Kurzbiographien zur Geometrie

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Kurzbiographien zur Geometrie
Kurzbiographien zur Geometrie
Die folgenden Seiten enthalten Daten und kurze Biographien zur Geschichte der Geometrie.
Die Texte stammen aus dem Internet (Wikipedia).
Antike
Pythagoras von Samos: (∗ um 570 v. Chr. auf Samos; † nach 510 v. Chr. in Metapont
in der Basilicata) war ein antiker griechischer Philosoph (Vorsokratiker) und Gründer einer
einflussreichen religiös-philosophischen Bewegung. Als Vierzigjähriger verließ er seine griechische Heimat und wanderte nach Süditalien aus. Dort gründete er eine Schule und betätigte
sich auch politisch. Trotz intensiver Bemühungen der Forschung gehört er noch heute zu den
rätselhaftesten Persönlichkeiten der Antike. Manche Historiker zählen ihn zu den Pionieren
der beginnenden griechischen Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaft, andere meinen,
er sei vorwiegend oder ausschließlich ein Verkünder religiöser Lehren gewesen. Möglicherweise
konnte er diese Bereiche verbinden. Die nach ihm benannten Pythagoreer blieben auch nach
seinem Tod kulturgeschichtlich bedeutsam.
Euklid von Alexandria: ein griechischer Mathematiker, der wahrscheinlich im 3. Jahrhundert
v. Chr. in Alexandria gelebt hat. Die überlieferten Werke umfassen sämtliche Bereiche der antiken griechischen Mathematik: das sind die theoretischen Disziplinen Arithmetik und Geometrie
(Die Elemente, Data), Musiktheorie (Die Teilung des Kanon), eine methodische Anleitung zur
Findung von planimetrischen Problemlösungen von bestimmten gesicherten Ausgangspunkten aus (Porismen) sowie die physikalischen bzw. angewandten Werke (Optik, astronomische
Phänomene).
In seinem berühmtesten Werk Elemente (altgriechisch Stoicheia Anfangsgründe‘, Prinzipi’
’
en‘, Elemente‘) trug er das Wissen der griechischen Mathematik seiner Zeit zusammen. Er zeig’
te darin die Konstruktion geometrischer Objekte, natürlicher Zahlen sowie bestimmter Größen
und untersuchte deren Eigenschaften. Dazu benutzte er Definitionen, Postulate (nach Aristoteles Grundsätze, die akzeptiert oder abgelehnt werden können) und Axiome (nach Aristoteles
allgemeine und unbezweifelbare Grundsätze). Viele Sätze der Elemente stammen offenbar nicht
von Euklid selbst. Seine Hauptleistung besteht vielmehr in der Sammlung und einheitlichen
Darstellung des mathematischen Wissens sowie der strengen Beweisführung, die zum Vorbild
für die spätere Mathematik wurde.
Über das Leben Euklids ist fast nichts bekannt. Aus einer Notiz bei Pappos hat man geschlossen, dass er im ägyptischen Alexandria wirkte. Die Lebensdaten sind unbekannt. Die Annahme,
dass er um 300 v. Chr. gelebt hat, beruht auf einem Verzeichnis von Mathematikern bei Proklos, andere Indizien lassen hingegen vermuten, dass Euklid etwas jünger als Archimedes (ca.
285–212 v. Chr.) war.
Aus einer Stelle bei Proklos hat man auch geschlossen, dass er um das Jahr 360 v. Chr. in
Athen geboren wurde, dort seine Ausbildung an Platons Akademie erhielt und dann zur Zeit
Ptolemaios’ I. (ca. 367–283 v. Chr.) in Alexandria wirkte.
Die Elemente waren vielerorts bis ins 20. Jahrhundert hinein Grundlage des Geometrieunterrichts, vor allem im angelsächsischen Raum.
Neben der pythagoreischen Geometrie enthalten Euklids Elemente in Buch VII-IX die pythagoreische Arithmetik, die Anfänge der Zahlentheorie (die bereits Archytas kannte) sowie die
Konzepte der Teilbarkeit und des größten gemeinsamen Teilers. Zu dessen Bestimmung fand
er einen Algorithmus, den euklidischen Algorithmus. Euklid bewies auch, dass es unendlich
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viele Primzahlen gibt, nach ihm Satz des Euklid genannt. Auch Euklids Musiktheorie baut
auf der Arithmetik auf. Ferner enthält das Buch V die Proportionslehre des Eudoxos, eine
Verallgemeinerung der Arithmetik auf positive irrationale Größen.
Archimedes von Syrakus: (∗ um 287 v. Chr. vermutlich in Syrakus; † 212 v. Chr. ebenda)
war ein griechischer Mathematiker, Physiker und Ingenieur. Er gilt als einer der bedeutendsten
Mathematiker der Antike. Seine Werke waren auch noch im 16. und 17. Jahrhundert bei der
Entwicklung der höheren Analysis von Bedeutung.
Über das Leben des Archimedes ist wenig bekannt und vieles gilt als Legende.
Archimedes, geboren ca. 287 v. Chr. in der Hafenstadt Syrakus auf Sizilien, war der Sohn
des Pheidias, eines Astronomen am Hof Hierons II. von Syrakus. Mit diesem und dessen Sohn
und Mitregenten Gelon II. war er befreundet und möglicherweise verwandt.
Bei einem längeren Aufenthalt in Alexandria lernte Archimedes die dortigen Mathematiker
Konon, Dositheos und Eratosthenes kennen, mit denen er später weiter korrespondierte.
Nach Syrakus zurückgekehrt, betrieb er Mathematik und praktische Physik (Mechanik). Seine
Wurfmaschinen wurden bei der Verteidigung von Syrakus gegen die römische Belagerung im
Zweiten Punischen Krieg eingesetzt. Bei der Eroberung von Syrakus 212 vor Christus nach
dreijähriger Belagerung durch den römischen Feldherrn M. Claudius Marcellus wurde er sehr
zum Bedauern von Marcellus, der ihn lebend haben wollte, von einem römischen Soldaten
getötet. Über die Umstände berichtet Plutarch in seiner Biographie von Marcellus mehrere
überlieferte Versionen. Nach einer war er mit einem mathematischen Beweis beschäftigt und
forderte einen beim Plündern der Stadt eindringenden Soldaten auf, ihn nicht zu stören, worauf
der ihn erschlug. Sprichwörtlich wurden die Worte Noli turbare circulos meos (lateinisch für:
Störe meine Kreise nicht“), die Archimedes dabei gesprochen haben soll.
”
Nach Plutarch (Marcellus 17,12) hatte Archimedes sich testamentarisch ein Grab mit der
Darstellung von Kugel und Zylinder gewünscht, da er offensichtlich auf seine Abhandlung perı̀
sphaı́ras kaı̀ kylı́ndrou ( Über Kugel und Zylinder“) besonders stolz war. Cicero berichtet in
”
den Tuskulanischen Gesprächen, dass er in seiner Zeit als Quästor in Sizilien (75. v. Chr.) nach
dem Grab suchte und es von Gestrüpp zugewuchert fand.
Archimedes bewies, dass sich der Umfang eines Kreises zu seinem Durchmesser genauso
verhält, wie die Fläche des Kreises zum Quadrat des Radius. Er gab eine Anleitung, wie man
sich diesem Verhältnis bis zu einer beliebig hohen Genauigkeit nähern kann, vermutlich das
älteste numerische Verfahren der Geschichte. Mit seinen Überlegungen zur Flächen- und Volumenberechnung (u. a. mit einer exakten Quadratur der Parabel) nahm Archimedes Ideen der Integralrechnung viel später folgender Denker vorweg. Er ging dabei über die Eudoxos von Knidos
zugeschriebene Exhaustionsmethode (Ausschöpfungsmethode) hinaus, beispielsweise wandte er
bereits eine Form des Prinzips von Cavalieri an.
Apollonios von Perge: (∗ ca. 262 v. Chr. in Perge; † ca. 190 v. Chr. in Alexandria) war ein
griechischer Mathematiker, bekannt für sein Buch über Kegelschnitte.
Über sein Leben ist nur wenig bekannt. Er studierte und arbeitete in Alexandria unter Ptolemaios III. und Ptolemaios IV. und lebte später für kurze Zeit in Pergamon, wo sich wie in
Alexandria eine große Bibliothek befand (ein Eudemos aus Pergamon und der Besuch werden
in seinem Buch Kegelschnitte erwähnt). Der Mondkrater Apollonius ist nach ihm benannt.
In seinem bedeutendsten Werk Konika (”Über Kegelschnitte”) widmete er sich eingehenden Untersuchungen über Kegelschnitte, Grenzwertbestimmungen und Minimum-MaximumProblemen. Er wies nach, dass die vier verschiedenen Kegelschnitte (Ellipse, Kreis, Parabel
und Hyperbel), deren Namen und Definitionen er einführte, vom selben allgemeinen Kegeltypus
stammen. Nach Apollonios von Perge sind auch der Kreis des Apollonios und das Apollonische
Problem benannt.
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In der Astronomie trug Apollonios zur Epizykeltheorie bei und zeigte deren Verbindung
zur Exzenter-Theorie. Er erklärte damit die rückläufige Planetenbewegung und die Bewegung
des Mondes. Seine Theorien wurden unter anderem von Hipparchos und Claudius Ptolemäus
aufgegriffen und weiterentwickelt. Er soll auch eine verbesserte Sonnenuhr entwickelt haben mit
Stundenlinien auf Kegelschnitten.
Heron von Alexandria: (genannt Mechanicus, Lebensdaten unbekannt) war ein griechischer
Mathematiker und Ingenieur. Heron lebte vermutlich im 1. Jahrhundert und lehrte am Museion
von Alexandria, das berühmt für seine Bibliothek war.
Menelaos: (∗ um 70 in Alexandria; † um 140 vermutlich in Rom) war ein Mathematiker und
Astronom. Es ist nicht viel über das Leben von Menelaos bekannt, aber es wird vermutet, dass er
nach seiner Jugend von Alexandria nach Rom zog. Sowohl Pappos als auch Proklos nennen ihn
Menelaus von Alexandria, so dass er möglicherweise dort geboren wurde. Eine Unterhaltung mit
Lucius ist von Plutarch überliefert. Um 98 soll Menelaos in Rom astronomische Beobachtungen
gemacht haben, wie Claudius Ptolemäus berichtet. Außerdem hat er den nach ihm benannten
Satz von Menelaos bewiesen. Der Mondkrater Menelaus ist nach ihm benannt.
Claudius Ptolemäus: (* um 100, möglicherweise in Ptolemais Hermeiou, Ägypten; † nach
160, vermutlich in Alexandria) war ein griechischer Mathematiker, Geograf, Astronom, Astrologe, Musiktheoretiker und Philosoph. Insbesondere seine drei Werke zur Astronomie, Geografie
und Astrologie galten in Europa bis in die frühe Neuzeit als wichtige umfangreiche Datensammlungen und wissenschaftliche Standardwerke.
So schrieb Ptolemäus die Mathematike Syntaxis ( mathematische Zusammenstellung“), später
”
Megiste Syntaxis ( größte Zusammenstellung“), heute Almagest (abgeleitet vom Arabischen al”
magis?i) genannte Abhandlung zur Mathematik und Astronomie in 13 Büchern. Sie war bis zum
Ende des Mittelalters ein Standardwerk der Astronomie und enthielt neben einem ausführlichen
Sternenkatalog eine Verfeinerung des von Hipparchos von Nicäa vorgeschlagenen geozentrischen
Weltbildes, das später nach ihm ptolemäisches Weltbild genannt wurde.
Damit verwarf er wie der größte Teil seiner Zeitgenossen das von Aristarchos von Samos
und Seleukos von Seleukia vertretene heliozentrische Weltbild, das erst 1300 Jahre später durch
Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler und Galileo Galilei in Europa durchgesetzt werden sollte.
Von ihm stammt der Satz von Ptolemäus über Sehnenvierecke.
Pappos von Alexandria: war ein griechischer Mathematiker und Astronom. Er lebte im 4.
Jahrhundert in Alexandria und war einer der letzten bedeutenden Mathematiker der Antike.
Nach der Suda, einer byzantinischen Enzyklopädie, lebte Pappos zur Zeit des Kaisers Theodosius I. (379–395), nach einer Notiz in einer Handschrift des 10. Jahrhunderts jedoch unter
Kaiser Diokletian (284–305). Sicher ist nur, dass er am 18. Oktober 320 in Alexandria eine
Sonnenfinsternis beobachtet hat. Da er spätere Sonnenfinsternisse nicht erwähnt, war er in den
letzten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts wohl nicht mehr wissenschaftlich tätig, doch ist es
möglich, dass er die Zeit des Kaisers Theodosius noch erlebt hat.
Sein Hauptwerk sind die Mathematischen Sammlungen (lat. Mathematicae Collectiones),
welche eine Hauptquelle für unsere Kenntnis der Geometrie in der Antike bilden. Im Wesentlichen handelt es sich um eine kommentierte und durch eigene Erkenntnisse ergänzte Sammlung
älterer Ergebnisse. Enthalten sind unter anderem Sätze über Doppelverhältnisse, Involutionen,
Kegelschnitte, deren Tragweite erst viel später erkannt wurde; auch die von dem Jesuiten Paul
Guldin aufs Neue entdeckte Zentrobarische Regel (heute Guldinsche Regeln) zur Bestimmung
des Inhalts und der Oberfläche von Rotationskörpern findet sich schon dort. Von den acht
Büchern der Mathematischen Sammlungen sind nur noch die sechs letzten und der Schluss des
zweiten Buches handschriftlich vorhanden.
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Brahmagupta: (∗ 598; † 668) war ein indischer Mathematiker und Astronom. Er leitete das
astronomische Observatorium in Ujjain und verfasste in dieser Funktion zwei Arbeiten zur
Mathematik und zur Astronomie, das Brahmasphutasiddhanta im Jahre 628 und das Khandakhadyaka im Jahre 665.
Das Brahmasphutasiddhanta ist der früheste bekannte Text, in dem die mathematisch vollständige
Null als geschriebene Zahl behandelt wird. Zuvor hatten im 6. Jahrhundert v. Chr. bereits die
Babylonier den Wert Null als Leerzeichen verwendet. Darüber hinaus stellte Brahmagupta in
diesem Werk Regeln für die Arithmetik mit negativen Zahlen und mit der Zahl 0 auf, die schon
weitgehend unserem modernen Verständnis entsprechen. Der größte Unterschied bestand darin, dass Brahmagupta auch die Division durch 0 zuließ, während in der modernen Mathematik
Quotienten mit dem Divisor 0 nicht definiert sind.
Zu seinen bekanntesten Resultaten gehören zwei nach ihm benannte Lehrsätze über Sehnenvierecke. Der Satz von Brahmagupta, der eine Seitenhalbierung in bestimmten Sehnenvierecken
beschreibt, und die Formel von Brahmagupta, die die Fläche eines beliebigen Sehnenvierecks
berechnet. Auf ihn geht auch die Brahmagupta-Identität zurück.
Frankreich
Gérard Desargues: (∗ 21. Februar 1591 in Lyon; † Oktober 1661 ebenda) war ein französischer
Architekt und Mathematiker, der als einer der Begründer der Projektiven Geometrie gilt.
Desargues stammte aus einer angesehenen Familie von Juristen in Paris und in Lyon, wo
die Familie mehrere Häuser und ein Landgut besaß. Sein Vater war königlicher Notar und
hatte hohe Ämter in Lyon. Desargues war das dritte von sechs Kindern. Seine beiden älteren
Brüder waren Anwälte beim Parlament in Paris. Über sein Leben ist wenig bekannt. 1621 ist
er als Seidenhändler in Lyon nachgewiesen. 1626 unternimmt er eine Reise nach Flandern und
beantragt bei der Stadt Paris ein Patent über die Konstruktion von Brunnen. Richelieu soll
sein Talent als Ingenieur geschätzt haben und René Taton vermutete, dass er den größten Teil
seines Lebensunterhalts (sein Erbe war nicht sehr groß) als Ingenieur im Auftrag des Kardinals
verdiente.
Er schrieb über Perspektive (Paris 1636), Steinmetzarbeiten (1640) und Sonnenuhren (1640),
seine Schriften sind aber häufig schwer zu verstehen (teilweise bedient er sich der Sprache von
Handwerkern), was schon Descartes kritisierte. Insbesondere gilt das für die Schrift, die als
Brouillon Projet bekannt ist, die 1639 in Paris erschien und in der er die Grundlagen einer neuen,
über die klassische Euklidische Geometrie der Griechen hinausgehende Form der Geometrie
entwickelte, der Projektiven Geometrie, die aus Betrachtungen zur Perspektive entstand. Er
behandelt Punkte im Unendlichen (die allerdings schon Kepler betrachtete) auf gleicher Stufe,
führte erstmals Dualität von Punkten und Geraden ein und gab eine Theorie der Kegelschnitte
aus projektiver Sicht.
Die Projektive Geometrie geriet nach Desargues und Pascal wieder in den Hintergrund und
wurde erst von Gaspard Monge und seinen Schülern in Frankreich Ende des 18. Jahrhunderts
und Anfang des 19. Jahrhunderts neu belebt.
René Descartes : (∗ 31. März 1596 in La Haye en Touraine; † 11. Februar 1650 in Stockholm)
war ein französischer Philosoph, Mathematiker und Naturwissenschaftler.
Descartes gilt als der Begründer des modernen frühneuzeitlichen Rationalismus, den Baruch de Spinoza, Nicolas Malebranche und Gottfried Wilhelm Leibniz kritisch-konstruktiv weitergeführt haben. Sein rationalistisches Denken wird auch Cartesianismus genannt. Von ihm
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stammt das berühmte Dictum cogito ergo sum“ ( ich denke, also bin ich“), welches die Grund”
”
lage seiner Metaphysik bildet, aber auch das Selbstbewusstsein als genuin philosophisches Thema eingeführt hat. Seine Auffassung bezüglich der Existenz zweier miteinander wechselwirkender, voneinander verschiedener Substanzen“ – Geist und Materie – ist heute als Cartesianischer
”
Dualismus bekannt und steht im Gegensatz zu den verschiedenen Varianten des Monismus sowie
zur dualistischen Naturphilosophie Isaac Newtons, der die Wechselwirkung aktiver immaterieller Kräfte der Natur“ mit der absolut passiven Materie lehrt (siehe dazu newtonsche Gesetze,
”
Erstes Gesetz der Bewegung).
Descartes ist der Erfinder der analytischen Geometrie, welche Algebra und Geometrie verbindet. Seine naturwissenschaftlichen Arbeiten sind zwar früh durch die newtonsche Physik
widerlegt worden – sei es seine Ablehnung des Gravitationsprinzips oder seine Wirbeltheorie –
Descartes’ Leistungen im naturwissenschaftlichen Bereich dürfen aber nicht unterschätzt werden, da er einer der wichtigsten und strengsten Vertreter des Mechanizismus ist, der die ältere
aristotelische Physik abgelöst hat.
Pierre de Fermat: (∗ 1607 in Beaumont-de-Lomagne, Tarn-et-Garonne; † 12. Januar 1665 in
Castres) war ein französischer Mathematiker und Jurist.
Nach ihm wurden die beiden Fermat-Punkte eines Dreiecks benannt.
Blaise Pascal: (∗ 19. Juni 1623 in Clermont-Ferrand; † 19. August 1662 in Paris) war ein
französischer Mathematiker, Physiker, Literat und christlicher Philosoph.
Von ihm stammt der nach ihm benannte Satz von Pascal über Sechsecke, deren Ecken auf
einem Kegelschnitt liegen.
Gaspard Monge: (∗ 9. Mai 1746 in Beaune; † 28. Juli 1818 in Paris) war ein französischer
Mathematiker, Physiker und Chemiker.
Geboren wurde er in Beaune im Burgund, als Sohn von Jacques Monge (∗ 1718), einem
Kaufmann bzw. Straßenhändler aus dem Haute-Savoie und Jeanne Rousseau (∗ ca. 1725).
Monge besuchte mit seinen beiden Brüdern Louis Monge (1748–1827) und Jean Monge
(1751–1813) ein Collège der Oratorianer, Collège des Oratoriens in Beaune. Diese Schule bot
eine liberalere Erziehung als andere religiöse Schulen, und so standen nicht nur Geisteswissenschaften im Vordergrund, sondern auch Geschichte, Mathematik und Naturwissenschaften. Im
Jahre 1762, im Alter von 16 Jahren, ging Monge nach Lyon, wo er seine Ausbildung am Collège
de la Trinité fortsetzte. Er führte seine Ausbildung dort bis zum Jahre 1764 weiter, dann kehrte er nach Beaune zurück. Obzwar Monge die Militärschule École royale du génie de Mézières
(Charleville-Mézières) als Schüler nicht besuchen konnte, wurde er dort 1765 als Zeichner und
Vermessungstechniker angestellt. Hier lernte er Charles Bossut (1730–1814), einen Professor
für Mathematik an dieser Schule kennen. Gefördert durch ihn, übernahm er im Jahre 1766
als Tutor den Mathematikunterricht und war damit verantwortlich für die Versorgung seiner
Kurse. Monge nutzte die darstellende Geometrie für seinen Unterricht. Im Jahre 1768 wurde
Charles Bossut an die Académie des sciences gewählt. Durch ihn wurde Monge ermutigt, 1770
eine Arbeit in der Geometrie zu veröffentlichen. Im folgenden Jahr trat er in Kontakt zu JeanBaptiste le Rond d’Alembert und besonders auch zu Nicolas de Condorcet; letzterer drängt
Monge dazu, vier Veröffentlichungen in der Mathematik zu präsentieren, so der Variationsrechnung, der Infinitesimalgeometrie, die Theorie der Partiellen Differentialgleichungen (siehe auch
Monge-Ampèresche Gleichung) und der Kombinatorik.
Gaspard Monge war seit dem Jahre 1777 mit Marie-Catherine Huart (1747-1846) verheiratet.
Beide hatten zwei Kinder, Emilie Monge (1776-1867) und Louise Monge (1779-1874). Bereits
1762 erhielt er in Lyon ein Lehramt und kam dann an die Artillerieschule bei Mézières, wurde
1765 Professor der Mathematik und 1771 der Physik.
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Nachdem Monge 1780 in die Académie des sciences aufgenommen worden war, übernahm
er in Paris die Professur für Hydrodynamik. Als 1789 die Französische Revolution begann,
unterstützte er sie. Er wurde Mitglied des Jakobinerklubs und beteiligte sich an der großen
Schreckenszeit. Er selbst wurde denunziert und entkam in diesem instabilen politischen System
der Guillotine nur durch eine schleunige Flucht.
Als 1792 die Republik ausgerufen wurde, wurde er Marineminister, ministre de la Marine.
In dieser Funktion musste er das Todesurteil an König Ludwig XVI. vollstrecken lassen. Einige Monate später legte er sein Amt nieder, da er den vielen konkurrierenden Parteien nicht
gerecht werden konnte, und trat an die Spitze der Gewehrfabriken, Geschützgießereien und Pulvermühlen der Republik. Er ist, mit Fabre d’Eglantine, einer der Initiatoren des revolutionären
Kalenders.
1794 begründete er die École Polytechnique in Paris und bekleidete dort die Professur für
Mathematik. Napoleon Bonaparte berief Monge als Mitglied der Expedition nach Ägypten, wo
er von 1798 bis 1799 das Direktorium des Ägyptischen Instituts, Institut d’Ègypte übernahm.
Nach der zweiten Restauration wurde er 1816 als Vergeltungsmaßnahme sämtlicher Ämter
enthoben und aus der Liste des Instituts gestrichen.
Außer durch mehrere physikalische Entdeckungen hat er sich namentlich durch die Schöpfung
der darstellenden (deskriptiven) Geometrie verdient gemacht.
Monge wurde auf dem Pariser Friedhof, Père Lachaise, 18te Division beerdigt, bevor man
seine sterblichen Überreste im Jahre 1989 exhumierte und in das Panthéon überführte.
Monge veröffentlichte eine darstellende Geometrie und stellte eine Theorie der Luftspiegelung
vor. 1783 erzeugte er Wasser aus Wasserstoff und Sauerstoff. Dies geschah unabhängig von
Antoine Lavoisier, dem dieselbe Entdeckung in diesem Jahr ebenfalls gelang.
Napoleon Bonaparte, als Kaiser Napoleon I.: (∗ 15. August 1769 in Ajaccio auf Korsika;
† 5. Mai 1821 auf St. Helena) war ein französischer General, revolutionärer Diktator und Kaiser.
Aus korsischer Familie stammend, stieg Bonaparte während der Französischen Revolution in
der Armee auf. Er erwies sich als ein militärisches Talent ersten Ranges. Vor allem die Feldzüge
in Italien und in Ägypten machten ihn populär. Dies ermöglichte ihm, durch den Staatsstreich
des 18. Brumaire VIII (9. November 1799), zunächst als einer von drei Konsuln die Macht in
Frankreich zu übernehmen. Von 1799 bis 1804 als Erster Konsul der Französischen Republik
und anschließend bis 1814 als Kaiser der Franzosen stand er einem diktatorischen Regime mit
plebiszitären Elementen vor.
Der katastrophale Ausgang des Feldzugs gegen Russland führte letztlich zum Sturz Napoleons. Nach einer kurzen Phase der Verbannung auf Elba kehrte er für hundert Tage an die Macht
zurück. In der Schlacht bei Waterloo wurde er endgültig besiegt und bis zu seinem Lebensende
auf die Insel St. Helena verbannt.
Es ist nicht bekannt, wie es dazu kam, dass ein Satz in der Geometrie nach ihm benannt
wurde.
Joseph Diaz Gergonne: (∗ 19. Juni 1771 in Nancy; † 4. Mai 1859 in Montpellier) war ein
französischer Mathematiker.
Gergonne war der Sohn eines Malers und Architekten. Er besuchte die Schule in Nancy. 1792
ging er als einer der vielen Freiwilligen in die Revolutionskriege und war u.a. beim Sieg der
französischen Revolutionsarmee in der Kanonade von Valmy. Nach kurzer Zeit in Paris war er
1793 Sekretär im Generalstab der französischen Mosel-Armee. Nach einmonatigem Besuch der
Artillerieschule wurde er Leutnant und ging 1794 mit der französischen Armee nach Spanien, wo
er bei der Eroberung von Figueres dabei war. Nach dem Separatfrieden mit den Preußen 1795
verließ er die Armee, wurde in Nimes Professor für Mathematik und heiratete. 1810 gründete er
die Annales de mathématiques pures et appliquées, genannt Annales de Gergonne. Es bestand
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bis 1832, und hier veröffentlichten u.a. Jean-Victor Poncelet, Michel Chasles, Jakob Steiner,
Julius Plücker, Évariste Galois. 1816 wurde er Astronomie-Professor in Montpellier. 1830 wurde
er dort Rektor und ging 1844 in den Ruhestand.
Gergonne selbst beschäftigte sich hauptsächlich mit Geometrie. Von ihm stammt das Wort
Polare in der projektiven Geometrie, und er führte dort das Prinzip der Dualität ein. Ihm fiel
auf, dass Sätze der ebenen projektiven Geometrie durch Austausch der Begriffe Punkt und
Gerade ineinander übergeführt werden konnten. Er gab auch 1816 eine elegante Lösung des
Problems von Apollonius (Konstruktion eines Kreises, der drei gegebene Kreise berührt). In
der Dreiecksgeometrie ist der Gergonne-Punkt nach ihm benannt.
Graf Lazare Nicolas Marguerite Carnot: (∗ 13. Mai 1753 in Nolay, Burgund; † 2. August
1823 in Magdeburg) war ein französischer Offizier, Mathematiker und Politiker.
Carnot wurde am 13. Mai 1753 in Nolay im Burgund in eine bürgerliche Familie geboren.
Insgesamt hatte er 17 Geschwister, von denen zwei Brüder bis zum Lieutenant général und
einer zum Procureur général am königlichen Hof aufstiegen. Carnot besuchte zunächst das
Collège d’Autun und die École de Mézières, wo er mit den Arbeiten der Mathematiker Jean
Baptiste le Rond d’Alembert (1717–1783) und Charles Bossut (1730–1814) vertraut wurde.
Anschließend trat er 1773 in das Ingenieurkorps des französischen Heeres ein, welches die einzige
Formation war, in der damals der Adelsnachweis nicht Voraussetzung für eine bescheidene
Offizierskarriere war. Bis 1783 hatte er den Rang eines capitaine au corps royal du génie erreicht.
In seiner Garnison in Calais beschäftigte er sich jedoch ausgiebig mit der wissenschaftlichen
Befestigungslehre und der Physik. Er verfasste früh einen Aufsatz über frühe Formen von
Luftschiffen (Le problème de la direction des aérostats) und übersandte ihn der Académie des
sciences. Kurz darauf erschien 1784 sein Buch Éloge de M. le Maréchal de Vauban, welches
noch Jahrzehnte später als Standardlehrbuch für den Festungsbau galt.
Bei Ausbruch der Französischen Revolution (1789) begeisterte sich Carnot für die neuen
Ideen und begann sich politisch zu engagieren. Im am 21. September 1792 zusammengetretenen
Nationalkonvent stimmte er am 15. Januar 1793 für die Hinrichtung des Königs und wurde
regelmäßig zu den Armeen entsandt. Als Angehöriger der Montagne (Bergpartei) gehörte er
seit dem 4. August 1793 dem Wohlfahrtsausschuss an. Hier war er für Militärangelegenheiten
verantwortlich und wirkte am Sieg von Wattignies mit. Als folgenreich erwies sich die von
ihm eingebrachte Einführung der levée en masse. Er war Abgeordneter des Pas-de-Calais in
der Nationalversammlung und gehörte dort dem Militärausschuss an. Am 9. Thermidor II des
republikanischen Kalenders (27. Juli 1794) wirkte er am Sturz Maximilien Robespierres mit.
Am 26. September 1795 wurde Carnot von den Abgeordneten der Sarthe zum Ältestenrat
des Parlaments der Direktoriumsverfassung gewählt und trat in das Direktorium ein, musste
seinen Platz jedoch nach dem Staatsstreich des 18. Fructidor V räumen. Er floh in die Schweiz.
Nach dem Staatsstreich des 18. Brumaire VIII kehrte er nach Frankreich zurück und wurde von
Napoléon Bonaparte zum Kriegsminister ernannt. Nach einigen Monaten trat er zurück. Carnot
hatte einen Sitz im Tribunat, stimmte gegen das Konsulat auf Lebenszeit und das Empire
und zog sich schließlich aus dem politischen Leben zurück, um sich seinen wissenschaftlichen
Arbeiten zu widmen. Während der Herrschaft der Hundert Tage Napoléons I. 1815 wurde er
zum Innenminister ernannt. Schließlich wurde er in der Zeit der Restauration des Königsmordes
angeklagt und musste nach Preußen flüchten, wo er zeitweilig in Wernigerode lebte und 1823
in Magdeburg verstarb. 1889 wurden seine Gebeine nach Paris überführt und im Pantheon
beigesetzt.
Carnot war ein bedeutender Mathematiker. Seine Schriften wurden grundlegend für die Geometrie der Lage. Noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts war es üblich, den Kosinussatz der
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Trigonometrie als Kosinussatz von Carnot zu bezeichnen. Sein Sohn Nicolas Léonard Sadi Carnot wurde als Physiker bekannt. Sein Enkel Marie François Sadi Carnot wurde 1887 Präsident
der Republik Frankreich.
Sein Name ist am Triumphbogen in Paris in der 4. Spalte eingetragen. Carnot ist namentlich
auf dem Eiffelturm verewigt. Außerdem trägt ihm zu Ehren eine der zwölf sternförmig auf die
Place Charles-de-Gaulle mündenden Straßen seit 1880 den Namen Avenue Carnot.
Charles Julien Brianchon: (∗ 19. Dezember 1783 in Sèvres; † 29. April 1864 in Versailles)
war ein französischer Mathematiker.
Brianchon studierte an der École polytechnique in Paris. 1808 wurde er Leutnant der Artillerie. Nach einer Zeit in der Armee Napoleons in Italien, Spanien und Portugal wurde er 1818
Professor an der Artillerieschule der Königlichen Garde in Vincennes.
1818 erschien sein Buch Application de la Theorie des transversales, in der er die rein linearen
Teile der ebenen euklidischen Geometrie zusammenfassend behandelt (ohne Kreiskonstruktionen). 1810 veröffentlichte er einen Aufsatz im Journal der Ecole Polytechnique, in dem durch
Projektion von räumlichen Konfigurationen auf die Ebene Beweise in der ebenen Geometrie
vereinfacht werden.
Bekannt ist Brianchon durch den Satz von Brianchon, einen klassischen Lehrsatz der ebenen Geometrie, die duale Version des Satzes von Pascal (dual = Punkte und Geraden werden
vertauscht). Brianchon veröffentlichte den Satz 1806 im Journal der Ecole Polytechnique, war
sich über die Dualität zum Satz von Pascal aber nicht im Klaren. Er diente aber als ein Paradebeispiel und Motivation für das später von Jean-Victor Poncelet und anderen entwickelte
Dualitätsprinzip in der projektiven Geometrie.
Jean-Victor Poncelet: (∗ 1. Juli 1788 in Metz; † 22. Dezember 1867 in Paris) war französischer
Mathematiker, Ingenieur und Physiker. Er war einer der Begründer der modernen projektiven
Geometrie.
Poncelet studierte bis 1810 an der École Polytechnique in Paris u.a. bei Gaspard Monge.
Er nahm 1812 an Napoleons Rußlandfeldzug als Leutnant und Ingenieur teil. Poncelet wurde
fälschlicherweise als Toter in Krasnoy bei der Schlacht von Smolensk liegengelassen (sein Oberst
wurde getötet und auch ihm das Pferd weggeschossen). Die Russen griffen ihn auf, um ihn als
Offizier zu verhören, und so geriet er am 18. November in Kriegsgefangenschaft. In einem über
viermonatigen Marsch bei klirrender Kälte über 1500 km gelangte er nach Saratow an der
Wolga, von wo er 1814 nach Frankreich zurückkehrte. In der Kriegsgefangenschaft studierte
er projektive Geometrie und erarbeitete – ohne irgendwelche Bücher benutzen zu können –
die Grundzüge seines Hauptwerkes Traité des propriétés projectives des figures. Über seine
Erlebnisse berichtete er selbst in Erinnerungen, die in der zweiten Auflage seines Hauptwerks
1862 abgedruckt wurden.
Von 1815 an war er militärischer Ingenieur der Festung Metz, Lehrer an der Ecole d´application, und von 1825 bis 1835 Professor für Mechanik. Er verbesserte den Wirkungsgrad von Turbinen und Wasserrädern, wobei ihm bei letzterem eine Steigerung von 100 Prozent gelang. Sein
Buch Introduction a la mécanique industrielle von 1829 benutzt konsequent die heute selbstverständlichen Konzepte von Arbeit“ (Energie) als Produkt von Kraft und Weg. Außerdem
”
versucht er eine geometrische Behandlung des Maschinenbaus unter Vermeidung analytischer
Entwicklungen, um in weiteren Kreisen verständlich zu sein. In seiner Veröffentlichung Traité
”
des propriétés projectives des figures“ im Jahre 1823 präsentierte er fundamentale Ideen der
projektiven Geometrie, wie die Invarianz des Doppelverhältnisses, projektive Verwandtschaften,
Dualitätsprinzip, Poncelets Kontinuitätsprinzip und das erste Auftauchen imaginärer Elemente in der projektiven Geometrie. Auch hier hat er in erster Linie die vielfachen Anwendungen
(technische Zeichnungen usw.) im Sinn.
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Zwischen 1835 und 1848 war er Mitglied der Kommission zur Befestigung von Paris und
lehrte er an der Sorbonne in Paris Mechanik. Während dieser Zeit wurde er bis zum Brigadegeneral befördert. 1848 stellte er sich an der Spitze seiner Polytechnicien-Schüler in den
Revolutionswirren der Regierung zur Verfügung. Kurz darauf begann er mit Reformen an der
Ecole Polytechnique. Er wurde Kommandeur der École Polytechnique (1848–1850) und Oberkommandierender der Nationalgarde des Seine-Departements. 1850 trat er in den Ruhestand.
1851 wurde Poncelet Präsident der wissenschaftlichen Kommission zur Vorbereitung der
Weltausstellung in London. 1842 wurde er ausländisches Mitglied der Royal Society. Außerdem wurde er am 31. Mai 1863 in den preußischen Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und
Künste als ausländisches Mitglied aufgenommen.
Poncelet ist namentlich auf dem Eiffelturm verewigt, siehe: Die 72 Namen auf dem Eiffelturm.
Ihm zu Ehren wurde in Frankreich eine Maßeinheit der Leistung mit Poncelet benannt und
vergibt die Academie des Sciences den Poncelet-Preis. 1964 benannte die IAU den Mondkrater
Poncelet sowie 2002 den Asteroiden (29647) Poncelet nach ihm.
Auguste Miquel: (∗ um 1816 in Albi) war ein französischer Mathematiker, bekannt für Beiträge zur Geometrie.
Über ihn ist wenig bekannt. Er erhielt 1835/36 das Bakkalaureat in Literatur und danach das
in Wissenschaften und studierte danach noch ein Jahr Mathematik in Paris. Noch als Schüler
am Institution Barbet in Paris, einer Vorbereitungsschule für die Grand Ecoles, publizierte
er 1836 in dem kurzlebigen Journal Le Géomètre einen mathematischen Aufsatz, in dem er
Sätze von Jakob Steiner bewies, für die zuvor noch keine Beweise veröffentlicht waren. Danach
unterrichtete er in Nantua (als Régent), in Südfrankreich in Castres und anderen Orten, im
Département Gard am Collège in Bagnols-sur-Cèze und Le Vigan.
Er veröffentlichte verschiedene Aufsätze über Geometrie im 1836 von Joseph Liouville gegründeten Journal de mathématiques pures et appliquées (genannt Journal de Liouville). Insbesondere ist er für Sätze über die Schnittpunkte von Kreisen bekannt, veröffentlicht 1838.
Gohierre de Longchamps:(∗ 1842, † 1906) war ein französischen Mathematiker. Nach ihm
wurde der Longchamps-Punkt eines Dreiecks benannt.
Pierre René Jean Baptiste Henri Brocard: (∗ 12. Mai 1845 in Vignot, Kanton Commercy;
† 16. Januar 1922 in Bar-le-Duc) war ein französischer Mathematiker und Offizier.
Brocard besuchte die Gymnasien (Lyzeen) in Marseille und Straßburg und studierte 1865
bis 1867 an der Ecole Polytechnique. Er war danach als Ingenieursoffizier und Meteorologe in
der französischen Armee. Im 1870er Krieg nahm er an der Schlacht von Sedan teil, wo er in
Gefangenschaft geriet. Später war er in Algier stationiert und ab 1884 wieder in Frankreich
als Meteorologe in Montpellier, in Grenoble und Bar-le-Duc. 1910 ging er als Oberleutnant
(Lieutenant colonel) in den Ruhestand und lebte in Bar-le-Duc, wo er allein und zurückgezogen
lebte und Bibliothekar der Gesellschaft für Literatur, Künste und Wissenschaften war. Die ihm
angebotene Präsidentschaft der Gesellschaft lehnte er ab. Er widmete sich im Ruhestand auch
astronomischen Beobachtungen.
Er trat gleich nach ihrer Gründung 1873 der französischen mathematischen Gesellschaft bei
und war seit 1875 Mitglied der Association Française pour l’Avancement des Sciences (Afas).
Brocard ist für Untersuchungen zur Geometrie von Dreiecken bekannt, unter anderem sind
Brocard-Punkte nach ihm benannt, über die er veröffentlichte. Brocard-Punkte wurden allerdings schon 1817 durch August Leopold Crelle in Deutschland eingeführt, was aber in Vergessenheit geriet. Nach Brocard sind auch Brocard-Kreise, Brocard-Durchmesser, Brocard-Winkel
(der eindeutig bestimmte Winkel bei der Konstruktion des Brocard-Punkts) benannt.
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Emile Michel Hyacinthe Lemoine: (∗ 22. November 1840 in Quimper, Frankreich; † 21.
Februar 1912 in Paris) war ein französischer Mathematiker und Ingenieur. Er wurde vor allem
für seinen Beweis des Zusammentreffens der Symmedianen in einem Punkt, dem Lemoinepunkt,
berühmt.
Lemoine wurde am 22. November 1840 in Quimper in der Bretagne geboren. Sein Vater, ein
Hauptmann der französischen Armee, war 1808 an der Gründung der Prytanée national militaire
in La Flèche beteiligt. Deswegen erhielt Lemoine ein Stipendium für den Besuch dieser Schule.
Bereits in seiner Schulzeit veröffentlichte er im Magazin Nouvelles annales de mathématiques
einen Artikel über geometrische Relationen im Dreieck. Als er zwanzig war, im selben Jahr, als
sein Vater starb, wurde Lemoine in die École polytechnique aufgenommen. Während er dort
studierte, wirkte er bei der Gründung eines Kammerensembles namens La Trompette mit, in
dem er wahrscheinlich Trompete spielte. Camille Saint-Saëns komponierte mehrere Stücke für
das Ensemble.
Nach seiner Graduation im Jahr 1866 wollte Lemoine zunächst Rechtswissenschaftler werden.
Er ließ aber von diesem Vorhaben ab, da seine politischen und religiösen Einstellungen im
Widerspruch mit den Idealen der damaligen Regierung standen. Deshalb studierte und lehrte
er in der nächsten Zeit an verschiedenen Institutionen, wie der École d’Architecture, École
des Mines, École des Beaux-Arts und der École de Médecine. Des Weiteren arbeitete er als
Privatlehrer, bevor er die Ernennung zum Professor an der École Polytechnique annahm.
Als Lemoine im Jahr 1870 am Kehlkopf erkrankte, beendete er seine Lehrtätigkeit und ging
für kurze Zeit nach Grenoble. Nach seiner Rückkehr nach Paris, veröffentlichte er einige Ergebnisse seiner mathematischen Forschungen. Am Handelsgerichtshof in Paris wurde er in diesem
Jahr Ingenieurconsulent. In der folgenden Zeit gründete er einige wissenschaftliche Vereinigungen und Journale, unter anderem die Société Mathématique de France, die Société de Physique
und das Journal de Physique.
Beim Treffen der Association Française pour l’Avancement des Sciences im Jahr 1874, von der
er ebenfalls ein Gründungsmitglied war, präsentierte Lemoine sein Werk Note sur les propriétés
du centre des médianes antiparallèles dans un triangle, das später zu seinen berühmtesten
Werken zählen sollte. In dieser Schrift bewies er, dass die Symmendianen sich in einem Punkt
schneiden, der später ihm zu Ehren Lemoinepunkt genannt wurde.
Nach einigen Jahren beim französischen Militär war er als Ingenieur bis 1896 für die Gasversorgung von Paris zuständig. In diesen und den folgenden Jahren verfasste Lemoine den
Großteil seiner Werke, wie La Géométrographie ou l’art des constructions géométriques, das er
1888 auf dem Treffen der Association Française in Oran, Algerien vorstellte. In dem Werk beschreibt Lemoine ein System, mit dem die Komplexität von Konstruktionen angegeben werden
kann.
Weitere Werke aus dieser Zeit waren eine Reihe von Schriften über die Beziehung von Gleichungen und geometrischen Objekten, die er transformation continue (kontinuierliche Transformation) nannte. Das Thema der Werke, hat nichts mit dem Transformationsbegriff der heutigen
Zeit zu tun.
1894 verwirklichte Lemoine ein länger geplantes Vorhaben und gründete zusammen mit
Charles-Ange Laisant, einem Freund von der École polytechnique, ein weiteres mathematisches
Journal mit dem Namen L’intermédiaire des mathématiciens. Lemoine war mehrere Jahre der
Chefredakteur des Journals und unterstützte so die Mathematik weiter, obwohl er seit 1895
nicht mehr forschte.
Émile Lemoine starb am 21. Februar 1912 in seiner Heimatstadt Paris.
Nathan Altshiller-Court sagt über Lemoine, dass er, neben Henri Brocard und Joseph Neuberg, einer der Begründer der modernen Dreiecksgeometrie (18. Jahrhundert oder später) sei.
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Zu dieser Zeit beschäftigte sich die Dreiecksgeometrie vor allem mit Untersuchungen, ob
bestimmte Punkte auf einem Kreis oder einer Linie liegen oder ob sich drei Linien in einem
Punkt schneiden. Lemoine fügte sich mit seinen Werken zur Dreiecksgeometrie perfekt in den
damaligen Zeitgeist ein, da auch er in seinen Werken die Schnittpunkte von Linien und Kreisen
untersuchte.
England
Sir Isaac Newton: (∗ 4. Januar 1643 in Woolsthorpe-by-Colsterworth; †31. März 1727 in
Kensington) war ein englischer Naturforscher und Verwaltungsbeamter. In der Sprache seiner
Zeit, die zwischen natürlicher Theologie, Naturwissenschaften und Philosophie noch nicht scharf
trennte, wurde Newton als Philosoph bezeichnet.
Isaac Newton ist der Verfasser der Philosophiae Naturalis Principia Mathematica, in denen er
mit seinem Gravitationsgesetz die universelle Gravitation und die Bewegungsgesetze beschrieb
und damit den Grundstein für die klassische Mechanik legte. Fast gleichzeitig mit Gottfried
Wilhelm Leibniz entwickelte Newton die Infinitesimalrechnung. Er verallgemeinerte das binomische Theorem mittels unendlicher Reihen auf beliebige reelle Exponenten. Bekannt ist er
auch für seine Leistungen auf dem Gebiet der Optik: Die von ihm verfochtene Teilchentheorie
des Lichtes und die Erklärung des Spektrums.
Aufgrund seiner Leistungen, vor allem auf den Gebieten der Physik und Mathematik, gilt
Sir Isaac Newton als einer der bedeutendsten Wissenschaftler aller Zeiten. Die Principia Mathematica werden als eines der wichtigsten wissenschaftlichen Werke eingestuft.
Matthew Stewart: ein schottischer Mathematiker, stellte 1746 die nach im benannte Formel
von Stewart auf (obwohl sie vermutlich schon Archimedes bekannt war).
Benjamin Bevan: ein englischer Mathematiker. Die Bezeichnung Bevan-Punkt bezieht sich auf
ein Problem, das er im Jahre 1806 stellte und das noch im gleichen Jahr von John Butterworth
gelöst wurde.
William Wallace: (∗ 23. September 1768 in Dysart; † 28. April 1843 in Edinburgh) war ein
schottischer Mathematiker.
William Wallace wuchs zunächst bis zu seinem 16. Lebensjahr in Dysart auf und machte
dort eine Lehre als Buchbinder. 1784 zog er mit seiner Familie nach Edinburgh um und arbeitete zunächst als Buchbinder. Er brachte sich in dieser Zeit Mathematik im Selbststudium bei.
Später verdiente er dann seinen Lebensunterhalt auch als Privatlehrer und besuchte Mathematikvorlesungen an der University of Edinburgh, ohne jedoch als Student eingeschrieben zu sein.
1794 wurde er Mathematiklehrer an der Perth Academy. Im gleichen Jahr heiratete er und aus
seiner Ehe gingen drei Töchter und ein Sohn hervor.
Durch eine Empfehlung von John Playfair erhielt er 1804 eine Professorenstelle am Royal
Military College (Great Marlow). Nach dem Tode von John Playfair übernahm er dessen Lehrstuhl an der Universität von Edinburgh und erwarb sich dort den Ruf eines guten Lehrers. 1838
zog er sich aufgrund von Gesundsheitsproblemen ins Privatleben zurück, wobei er allerdings
weiterhin publizistisch tätig war.
Wallace arbeitete überwiegend an geometrischen Fragestellungen und entdeckte 1799 die
Simson-Gerade, die irrtümlicherweise Robert Simson zugeschrieben wurde. 1807 bewies er eine
Aussage über flächengleiche Polygone, die als Satz von Wallace–Bolyai–Gerwien bekannt ist.
Sein wichtigster Beitrag zur Mathematik in Britannien lag jedoch nicht auf dem Gebiet der
Geometrie, sondern darin, dass er als einer der ersten britischen Mathematiker dafür eintrat,
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die Weiterentwicklungen der Infinitesimalrechnung in Kontinentaleuropa auch im Vereinigten
Königreich von Großbritannien und Irland einzuführen.
Wallace schrieb neben seinen Fachartikeln auch mehrere Bücher und verfasste Beiträge für
die Encyclopædia Britannica und die Edinburgh Encyclopedia. Zudem beschäftigte er sich mit
Astronomie und entwickelte den Pantografen zum Eidografen weiter.
John Casey: (∗ 12. Mai 1820 in Coolattin, Irland; † 3. Januar 1891 in Dublin) war ein irischer
Mathematiker, der vor allem für seine Arbeiten zur Geometrie bekannt ist.
John Casey arbeitete zunächst als Lehrer an einer Schule in Tipperary, 1847 heiratete er
Catherine Ryan und hatte vier Kinder mit ihr. 1854 wurde er zum Rektor einer neu eröffneten
Modellschule in Kilkenny berufen. Dort wurde er von einem ehemaligen Studenten des Trinity
College Dublin in die höhere Mathematik eingeführt und begann in der Folgezeit mit den am
Trinity College arbeitenden Mathematikern Richard Townswend und George Salmon über geometrische Probleme zu kommunizieren. Diese schlugen ihm schließlich vor, am Trinity College
für einen fortgeschrittenen Abschluss zu studieren. Ab 1858 belegte er am Trinity College Kurse
und machte 1862 seinen Abschluss, bereits während seines Studiums veröffentlichte er mehrere
Arbeiten zu geometrischen Themen. Nach Abschluss des Studiums arbeitete John Casey als
Science Master im Schulbereich und war von 1862 bis 1868 einer der Herausgeber der Zeitschrift
Messenger of Mathematics. 1873 boten ihm sowohl die katholische Universität in Dublin als
auch etwas später das Trinity College eine Professorenstelle an. Die Stelle am Trinity College
sagte er ab, da er der katholischen Universität bereits eine Zusage erteilt hatte und sich an diese
gebunden fühlte. Da die katholische Universität jedoch zu dieser Zeit zu wenig Studenten hatte,
um ihm ein reguläres Gehalt zu zahlen, arbeitete er zwischen 1873 und 1882 auch als Professor
am Civil Service College und bereitete am French College Studenten für die Aufnahmeprüfung
am Civil Service College vor. 1882 wurde er schließlich Fellow der 1880 aus der katholischen
Universität entstandenen Royal University (später National University of Ireland).
Er war Mitglied der Royal Irish Academy (1866) und Fellow der Royal Academy (1875)
und erhielt sowohl vom Trinity College (1869) als auch von der Royal University (1885) einen
juristischen Ehrendoktor. Er war der irischen Sprache besonders zugetan und daher lebenslanges
Mitglied der Gaelic Union and the Society for the Preservation of the Irish Language.
John Casey veröffentlichte über 25 Forschungsarbeiten und schrieb sechs Lehrbücher. Seine kommentierte Ausgabe der Elemente von Euklid enthielt eine ungewöhnlich umfangreiche
Aufgabensammlung geometrischer Probleme, die er mit Richard Townsend zusammengetragen
hatte. Am einflussreichsten erwies sich jedoch sein 1881 veröffentlichtes Sequel to Euclid, das
erstmals alle neueren Ergebnisse der Elementargeometrie in Form eines Lehrbuches zusammenstellte. Zusammen mit Émile Lemoine (1840–1912) war er damals für eine Wiederbelebung des
Interesses an Elementargeometrie (damals unter dem Titel ”moderne Geometrie” oder ”moderne Dreiecksgeometrie”) verantwortlich. Heute ist er vor allem für eine von ihm entdeckte
Erweiterung des Satzes von Ptolemäus bekannt, die seitdem auch als Satz von Casey bezeichnet
wird.
Edward John Routh: (∗ 20. Januar 1831 in Quebec, Kanada; † 7. Juni 1907 in Cambridge,
England) war ein englischer Mathematiker und Naturphilosoph.
Routh war der Sohn eines britischen Offiziers. Ab 1842 kam er von Kanada mit seinem Vater
nach England und besuchte ab 1847 mit einem Stipendium das University College in London,
wo er unter anderem bei Augustus de Morgan studierte. Nach dem Bachelor-Abschluss 1849
ging er ans Peterhouse College und machte 1853 seinen Master-Abschluss und gewann außerdem
eine Goldmedaille für seine Leistungen in Mathematik und theoretischer Physik. 1854 machte
er einen weiteren Bachelor-Abschluss an der Universität Cambridge, wo er außerdem Erster
(Senior Wrangler) in den Tripos-Prüfungen wurde (James Clerk Maxwell wurde Zweiter). Mit
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Maxwell erhielt er außerdem den Smith-Preis. 1855 wurde er Fellow des Peterhouse, wo er
außerdem Tutor wurde. Ab 1856 war in Cambridge ein vielbeschäftigter privater Tutor, der
Studenten auf die Tripos-Prüfungen vorbereitete. Ab 1862 kam jedes Jahr für 22 Jahre der
Senior Wrangler aus seiner Klasse und in den 30 Jahren, in den er unterrichtete, waren von
seinen 700 Schülern 480 Wrangler bei insgesamt etwa 900 Wranglern überhaupt. 1888 setzte er
sich zur Ruhe.
Er beschäftigte er sich vor allem mit mathematischer Physik und steuerte damit zusammen
mit Maxwell und Adolf Hurwitz grundlegende Erkenntnissen in der Stabilitätstheorie bei, die
in der Regelungstechnik als Routh-Hurwitz-Kriterium seine Anwendung finden.
1872 wurde er Mitglied der Royal Society und 1866 der Royal Astronomical Society. Er
gehörte 1856 zu den Gründungsmitgliedern der London Mathematical Society. Routh war
mehrfacher Ehrendoktor. 1883 wurde er Ehrenfellow des Peterhouse College. 1877 erhielt er
den Adams-Preis für einen Aufsatz über Stabilitätstheorie.
Frank Morley: (∗ 9. September 1860 in Woodbridge (Suffolk), England; † 17. Oktober 1937
in Baltimore (Maryland), USA) war ein britischer Mathematiker, der insbesondere auf den Gebieten der Algebra und Geometrie aktiv war. Am wohl bekanntesten ist das von ihm entdeckte
und nach ihm benannte Morley-Dreieck.
Morley erlangte den Grad eines Bachelors an der Universität zu Cambridge und begab sich
1887 in die Vereinigten Staaten, wo er 1900 den Lehrstuhl für Mathematik der Johns Hopkins
University übernahm. Er war von 1919 bis 1920 Präsident der American Mathematical Society.
Als starker Schachspieler besiegte er einmal sogar den Schachweltmeister Emanuel Lasker.
Mitteleuropa
Giovanni Ceva: (∗ 7. Dezember 1647 in Mailand; † 15. Juni 1734 in Mantua) war ein italienischer Mathematiker.
Nach dem Besuch der jesuitischen Hochschule in Mailand und einem Studium der Mathematik an der Universität Pisa arbeitete er ab 1686 in Mantua als ”Matematico Cesareo e
Commessario Generale dell’ Acque di tutto lo Stato”. Er wurde in der Kirche Santa Teresa de’
Carmelitani Scalzi in Mantua beerdigt.
Er beschäftigte sich vor allem mit Geometrie. 1678 veröffentlichte er das Buch De lineis
”
rectis se invicem secantibus, statica constructio“ das auch den Satz von Ceva“ enthielt. Im
”
Laufe seines Lebens veröffentlichte er weitere Mathematikbücher unter anderem ein Buch mit
mathematischen Untersuchungen zur Ökonomie am Beispiel Mantuas (De Re Nummeraria) und
eines über Hydraulik (Opus hydrostaticum).
Leonhard Euler: (∗ 15. April 1707 in Basel; † 18. September 1783 in Sankt Petersburg) war
ein Schweizer Mathematiker und Physiker. Wegen seiner Beiträge zur Analysis, zur Zahlentheorie und zu vielen weiteren Teilgebieten der Mathematik gilt er als einer der bedeutendsten
Mathematiker.
Euler wurde als ältester Sohn des Pfarrers Paul Euler (1670–1745) und dessen Ehefrau Margaretha geb. Brucker (1677–1761) in Basel geboren. Er besuchte das dortige Gymnasium am
Münsterplatz und nahm gleichzeitig Privatunterricht beim Theologen Johannes Burckhardt
(1691–1743), der von der Mathematik begeistert war. Ab 1720 studierte er an der Universität
Basel und hörte hier Vorlesungen von Johann Bernoulli. 1723 erlangte er durch einen Vergleich
der newtonschen und cartesianischen Philosophie in lateinischer Sprache die Magisterwürde.
Seinen Plan, auch Theologie zu studieren, gab er 1725 auf.
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Am 17. Mai 1727 berief ihn Daniel Bernoulli an die Petersburger Akademie der Wissenschaften. Er erbte die Professur des 1726 verstorbenen Nikolaus II. Bernoulli. Hier traf er auf
Christian Goldbach, mit dem er jahrzehntelang in Briefwechsel stand. 1730 erhielt Euler die
Professur für Physik und trat schließlich 1733 die Nachfolge von Daniel Bernoulli als Professor
für Mathematik an. Er bekam in den folgenden Jahren immer stärkere Probleme mit seinem
Augenlicht und war ab 1740 rechtsseitig blind.
1741 wurde er von Friedrich dem Großen an die Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften berufen. Euler korrespondierte weiterhin mit Christian Goldbach und verglich seine
Theorien mit denen von Goldbach. An seine Tätigkeit und sein damaliges Wohnhaus in Berlin erinnert eine Gedenktafel an der Behrenstraße 22/23, das heutige Haus der Bayerischen
Vertretung in Berlin.
Nach 25 Jahren in Berlin kehrte er 1766 zurück nach St. Petersburg, wo Katharina die Große
seit 1762 als Kaiserin von Russland residierte. An der Akademie der Wissenschaften wurde Euler
ein ehrenvoller Empfang bereitet. Er arbeitete wie in der ersten Sankt Petersburger Periode in
der Kunstkammer und lebte in einem von Katharina der Großen geschenkten Palais mit seinem
Sohn Johann Albrecht direkt an der Newa.
Leonhard Euler war in erster Ehe verheiratet mit Katharina Gsell, Tochter des Malers Georg
Gsell aus dessen erster Ehe mit Marie Gertrud van Loen. Das Paar hatte zahlreiche Kinder.
Nach ihrem Tod heiratete er ihre Halbschwester Salomea Abigail, Tochter von Georg Gsell und
dessen dritter Ehefrau Maria Dorothea Gsell, der Tochter von Maria Sibylla Merian.
1771 erblindete er vollständig. Trotzdem entstand fast die Hälfte seines Lebenswerks in der
zweiten Petersburger Zeit. Hilfe erhielt er dabei von seinen Söhnen Johann Albrecht, Karl
und Christoph sowie von seinem Sekretär Nikolaus Fuß, der nach seinem Tod als erster eine
Würdigung verfasste. Trotz seiner wissenschaftlichen Produktivität wurde er nie Präsident der
Universität. Dieses Amt besetzte meist ein Günstling Katharinas, aber Eulers Stellung in der
Universität kam der des Präsidenten sehr nahe.
1783 starb Euler an einer Hirnblutung und wurde neben seiner Frau auf dem lutherischen
Smolensker Friedhof auf der Wassiljewski-Insel in Sankt Petersburg begraben. In der Sowjetzeit
wurden seine sterblichen Überreste auf den Lazarus-Friedhof des Alexander-Newski-Klosters
umgebettet.
Da Euler und Friedrich der Große sich im Streit trennten, befinden sich heute neben den originalen Dokumenten aus der ersten und der zweiten Petersburger Periode auch die Dokumente
aus der Berliner Zeit im Archiv in Sankt Petersburg.
Nikolaus Fuß: (∗ 30. Januar 1755 in Basel, Schweiz; † 4. Januar 1826 in Sankt Petersburg,
Russland) war ein Schweizer Mathematiker und Sekretär von Leonhard Euler.
Der Sohn des Schreiners Johann Heinrich Fuß machte zuerst bei seinem Vater eine Schreinerlehre und besuchte parallel dazu die obrigkeitliche Zeichenschule und das städtische Gymnasium. Von 1767 bis 1772 studierte er an der Universität Basel Mathematik bei Daniel Bernoulli.
Im Jahre 1772 folgte er Euler nach dessen Erblindung nach Sankt Petersburg. Er war über
zehn Jahre Sekretär Eulers und bereitete in seinem Auftrag etwa 250 Arbeiten für den Druck
vor. Später war er ständiger Konferenzsekretär der Petersburger Akademie und versuchte neben
anderen auch Carl Friedrich Gauß an die Akademie nach Russland zu holen.
Fuß leistete in Anlehnung an Euler wichtige Beiträge im Bereich der Geometrie und der
Integral- und Wahrscheinlichkeitsrechnung, die vor allem in den Akten der Akademie publiziert
wurden. Im Jahre 1778 gewann er einen Preis der französischen Akademie der Wissenschaften.
Außerdem verfasste er mathematische Lehrbücher. 1803 war er Mitglied der russischen Hauptschulverwaltung. Er spielte eine wichtige Rolle bei der Schul- und Universitätsreform Alexander I. 1793 wurde Fuß als auswärtiges Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften
aufgenommen und 1812 in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.
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1784 heiratete Fuß Eulers Enkelin Albertine Euler, die Tochter von Johann Albrecht Euler.
Das Paar hatte 13 Kinder, von denen ihn etwa die Hälfte überlebte. Mehrere Söhne schlugen
ebenfalls eine akademische Laufbahn in Russland ein: Paul Heinrich (1798–1855) wurde 1826
sein Nachfolger als Mathematikprofessor und als Sekretär der Akademie in St. Petersburg.
Georg Albert (1806–1854) wurde Astronom und wurde nach verschiedenen Forschungsreisen
1848 zum Leiter des Observatoriums in Wilna.
Karl Wilhelm Feuerbach: (∗ 30. Mai 1800 in Jena; † 12. März 1834 in Erlangen) war ein
deutscher Mathematiker.
Karl Wilhelm Feuerbach wurde als Sohn von Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbach
geboren und war Professor der Mathematik am Gymnasium in Erlangen. Während seines Studiums wurde er Renonce der Landsmannschaft der Ansbacher, war 1817 Mitgründer der Alten
Erlanger Burschenschaft und trat 1820 der Alten Freiburger Burschenschaft bei.
Im Mai 1824 geriet er in die Demagogenverfolgung und wurde verhaftet und nach München
gebracht. In Haft unternahm er zwei Selbstmordversuche. Im Mai 1825 wurde das Untersuchungsverfahren gegen ihn eingestellt und er als unschuldig entlassen. Als Haftfolgen brachen
allerdings spätestens 1827 wenigstens temporär manische Depressionen aus.
Im Jahr 1822 erschien die Publikation Eigenschaften einiger merkwürdigen Punkte des geradlinigen Dreiecks und mehrerer durch sie bestimmten Linien und Figuren: Eine analytischtrigonometrische Abhandlung, in der er den sogenannten Satz von Feuerbach bewies. Dieser
besagt, dass der Neunpunktkreis eines Dreiecks den Inkreis und die drei Ankreise berührt. In einer weiteren Publikation Grundriss zu analytischen Untersuchungen der dreyeckigen Pyramide
führte er unabhängig von Möbius homogene Koordinaten ein.
August Ferdinand Möbius: (∗ 17. November 1790 in Schulpforte; † 26. September 1868 in
Leipzig) war ein deutscher Mathematiker und Astronom an der Universität Leipzig.
Sein Vater Johann Heinrich Möbius war Tanzlehrer in Schulpforte (früher Schulpforta). Er
starb bereits drei Jahre nach der Geburt von August Ferdinand. Die Mutter Johanne Katharine
Christiane Keil (1756–1820) war eine Nachfahrin von Martin Luther.
1820 heiratete Möbius Dorothea Christiane Juliane Rothe (∗ 26. April 1790 in Gera; † 9.
September 1859 in Leipzig). Die beiden hatten eine Tochter, Emilie Auguste (1822–1897) sowie
zwei Söhne: August Theodor (1821–1890) und Paul Heinrich August (1825–1889). Die Tochter
heiratete 1851 den Astronomen Heinrich Louis d’Arrest. Einer seiner Enkel war der Psychiater
Paul Julius Möbius.
August Ferdinand Möbius besuchte die in seinem Geburtsort ansässige, traditionsreiche Landesschule Pforta und legte dort das Abitur ab. Er studierte zunächst Rechtswissenschaften, bevor er sich im zweiten Semester 1809 bis 1814 dem Studium der Mathematik an der Universität
Leipzig zuwandte. Er promovierte bei Johann Friedrich Pfaff mit dem Thema De computandis
occultationibus fixarum per planetas, also über Berechnungsmethoden für Bedeckungen von
Fixsternen durch Planeten. Im Jahr 1815 habilitierte er sich mit astronomischen Arbeiten. Ein
Jahr später wurde er auf Empfehlung von Carl Friedrich Gauß zum außerordentlichen Professor
und Observator der Leipziger Sternwarte berufen. Zum Direktor der Sternwarte wurde er 1848
ernannt.
Möbius verfasste zahlreiche umfangreiche Abhandlungen und Schriften zur Astronomie, Geometrie und Statik. Er leistete wertvolle Beiträge zur analytischen Geometrie, u. a. mit der
Einführung der homogenen Koordinaten und des Dualitätsprinzips. Er gilt als Pionier der Topologie.
Im Jahre 1846 gehörte er zu den Mitbegründern der Königlich Sächsischen Gesellschaft der
Wissenschaften.
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Jakob Steiner: (∗ 18. März 1796 in Utzenstorf; † 1. April 1863 in Bern) war ein Schweizer
Mathematiker. Er gilt als einer der Hauptvertreter der Synthetischen Geometrie.
Steiner war der Sohn eines Kleinbauern, besuchte die heimatliche Dorfschule, wo er erst
mit vierzehn Jahren schreiben lernte, und ging im Alter von siebzehn Jahren nach Yverdon
zu Johann Heinrich Pestalozzi, an dessen Anstalt er später einige Zeit als Hilfslehrer tätig
war. Als diese geschlossen wurde, zog er 1818 nach Heidelberg, um unter anderem bei Ferdinand Schweins (1780–1856) Mathematik zu studieren, war aber wegen der Kümmerlichkeit
der dortigen Vorträge fast gänzlich auf das Selbststudium angewiesen. Seinen Lebensunterhalt
finanzierte er dabei durch Privatstunden. Die Vorlesungen zur Algebra sowie zum Differentialund Integralkalkül stimulierten Untersuchungen zur Mechanik, die er 1821, 1824 und 1825 in
seinen Kompendien festhielt.
Seit dem Winter 1820/21 lebte er in Berlin, anfangs als Privatlehrer der Mathematik, und
galt bald als bester Privatlehrer der Stadt. Unter anderem unterrichtete er den Sohn des ehemaligen Ministers Wilhelm von Humboldt, was seinen Aufstieg förderte. Während dieser Zeit
veröffentlichte er einige Arbeiten über geometrische Probleme in Crelles Journal für die reine
und angewandte Mathematik. Dann war er Lehrer an der Plamannschen Erziehungsanstalt, die
von der Pädagogik Pestalozzis beeinflusst war. Seit 1827 arbeitete Steiner an der Gewerbeakademie (Oberlehrer, ab 1833 mit Professoren-Titel), seit 1834 als ausserordentlicher Professor
an der Universität und als Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Die letzten Lebensjahre
verbrachte er, von schweren Körperleiden gequält, in der Schweiz.
Steiner arbeitete vor allem in der Geometrie. Der steinersche Satz in der Mechanik, das Steinerbaumproblem, der Satz von Steiner über die Erzeugung von Kegelschnitten, das PonceletSteiner-Theorem (das besagt, dass geometrische Konstruktionsaufgaben mit Zirkel und Lineal
auch mit dem Lineal allein und einem vorgegebenen Kreis ausführbar sind), die Steiner-TripelSysteme, die Steinersche Römerfläche, die Steiner-Kette und über ein Dutzend weiterer mathematischer Begriffe sind nach ihm benannt. Bekannt ist seine geometrische Lösung des isoperimetrischen Problems (zu zeigen, dass der Kreis die Kurve ist, die bei gegebenem Umfang den
grössten Inhalt umschliesst).
Steiner legte in seinen Vorlesungen viel Wert auf die Heranbildung geometrischer Anschauung, was auch ein wichtiges Thema der Pestalozzi-Pädagogik war. Zur Förderung der Anschauung verzichtete Steiner in seinen Vorlesungen auf geometrische Figuren. Ein weiteres Kennzeichen, dass aus der Schule von Pestalozzi stammte, war das Eingehen auf die Bedürfnisse der
Schüler, die mathematische Erkenntnisse möglichst selbst entdecken sollten, wobei der Lehrer
nur die Richtung andeutet, ähnlich der Sokratischen Methode bzw. der später in den USA
einflussreichen Moore-Methode. Steiner verlangte viel von seinen Schülern, es herrschte oft ein
rauher Ton und er war nicht leicht zufriedenzustellen, trotzdem konnte er einen Kreis ihm treuer
Schüler um sich versammeln.
1832 wurde er Ehrendoktor der Albertus-Universität Königsberg. Das geschah auf Initiative
von Jacobi, der Steiner förderte und auch mit den Gebrüdern Humboldt dafür verantwortlich
war, dass an der Berliner Universität für Steiner ein Lehrstuhl für Geometrie eingerichtet wurde.
Steiner verkehrte auch mit Niels Henrik Abel und Dirichlet in Berlin. Steiner wiederum förderte
den Schweizer Autodidakten und Geometer Ludwig Schläfli, den er 1843 in Bern traf und ein
Jahr darauf nach Rom einlud, wo er ihn unterrichtete. Er stand mit ihm in Briefwechsel.
Felix Klein vermutet, dass Steiner keine ordentliche Professur in Berlin erhielt, da es ihm
an gesellschaftlichen Umgangsformen mangelte - er deutet auch an, dass Steiner in späteren
Jahren streitbar und isoliert war, mit Gott und der Welt zerfallen und seinen Argumenten im
Gespräch häufig durch eine nicht leicht zu übertreffende urwüchsige Grobheit Nachdruck zu
verleihen pflegte. In späteren Jahren zerstritt er sich sowohl mit seinem Freund Jacobi (beide
duzten sich) als auch mit Schläfli und anderen. Ausschlaggebend dürfte aber gewesen sein,
dass er keine höhere Schulbildung erhalten hatte und keine Fremdsprachen sprach und kein
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Latein beherrschte, damals so etwas wie die offizielle Sprache an der Berliner Universität, in
der Dissertationen verfasst wurden. Selbst auf dem Gebiet der Mathematik hatte er außerhalb
der Geometrie (zum Beispiel in Analysis, Algebra und Zahlentheorie) nur sehr beschränkte
Kenntnisse und gab dies unumwunden zu. Er drang aber darauf, dass sich seine Studenten darin
ausbildeten - Studenten, die es ihm gleichtun wollten und nur Geometrie betrieben, schmetterte
er mit den Worten ab: Es werden nicht alle, die zu mir Herr, Herr sagen, ins Himmelreich
kommen. Klein deutet auch an, dass Steiner ab etwa 1845 (als er sich mit algebraischen Gebilden
höherer als zweiter Ordnung befasste) in seiner Schaffenskraft nachliess und willentlich oder
unwillentlich Schriften englischer algebraischer Geometer benutzte, ohne diese zu zitieren. Nach
seinem Schüler Lampe entsprach es hingegen der typischen Arbeitsweise von Steiner, keine
Literatur zu studieren, außer um festzustellen, ob ein von ihm gefundener Satz schon bekannt
war (und auch da überliess er die Literaturrecherche häufig seinem Freund Jacobi) - er verhöhnte
sogar häufig angelerntes Wissen. Ein Grund des Nachlassens seiner Produktivität waren auch
seine ständigen Krankheiten. In Berlin war er ein häufiger Theaterbesucher und verkehrte unter
anderem mit dem Schauspieler Ludwig Devrient. Als Mitglied der Akademie war er obwohl kein
ordentlicher Professor diesen gleichgestellt und er verdiente gut. Bei seinem Tod hinterliess er
seinen Verwandten 60.000 Franken und stiftete ein Drittel dieser Summe als Preisgeld für den
nach ihm benannten Steiner Preis der Berliner Akademie. Träger des Steiner-Preises waren
unter anderem Rudolf Sturm, Luigi Cremona (1866), Henry John Stephen Smith, Hermann
Kortum, Georges Henri Halphen (1880), Wilhelm Fiedler und Sigmund Gundelfinger.
Christian Heinrich von Nagel: (∗ 28. Februar 1803 in Stuttgart; † 27. Oktober 1882 in Ulm)
war ein deutscher Mathematiker des 19. Jahrhunderts, der sich vor allem mit geometrischen
Themen befasste.
Nach dem Besuch des Gymnasiums trat von Nagel 1817 in das Evangelisch-Theologische
Seminar Blaubeuren ein. 1821 bis 1825 folgte ein vierjähriges Studium der Theologie am Evangelischen Stift Tübingen. Nach seinem Studienabschluss wurde Nagel, der sich bereits früh für
Mathematik interessiert hatte, Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften am Lyceum
und an der Realschule Tübingen. Bereits 1826 promovierte er an der dortigen Philosophischen
Fakultät über das Thema De triangulis rectangulis ex algebraica aequatione construendis (Über
rechtwinklige Dreiecke, die sich mit Hilfe einer algebraischen Gleichung konstruieren lassen).
Bis 1830 war Nagel als Privatdozent in Tübingen tätig. In diesem Jahr zog er nach Ulm, wo er
eine besser dotierte Stelle als Lehrer am Gymnasium Ulm erhielt; später wurde er Rektor des
angegliederten Realinstituts.
Die bekanntesten Forschungsergebnisse Nagels gehören zur Dreiecksgeometrie. Einer der ausgezeichneten Punkte des Dreiecks, der Nagel-Punkt, wurde nach ihm benannt.
Theodor Spieker: (∗ 8. August 1823 in Päwesin; † 9. April 1913 in Potsdam) war ein deutscher
Mathematiklehrer.
Er studierte in Berlin, Bonn und Greifswald und war zunächst an der Realschule Schwerin,
dann am Karlsgymnasium in Bamberg und ab 1854 an der Realschule Potsdam. 1891 wurde
er pensioniert. Nach ihm ist der Spieker-Punkt in der Dreiecksgeometrie benannt. Er ist Mittelpunkt des Spieker-Kreises, der dem Seitenmittendreieck eingeschrieben ist. Er schrieb ein
weitverbreitetes Schul-Lehrbuch der ebenen Geometrie.
Joseph Jean Baptiste Neuberg: (∗ 30. Oktober 1840 in Luxemburg (Stadt); † 22. März
1926 in Lüttich) war ein luxemburgisch-belgischer Mathematiker.
Neuberg besuchte das Athenée in Luxemburg und studierte ab 1859 bis 1862 an der Universität Gent. Danach war er Lehrer in Nivelle (École Normale), ab 1865 in Arlon (Athénée Royal),
1868 bis 1878 in Brügge (École Normale) und 1878 bis 1884 in Lüttich (Athénée Royal). Ab
18
1884 war er außerordentlicher und ab 1887 ordentlicher Professor für Mathematik an der Universität Lüttich. 1910 ging er in den Ruhestand. 1866 nahm er die belgische Staatsbürgerschaft
an. Er wurde Mitglied der Königlich belgischen Akademie der Wissenschaften und war 1911
deren Präsident.
Er gilt mit Émile Lemoine und Henri Brocard als treibende Kraft in einer Wiederbelebung
der elementaren Dreiecksgeometrie Ende des 19. Jahrhunderts. Viele dieser Arbeiten wurden
in der von Neuberg, Eugène Catalan und Paul Mansion 1874 begründeten Zeitschrift Nouvelle
correspondance mathématique und deren Nachfolger (ab 1881) Mathesis veröffentlicht.
Er war Mitglied der wissenschaftlichen Gesellschaften von Luxemburg, Lüttich und der niederländischen mathematischen Gesellschaft.
Ludwig Kiepert: (∗ 6. Oktober 1846 in Breslau; † 5. September 1934 in Hannover) war
deutscher Mathematiker und Hochschullehrer.
Vater Ludwig Kiepert (1811–1847) war evangelischer Pastor in Breslau. Er starb ein Jahr
nach der Geburt seines Sohnes Ludwig, der so ohne Geschwister aufwuchs. Auch der Vater der
Mutter war Pastor gewesen. Ludwig besuchte ab 1856 das Maria-Magdalenen-Gymnasium in
Breslau, das er 1865 mit dem Abitur verließ. Im gleichen Jahr begann er mit dem Studium
der Mathematik an der Universität Breslau. Nach seinem Wechsel an die Berliner HumboldtUniversität war es vor allem Karl Weierstraß, der ihn stark beeinflusst hat und bei dem Kiepert
1870 promovierte. Er heiratete mit 29 Jahren Anna Betz, mit der er zwei Kinder hatte.
Auf Vermittlung von Weierstraß erhielt Kiepert 1871 eine Privatdozentur an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Ein Jahr später wurde er hier außerordentlicher
Professor. 1877 ging Kiepert als ordentlicher Professor für Mathematik für zwei Jahre an die
Technische Hochschule Darmstadt. Im Jahre 1879 wechselte er als ordentlicher Professor für
Höhere Mathematik an die Technische Hochschule Hannover, wo er 1901 bis 1904 auch das Amt
des Rektors übernahm.
Mit seinem Studienfreund Felix Klein gründete er 1895 an der Georg-August-Universität
Göttingen das erste Institut in Deutschland, an dem alle Bereiche des Versicherungswesens gelehrt wurden: Versicherungsmathematik, Versicherungsrecht und Versicherungswirtschaft. Kiepert verfasste neben einer Vielzahl von Fachveröffentlichungen auch zahlreiche Lehrbücher über
Differentialrechnung und Integralrechnung, die über Jahrzehnte an Hochschulen verwendet wurden. In Hannover blieb er bis zu seiner Emeritierung (1921), war aber weiter für die Wissenschaft
tätig. Mit seinem Namen verbunden bleiben Bezeichnungen wie etwa die kiepertsche Parabel“
”
oder die kiepertsche Hyperbel, die er bereits in seiner Berliner Studienzeit entdeckt hatte.
Kiepert wurde zum 1. April 1921 emeritiert, hielt danach aber noch einige Vorlesungen. Er
starb 1934 in seinem 88. Lebensjahr.
Japan
Sangaku: (jap. wörtlich mathematische Tafeln“) sind kunstvoll bemalte Holztafeln, die geo”
metrische Aufgabenstellungen oder Rätsel zeigen. Sie wurden in Japan während der Edo-Zeit
(1603–1867) von Angehörigen aller sozialen Schichten in Shinto-Schreinen und buddhistischen
Tempeln aufgehängt. Dort dienten sie nicht nur als Opfergaben, sondern den nachfolgenden
Pilgern auch als intellektuelle Herausforderung. Insofern spricht man auch von Japanischer
”
Tempelgeometrie“.
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Geschichte: Die Sangaku entstanden während der Edo-Zeit, als Japan – von der westlichen
Welt nahezu vollständig isoliert – eine eigene Mathematik-Tradition (japanisch: Wasan) entwickelte. Schon vor dem Aufkommen der Sangaku war es üblich, bemalte Holztafeln als Opfergaben in Tempeln aufzuhängen; sie zeigten – als Ersatz für ein teures Opfertier – dieses
in bildlicher Darstellung. Die ersten Holztafeln mit geometrischen Motiven wurden vermutlich
in der Mitte des 17. Jahrhunderts geschaffen. Heute geht man davon aus, dass zunächst die
hochgebildeten Angehörigen der Samurai-Klasse die Urheber waren, dass aber zunehmend auch
Bauern, Frauen und selbst Jugendliche Sangaku praktizierten. Insofern können die Sangaku der
Unterhaltungsmathematik zugerechnet werden.
Auf den meisten Sangaku-Tafeln finden sich der Name des Herstellers und ein Datum. Die
älteste heute noch erhaltene Tafel stammt aus dem Jahre 1683. Die Sangaku-Texte sind in Kanbun verfasst, d. h., sie wurden auf Japanisch in klassischem Chinesisch geschrieben, das heute
von nur wenigen Menschen beherrscht wird. Viele Sangaku wurden im Laufe der Jahrhunderte
– zusammen mit den Tempeln, die sie beherbergten – zerstört; heute sind aber noch mehr als
880, über ganz Japan verteilt, erhalten. Im Internet ist eine interaktive Karte verfügbar, die
die Fundorte verzeichnet und Abbildungen der Tafeln zeigt (http://www.wasan.jp/english/).
Die Erforschung der Sangaku wurde wesentlich von Hidetoshi Fukagawa, einem promovierten
Mathematiker und Lehrer an einer höheren Schule, initiiert und vorangetrieben. Nachdem er
1969 auf das Thema gestoßen war und den heutigen Wert der Sangaku, etwa für den Schulunterricht, erkannt hatte, versuchte er (zunächst vergeblich), westliche Geometer für die im Westen
noch gänzlich unbekannte Japanische Tempelgeometrie zu interessieren. Schließlich konnte er
den britischen Mathematiker Daniel Pedoe für eine Zusammenarbeit gewinnen und gemeinsam
veröffentlichten sie 1989 die erste englischsprachige Sangaku-Sammlung. Fukagawa, der Kanbun, die Sprache der Sangaku, für seine Forschung erst eigens erlernen musste, gilt heute als
weltweit führender Sangaku-Experte.
Gegenstand: Die Aufgaben auf den Sangaku stammen überwiegend aus dem Bereich der
klassischen euklidischen Geometrie. Sie befassen sich häufig mit einander berührenden Kreisen,
Ellipsen und Dreiecken und unterscheiden sich deutlich von den geometrischen Aufgabenstellungen, wie sie an westlichen Schulen üblich sind. Die Sangaku zeigen nur die Problemstellungen
und ggf. die finale Lösung, nicht aber den Lösungsweg im Detail. Insofern sind sie auch als
intellektuelle Herausforderung an nachfolgende Tempelbesucher zu verstehen. Die an das Publikum gestellten Anforderungen sind sehr unterschiedlich: es gibt Aufgaben, die ein Student
im ersten Semester lösen können sollte, und solche, denen ohne fortgeschrittene Methoden wie
beispielsweise der affinen Transformation oder der Analysis kaum beizukommen ist. Nicht selten
wurden auch Erkenntnisse westlicher Mathematiker vorweggenommen, so der Satz von Casey,
die Malfatti-Kreise oder das Soddy-Hexlet. Auch die Steiner-Kette war bereits Thema eines
Sangaku zu der Zeit, als Jakob Steiner diese in Europa postulierte.
Neben den geometrischen Fragestellungen thematisieren einige Sangaku auch nichtgeometrische Probleme wie diophantische Gleichungen oder die Berechnung der Volumina krummflächig
begrenzter Körper.