Keine Querulanten

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Keine Querulanten
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Publisher 3 · 2005
Fokus
Bildschirme mit Format
Keine Querulanten
Das Schlüsselerlebnis beim Test zweier TFT-Flachbildschirme:
Das Hochformat bedeutet einen Quantensprung in der täglichen
Arbeit. Das Beste dabei: Man muss sich nicht festlegen, sondern
kann innert Sekunden zwischen Hoch- und Querformat wechseln.
■ DAVID LEE Die allermeisten Doku-
mente, die sich auf Papier ausdrucken
lassen, liegen im Hochformat vor. Bei
ihrer Ansicht am Bildschirm und bei
der Bearbeitung bietet ein Fenster im
Hochformat den besseren Überblick
als eines im Querformat. Doch die üblichen Bildschirmabmessungen liegen
buchstäblich quer zu dieser Ergonomie
und führen dazu, dass wir wohl etwa
einen Viertel unseres Lebens mit Scrollen verbringen.
Arbeiten mit Sicht auf die
ganze Seite
Mit einem Querformatbildschirm, der
die Grösse eines A3-Blattes hat, kann
man zwar zwei A4-Seiten im Original-
Internetseiten sind meist in der Höhe
viel ausgedehnter als in der Breite.
Dieser Ausschnitt aus der Startseite
von mediaforum.ch zeigt nicht einmal
die Hälfte der Seitenhöhe! Mit einem
Hochformat-Screen muss man weniger
scrollen und behält den Überblick.
format darstellen, aber kaum lesen,
geschweige denn bearbeiten. Am Bildschirm muss die Schrift nun einmal
grösser sein als auf dem Papier, damit
man die Zeichen noch erkennt. Die
Doppelseitenansicht ist selbst für Layoutarbeiten, die keine grosse Präzision
erfordern, zu klein. Ganz anders bei
einem Hochformatscreen in gleicher
Grösse: Eine Seite lässt sich ohne lästiges Einzoomen und Scrollen bequem
bearbeiten.
Im Querformat erscheint eine einzelne
Seite nicht grösser als eine Doppelseite.
Da diese Ansicht nicht arbeitstauglich
ist, hat man wenig davon, dass man
die Paletten des Programms neben der
Seite platzieren kann. Seit InDesign
in der Version CS eine kontextsensitive Eingabeleiste bietet, hat sich das
Problem des Palettenwalds sowieso
entschärft. Bei der täglichen Arbeit
mit unseren hochkant aufgestellten
Bildschirmen (siehe Kasten) stören die
Paletten kaum.
Hochkant surfen: ein Genuss
Dass das Hochformat für Layout und
Bürokorrespondenz praktisch ist, ahnten wir schon, bevor wir den Bildschirm
ausprobierten. Überraschend war dagegen, dass es sich auch beim Surfen
im Internet dem Querformat überlegen
zeigt. Websites sind fast immer länger
als breit. Das mag erstaunlich klingen,
aber es gibt dafür eine einfache Erklä-
Das Hochformat siegt in beiden Disziplinen: grössere Seitendarstellung beim Layouten in InDesign (oben), grösserer Seitenausschnitt beim Surfen (unten).
Fokus
rung. Dass wir Dokumente im Hochformat erstellen, hat unter anderem
den Grund, dass zu lange Zeilen das
Lesen zur Qual machen. Daher weisen heute die meisten Websites eine
fixe Seitenbreite von 700 bis 800 Pixeln auf. Bereits darin enthalten sind
Spalten für Navigation und Werbung,
sodass der eigentliche Inhaltsbereich
höchstens noch 500 Pixel breit ist.
Da mehrspaltiger Text in HTML sehr
schwer zu erstellen ist, ziehen sich die
meisten Websites entsprechend in die
Länge. Bei Sites ohne fixe Spaltenbreite
ist dieser Effekt zwar nicht vorgegeben,
wird aber in der Regel vom Anwender selbst herbeigeführt: Er macht das
Fenster schmaler, damit er den Text
besser lesen kann.
Mit einem Hochformatbildschirm sieht
man einen wesentlich grösseren Teil
der Website und muss entsprechend
weniger scrollen. Mit einer Auflösung
von 1200×1600 verfügen sowohl der
LaCie photon20visionII als auch der
EIZO FlexScan997 über mehr als genug Pixel, um selbst verhältnismässig breite Internetseiten in der ganzen
Breite darzustellen.
Schnelles Umschalten
Natürlich gibt es Anwendungsbereiche, für die das Hochformat ungeeignet ist, etwa die Videobearbeitung.
Auch wenn man ganz einfach einen
Film ab DVD schauen möchte, brauchts
mehr Breite als Höhe. Mit dem LaCie photon20visionII ist das Umstellen
aber kein Problem. Er lässt sich ganz
einfach um 90 Grad drehen, und mit
zwei Mausklicks oder einem Tastaturkürzel ist auch die Bildschirmdarstellung umgeschaltet. Dafür sorgt die
mitgelieferte Rotationssoftware Pivot Pro. Sie ist jederzeit über einen
Rechtsklick auf den Desktop zugänglich.
Beim EIZO FlexScan L997 dreht sich
das Bild sogar automatisch, wenn der
Bildschirm gedreht wird. Möglich wird
dies dank einem integrierten Schwerkraftsensor. Schade dabei ist, dass dies
nur mit bestimmten Grafikkarten funktioniert. Die verbreiteten und beliebten Matrox-Karten werden samt und
sonders nicht unterstützt. Eine Liste
der kompatiblen Karten findet man auf
http://www.eizo.com/support/compatibility/lcd/16.asp.
Wenn die automatische Umschaltung
mit der bestehenden Grafikkarte nicht
funktioniert, könnte zwar die PivotSoftware in die Bresche springen, doch
die gehört beim FlexScan L997 nicht
zum Lieferumfang. Allerdings: Verglichen mit den Anschaffungskosten für
einen hochwertigen Bildschirm, ist eine
neue Grafikkarte keine nennenswerte
Investition.
Was ergonomisch ist, hängt
von der Tätigkeit ab
Wenn das Hochformat eine so tolle
Sache ist, fragt man sich natürlich,
weshalb es sich bis heute nicht durchgesetzt hat. Im Zeitalter der Röhrenmonitore gab es eine einfache Erklärung:
Man konnte die Bildschirme nicht drehen und musste sich für das eine oder
andere Format festlegen. Aber auch
heute stehen die meisten Flachbildschirme quer in der Bürolandschaft.
Vermutlich hat dies mit der Macht der
Gewohnheit zu tun, aber auch mit unserem Gesichtsfeld.
Das menschliche Gesichtsfeld reicht,
wie man weiss, in der Horizontalen
weiter als in der Vertikalen. Darum ist
es bei einem Film leichter, den ganzen
Bildbereich zu erfassen, wenn dieser im
Querformat läuft. Es ist jedoch fragwürdig, das Argument des Gesichtsfelds
auch für die Arbeit mit Text anzuführen. Man sieht ja sowieso nur in einer
ganz kleinen Zone genug scharf, um
den Text lesen zu können. Was z.B.
in der Spalte nebenan steht, braucht
man nicht gleichzeitig zu sehen – im
Gegensatz zum Film, wo für die Erfassung auch die unscharfen Randzonen
wichtig sind.
Ob es überhaupt erstrebenswert ist,
dass der Bildschirm das ganze Gesichtsfeld abdeckt, ist auch nicht so sicher.
Ich persönlich finde es angenehmer,
wenn ich auch noch links und rechts
des Monitors etwas wahrnehme. Dies
ist mit dem in die Höhe gedrehten LCD
der Fall. Der Eindruck, ein Brett vor dem
Kopf zu haben, ist weg. Nur weil das
Ding Bildschirm heisst, muss man es
nicht unbedingt dazu missbrauchen,
sich vor seiner Umgebung abzuschirmen.
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Publisher 3 · 2005
Hochklassige Displays
Diese drei Displays aus unterschiedlichen Preisklassen sind alle hochformattauglich. Die ersten zwei davon werden bei uns eingesetzt und sind
im Publisher-Shop erhältlich.
Am preisgünstigsten ist der von
uns getestete drehbare LCD LaCie
photon20visionII. Er verfügt über
eine Bilddiagonale von 20 Zoll und
eine Auflösung von 1600×1200
Pixeln. Das Kontrastverhältnis beträgt
400:1. Der Bildschirm lässt sich um
90 Grad drehen; die mitgelieferte
Software Pivot Pro dreht das Bild
entsprechend mit. Pivot Pro läuft auf
Windows und Mac OS X.
Optional kann ein Schwenkarm dazugekauft werden (Abbildung), der
den Bildschirm noch flexibler positionieren lässt.
Der photon20visionII wiegt 9,3 kg.
Beim EIZO FlexScan L997
dreht sich das Bild automatisch
mit – sofern man eine kompatible Grafikkarte hat. Falls dies
nicht der Fall ist, muss man
auch noch eine Pivot-Software
für die manuelle Umschaltung
beschaffen. Dafür hat das Gerät
sonst mehr zu bieten als der
LaCie-Monitor: 21,3 Zoll Bilddiagonale, ein Kontrastverhältnis
von 550:1 sowie Bild-in-BildDarstellung. Vor allem aber bietet der EIZO FlexScan L997 eine interne
14-bit-Look-up-Tabelle, welche einen grossen Farbraum und besonders
feine Farbverläufe und Grauabstufungen ermöglicht. Damit genügt der
EIZO auch Ansprüchen von professionellen Bildbearbeitern.
Wem auch das noch zu wenig ist, der
greift noch tiefer ins Portemonnaie und
erhält dafür den EIZO CG210. Es handelt
sich dabei um die Weiterentwicklung des
in Publisher 5-03 vorgestellten CG21. Ebenfalls mit 1200×1600 Bildpunkten auf 21,3
Zoll ausgestattet, verfügt dieser ebenfalls
drehbare Monitor über die Möglichkeit,
eine echte Hardware-Kalibrierung vorzunehmen. Damit hält der CG210 bezüglich
Farbtreue mit den allerbesten Röhrenmonitoren mit. Preis: ca. 3540 Franken.
Die ersten beiden Monitore können im Publisher-Shop bezogen werden.
Mehr Angaben dazu finden Sie auf Seite 60.
■ LaCie photon20visionII mit drehbarem Kunststoff-Standfuss: Fr. 1070.–
■ LaCie photon20visionII mit Schwenkarm: Fr. 1435.–
■ Eizo FlexScan L997: grau Fr. 2159.–, schwarz Fr. 2174.–
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