Salon09_24_Opernsaengerinnen_160709.indd 36

Transcrição

Salon09_24_Opernsaengerinnen_160709.indd 36
Salon09_24_Opernsaengerinnen_160709.indd 36
16/07/2009 16:01
Miah Persson
FIORDILIGI
COSÌ FAN TUTTE
Sobald die schwedische Sopranistin Miah Persson die Bühne
betritt, übt sie eine magische Ausstrahlung auf ihr Publikum
aus. Ihr aber geht es nicht um das Fluidum ihrer Schönheit,
sondern um die Freude an der Musik und am Spiel.
ANGELICA PRAL-HAIDBAUER: Miah, Sie singen die edle Dame
Fiordiligi in Così fan tutte. Fiordiligis Arie im zweiten Akt, Per
pietà, ben mio, nahm Beethoven zum Vorbild für die große
Arie der Leonore im Fidelio. Der Gründer des West-Östlichen
Diwan Orchesters, Daniel Barenboim, nimmt sich heuer dieser Befreiungsoper, dem Sieg des Guten über das Böse, an.
In seinem Buch über die Macht der Musik Klang des Lebens
vermischen sich Klang und Leben mit Politik. Inwieweit glauben Sie, kann Musik einen Resonanzbogen dafür schaffen,
können ihre Töne sogar den Blick auf die drängenden Probleme unserer Zeit schärfen?
MIAH PERSSON: Ich glaube, dass Musik zwischen den verschiedenen Kulturen und Religionen Brücken bauen kann.
Die Musik folgt ihrer eigenen Sprache und eröffnet den Menschen damit einen neutralen Ort, der allen offen steht, oder
auch die Möglichkeit, sich zu treffen und zu kommunizieren.
Als ich in einem Kindergarten arbeitete, wollten wir herausfinden, wie die Musik die Kinder beeinflussen würde. Wir teilten die Kinder in zwei Gruppen: Die Kinder malten. Dabei
hörte eine Gruppe Hardrock, während wir der anderen Mozart
vorspielten. Der Unterschied im Ergebnis war beeindruckend.
Die Zeichnungen der Gruppe mit dem Hardrock waren düster,
mit nervös gezogenen Pinselstrichen. Im Gegensatz dazu wirkten die Bilder der Kinder aus der Mozart-Gruppe spielerisch
und hatten wundervolle Farben. Was mich dabei am meisten
beeindruckte, war, dass die Kinder in dieser Gruppe gemeinsam malten. Zwei Kinder arbeiteten gemeinsam an einer farbenprächtigen Blüte. Sie zeichneten sie gewissermaßen im
Duett. Die Musik beeinflusst unsere Gefühle und kann sicher
positive Verhaltensänderungen bewirken.
APH: Über Ihre Susanna in Le Nozze di Figaro an der Oper
Frankfurt schwelgten Kritiker ob Ihrer stimmlichen Brillanz und
mitreißenden Spielfreude in Superlativen. Sie sagen, diese
Freude am Singen hätte Sie Ihr passionierter Lehrer gelehrt?
MP: Ja, ich hatte wirklich einen hervorragenden Lehrer, der
immer sagte, dass Musik und Gesang aus der Freude heraus
entstehen sollen. Für mich ist der Gesang und die Darstellung
genau das: Freude und Leidenschaft. Ich bin begeistert von
der Arbeit an der Oper, davon den Charakter meiner Rolle zu
ergründen, in die Gefühle einzutauchen und die Reise zu genießen, auf die mich dieser Charakter führt. Ich hatte auch das
Glück, mit vielen wunderbaren und inspirierenden Intendanten
und Dirigenten arbeiten zu dürfen, der Kontakt mit ihnen hat
dieses Gefühl der Freude und Leidenschaft noch verstärkt.
The moment Swedish soprano Miah
Persson comes on stage it is as if she
casts a magic spell on her audience. To
her, it is not about the aura of her beauty, but what matters is getting pleasure
out of the music and the play.
ANGELICA PRAL-HAIDBAUER: Miah, you
sing the part of the noble lady Fiordiligi
in Così fan tutte. Fiordiligi’s aria ‘Per
pieta, ben mio’, which is part of the second act, was inspired by Beethoven’s
for Leonore in Fidelio. The founder of the
West-Eastern Divan Orchestra, Daniel
Barenboim, is taking on this season’s
rescue opera, the victory of good over
evil per se. In his book about the power
of music Klang des Lebens (The Sound of
Life), sound and life blend with politics.
To what extent do you believe music can
create a resonance arch that carries your
sounds as well as sharpens our awareness of the pressing issues of our times?
MIAH PERSSON: I do believe that music
can build bridges between different cultures and religions. Music has its own language and so gives people an equal and
neutral ground, or chance, to meet and
communicate. When I worked at a nursery, as part of my opera studies, we were
trying to see how music affected children.
We divided the children into two groups:
while all the children were drawing, one
group listened to hard rock music, while
we played Mozart for the other group.
The difference in outcome was impressive. The drawings of the hard rock group
looked gloomy, with edgy brush strokes,
while the Mozart group’s pictures were
playful, with beautiful colours, and what
struck me the most, the children in this
group were drawing together. Two children would collaborate on a gorgeous
flower, in a duet so to speak. Music influences our emotions and can certainly
have a positive impact on our behaviour.
Dress: Goldknopf Couture
salon
Salon09_24_Opernsaengerinnen_160709.indd 37
37
16/07/2009 16:01
Salon09_24_Opernsaengerinnen_160709.indd 38
17/07/2009 16:36
APH: Sie singen an den größten Opernhäusern der Welt
Mozar t-Opern. Gerade bei Ihrem Debüt an der Wiener
Staatsoper in der Rolle der Pamina zeigte sich das Publikum nicht nur von Ihrer mozar tisch-innigen Stimme, sondern auch von Ihrem eindringlichen Spiel, Ihrer überaus
starken Bühnenpräsenz beeindruckt. Sie scheinen Mozar t
sehr zu lieben?
MP: Ja, ich liebe Mozart sehr. Für mich ist er der herausragendste und fantastischeste Komponist. Es war nicht nur Musik, die er schrieb, er schrieb ‚Emotionen‘. Mit seiner Musik
war er wie ein Maler und zeichnete die beeindruckendsten
Bildnisse von den Menschen. Wenn ich eine seiner Opern
singe, bin ich immer wieder erstaunt darüber, wievieler neuer
Farben ich in seiner Musik gewahr werde.
APH: Ein deutsches Gesellschaftsmagazin kür te Sie zur
‚Schönsten Diva von morgen‘. Gibt es auf der Bühne neben
gesanglicher Brillanz auch so etwas wie die Macht der
Schönheit?
MP: Ja, das ist eine ziemlich beunruhigende Tatsache. Eine
Erklärung hierfür findet sich in dem Umstand, dass viele der
Intendanten vom Theater oder Film kommen. Sie sind an
dieses perfekte ‚Ideal‘ gewöhnt und sind voreingenommen
darüber, wie ihre ‚Idealbesetzung‘ aussehen oder rüberkommen sollte und suchen in den Castings dann nach genau diesem Aussehen. Ich mag das überhaupt nicht. Ich glaube, dass
die Beschaffenheit der Stimme darüber entscheiden sollte,
ob man die Rolle bekommt und nicht das Aussehen. Nach
unserer Così-Aufführung in Glyndebourne schrieben die
Kritiker: „Die beiden Paare waren auf der Bühne so schön
anzusehen.“ Aber es sollte um die Stimme, die Musik und
das Drama gehen – ganz einfach um die Kraft der Musik.
APH: Critics used superlatives in their
reviews of your performance as Susanna
in Le Nozze di Figaro at the Frankfurt
Opera, praising the brilliance of your voice
and your captivating spirited performance. You mentioned that you had a passionate teacher who gifted you with this
quality of joy that we hear in your music?
MP: Yes, I had a fantastic teacher who
said that music and singing should
always spring from joy. For me singing
and performing is just that: joy and passion. I am passionate about the working
process of an opera, getting to know my
character, exploring the emotions and
enjoying the journey my character takes
me on. I have also been very fortunate to
work with many inspiring and wonderful
directors and conductors, which adds to
this feeling of passion and joy.
APH: You perform Mozart operas at the
biggest opera houses in the world. At
your debut at the State Opera House in
Vienna, the audience was swept away
not only by your heartfelt Mozart-inspired
voice, but you also impressed them with
your striking acting abilities and your
strong stage presence. It appears you
love Mozart very much?
MP: Yes, I love Mozart very much. For
me, he is the most outstanding, fantastic
composer; not only did he write music,
but he wrote ‘emotions’. He was a painter with his music, painting the most fantastic human portraits. It always amazes
me when I’m singing one of his operas,
how many new colours I find in his music.
APH: A German tabloid magazine bestowed the title of ‘most beautiful diva of
tomorrow’ upon you. On stage, besides
vocal brilliance, is there something one
could call the ‘power of beauty’?
MP: Yes, it is quite unsettling, but true.
One explanation for this lies in the fact
that many of the directors come from a
background in theatre or film. They are
used to perfect performers and have prejudices about how their ‘ideal cast’ should
look or come across, and will cast for that
image. I don’t like that at all. I believe
the quality of your voice should determine
whether you get the part and not your
looks. Following our Così performance
in Glyndebourne, critics wrote: ‘The two
couples were so beautiful on stage’. But it
should be about the voice, the music and
the drama – simply the power of music.
Dress: Elie Saab, Eickhoff Königsallee Düsseldorf
salon
Salon09_24_Opernsaengerinnen_160709.indd 39
39
16/07/2009 16:02