Programmheft - Deutsche Akademie für Fußball

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Programmheft - Deutsche Akademie für Fußball
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Die Gala zur Preisverleihung
Samstag, 7. Oktober 2006, 18 Uhr
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Programm
Walther-Bensemann-Preis
Verleihung an Franz Beckenbauer
Würdigung durch die Jury:
Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister Stadt Nürnberg
Rainer Holzschuh und Karl-Heinz Heimann, kicker-Sportmagazin
Theophil Graband, easyCredit
„Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis
Verleihung an die beiden Preisträger Straßensport Ostfildern und
Edith-Stein-Schule Aichach
Würdigung durch den Vorsitzenden der Jury Prof. Dr. Dieter Jütting, Universität Münster
Preisverleihung durch Dr. Thomas Seng, Tessloff Verlag
Fußballbuch des Jahres
Die Auszeichnung für den Autor Jorge Valdano wird durch den Leiter des
Bombus-Verlags, Tobias Drews, entgegen genommen.
Würdigung durch den Vorsitzenden der Jury Dr. Christof Siemes, DIE ZEIT
Preisverleihung durch Theophil Graband, easyCredit
Juror Stefan Erhardt liest aus Jorge Valdanos prämiertem Buch „Über Fußball“.
Durch den Abend führen Sie
Katrin Müller-Hohenstein
geboren in Erlangen,
bekannt als Frontfrau
des „aktuellen sportstudios“ und Antenne
Bayern-Moderatorin
Jochen Hieber
Kulturredakteur der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung, zuletzt drei
Jahre lang Kulturbeauftragter
des FUSSBALL GLOBUS FIFA WM
2006 und Chefredakteur des
Magazins „ANSTOSS.“, der
Zeitschrift des Kunst- und Kulturprogramms der FIFA WM 2006.
Beide sind seit jeher eng
dem Fußball verbunden und
– nicht nur beruflich – häufig
in Fußballstadien anzutreffen
Fußballspruch des Jahres
Feuilletonistische Würdigung des Preisträgers Lukas Podolski durch den
Vorsitzenden der Jury, Christian Eichler, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die vier Preise wurden gestaltet vom Nürnberger Künstler Robert „Bubi“ Scholz.
Die Preise werden ins Spiel gebracht von jungen Talenten aus der Leistungssportklasse „Fußball“ der Bertolt-Brecht-Schule Nürnberg.
Impro-Theater: Deutsche Nationalauswahl des Theatersports
Katja Blüher
Verena Lohner
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Kerstin Radl
Während der Theatersport-Weltmeisterschaft 2006 spielten 16 ImprovisationsTeams aus aller Welt um die Gunst
des Publikums. Die Matches wurden
im Rahmen des Kunst- und Kulturprogramms zur FIFA WM 2006 in elf
deutschen Städten ausgetragen.
Katja Blüher (Halle/Saale), Verena
Lohner (Hannover) und Kerstin Radl
(Nürnberg) sind als Spielerinnen der
Deutschen Auswahl wettkampferprobt
und natürlich auch nach der WM
auf der Bühne aktiv. Heute geben
sie Ihnen einige Rätsel auf – rund
um den Fußballspruch des Jahres.
Uwe „Budde“
Thiem
Andrej
Lobanov
Norbert
Meyer-Venus
Werner
Treiber
Showband: Budde Thiem & Friends 11
Arrangiert von Budde Thiem
gibt die Formation akustische
Erinnerungsstücke an die
Fußball-Highlights der letzten
50 Jahre zum Besten.
Uwe „Budde“ Thiem (Piano),
Andrej Lobanov (Trompete),
Norbert Meyer-Venus (Bass)
und Werner Treiber (Schlagzeug) –
alle vier sind sie musikalische
Allrounder und arbeiten in unterschiedlichen Konstellationen von
Dinkelsbühl bis Nowosibirsk.
After-Match-Party im Foyer
• Get-Together mit Preisträgern, Juroren, Autoren
und Akademiemitgliedern
• 20 Uhr Public Viewing im großen Saal und auf
den Bildschirmen im Foyer:
Fußball-Länderspiel Deutschland – Georgien
• Happen und Getränke: Das Gelbe Haus Catering
• Fußball-Stand-Bilder mit Wolf Stein (im richtigen
Leben Comedy- und Zauberkünstler)
• Der Verlag Nürnberger Presse/kicker-Sportmagazin
präsentiert einen fotografischen WM-Rückblick.
• Signierstunde mit nominierten Autoren am
Büchertisch, mit freundlicher Unterstützung
durch Buchhaus CAMPE
• DJ Ädda von Radio Z
Inszenierung: Maren Zimmermann, Günter Joschko, Birgitt Glöckl
Bühnenbild und Ausstattung: Susanne Pische, Hartmut Ühlein, Christoph Zitzmann
Technik, Licht, Ton: Gunnar Tippmann und die MitarbeiterInnen der Tafelhalle
Management Tafelhalle: Michael Bader, Viola Krimmling
Wir danken unseren Partnern
Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur
Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur stellt sich vor
Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur wird getragen von der Stadt Nürnberg und dem
kicker-Sportmagazin, gefördert von „easyCredit“ und ist seit Oktober 2004 am Ball. Sie
begreift den Fußball als wichtigen Teil der Alltagskultur, will das Niemandsland zwischen
Sportteil und Feuilleton bespielen und so ein neues Kompetenzzentrum zu Themen jenseits
des reinen 1:0 etablieren – weit über die WM 2006 hinaus.
Seit dem „Testspiel“ Ende Oktober 2004 und dem Aufeinandertreffen von Schily und Stoiber,
Breitner und Urban Priol stehen immer wieder ungewöhnliche Begegnungen auf dem
Programm. Im April 2005 etwa bei „Fußball und Nation“ mit Bundestrainer Klinsmann und
Kulturtheoretiker Klaus Theweleit, Ende Juni 2005 beim Forum „Fans, Fairplay und
Fußballwerte“ zwischen Vertretern von Faninitiativen, DFB und Sicherheitsbehörden.
In der Spielzeit 2006 ging es u.a. um die Themen „Fußball im Nationalsozialismus“ und
„Frauen, Männer und der Fußball“ – und natürlich um die WM, als sich im Nürnberger
„Ballazzo“ ein KulturLounge-Programm während der gesamten Weltmeisterschaft um den
populärsten Kult unserer Zeit drehte: den Fußball.
Das Unterstützerteam der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur ist schon heute stark
besetzt: mit 19 namhaften Institutionen wie dem Land Bayern, Adolf Grimme- und GoetheInstitut, FAZ, ZEIT oder der Villa Massimo in Rom sowie aktuell 59 ausgewiesenen, per
Berufung gewonnenen Experten aus Sport, Kultur, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft.
Sie formieren den Beirat und die Mitglieder der Akademie (siehe unten).
www.fussball-kultur.org
Die Mitglieder der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur
Institutionen und ihre Vertreter
Stadt Nürnberg: Dr. Ulrich Maly
kicker-Sportmagazin: Rainer Holzschuh, Nürnberg
Land Bayern: Dr. Edmund Stoiber, München
Bayerischer Rundfunk: Prof. Dr. Thomas Gruber
Goethe-Institut: Prof. Dr. Jutta Limbach, München
Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.: Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bonn
Adolf-Grimme-Institut: Uwe Kammann und Heinz Günter Clobes, Marl
Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft: Prof. Dr. Bernd Strauß, Münster
Fraunhofer Gesellschaft: Prof. Dr. Heinz Gerhäuser, Erlangen/München
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Feuilleton: Andreas Platthaus, Frankfurt/Main
DIE ZEIT, Ressort Leben: Moritz Müller-Wirth, Hamburg
FussballD21 (Stiftung Jugendfußball): Jürgen Klinsmann und Rainer Zietsch, Nürnberg
Akademisches Fußball-Team der Uni Münster: Prof. Dr. Dieter H. Jütting, Münster
Institut für moderne Kunst Nürnberg: Manfred Rothenberger, Nürnberg
Kulturpolitische Gesellschaft: Dr. Norbert Sievers, Bonn und Axel Sedlack, Unna
Deutsche Akademie Rom Villa Massimo: Dr. Joachim Blüher, Rom
Bundesvereinigung soziokultureller Zentren: Bernd Hesse, Kassel und Rainer Bode, Münster
Evangelische Akademie Tutzing: Dr. Friedemann Greiner, Tutzing
„F_in“ Netzwerk Frauen im Fußball: Antje Hagel, Offenbach; Nicole Selmer, Hamburg;
Almut Sülzle, Marburg; Heidi Thaler, Wien
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Persönlichkeiten aus Fußball, Kultur,
Medien, Wissenschaft, Gesellschaft
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Prof. Dr. Jean-Christophe Ammann
Django Asül
Christoph Bausenwein
Marc Becker
Dr. Günther Beckstein
Bernd-M. Beyer
Christoph Biermann
Prof. Dr. Günter Blamberger
Hans Böller
Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Brüggemeier
Thomas Brussig
Anja Bühling
Friedrich Christian Delius
Gerd Dembowski
Jürgen Egger
Christian Eichler
Lutz Engelke
Stefan Erhardt
Jürgen Ertelt
Doris Fitschen
Oliver Fritsch
Bernd Gäbler
Prof. Dr. Gunter Gebauer
Prof. Dr. Hermann Glaser
Karl-Heinz Heimann
Dr. Markwart Herzog
Jochen Hieber
Prof. Dr. Guido Knopp
Günther Koch
Philipp Köster
In memoriam:
Kevin Coyne, † Dezember 2004,
Friedrich Karl Waechter , † September 2005
Renate Künast
Prof. Dr. Claudia Kugelmann
Erich Laaser
Prof. Dr. Manfred Lämmer
Jürgen Leinemann
Matti Lieske
Corny Littmann
Dr. Peter März
Dr. Markus Merk
Norbert Niclauss
Prof. Dr. Gunter A. Pilz
Urban Priol
Prof. Dr. Horst-Eberhard Richter
Prof. Dr. Karl Riha
Moritz Rinke
Otto Schily
Johann-G. Schlüper
Gerd Schmelzer
Renate Schmidt
Dirk Schümer
Dietrich Schulze-Marmeling
Dr. Norbert Seitz
Dr. Christof Siemes
Dirk Storck
Prof. Dr. Klaus Theweleit
Pfr. Hans-Georg Ulrichs
Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner
Dr. Uwe Wiemann
Arnd Zeigler
Der Deutsche Fußball-Kulturpreis 2006
Der Deutsche Fußball-Kulturpreis 2006
Mit dem Deutschen Fußball-Kulturpreis werden Leistungen auf verschiedenen
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Feldern der Fußball-Kultur honoriert. Der Preis wird von der Deutschen Akademie
für Fußball-Kultur verliehen. Zukünftig alljährlicher Höhepunkt im Programm,
findet die Gala zur Preisverleihung im WM-Jahr 2006 erstmals statt.
In diesem Jahr gibt es Auszeichnungen in folgenden vier Kategorien:
Spielregeln
Die Vergabeverfahren zu den einzelnen Preiskategorien unterscheiden
sich im Detail. Grundsätzlich aber galten folgende Kriterien:
Bewertungszeitraum
Die Preise waren zeitlich bezogen auf Leistungen innerhalb einer „Saison“ –
für die Erstvergabe bedeutete dies den Zeitraum von August 2005 bis Ende
Juli 2006, also bis kurz nach dem Finale der Fußball-Weltmeisterschaft.
Vorschlagsrecht für Preisträger
Alle Mitglieder und Vertreter im Beirat der Akademie konnten Preiskandidaten
vorschlagen – in jeder Preiskategorie. Eine kurze schriftliche Begründung sowie
Hinweise auf weiterführende Informationen – z. B. im Internet – waren erwünscht.
Die Vorschläge wurden von der Geschäftsstelle aufbereitet und in geeigneter
Form publiziert, u.a. auf der Akademie-Homepage www.fussball-kultur.org.
Vorschlagsrecht für Externe
Auch externe Freunde der Fußball-Kultur hatten die Möglichkeit, Vorschläge einzureichen. Bei der Preisvergabe 2006 galt dies zunächst nur für die
Kategorie „Fußballspruch des Jahres“. Eine weitere, umfassende Beteiligung
der interessierten Öffentlichkeit ist für die nächsten Jahre vorgesehen.
Fachjury für jeden Preis
Die Kür der Preis-Kandidaten in den einzelnen Kategorien erfolgte
durch eine Jury aus Mitgliedern der Akademie. Die Jury wurde von der
Geschäftsstelle für jede Preissparte gesondert besetzt – jeweils mit
ausgewiesenen Kennern der Materie (bis zu 11 Personen).
Vorauswahl der Kandidaten
Die Juroren waren in der Regel aufgefordert, (nur je) einen
persönlichen Kandidaten vorzuschlagen. Sie konnten sich dabei auf anderweitig
eingegangene Vorschläge stützen. Daraus resultierte
eine verbindliche Vorschlagsliste (mit bis zu 11 Kandidaten).
Endauswahl der Preisträger
Die Endauswahl erfolgte im Kreis der Juroren. Nach gemeinsamer Diskussion
und Abwägung wurde mit einem normierten System der Punktevergabe
abgestimmt. Jeder Juror hatte dabei die Aufgabe, die Vorschlagsliste der
Fachjury persönlich zu bewerten und seine Punkte entsprechend zu verteilen.
Walther-Bensemann-Preis
Den Walther-Bensemann-Preis erhält eine Persönlichkeit, die sich im Umfeld
des Fußballs kontinuierlich für gesellschaftliche Verantwortung, Fairplay
und interkulturelle Verständigung einsetzt und dabei neue Wege beschreitet.
Der Preis ist mit 10.000 e dotiert und wird vom kicker-Sportmagazin gestiftet.
„Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis
Mit dem Förderpreis werden innovative pädagogische Projekte honoriert,
die Fußball erfolgreich als Mittel der Bildungsarbeit einsetzen. Zielgruppe
sind Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren. Die Jury besteht aus führenden
Sport-, Kulturwissenschaftlern und Bildungsfachleuten.
Der Preis ist mit 5.000 e dotiert, Stifter ist der Tessloff Verlag.
Fußballbuch des Jahres
Eine Jury aus namhaften Sport- und Feuilletonjournalisten prämiert das beste
Buch des Jahres mit eindeutigem Bezug zu Themen rund um den Fußball.
Preisträger ist der Autor.
Der Preis ist mit 5.000 e dotiert und wird von easyCredit gestiftet.
Fußballspruch des Jahres
Aus deutschlandweiten Einsendungen wurde von einer fach- und sprachkundigen Jury der beste Fußballspruch der Saison 2005/06 ausgewählt.
Der Preis ist undotiert, der Sieger erhält eine symbolische Auszeichnung.
Alle Informationen zu den Preisen unter: www.fussball-kultur.org
Der Walther-Bensemann-Preis
Sonderpreis für Engagement und gesellschaftliche
Verantwortung
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Der Walther-Bensemann-Preis hat eine Sonderstellung unter den in diesem Jahr
erstmals vergebenen Fußballpreisen:
Zum einen steht er für das Anliegen der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur,
Fußball über das Spiel hinaus als kulturelles, historisches, soziales und politisches
Phänomen zu begreifen. Denn Walther Bensemann war nicht nur ein Fußballpionier,
er stand, trotz vieler Anfeindungen, fest zu seiner Überzeugung, dass Fußball zur
Völkerverständigung beitragen kann und soll. Zum anderen wird mit der Namensgebung an eine herausragende Person des Sportjournalismus erinnert, die als
Gründer und brillante Feder des kicker Wertvolles für den Fußball geleistet hat.
Und zum dritten steht dieser Preis für das Bestreben, die Rolle des Fußballs in der
politischen Geschichte zu verdeutlichen. Mit der Benennung des Preises nach
Walther Bensemann werden Menschen geehrt, die Herausragendes für den Fußball
geleistet haben und dabei auch gegen den Strom schwimmen mussten.
Der Preis zeichnet Personen der Zeitgeschichte aus, deren langjähriges Wirken in
der Tradition Walther Bensemanns steht: Ein Sonderpreis für außergewöhnliches
Engagement mit Mut und Pioniergeist, für mehr gesellschaftliche Verantwortung,
Fairplay und interkulturelle Verständigung im Umfeld des Fußballs.
Der Walther-Bensemann-Preis wird durch die
Deutsche Akademie für Fußball-Kultur vergeben.
Er ist mit 10.000 e dotiert,
gestiftet vom kicker-Sportmagazin.
Laudator: Rainer Holzschuh,
Chefredakteur des kicker-Sportmagazins
Walther Bensemann (*1873) war einer der deutschen Fußballpioniere. Bereits
als Schüler wurde er mit dem aus England kommenden „Fußballfieber“ infiziert.
Es gelang ihm, seine Begeisterung auf die Klassenkameraden zu übertragen.
Schließlich gründete man gemeinsam 1889 in Karlsruhe den International Football
Club, den ersten süddeutschen Fußballverein überhaupt. In den folgenden Aufbaujahren des Fußballsports kämpfte Bensemann als Vereinsgründer, Organisator
internationaler Begegnungen und als Journalist leidenschaftlich für seine pazifistischen und völkerverbindenden Ideen. Er gründete 1920 das bis heute führende Fußballmagazin kicker, für ihn „ ... ein
Symbol der Völkerversöhnung durch den Sport ...“. Sein sportfeuilletonistischer Stil hat Maßstäbe
gesetzt und den kicker zu einer vielbeachteten Zeitung gemacht, die den Fußballboom der 1920er
Jahre begleitete. Walther Bensemanns Engagement für den Fußball in Deutschland endete mit der
Machtübernahme durch die Nationalsozialisten: Er hatte konsequent für seine internationalistischen
Ideen gefochten und sich damit zahlreiche Feinde unter Funktionären und Vertretern der Obrigkeit
geschaffen, außerdem war er jüdischer Herkunft. Walther Bensemann sah für sich keine Zukunft mehr
in Deutschland und emigrierte 1933 in die Schweiz, wo er ein Jahr später starb.
Walther-Bensemann-Preis
Den Walther-Bensemann-Preis des Jahres 2006 erhält Franz Beckenbauer
Franz Beckenbauer ist der mit Abstand populärste Fußballer Deutschlands und wird auch weltweit als
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eine der führenden Persönlichkeiten des Sports überhaupt angesehen. Seine Karriere begann der 1945
in München geborene Sohn eines Postobersekretärs mit neun Jahren als Jugendspieler des SC München 06,
ehe er 1958 zum FC Bayern wechselte, mit dem er bis heute verbunden ist. 1965 feierte er mit 20 Jahren
seinen Einstand in die Nationalmannschaft. Als Spieler nahm er an drei Weltmeisterschaften teil.
Nach der Niederlage im WM-Finale von 1966 im Londoner Wembley-Stadion endete auch Beckenbauers
zweite WM unglücklich: 1970 in Mexiko beendete er das dramatische Halbfinale gegen Italien, das als
„Spiel des Jahrhunderts“ in die Fußball-Geschichte einging, mit einer ausgerenkten Schulter, den Arm
in einer Schlinge tragend. Deutschland unterlag 3:4 nach Verlängerung und musste sich am Ende mit
Platz drei begnügen.
Bei der WM 1974 in Deutschland schließlich schlug seine große Stunde. Beckenbauer spielte jetzt auch in
der Nationalelf auf der Position, die er mit seiner Spielweise revolutionierte – als Libero hinter der Abwehr.
Trotz einer 0:1-Niederlage in der Vorrunde im einzigen offiziellen Länderspiel gegen die DDR durfte
Beckenbauer nach dem 2:1-Sieg über die Niederlande im Endspiel von München als erster den neuen WMPokal in Empfang nehmen. 1977 wechselte er vom FC Bayern in die USA zu Cosmos New York. Bis zu
seinem Abschied aus München hatte er mit „seinen“ Bayern alle wichtigen Titel (Hattrick im Europapokal
der Landesmeister, vier Deutsche Meistertitel, vier DFB-Pokalsiege) gewonnen. Er beendete seine Karriere
als Nationalspieler mit 103 Länderspielen und überschritt als erster deutscher Fußballer die „magische“
Grenze von 100 internationalen Auftritten. Mit 35 Jahren kehrte er 1980 zum Hamburger SV in die Bundesliga
zurück, wurde mit den Hanseaten 1982 noch einmal Deutscher Meister, ehe er 1983 nach einem erneuten
Gastspiel bei Cosmos New York seine Karriere beendete.
Franz Beckenbauer wurde als Nachfolger von Jupp Derwall im Juli 1984 zum Teamchef der Nationalmannschaft ernannt. Seinen ersten großen Erfolg als Mann auf der Bank feierte er bei der Weltmeisterschaft
1986 in Mexiko, bei der sich die deutsche Elf erst im Endspiel geschlagen geben musste. Bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien wurde Deutschland dann dank des verwandelten Elfmeters von Andreas
Brehme in der Finalrevanche gegen Argentinien zum dritten Mal Weltmeister, und Franz Beckenbauer
sicherte sich endgültig einen Platz in der Fußballgeschichte: Als bislang einziger Deutscher – und zweiter
Mensch überhaupt nach dem Brasilianer Mario Zagallo – holte er sich sowohl als Spieler als auch als
Trainer den WM-Titel.
Mittlerweile Präsident des FC Bayern München, wurde Franz Beckenbauer 1998 zum DFB-Vizepräsidenten
gewählt. Dank seines unglaublichen Engagements als Vorsitzender des WM-Organisationskomitees
sicherte sich Deutschland zunächst den Zuschlag für die Austragung der WM 2006 und erlebte dann
im Juni und Juli dieses Jahres die wohl schönste Weltmeisterschaft aller Zeiten, die Fußballfans aller
Länder tatsächlich „zu Gast bei Freunden“ werden ließ. Franz Beckenbauer wurde für Besucher aus
aller Welt zur Symbolfigur des gastfreundlichen Deutschland.
Die Erkenntnis, in seinem Leben viel Glück gehabt zu haben, und der Wunsch, davon etwas an die
Gesellschaft zurückzugeben, ließen ihn 1982, nach dem Ende seiner Karriere als aktiver Fußballspieler,
die Franz-Beckenbauer-Stiftung gründen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, jenen ideelle und finanzielle
Hilfe zu leisten, die geistig, seelisch oder körperlich behindert bzw. unverschuldet in Not geraten sind.
Die Jury
Die Jury wurde gebildet von
den Nürnberger Initiatoren
der Deutschen Akademie
für Fußball-Kultur
Dr. Ulrich Maly
Oberbürgermeister
der Stadt Nürnberg
Karl-Heinz Heimann Rainer Holzschuh
Theophil Graband
Herausgeber des
Chefredakteur des
Vorstand der
kicker Sportmagazins kicker Sportmagazins norisbank AG
„Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis
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Der Fußball-Bildungspreis ist ein Förderpreis für innovative pädagogische
Projekte, die sich an Jugendliche bis 16 Jahre richten und Fußball erfolgreich
als Mittel der Bildungsarbeit einsetzen. Er ist eine Auszeichnung für Modellvorhaben, z.B. aus den Bereichen Sport, Leseförderung, Film, Kunst oder
interkulturelle Erziehung, die es verstehen, die Lust von Kindern und Jugendlichen am Fußball mit innovativer Bildungsarbeit zu verbinden, die ein spielerisches Lernen ermöglichen, die Neugier auf Themen auch jenseits des Fußballs
wecken und dabei Eigeninitiative und Partizipation anregen. Der Preis betont
den Vorbildcharakter und soll ermutigen, auf diesen Wegen weiterzugehen.
Bewerben konnten sich pädagogische Projekte aus ganz Deutschland, die
zwischen August 2005 und Juli 2006 durchgeführt wurden, mit einer Zielgruppe
von Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahren. Prämiert werden konnten auch
früher begonnene, jedoch in diesem Zeitraum weitergeführte Projekte; die
Bewerbungsfrist endete am 15. August. Die Nachhaltigkeit der Projekte war ein
positives Kriterium bei der Preisvergabe. Die Jury aus fachkundigen Pädagogen,
Sport- und Kulturwissenschaftlern entschied auf Basis der eingereichten
Unterlagen und persönlicher Fachkenntnisse. Ausgezeichnet werden in der
Regel die Projektverantwortlichen.
Die Auszeichnung „Lernanstoß“ – Der FußballBildungspreis wird durch die Deutsche
Akademie für Fußball-Kultur vergeben und
vom Tessloff-Verlag gestiftet.
Der Preis ist mit 5.000 e dotiert,
gestiftet vom Tessloff Verlag
Laudator: Prof. Dr. Dieter Jütting,
Leiter des Instituts für Sportkultur und
Weiterbildung, Universität Münster
Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis
Die Auszeichnung „Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis
wird 2006 an zwei Projekte vergeben:
Straßensport Ostfildern –
KICK FORWARD goes for
Development
Dem Projekt „StraSpo“, Straßensport Ostfildern, ist es gelungen, auf einer sportpädagogischen
Basis schulisches und außerschulisches Lernen nachhaltig miteinander zu verbinden. StraSpo
ist Bestandteil der landesweiten Initiative KICK FORWARD, getragen vom Landessportverband
Baden-Württemberg, die offene, sportorientierte Jugendarbeit in besonderer Weise fördert
und umsetzt. „Straßensport Ostfildern – KICK FORWARD goes for Development“ war Teil des
UNO-Jahres des Sports 2005.
In Ostfildern (Stuttgart) wurden zunächst Begegnungsplattformen für Jugendliche
geschaffen: regelmäßige Straßensport-Angebote und der Treffpunkt „Café Lattenschuss“, wo sich Jugendliche schulübergreifend und unabhängig von Geschlecht,
Nationalität oder ethnischer Zugehörigkeit treffen können und pädagogisch betreut
werden. Wird Fußball gespielt, dann nach dem besonderen Regelwerk „Straßenfußball
für Toleranz“, einem pädagogischen Konzept, in dem Dialogbereitschaft, Fairness
und soziales Miteinander die Grundlage bilden. Denn die Beteiligten handeln die
Spielregeln selbst aus und werden dabei angeleitet, selbst zu „teamen“ und zu
organisieren. Über die sportliche Begegnung hinaus entstanden und entstehen so
Ideen für weitere Projekte im sozialen, interkulturellen und globalen Lernen. Diese
Ideen werden als Lerninhalte in den Institutionen, die an StraSpo beteiligt sind
(vorwiegend Schulen und Kinder- und Jugendarbeit), aufgegriffen und dann in
verschiedenen Teilprojekten umgesetzt. So erarbeiteten beispielweise Jugendliche
im Alter von 14 bis 17 Jahren ein Drehbuch für den Film „Searching“, in dem Szenen alltäglich
auftretender Gewalt beschrieben wurden.
Im Rahmen des Partnerprojekts „Defensores del Chaco“ mit Jugendlichen in Buenos Aires
tauschten Beteiligte beider Projekte ihre Erfahrungen aus und entwickelten daraus ein
gemeinsames Konzept. In diesem Zusammenhang fanden auch Begegnungen zwischen
Jugendlichen beider Länder statt. Davon inspiriert, entschieden Schülerinnen und Schüler einer
fünften Klasse, eine Geschichte zu schreiben und ein Bilderbuch daraus zu machen: „Pie und
Queso – zwei Fußballsocken unterwegs in Argentinien“. Während einer „Argentinischen Woche“
im Juni 2005 setzten sich Jugendliche mit Argentinien, den Leuten, der Kultur und den Lebensumständen auseinander. Die Zusammenarbeit mit dem Partnerprojekt in Südamerika wirkte
auch im WM-Jahr 2006 fort: Schülerinnen und Schüler beider Länder entwickelten parallel eine
deutsch-argentinische „Murga“, eine Kombination aus Tanz, Rhythmus, Sprechgesang und
Theater, die inzwischen mehrfach mit großem Erfolg aufgeführt wurde. 2006 schließlich entstand
aus dem Teilprojekt „WM-Kochen“ ein internationales Kochbuch.
Ostfildern war auch Austragungsort der diesjährigen Straßenfußball-Weltmeisterschaft.
Straßensport als sozialer Lern- und Erfahrungsraum ist mittlerweile Teil des schulischen Curriculums, aber auch fester Bestandteil der offenen Jugendarbeit in Ostfildern. Es besteht eine
gute Zusammenarbeit zwischen allen Institutionen vom Landessportverband Baden-Württemberg
bis hin zu kommunaler Kriminalprävention und Stadtverwaltung.
Austragungsort: Ostfildern, Träger: Landessportverband Baden-Württemberg
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WM-Projekt der
Edith-Stein-Schule/
Aichach
Die Edith-Stein-Schule ist ein sonderpädagogisches Förderzentrum in Aichach bei Augsburg. Dort
unterrichten 35 Sonderschul-, Volksschul- und Fachlehrer etwa 250 Schüler in 20 Klassen der
Jahrgangsstufen 1 bis 9.
Im Februar 2006 entstand die Idee, anlässlich der Fußball-WM in Deutschland ein großes Projekt
zu initiieren, in das die gesamte Schule eingebunden werden sollte. Das „WM-Projekt“ fand
von 21. bis 23. Juni 2006 statt, also von Mittwoch bis Freitag in der ersten Schulwoche nach
den Pfingstferien, und bestand aus zwei Teilen: Zum einen einem großen Fußballturnier, an dem
alle Schüler der Schule teilnahmen, und zum anderen aus 24 Workshops ganz unterschiedlichen Inhalts.
Für das Fußballturnier wurden die Gruppeneinteilung der Original-FIFA-WM und die Namen
der Teilnehmerländer übernommen. Aufgrund der körperlichen Unterschiede zwischen
Schülern der ersten und der letzten Klassen wurde das Turnier in die Klassen 1 bis 4 und
die Klassen 5 bis 9 aufgeteilt. Die Mannschaften wurden so gelost, dass in jeder Mannschaft
Kinder aus den entsprechenden Klassen altersgemischt und leistungsheterogen zusammen
spielten. Da der Fair-Play-Gedanke einen besonderen Stellenwert einnahm, gab es während
des Fußballturniers, neben den normalen Schiedsrichtern, für jede Partie einen Fair-PlayRichter. Die Mannschaften mit den meisten Fair-Play-Punkten wurden bei der Siegerehrung
ebenso wie die beiden „Weltmeister“ der Edith-Stein-Schule mit Sachpreisen belohnt.
Die große Vielfalt an Workshopangeboten entstand aus dem völlig unterschiedlichen
Zugang der Lehrer zu dem Thema „Fußball“. Die meisten Workshops beinhalteten praktische
Elemente (vom „Ball-Filzen“ über die Zubereitung eines Fußball-Menüs bis zum Bau einer
Torwand), aber auch Wissensinhalte zu kulturellen Hintergründen der Teilnehmerländer
oder zur Regelkunde. Die Workshops wurden parallel abgehalten und mehrmals hintereinander
in der gleichen Form angeboten, so dass die Schülerzahl in den einzelnen Veranstaltungen
überschaubar blieb und die Schüler an verschiedenen Workshops teilnehmen konnten. Eine
Projektzeitung dokumentierte die Tage durch Interviews, mit dem Spielplan zur WM und mit Photos
vom Turnier und von anderen Workshops.
Mit dem Projekt hat die Schule Freude am Fußball und Spaß am Lernen vermittelt. Teamfähigkeit,
Rücksichtnahme, Fair-Play, selbstständiges Lernen wurden in eine lederne Kugel namens „Teamgeist“
verpackt – und dies nicht nur im übertragenen Sinne – und für drei Tage zum Spielball der gesamten
Schule. Die Schule hat sich mit diesem Projekt ein Know-how erarbeitet, das für zukünftige
„Großveranstaltungen“ wieder genutzt werden kann.
Der Erfolg ist nicht nur dem außergewöhnlichem Einsatz eines Organisationsteams aus sechs
Lehrern zu verdanken, sondern insbesondere dem gelungenen Zusammenspiel von Lehrern,
Schülern und Eltern.
Austragungsort: Aichach, Träger: Landkreis Aichach-Friedberg
Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis
Weitere Auszeichnungen
der Jury: Zwei lobende
Erwähnungen (undotiert)
für ...
Fußball ohne Grenzen
Die Deutsch-tschechische Fußballschule ist eine in Europa bislang einzigartige Initiative
für interkulturelle Bildung. Deutsche und tschechische Kinder haben die Möglichkeit, über
Fußball die Sprache und Kultur des jeweils nur wenige Kilometer entfernten Nachbarlands
spielerisch kennen zu lernen. Dabei setzt das Projekt „Fußball ohne Grenzen“ nicht auf
sporadische Begegnungen bei Freundschaftsspielen oder Turnieren, sondern ist langfristig
angelegt.
Die jungen Fußballer trainieren mehrmals pro Woche und über mehrere Jahre hinweg
gemeinsam. Begleitend dazu erhalten die Teilnehmer Sprachunterricht, in dem sie im
Anschluss an das Training ihre Deutsch- und Tschechisch-Kenntnisse in gemischten
Kleingruppen vertiefen können.
Austragungsorte: Hof/Frantisovy Lázne, Träger: Deutsch-Tschechische Fußballschule IDOR
www.idor.org
Heimspiel – aus der Tiefe des Viertels
Die Theaterarbeit der GWA/Kolibri blickt mittlerweile auf eine sechsjährige Tradition zurück.
Das Theaterprojekt „Heimspiel“ wurde inhaltlich als spielerische Auseinandersetzung mit
dem Thema „Ball“ konzipiert. Ziel war es, ein interkulturelles, generationenübergreifendes
Kooperationsprojekt zu entwickeln, das Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in einem
der sozial schwächsten Stadtteile Hamburgs die Möglichkeit gibt, miteinander ihre Stärken
und Potenziale zu entdecken, zu entwickeln und zu zeigen. Von März 2005 bis Juni 2006
arbeiteten verschiedene Gruppen aus dem Stadtteil zusammen – 30 Kinder und Jugendliche
agierten als Darsteller und Helfer.
Austragungsort: Hamburg, Träger: Kolibri, GWA St. Pauli–Süd e.V.
www.koelibri.de
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Alle weiteren Bewerbungen für den „Lernanstoß“ Preis im Überblick
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Aktion Volltreffer – Kein Krieg mit Kindern
Bayer 04 macht Schule
Elf Projekte an der Elfenbeinküste, in Kenia,
Kolumbien, Liberia, San Salvador, im Sudan
und in Uganda wenden sich gegen den
Missbrauch von Kindern als Soldaten. Ziel
der Aktion ist es, Kindern u. a. durch Fußball
Lebensfreude und Selbstwertgefühl zu
vermitteln. Parallel dazu werden in Deutschland, z.B. im Rahmen von Schulprojekttagen,
Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Aktionen
unterstützt werden können.
Bayer 04 Leverkusen arbeitet zusammen mit
Schulen und Vereinen Themen aus dem
Profisport für den Unterricht auf. Es wurden
verschiedene Themenangebote für einzelne
Schulfächer, Fanprojekte, Kreativ-Wettbewerbe entwickelt, mit denen die Lernmotivation und Kreativität der Schüler und
die Bindung an den Verein gefördert werden.
Austragungsorte: bundesweit und international
Träger: ADVENIAT, missio, Missionswerk der evangelischlutherischen Kirche in Bayern
www.bayer04.de/de/1534.htm
www.volltreffer.de
Aus dem Abseits in die Offensive
Mädchenfußball unter der Lupe
Die Forschungsgruppe „Mädchenfußball“
entwickelte Maßnahmen und Strategien, um
dem Phänomen der ungleichen Verteilung
der Geschlechter im Fußball, insbesondere
im Nachwuchsprogramm des DFB, entgegenzuwirken: Zum einen auf einem internationalen Symposium zum Thema Mädchenund Frauenfußball in Verbindung mit einem
Mädchenfußballcamp (6 bis 13 Jahre), zum
anderen bei einem Forschungsprojekt zur
Förderung talentierter Fußballspielerinnen.
Austragungsort: Erlangen
Träger: Universität Erlangen-Nürnberg
www.frauen-fussball.org
Ballarbeit – Szenen aus Fußball und
Migration
Die zweisprachige Wanderausstellung zeigte
Jugendlichen ab 15 Jahren Aspekte der
Migration und multikultureller Entwicklungen
in Europa im Spiegel des Fußballs. Begleitend
wurden auf Workshops und Diskussionen
integrative Potenziale und Identifikationsangebote des Fußballs erörtert.
Austragungsorte: Hamburg, Berlin
Träger: Projektgruppe Flutlicht (VAFF e.V.)
www.flutlicht.org
Austragungsort: Leverkusen
Träger: Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH
Die Südstadt kickt 2006
Mit dem Hauptziel der Suchtprävention
wird in einer sozial schwachen Gegend
Jugendlichen die Möglichkeit geboten,
regelmäßige Trainings am StreetsoccerCourt zu besuchen und u.a. bei einem
gemeinsamen mehrtägigen Workshop ein
Stadteil-Turnier zu planen. Die Aktionen
werden gemeinsam mit Streetworkern
geplant und durchgeführt.
Austragungsort: Nürnberg
Träger: Jugendtreff Schloßäcker, Jugendamt
Stadt Nürnberg
www.schlossaecker.net
Die Welt spricht Fußball
Das Pilotprojekt zur Sprachförderung will
mittels Fußball ausländische Kinder und
Jugendliche im Alter von 10 bis 12 Jahren
zum Erlernen der deutschen Sprache ermuntern. Bewegungsaktivität ist dabei ein
wichtiges methodisches Mittel zur Erhöhung
der Lernmotivation. An einer Schule erprobt,
soll langfristig Lehrmaterial für den bundesweiten Gebrauch entstehen. Die Deutsche
Akademie für Fußball-Kultur unterstützt
dieses Projekt.
Austragungsort: Nürnberg
Träger: Verein zur Förderung von Bildung
und Ausbildung (VBA) e.V.
www.dieweltsprichtfussball.de
Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis
Fair spielen, fair handeln, fair leben
12- bis 18jährige Schüler konnten in Verbindung mit dem Besuch der Ausstellung
„Herr der Regeln“ an Streitschlichter-Kursen
teilnehmen. In Anlehnung an die Rolle des
Schiedsrichters lernten sie dabei Strategien
zur Konfliktregelung und Toleranz. Schulen,
Museum und kommunale Stellen arbeiteten
dabei eng zusammen.
Gewalt hat bei uns keine Chance
Das Schulungsprogramm zur Gewaltprävention sensibilisiert in Seminaren für
die A- und B-Jugend Jugendliche für
Konfliktsituationen: Sie erlernen verantwortungsvolles Handeln und entwickeln
ein Schlichtermodell. In das Programm
sind auch Eltern und Vereinsverantwortliche eingebunden.
Austragungsort: Leipzig
Träger: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
Austragungsort: Bielefeld
Träger: Freie Turn- und Sportvereinigung Bielefeld
www.herr-der-regeln.de
Ost e.V.
Fanshop der Globalisierung
Die Ausstellung für Jugendliche zeigte ökonomische, politische und kulturelle Transformationsprozesse der Globalisierung am
Beispiel Fußball. Begleitend wurden ein
Textbuch und ein Kartenspiel erstellt.
Ist der Ball rund?
Die interaktive Ausstellung zeigte Installationen, Experimente, Computeranimationen, Filme, Hörgeschichten und Kunst.
Kinder und Jugendliche von 5 bis 14 Jahren
konnten die historische Bedeutung des
Balls sowie seine mathematischen und
physikalischen Merkmale erfahren.
Austragungsorte: die neun WM-Spielorte
Träger: Bundeszentrale für Politische Bildung
www.bpb.de/presse/PJQBV7.html
Austragungsorte: Erfurt, Dresden, Hamburg
Träger: Neues Universum e.V. Berlin
Fußball als Medium beruflicher
Handlungskompetenz
16 schulfrustrierte Schüler im Hauptschulabschlussalter bekamen die Gelegenheit, im
Rahmen des Berufsvorbereitungsjahres über
den Unterrichtsschwerpunkt Fußball ihre
Stärken zu erkennen und zu entwickeln. Das
Modellprojekt mit theoretischen und praktischen Bestandteilen hatte zum Ziel, Fußball
als Motivationshilfe in Schulen einzusetzen.
www.neuesuniversum.de/fussball.html
Austragungsort: Hannover
Träger: Niedersächsischer Fußballverband
Fußball verbindet Menschen
„mit und ohne“ Behinderungen
Geistig behinderte Schüler im Alter von 10
bis 16 Jahren trainieren mit Vereinsmannschaften und tragen regelmäßig Spiele aus.
Bei dem gemeinsamen Fußballspiel steht das
soziale Miteinander im Vordergrund. Das
Projekt soll der Ghettoisierung von
Förderschülern entgegenwirken.
Austragungsort: Bersenbrück/Niedersachsen
Träger: Heilpädagogische Hilfe Bersenbrück
www.heilp-hilfe-bsb.de
Jugendzeitung des FSV Witten
Kinder und Jugendliche werden im Fußballverein durch die Neuauflage der
Jugendzeitung „Junglöwenecho“ zum
Schreiben motiviert.
Austragungsort: Witten
Träger: Jugendabteilung des FSV Witten 07/32
Niedersächsischer Fair Play Cup
In spielerischer Praxis und prozesshaftem
Lernen üben 13- bis 16jährige Fußballer
faires Verhalten. Gemeinsam mit Trainern,
Jugendleitern und Schiedsrichtern wird
ein Fair-Play-Katalog erarbeitet, auf dessen
Grundlage sich die Mannschaften durch
Punktevergabe gegenseitig benoten.
Austragungsort: Niedersachen
Träger: Niedersächsischer Fußballverband
www.nfv.de/tore/html/towetjufpc.html
One Nation Cup
Jugendliche Fußballer aus weltweit zehn
Städten, die partnerschaftliche, kulturelle,
sportliche oder wirtschaftliche Beziehungen zu Bremen haben, beteiligten sich
an einem internationalen Jugend-FußballTurnier. Dabei übernahmen Klassen verschiedener Bremer Schulen Patenschaften
für Gastteams und konnten so durch die
Verbindung von Fußball, Bildung, Kultur
und Begegnung ihr Interesse an fremden
Kulturen weiterentwickeln.
Austragungsort: Bremen
Träger: Sportgarten e.V.
www.onenationcup.de/german/index.htm
Playing for Success
Study Support Centres geben direkt in den
Fußballstadien jungen Fans von 11 bis 16
Jahren Bildungsangebote mit pädagogischer Betreuung. Mittels interaktiver Lernmethoden werden die Elementarfächer
Lesen, Schreiben und Rechnen und der
kompetente Umgang mit dem Computer
gefördert. Die Idee stammt aus England.
Austragungsort: zunächst Gelsenkirchen
Träger: British Council
www.britishcouncil.de/dreamsandteams.de/success.htm
13
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Selbstbestimmte Verhaltensnormierung Jugendlicher
In einem interaktionistischen Integrationsmodell erarbeiteten Mannschaften der
B-Jugend zusammen mit Moderatoren
Selbstverpflichtungs-Erklärungen und
verständigten sich auf ein gemeinsames
Regelwerk. Das Projekt wurde wissenschaftlich betreut.
Austragungsort: Hannover
Träger: Niedersächsischer Fußballverband
Trainingslager
Fairness – Toleranz – Zivilcourage
Ein Computer-Lernspiel für Schüler aus
der 8. bis 10. Klasse belegt die Themen
Fairness, Toleranz, Zivilcourage mit
Beispielen aus dem Fußball. Diese
ermöglichen den Schülern eine Reflexion und Verbesserung des Sozialverhaltens.
Austragungsort: bundesweit
Träger: Bundeszentrale für Politische Bildung
www.bpb.de/publikationen/JM5GRN,O,O,
Arbeitsmaterialien_Medien.html
Turbine Girls Camp 2005 und 2006
Ein sportlich und pädagogisch betreutes
Fußball-Camp bot 40 Mädchen aus
Deutschland und Polen die Möglichkeit,
bei einem abwechslungsreichen Programm den respektvollen sozialen
Umgang zu erlernen. Die Mädchen im
Alter von 8 bis 12 Jahren kamen vorwiegend aus sozial benachteiligtem Umfeld. Sie verbrachten jeweils eine Woche
in Potsdam und eine Woche in Wroclaw,
trainierten u.a. mit den Profis von
Turbine Potsdam und besuchten neben
Freizeit- und Kultureinrichtungen auch
Themennachmittage.
Austragungsorte: Potsdam, Wroclaw
Träger: F.C. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz
www.turbine-girls-camp.de
„WIR“ werden Weltmeister!
Nationalbewusstsein und Fußball-WM
Eine Meinungsforschungssoftware und
Materialien für den sozialwissenschaftlichen Unterricht ab der 9. Klasse beschäftigen sich mit der nationalen Identität und
der Rolle von Fußball in der Gesellschaft
und bieten einen Rückblick auf die WM
2006. Ziel ist es, den Jugendlichen zu
ermöglichen, die Ereignisse rund um die
WM bewusster wahrzunehmen und zu
analysieren.
Austragungsorte: bundesweit
Träger: Bundeszentrale für Politische Bildung; Universität Münster, Fachbereich Erziehungswissenschaft
www.bpb.de/methodik/S631IH,O,O,Forschen_
mit_GrafStat.htmlfussball-wm
Kick & rush“
Theaterstück von Andri Beyeler
In dem Theaterstück rund um drei Teenager,
die auf der Ersatzbank sitzen, werden Jugendlichen Wünschträume nach Anerkennung
und Bewunderung erzählt.
Nächste Spielzeit: Dresden
Spieler: Theater Junge Generation
www.tjg-dresden.de/web/schauspiel/stuecke/
KICKRUSH.html
05er-Kids Club
„Lernen und Erleben wie die Profis“
Kinder und Jugendliche im Alter von
6 bis 12 Jahren können für einen geringen
Monatsbeitrag jährlich mehrere HighlightEvents besuchen und werden gleichzeitig
Mitglied des FSV Mainz 05. Über die Veranstaltungen werdenfußballübergreifende
Werte, soziale Verhaltensweisen und
Wissen vermittelt; zugleich werden Kinder
an die Mitgliedschaft bei einem Verein
herangeführt.
Austragungsort: Mainz
Träger: 1. FSV Main 05 e.V.
www.05er-kidsclub.minimainzer.de
Ronaldo, Pink und Superlocke
In dem Theaterstück werden Themen wie
die Freude an Bewegung, Fußballspiel,
Teamgeist, Fairness, die Entwicklung vom
Fremden zum Freund und auch sinnvolle
Ernährung auf spielerische Weise vermittelt. Das Fußball-Stück wurde bisher
ca. 100 Mal an Schulen gespielt.
Austragungsorte: bundesweit
Träger: Spielwerk Theater gGmbH
www.spielwerk-theater.de/repertoire.php?s=fussball
Kickinside – der Bolzplatz in der Halle
Kindern und Jugendlichen steht eine öffentliche, vereinsunabhängige, kostenlose
Kunstrasenhalle zum Kicken zur Verfügung.
Die Aktion hat die Förderung von Bewegung sowie die Betreuung und Integration
von Kindern und Jugendlichen zum Ziel und
plant in diesem Zusammenhang auch eine
Hausaufgabenbetreuung.
Austragungsort: Crailsheim
Träger: Kickinside, Verein i.G.
www.kickinside.de/bolzplatz/index.htm
Der Ball ist bunt – Musik für Kinder
Musik für Kinder im Alter von 6 bis 10
Jahren zum Thema Fußball.
Austragungsorte: bundesweit
Spieler: Geraldino
Tore 2006
Junge Impulse 2006 an der deutschtschechischen Grenzregion
Projekte in den Bereichen Theater, Tanz,
Bildende Kunst und Musik unter dem Aspekt
des verbindenden, trennenden, überleitendem Charakters von „Toren“.
Austragungsorte: Niederbayern
Träger: United Scene Group e.V.
www.united-scenegroup.net/html/theater/academy06.htm
Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis
Die Jury
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Prof. Dr. Dieter Jütting
Sportsoziologe
Universität Münster
(Jury-Vorsitzender)
Ulrich Aengenvoort
Deutscher Volkshochschulverband, Bonn
Johannes Axster
streetfootballworld,
Berlin
Anja Bühling
Tessloff Verlag,
Nürnberg
Steffen Deutschbein
DFB, Abt. Qualifizierung,
Frankfurt am Main
Anja Janetzky
Kulturwissenschaftlerin;
Netzwerk Frauen in
Fußball „F_in“, Gießen
Dr. Peter März
Bayerische Landeszentrale für politische
Bildung, München
Prof. Dr. Gunter A. Pilz
Sportsoziologe,
Universität Hannover
Thomas Schneider
Fanbeauftragter
Deutsche Fußball Liga,
Frankfurt am Main
Rainer Zietsch
FußballD21,
Nürnberg
Fußballbuch des Jahres
16
In der Saison 2005/2006 wurden auf dem deutschen Buchmarkt so viele
Fußballbücher veröffentlicht wie nie zuvor.
Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“ prämiert das beste deutschsprachige Buch des Jahres mit eindeutigem Bezug zu Themen rund um
den Fußball; dazu zählen auch Übersetzungen ins Deutsche. Berücksichtigt
werden konnten Werke aus allen Gattungen: gleich ob Belletristik, inkl.
Drama und Lyrik, Sachbuch oder wissenschaftliche Studie, Kinder- und
Jugendbuch oder auch anspruchsvoller, literarisch kommentierter (Foto-)
Bildband. Zur Wahl standen ausschließlich Bücher, die zwischen August
2005 und Juli 2006 erstmalig in Deutschland erschienen sind.
Eine Jury aus elf namhaften Sport- und Feuilletonjournalisten traf eine
Auswahl und nominierte bis Ende Juli ihre persönlichen Favoriten. Die
literarische Top-Elf wurde im August im Internet veröffentlicht, mit der
jeweiligen Empfehlung der Jury.
Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“
wird durch die Deutsche Akademie für
Fußball-Kultur“ vergeben.
Der Preis ist mit 5.000 e
dotiert, gestiftet von easyCredit
Laudator: Dr. Christof Siemes, stellvertretender
Chefredakteur Feuilleton, DIE ZEIT
Fußballbuch des Jahres
Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“ erhält 2006
Jorge Valdano für sein Buch „Über Fußball“
Jorge Alberto Valdano wurde 1955 in Las Parejas, Argentinien, geboren. Valdano schrieb als
erfolgreicher Stürmer von Real Madrid, vor allem aber als Torschütze im WM-Finale 1986
Fußballgeschichte und machte sich nach seiner Spielerkarriere auch als Trainer einen Namen.
Bereits mit 19 Jahren galt er als „Wunderkind“ des argentinischen Fußballs und spielte beim
Landesmeister Newell's Old Boys Rosario.
Jorge Valdano
1975 wechselte er als blutjunger Spieler nach Spanien zum baskischen Zweitligisten CD Alaves.
Der Traum vom großen Ruhm begann sich jedoch erst nach seinem Wechsel zu Real Zaragoza
im Jahre 1979 allmählich zu erfüllen. Bald stand Valdano auf den Wunschlisten der Großklubs.
1984 verpflichtete Real Madrid den knapp 29jährigen Vollblutstürmer. Er erreichte beim „königlichen
Klub“ den Zenit seines Könnens und kam damit erst relativ spät zu großen Erfolgen. Valdano erzielte
17 Saisontore und gewann mit seiner Mannschaft den UEFA-Pokal.
Die Krönung seiner Laufbahn war für Jorge Valdano der Gewinn des WM-Titels 1986. In Mexiko
war er einer der überragenden Spieler Argentiniens und mit vier Treffern nach Maradona auch
der erfolgreichste Torschütze des Weltmeisters. Er spielte in allen Begegnungen der Argentinier
voll durch und sicherte sich mit seinem 2:0-Führungstreffer im Finale gegen die deutsche
Mannschaft einen Platz in den Annalen der Fußballgeschichte.
1988 beendete Valdano seine Laufbahn als Spieler bei Real Madrid. Danach arbeitete er
zunächst als Nachwuchstrainer und als Journalist (vorwiegend für die spanische Radio-Station
„Cadena Ser“ und die Tageszeitung „El País“). Schon als aktiver Fußballer hatte er den Wunsch
geäußert, einmal Trainer zu werden, um zu beweisen, „dass man auch mit schönem Fußball
erfolgreich sein kann“. Im April 1992 trat er nach Erwerb seiner Trainerlizenz seinen ersten
Posten bei dem abstiegsgefährdeten Klub CD Teneriffa an und rettete den Klub vor dem Abstieg.
Mit seiner offensiven und attraktiven Spielweise lockte er neue Sponsoren und erreichte mit
seinem Team in der Saison 1992/93 sogar einen UEFA-Cup-Platz.
Nachdem Valdano schon längere Zeit von Real umworben worden war, wechselte er 1994 als
Cheftrainer zu seinem früheren Verein. Sein Team erzielte mit Abstand die meisten Tore und
gewann 1995 mit vier Punkten Vorsprung den spanischen Titel. 1996-97 war Valdano Trainer beim
FC Valencia. 2000-04 war er Generalmanager von Real Madrid. Die Einkäufe der Weltstars wie
Ronaldo, David Beckham oder Zinedine Zidane kamen unter seiner Führung zustande. Mit seiner
Firma Make-A-Team zeigt Valdano als Unternehmensberater, wie Firmen Prinzipien aus dem
Fußball ins Wirtschaftsleben übertragen können: Motivation und Führung, Konfliktlösung und
Talentförderung.
Ab Oktober 2006 leitet Valdano zudem die Escuela de Estudios Universitarios, eine von Real
Madrid und der Europa-Universität Madrid gegründete „Fußballuniversität“.
Neben seinen Erfolgen in 22 Länderspielen, als Weltmeister 1986 und WM-Teilnehmer 1982,
als UEFA-Pokalsieger 1985 und 1986 sowie als spanischer Meister 1986, 1987 und 1988 erwarb
sich Valdano auch als Persönlichkeit außerhalb des Fußballs Ansehen. In einem spanischen
na“) hieß es über Valdano: „Spanien bewundert diesen Mann. Er
Informationsdienst („Espa~
weiß sich überall zu benehmen, ist ein guter Gesprächspartner und hat es geschickt verstanden,
die Welt des Fußballs mit der Philosophie und der Reflexion zu verbinden. (...) Wenn auch der
Fußball seine Hauptleidenschaft bleibt, lassen ihn die Armut und die Ausgrenzungen in der
Welt nicht unberührt.“
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Der baumlange Angriffsspieler (1,88 m) galt als ein intelligenter Angreifer, war sehr
kopfballstark, immer torgefährlich und gleichermaßen Einfädler und Vollender. Den Trainer
Valdano zeichnet neben fachlichem Können und Wissen eine erstaunliche Eloquenz aus.
Wie kaum einer seiner Kollegen vermag er seine Vorstellungen und Ideen in geschliffene
Worte zu fassen: die FAZ schrieb, er pflege einen „fast schon literarischen Stil“. Im Umgang
mit seiner Mannschaft setzte der Argentinier auf die Faktoren Vertrauen, Respekt und
Solidarität. Überdies lehnte er es ab, als Trainer hauptsächlich mit Druck und Disziplin
seine Vorstellungen zu realisieren. Taktisch ist Valdano ein Anhänger eines offensiven und
risikoreichen Fußballs.
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Bereits als Spieler galt Jorge Valdano, den seine Mannschaftskameraden „Denker“ oder
„Philosoph“ nannten, als Intellektueller. Er war schon damals ein ausgesprochener NonKonformist, der sich jederzeit ehrlich, offen und kritisch zu Themen äußerte, an denen
Fußballer gemeinhin wenig Interesse zeigen, wie etwa Politik oder Kunst. Valdano, der den
Fußball wie sein Landsmann César Luis Menotti als ein „kulturelles Phänomen“ begreift
(„Wer über Fußball spricht, nimmt automatisch an einer Volksdiskussion teil“), gilt als
extrem erfolgsorientierter Mann.
Der „Schöngeist“ (SZ) Valdano ist mit einer Spanierin verheiratet und hat zwei Kinder. Er
verließ 1975 noch zu Zeiten der Militärdiktatur seine argentinische Heimat aus „politischen
Gründen“ (wie er selbst sagt) und lebt seither in Spanien. Zu seinen Interessen zählen
Literatur und Geschichte. Valdano sorgt auch außerhalb der Fußballszene mit Essays für
Aufsehen, in denen er sich mit Fußball und ihn betreffenden Aspekten bis hin zur Philosophie
beschäftigt. Er ist Autor mehrerer klassischer Titel der Sportliteratur.
Quelle: Munzinger Archiv
Jorge Valdanos „Über Fußball“
wurde nominiert von Jurymitglied
Stefan Erhardt und mit folgender
Kurzkritik empfohlen:
»Dass Jorge Valdano als Spieler, mehr noch als Trainer zu den Koryphäen des Fußballs weltweit
zählt, gehört mittlerweile zum Standardwissen. Dass er eloquent und intelligent sein FußballWissen unter allen Interessierten ausbreiten kann, ist ebenfalls aus zahlreichen Artikeln
bekannt. Wie tiefgründig und gleichzeitig feinsinnig aber seine Fußballweisheit zu goutieren
ist, wenn sie geballt dahergebracht wird, war bislang noch nicht nachzuvollziehen.
Dies hat der Münchner Bombus-Verlag mit dem ganz und gar bescheiden-unpathetischsympathisch betitelten Buch „Über Fußball“ geschafft – dem ersten Buch von Jorge Valdano
in deutscher Übersetzung. Es ist eine Perle in der an Zahl geringen Menge an Büchern, die sich
nicht nur mit Namen, Daten, Zahlen und Taktiken beschäftigen, sondern einen geradezu
ästhetischen Einblick in eine ganz bestimmte Sicht auf Fußball gewähren.
Der Rahmen spannt sich von Betrachtungen zum lateinamerikanischen und europäischen
Fußball über die Erkenntnisse zu Spielertypen und Trainern bis zu den modernen Begleiterscheinungen des Spiels, sprich Medien und Ökonomie. Um schließlich zu enden mit ganz
persönlichen Reminiszenzen und Gedanken zu einem „Leben für den Fußball“.
Auch wenn das Buch zusammengesetzt ist aus diversen Artikeln für Zeitungen und Radio, liest
es sich doch wie eine fast schon geschlossene Philosophie – Valdano (und das ist für die deutsche
Fassung auch ein Verdienst des Übersetzers Andreas Löhrer) vermag treffend zu formulieren, zu
analysieren, auf den Punkt zu bringen, ironisch zu pointieren und zu beschreiben, wie es sonst
in Sachen Fußball-Buch-Literatur schwerlich zu finden ist: Fußball-Philosophie in bester Prosa.
Seine Analysen und Wertungen wird nicht jeder zu jeder Zeit mittragen können oder wollen;
trotzdem sind sie in sich stimmig, leidenschaftlich in ihrer zum Teil epischen Breite, dann wieder
lakonischen Kürze, und dank der großen Erfahrung des Autors voller Bezüge und Parallelen, die
Fußballbuch des Jahres
Fußball-Geschichte am Beispiel greifbar werden lassen. Wo auch würde man mit einem Satz
rechnen wie: „Es ist nicht leicht, ein großer Torwart zu werden. Einen großen Torwart stelle
ich mir gerne gleichmütig vor, wie jemanden, der unter einer alten Bahnhofsuhr wartet.“ Es
ist dieser nonchalante, leicht verrätselnde Ton, den Valdano auch anschlagen kann, und der
dem Buch seine stellenweise Leichtigkeit gibt.
Bei aller Besessenheit vom Fußball fehlt es aber auch nicht an Distanz: Valdano verschließt
nicht die Augen vor den unschönen Entwicklungen im Profi-Fußball der heutigen Zeit; und er
wird nicht müde zu betonen, dass es letztlich um ein Spiel geht: ein Spiel, das „ein wenig Glück
verschaffen“, „Flucht aus dem Ernst des Lebens sein“ und helfen kann, „Freundschaften zu
schließen“; ganz im Gegensatz zu denen, für die nur das Ergebnis zählt: „... diese Gier nach
Ergebnissen ist typisch für Leute, die die Welt in Herrscher und Beherrschte, in Reiche und
Arme, in Weiße und Schwarze und in Sieger und Verlierer aufteilen.“
Spätestens an dieser Stelle wird klar: Valdano begreift Fußball auch im Kontext Existenz und
Politik – als quasi politikabgewandte Seite unseres Lebens. Nicht von ungefähr endet das
Buch mit dem Satz: „Letztendlich spielen wir, um wieder Kinder zu werden.“ Und das ist auch
ein politischer Satz.«
Eine weitere Kurzkritik zu
Valdanos Buch stammt von
Jurymitglied Matti Lieske:
»Zinédine Zidane ist ein Elefant mit dem Gehirn einer Tänzerin.“ Nach neueren Erkenntnissen
ist man zwar geneigt, die Sache eher umgekehrt zu sehen, dennoch hat Jorge Valdanos
Würdigung des französischen Kunst- und Kopfstoßspezialisten eindeutig Charme und ist
außerdem typisch für die fußballerische Prosa des Argentiniers. Den keineswegs filigranen
Körperbau Zidanes mit seiner Genialität und Vision am Ball zu kontrastieren, passt zu Valdano,
der in seiner Zeit als Stürmer ähnlich strukturiert war, es allerdings nicht ganz zur Perfektion
eines Zizou brachte. Zum Weltmeistertitel reichte es 1986 trotzdem.
Valdano war ein zielstrebiger, geradliniger Stürmer, der auf dem Platz keine überflüssigen
Schnörkel mochte. Schon damals war er aber auch als Schöngeist, Poet und Philosoph
bekannt. Nach dem Ende seiner Karriere versuchte er sich nicht nur als Trainer und als
Sportdirektor bei Real Madrid, sondern auch als Kolumnist, vorzugsweise bei der renommierten
spanischen Tageszeitung „El País“.
„Über Fußball“, erschienen beim Bombus-Verlag, enthält eine Sammlung seiner Zeitungsartikel
und kam in Spanien schon 2004 heraus. Die Texte sind also nicht die aktuellsten, aber das
macht nichts, denn vor allem handeln sie vom Fußball in seiner Totalität und davon, wie
Valdano ihn sieht. Es ist ein Buch für Romantiker, geprägt von der Liebe zum attraktiven
Fußball und einer gründlichen Kenntnis der Fußballhistorie.
Valdanos Sprache ist voller Poesie, und vor allem kennt er gute Geschichten. Gern erzählt
er solche, die die Seele des Fußballs gegen die Belagerung durch Destruktion und
Hochgeschwindigkeit verteidigen. Die von César Luis Menotti zum Beispiel, dem argentinischen
Weltmeistertrainer von 1978, der als Spieler mit seinem Team einmal eine furchtbare Schlappe
hinnehmen musste und von einem Kollegen aufgefordert wurde, ein bisschen mehr zu rennen,
um die Fans zu besänftigen. „Das einzige, was noch fehlen würde, wäre, dass man beim
Fußballspielen laufen muss“, entgegnete Menotti. Eine Variante der Doktrin von Johan Cruyff,
das schnellste Ding auf dem Platz sei stets der Ball.
Auch Offensivapostel Cruyff wird gewürdigt von Valdano, der alle Bereiche des Fußballs
abgrast und nebenbei sogar noch populärwissenschaftliche Erkenntnisse liefert wie jene,
dass Menschen in der Lage seien, in drei Zehntelsekunden 14 Mal ihre Meinung zu ändern.
Franz Beckenbauer hat er also auch näher kennen gelernt.«
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Fußballbuch des Jahres – Die literarische Top-Elf der Saison
1. Über Fußball
Jorge Valdano
Deutsch von Andreas Löhrer
München 2006, Bombus-Verlag;
265 Seiten; 16.90 e
2. Fast alles über Fußball
Christoph Biermann
Köln 2005, Kiepenheuer und Witsch;
223 Seiten; 9.90 e
3. Deutschlandreise im Strafraum
Péter Esterházy
Aus dem Ungarischen von György Buda
Berlin 2006, Berlin Verlag;
184 Seiten; 14 e
4. Geheimnis Fußball –
auf den Spuren eines Phänomens
Christoph Bausenwein
Göttingen 2006, Verlag Die Werkstatt;
575 Seiten; 16.90 e
5. Poetik des Fußballs
Gunter Gebauer
Frankfurt/Main, New York 2006,
Campus Verlag;
179 Seiten; 14.90 e
6. Die Wahrheit ist auf dem Platz.
Fußballsonette
Ludwig Harig
München, Wien 2006, Carl Hanser Verlag;
76 Seiten; 12.50 e
6. Auch ich war einst Pelé.
Prominente und ihr Traum vom Fußball
Torsten Körner (Hrsg.).
Mit Manuel Andrack u.a.
Berlin 2006, Aufbau Taschenbuch-Verlag;
219 Seiten; 8.95 e
8. Klinsmann.
Stürmer, Trainer, Weltmeister
Michael Horeni
Frankfurt am Main 2005, Scherz Verlag;
318 Seiten; 16.90 e
8. SZ WM-Bibliothek – 2006
Ludger Schulze, Josef Kelnberger (Hrsg.)
München 2006,
Verlag Süddeutsche Zeitung;
192 Seiten; 14.90 e
10. Vorne fallen die Tore. Fußball-Geschichte(n)
von Sokrates bis Jürgen Klinsmann
ausgewählt und ballsicher kommentiert
von Rainer Moritz (Hrsg.)
Frankfurt am Main 2006, Fischer
Taschenbuch Verlag; 303 Seiten; 8.95 e
11. Goooooool!
Brasilianer zu sein ist das Größte
Nelson Rodrigues
Aus dem brasilianischen Portugiesisch
übersetzt und mit einem Nachwort
versehen von Henry Thorau
Frankfurt am Main 2006, Suhrkamp Verlag;
176 Seiten; 7 e
Fußballbuch des Jahres
Die Jury und ihre Nominierungen
»Péter Esterházy ist eine rare Doppelbegabung: ein erstklassiger Autor und ein viertklassiger
Spieler. Das ist eine Menge, denn wer je selbst auf dem Platz aktiv war weiß, dass man auch in
der vierten Liga viel mehr können muss als nur einen Ball zu stoppen. Als junger Mann spielte
Esterházy sogar besser als sein jüngerer Bruder, und der wurde immerhin ungarischer
Nationalspieler. Von diesem Bruder handeln einige der Geschichten, die Esterházy in seiner
Péter Esterházy:
„Deutschlandreise „Deutschlandreise“ erzählt, ein Buch, auf das keine Gattungsbezeichnung passen will, und bei
im Strafraum“
dem schon der Titel irreführend ist, denn diese Deutschlandreise spielt wenigstens zur Hälfte
in Ungarn. Für das Magazin der Süddeutschen Zeitung fuhr Esterházy einige Zeit durch Deutschland,
Fußball wurde während dieser Reise sein Navigationssystem. Im Buch hat sich die Reisereportage
ausgewachsen zu einer Expedition in die weit verzweigten Landschaften der Erinnerung, die im
Falle Esterházys überwiegend rechteckig, grün, mit Toren bestückt sind und hinter dem Plattensee
liegen. Das Buch ist eine hinreißende, amüsante, anrührende, (selbst-) ironische Legenden- und
Anekdotensammlung: Wie ich mal Puskás die Hand schüttelte. Wie ich mal meinem Sohn anhand
eines Spiels der Brasilianer die Existenz des Guten in der Welt beweisen wollte und dabei auf
die Schnauze fiel. Wie Ungarn das Endspiel von 1954 doch noch gewann, der Kommunismus
nicht unterging, der renitente Schriftsteller P.E. im Gefängnis landete und trotzdem glücklich war.
Und es ist viel mehr als das: Es enthält eine Philosophie des Zuschauens („Zuweilen mit mehr
Kraft zuschauen, als das Spiel gespielt wird, das du gerade siehst. Inbrünstig, leidenschaftlich,
aufmerksam und unerbittlich zuschauen.“) und eine des Schiedsrichters („ein guter Schiedsrichter
muß auch über unseren Undank Bescheid wissen, darüber, dass wir ihn oft mit unserer eigenen
Unbeholfenheit und Unfähigkeit bewerfen“), es liefert eine existenzielle Deutung der deutschen
(Spiel-)Philosophie („protestantische Ethik plus Lungenkapazität … Die Deutschen machen das
Gute, sie arbeiten daran, sie wissen, es gibt nur das, was du selbst erledigt hast“) und eine vom
Fußball gelernte Poetik („sich nicht mit dem Erstbesten zu begnügen, was zur Hand ist, sondern
das Beste zu erschaffen, einen neuen Raum“), es gibt Antworten auf nie gestellte Fragen (Warum
trinken Freizeitfußballer so viel und gerne Bier?) und schafft es in einem Absatz von einem
englischen Fan-Bier-Rülpser zu den Werten Europas. Kurzum: In diesen 185 Seiten ist mehr drin
als in manchem WM-Finale mit Verlängerung. Eleganz, Treffsicherheit und vor allem Witz, was
aber nicht heißt, dass Esterházy den Fußball und seine Begeisterung dafür nicht ernst nähme:
„Wenn wir nämlich vom Spielfeld abgehen, wissen wir, wozu wir auf Erden sind, wozu der Herr
die Welt erschaffen hat. Oder einfach, was an dem Ganzen gut ist.“ Das Beste am
Fußballbuchjahrgang 2005/06 ist in jedem Fall Péter Esterházy.«
Dr. Christof Siemes
(Juryvorsitzender) nominierte
mit folgender Kurzkritik
Péter Esterházy wurde 1950 in Budapest als Sohn einer aristokratischen Familie
geboren, die nach der Machtergreifung der Kommunisten 1948 enteignet und
deportiert wurde. Esterházy studierte Mathematik an der Universität Budapest
und arbeitete anschließend vier Jahre als Systemorganisator im Ministerium
für die Hütten- und Maschinenbau-Industrie. Seit 1978 ist er freiberuflicher
Schriftsteller. Esterházy wird zur postmodernen Generation ungarischer Literaten
gezählt und kehrte sich bereits mit seinem ersten Novellenband „Fancsiko und
Péter Esterházy
Pinta“ (1976) strikt von der Tradition des sozialistischen Realismus ab. Breite
Beachtung fand er für den als sein „Opus magnum“ bezeichneten Roman
„Harmonia Cælestis“ (2000) über die Geschichte der Familie Esterházy. Die Familienchronik führte
in Ungarn monatelang die Bestsellerlisten an und wurde mit dem Sandor-Marai-Preis, mit dem
Ungarischen Literaturpreis und mit dem Grinzane-Cavour-Preis ausgezeichnet. In der zwei Jahre
später veröffentlichten „Verbesserten Ausgabe“ setzt sich Esterházy mit der Spitzeltätigkeit seines
Vaters auseinander. Esterházy ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Budapest. 2004 wurde
er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
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Hans Böller nominierte
mit folgender Kurzktitik
Michael Horeni:
„Jürgen Klinsmann.
Stürmer, Trainer,
Weltmeister“
»Natürlich ist es eigentlich vollkommen unmöglich, Christoph Biermann nicht zu nominieren.
Natürlich gehören Ludger Schulze und Josef Kelnberger – stellvertretend für das Kreativteam der SZWM-Bibliothek – auf die Liste. Und natürlich wäre es schön, dürfte man elf Werke vorschlagen – man
fände sie, dazu sogar noch Joker vom Schlage Odonkor oder Neuville (oder del Piero, denn Birgit
Schönau darf schon gar nicht fehlen). Soviel vorweg, weil es immer heikel ist, einen Kollegen zu nominieren. Trotzdem (und weil wir ja in diesem Sommer gelernt haben, Mut zu beweisen) ganz vertikal:
Mein Favorit ist Michael Horeni mit seiner Klinsmann-Biographie - und natürlich nicht nur, weil eine
Abstimmung im Superdeutschlandfußballjahr 2006 ohne Klinsi geradezu unvorstellbar wäre.
Es ist ein sehr gutes, sehr interessantes Buch, und bei allem großen, berechtigten und nötigen Respekt
vor literarischen und philosophischen Einlassungen zum Thema tut eine schöne Biographie dem Angebot
an die Juroren gewiss auch gut. Und dieses ist wahrlich eine schöne Biographie: Klinsmann beschäftigt
unsereinen schließlich schon länger, sehr intensiv während der vergangenen Wochen – und in Berlin, wo
ich Horenis Buch dabei hatte, fand ich beim Lesen doch immer wieder Neues und Interessantes, zumal
diese Biographie auch viel über Fußball erzählt und den Verband, dessen Auserwählte ihr Land jetzt so
beglückt haben. Wie es alles ausgehen würde nach dem furiosen Finale im Spiel um Platz drei, konnte
man sich überdies sehr gut vorstellen, wenn man noch einmal das Kapitel über den Spieler Jürgen Klinsmann an der White Hart Lane in Tottenham gelesen hatte - wer sich von der Liebe der Engländer nicht
zum Bleiben erweichen lässt, dem würde es mit den deutschen Landsleuten nicht anders gehen. Auf
diesen Seiten erzählt Horeni auch viel über England, so wie man viel über Italien (Inter, Samp) erfährt –
und natürlich dürfen weder Italien noch England im zu kürenden Buch des Jahres fehlen.
Dass Michael Horeni es im WM-Jahr schaffte, wahrscheinlich in seiner Freizeit ein Buch zu schreiben,
das in keiner Zeile wie eine schnelle Produktion fürs Fußballjahr 2006 aussieht, sondern mit Blick für
das Ganze und Liebe zum Detail glänzt, ist ohnehin bewundernswert – und diese Biographie ist tatsächlich auch ein Lesevergnügen. Horeni schreibt unaufdringlich, nie manieristisch, aber mit Hintersinn
und unterhaltsam – es geht Horeni, wofür man die FAZ ja immer preisen muss, um die Sache, nicht um
die Selbstdarstellung. Und trotz der notwendigen Nähe zur Person Klinsmann – gesehen auch aus den
Perspektiven ihrer Wegbegleiter – geht dabei die journalistische Distanz nie verloren; der nette Sunnyboy
ist auch der harte Verhandlungspartner, ein Profi so weltoffen und lernbegierig wie geschäftstüchtig
und berechnend. Man kann Klinsmann danach sympathisch finden oder auch genau dieses nicht –
das Buch wird man mögen.« Michael Horeni, geboren 1965 in Frankfurt am Main, schreibt seit 1989 als Sport-Redakteur bei der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der studierte Politologe und Philosoph ist seit 2000 zuständiger
Redakteur für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. 1998 erhielt Horeni den Fair-Play-Preis für
Sportjournalismus.
Klaus Brinkbäumer nominierte
mit folgender Kurzkritik
Christoph Biermann:
„Fast alles über
Fußball“
»Christoph Biermann hat die Art, wie in Deutschland über Fußball geschrieben
und geredet wird, verändert, weil er Worte gefunden hat für Strategien und
Strukturen von Mannschaften; er schreibt lustvoll und lustig und vor allem
kompetent.„Fast alles über Fußball" ist anders als seine anderen Bücher, es ist
eine Sammlung von Skurrilem. Und es unterscheidet sich von all diesen Listenbüchern, die nicht viel mehr sind als gedruckte Internetrecherche, weil bei Biermann
jedes Detail einen Sinn hat und dort steht, wohin es gehört.«
Christoph Biermann, geboren 1960, lebt als freier Autor in Köln und ist Sportkorrespon- Christoph Biermann
dent der „Süddeutschen Zeitung“, in Kürze bei DER SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE.
Er ist außerdem u.a. freier Journalist für die taz, DIE ZEIT und 11 Freunde und veröffentlicht viel beachtete
Bücher zum Thema Fußball, u.a. „Wenn du am Spieltag beerdigt wirst, kann ich leider nicht kommen. Die
Welt der Fußballfans“ (1995), „Fußball ist ein Spiel für 22 Leute, und am Ende gewinnt immer Deutschland
– außer manchmal. Ein WM-Tagebuch“ (1998), „Meine Tage als Spitzenreiter. Letzte Wahrheiten über
Fußball“ (2004).
Fußballbuch des Jahres
Bernd Gäbler nominierte
mit folgender Kurzkritik
Ludwig Harig:
„Die Wahrheit ist
auf dem Platz.
Fußballsonette“
»Jochen Hieber hat als Rezensent und Bewunderer in der „Frankfurter Anthologie“ der FAZ eines
dieser Sonette nicht nur vorgestellt, sondern geradezu mustergültig erklärt. Dem ist wenig
hinzuzufügen; erst recht nichts, was befugter wäre.
So will ich nur – aus Laienperspektive – noch einmal den heiligen Ernst hervorheben, den jedes
dieser Sonette ausstrahlt, die Harig so konsequent geformt hat. Natürlich liegt die Wahrheit auf dem
Platz. Aber man muss sie ergreifen können. Harig schafft das. Tatsächlich verdichtet er das
Spielgeschehen. Die ernste Form ist also selber Spiel – aber was für eins!
Wer käme schon darauf, „Sepp Maier oder Kneib, Burdenski oder Kargus“ in eine Zeile zu zwingen
und dies dann auch noch mit dem „scharfen Blick des Argus“ in Beziehung zu setzen? Da zwinkert
der Gestrenge: „Der Fan lehnt sich zurück und cremt sich mit Nivea, erwartet voll Respekt das Team
aus Südkorea.“ So hieß es zum World Cup 1994 in den USA. Und die Betrachtungen zur WM 1982
klingen in einem fast ewig gültigen Seufzer aus: „Die Fußballfolter endet nie. Uns foltern Taktik,
Strategie.“ Aber das Spiel, das nimmt er stets so ernst wie seine Formen. Deswegen dichtet er so
treffend. Und registriert Veränderungen. Nimmt Ludwig Harig in „Der Countdown ist im Gang“,
dessen letzte Zeile lautet: „Ganz Deutschland zittert mit, es ist noch alles offen“, nicht schon ahnend
vorweg, was wenig später durch das Land rollt? „Moralische Doktrin bestimmt die Vorbereitung“,
befindet Harig apodiktisch, und „ein helles Dreigestirn mit Klinsmann, Bierhoff, Löw erleuchtet unser
Hoffen.“ Zum Wunder dieses Büchleins trägt bei, dass nicht nur der Dichter selbst Gestaltungswillen
hat, sondern auch der Verlag. Zum geistigen Genuss gesellt sich Fühlen. Der Rasen wird spürbar;
die Gedichte-Sammlung zur haptischen Freude.«
Ludwig Harig, 1927 in Sulzbach im Saarland geboren, arbeitete zunächst als Volksschullehrer,
seit 1974 als freier Schriftsteller. Neben literarischen Texten und Übersetzungen entwickelte er sich
seit Mitte der 60er Jahre zu einem der wichtigsten Erneuerer des experimentellen Hörspiels. Sein
Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Marburger Literaturpreis, dem
Hörspielpreis der Kriegsblinden und dem Friedrich-Hölderlin-Preis 1994.
Harald Kaiser nominierte
mit folgender Kurzkritik
Christoph
Bausenwein:
„Geheimnis
Fußball“
»Die erste Auflage von „Geheimnis Fußball“ erschien 1995. Der Titel versprach
schon damals nicht zu viel: Detail- und kenntnisreich skizzierte Christoph Bausenwein
den geschichtlichen Hintergrund des Weltsports Nummer eins, schilderte dessen
Aufstieg vom proletarischen Männersport zum kulturellen Massenphänomen und
ging dem Geheimnis der Faszination dieses Spiels auf den Grund.
Die unglaublichen Wendungen, die ein Fußballspiel ab und an zu nehmen pflegt,
die immer wieder neue Spannung über dessen Ausgang, die herrlichen, manchmal
bizarren Geschichten, die nur der Fußball schreibt, dies alles findet sich in diesem
Buch. Nun hat Bausenwein sein Standardwerk komplett neu überarbeitet, er- Christoph Bausenwein
gänzt und aktualisiert, neu gegliedert und mit neuen Ergebnissen und Betonungen
ausgestattet. Das 2006 erneut im Göttinger Werkstatt-Verlag erschienene Buch ist also keineswegs
„nur“ eine Neuauflage. Die Bewertung der 575 prallen Seiten aber bleibt die Gleiche: Wer den Fußball
wirklich verstehen will, muss dieses Buch gelesen haben.«
Christoph Bausenwein, geboren 1959 in Nürnberg, studierte Geschichte und Philosophie. Er zählt
zu den profiliertesten Fußballbuchautoren in Deutschland. Der 1. FCN nimmt in Bausenweins
Veröffentlichungen breiten Raum ein, kein Wunder, wenn man bedenkt, dass der Autor seine ersten
Lebensjahre im Nürnberger Stadtteil Mögeldorf verbrachte. Gemeinsam mit Harald Kaiser und Bernd
Siegler verfasste er „Die Legende vom Club“ (1996), das Standardwerk zur Geschichte des
Fußballvereins aus der Noris. Darüber hinaus stammt aus seiner Feder das „Geheimnis Fußball“
(Erstauflage 1995), das mehrfach als „bestes aller Fußballbücher“ (BR) bezeichnet wurde. Bausenweins
„Die letzten Männer“ (2003) ist eine ausführliche Gattungsgeschichte und Seelenkunde der Torhüter.
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Jürgen Kaube nominierte
mit folgender Kurzkritik
Nelson Rodrigues:
„Goooooool!
Brasilianer zu sein,
ist das Größte“
»Nelson Rodrigues soll sehr kurzsichtig gewesen sein. Im riesigen Maracaña-Stadion, spotten
manche, habe er das Geschehen auf dem Spielfeld gar nicht genau verfolgen können. Das hat
Brasiliens bedeutendsten Dramatiker des vergangenen Jahrhunderts nicht daran gehindert,
wunderbare Fußballglossen zu schreiben.
Aber worüber, wenn er die Spiele doch gar nicht im einzelnen verfolgt hat? Dumme Frage. Zum
Beispiel über die Rache, die Hysterie, die Feigheit, die Langeweile, die Eitelkeit, den Fluch, das
Fluchen, die Trauer, das Toben, den Straßenköter-Komplex und über Pelé. Für Rodrigues, der
zwischen 1955 und 1980, dem Jahr seines Todes, fast täglich über den brasilianischen Fußball
schrieb, ist Fußball ein ganz von Stimmung und Pathos getragenes Spiel: „Der mieseste
Straßenfußball hat Shakespeare’sche Dimensionen.“
Doch Rodrigues schreibt nicht wie ein Theaterkritiker, aufgebläht von Kennerschaft und mit dem
wichtigen Gesicht dessen, der jetzt gleich den Daumen senken wird. Er schreibt vielmehr wie
jemand, der sagen soll, wie seine Freundin aussieht, nein, wie einer, der der sagen soll, wie sie
letzte Nacht aussah. Oder wie der Typ aussah, für den sie ihn letzte Nacht verlassen hat. Anders
als viele Berichterstatter – oder gar die Fußballphilosophen – lassen seine Stücke also keinen
Zweifel daran, dass Fußball ein physisches Geschehen ist. Dass man ihn nicht nur sieht, sondern
auch hört und fühlt. Dass man ihn vor allem nur richtig sieht, wenn man ihn nicht allein sieht.
Rodrigues schreibt, mit anderen Worten, aus dem Vokabular der Ränge, übersetzt die Gesten,
das Gebrüll, die Ohnmacht und das Stammtischgeschwätz in Kolumnen. Außerdem ist für ihn
Fußball ein Geschehen der Energieübertragung von einzelnen auf Kollektive und umgekehrt. Und
eben weil es seine tiefste magische Überzeugung ist, dass grottenschlechte Mannschaften mit
grottenschlechten Fans zusammenhängen, dass also die Stimmung nicht nur „auf den Rängen“
ist, schreibt er so passioniert: Er glaubt, dass gute Metaphern zuletzt auch der Mannschaft nützen.
Das führt zu den herrlichsten Übertreibungen. Etwa der, dass es allergrößte Bedeutung besitzt,
ob ein Trainer dick oder dünn ist. Oder der, dass es den Spielern früher – so um 1911 herum, als
sowieso alles besser … – wichtiger war, eine Schneise der Vernichtung durch die Gegner zu
schlagen, anstatt etwas mit dem Ball anzufangen. Oder der über die Einwechslung einer Legende,
die zur Wende im Spiel führte: „Im Spiel Brasilien gegen Paraguay hatte Zizinho das Match
schon gewonnen, noch ehe er auf den Platz kam, noch bevor er sein Trikot durchschwitzen
konnte. Er hatte es schon in der Pause über den Stadionlautsprecher gewonnen. Im Grunde
genommen hätte er sogar auch von zu Hause aus, per Telefon spielen können.“
Heute berichten Fußballreporter für Leute, die glauben, dass man auch von zu Hause aus, per
Fernsehen, das Wichtigste davon mitbekommen kann. Das ist nicht nur ein Irrtum, die Texte
sind auch danach. Beim Lesen von Rodrigues hingegen flucht man ständig, nicht dabei gewesen
zu sein und nicht einmal Portugiesisch zu können, für die 10.000 Kolumnen, die nicht übersetzt
sind. So müsste man schreiben.«
Nelson Rodrigues, geboren 1912 in Recife, war brasilianischer Dramatiker, Schriftsteller und
Journalist. Als Bühnenautor war er wegen seiner Gesellschaftskritik stets umstritten, als politischer
Kolumnist und Sportjournalist wurde er geschätzt und gefürchtet. Er starb 1980 in Rio de Janeiro.
Philipp Köster nominierte
mit folgender Kurzkritik
Ludger Schulze,
Josef Kelnberger (Hg.):
„SZ WM-Bibliothek –
2006“
»Der perfekte Abschluss einer eindrucksvollen Edition. Der SZ-Band zur WM 2006 ist das
bestmögliche Buch zum Turnier. Beeindruckende Bilder, treffende Analysen, spannende
Reportagen – all das so kurz nach der WM schon in Buchform präsentieren zu können, ist ein
weiterer Beleg für die herausragende Qualität der SZ-Sportredaktion. Nie, auch nicht in den
gefühligen Portraits der umjubelten Helden, verlieren die Texte jene Distanz zum Objekt, die
gute journalistische Texte ausmacht. Und nebenbei: Allein der demütige Kniefall Günter Netzers
vor Jürgen Klinsmann ist den Kauf wert.«
Ludger Schulze, geboren 1950, ist Ressortleiter Sport der Süddeutschen Zeitung.
Fußballbuch des Jahres
Matti Lieske nominierte
mit folgender Kurzkritik
Gunter Gebauer:
„Poetik des
Fußballs“
Birgit Schönau nominierte
mit folgender Kurzkritik
Torsten Körner:
„Auch ich war
einst Pelé.
Prominente und ihr
Traum vom Fußball“
»Fußball ist ein ungeheuer einfaches Spiel. Der Zweijährige, der gerade Laufen gelernt hat, beherrscht bereits
alle Grundlagen: rennen, stoppen, passen, schießen. Wenn er zwanzig Jahre später Fußballprofi wird, hat er
all das lediglich ein bisschen verfeinert. Fußball ist ungeheuer leicht zu verstehen. Wie die WM gezeigt hat,
kann man sogar jeden x-beliebigen Politiker respektive jede beliebige Politikerin auf eine Tribüne setzen, und
nach wenigen Minuten weiß er/sie in etwa, was läuft. Fußball ist ungeheuer demokratisch. Diskussionen über
Fußball in Akademikerkreisen unterscheiden sich keinen Deut von jenen in Hafenkneipen, weder vom Vokabular
noch vom geistigen Niveau her. Fußball ist schrecklich simpel. Das macht ihn so ungeheuer kompliziert.
Darum braucht man Bücher wie jenes des Philosophen und Sportsoziologen Gunter Gebauer, der den
einfachen oder auch nur einfach scheinenden Variablen des Fußballs auf den Grund geht und sie bis in die
letzten Verästelungen erklärt. Es ist eine gern gebrauchte Binsenweisheit, dass sich im Fußball die ganze
Welt spiegelt, denn in gewisser Weise trifft sie auch auf Mensch-ärgere-dich-nicht zu. Gebauer widmet sich
jenen Aspekten des Fußballs, die besonders sind. Etliche rühren von seiner im vergangenen Jahrhundert ins
Gigantische gewachsenen Popularität her und der damit einhergehenden Kommerzialisierung und Trivialisierung,
sowie seinem Legenden- und Anekdotenpotenzial, dem allenfalls der Sagenschatz des amerikanischen
Baseball vergleichbar ist. Dabei bedingen sich die Gründe für die Beliebtheit des Fußballs und die Folgen
dieser Beliebtheit gegenseitig in einem dialektischen Wechselspiel. Basis ist jedoch die Natur des Menschen,
seine soziale Entwicklung und Interaktion, nicht zuletzt aber auch die Natur des Balles, der selten so fliegt,
wie es die aktiv und passiv Beteiligten am Spiel gern hätten. Gunter Gebauer analysiert anschaulich,
unterhaltsam, gründlich und präzise die vielfältigen Facetten des Fußballs und seiner Rezeption. Im Fußball,
schreibt der Autor in seinem Vorwort, „findet man etwas, das der Welt verloren gegangen ist – eine Herrschaft,
die sich nicht nur auf Macht, sondern auch auf Ästhetik gründet“. Es ist ein großes Verdienst des Buches,
vor allem dieser Ästhetik und Poetik gebührenden Raum zu geben.«
Gunter Gebauer, geboren 1944, ist Professor für Philosophie und Sportsoziologie an der Freien Universität
Berlin. Er ist Sprecher des Interdisziplinären Zentrums für Historische Anthropologie und Leiter des
Forschungsprojekts „Die Aufführung der Gesellschaft in Spielen“.
»Wenn das Spiel abgepfiffen ist, bleibt die Erinnerung – und die verknüpft sich nicht nur mit dem Geschehen
auf dem Rasen. Ein Fußballmatch kann eine Bahnfahrt von Königswinter nach Neuwied bedeuten, wie der
4. Juli 1954 für Norbert Blüm. Deutschland wurde Weltmeister, „und eine alte Frau, die zuvor in einer Ecke
des Abteils apathisch ihre Strümpfe gestrickt hatte, umarmte mich.“ Ein Spiel kann eine kleine Kulturrevolution
herbeiführen, wie das Halbfinale in Mexiko 1986 für Manuel Andrack, der für sich in Anspruch nimmt, damals
in Köln den deutschen Autocorso erfunden zu haben: „Da standen gerade mal zehn Autos auf der Kyffhäuser
Straße und versperrten die. Das wurde der Polizei unheimlich. Ein junger Polizist verlor die Nerven und
drückte den Notknopf. Da kamen alle Kölner Polizeiwagen angefahren, nach dem Motto: Unser Kollege ist
bedroht.“ Ein Spiel kann auch hohe, unfreiwillig komische Politik bedeuten, wie für den Musiker Frank Schöbel
die Teilnahme der DDR-Nationalmannschaft bei der WM 1974. Schöbel war aufgefordert, dazu ein Fußballlied
zu schreiben, „und der Refrain geht so: Ja, der Fußball ist rund wie die Welt, überall rollt der Ball, und wenn
einer zum andern hält, trifft der Ball, klarer Fall.” Das gefiel dem SED-Zentralkomittee aber nicht, deshalb
musste Schöbel singen: „Freunde gibt es überall auf der Welt, Menschen, die sich gut verstehn und mit dir
Tag für Tag eine Straße gehn.” Grotesk, aber wahr. Fußballwahr.
Fußball ist Projektion. Jede Generation hat ihre Helden, ihre Mythen und Legenden. Fußball ist für alle auch
mit Kindheit verknüpft, mit Freiheit, Wildheit und ganz viel Zeit. Fußball ist der Bildungsroman des 20.
Jahrhunderts und könnte auch der des 21. werden. Fußball ist für alle, die nicht für Geld laufende Fußballer
sind, vor allem im Kopf. Eben das Spiel des Lebens.
Dazu liefert Torsten Körner mit „Auch ich war einst Pelé” ein wunderbares Mosaik. Das einzige, was an seinem
kleinen, bunten, alltagspoetischen und lebensphilosophischen Buch nicht stimmt, ist der Untertitel: „Prominente
und ihr Traum vom Fußball“. Der mag vielleicht die Auflage steigern, aber er trifft daneben. Körner hat einfach
mehr oder weniger bekannte Zeitgenossen dazu interviewt, wie der Fußball in ihr Leben kam und darin blieb.
Und er hat kluge Fragen gestellt, denn den meisten seiner Fußball-Zeitzeugen fiel eine Menge ein.
Fritz Pleitgen erzählt, wie er als 14-Jähriger in der Lokalsport-Redaktion im ostwestfälischen Bünde anfing und
bald als Fußballer zum Gegenstand seiner eigenen Berichterstattung wurde: „Dass ich hin und wieder ein Tor
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schoss, vermerkte ich lakonisch.” Marcel Reif erinnert an die Idole seiner Jugend – den polnischen Nationaltorhüter
Edward Szymkowiak (“... er war mein Held, mein Traum, mein Ritter, mein Ach-was-weiß-ich ...”) und Jacobus
Thäodorus Prins, genannt Co Prins von Kaiserlautern: „Er hatte alles, was mir im Leben Spaß machte.”
Hannover 96-Präsident Götz von Fromberg erzählt, wie er als Junge Tore aus Weihnachtsbäumen bastelte und
später mit Gerd Schröder Fußball spielte: „Ich dachte, ein großes Licht kann der auf dem Platz nicht sein, weil
der sich schon so nachlässig warm machte. Im Spiel aber explodierte er plötzlich.”
Olli Dittrich berichtet von seiner größten Niederlage, wie er, bei Schnee und Eis auf Uwe Seeler wartend,
gemeinsam mit seinem Kugelschreiber festfriert, so dass der von ihm Verehrte ihm kein Autogramm schreiben
konnte. „Man sieht noch die tiefen Furchen, man sieht, dass Uwe Seeler dreimal versucht hat, seinen Namen
genau übereinander zu schreiben. Uwe gab mir dann den Stift zurück und sagte so im Weggehen: ‘Kauf’ dir
mal ‘nen neuen Stift, Junge!’”
Matthias Brandt erinnert, dass er mit den Leibwächtern seines Vaters kickte und dass nach Willy Brandts
Rücktritt seine größte Sorge war, das WM-Finale 1974 nicht mehr live sehen zu dürfen. Aber erkennt auch die
Gleichmacher-Funktion des Fußballs: „Plötzlich ging es nicht mehr um deine Herkunft, sondern schlicht und
ergreifend um dein Können.” Die Magie, die Vitalität, die große Kraft eines Spiels, das nicht nur Sport ist und
nie nur käuflicher Event sein wird – sie schimmern durch die Geschichten in diesem Buch. Die so verschieden
sind, wie die Menschen, die sie erzählen. Aber die ohne Fußball nicht möglich wären.«
Torsten Körner, geboren 1965, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft. Seit 1999 arbeitet er als
Fernsehkritiker. Er lebt als freier Autor in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm eine Heinz-Rühmann-Biographie,
„Schiller für Eilige“ und eine große Biografie zu Franz Beckenbauer.
Ludger Schulze nominierte
mit folgender Kurzkritik
Rainer Moritz:
„Vorne fallen die Tore.
Fußball-Geschichte(n)
von Sokrates bis
Jürgen Klinsmann“
»In der wunderbaren, später vom Kommerz verschluckten Kulturzeitschrift „Transatlantik“ schrieb im Juli 1990,
just als das wiedervereinigte Deutschland auf dem Boden der italienischen Hauptstadt Weltmeister (das geht
auch andersherum) geworden war, schrieb Reinhard Hesse einen kleinen, feinen Text über „Unsere armselige
Fußball-Literatur“. Hesse wusste, wovon er sprach, er war Redakteur dieses wunderbaren Magazins, vorher
als Kriegsberichterstatter der „taz“ im Libanon gewesen, später Feuilletonist der „SZ“ und Reporter der
„Woche“, Kosmopolit und Bonvivant, und in seinen letzten Lebensjahren der Kopf hinter der rot-grünen
Regierung als Redenschreiber von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Vor allem aber war Reinhard Hesse ein
glühender Anhänger von Hannover 96, trotzdem verstand er viel vom Fußball. Und von der Literatur. Seine
Klage über den miserablen Zustand der Kombination aus beidem gipfelte in einem Befehl an „die Talente im
schreibenden Fußballgewerbe“: „Ran an die Geräte, Jungs, schreibt Romane!“
Es sind tatsächlich einige rangegangen an die Geräte, Rainer Moritz etwa, und er hat, zwar keinen Roman,
aber doch die besten Geschichten aus rund 5000 Jahren Fußball-Historie zusammengetragen. Das geht
vom „bestickten Gürtelkick“ der alten Chinesen über den dringlichen Vorschlag einer österreichischen
Zeitung, in Simmering (laut dem verstorbenen Kabarettisten Helmut Qualtinger ein äußerst gefährlicher
Ort: „Stierkampf? Matte Sache, Simmering gegen Kapfenberg, das nenn ich Brudalidäd“) bis zur in Belgien
gewonnenen Erkenntnis, dass sexuell enthaltsame Fußballer länger durchhalten.
Es mag Leute geben, denen diese Sammlung nicht gefällt. Dann verstehen sie nix vom Fußball, oder nix von
der Literatur. Die Anekdoten und Erzählungen, die Interviews und Selbstgespräche baden in der Freude am
Absurden, Bizarren, sie sind zum Umfallen komisch, und zum Heulen traurig. Oder ist die Geschichte etwa
nicht traurig, wie der weltreisende Trainer Rudi Gutendorf dem verschämt-naiven Rechtsaußen Reinhard
Libuda beizubringen versuchte, wie der seine Rolle anlässlich eines Europapokalspiels in Irland gegenüber
britischen Presseleuten erklären sollte: „I am the right wing.“ Libuda, die verwirrte Seele, wurde tatsächlich
gefragt. Er sagte: „I am the white ring.“ Moritz, heute Chef des Hamburger Literaturhauses, hat eine Perle ans
Licht der Welt gebracht, das Buch ist obendrein noch lehrreich, natürlich, der Mann ist ja jahrelang als
Schiedsrichter tätig gewesen. Sein Buch ist so wichtig wie der Fußball und so überflüssig wie – genau.«
Rainer Moritz wurde 1958 in Heilbronn geboren. Er amtierte acht Jahre lang als Schieds-und Linienrichter,
ist Vizepräsident der Marcel Proust Gesellschaft, Köln. Er war Verlagsleiter des Hoffmann und Campe Verlags
und leitet derzeit das Literaturhaus Hamburg. Als freier Autor veröffentlichte er zahlreiche Bücher, darunter
zuletzt „Mit Proust durch Paris“ (2004) und „Abseits. Das letzte Geheimnis des Fußballs“ (2006).
Fußballbuch des Jahres
277
Die Jury
Dr. Christof Siemes
Klaus Brinkbäumer
Hans Böller
Vorsitzender der Jury Nürnberger Nachrichten, DER SPIEGEL, Berlin
DIE ZEIT, Hamburg
Nürnberg
Stefan Erhardt
Der tödliche Pass,
München
Harald Kaiser
Philipp Köster
Jürgen Kaube
kicker-Sportmagazin, Frankfurter All11 Freunde, Berlin
Nürnberg
gemeine Zeitung,
Frankfurt a. M./Berlin
Birgit Schönau
Ludger Schulze
Süddeutsche Zeitung, Süddeutsche Zeitung,
DIE ZEIT, Rom
München
Bernd Gäbler
Dozent für
Journalistik,
Bochum
Matti Lieske
Berliner Zeitung,
Berlin
28
28
Fußballspruch des Jahres
„Der Ball ist rund“, „Ein Spiel dauert 90 Minuten“ oder „Nach dem Spiel ist
vor dem Spiel“ – im Genre der Fußballweisheiten setzte Sepp Herberger
Maßstäbe. Nicht schlecht ist auch „Und wenn Dein Reden auch stockfalsch
und blödsinnig ist: Hauptsache, Du tust wieder den Mund auf.” (Lothar
Matthäus, eine wahre Fundgrube für Sprüche). Mittlerweile gibt es immer mehr
Sammler und Liebhaber von Sprüchen rund um den Fußball. Die zitierten
Wörter, Sätze oder Satzgebilde sind mal mehr, mal weniger sinnig. Und jene,
die es hoch hinaus bis zum geflügelten Fußballwort geschafft haben, sind oft
genug auch komisch – wenngleich nicht selten unfreiwillig.
Für die Verleihung des Fußball-Kulturpreises 2006 wurde deutschlandweit,
mit Unterstützung von easyCredit/norisbank, der beste Fußballspruch der
Saison 2005/06 gesucht, einschließlich der Fußball-WM: Eine prägnante
Aussage zum Thema Fußball, die im Gedächtnis blieb – gleich ob ursprünglich
gesprochenes Wort oder journalistischer, literarischer, werblicher Text, gleich
ob gezielt oder ungezielt komisch, ob satirisch treffend – oder auch einfach
treffsicher im Gehalt, wie z.B. „Den meisten Managern ist zumindest vage klar,
dass sich die Klubs im kollektiven Besitz ihrer Stadt, Region oder Fans befinden.“
(Christoph Biermann), gleich ob aus dem In- oder Ausland.
Eine fach- und sprachkundige Jury (Autoren und Journalisten) brachte ebenfalls
Vorschläge ein und wählte – in geheimer Abstimmung – den Sieger.
Fußballspruch des Jahres
Die Auszeichnung „Fußballspruch des Jahres“ geht an
„So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.“
(Lukas Podolski nach dem 0:2 im WM-Halbfinale 2006 gegen Italien)
Lukas Podolski, 1985 in Polen (Gliwice) geboren, hat für seine 21 Jahre eine
erstaunliche Karriere vorzuweisen: Sowohl in der 2. wie auch seit 2005 in
der 1. Bundesliga gewann er mehrmals die Auszeichnung „Tor des Monats“.
2005 schaffte er es auf Platz 2 bei der Wahl zum „Fußballer des Jahres“.
Bei der WM 2006 wurde er zum „Besten Nachwuchsspieler“ gekürt. 35 Länderspiele, bei denen er 20 Tore erzielte, krönen die Bilanz. Und schließlich
ist er nun da angekommen, wo (fast) alle Fußballspieler hinwollen: beim
FC Bayern München.
Trotz seiner jungenhaften Unbekümmertheit, für die ihn die Fans lieben,
zeigt er doch manchmal eine erstaunlich abgeklärte Haltung, z.B. gegenüber
der Presse: „Selbst wenn man mal schlecht gespielt hat, muss man sich
den Fragen der Journalisten stellen. Das macht mir nichts aus, es ist einfach
Teil des Jobs.“
Die Wahl in die Top-11 zum „Fußballspruch des Jahres“ hat bewiesen:
Lukas Podolski hat eine trockene Schuss- wie Spruchtechnik.
Die Auszeichnung „Der Fußballspruch
des Jahres“ wird durch die Deutsche
Akademie für Fußball-Kultur vergeben.
Der Preis ist undotiert, der Sieger erhält
eine symbolische Auszeichnung.
Laudator: Christian Eichler,
Frankfurter Allgemeine Zeitung
297
730
Fußballspruch des Jahres:
Die Top-Elf der Saison
1.
„So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.“
(Lukas Podolski nach dem 0:2 im WM-Halbfinale 2006 gegen Italien)
2.
„Ich bin schon zufrieden, wenn wir die Eröffnungsfeier nicht verlieren.“
Günther Beckstein
3.
„Fußball ist einfach: Rein das Ding – und ab nach Hause.“
Lukas Podolski
3.
„Partyotismus“
Achim Bogdahn
5.
„Ich verspreche euch: Wir verlieren nie wieder!“
Hans Meyer (am Ende der Saison 2005/06 zu den Fans)
6.
„Seine Wade ist noch nicht da, wo sie hin muss“
Jürgen Klinsmann (Begründung für den Verzicht auf Michael Ballack
im Eröffnungsspiel gegen Costa Rica)
7.
„Das Leben ist kein Heimspiel.“
Klaus Hansen (Buchtitel)
8.
„Wir müssen die Köpfe hochkrempeln und die Ärmel natürlich auch.“
Lukas Podolski
8.
„Doppelpass alleine? Vergiss es!“
Lukas Podolski
10.
„Das Spiel der Engländer in der 1. Halbzeit war viel zu langsam,
was mit Sicherheit am Tempo gelegen hat!“
Kalle Riedle
11.
„Dass wir uns auch freuen können, wenn wir nicht Erster werden –
das, finde ich, ist der eigentliche Gewinn.“
Angela Merkel
Fußballspruch des Jahres
317
Die Jury
Christian Eichler
Christoph Bausenwein
Vorsitzender der Jury, Autor, freier Journalist
Journalist, Frankfurter
Allgemeine Zeitung
Günther Koch
Radio- und TVKommentator,
Arena
Christoph Biermann Thomas Brussig
Autor und Journalist, Autor
Süddeutsche Zeitung,
taz, 11 Freunde, demnächst
DER SPIEGEL und
SPIEGEL ONLINE
Nicole Selmer
Autorin und freie
Journalistin
Arnd Zeigler
Redakteur und
Moderator,
Radio Bremen
Oliver Fritsch
Online-Redakteur,
www.indirekterfreistoss.de
32
Impressum
Amt für Kultur und Freizeit
der Stadt Nürnberg
Deutsche Akademie
für Fußball-Kultur
Marienstraße 15
90402 Nürnberg
Tel. 0911/2 31-70 55
Fax. 0911/2 31-68 09
Redaktion:
Günter Joschko
Birgitt Glöckl
Claus Enkler
Claudia Rodas
Christoph Zitzmann
Susanne Gumbmann
Harald Kaiser
[email protected]
www.fussball-kultur.org
Grafik:
Martin Küchle
Zum Schluss noch einmal ein besonderer Dank an alle 33 Mitwirkenden in den vier Jurys –
und an die beiden maßgeblich beteiligten Kapitäne des Amts für Kultur und Freizeit Dr. Uli Glaser
und Jürgen Markwirth.
Herzlichen Dank an die Träger, Förderer und Sponsoren der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur
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