was genau sich verändert hat. Erst anschliessend kann danach gesucht werden, wie sich diese Veränderungen auf
die Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht ausgewirkt
haben. Besonders hier wäre es nach Meinung des Autors interessant, Hypothesen aufzustellen, wie sich zukünftige Veränderungen wohl auf diese Beziehungen auswirken.
Der Einfluss einer Kündigungsabsicht auf den gebotenen Co-worker Support wurde bisher
wenig untersucht. Solche Untersuchungen könnten wichtige Ergebnisse hervorbringen, denn
vollständig kann die Kündigungsabsicht nie verhindert werden, also ist es wichtig, möglichst
viel darüber zu wissen, um wenigstens die negativen Folgen davon im Griff zu haben. Pomaki
et al. (2010, S. 1345) unterstreichen ebenfalls die Wichtigkeit dieser Forschung. Sie stellen
die Hypothese auf, dass bei einem vorhandenen Kündigungswunsch weniger in die Beziehungen zu Co-workern investiert wird.
Auch gibt es einige Verbindungen zwischen den sechs durch den Autor zusammengefassten
Einflussgruppen selbst mit dem Social Support, der Kündigungsabsicht und deren Verbin57
dung, für welche bisher keine eindeutigen Ergebnisse gefunden werden konnten. Dies sind
sicherlich auch Ansatzpunkte für zukünftige Untersuchungen.
In direktem Bezug zu dieser Bachelorarbeit könnten die negativen Effekte der Handlungsempfehlungen untersucht werden. Coaching-Tools haben sich als stressmindernd herausgestellt, doch wie wirken sie auf die Jobzufriedenheit und das organisationale Commitment?
Ausserdem kann evaluiert werden, unter welchen Umständen welche Handlungsempfehlungen vorteilhaft sind.
Die Forschung über die Wechselbeziehungen zwischen Co-worker Support und Kündigungsabsicht könnte ausserdem ausgedehnt werden. Wie sehen die Beziehungen in anderen Arbeitsmodellen aus, wie beispielsweise bei Teilzeitangestellten, im Zusammenhang mit Homeoffices oder bei unbezahlter Arbeit im sozialen Bereich?
58
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