Der GCT (Gate Commutated Thyristor) – Stärken von GTO
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Der GCT (Gate Commutated Thyristor) – Stärken von GTO
ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit Der GCT (Gate Commutated Thyristor) – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit Dr. Horst Grüning, ABB Industrie AG, CH 5300 Turgi Kurzfassung Gate Commutated Thyristoren (GCT) bieten sich zunehmend für den Einsatz in Mittelspannungsumrichtern jeder Art an. Dank ihrer engen Verwandtschaft zum GTO, ihrem neuartigen Funktionsprinzip, dem Einsatz fortschrittlichster Silizium-Technologie und auf die Erfordernisse der Mittelspannungstechnik zugeschnittener Schaltungstechnik und Konstruktion ermöglichen sie eine signifikante Reduktion der Verluste bei gleichzeitig erhöhter Schaltfrequenz, eine Reduktion der Bauvolumen sowie eine erhöhte Zuverlässigkeit. Gleichzeitig sind Umrichter mit GCTs einfach im Design, robust in der Fertigung, unproblematisch in der Anwendung und einfach in der Handhabung. Deshalb wird durch Einführung dieser Technologie eine Kostenreduktion auf breiter Front erreicht. 1 Einleitung Seit Anbeginn ist die Entwicklung der Leistungshalbleiter durch die Suche nach dem idealen Schalter geprägt. Kleinste Durchlassverluste, kleinste Schaltverluste, eine möglichst hohe Schaltfrequenz und einfachste Ansteuerung – das war und ist es, was die Anwendung benötigt. Bedingt durch ihre nahe Verwandtschaft zum Thyristor gehören die GTOs zu den ersten abschaltbaren Leistungshalbleiterbauelementen. Wegen ihrer aufwendigen Ansteuerung, ihrer Gehäuse- und Einspanntechnik und dem hohen Beschaltungsaufwand konnten sie der Vorstellung vom idealen Schalter nur in sehr begrenztem Masse entsprechen. Dass sie das Gebiet der Mittelspannungsanwendungen dennoch lange Zeit praktisch alleine beherrscht haben, kann wohl nur als Fehlen wettbewerbsfähiger Alternativen erklärt werden. In den letzten Jahren nun aber hat sich der IGBT gemausert: Aus ersten Anfängen mit ernsthaften Problemen auf den unterschiedlichsten Gebieten – es sei nur an die jahrelange Diskussion um das „Latching“ erinnert – ist er zu einem namhaften Vertreter seiner Klasse herangewachsen, der, von niedrigen Spannungen her wachsend, inzwischen sogar die für GTOs typische Sperrspannung von 4,5kV erreicht hat. Und auch der Strom scheint ihm nur noch wenig zu schaffen zu machen: Inzwischen werden durch interne Parallelschaltung zahlreicher Chips Module für mehr als 1000A gefertigt, und ETG Tagung 1 von 12 durch weitere Parallelschaltung solcher Module können sogar Ströme über 3000A beherrscht werden – eine Grösse, wie sie bis anhin bei dieser Spannung eindeutig den GTOs vorbehalten war. Doch was technisch machbar ist, stellt damit noch nicht unbedingt die gesamtheitlich günstigste Lösung dar. Zwar bieten die IGBTs eine gute Alternative. Ihre Durchlassverluste sind jedoch für Elemente mit 4.5kV und 6kV Blockierspannung noch immer sehr hoch. Auch die Beherrschung ihrer Gehäusetechnik, der Anschlusstechnik mit extrem niedrigen Induktivitäten und selbst der Ansteuerung bedürfen einer grösseren Erfahrung, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Wir haben uns bei ABB deshalb um eine Alternative zu GTO und IGBT bemüht, die besonders auf den Mittelspannungsbereich zugeschnitten ist. Die ganzheitliche Betrachtung stand dabei im Vordergrund: Nicht der ideale Schalter an sich ist unser Ziel, sondern vielmehr ein solches Element und Konzept, dass dem Endkunden möglichst grossen Nutzen bringt. Reduzierte Verluste, reduzierter Materialeinsatz, reduzierte Komplexität und erhöhte Zuverlässigkeit sind unser Ziel, damit Aufwand und Kosten für die Entwicklung, die Herstellung, den Betrieb und die Wartung der Umrichter verringert werden können. Unsere Entwicklungen haben uns so auf den GCT geführt. Wir haben sein Potential entdeckt und ihn auf breiter Front entwickelt. Im folgenden erklären wir das Geheimnis dieses Bauelementes und die kostengünstige Realisation seiner Ansteuerung. Sodann gehen wir auf die Weiterentwicklung des Halbleiterbauelementes ein, eine Entwicklung, die in dem Masse erst durch die veränderten Ansteuerbedingungen ermöglicht worden ist. Einige Bemerkungen zur Integration und zum Packaging sowie eine Zusammenfassung der bisher erreichten Bauelementeigenschaften werden das Kapitel abschliessen. Das dritte Kapitel konzentriert sich sodann auf Schaltungstechnik und Anwendung. Sie erfahren, wie wir uns IGCT-Umrichter vorstellen und lernen einige der bereits realisierten Projekte mit IGCTs kennen. Im vierten Kapitel werden wir schliesslich versuchen, Stellung zur bisherigen und weiter zu erwartenden Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit Entwicklung der IGCTs zu nehmen. Hier ist der Platz für eine Einordnung des von uns vorgestellten Konzeptes und für den Vergleich mit GTO- und IGBT-Umrichtern. 2 Der IGCT – ein ganzheitliches Bauelementkonzept 2.1 Vom GTO zum GCT – das Funktionsprinzip Abschalten eines 4,5 kV / 3kA GTO IA 3 3 IK 2 2 IK >>0 und V A >>0! 1 VA 0 -1 1 Anodenspannung [kV] Anoden-, Kathoden-, Gatestrom [kA] Die Forderung nach hoher Abschaltverstärkung ist seit eh und je fest mit dem GTO verbunden. Bei Abschaltströmen weit über 1000A ist es ja auch verständlich, dass der Anwender für die Ansteuerung nicht gerade Ströme in gleicher Grössenordnung einsetzen will, denn lange Zeit war das Bereitstellen solcher Ströme selbst bei der kleinen Gatespannung ein ernsthaftes Problem. Der Leistungshalbleiter aber wurde bei zu schwacher Ansteuerung leicht einmal instabil – und deshalb sind Abschaltverstäkungen zwischen 3 und 5 heute typisch für Hochleistungs-GTOs. aber nicht mehr ungehindert leiten (Anodenspannung!). Das aber ist gänzlich gegen die Natur eines Schalters, der nur zwei stabile Zuständen (ein und aus) kennt. Der GTO benötigt deshalb in dieser Phase dringend Hilfe: Ein Beschaltungsnetzwerk (Snubber) muss ihm den Strom möglichst früh abnehmen, damit er schnell wieder aus der Bedrängnis kommen kann. Wir haben nur einen Weg gefunden, dem Leistungshalbleiter wirkungsvoll aus dieser Klemme zu helfen: Man muss ihm den Steuerstrom geben, den er braucht! Was dann passiert, zeigt Figur 2: Legt man genug Strom am Gate so schnell an, dass das Element währenddessen auf der Anodenseite nicht recht reagieren kann, so wird kurzfristig ein Wert knapp oberhalb des Anodenstromes erreicht. Dadurch kehrt der Kathodenstrom sein Vorzeichen (IK = IA – IG), und der p-n Übergang zwischen Gate und Kathode wird ausgeräumt. Bevor der GTO durch Aufbau von Anodenspannung in die gefährliche Zone geraten kann, ist sein Vierschichtbetrieb damit bereits beendet, und er ist in den pnp Transitorbetrieb überführt worden. Als Transistor aber kann er stabil abschalten. Gleich wie ein IGBT benötigt er dazu nicht einmal mehr einen Snubber! 0 IG 5 10 A p n p G Leitender Thyristor Figur 1: n K 20 A p n p G Instabiler Übergang p n p G n K 25 µs µ A Sperrender Transitor n K Typischer Abschaltvorgang eines 4,5kV 3kA GTO. Beim Übergang vom leiten-den (Thyristor) in den sperr-enden Zustand (Transistor) durchläuft der GTO eine Zeit grosser Instabilität, während der gleichzeitig Anoden-spannung und Kathodenstrom eingeprägt sind. Genau diese Zurückhaltung in Bezug auf die Ansteuerung aber verstehen wir heute als Ursache für die zentralen Schwächen des GTO. Das Element wird dadurch nämlich gezwungen, während des Abschaltens einen gefährlichen, instabilen Übergang zu durchlaufen. Figur 1 erläutert diesen Befund anhand eines typischen Abschaltvorganges: Während der kritischen Phase nimmt das Element Anodenspannung auf, während es noch Kathodenstrom führen muss. Die Vierschichtstruktur ist also noch angesteuert (Kathodenstrom!), darf ETG Tagung Seite 2 von 12 Figur 2: Typischer Abschaltvorgang eines 4,5kV 3kA GCT. Auf den leitenden Thyristor-modus folgt unmittelbar der sperrende Transistormodus 2.2 Die Realisation Ansteuerung der niederinduktiven Mehr als 3000A in solch kurzer Zeit bereitzustellen ist eine wahre Herausforderung. Denn bisher galten die bei GTOs üblichen 50A/ µs als hoch, und nun sollen daraus ca. 3000A/µs werden! Die Streuinduktivitäten im Gatekreis sowie die treibende Spannung spielen hier die Hauptrolle. Figur 3 zeigt den Weg unserer Entwicklung. Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit Standard GTO Drive Standard GTO Coaxial cable Gate Drive 30nH 17V 200nH 100nH - simple control - reasonable supply Figur 4a: Gate Unit und GTO mit 4,5kV Blockierfähigkeit und 3kA Abschaltver mögen. GTO (1) und Gate Unit (2) werden getrennt montiert. Sie sind durch ein niederinduktives Kabel (3) verbunden. dIgn/dt < 50A/us 3 1 Standard Hard Drive Standard GTO Flat band cable Gate Drive 30nH 200V 2 20nH 10nH - complex control - high supply power > 250mJ / pulse dIgn/dt < 3kA/us Coaxial GTO Hard Drive Gate Drive Printed circuit board Coaxial GTO 2nH 17V 1.5nH 1.5nH - simple control - small supply power dIgn/dt < 3kA/us Figur 3a: Die Gate-Kreisinduktivität eines 3kA GTO beträgt etwa Lges = 100nH+200nH+30nH. Figur 3b: Durch Massnahmen ausser-halb des GTO kann sie auf Lges = 60nH reduziert werden. Zur harten Ansteuerung ist dabei eine 200V Quelle notwendig. Figur 3c: Eine weitere Reduktion auf etwa Lges = 5nH wird durch Modifikation des Gatean-schlusses und direkte Ver-bindung zur Ansteuerung möglich. Damit wird harte Ansteuerung bereits mit einer 17V-Quelle erreicht. Figur 3: Von der Ansteuerung des GTO zum GCT. In einem ersten Schritt haben wir dabei versucht, den Grundaufbau des GTO beizubehalten: Ein GTO im Standard-Gehäuse, ein Verbindungskabel und eine separate Gateansteuerung. Mit einer solchen Lösung (Standard Hard Drive) konnten wir die Gatekreis-Induktivität auf etwa 60nH reduzieren – eine 200V Quelle war somit erforderlich, um mehr als 3kA/µs zu erzeugen. Eine solch hohe Spannung aber kann ein GTO am Gate nicht halten – es wurde deshalb zusätzlich eine spezielle Schaltung notwendig, die die Gatespannung nach dem Abschalten nahtlos auf den Dauerwert von ca. 17V zurückführen kann. ETG Tagung Figur 4b: Prototyp einer Ansteuerung zum harten Abschalten von 4,5kV / 3kA GTOs im Standardgehäuse. GTO (1) und Gate Unit (2) werden getrennt montiert. Sie sind Flachband-kabel (3) verbunden. Seite 3 von 12 Figur 4c: Niederinduktive Ansteuerung mit 4,5kV / 3kA GCT. GCT (1) und Gate Unit (2) bilden eine Montageeinheit. Die Verbindung zwischen GCT und Ansteuerung wird durch die Platine (3) hergestellt Figur 4d: Typische Bestandteile eines GCT. Es besteht aus: Gehäuseunterteil (1) mit sternförmigem Anschluss des Gateringes, K-Mo-Satz (2), Wafer (3), A-Mo-Scheibe (4) und Anoden-Polepiece (5). Ein zweiter Schritt hat sodann zu einem neuen GTOGehäuse geführt. Durch entsprechendes Design von Ansteuerung und Verbindung wurde eine Gatekreisinduktivität etwa 5nH erreicht, und die Spannung von 17V, die der GTO auch dauerhaft am Gate verträgt, genügt seitdem zur Erzeugung des benötigten dIG/dt. Figur 4 zeigt den Weg der Ausführung. Deutlich erkennt man den hohen Aufwand zur harten Ansteuerung eines Standard-GTO (Fig. 4b) – ein Aufwand, wie er nur für ganz wenige Sonderfällen zu rechtfertigen ist. Mit dem Schritt zum GCT in Figur 4c aber ist der Aufwand wieder unter den eines GTO gesunken – und durch geeignete Massnahmen ist er seitdem noch deutlich weiter verringert worden (siehe Kapitel 2.4.2). Die harte Ansteuerung nun hat eine Reihe positiver Wirkungen zur Folge. Der stabile, beschaltungsfreie Betrieb ist oben bereits genannt worden. Aufgrund der Stabilität während des kritischen Abschaltvorganges lässt sich eine homogene, stabile Stromverteilung einstellen: Homogener, stabiler Betrieb bildet die Basis für verlässliche Berechnungen und Simulationen vom BauelementBad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit und Schaltungsdesign. Homogener, stabiler Betrieb ermöglicht die Optimierung der Waferparameter ohne Rücksicht auf solche Art heuristischer Tradeoffs, wie sie vom GTO hinlänglich bekannt sind, und lässt eine lineare Skalierung der aktiven Waferfläche zum Einstellen jeder gewünschten Stromtragfähigkeit zu. 2.3 Wafer-Upgrading ohne Hinde rnisse Vom GTO herkommend lässt man sich die Chance der freien Optimierung der Waferparameter nicht gern entgehen! Dabei ist das Ziel schnell klar: für eine gegebene Sperrfähigkeit muss der Wafer so dünn als möglich werden, damit beim Ein- und Ausschalten möglichst wenig Ladungsträger ein- und ausgeräumt werden müssen. Er soll zudem die hohe Leitfähigkeit des Einschaltzustandes möglichst durch Ladungsträger in Kathodennähe erreichen, damit diese bereits beim Aufbau einer kleinen Anodenspannung ausgeräumt werden und damit weniger zu den Abschaltverlusten des Elementes beitragen können. Die benötigten Technologien wurden an IGBTs bereits erprobt: • • Ein Buffer Layer vor der Anode stoppt das Feld (Fig. 5b); der nahezu trapezförmige Feldverlauf nimmt bei gleicher Basisweite x fast doppelt soviel Spannung auf als der dreieckförmige des GTO (Fig. 5a). Eine transparente Anode integriert sich besser in das Buffer-Layer-Design als die Shorts des GTO. So kann die Injektion der Anode soweit verringert werden, bis Durchlass und Schaltverluste den für den jeweiligen Einsatz bevorzugten TradeoffPunkt erreicht haben. Es erfolgt eine starke Injektion von der Kathode und eine so schwache als möglich von der Anode – also genau die Verteilung der Ladungsträger, wie sie für minimale Abschaltverluste benötigt wird. 2.4 Monolytische und hybride Integration: Der Weg zum IGCT Zur Robustheit, Zuverlässigkeit und den niedrigen Kosten des GCT trägt das einfache Design (vergleiche Figur 4d) ganz wesentlich bei. Integration in monolytischer und hybrider Form ist deshalb die Zauberformel zur weiteren Perfomancesteigerung. ETG Tagung Seite 4 von 12 Figur 5: 2.4.1 Waferdesign und Feldverteilung eines GTO (a) und eines GCT (b). GCT und Diode in einem Gehäuse Ein durchaus naheliegender Schritt auf diesem Weg ist die monolytische Integration von GCT und Freilaufdiode. Figur 6a: Dotierzonen. Bild 6b: GCT (1) und Diode (2) auf dem gleichen Wafer. Beim 51mm Element (6kV, 520A) wird das Gate zentral kontaktiert Zwar ist eine solche Integration beim GTO bereits gescheitert, denn die guten Eigenschaften einer separaten Diode konnten nach der Integration aufgrund der grossen Waferdicke des GTO nicht mehr erreicht werden. Doch für den GCT wurde die Waferdicke auf ein Mindestmass reduziert. Damit passt der Wafer nun auch optimal zur Herstellung der entsprechenden Freilaufdiode. Struktur und Wafer finden sich in Figur 6, ein typisches Abschaltverhalten einer schnellen Diode ist in Figur 7 wiedergegeben. Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit 200 IA 100 0 0 -100 -1 -2 VA 0 4 8 -3 12 16 -4 20 Anodenspannung (V) Anodenstrom (A) 300 Zeit (us) Figur 8: Fig. 7: Abschaltvorgang einer 6kV 38mm Diode bei CS = 0. Der Stromanstieg dI/dt wurde durch eine Induktivität begrenzt 2.5 2.4.2 Verbesserte Ansteuerschaltungen Die Gateansteuerung eines GCTs ist fest mit dem Leistungshalbleiter verbunden. Sie kann deshalb nicht mehr einfach an einer beliebigen Stelle plaziert werden, sondern muss sich in den Stapel einpassen. Noch wichtiger als beim GTO ist es deshalb der Einsatz einer möglichst einfachen, platzsparenden und gegen Störungen starker Felder unempfindlichen Schaltung. Bisher war in diesem Zusammenhang fast ausschliesslich vom Abschaltkreis die Rede. Zwar muss er den hohen Stromstoss erzeugen, doch birgt er kaum schaltungstechnische Finessen. Zwecks Platzreduktion lässt sich deshalb an ihm nur wenig optimieren. Mit dem Einschaltkreis aber verhält es sich anders. Er erzeugt den Einschaltstoss (Zündpuls), den GateHaltestrom (Backporch), und muss geeignet reagieren, wenn der GCT seinen Strom auf die Freilaufdiode kommutiert oder wenn er ihn von derselben zu übernehmen hat. Hier liegt einiges an unerwarteter Komplexität – und hier liegt das Potential für Verbesserungen! Wir haben intensiv daran gearbeitet und Ansteuerschaltungen entwickelt, die alle diese Situationen meistern, die aus nur einer einzigen Spannungsquelle versorgt werden und die zwecks Verminderung des Kühlungsaufwandes nur geringste Verluste erzeugen. 2.4.3 6kV / 520A rückwärtsleitender IGCT mit Luftkühler. Kühlkörper, Ansteuerung und GCT bilden eine natürliche Einheit. Der Aufbau einer Bauelementefamilie Homogener, stabiler Betrieb bildet die Basis für die lineare Skalierung der aktiven Waferfläche zum Einstellen jeder gewünschten Stromtragfähigkeit (vergl. Kapitel 2.2). Damit ist der Weg frei, schnell und effizient eine Familie von Bauelementen zu realisieren, die in ähnlich eleganter Weise auf die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse zugeschnitten ist wie eine Serie von IGBT-Modulen mit unterschiedlicher eingebauter Chipanzahl. Wieder kann dabei auf bereits bestehende Bauelemente zurückgegriffen werden: Druckkontakt-Gehäuse unterschiedlicher Durchmesser wurden bereits für Dioden, Thyristoren und GTOs festgelegt – die Mitglieder der GCT-Familie müssen nur noch in diese Fussstapfen treten! Figur 9: Rückwärtsleitende GCT mit 38mm, 51mm, 68mm und 91mm Waferdurchmesser sowie 91mm GCT und zugehörige Freilaufdiode Mit hybrider Integration zum IGCT Die Ansteuerung ist damit derart klein geworden, dass sie in den meisten Fällen voll in den Halbleiterstapel integriert werden kann. Damit wird aus GCT und Ansteuerung ein IGCT, der sich nahtlos an seinen kathodenseitigen Kühlkörper anschmiegt (Fig. 8). ETG Tagung Seite 5 von 12 2.6 IGCT-Eigenschaften im Überblick Einige der auffälligsten Besonderheiten der IGCT Technologie sind in den vorangehenden Abschnitten vorgestellt worden. Hier nun wird die Betonung auf einige Details gelenkt. Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG 2.6.1 Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit Schaltfreudig In Schaltversuchen haben sich IGCTs als äusserst robust erwiesen. So konnte unter anderem voller Strom unter maximaler Versorgungsspannung mit einer Frequenz von 25 kHz geschaltet werden. Ein Burst von 10 Pulsen (Figur 10) heizt den Wafer unter diesen Umständen kurzzeitig gemäss Berechnung weit über 125°C auf, ohne dass das Element dadurch zerstört wird. Wir schliessen daraus, dass die Verlustwärme extrem gleichmässig verteilt erzeugt worden ist – und sehen darin einen weiteren Beweis für die Homogenität und Stabilität der Schaltvorgänge des GCT. Figur 11: Figur 10: Hochfrequenz-Burst mit einem 6kV 520A rückwärts-leitenden GCT. Bei 25kHz konnten 10 Pulse unter Maximalstrom und Maximalspannung insbe-sondere aufgrund der Homo-genität und der geringen Ein-schaltverluste realisiert werden. 2.6.2 Verlustarm 2.6.3 In Kapitel 2.3 haben wir aufgezeigt, warum die Verluste eines GCTs unter denen des entsprechenden GTOs zu liegen kommen. Hier nun wird die quantitative Gegenüberstellung vorgenommen. Zwei gleichwertige Elemente mit 85mm Waferdurchmesser werden dazu herangezogen: Der GTO 5SGA 40L4501 und der GCT 5SGY 35L4502. Beide Elemente sind für 4,5kV, high DC (2,8kV) ausgelegt. Unterschiedliche Werte in den Grenzdaten ergeben sich darum einzig aus den unterschiedlichen Verlusten (der höhere maximale Dauergleichstrom des GCT folgt z.B. aus seinen geringeren Durchlassverlusten). GTO 5SGA 40L4501 und der GCT 5SGY 35L4502 im Vergleich. Der GCT ist speziell auf niedrige Durchlassverluste optimiert – seine AbschaltVerluste fallen deshalb etwas höher aus als die des GTOs. Zuverlässig und dauerhaft GTO-Umrichter haben bereits eine hervorragende Zuverlässigkeit bewiesen. Auch häufigen Lastwechseln, wie sie z.B. in Traktionsanwendungen anzutreffen sind, vermögen sie über Jahre und Jahrzehnte hinaus standzuhalten. GTO-Umrichter sind deshalb in aller Regel gerade in kritischen Hochleistungs-Anwendungen anzutreffen. Umrichter mit IGCTs aber benötigen deutlich weniger Bauelemente als solche mit GTOs: Die Beschaltung kann auf ein Mindestmass reduziert werden (vergleiche Kapitel 3.1), und auch die Gateansteuerung benötigt weniger Bauelemente und erzeugt geringere Verluste. Gegenüber dem GTO noch weiter erhöhte Zuverlässigkeit ist deshalb von IGCT-Umrichtern zu erwarten. Wir haben diese Annahmen durch Berechnung unterschiedlicher Umrichter geprüft. Immer hat sich dabei die erwartete Verbesserung eingestellt – je nach Typ und Auslegung etwa um einen Faktor 2 bis 3. Ein 3MW 6-Puls 3-Phasen-Umrichter mit GTO ETG Tagung Seite 6 von 12 Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit erreicht so z.B. 7000 Fit (1 Fit = 1 Fehler in 109 h), wohingegen für den vergleichbaren IGCT-Umrichter 2300 Fit berechnet wurden. Auch in einem weiteren Punkt ist die enge Verwandtschaft des GCTs zum GTO eine entscheidende Hilfe: Zum Beweis der Richtigkeit der Auslegungskriterien sowie der Verlässlichkeit der Zuverlässigkeitsangaben müssen nicht umfangreiche Felderfahrungen herangezogen werden, sondern einzelne Anlagen- und Grenzlast-Dauertests reichen aus. So haben die 300 GCT-Stufen in der Bahnnetzkupplung „Bremen“ inzwischen mehr als 17 Monate am Stück fehlerfrei gearbeitet, was einem Erwartungswert von etwa 250 Fit entspricht. In diesem Wert eingeschlossen ist die gesamte Beschaltung der Stufen, die Ansteuerung, die Versorgung jeder Ansteuereinheit und die zugehörige Logik. Wir sehen dieses Ergebnis deshalb mit etwas Stolz als deutlichen Beweis der Zuverlässigkeit der IGCT-Technologie und fühlen uns darin durch einen inzwischen abgeschlossenen 3000h Volllast-Dauertest noch bestärkt. 2.6.4 Leicht zu handhaben GTOs haben seit jeher den Ruf, mechanisch hoch komplex und in der Handhabung schwierig zu sein. Auch wir konnten uns dieser Meinung lange nicht entziehen – doch der GCT hat uns im praktischen Einsatz gezeigt, dass Druckkontaktgehäuse und Stapel nicht per se kompliziert sein müssen. den IGCT am Gehäuse, lässt ihn im Stapel einrasten und entriegelt das Federpaket des Stapels (Figur 12). In wenigen Augenblicken ist so ein GCT leicht und zuverlässig positioniert, eingespannt und angeschlossen. 3 IGCT Anwendungen Mit dem IGCT liegt eine neue Familie zuverlässiger Leistungshalbleiter vor – die Aufgabe der Schaltungstechnik muss es sein, das Potential der Elemente zur vollen Entfaltung gelangen zu lassen. 3.1 IGCT Schaltungstechnik: Einfach, robust und zuverlässig Der Wegfall der dV/dt Beschaltung gibt den entscheidenden Impuls zur Vereinfachung der Umrichtertopologie: Es entfallen nicht nur die Kondensatoren und Dioden, sondern auch die durch sie verursachten Umschwingvorgänge. Damit ist der Weg frei, alle Phasen eines Umrichters direkt parallel an die gleichen Speiseleitungen anzuschliessen und das von den Dioden benötigte dI/dt Netzwerk von allen gemeinsam nutzen zu lassen (Figur 13). Ein Clamp (Dd, Cd), integriert in den Drosselfreilauf (Dd, Rs ), sorgt dabei für den niederinduktiven Abschluss, so dass an die Streuinduktivität des Zwischenkreises nur mehr die von Mc-Murray-Schaltungen her gewohnten Anforderungen gestellt werden müssen (LDC < 2µH). LS LDC DC Input + RS CDC Dd Cd + Aux. supply - 6 GUSP 6 Zur 3 Phasen Last Control in / out Control M Fig.13: Figur 12: Einbau eines 4,5kV 3kA GCT mit wenigen Handgriffen. Es ist wohl die Verbindung von Ansteuereinheit und Leistungshalbleiter, die den Wandel hervorgebracht hat: Nun muss man nicht mehr eine Diskussscheibe an Drähten baumelnd in einen Stapel hinein zirkeln, sondern nimmt einfach ETG Tagung Seite 7 von 12 Typische Schaltung eines 3-Phasen IGCT-Umrichters. Eine gemeinsame Kontrolleinheit überwacht das Timing der Schalter Auch Dreipunkt-Umrichter können mit IGCTs nach den gleichen Regeln erstellt werden. Nur zwei dI/dt Beschaltungen sind erforderlich, um einen 3-Phasen Umrichter mit 12 IGCTs und 6 Nullpunktdioden zu versorgen (Figur 14). Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit L S1 L DC1 3.2.1 100MW Bahnnetzkupplung Serieschaltung + DC Input C DC1 RS1 0 C d2 - D d2 RS2 L S 12 L DC2 + Aux. supply - 12 GUSP 12 Control in / out Control Figur 14: 3.2 Zur 3-Phasen Last 3-Phasen NPC-Umrichter mit IGCT Anwendungsbeispiele Den hohen Neuheitgrad der IGCT-Technologie erkennt man besonders bei der Suche nach bereits realisierten Anwendungen. Erst wenige prominente Beispiele können hier genannt werden doch die Zahl der Einsätze wächst stetig. Den ersten und zugleich bisher umfangreichsten Einsatz der IGCT-Technologie stellt die 100MW Bahnetzkupplung „Bremen“ dar. 12 H-Brücken mit je 4 Schaltereinheiten à 6 (4 + 2 redundante) GCTs in Serieschaltung speisen 12 hintereinander geschaltete Bahntransforma-toren. Durch versetzte Taktung dieser Einheiten wird eine stufen-modulierte Ausgangs-spannung erzeugt, die durch Taktungsverschiebung in Amplitude und Phase auf jeden ge-wünschten Wert eingestellt werden kann. Diese 288 Umrichterelemente sowie 24 weitere in Spannungsbegrenzern arbeiten seit September 1996 ohne Defekt – ein Ergebnis, das bereits weiter oben im Kapitel 2.6.3 (Zuverlässigkeit) gewürdigt wurde. 3.2.2 Figur 16: Figur 15: ETG Tagung IGCT- Dd1 C d1 CDC2 mit Blockschaltbild und Foto Bahnnetzkupplung „Bremen“. der Dynamic Voltage Restorer Luftgekühltes 1,5MW 3-Phasen-Modul Aufgrund ihrer hohen Taktfrequenz-grenze eignen sich IGCTs hervor-ragend zum Einsatz in schnellen Netzregelungen. Figur 16 zeigt ein Umrichtermodul aus dem DVR „Singapur“. Obwohl es für 1050Hz Taktfrequenz ausgelegt ist, kommt es mit Luftkühlung aus, denn sein Um-richterbetrieb wird jeweils für maxi-mal 150ms benötigt. 100MW Seite 8 von 12 Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit 3.2.3 ACS 1000: Eine neue Klasse von Mittelspannungsantrieben Auch im Dauerbetrieb können mit IGCTs hohe Schaltfrequenzen bei hohen Spannungen wirtschaftlich erreicht werden: Im ACS 1000 arbeiten die IGCTs bei einer mittleren Schaltfrequenz von 500Hz in einer 3-Phasen 3-Punkt-Schaltung. So wird der Einsatz eines Sinusfilters am Ausgang des Umrichters möglich – und selbst die Speisung von Standard Normmotoren (Retrofit) problemlos. schätzen wir den heutigen Stand ein, und wie wird er sich weiterentwickeln? – auf diese und ähnliche Fragen werden wir im folgenden Antworten suchen. Allzu viele Einflussgrössen müssen berücksichtigt werden, wenn die Einordnung einer neuen Technologie und Voraussagen über ihre Zukunft gelingen sollen. Neben technischen und kommerziellen Faktoren haben oft sogar entwicklungspolitsche Faktoren eine entscheidende Bedeutung. Gerade solche Einflussgrössen aber lassen sich nur schwer erfassen und quantifizieren. Im folgenden Kapitel werden wir uns deshalb darauf beschränken, einige unserer Meinung nach wichtige technische und kommerzielle Argumente zusammenzustellen. Die Schlussfolgerungen daraus möchten ganz bewusst dem Leser überlassen. 4.1 Die Funktionsprinzipien Leistungshalbleiter im Vergleich der Figur 17: Blockschaltbild des ACS 1000 Das Potential einer jeden Entwicklung hängt stark von ihrem Fundament ab. Deshalb werden im folgenden zuerst die Funktionsprinzipien der Leistungshalbleiter einander gegenüber gestellt. Figur 18: Luftgekühlter ACS 1000 für 1,2 MW bei 4,16 kV Ausgangsspannung In der Gegenüberstellung nach Figur 20 steht die Diode (a) an erster Stelle. Dioden werden zwar durch Umkehr der äusseren Stromrichtung und nicht durch Gatesteuerung abgeschaltet, doch während des Reverse Recovery müssen sie das Plasma geradeso ausräumen wie jedes abschaltbare bipolare SiHochspannungsbauelement. Bei Dioden trifft man deshalb auch grundsätzlich die gleichen Tradeoffs an: Für einen guten Durchlass braucht es viele Ladungs-träger – Ladung, die beim Abschalten wieder entfernt werden muss. Beschaltungsfreier Betrieb fordert deshalb auch Dioden in ganz besonderem Masse, und die Schaltverluste nehmen recht signifikante Werte an. Diode 2,8kV DC Figur 19 Ausgangsspannung und Ausgangsstrom eines ACS 1000 bei Nenndrehzahl GTO GTO 2,8kVDC IGBT 2,8kV DC G GC CT T 2,8kV 2,8kVDC DC MCT 2,8kV DC + + + + + p+ p+ p+ p+ p+ n450 µ µm n450 µ µm n450 µ µm p p n450 µ µm n + n750 µ µm n+ p - n+ G n+ G n+ holes G electrons G - - - - 4 Einordnung der IGCT-Technologie Im Vergleich zu den etablierten Leistungshalbleitern ist die IGCT-Technologie noch verhältnismässig jung. Wichtige Schritte ihrer Entstehung wurden in den vorangehenden Kapiteln dargelegt. Wie aber ETG Tagung Seite 9 von 12 Figur 20: Das Funktionsprinzip abschaltbarer Leistungshalbleiter im Vergleich zur Diode. Insbesondere der Tradeoff zwischen Durchlass- und Schaltverlusten scheint bei Si-Dioden inzwischen weitgehend gefestigt: Zwar sind immer wieder die Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit unterschiedlichsten Versuche unternommen worden, diesbezüglich deutliche Verbesserungen zu erreichen, doch die an sich unkomplizierte Grundstruktur der Dioden (p, n-, n) hat den Erfolgen bisher enge Grenzen gesetzt. Wir möchten die SiDiode deshalb hier als Massstab verwenden. Gegenüber der Diode zeigt ein Standard-GTO (b) ganz offenkundige Schwächen: Seine n- Zone ist viel zu dick! Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sein Tradeoff ungünstiger liegt: will man den gleichen Durchlass, so muss mehr Plasma eingebracht werden, und die Abschaltverluste fallen höher aus. Will man die gleichen Abschaltverluste, so muss man beim Durchlass Konzessionen machen. Die Dicke also macht dem GTO zu schaffen! Und die war nur schwer zu reduzieren, denn damit erhöhte sich meist die Instabilität beim Übergang vom Thyristor- zum Transistorbetrieb (Vergl. Figur 1) meist erheblich. Ein IGBT (Figur 20c) vermeidet dieses Problem! Doch beim IGBT wird ein Strom in Kanälen durch Feldeffekt gesteuert, und Feldeffekt benötigt die Separation der Ladungsträgerarten, um steuernd wirken zu können (positives Potential am Gate z.B. zieht negative Ladungsträger an und kann so den Strom erhöhen; positive dagegen würde es abstossen und damit in umgekehrter Weise wirken) . In n-Kanal IGBTs werden die positiven Ladungsträger an der Steuerstruktur vorbei gelenkt werden – sie können deshalb nicht zur Injektion von Ladungsträgern aus der Kathode verhelfen. IGBTs haben deshalb nahe der Kathode eine im Vergleich zur Diode niedrige Ladungsträgerdichte und fallen dadurch im Tradeoff deutlich zurück. Der GCT (Figur 20d) verbindet die Stärken von GTO und IGBT: Er kann dünn hergestellt werden und hat gleich dem GTO die volle Injektion aus Kathode und Anode. Sein Tradeoff kommt deshalb dem der Diode sehr nahe. Ein Nachteil liegt nur im Steueraufwand: Die Feldsteuerung des IGBT benötigt weit weniger Energie als die Gatesteuerung eines GCT – und die Ansteuereinheit eines IGBT scheint damit einfacher. Hier könnte mit dem MCT (Figur 20e) Abhilfe geschaffen werden: Ein Thyristor gleich dem GCT sollte durch viele einzelne integrierte Kanäle abgeschaltet werden. In der Tat wäre er der Spitzenreiter, wenn es nur möglich wäre, mit diesem Funktionsprinzip homogen schaltende, linear skalierende Bauelemente herzustellen. Alle entsprechenden Anstrengungen aber haben nicht den gewünschten Erfolg gebracht. So nimmt der GCT heute die Spitzenposition ein. ETG Tagung Seite 10 von 12 4.2 Die Elementeigenschaften In der vergangenen Zeit sind in den unterschiedlichsten Publikationen Vergleiche zwischen dem IGBT, dem GTO und dem IGCT erschienen. Je nach Vergleichsbasis und Anwendungsbezug sehen die Daten etwas unterschiedlich aus – der Gesamteindruck aber spiegelt in allen Fällen das im vorangegangenen Kapitel dargelegte wieder. Exemplarisch sei deshalb hier nur eine der Zusammenfassungen wiedergegeben. Key Key Feature Feature Comparison Comparison for for >> 33 kV kV Features IGBT GTO device on-state 100 % 70 % 50 % device turn-off loss 100 % 100 % (2) 100 % device turn-on loss 100 % 30 % 5% gate drive power 1% 100 % 50 % short-circuit current self limited (= f(tp)) external (choke) external (choke) dv/dt snubber no yes (2) no di/dt snubber no yes very small switch chip discrete monolithic diode chip discrete monolithic monolith chip mount solder (1) pressure pressure IGCT ic (1) solder in general, pressure for special high temperature cycling applications (2) compulsory snubber reduces losses Figur 21: Die Hauptdaten der Hochspannungselemente IGBT, GTO und IGCT in der Gegenüberstellung. 4.3 Die Schaltungstechnik Die GTO-Schaltungstechnik kennt verschiedene Lösungen, die Anforderungen des Halbleiters an dV/dt und dI/dt zu erfüllen. LDC + DC Input ABB Industrie AG CDC + Aux. supply - 6 GUSP 6 Zur 3-Phasen Last Control in / out C o n t r o l M Fig.22 GTO 3-Phasen-Umrichter in Mc-Murray Schaltung. Die Streuinduktivität des Zwischenkreises LDC darf 1-2uH in der Regel nicht übersteigen. Zu den Schaltungen mit dem geringsten Aufwand an Bauelementen gehört die Mc-Murray Schaltung – sie sei hier zum Vergleich herangezogen.Im Prinzipschaltbild (Figur 23) sieht die Anwendung des IGBT tatsächlich leichter aus als die des IGCT in Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 ABB Industrie AG Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit Figur 24. Doch gerade im Mittelspannungs-Einsatz täuscht dieser Eindruck: LD C übernehmen: Wie im GTO-Umrichter wird der Zwischenkreis im Falle eines Durchzündens der GCTs gefahrlos entladen, denn der Strom ist durch Ls begrenzt. CD C 4.4 DC Input + - 6 + Aux. supply - GUSP 6 Zur 3 Phasen Last Control in / out Control M Fig 23: IGBT 3-Phasen-Umrichter. Die Streuinduktivität des Zwis chenkreises LDC darf 0,1uH in der Regel nicht übersteigen. LS LDC + DC Inp ut RS CDC Dd Cd - 6 + Aux. supply - GUSP 6 Zur 3 Phasen Last Control in / out C o n t r o l M Fig.24: IGCT 3-Phasen-Umrichter. Ls reduziert das dI/dt für die Freilaufdioden und überträgt die zugehö-rigen Verluste auf Rs. Die Streuinduktivität des Zwischenkreises LDC darf bis zu 1uH erreichen - Es ist recht anspruchsvoll, ein niederinduktives Bus-System für V≥1,5kV DC und I>500A zu erstellen, denn Teilentladungsfreiheit oder -festigkeit und grosse Resistenz gegen Stossstrombelastungen müssen bei grossem Leiterquerschnitt und genügender Isolatordicke realisiert werden. - IGBTs können den Strom begrenzen. Doch die Grenzauslegung wird durch den worst case bestimmt. Im Mittelspannungseinsatz wird man deshalb in der Regel einen wirksamen Explosionsschutz (Crowbar, mechanische Vorkehrungen etc.) vorsehen müssen. - IGBTs begrenzen das dI/dt der Freilaufdioden. Dadurch können Bauelemente (L, R, D, C) eingespart werden. Bei niedrigen Spannungen (z.B. 800V) und kleinen Strömen (z.B. 100A) wirkt das sicher kostenreduzierend. Im Mittelspannungsbereich aber scheint es günstiger, die betreffenden Einschaltverluste in einen kostengünstigen Widerstand Rd zu transferieren. - Durch die hohe Stossstromtragfähigkeit und die noch weit höheren Explosionsintegrale der GCTs kann die dI/dt-Drossel Ld auch Sicherheitsfunktionen ETG Tagung Seite 11 von 12 Und die Kosten? Mit an oberster Priorität steht jeweils bei einem neuen Produkt die Frage nach den Kosten. Sinnvolle Preisvergleiche aber setzen eine gewisse Produktionserfahrung voraus. In der Einstiegsphase dagegen werden die tatsächlichen Produktkosten von zu vielem anderen überlagert. Dennoch sind verschiedentlich Vergleiche unternommen und zum Teil auch bereits veröffentlicht worden. Immer hat sich dabei etwa der gleiche Trend ergeben: Ab etwa 1MVA zeigt sich der IGCT dem IGBT überlegen. Je höher die Betriebsspannung, desto ausgeprägter erscheint dieser Unterschied. Figur 25 zeigt einen Versuch auf der Basis der Materialkosten. So wird man von Fall zu Fall neu entscheiden müssen, bis klarer zu erkennen ist, ob die weit geringere notwendige Siliziumfläche dem IGCT oder die grossvolumige MOS-Technologie dem IGBT zu weiterem Vorteil verhelfen können. Und natürlich wird man warten müssen, bis andere Kostenfaktoren wie die Gate Unit und ihre Versorgung, die passiven Bauelemente, die Mechanik und nicht zuletzt die Entwicklungskosten und time to market sich weiter klären. 140% 120% 100% 80% 6 kV IGCT 60% 3.3 kV IGBT (0.67$/A) 40% 20% 0% 0,4 MVA 1 MVA 1,5 MVA 2 MVA 2,5 MVA 3 MVA Fig. 25: Materialkosten von IGBT und IGCT Umrischtern im Vergleich 5 Zusammenfassung und Ausblick In den wenigen Jahren seit ihrer Entstehung hat die sich IGCT-Technologie bereits einen festen Platz im Mittelspannungsbereich schaffen können. Ihre starke Verankerung im GTO und IGBT führt zu einer Entwicklung in überschaubaren Schritten (Figur 26). Sie vereint die Stärken dieser beiden Technologieträger, ohne deren Nachteile mitzuschleppen. Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998 40% 0% 1993 Fig. 26: U-Modul Serieschaltung 80% ACS 1000 Prototyp ACS 1000 launch 2,5MVA DVR Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit 100MVA Bahnnetzkupplung ABB Industrie AG ene hied en versc wendung n A e r e Plastik-Gehäuse weit Integrierter Kühler Modulare GU R Th Reduktion 250A - 4kA GCT Familie 6kA / 4,5kV 91mm GCT 1kA / 6kV rückwärtsleitend Dioden ohne Snubber Transparenter Emitter 3kA / 4,5kV GCT Hart gesteuerter GTO 1995 1997 1999 2001 2003 Die Entwicklung der IGCT-Bauelemente und ihrer Anwendung. Die IGCT-Technologie zeichnet sich deshalb aus durch • Hervorragende Bauelementeigenschaften • • • • • • • Hohe Sperrfähigkeit Geringe Durchlass- und Schaltverluste Hohe Schalt- und höchste Grenzfrequenz Gute Ausnutzung der Silizium-Fläche Homogene Stromverteilung Lineare Skalierung der aktiven Waferfläche mit dem Strom Gute Modellierbarkeit • Optimale Schaltungstechnik • • • • Speisung aller Phasen von einem gemeinsamen Bus Zentraler dI/dt-Begrenzer mit integriertem Clamp Unkritischer Zwischenkreisanschluss Vollkommene Sicherheit auch unter worst case Bedingungen • Einfachste Ansteuerung • • • Direkte Befehlsübertragung (ein – aus) Keine Regelkreise (dV/dt, dI/dt) Zweidrahtspeisung mit niedriger Leistung Niedrige Bauelementzahl, keine Spezialkomponenten • • • Ein Chip pro Schaltfunktion, minimale Chipanzahl Monolitische Integration bis zu höchsten Leistungen Hybride Integration von Leistungshalbleiter, Ansteuerung und Kühler Robuste Druckkontakttechnik mit einfachster Zentrierung Modularer Aufbau Einfacher Service • • Überlegene Mechanik • • • Mit diesen Eigenschaften und grossem Potential zum Aufbau weiterer Stärken wird der IGCT zum idealen Nachfolger für den GTO. Danksagung Zahlreiche Mitarbeiter und Führungskräfte aus ABB Industrie AG, ABB Semiconductors AG und der ABB Forschung haben wesentlich zum Erfolg der IGCTTechnologie beigetragen. Ihnen allen gilt ein besonderer Dank. Ausdrücklich genannt werden muss aber auch der Beitrag von Mitsubishi Fukuoka Works und die gute Zusammenarbeit mit Mitsubishi Europe – die Mitsubishi Aussen-Ringgate-GTOs haben uns geholfen, gerade die Arbeiten in der Einstiegsphase wesentlich zu beschleunigen. Literaturhinweise Aufgrund der Vielzahl der inzwischen erschienenen Beiträge soll auf direkte Zitate weitgehend verzichtet werden. Stattdessen sind nachfolgend weiterführende Artikel zum Thema aufgeführt: [1] H. Grüning, A. Zuckerberger: Hard Drive of High Power GTOs: „Better Switching Capability obtained through Improved Gate-Units“, Conf. Rec. 1996 IEEE IAS. [2] H.E. Grüning, B. ∅degard, J. Rees, A. Weber, E. Carroll, S. Eicher, „High Power Hard Driven GTO Module for 4.5kV/3kA Snubberless Operation“, Conf. Rec. PCIM, 1996, pp. 169-183. [3] R. Boeck, O. Gaupp, P. Dähler, E. Bärlocher, J. Werninger, P. Zanini. „Bremen's 100 MW static frequency intertie“. ABB Review 6 (1996) [4] S. Klaka, M. Frecker, H. Grüning: „The Integrated GateCommutated Thyristor: A New High-Efficiency, High-Power Switch for Series or Snubberless Operation“, PCIM, Nürnberg, 1997. [5] Carroll, E., Klaka, S., Linder, S.: “Integrated GateCommutated Thyristors: A New Approach to High Power Electronics”, Press Conference, IEMDC, Milwaukee, May 20, 1997. [6] André A. Jaecklin, “ Integration of Power Components - State of the Art and Trends“, EPE Conf ‘97, Trondheim, 1997. [7] S. Linder, S. Klaka, M. Frecker, E. Carroll, H. Zeller: „A new range of reverse conducting Gate-Commutated Thyristors for high voltage medium power applications“, EPE, Trondheim 1997. [8] S. Bernet, R. Teichmann, A. Zuckerberger, P. Steimer, „Comparison of High Power IGBTs and Hard Driven GTOs for High Power Inverters”, APEC, Anaheim, 16. – 18. Februar 1998. • Unübertroffene Stromrichtereigenschaften • • • • • • Niedrige Verluste Höchste Zuverlässigkeit Geringes Bauvolumen und Gewicht Wohldefinierte und beherrschbare Schnittstellen zu Zwischenkreis, Last und Control Serieschaltung zur Realisierung grösster Umrichterleistung Weitere Erhöhung der Zuverlässigkeit durch volle Redundanz der Stufen in der Serieschaltung ETG Tagung Seite 12 von 12 Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998