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MÄRKTE_Länderreport änderreport USA Lederhose statt Cowboyhut: Deutsche Unternehmen helfen bei der Steigerung des amerikanischen Wirtschaftswachstums 28 _results_Deutsche Bank MÄRKTE_Länderreport USA Welcome, German Mittelstand Gut 100 Tage nach seiner Wiederwahl setzt US-Präsident Obama auf neues Wachstum. Deutsche Mittelständler sollen ihm dabei helfen. Von dort kommt viel Lob für die Standortbedingungen der Amerikaner FOTOS: SHUTTERSTOCK, THINKSTOCK I n der Waterville Street im kleinen Städtchen Waterbury im US-Bundesstaat Connecticut stehen die Maschinen niemals still. In zwei Zwölf-StundenSchichten stampfen und pressen die Anlagen der Firma H&T Inc. unermüdlich Becher für Batterien – die Gehäuse handelsüblicher Energiezellen, wie sie in Taschenlampen oder tragbaren Radios zum Einsatz kommen. Insgesamt produzieren die 130 Mitarbeiter rund drei Milliarden solcher Batteriegehäuse pro Jahr. Seit 1980 gehört das Unternehmen zur Heitkamp & Thumann KG mit Sitz in Düsseldorf und beliefert gemeinsam mit drei weiteren Fabriken alle großen Batterieproduzenten: Varta, Duracell, Energizer. Ein Wegwerfprodukt wie Batterien – made in USA? „Na klar“, sagt Dan Moffa, Finanzchef von H&T. „Alle unsere Kunden fertigen ebenfalls hierzulande.“ Entscheidend sei die Nähe zu den Absatzmärkten. Die Kosten im Vergleich zu China seien – gemessen am logistischen Aufwand – nicht so viel höher, dass es sich lohnen würde, Batterien aus Fernost in die Vereinigten Staaten zu verschiffen. Gleichzeitig hält Moffa die USA für einen Industriestandort erster Güte: „Der Arbeitsmarkt ist extrem flexibel, in Connecticut ist eine Vielzahl metallverarbeitender Betriebe zu Hause, deshalb finden wir leicht gute Leute.“ So konzentriert sich der Batteriespezialist aus Waterbury ganz auf den US-Markt. „Dort sind Batterien noch viel weiter verbreitet als etwa in Europa“, freut sich Deutsche Bank Kunde Moffa. Er setzt für die nächsten Jahre auf Wachstum. Die USA, als Industriestandort lange totgesagt, werden für produzierende Unternehmen aus aller Welt zu- nehmend interessanter. Schon jetzt gibt es nach Angaben des Delegiertenbüros der Deutschen Wirtschaft (RGIT) in den USA rund 3500 Niederlassungen deutscher Unternehmen, sie beschäftigen 570 000 Menschen. Und eine aktuelle Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Auslandshandelskammer zeigt: 95 Prozent der deutschen Firmen in den USA erwarten 2013 ein deutliches Wachstum ihres Geschäfts, 86 Prozent wollen zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Dass US-Präsident Barack Obama Anfang November mit einer knappen Mehrheit wiedergewählt wurde, nehmen Experten als Garant für eine verlässliche Wirtschaftspolitik. „Obama fördert die Industrie und kleine und mittlere Unternehmen“, sagt Klaus Deutsch, Direktor des Berliner Büros von Deutsche Bank Research und Experte für Nordamerika. „Deutsche Unternehmen sind ihm sehr willkommen.“ Thesen Werben um Töchter: Rund 3500 deutsche Unternehmen haben Ableger in Amerika. Die USA, als Industriestandort lange totgesagt, werben erfolgreich um neue Unternehmen aus Europa. Gute Stimmung: Wenig Bürokratie, treue Kunden und qualifizierte Arbeitskräfte – die meisten deutschen Unternehmen loben den Standort. Erfolgreich ist aber nur, wer sich auf die lokalen Besonderheiten einstellen kann. Im vergangenen Jahrzehnt haben die Vereinigten Staaten Schätzungen zufolge rund fünf Millionen Industriejobs verloren, Amerikas Anteil an den weltweiten Güterexporten sank zwischen 1980 und 2011 von 16 auf elf Prozent, während China seinen Anteil im gleichen Zeitraum mehr als verzehnfachte und die USA inzwischen weit hinter sich gelassen hat. Doch die USA arbeiten an einem Comeback, und deutsche Mittelständler haben daran einen entscheidenden Anteil. Firmen wie Heitkamp & Thumann helfen, in den USA neue industrielle Kerne aufzubauen oder die alten Zentren des verarbeitenden Gewerbes wieder zum Leben zu erwecken. „Die Wirtschaft wächst beständig“, sagt Nils Jannsen, US-Konjunkturexperte am Institut results_Deutsche Bank_29 95 Prozent der deutschen Firmen erwarten Wachstum FOTOS: HEITKAMP & THUMANN/PR Dan Moffa, Finanzchef von Heitkamp & Thumann: „Die Nähe zu den Absatzmärkten ist entscheidend“ für Weltwirtschaft in Kiel. Dass sich die Regierung Obama Ende des Jahres mit den Republikanern schließlich doch noch auf einen vorläufigen Steuerkompromiss einigen konnte, hat einen Konjunktureinbruch zu Beginn des Jahres 2013 aus seiner Sicht verhindert. In letzter Minute hatten die beiden Parteien den Sturz über den Rand des „fiscal cliff“ abgewendet und sich darauf verständigt, eine Reihe von Steuererleichterungen zu verlängern, die in den vergangenen Jahren in Kraft getreten waren. Ohne diese Einigung hätten ab Anfang 2013 automatisch wieder die normalen Steuerregeln gegolten – das hätte die Konjunktur nach Berechnungen von Ökonomen abgewürgt. Auch H&TFinanzchef Moffa ist froh, dass ihm der Nachlass auf die Unternehmensteuer wohl erhalten bleiben wird, der für Unternehmen gilt, die ihre Produkte ausschließlich in den USA herstellen und verkaufen. Für Stormy Mildner, USA-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, bedeutet Obamas Wiederwahl Kontinuität. „In der Handelspolitik etwa stehen die US-Produktionshalle bei Heitkamp & Thumann: Import aus China lohnt sich nicht 30 _results_Deutsche Bank Zeichen weiter auf Liberalisierung“, sagt Mildner. Ähnlich wie deutsche Bundesländer haben viele US-Bundesstaaten Förderprogramme aufgelegt, um die Ansiedlung von Unternehmen zu unterstützen, auch von deutschen Dependancen. Hinzu kommt: Laut Institut der deutschen Wirtschaft kostete die Arbeitsstunde im verarbeitenden Gewerbe 2011 in Deutschland 35,66 Euro, in den USA dagegen nur 23,81 Euro. Das ist zwar immer noch ein Vielfaches der chinesischen Arbeitskosten von 3,17 Euro pro Stunde – dafür sind US-Fabriken aber auch erheblich produktiver. Schon bezeichnen Beobachter die USA als das „China des Westens“. Bislang drängen deutsche Hersteller und ihre Zulieferer vor allem auf den amerikanischen Automobilmarkt. Insbesondere in den Südstaaten haben sie neue Branchencluster aufgebaut: BMW mit seinem Werk in Spartanburg in South Carolina, Mercedes-Benz in Tuscaloosa (Alabama) und Volkswagen in Chattanooga in Tennessee. Als aussichtsreich gilt auch das Thema Energie. Vor allem wegen der gigantischen Erdgasvorkommen, die US-Exploratoren dank neuer Fördertechniken entdeckt haben. 100 Jahre sollen die Vorräte die Vereinigten Staaten versorgen können. Hürden gibt es für Unternehmen aus dem Ausland kaum. „Zollschranken sind weitgehend abgebaut“, sagt Deutsche Bank Research Experte Deutsch. Einzig bei der Vergabe öffentlicher Aufträge diskriminieren USBehörden die Töchter ausländischer Unternehmen immer noch regelmäßig, sagen Experten unisono. Dennoch: Die Rahmenbedingungen sind exzellent, sagt Thomas Zielke, Leiter des Deutschen Wirtschaftsbüros RGIT in Washington. „Die Bevölkerung wächst, ist relativ jung. Der Konsum der Amerikaner bleibt eine verlässliche Kraft.“ Probleme, erklärt Zielke, dessen RGIT deutsche Unternehmen in den USA auch bei der Gründung unterstützt, gebe es allerdings bei Einreise und Visumformalitäten, die US-Behörden seit dem 11. September 2001 strenger handhaben. Über 20 verschiedene Visumklassen machen auch deutschen Unternehmen und ihren Mitarbeitern aus der Heimat das Leben schwer. „Insbesondere, wenn sie Angestellte aus Regionen mit- MÄRKTE_Länderreport USA Vergleichbar mit Deutschlands Osten Mit niedrigen Arbeitskosten (in Euro pro Stunde) und arbeitgeberfreundlichem Arbeitsrecht liegen die USA für Firmen auf attraktivem Niveau. STAND: 2011; QUELLE: INSTITUT DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT 2012 Schweiz 44,96 Westdeutschland 37,57 35,91 Frankreich 35,66 Deutschland Kanada 27,81 USA 23,81 22,42 9,99 6,46 INTERVIEW Ostdeutschland „Wir sind schneller“ Tschechien Polen bringen, die von den USA als problematisch eingestuft werden – aus Pakistan zum Beispiel oder aus dem Nahen Osten“, sagt Zielke. Ein Wermutstropfen ist auch die mühselige Suche nach guten Arbeitskräften. „In der Regel müssen die Unternehmen sie selbst anlernen“, weiß Zielke. „Das Bildungssystem in den USA weist große Defizite auf, Ausbildungsberufe wie in Deutschland gibt es nicht.“ Seit der Markt für private Immobilien in der Finanzkrise zusammengebrochen ist und viele US-Bürger ihre Eigenheime nur noch mit hohen Verlusten verkaufen können, sind Arbeitskräfte auch nicht mehr so mobil wie einst. SMS Siemag, Spezialist für Hütten und Walzwerke, der in den USA 15 Niederlassungen mit insgesamt 800 Mitarbeitern betreibt, kooperiert gezielt mit ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen, um guten Nachwuchs zu rekrutieren, für Arbeiter hat man ein hausinternes Trainingsprogramm aufgelegt. „Noch finden wir geeignete Bewerber“, erklärt SMS-Finanzchef Pete Fernie. Doch wenn die Stahlnachfrage in den kommenden Jahren anzieht, womit Fernie fest rechnet, will er vorbereitet sein. Seit 2002 hat SMS Siemag in den USA im Schnitt um fünf bis zehn Prozent pro Jahr zugelegt. Investitionen finanziert Fernie komplett über die Mutter in Deutschland. „Das ist günstiger und einfacher als Bankdarlehen.“ Den Zahlungsverkehr und einen Cash Pool für die zehn Unternehmen der US-Gruppe organisiert Fernie gemeinsam mit der Deutschen Bank (siehe Interview rechts). „Das machen wir unabhängig von unserer Muttergesellschaft, weil wir damit Wechselkursprobleme vermeiden.“ Deutsche Unterneh- FOTO: DEUTSCHE BANK Hans Ackermann leitet das internationale Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank in New York Herr Ackermann, Sie unterstützen für die Deutsche Bank deutsche Unternehmen in den USA. Womit? Unsere Aufgaben sind vielfältig: Wir führen Geschäftskonten und wickeln den täglichen Zahlungsverkehr ab. Für eine Vielzahl unserer Kunden haben wir auch Cash Pools aufgesetzt. Wie finanzieren die Firmen ihre Investitionen? Oft durch konzerninterne Finanzierungen, aber auch Bankfinanzierung gegen Garantie der deutschen Muttergesellschaft. Allerdings beobachten wir, dass Unternehmen, die nicht an der Börse gelistet sind, nicht so ohne weiteres von amerikanischen Banken Kredite bekommen. Hier haben wir ganz klar einen Vorteil, da wir als Deutsche Bank in den meisten Fällen eine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit der deutschen Muttergesellschaft haben. Die Kreditprüfung ist dadurch weniger aufwendig, und wir sind schneller. Bieten Sie auch Working-CapitalFinanzierungen? Ja natürlich, über sogenannte Revolving Credit Facilities. Daneben stellen wir unseren Kunden auch Supply-Chain-Finance-Lösungen zur Verfügung. Je nach Bedarfslage bieten wir hier Accounts-PayableFinanzierungen oder auch SupplierFinanzierungen – sogenannte Confirmed Payables – an. Wie stark sind US-Niederlassungen deutscher Unternehmen von Währungsschwankungen zwischen Euro und Dollar betroffen? Zum Großteil ganz erheblich, vor allem dann, wenn diese Niederlassungen eine hohe Importquote haben. Dies ist zum Teil auch der Grund, warum viele Unternehmen eine Produktionsstätte in den USA unterhalten, um so den Großteil ihrer Kosten nicht den Währungsschwankungen unterliegen zu lassen. Da viele Kunden aber wesentliche Teile ihres Umsatzes durch Importe abdecken, sind sie dem Währungsrisiko direkt oder indirekt ausgesetzt. Obwohl einige Unternehmen ihre Währungsabsicherung in den vergangenen Jahren in Deutschland zentralisiert haben, stehen wir vielen unserer Kunden in Rat und Tat bei ihrer Währungsabsicherung zur Verfügung. results_Deutsche Bank_31 MÄRKTE_Länderreport USA Finanzmanager Ralf Roeske, MAHLE-Filtersysteme: Mit 3200 Mitarbeitern gehört MAHLE zu den größten deutschen Unternehmen in den USA FALLSTUDIE MAHLE Schwarzwald in Tennessee FOTOS: DETLEF GOECKERITZ, MAHLE INDUSTRIES Automobilzulieferer MAHLE ist seit Mitte der 70er Jahre mit eigenen Werken in den USA vertreten – und spart nicht mit Lob für den Produktionsstandort Wenn Ralf Roeske vom Osten Tennessees spricht, gerät er regelrecht ins Schwärmen: „Wie im Schwarzwald“ sehe es in dem südlichen US-Bundesstaat aus, sagt der Konstanzer vom Bodensee, der nunmehr seit 17 Jahren in den USA lebt. Und noch etwas erinnert den Senior Director Finance/ Treasury der Firma MAHLE Industries, Incorporated, einer Tochter des Stuttgarter Automobilzulieferers MAHLE, an die alte Heimat: „Die Menschen in Tennessee sind sehr loyal und äußerst fleißig.“ MAHLE, weltweit einer der wichtigsten Hersteller von Bauteilen für Verbrennungsmotoren wie Kolben und Zylinder, ist seit 1976 mit einem eigenen Werk in Morristown in Tennessee vertreten. Damals wollte Großkunde Caterpillar seinen Zulieferer in unmittelbarer Nähe der eigenen Fertigung wissen. Zuvor hatte das schwäbische Unternehmen seine US-Kunden aus Deutschland über deren Vertriebsbüro in Chicago aus mit Kolben für schwere Nutzfahrzeuge bedient. Inzwischen gehört MAHLE mit 14 Standorten und rund 3200 Mitarbeitern zu den größten deutschen Unternehmen in den USA. Man will nah bei seinen Kunden sein. MAHLE beliefert Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge wie Caterpillar, Volvo und Cummins, außerdem die Produzenten 32 _results_Deutsche Bank von Pkws und leichten Transportern: Chrysler, GM, Ford, Toyota, Nissan, Honda und Volkswagen. Roeske stellt den USA auch als Produktionsstandort Bestnoten aus: „Unsere Produkte fertigen wir hier auf demselben Qualitätsniveau wie in Deutschland“, sagt Roeske. Allerdings muss auch MAHLE seine Arbeiter meist selbst anlernen und fortbilden. „Gerade wenn es um das metrische System und ähnliche Dinge geht, versagt das USSchulsystem“, sagt Roeske. Um die Zukunft macht er sich wenig Sorgen. 2012 legte der Umsatz von MAHLE in Nordamerika um satte zehn Prozent zu, für 2013 erwartet Roeske, der einen Großteil des Cash Managements in den USA über die Deutsche Bank abwickelt, zwar nur noch ein Plus von vier Prozent. Doch das ist immer noch deutlich mehr, als die Gesamtwirtschaft der USA wohl wachsen wird. „Viele Autos in den USA sind mehr als zehn Jahre alt und müssen bald erneuert werden“, sagt Roeske. Er rechnet damit, dass die Amerikaner in den nächsten Jahren zwischen 14 und 15 Millionen Fahrzeuge dieser Art kaufen werden. Und er hofft, dass sie endlich auch den Dieselmotor entdecken, mit dem sich MAHLE besonders gut auskennt. „Es geht auf jeden Fall positiv weiter.“ men, die sich für die USA interessieren, sollten einige Punkte bedenken, rät RGIT-Chef Zielke: die Regeln zur Produkthaftung etwa, denn bei Klagen kommen leicht Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe zusammen. Und: Es gibt zwar ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den USA und Deutschland, dennoch sei es ratsam, einen Steuerberater zu Rate zu ziehen, meint Zielke. Auch die Auslandshandelskammern unterstützen Firmen in solchen Fragen. Wichtig bei jedem Engagement in den Vereinigten Staaten: Ein deutscher Unternehmer investiere nicht „in den USA“, sondern müsse sich schon genau überlegen, welche Region und welcher Bundesstaat am besten zu ihm passen. Zielke warnt: „Die rechtlichen Unterschiede – etwa bei den Umweltstandards – zwischen einzelnen US-Bundesstaaten sind enorm.“ DAV I D SE L B A C H Weitere Informationen Kontakt p Ihr Kundenbetreuer Links p Studien und ökonomische Einschätzungen bietet Deutsche Bank Research www.dbresearch.de p Die Umfrage und weitere Informationen zum Standort bei den Deutsch-Amerikanischen Handelskammern www.gaccny.com