Der Prater – Vom kaiserlichen Jagdrevier zur großstädtischen

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Der Prater – Vom kaiserlichen Jagdrevier zur großstädtischen
Der Prater – Vom
kaiserlichen Jagdrevier
zur großstädtischen
Freizeitoase
Die Anlagen des Praters sind aus einer Vielzahl von
bewaldeten Inseln und Auwiesen entstanden, die durch
heute größtenteils versandete Donauarme getrennt
waren. Aufgrund seines Wildreichtums war der Prater
Schauplatz groß angelegter Jagdveranstaltungen des
Hofes und für die Allgemeinheit Sperrgebiet.
Eine kaiserliche Anordnung von 1687 betonte die Exklusivität
des Praters: „Niemandt alß waß Cavalliers und Dames“ durfte
den Prater betreten. Auch unter Maria Theresia war der Besuch
des Praters zunächst nur dem Adel erlaubt, der über eigene
Equipagen verfügen musste, da die Einfahrt für Mietkutschen
und Fiaker nicht gestattet war. Selbst der Adel musste sich an
strenge Besucherregelungen halten: Spazierfahrten waren nur
entlang der Hauptallee gestattet, um das Wild nicht zu
verscheuchen. Hunde durften ebenfalls nicht mitgenommen
werden, ausgenommen Schoßhündchen, welche „denen
Damesen erlaubt seyn sollen“. Aus dieser Zeit stammen
zahlreiche Klagen adeliger PraterbesucherInnen, die sich bitter
über die strenge Visitation und das grobe Benehmen der
Aufseher an den Einfahrtstoren beschwerten.
Auf Initiative von Joseph II. wurde 1766 der Prater für die
Allgemeinheit geöffnet. Bald siedelten sich Kaffeehäuser und
Wirtshäuser an. Am stadtseitigen Ende der Prateranlagen
entstand der Wurstelprater, der Rummelplatz von Wien, der
mit seinen Schaubuden und Attraktionen die Sensationsgier
und Vergnügungssucht der WienerInnen befriedigte. Im
Gegensatz zum Wurstelprater blieb die Gegend um das
Lusthaus als Nobelprater der besseren Gesellschaft Wiens als
Ziel für gepflegte Promenaden und Ausfahrten vorbehalten.
Der Prater wurde in der Folge Schauplatz spektakulärer
Großveranstaltungen. Hier seien die Stuwer’schen Feuerwerke
genannt, die dank ihrer kunstvollen Farbenpracht zahlreiche
Schaulustige anzogen. Ein besonderes Spektakel war das
Läuferfest, ein Wettkampf der herrschaftlichen Läufer. Diese
waren livrierte Lakaien, die vor den Equipagen liefen, um den
Weg freizumachen bzw. in der Dunkelheit zu beleuchten. Am 1.
Mai traten diese gegeneinander an, wobei es neben dem
sportlichen Wettstreit auch um das Prestige der adeligen
Dienstgeber ging.
Der ursprüngliche Prater als Teil der Aulandschaft entlang der
Donau wurde in der Folge flächenmäßig stark beschnitten: Die
Anlagen des Wurstelpraters, das Weltausstellungsgelände von
1873 samt der Rotunde an der Stelle des heutigen Wiener
Messegeländes und auch die diversen Sportanlagen wie
Trabrennplatz Krieau, Freudenauer Rennplatz, Stadionbad und
Praterstadion nahmen große Flächen in Anspruch. Trotzdem –
oder gerade deswegen – trägt der Prater als stadtnahes
Erholungsgebiet bis heute maßgeblich zur hohen
Lebensqualität der WienerInnen bei.
Autor
Martin Mutschlechner
Literatur
Buchmann, Bertrand M.: Der Prater. Die Geschichte des Unteren
Werd (=Wiener Geschichtsbücher 23), Wien/Hamburg 1979
Czeike, Felix: Historisches Lexikon Wien. (4 Bde), Wien 1995
Pemmer, Hans/Lackner, Ninni: Der Wiener Prater einst und jetzt
(Nobel- und Wurstelprater), Leipzig/Wien 1935
Zinsler, Erich: Das Lusthaus im Wiener Prater. Zur Geschichte
eines fast vergessenen Wiener Wahrzeichens (= Wiener
Geschichtsblätter, Beiheft 4), Wien 2000