Die besten Pferde und Ponys für den Wagen
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Die besten Pferde und Ponys für den Wagen
STATISTIK Pferd & Wagen Eine der Top 25: Holsteiner Stute Sunrise v. Lakai, Einspänner-Weltmeisterin mit Thorsten Zarembowicz, danach international erfolgreich im Vierspänner von Mareike Harm. Foto: Rolf Schettler Die besten Pferde und Ponys für den Wagen Die Frage nach den besten Fahrpferden und Fahrponys beantworteten jüngst auf der Jahrestagung der Fachgruppe Fahren im Deutschen Reiter- und Fahrer-Verband e.V. der neue Fachgruppen-Vorsitzende Rolf Schettler aus Haltern/Westfalen und die Agrarwissenschaftlerin Christiane Schettler (Technische Universität München/Weihenstephan). Sie analysierten die FN-Turnierergebnisse der vergangenen vier Jahre (2010 – 2013). 36 © Pferd & Wagen 4/2014 www.pferdundwagen.com W er auf der Suche nach den erfolgreichsten Fahrpferden und Fahrponys ist, wird sich die Frage stellen müssen, anhand welcher Kriterien die Besten ermittelt werden sollen. Da es nicht um subjektive Qualitätsmerkmale, sondern um objektiv erbrachte Leistungen geht, bieten sich die FN-Turnierergebnisse als Datengrundlage an. Dabei gibt es vor allem drei in Betracht kommende Parameter: zunächst die Gewinnsumme, dann die aufgrund von Turniereigenleistungen und Verwandtschaftsleistungen ermittelten Zuchtwerte und schließlich die sogenannten Rang listenpunkte. Die Gewinnsummen im Fahrsport würden zu einer erheblichen Verzerrung führen, da die publikumswirksamen Vierspänner-Prüfungen, insbesondere auf großen Turnieren und bei den Hallen-Weltcup-Veranstaltungen, in der Dotierung ein Vielfaches über „normalen“ S-Prüfungen liegen. Dies bedeutet, dass unter den nach Gewinnsummen besten 25 Pferden und Ponys eines jeden Jahres fast ausschließlich Vierspänner zu finden sind. Die aufgrund von eigenen Turnier ergebnissen und den Ergebnissen von Vorfahren und Geschwistern ermittelten Zuchtwerte spielen bei der Beurteilung von Dressur- und Springpferden eine große Rolle. Für Fahrpferde werden sie hingegen nicht ermittelt beziehungsweise nicht veröffentlicht. Insofern steht diese Informationsquelle für Fahrpferde zumindest derzeit nicht zur Verfügung. Es bleibt somit nur der Vergleich nach sogenannten Ranglistenpunkten, die auch aufgrund der Vergabesystematik die besten Voraussetzungen für einen objektiven Erfolgsabgleich liefern. Gemäß den Durchführungsbestimmungen zu § 63 LPO werden Turnierergebnisse nach Klasse, Gewinnsumme und sportlichem Wert gestaffelt. Ein fünfter oder sechster Platz in einer E-Dressur (Einspänner) erbringt genau einen Rang listenpunkt, der Sieg in einer mit bis zu 4.999 Euro dotierten kombinierten Prüfung der Klasse M immerhin schon 990 Punkte. Die Einzel-Goldmedaille bei einer Welt- oder Europameisterschaft schlägt hingegen mit 13.200 Ranglistenpunkten zu Buche. Die große Spreizung beim Ranglistenpunktesystem, das darüber hinaus transparent und öffentlich ist, kommt der Auswertung sehr zugute. In keiner anderen pferdesportlichen Disziplin sind Rassenmix und Typenvielfalt bei den erfolgreichsten Pferden und Ponys so groß wie im Fahrsport. Unter den Top-25-Fahrpferden der vergangenen vier Jahre sind zu 70 Prozent VierspännerPferde zu finden, die allerdings zu Beginn ihrer Karriere häufig auch im Ein- oder Zweispänner erfolgreich waren. 21 Prozent erzielten ihre Erfolge im Zweispänner, 9 Prozent im Einspänner. Bei den Fahrponys sind 53 Prozent der erfolgreichsten 25 der letzten vier Turnierjahre Vierspänner-Ponys, 37 Prozent Zweispän- ner und nur 10 Prozent Einspänner. Diese Relation ist geradezu spiegelverkehrt zum gesamten Turniersportangebot und zu den Starterzahlen der einzelnen Anspannungsarten im ländlichen und mittleren Turniersportbereich. Dort dominieren nicht Zweispänner, sondern Einspänner. Nach Schätzungen des DOKR-Fahrausschussvorsitzenden Felix Auracher verfügt Deutschland derzeit über maximal 40 S-taugliche Vierspänner, während es im Einspänner-Bereich mehrere Hundert sind. Die Vierspänner-Dominanz hängt vielmehr damit zusammen, dass beim Erfolg eines Viererzugs jedes einzelne Pferd die vollen Ranglistenpunkte erhält. Anders gesagt: Für einen Vierspänner-Erfolg in der gleichen Klasse und der gleichen Dotierung werden für ein Gespann vier Mal die gleichen Ranglistenpunkte vergeben, bei einem gleichrangigen Erfolg eines Einspänners nur ein Mal. Zu 62 Prozent sind die Top-Fahrpferde Wallache. 22 Prozent sind Stuten, nur 16 Prozent Hengste, wobei Letzteres noch in Zweifel gezogen werden darf, da die Fehlerhäufigkeit in der Geschlechtsbestimmung bei der Eintragung von Hengsten oder Wallachen als relativ hoch eingeschätzt wird. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass mindestens 20 Prozent der als Hengste eingetragenen Turnierpferde tatsächlich Wallache sind. Bei den Fahrponys sind die Relationen ganz ähnlich: 70 Prozent Wallache, 22 Prozent Stuten und acht Prozent Hengste. ➽ Alter und Geschlecht der Top 25 Fahrpferde 2010 bis 2013 Anspannungsart Pferde 2010 – 2013 Geschlecht Fahrpferde 2010 – 2013 (Top 25) Alter Fahrpferde 2010 – 2013 (Top 25) 16 % 21 % 9% 22 % 70 % 62 % ■ 1-Spänner ■ Stute ■ 2-Spänner ■ Hengst ■ 4-Spänner ■ Wallach 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 Prozentuale Verteilung }Altersspanne von 6 bis19 © Rolf Schettler www.pferdundwagen.com 4/2014 © Pferd & Wagen 37 STATISTIK Pferd & Wagen Alter und Geschlecht der Top 25 Fahrponys 2010 bis 2013 Anspannungsart Fahrponys 2010 – 2013 Geschlecht Fahrponys 2010 – 2013 (Top 25) Alter Fahrponys 2010 – 2013 (Top 25) 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 8% 37 % 22 % 53 % 70 % 10 % ■ 1-Spänner ■ Stute ■ 2-Spänner ■ Hengst ■ 4-Spänner ■ Wallach 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Prozentuale Verteilung }Altersspanne von 6 bis 20 © Rolf Schettler Die Altersspanne der erfolgreichsten Fahrpferde reicht von sechs bis 19 Jahre (Fahrponys: sechs bis 20 Jahre), bei einem Durchschnittsalter von circa zehn Jahren. Die Alterskohorte der Neun- und Zehnjährigen macht dabei nahezu ein Drittel der erfolgreichsten Fahrpferde aus. Bei den Fahrponys ist die stärkste Altersgruppe die der Zehn- bis 13-Jährigen, die 45 Prozent der Top 25 in den untersuchten Jahren stellen. Das relativ niedrige Durchschnittsalter ist auch ein „Vierspänner-Effekt“: Nicht selten wird ein jüngeres, noch weniger routiniertes Pferd in einem Viererzug meist als Vorderpferd „zugespannt“, was bei den anderen Anspannungsarten so nicht funktioniert. Ohne Berücksichtigung dieses Effekts läge das Durchschnittsalter vermutlich etwas höher. Punkteverteilung Errechnung der Ranglistenpunkte gemäß § 63 LPO (Durchführungsbestimmungen) Klasse/Platz E-Dressur, Hindernis- u. Geländefahrt 1 2 3 4 5 6 u.w. 5 4 3 2 1 1 A-Dressur, Gebrauchs.- u. Hindernisfahrt 11 9 8 7 6 5 A-Geländefahrt 33 27 24 21 18 15 A-Kombinierte Wertung 55 45 40 35 30 25 M-Dressur, Gebr.- u. Hindernisfahrt 99 81 72 63 54 45 M-Gelände- bzw. Gelände- u. Streckenfahrt 165 135 120 105 90 75 M-Kombinierte Wertung 495 405 360 315 270 225 S bis 4.999 € Dressur-, Gebr.- u. Hindernisfahrt 198 162 144 126 108 90 S 5.000 € bis 9.999 € Dressur-, Gebr.- u. Hindernisf. 330 270 240 210 180 150 S ab 10.000 € Dressur-, Gebr.- u. Hindernisfahrt 550 450 400 350 300 250 S bis 4.999 € Gelände-/Gelände- u. Streckenfahrt S 5.000 € bis 9.999 € Gelände-/Gelände- u. Streckenf. 330 550 270 450 420 400 210 350 180 300 150 250 S ab 10.000 € Gelände-/Gelände- u. Streckenfahrt 935 765 680 595 510 425 S bis 4.999 € kombinierte Wertung 990 810 720 630 540 450 S 5.000 € bis 9.999 € kombinierte Wertung 1650 1350 1200 1050 900 750 S ab 10.000 € kombinierte Wertung 2750 2250 2000 1750 1500 1250 Nationenpreis 3300 2700 2400 2100 1800 1500 Weltcup-Finale 5500 4500 4000 3500 3000 2500 WM/EM Mannschaft 8800 7200 6400 5600 4800 4000 13200 10800 9600 8400 7200 6000 WM/EM Einzel 38 © Pferd & Wagen 4/2014 In der Aufschlüsselung nach Pferderassen sind die Holsteiner unter den Top25-Fahrpferden der vergangenen vier Jahre mit 17 Prozent die stärkste Rassegruppe. Hannoveraner, Oldenburger und Württemberger (je zwölf Prozent) folgen mit deutlichem Abstand. Dicht auf den Fersen (16 Prozent) sind den Holsteinern jedoch die Pferde, die den ausländischen Zuchtverbänden zugeordnet werden. Dieser Anteil ist bei den Fahrpferden deutlich höher als bei den Dressur- und Springpferden. Deren Rassezuordnung müsste daher genauer angesehen werden. Den weitaus größten Anteil (elf Prozent) machen KWPN-Pferde (Niederländisches Warmblut) aus, die abstammungsmäßig ebenfalls über einen hohen Holsteiner-Blutanteil verfügen. In dieser Gruppe sind jedoch – leider ohne besondere Differenzierung – auch die im internationalen Fahrsport häufiger vorkommenden Gelderländer erfasst, die genetisch völlig anders einzuordnen sind. Interessant sind diese Ergebnisse schon deshalb, weil sie ein gängiges Vorurteil – nervenstarke Dressurpferde sind die bes ten Fahrpferde – widerlegen. Zumindest für den Hochleistungssport scheint dies so simpel nicht zu sein. Holsteiner sind nämlich auf das Zuchtziel eines für interDas LPO-Ranglistenpunktesystem differenziert Turnierplatzierungen je nach sportlichem Wert zwischen einem und 13.200 Punkten und ist die Basis der Erfolgsanalyse. Quelle: FN/LPO www.pferdundwagen.com Prozentuale Verteilung nach Rasse Fahrpferde 2010 – 2013 (Top 25) Analyse nach Rasse und Verbandszugehörigkeit – bei den Pferden liegt Holstein deutlich vorne, bei den Fahrponys Westfalen. www.pferdundwagen.com Ho lst ei Ol de ner n bu W ür r tte ger mb Ha er g nn ov er er an Sc er hw K er es WP N W ar mb De l ut W ut sc es He hes tfa le ss S isc por tp he f s W er ar d mb lut Ba ye Th r ür i Rh nge r ein M län ec d e kle nb r ur Fra ge Tu ig r nz ös paa isc rd e he rT n r Un abe r nb ek an nt Prozentuale Verteilung nach Rasse Fahrponys 2010 – 2013 (Top 25) 80 70 60 50 40 30 20 10 tze .D hC ob Le (S wi ek flin Ha un r ) r ge t nn ka be st W els hM Ne ou w nt Fo ain re (S Po W els .A ek ek (S ny h ) ) .C B) ob yC on W els hP W els De W els ut sc hP he on sR eit y( Se k. po ny 0 Prozentuale Verteilung nach Zuchtverband Fahrpferde 2010 – 2013 (Top 25) Ho lst e Au in sla Ha nd nn ov Ba de Old er en nb W üt urg te m b W erg es tfa le n He ss Th en ür in g Sa en Sa c hs ch en se nAn ha l Ba t ye rn ZF M Ber DP R ec l kle in/B hen nb ran lan d ur g- den bu Vo r rp om g m Al e t-O rn ld b. /O st f. 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Prozentuale Verteilung nach Zuchtverband Fahrponys 2010 – 2013 (Top 25) 25 20 15 10 5 al t rn An h ye se n Ba ch gur nb Sa n er Vo r po sla ny Po m m nd n ei Au lst Ho er -E m s d an W es Rh ei nl er ov Ha nn ge n n Th ür in se ch Sa tte ür de n- W W es t fa m be le n rg 0 M ec kle Ba nationale Aufgaben befähigten Springpferdes festgelegt. Interessanterweise bestätigt die Untersuchung eine alte englische These aus dem 19. Jahrhundert, wonach springfreudige Jagdpferde die besten Fahrpferde sind. Der Grund: Springpferde verfügen – wie uns Biologen verraten – über eine andere Muskelstruktur, die sie zu schnelleren Kontraktionen befähigen, und sind zudem reaktionsschneller. Genau dies scheint auch zumindest in den Gelände- und Hindernisprüfungen des Fahrsports auf höchstem Niveau ausschlaggebend zu sein. Hinzu kommt, dass der typische „Holsteiner Gang“, der von größerer Knieaktion gekennzeichnet ist, im Fahrsport durchweg als attraktiv angesehen wird. Auch der oft kritisch gesehene Holsteiner-Rücken, also der häufig etwas längere und flachere Lendenbereich der Pferde aus der Region zwischen den Meeren, scheint im Fahrsport nicht zu stören und wird akzeptiert. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass die große alte Holstein-Fahrertradition eines Richard Eggers oder eines Franz Lage dazu führt, dass auf den Züchterhöfen das Know-how zum Einfahren junger Pferde noch vorhanden ist und daher mehr Pferde den Weg in den Fahrsport finden. Das aber ist Spekulation und lässt sich aus den Zahlen nicht ableiten. Bei den Ponys sieht die Situation gänzlich anders aus. Dort dominiert mit einem Anteil von 75 Prozent das Deutsche Reitpony, Welsh-Ponys machen zusammen 18 Prozent aus. Haflinger sind bei den Top 25 lediglich mit drei Prozent beteiligt, ganz im Gegensatz zum Basissport, wo Haflinger annähernd 40 Prozent der Teilnehmer ausmachen. Dies scheint sich allerdings mit zunehmendem Leistungsniveau rapide auszudünnen. Da die Rassegruppe Deutsches Reitpony von verschiedenen Zuchtverbänden betreut wird, lohnt ein Blick auf die Verbands zuordnung. Dort steht Westfalen mit einem Anteil von 22 Prozent ganz vorn. Erstaunlich ist, dass insbesondere das hoch erfolgreiche Ponyzuchtgebiet Rheinland nicht über einen Anteil von neun Prozent hinauskommt. Häufig wird die Frage aufgeworfen, ob ein spezielles Zuchtprogramm für Fahrpferde erforderlich sei. Die Auswertung liefert dafür jedenfalls keine Argumente. Rassen mit speziellen fahrsportlichen Selektionskriterien, wie etwa das Schwere Warmblut in Sachsen und Thüringen, das sich im Basissport steigender Beliebtheit erfreut, scheint dies keinen Vorteil im Spitzensport zu bringen. Allerdings darf auch nicht übersehen werden, dass die SW-Populationsgröße deutlich hinter den norddeutschen Hochzuchtgebieten zurücksteht. Das aktuelle, auf Reitpferdeeigenschaften fokussierte Selektions- und Leistungsprüfungssystem scheint auch die für ein Fahrpferd nötigen Eigenschaften herauszufiltern. Rittigkeit, Qualität der Grundgangarten und Springvermögen sind o ffenbar auch die Qualitätsmerkmale der erfolgreichsten Fahrpferde. Rolf Schettler/ Christiane Schettler n 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 4/2014 © Pferd & Wagen 39