Reifeprüfung Anreiten - Rheinlands Reiter+Pferde

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Reifeprüfung Anreiten - Rheinlands Reiter+Pferde
reife.prüfung
Reifeprüfung Anreiten
ANGENEHMES ANREITEN
In der Regel werden
Pferde dreijährig angeritten. Doch Ausnahmen
nach oben und unten gibt
es immer wieder. Lesen
Sie in RRP, wie entscheidend das Alter wirklich ist
und woran man erkennt,
ob ein Pferd dem Anreiten
physisch und psychisch
gewachsen ist.
7
Ti
Tipps,
wie man dem Pferd
da
das Anreiten so angenehm
wie möglich macht:
• Mit viel Ruhe und Geduld vorgehen.
Gewöhnung und Anreiten in viele kleine
• Gew
Schritte zerlegen.
• Für freie Bewegung und Abwechslung
sorgen.
• Für einen nicht zu tiefen, aber griffigen
Boden sorgen.
• Einen leichten Reiter für die Gewöhnung
wählen.
• Mit einem ruhigen Führpferd arbeiten.
• Intervalle, in denen man sich mit dem Pferd
beschäftigt, an mangelnde Kraft, Kondition
und Konzentration anpassen.
Foto: Wentscher
F
ür die meisten Pferde beginnt der
reiterliche Ernst des Lebens im Alter
von drei Jahren. Bei der Deutschen
Reiterlichen Vereinigung (FN) werden die
Vierbeiner des entsprechenden Jahrgangs
alle automatisch am 1.1. als Dreijährige
angesehen – auch wenn sie tatsächlich erst
im Mai oder Juni geboren und damit Anfang des Jahres eher noch zweieinhalbjährig sind. Dennoch: Der Großteil der Youngster wird zu Beginn des Jahres, in dem das
Pferd drei wird, angeritten.
Januar, Februar und März sind die
Hauptmonate zum Anreiten junger Pferde
– auch wenn Band 1 der Richtlinien für
Reiten und Fahren sagt: „Mit der Ausbildung des Pferdes unter dem Reiter sollte
nicht vor Vollendung des 3. Lebensjahres
begonnen werden. Je nach Körperbau,
Konstitution und deren Entwicklung wird
das Training allmählich gesteigert.“
Warum gerade das vollendete dritte Lebensjahr angegeben wird, erklärt die Fachtierärztin für Pferde Dr. Christine Gaedke:
„Die zwei Wachstumsfugen am Oberarm
und am Unterschenkel schließen sich in
der Regel nach 36 Monaten, deshalb orientiert man sich an diesem Alter.“
reife.prüfung
Reif für den Reiter?
Auch Pferdewirtschaftsmeister
Timo Mölders findet es unter
Umständen einen großen Unterschied, ob man mit dem Anreiten Anfang des Jahres oder
erst etwas später anfängt, denn:
„In einem halben Jahr passiert
in der Entwicklung eines so
jungen Pferdes sehr viel, das
darf man nicht unterschätzen!“
Als körperliche Voraussetzung für das Anreiten nennt
Mölders eine normal ausgeprägte Grundmuskulatur, durch
die die Wirbelsäule nicht freiliegt. Das ist wichtig, damit das
Pferd den Sattel und das Reiter-
gewicht überhaupt tragen kann,
ohne Schaden zu nehmen.
Der Futterzustand des anzureitenden Pferdes sollte gut sein,
denn das Anreiten ist, selbst
wenn man in kleinen Schritten
behutsam vorgeht, immer mit
körperlichen und psychischen
Anstrengungen für das Pferd
verbunden – entsprechend brauchen sie Reserven, von denen
sie zehren können.
Neben der Anpassung der
Fütterung ist für Mölders beim
Anreiten junger Pferde wichtig,
dass diese genügend Ausgleich
zu ihrer neuen Aufgabe bekommen: „Regelmäßiger freier
JUNGPFERDECHECK VOR DEM ANREITEN
Bei einem Jungpferdecheck kontrolliert der Tierarzt, ob die
Strukturen der Sehnen, Bänder und Gelenke gesund sind oder ob
es Vorerkrankungen wie zum Beispiel Chips gibt. Besonders aus
Züchter- und Verkäufersicht macht eine solche Untersuchung vor
Beginn der Ausbildung wirtschaftlich Sinn. Bringt der Check ein
positives Ergebnis, kann der Züchter/Verkäufer relativ beruhigt
in das Anreiten und die Ausbildung investieren – ohne Angst vor
einem, potentielle Käufer abschreckenden oder den Kaufpreis ins
unwirtschaftliche mindernden, schlechten TÜV.
FGS Sielemann
91/40
Reiterprüfung,
links
N623498
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machen lassen. „So ein Jungpferdecheck ähnelt einer kleinen
Ankaufsuntersuchung“,
erklärt Tierarzt Thomas Stöckl.
„Durch eine klinische Untersuchung werden Körperbau und
Muskulatur des Pferdes überprüft, außerdem checkt man
den Zustand und die zu erwartende Belastbarkeit von Sehnen und Gelenken anhand von
Beugeproben und bestimmten
Röntgenbildern.“ Für das Anreiten sei es vor allem wichtig,
dass das Pferd keine Vorerkrankungen hat, die durch Belastung verschlimmert werden
könnten. „Je nach Lage kann
das zum Beispiel bei GelenkChips der Fall sein“, so Stöckl.
„Die vorsichtige Gewöhnung an
Longe, Trense, Sattel und das
Reitergewicht sorgt oftmals sogar dafür, dass ein Reifeprozess
Timo Mölders
einsetzt.“
schon reif für den Reiter ist.
Am Entwicklungszustand des
Pferdes orientiert er sein Vorgehen. „Sind die Pferde noch
nicht so weit entwickelt, heißt
das aber nicht, dass man gar
nichts mit ihnen machen kann.
Man muss nur entsprechend
noch langsamer und noch
vorsichtiger vorgehen als bei
Pferden, die körperlich schon
weiter entwickelt sind. Meiner
Erfahrung nach führt die vorsichtige Gewöhnung an Longe,
Trense, Sattel und das Reitergewicht oftmals sogar dazu, dass
ein Reifeprozess einsetzt.“
Das sieht auch Hanno Vreden
so: „Das Anreiten als Gewöhnung
an den Reiter lässt Pferde mental
und körperlich weiter reifen –
zum einen durch die Konfrontation mit Umwelteinflüssen, zum
anderen durch die Ausbildung
neuer Muskulatur.“
Wer auf Nummer sicher
gehen will, dass der Youngster
den Anforderungen des Anreitens gewachsen ist, kann vom
Tierarzt zuvor einen Check-up
Anreiten ja,
arbeiten nein
Für die beiden Pferdewirtschaftsmeister fällt unter den
Begriff „Anreiten“ die Zeitspanne, die eine Remonte vom Gewöhnen an die Ausrüstung über
das Longieren bis zu dem Zeitpunkt benötigt, an dem sich das
Pferd in allen Grundgangarten
gehorsam auf beiden Händen
reiten lässt. „Um das zu erreichen sind in der Regel sechs
bis acht Wochen ausreichend“,
so Hanno Vreden. „Und mehr
sollte man dreijährig auch gar
nicht verlangen, schließlich ist
das Pferd in diesem Alter noch
mitten im Wachstum.“
Genau aus diesem Grund
plädiert auch Timo Mölders dafür, der Remonte bis zum frühen
Herbst noch einmal eine WeideAuszeit zu gönnen. So können
die Youngster die Eindrücke des
Anreitens verarbeiten und körperlich und mental weiter reifen. Im Herbst kann man in der
Regel dann dort anknüpfen, wo
man im Frühjahr aufgehört hat.
Foto: Wentscher
Das Anreiten sollte immer mit viel Ruhe und Geduld, Schritt für
Schritt erfolgen.
Auslauf ist Pflicht, am liebsten draußen an der frischen
Luft auf dem Paddock oder
der Weide. Wenn das Wetter
das nicht erlaubt, sollte man
dem Pferd aber zumindest in
der Halle möglichst häufig
die Gelegenheit geben, sich
frei bewegen zu können.“ Den
Punkt „Abwechslung“ findet
auch Hanno Vreden, Leiter der
Landes- Reit- und Fahrschule
Rheinland, besonders wichtig:
„Die jungen Pferde müssen so
viel wie möglich sehen und
mitbekommen.“
Grundsätzlich entscheidet
Timo Mölders ganz individuell,
ob ein Pferd, was ihm zum Anreiten gebracht wird, wirklich
reife.prüfung
DIE RRP EXPERTEN
Ein körperlich deutlich reifes dreijähriges Pferd.
 Timo Mölders ist selbstständiger Pferdewirtschaftsmeister in Witten.
 Thomas Stöckl ist Tierarzt
an der Pferdeklinik Burg Müggenhausen in Weilerswist.
Gerade bei Pferden, die noch
in der Entwicklung stehen und
sich mit ihrem Körper oft noch
selbst im Weg stehen, sollte man
mit besonders viel Ruhe vorgehen und ihnen nach dem Anreiten diese Pause gönnen. Das finden auch die Tierärzte Christine
Gaedke und Thomas Stöckl.
„Wenn Pferde stark mit dem
Wachstum beschäftigt sind, ist
eine Auszeit nach dem Anreiten
gut. Auszeit darf allerdings nicht
heißen, dass das Pferd sich in
der Box die Beine in den Bauch
steht. Das wäre grundverkehrt, “
warnt Stöckl. „Im Gegenteil: Es
muss garantiert sein, dass das
Pferd genügend Bewegung hat,
am besten in Form täglichen
mehrstündigen Weidegangs in
der Herde. Besteht hierzu keine Möglichkeit – zum Beispiel
weil das Wetter es nicht erlaubt
–, ist es besser, die Pferde weiter
leicht zu bewegen.“
Christine Gaedke sieht eine
Auszeit nach dem Anreiten
grundsätzlich positiv: „So eine
Pause lenkt die jungen Pferde –
egal ob spät- oder frühreif – ab
und gibt ihnen die Möglichkeit,
noch mal durchzuatmen. Das
ist nie verkehrt.“
Nicht zu spät und
nicht zu früh
 Dr. Christine Gaedke ist
Fachtierärztin für Pferde in
der Pferdepraxis Kaminski in
Bochum.
Das Anreiten komplett auf den
Herbst zu verschieben, halten
beide Ausbilder auch bei noch
unreiferen Pferden nicht unbedingt für sinnvoll. Denn so
lange die Vierbeiner noch mit
ihrem Wachstum beschäftigt
sind, sind sie in der Regel ruhiger und somit einfacher anzureiten. Die „fertigen“ Pferde
hingegen strotzen oft nur so
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vor Selbstbewusstsein und
Kraft – entsprechend schwieriger kommt man an sie heran.
Dennoch darf man keinesfalls zu früh anfangen mit
den jungen Pferden, auch da
sind sich Hanno Vreden und
Timo Mölders einig. „Mit den
Hengsten, die im Herbst zweieinhalbjährig zur Körung vorgestellt werden sollen, muss
heutzutage – wenn sie eine
Chance auf ein positives Körurteil haben sollen – schon so
viel gemacht werden vorher,
das würde bei Menschen defi-
früher) ist, er sich aber strikt
gegen das „viel Reiten“ Dreijähriger wendet. „Ich bin auch
kein Freund von Reitpferdeprüfungen für dreijährige Pferde“,
so Vreden. „Zum Glück sind
die Pferdeleute in dieser Hinsicht aber schon wieder etwas
sensibilisiert: Viele Reiter wollen mittlerweile keine Pferde
mehr, die schon dreijährig das
Scheckheft voller Platzierungen
stehen haben, sondern lieber
ein schonend und entsprechend
gesund erhaltend angerittenes
junges Pferd.“
„Vor allem wenn Pferde stark
mit dem Wachstum beschäftigt
sind, ist eine Auszeit nach dem
Anreiten gut.“
Thomas Stöckl
nitiv unter Kinderarbeit fallen.
Da muss das System überdacht
werden“, findet Timo Mölders.
„Unsere Pferde werden dank
der verbesserten Zucht zwar
immer leichtrittiger, gang- und
sprunggewaltiger und leistungsbereiter, aber die Härte geht
verloren. So gesehen dürfte man
also erst recht nicht so früh so
viel von ihnen fordern.“
Auch Hanno Vreden findet
das hiesige Körsystem verwerflich: „Die Hengste werden mittlerweile vor der Körung fast
alle schon angeritten, dieser
Entwicklung muss entgegen gesteuert werden!“ Der rheinische
Schulleiter betont, dass er zwar
für das Anreiten im Alter von
drei Jahren (aber auch nicht
Auch Timo Mölders findet
den Einsatz dreijähriger Pferde
auf dem Turnier fraglich. „Um
die Turnieratmosphäre kennenzulernen, kann man sie einoder zweimal vorstellen, aber
mehr Einsätze bringen dem
Pferd definitiv nichts! Ich persönlich würde es immer vorziehen, die jungen Pferde einfach
mal so aufzuladen und in Ruhe
woanders zu reiten, anstatt sie
mit aufs Turnier zu nehmen.“
Mental fit?
Das Anreiten ist nicht nur physisch, sondern auch psychisch
eine Herausforderung für das
junge Pferd. Ob ein Pferd mental reif genug dafür ist, stellt
sich sehr schnell im Umgang
Fotos: Brandel/HiM (2), PEMAG (2), Privat (2), Wentscher
 Hanno Vreden ist Pferdewirtschaftsmeister und
Leiter der Landes- Reit- und
Fahrschule Rheinland in
Langenfeld.
Noch voll in der Entwicklung stehender Dreijähriger.
heraus. „Es gibt junge Pferde,
die körperlich alle Voraussetzungen für das Anreiten erfüllen, die sich aber schon an der
Longe Stress machen oder bei
der Gewöhnung an den Sattel“,
weiß Timo Mölders und rät daher dazu, die Youngster immer
sehr genau zu beobachten.
Starkes schwitzen oder
schlechte Futteraufnahme seien
beispielsweise typische Zeichen
dafür, dass ein Pferd mental
überfordert ist. „Dann muss
man zwar weitermachen, aber
eben nur sehr dosiert, vielleicht
individuell, wie weit das Pferd
gereift ist. Danach entscheide
ich dann, ob man es schon etwas mehr belasten kann oder
ob man lieber noch weiter mit
ihm ‚spielt’“, erklärt Hanno
Vreden sein Vorgehen.
Gerade hoch im Blut stehende Pferde seien oft Spätzünder,
betonen beide Ausbilder. Außerdem hätten sehr große Pferde
oft Probleme ihr Gleichgewicht
zu finden und mit ihrem Körper
klar zu kommen. Diese Pferde
benötigen deshalb erst Recht
viel Zeit und Geduld.
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„Ich bin absolut für das Anreiten im Alter von drei Jahren,
aber gegen das „viel Reiten“ von
Dreijährigen!“
Hanno Vreden
Weitere Entwicklung
Nach der Anreitphase im Frühjahr und der sich anschließenden Weide-Auszeit im Sommer steht im Herbst wieder
eine individuell auf das Pferd
abgestimmte Entscheidung an.
„Im frühen Herbst beurteile ich
nach der Weidepause wieder
Ziel des Anreitens: Das Pferd lässt
sich in allen Gangarten frei reiten.
Thomas Stöckl weist darauf hin, dass es nicht nur beim
Anreiten, sondern auch in der
weiteren Ausbildung für die Entwicklung der Knochen, Sehnen
und Gelenke immens wichtig
ist, die Belastung über Jahre
hinweg langsam zu steigern.
„Voraussetzung für die Gesunderhaltung des Pferdes ist, dass
sich die Strukturen der Sehnen
und Bänder stärken – und das
erfolgt effektiv nur bei langsam
steigender Belastung in einem
Zeitraum von mehreren Jahren“,
betont der Tierarzt. Daher sei es
auch so wichtig, nicht zu früh
mit stark belastender Arbeit anzufangen. „Die Zeit, die Sehnen,
Bänder und Gelenke zum Aushärten benötigen, ist immer lang
– auch wenn Pferde erst spät eingeritten werden. Selbst wenn das
Pferd beim Anreiten schon fünf
ist, muss man das Training also
entsprechend langsam aufbauen,
wenn es gesund erhaltend sein
soll.“ Wann ein Pferd endgültig
ausgewachsen ist, sei von Pferd
zu Pferd zu beurteilen: „Mit großen individuellen Unterschieden
kann man sagen, dass ein Pferd
ungefähr im Alter von fünf bis
sieben Jahren ausgewachsen ist.“
MEIKE JAKOBI
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107/305
Reiterprüfung,
rechts Anschnitt
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S
Feiern n
u
t
i
m
s!
zweimal in der Woche. Und alles in ganz kleinen Schritten erarbeiten. Macht man mit diesen
Pferden zu große Schritte in zu
kurzer Zeit, sind nicht nur die
weiteren Schritte der Ausbildung gefährdet, sondern man
muss unter Umständen mehrere
Schritte zurückgehen, um voreiliges Handeln wieder auszugleichen.“
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