2. Diplom zum Thema Integration des `Virtuellen` in den privaten

Transcrição

2. Diplom zum Thema Integration des `Virtuellen` in den privaten
mnemo - InterfaceSystem für den privaten Lebensraum
2. Diplom zum Thema
Integration des ‘Virtuellen’ in den
privaten Lebensraum
November 2001
Peggy Thöny
Studienrichtung Industrial Design /Prof. Horst Meru
Universität für Gestaltung in Linz /Austria
1. Schriftlicher Teil - Inhaltsverzeichnis
Seite
Abriss .....................................................................................................................
003
Schlagwörter ..........................................................................................................
004
Begriffserklärungen ...............................................................................................
004
Kurzbeschreibung .................................................................................................
005
Einleitung ...............................................................................................................
006
1.1. Historischer Bericht .......................................................................................
008
1.1.1. Der Mensch .....................................................................................
010
1.1.1.1. Gehirn - dem Bewusstsein auf der Spur .......................
010
1.1.1.2. Bild - Körper - Sprache ...................................................
012
1.1.1.3. Mnemotechnik .................................................................
013
1.1.2. Mensch- (Lebens)Raum .................................................................
022
1.1.3. Mensch - Individuum, Gemeinschaften und Gesellschaften .......
038
1.1.4. Mensch - Medientheorie ................................................................
039
1.2. Marktanalyse ..................................................................................................
041
1.2.1. Markt- und Technologietrends .......................................................
041
1.2.1.1. Allgemeine Technologietrends .......................................
041
1.2.1.2. “Smart Homes” ................................................................
046
1.2.1.3. Gegenwärtige & Zukünftige Netzwerkstandards ..........
047
1.2.1.4. Trend zu “Hybriden” Produkten .....................................
058
1.2.1.5. Konzept-Relevante Technologien ...................................
061
1.2.2. Sozio-Kulturelle Trends ..................................................................
072
1.2.2.1. Neue Nomaden ...............................................................
072
1.2.2.2. Community Network .......................................................
073
1.2.2.3. Vom Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft
074
1.2.3. Zielgruppendefinition .....................................................................
079
1.3. Funktionsanalyse ...........................................................................................
083
1.3.1. Zielsetzung ......................................................................................
083
1.2.2. Konzeptionskriterien ......................................................................
083
1.3.3. Funktionsanalyse ............................................................................
085
1.3.4. Relevante Ergonomiedaten ............................................................
091
1.4. Projektbeschreibung ......................................................................................
098
1.4.1. Funktionsprinzip .............................................................................
100
1.4.2. mnemo - Ein Interfacesystem ........................................................
101
1.4.2.1. mnemoUhr .......................................................................
103
1.4.2.2. mnemoMulti3 ..................................................................
105
1.4.3.Szenarien .........................................................................................
106
2
Abriss
Dieses Diplom hat “die Integration des ‘Virtuellen’ im privaten
Lebensraum zum Thema.
Der schriftliche Teil dieser Arbeit ist in 5 Hauptkapitel mit zahlreichen
Abriss
Kurze Erklärung zum Aufbau des
Schriftlichen Teiles dieser
Diplomarbeit und zu den Inhalten
der einzelnen Kapitel
Unterkapiteln gegliedert.
Die graphische Gestaltung des Grundlayouts gliedert die Seiten in eine
Hypertext
Haupt- und eine Nebenspalte. Die schmale rechte Spalte beinhaltet
Hyper... als Wortteil in Zssgn. mit
der Bedeutung ,über..., Über...,
Ggs. hypo..., Hypo...
Der Hypertext ist hier als Text über
den Text zu verstehen; er erklärt,
erläutert, ergänzt den Text in der
Hauptspalte und verweist auf
andere Kapitel > Bemerkungen,
Erklärungen und Verweise finden
hier ihren Platz
eine Art ‘Hypertext’, der Bezug auf die linke Haupttextspalte nimmt, und
Zusatzinformationen oder Bemerkungen enthält.
In den ersten beiden Kapiteln, werde ich die Ergebnisse meiner
interdisziplinären Untersuchungen und Recherchen vorstellen. Die
Auswahl der angeführten Textauszüge und Zitate aus verschiedensten
Disziplinen und Wissenschaftsbereichen spiegelt die multidimensionalen Aspekte des Diplomthemas wieder.
Im ersten Kapitel (1.1 Historischer Bericht) geschieht dies vor allem
unter dem Gesichtspunkt, dass bei der Ausarbeitung von Gestaltungskriterien, der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte. Verschiedenste
Betrachtungen aus den Blickwinkeln der Psychologie, Soziologie,
Antrhopologie, Philosophie, Designgeschichte, Medientheorie und
Biologie beleuchten in den angführten Texten das vielschichtige Wesen
Mensch im Kontext Individuum, Gesellschaft, Kultur, Medien und
Technik..
Die meisten Textauszüge und Zitate sprechen für sich selbst. Zu
wichtigen Stellen, befinden sich Bemerkungen in der seitlichen
‘Hypertext’ Lei ste.
Das mit “Marktanalyse” betitelte Kapitel 1.2 analysiert die gegenwärtigen und die sich abzeichnenden zukünftigen Entwicklungen im
Bereich von Wohnkultur, Lebensformen und Neuen Technologien, die
unser aller Leben mitbestimmen, und woraus sich zukünftige
Problemstellungen ableiten und formulieren lassen, auf die im Zuge dieser Diplomarbeit eingegangen werden soll.
Die in Kapitel 1.1 und 1.2 gewonnen geschichtlichen, gegenwärtigen und visionären Einblicke und Erkenntnisse zum Thema “privater
Lebensraum” ermöglichten erst eine konkrete Formulierung meiner
Aufgabenstellung und bilden somit die Basis für das Kapitel “1.3
Funktionsanalyse”.
In diesem Kapitel findet eine Interpretation und Auswertung der
Einsichten und Erkenntnisse, die in den beiden vorherigen Kapitel
gewonnen wurden, statt. Sie dienen als Fundament für die
Formulierung einer konkreten Zielsetzung, um die Funktionen, den
Gebrauch und die Verwendbarkeit des zu entwicklnden Produktes oder
3
Produktsystems in Form eines Anforderungskataloges bzw. Briefings
Schlagwörter
festzulegen.
die Erklärung zu den angeführten
Fachbegriffen (vor allem aus dem
Bereich Design und dessen
Umfeld) finden Sie anschliessend
unter “Begriffserklärungen”; zum
Teil werden sie auch in den nachfolgenden Kapiteln näher erklärt.
Die Projektbeschreibung im Kapitel 1.4 stellt das Ergebnis meiner
Diplomarbeit vor. Zuerst wird das Kernstück dieses Projektes nämlich
das Funktionsprinzip vorgestellt, das Teil meiner Gestaltungsleistung im
Rahmen dieses Diplomes ist. Anschliessend gehe ich auf die konkrete
Umsetzung dieses Prinzips ein. In dieser Beschreibung geht es um das
von mir konzipierte und gestaltete visionäre Produktsystem mit dem
Namen mnemo. Eine Kurzbeschreibung finden Sie auch unter dem
auf den nächsten Seiten nachfolgenden Punkt “Zusammenfassung”.
Beim letzten Kapitel “1.5 Entwicklungsbericht” handelt es sich um
ein Protokoll über den Planungs-, Entwurfs-, Entwicklungs- und
Gestaltungsvorgang dieses Projekts.
Die gleich anschliessende Sammlung an Schlagwörtern, soll einen
Überblick über den designspezifischen Themenkreis dieses Diploms in
Form von Schlüsselwörtern geben.
Schlagwörter
Industrial Design, Interaktions-/Interaction Design, Interface Design,
Interface Ergonomie, Schnittstelle Mensch und Maschine, HCI(Human
Computer Interaction), “human centered” Design, privater Lebensraum,
virtueller Datenraum, elektronische Netzwerke, Neue Medien, Hybride
Produkte, Mnemotechnik, Mensch-Raum Beziehung, “ubiquitous computing”, “pervasive computing”
Begriffserklärungen
Interaction Design
Diese neue Disziplin setzt sich mit der Interaktion zwischen Mensch und
Artefakten auseinander: ein Zusammenwirken von Ästhetik und Kultur,
von Technologie und von Sozialwissenschaften. Es betrifft das Design
sowohl von Dienstleistungen, die diese Technologien anbieten können
als auch die Qualität unserer Erfahrung der Interaktion mit ihnen.
HCI
Human-Computer-Interaction beschäftigt sich mit dem Design, der
Evaluation und der Implementierung von interaktiven ComputerSystemen, die von Menschen benutzt werden.
4
Interface
Kurzbeschreibung
Das Interface ist die (Schnitt)Stelle, an der es möglich ist, Differenzen
Kurzes Zusammenfassung des
Resultats dieser Diplomarbeit,
welches ein neuartiges
Interfacesystem für den privaten
Lebensraum mit dem Namen
mnemo ist.
zwischen einem System und seiner Umwelt wahrzunehmen. Es wird
bestimmt durch Computer, Kommunikationssatelliten, objektorientierte
Datenbanken und parallele Vernetzungsstrukturen.
Diese simulierten Interfaces bilden einen Grenzbereich zwischen der
Umwelt des Menschen und dessen Bewußtsein.
virtuell
Allgemein bedeutet virtuell der Kraft od. Möglichkeit nach vorhanden,
aber nicht aktuell wirksam. Im Zusammenhang mit dem Computer
spricht man von simulierter, auf Berechnungen basierende Interaktion
mit Bildern. Virtuelle Realität ist eine telematische Technik, welche die
Beziehung zur physischen Welt auf einer neuen Ebene nachformt, ohne
daß dies die subjektive Welt des Gehirns berührt.
Mnemotechnik:
in der Antike Griechenlands entwickelte Gedächtniskunst - als
Erfinder gilt der Dichter Simonides
- wird heute angewandt, um die
Gedächtnis- und
Erinnerungsleistung zu steigern.
(siehe Kapitel 1.1)
Medien
Sind Einrichtungen für die Vermittlung von Meinungen, Informationen
oder Kulturgütern, insbesondere eines der Massenmedien Presse, Film,
Radio, Fernsehen und Internet.
Computer
der; -s,- programmgesteuerte elektronische
Datenverarbeitungsmaschine
hybrid
Bedeutet: gemischt, von zweierlei Herkunft, aus Verschiedenem
zusammengesetzt, durch Kreuzung oder Mischung entstanden
Mnemotechnik
Gedächniskunst. Ein Verfaheren, sich etwas leichter einzuprägen, seine
Gedächtnisleistung zu steigern, z.B. durch systematisches Üben oder
Lernhilfen. Geht auf den griechischen Dichter Simonides von Keos
zurück.
Ubiquitous Computing / Pervasive Computing
Darunter wird die Allgegenwart von Informationsverarbeitung und damit
einhergehend der jederzeitige Zugriff auf Informationen von beliebiger
Stelle aus verstanden.
Kurzbeschreibung von ‘mnemo’
Dem im Rahmen dieser Diplomarbeit entwickelten neuartigen
Interfacesystem für den privaten Lebensraum habe ich den Namen
mnemo gegeben. Er ist abgeleitet von dem Begriff der Mnemotechnik
5
(siehe Kapitel 1.1). Durch Nutzung und Neukombination bestehender
RF-Tag
Netzwerke und Technologien (bzw solcher, die heute entwickelt und in
RadioFrequenz-Tag
dieses sogenannte “Smart Label”
wird in naher Zukunft die herkömmlichen Barcodes zum
Grossteil ersetzen. Tags sind
hauchdünne nur wenige Millimeter
grosse Folien die nur 10Groschen
kosten werden. (siehe Kapitel 1.2
Marktanalyse)
absehbarer Zeit auf den Markt kommen werden), habe ich ein
Instrumentarium entwickelt, welches die Integration von digitalen Daten
in den physischen Lebensraum erlaubt.
Dabei dienen sogenannte RF-Tags als physische Links zu Dateien,
Webseiten, Software- und Internetanwendungen, elektronischen
Haushaltsgeräten und Haustechnik-Steuerzentralen. Die Aktivierung dieser Verknüpfung erfolgt über die mnemoArmbanduhr. Die Uhr ist mit
RFID und Bluetooth Technologie ausgestattet und somit das Bindeglied
zwischen RF-Tag und den gewünschten Daten, die über existierende
RFID Technologie
Netzwerke abgerufen werden. Die Visualisierung dieser Daten erfolgt
RFID = RadioFrequenz
IDentifikation
Ein Lesegerät schickt über eine
Antenne RF Strahlung aus und
aktiviert einen Transponder kurz
auch RF-Tag genannt; dieses
schickt wiederum dem Lesegerät
seinen eindeutigen
Identifikationscode(geht durch
Materialien).
über mnemoMulti3, ein multifunktionales Möbel: Hybrid aus Bildschirm
+ Interaktionstisch + Stehleuchte. Eine genaue Beschreibung der beiden mnemoSystemkomponenten finden Sie in Kapitel 1.4.
Funktionsprinzip
Jeder Computerbenutzer kennt den Begriff “Link” oder “Verknüpfung”
und ist froh, dass es solche gibt: damit legt man sich z.B. ein virtuelles
Objekt(Ordner) mit einer Linkfunktion auf den Computerdesktop, das
auf eine Datei verweist, die sich irgendwo in einem lokalen oder globalen Netzwerk befindet; somit hat man schnelleren und einfacheren
Bluetooth
Zugriff auf regelmässig gebrauchte Daten (Dateien/Software/Websites
drahtlose
Datenübertragungstechnik, die
Geräte verschiedenster miteinander verbindet. (siehe Kapitel 1.2
Marktanalyse)
etc.).
Diese Art von Verknüpfung die wir alle aus dem virtuellen elektronischen Raum kennen, wird durch das mnemo System im physischen
Privatraum möglich. Die virtuellen Link-Repräsentanten sind hierbei
zwar hauchdünne Folien, aber trotzdem materiell.
Man kann also diese sogenannten Links in Form von hauchdünnen
Folien in seiner Wohnung an jeder beliebigen Stelle wie Wänden,
Boden, Möbel, Objekten, Gegenständen, Geräten, Kleidung, eigenen
Körper etc. anbringen. Somit werden diese makierten Orte oder Objekte
im Raum zu den Repräsentanten der damit verknüpften digitalen Daten.
Jede dieser Folienblättchen ist (ähnlich wie bei einem Barcode) Träger
einer eindeutigen digital gespeicherten Identifikationsnummer und kann
so von einem Lesegerät eindeutig identifiziert werden.
Die Übertragung dieses IdentifikationsCodes erfolgt über eine
RadioFrequenz, die auch durch mehrere Zentimeter dicke Materialien
hindurch wirkt. Mit Hilfe eines Lesesgerätes lassen sich so Bilder,
Musik, Terminkalender, online Zugfahrpläne,
Gerätebedienungsanleitungen usw. aufrufen. Das Lesegerät, das in hier
in Form einer Armbanduhr ausgeführt ist, steht mit dem
Hauscomputersystem mittels drahtloser Übertragungstechnik
6
(Bluetooth) in Verbindung und fungiert als Bindeglied zwischen Tag und
OLED DisplayTechnologie
Computer. Sobald sich das Lesegerät am Handgelenk also in einem
OLED = Organic Light Emitting
Diodes
preiswert, extrem dünn, flexibel
und selbsleuchend: elektrisch leitfähige Kunststoff-Folien >
Displaytechnologie der Zukunft
(siehe Kapitel 1.2)
gewissen Abstand zu einem Tag befindet, zeigt das Uhrendisplay diese
Präsenz an. Man kann diese Anzeige entweder ignorieren oder aber die
Verknüpfung durch ein berühren des Displays herstellen.
Sobald man den Link auf der Uhr aktiviert hat, kommt eine weitere
mnemoSystemkomponente ins Spiel, um die aufgerufenen Daten zu
visualisieren: Multi3 ist ein multifunktionaler Bildschirm basierend auf
der OLED Technologie.
Einleitung
Das grossflächige Display besteht aus einer milchig transparenten und
allgemeine Entwicklungen im
Bereich Industrial Design;
Gedanken zum Thema
Lebensraum als gelebter Raum;
Wohntrends nicht als
Modeerscheinung sondern als
Ergebnis grundlegender technologischer Veränderungen, die auch
auf gesellschaftlicher und kulturelller Ebene auswirkungen haben nach dem Motto:
Mediengeschichte war immer
schon Kulturgeschichte.
dünnen Folie. Multi3 lässt sich nach Belieben über ein Gelenk von der
Vertikalstellung in die Horizontale klappen. Dadurch wird eine kommunikative Situation im Kreise der Familie oder von Freunden ermöglicht; es
ensteht z.B. ein Spieltisch für neuartige Computergames für Gruppen.
Da das Display mit einer touch sensitiven Schicht ausgestattet ist, kann
nach Belieben auch ohne Eingabegeräte interagiert werden.
Die OLED-Folien sind auch ideale Leuchtmittel mit grosser Leuchtkraft.
Diese Eigenschaft wird hier genutzt und verhilft Multi3 zu seiner dritten
Funktion, nämlich als Stehlampe. Im Kapitel 1.4 ist eine genaue
Projektbeschreibung zu lesen; dort wird im Abschnitt ‘Szenarien’
anhand von praktischen Beispielen veranschaulicht, was mit dem
mnemoSystem für Möglichkeitsräume eröffnet werden, die zur individuellen Entfaltung im Wohnbereich beitragen soll, und zeigen wird,
dass die Bedienung und Nutzung dieses Systems im Gegensatz zu
dessen komplexen Struktur sehr einfach und intuitiv ist.
Einleitung
Das Tätigkeitsfeld des Industrial Designers wird sich in Zukunft vermehrt
vom reinen Produktdesign, bei dem es vor allem um die Gestaltung
eines Objektes geht, zu einem Design der Abläufe und Interaktionen mit
unserer Umwelt entwickeln. Die sogenannten Neuen Medien und die
globale Vernetzung verändern unseren Alltag und unser Verständnis
von Kommunikation, Raum und Zeit grundlegend (siehe Kapitel 1.1).
Diesen Entwicklungen wird in dieser Diplomarbeit nicht nur Rechnung
getragen, sondern sie sind ihre Grundlage. Bei der Gestaltung unserer
Umwelt und deren Artefakten verwischen sich die Grenzen zwischen
den verschiedenen Disziplinen mehr und mehr. Wo hört Industrial
Design auf und fängt Architektur, Medien- oder Modedesign an. Viele
Geräte werden heute schon in Wände, Möbel, Kleidung und
Gegenständen des Alltags integriert; sie verschwinden sozusagen.
Dadurch können wir sie nicht mehr körperlich mit all unseren Sinnen
7
erleben.
‘smart homes’
Unser Wahrnehmungs- und Interaktionsfeld ist auf Displaygrösse
der Trend geht dahin, dass in
naher Zukunft Haushaltsgeräte
und Haustechnik über Netzwerke
zentral ansteuerbar werden (siehe
Kapitel 1.2)
geschrumpft. Es gilt hier neue Ansätze der Interfacegestaltung zu entwicklen, in der die Technik sich am Menschen orientiert und nicht
umgekehrt. Hier setzt auch diese Diplomarbeit an: es geht in diesem
Projekt um die Erweiterung der Schnittstelle Mensch-Computer zu
einem Interfaceraum; der ganze Wohnbereich wird somit zur
Interaktionsfläche (siehe Kurzbeschreibung oben / Projektbeschreibung
im Kapitel 1.4).
Im Zuge meiner Auseinandersetzung mit dem privaten Lebensraum
hat sich herauskristallisiert, daß gelebter Raum aus einer Vielzahl verschiedener Raumstrukturen, in denen wir uns zugleich aufhalten,
besteht: Architektonischer Raum, geschichtlicher, sozialer, dinglicher
und nicht zuletzt digitaler. Die sogenannte weltweit vernetzte, drahtlose
Informations- und Kommunikationsgesellschaft macht auch vor unserer
Haustür nicht halt und ist heute schon zu einem Selbstverständnis
unseres täglichen Lebens geworden.
In den letzten 20 Jahren gab es technologische Neuerungen, die
die Produktwelt grundlegend verändert hat: Die Dinge um uns sind digitaler Natur und Teil eines Netzwerkes. In den sogenannten "smart
home" und "intelligent environment" Konzepten vieler visionär denken-
‘intelligent environment’
‘intelligente’ Umgebung, durch die
Integration von von Sensoren und
Computerchips, wird unsere
Umwelt interaktiv und durch ‘digitale Assistenten’-Software ‘intelligent’ selbstagierend (siehe Kapitel
1.2)
‘think tanks’
‘Denkfabriken’, die sich meist
grosse Konzerne leisten, um visionäre Konzepte zu entwickeln, die
für die Gegenwart als richtungsweisende Bilder einer wünschenswerten Zukunft fungieren.
der "think tanks" großer Firmen werden Bilder und Szenarien unserer
zukünftigen Lebenswelten gezeichnet.
Durch die Mikroprozessualisierung des Alltags verändern sich
Praxis und Verständnis des Gebrauchs. Kostengünstige Computerchips
mit hoher Rechenleistung und niedrigem Energieverbrauch in
Kombination mit drahtlosen Datenübertragungstechniken werden in
Zukunft unsere Umwelt "sensibel", reaktiv und interaktiv machen.
Verschiedenste Funktionen bisher getrennter elektronischer Geräte
werden in wenigen mobilen "devices" zusammengefaßt. Entscheidend
ist in diesem Zusammenhang nicht mehr die formale, gebrauchsästhetische Gestaltung von Artefakten, sondern vielmehr die Interaktion zwischen dem Menschen und seiner Umgebung. In diesem Prozeß verwandelt sich die Frage nach der Form unserer materiellen und immateriellen Wirklichkeiten in die Frage nach dessen Organisations- bzw
Interaktionsform.
Als Industrial Designer gilt es diese technologischen Entwicklungen
aber auch die gesellschaftlichen und kulturellen Tendenzen zu berükksichtigen.
Dabei haben die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Eigenarten des
Menschen als analoges Wesen in einer digitalisierten Umwelt immer im
Mittelpunkt der Gestaltung zu stehen. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit
und Relevanz ist hierbei eine primäre.
8
1.1 Historischer Bericht
Beleuchtung des Projekts und Abstecken relevanter Themenfelder
aus den Blickwinkeln der Biologie, Psychologie, Soziologie,
Philosophie, Anthropologie, Medientheorie, und Designgeschichte.
Dieses Kapitel beinhaltet eine Sammlung von Texten, Textstellen und
Anthropologie
Zitaten, die Einblicke in das komplexe und vielschichtige Themenfeld
die; -, kMz. Wissenschaft vom
Menschen und seiner
Entwicklungsgeschichte
dieses Projektes eröffnen sollen. Die Blickwinkel der darin behandelten
Themen, sind unterschiedlicher und sich ergänzender Natur: es handelt
sich um Betrachtungen vom Standpunkt klassischer Natur- und
Geisteswissenschaften, aber auch Vertreter aktueller keiner
Wissenschaft zuordenbaren Denkströmungen kommen hier zu Wort.
Die dadurch gewonnen unterschiedlichen Aspekte meiner Diplomarbeit
bildeten die Basis meiner Überlegungen.
Dies ist ganz im Sinne der grundlegenden Einsicht, daß das Leben
nicht nur eine naturwissenschaftliche, sondern auch eine psychische,
seelische, soziale und geistige Dimension hat. Wenn die WHO
Gesundheit als körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden
definiert und darüber hinaus die große Rolle des Spirituellen betont (die
auch durch Studien belegt ist), dann anerkennt sie damit die
Hypertext
Hyper... als Wortteil in Zssgn. mit
der Bedeutung ,über..., Über...,
Ggs. hypo..., Hypo...
Der Hypertext ist hier als Text über
den Text zu verstehen; er erklärt,
erläutert, ergänzt den Text in der
Hauptspalte und verweist auf
andere Kapitel > Bemerkungen,
Erklärungen und Verweise finden
hier ihren Platz
Vieldimensionalität menschlichen Seins.
Die meisten angeführten Textauszüge und Zitate sprechen für sich
selbst. Besonders wichtige Stellen, die zu diplomspezifischen
Einsichten und Erkennisse führen, sind durch Farben gekennzeichnet
und in der seitlichen ‘Hypertext’Leiste kurz und in Stickworten erklärt.
Eine ausführlichere Interpretation und Auswertung findet zusammen mit
den marktanalytischen Erkenntnissen (aus Kapitel 1.2) vor allem im
Kapitel "1.3 Funktionsanalyse" statt und bilden als Fundament für den
Anforderungskatalog/das Briefing, aber auch als Inspirations- und
Ideenquelle bei der Konzeptions- und Entwurfsphase.
9
1.1.1 der Mensch
In diesem Kapitel geht es um die menschliche Wahrnehmung, menschliche Bedürfnisse und darum, dass der Mensch nur als Einheit von
Körper und Geist richtig verstanden und begriffen werden kann. Die folgenden Texte werden dies verdeutlichen.
Was wir heute brauchen ist ein ganzheitliches Menschenbild, das nicht
Materie gegen Geist oder umgekehrt ausspielt, sondern beides wie
auch das ganze dazwischenliegende Spektrum der Wirklichkeit umfaßt.
1.1.1.1 Gehirn - dem Bewusstsein auf der
Spur
basierend auf einem Artikel der Wissenschaftszeitschrift P.M. 10/2001/Seite 25
Neueste Untersuchungen und Tests in der Gehirnforschung zeigen,
dass Geist und Körper Ausformungen ein und derselben Ursache sind beim Bewusstsein handelt es sich um nichts anderes als ein Produkt
des Gehirns. Bewusstsein ist lediglich ‘der innere Zugang zu den
Informationen der Aussenwelt’ - es verleiht uns die Fähigkeit, Wissen
aus der Pespektive des eigenen Körpers zusammenzutragen, auszuwählen und zu überblicken. Jedes Mal, wenn wir ein Objekt wahrnehmen, ändert sich etwas im Organismus. Das sind zunächst einfache
... wenn wir ein Objekt
wahrnehmen, ändert sich
etwas im Organismus ...
Wir stehen in ständiger
Wechselbeziehung mit unserer
physischen Umwelt. Dinge, die wir
mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen lösen in uns Emotionen
aus, basierend auf unserem
Erfahrungshorizont und
Erinnerungen. Wir verändern diese
Umwelt wiederum entsprechend
unseres Innenlebens und aktualisieren diese dadurch. Somit wird
blosser Umraum zu gelebtem
Raum; wir reiben uns an ihm, formen ihn ständig neu und entwikkeln uns dadurch weiter. Geht
diese Auseinandersetzung zum
Beispiel durch vorgefertigte starre
Normen verloren, ziehen wir uns
nach Innen zurück und ein wichtiger Konfrontations- und
Identifikationsfaktor geht verloren,
der ein vitales Dasein ermöglicht.
Dies ist eine fundamentale
Tatsache, die gerade bei der
Gestaltung unseres privaten
Umfeldes relevant ist und berückksichtigt werden sollte.
Stoffwechselprozesse, die körperliche Emotionen enstehen lassen und
im Gerhirn zu Gefühlen verabeitet werden.
Unser Selbstbewusstsein - also die Fähigkeit , eigenen
Bewusstseinszustände zu reflektieren - ist eine neuere Entwicklung in
der Evolution. Doch wie das Bewusstsein in unserem Kopf ensteht, das
können wir heute noch nicht erklären. Denn Bewusstseinszustände sind
nicht eindeutigen Regionen zuzuordnen. “Bewusstsein ist das Resutat
eines komplizierten Netzwerks”, sagt der Neuronenforscher Wolf Singer.
“Es entsteht durch das Zusammenspiel zahlreicher Systeme, etwa sensorischer Areale, Gedächntnisstrukturen, Zentren der
Ausführungskontrolle und Regelkreisen, die zwischen Gefühl und
Motivation vermitteln.” Bei einem Orchester ist es ebenso: Erst das
Zusammenspiel aller Instrumente ergibt Musik.
... einfache Erinnerung ...,
aktiviert gleichzeitig verschiedene Areale, die über
das ganze Gehirn ...
Menschen sammeln
Erinnerungsstücke/Souvenirs weil
diese Repräsentanten in ihnen lebhafte und warme Erinnerungen
erwecken können. Aber auch
Orte, Gerüche und Jahrestage
können Auslöser solcher Bilder an
Erlebnisse sein.
Schon eine einfache Erinnerung an den ersten Kuss, aktiviert gleichzeitig verschiedene Areale, die über das ganze Gehirn verteilt sind: Um
das geistige Bild dieses romantischen Erlebnisses wieder afuleben zu
10
lassen, muss das Hirn u.a. den Ort, die Zeit, die damals im Hintergrund
gelaufene Musik oder auch den Geruch des Partners aus verschiedenen Speicherorten abrufen und zusammenfügen. Wie schafft das
Gehirn diese gigantische Koordination?
Neuesten Erkenntnissen zufolge schliessen sich Nervenzellen der beteiligten Hirnregionen zu Zweckbündnissen zusammen: Indem sie im gleichen Takt feuern, etwa mit 40 Hertz, verbinden sich die
Einzelinformationen zu einem Inhalt - die Erinnerung an den ersten
Kuss. Trotz Gleichschaltung vermischen sich dabei akustische und
visuelle Eindrücke nicht zu einem ‘Brei’, sondern bleiben unterscheidbar. Unterstützt wird die Koordinationsfähigkeit des Gehirns durch eine
Eigenschaft der bis zu 1000 Synapsen, mit denen jedes Neuron ausgestattet ist: Diese einen tausenstel Millimeter grossen Kontaktstellen, die
elektrochemische Signale von einer Nervenzelle zur anderen weiterleiten, können wachsen wie Muskeln - sie verstärken sich, wenn sie häufig
benutzt werden. Das heisst: in einer besonders beanspruchten Region
stellt das Gehirn dem Informationsfluss breite “Highways” zur
Verfügung. Beispiel Geigenspieler: Der Hirnbereich, welcher die aktive
Hand des Streichers repräsentiert, hat eine bis zu 30% grössere Fläche
als bei Vergleichspersonen, hat der Neurologe Christof Pantev von der
Universität Münster herausgefunden. Jegliches Lernen gestaltet unseren Denkapparat um - dauernd werden Nervenleitungen neu verlegt.
Unser Kopf ist eine ständige Baustelle.
Seit Jahrmillionen baut die Evolution schon an unserem Gehirn.
Forschungen der Abteilung für Gehirn-Entwicklung des Nationalen
Gesundheits-Instituts der USA zeigen: Das Gehirn der Dinos ist nicht
ausgestorben. Im “Reptilienkomplex” sind lebenswichtige
Verhaltensmuster aus der Saurierzeit lebendig geblieben: der Drang,
ein Territorium zu erobern, in dem man satt werden und sich wohl fühlen kann; der Drang nach Sicherheit und Ordnung. Aber nicht nur die
Dinosaurier leben in unserem Gehirn weiter, auch die Raubkatzen. Ihr
Steuersystem ist das Limbische System: Es feuert die Impulse an - vor
allem den Jagdinstinkt. Beim Menschen ist dieses Relikt aus der
Säugetierzeit für die Entstehung von Gefühlen zuständig, für Mut zum
Risiko und Experimentierfreudigkeit.
Die beiden alten Gehirnregionen sind auch heute noch wichtig für
uns. Wir könnten überhaupt nicht friedlich zusammenleben, wenn nicht
jeder Mensch von den Sauriern die Fähigkeit geerbt hätte, seinen
“Platz” im Leben zu finden. Unsere Erbschaft aus der Säugetierzeit
kommt ebenfalls zustatten: Wenn wir geistige oder körperliche
Höchstleistungen vollbringen wollen, schaltet das Limbische System
alle störenden Gedanken aus. Aber die vormenschlichen Gehirnteile
11
bergen auch viele Gefahren: Der Reptilienkomplex möchte uns in alte
Verhaltensmuster erstarren lassen; und das Limbische System kann
dazu führen, dass die ‘Raubkatze im Menschen’ mit uns durchgeht.
Über die tierischen (genauer: biologischen) Gehirnanteile wacht das
Grosshirn. “Erst durch die Verbindung des Limbischen Systems mit der
Hirnrinde”, so der amerikanische Biologe und Nobelpreisträger Gerald
Edelman, “entstanden zum ersten Mal Wertungen und Empfindungen,
die mit bestimmten Wahrnehmungen und Handlungen verbunden
sind.” Dadurch wurde der Mensch fähig, Vernunft zu entwickeln, die
seine animalischen Regungen kontrolliert. Dadurch kam er als einziges
... Vorstellungsbilder ...
Bilder rufen in uns im Gegensatz
zur Sprache direkt Assoziationen
hervor - sie haben eine direkte
Bedeutung und
Wiedererkennungswert für uns;
diese Tatsache wird im
Computerinterface in Form von
Symbolen und Icons genutzt, die
die Interaktion wesentlich erleichtert.
irdisches Lebewesen aber auch in eine Konfliktsituation - den ewigen
Widerstreit zwischen den Forderungen seines Geistes und denen seines Körpers: Die Macht der alten Gewohnheiten und der alten Gefühle
wirkt weiter, und nur wenige Menschen behalten in einer Krisenstimmung einen kühlen Kopf.
by Vannevar Bush: as we may think (1945)
...“The human mind does not work that way. It operates by association.
With one item in its grasp, it snaps instantly to the next that is
suggested by the association of thoughts, in accordance with some
intricate web of trails carried by the cells of brain. It has other characteristics, of course; trails that are not frequently followed are prone to
fade, items are not fully permanent, memory is transistory. Yet the
speed of action, the intricacy of trails, the detail of mental pictures, is
awe-inspiring beyond all else in nature.”
1.1.1.2 Bild - Körper - Sprache
H. Weinrich,1988, S. 90 u. 91
"Rein sprachliches Denken ist das Musterbild gedankenlosen
Denkens, das automatisch auf das schon Aufgespeicherte zurüchgreift.
Es ist nützlich, notwendig, aber unfruchtbar. Der Wert der Sprache für
das Denken kann also nicht auf einem Denken in Worten beruhen. Es
muß sich vielmehr um Hilfeleistungen handeln, deren sich das Denken
bedienen kann, während es in einer geeigneteren Materialsphäre, etwa
mit Vorstellungsbildern, arbeitet.
... Aus der Sprachwissenschaft ist uns bekannt, daß Wörter, die in ihrer
späteren Form nicht auf unmittelbare Wahrnehmungen hinzuweisen
scheinen, dies ursprünglich taten. Viele sind noch immer unverkennbar
bildlich. ... Man kann sich darauf verlassen, daß die Sinne die anschau-
12
lichen Gegenstücke zu allen Denkbegriffen liefern können, einfach deshalb, weil diese Begriffe ja ursprünglich aus der Sinneserfahrung
stammen. Noch schärfer ausgedrückt: das menschliche Denken kann
nicht über die Formen hinausgehen, die ihm die Sinne liefern.
... Erinnerungen bevorzugt
mit Orten in Verbindung zu
stehen scheinen, ...
vgl. “Orte unser Kindheit”(persönlich) und “Gedenkstätten”(gesellschaftlich) - Orte können uns in
eine andere Zeit versetzen - sie
haben “magische Kräfte”
1.1.1.3 die Mnemotechnik:
Der griechische Dichter Simonides (556-468 v.Chr.) gilt als legendärer
'Erfinder' der Gedächtniskunst. Als bei einem Gastmahl plötzlich der
Festsaal zusammenstürzte und die Gäste unter sich begrub, ermöglichte Simonides, der kurz vor dem Unglück hinausgerufen worden war
und deswegen überlebte, die Identifizierung der Leichen, weil er die
Sitzordnung der Gäste im Kopf hatte.
Aus dieser Geschichte leitet sich das rhetorische Verfahren der
Memoria ab. Sie führte zur weiteren Ausbildung vielfältiger und komplizierter Mnemotechniken, die im Hinblick auf die mentalen Organisationsformen der abendländischen Kultur überaus aufschlussreich
sind.
Quintilian verweist darauf, dass Erinnerungen bevorzugt mit Orten
in Verbindung zu stehen scheinen, gleichsam an Orten haften, und
dementsprechend erhalten Orte und Räume in der Mnemotechnik
einen zentralen Stellenwert. So empfiehlt Quintilian (und nicht nur er),
sich das Schema eines Hauses einzuprägen und in dessen verschiedenen Räumen (loci) mit Hilfe symbolischer Bilder (imagines) die
Gedächtnisinhalte zu deponieren. Beim Wiedererinnern, etwa in der
actio einer Rede, sollen die Räume im Geiste abgeschritten und über
die mit ihnen verbundenen Symbole die Inhalte, um die es geht, z.B.
die einzelnen Argumente der Rede, aufgerufen werden. Aus einem
modernen Blickwinkel betrachtet erscheint die Artifizialität des Ansatzes
einigermaßen irrritierend; tatsächlich verbindet er ein ausgeprägtes Maß
an Kunstfertigkeit in der Anlage der geistigen Gedächtnisarchitektur, der
Findung und Zuordnung von imagines mit einem deutlichen Moment
des Mechanischen, das in der konsequenten Systematik, um nicht von
Schematismus zu sprechen, liegt.
Hinter diesen Praktiken steht die Vorstellung, dass sich die Kraft des
Geistes in besonderer Weise mit Orten verbinde, an denen sie mittels
der Handlungen und Rituale des Erinnerns abgerufen und gleichsam
aktualisiert werden kann. Erinnerung erscheint so auch als körperlicher Akt im Raum.
13
Mnemotechnik in grafischen
Benutzeroberflächen
von Oliver Wrede, April 1996
Columbus wurde prophezeit, er würde am Ende des Meeres vom Rand
der Erde stürzen. Die ersten Zugreisenden begegneten dem
Aberglauben, daß sie ihre Seele hinter sich lassen würden, wenn sie zu
schnell führen. Von den Gedächtnisreisenden des 17. Jahrhunderts
glaubte man, sie würden Ihre Köpfe mit Bildern überfüllen und heute
gibt es Menschen, die die These vertreten, daß Virtuelle Realität
Entfremdung der eigenen Vorstellungswelt zur Folge hat, insofern sie
die Interaktion mit der Maschine auf das Perzeptive reduziert und
dadurch einen Mangel an kreativem Vermögen der Benutzer kompensiert, welche nicht selten im Kleinkindalter auf dem Höhepunkt war.
Dies scheint zunächst eine naive These zu sein, doch entstehen die
genannten Bedenken nicht zwangsläufig im Kontext konservativer oder
technikfeindlicher Einstellungen. Sie können sich ebenso mit einer progressiven Einschätzung verbinden, die einen selbstreflektorischen und
emanzipatorischen Umgang mit neuen Medien vermißt - und zwar nicht
nur auf der Ebene der Gestaltung, sondern auch und vor allem auf der
Ebene der Nutzung. Darin mag eine Ursache liegen, daß in jüngster
Zeit in einer Reihe von Beiträgen die Thematik der Erinnerung und des
Gedächtnisses aufgenommen wird; denn in den durch die
Digitalisierung und Vernetzung zunehmend von technischen
Einschränkungen befreiten Multimedien gilt es, neue Bedingungen für
Gebrauchsformen zu erkunden. Die Mnemotechnik (auch Kunst des
Erinnerns genannt) als eine besondere Methode des Zugriffs auf das
Gedächtnis, spielt in diesem Kontext vor allem deshalb eine besondere
Rolle, weil sie nicht prinzipiell von der stetigen Veränderung in der technologischen Entwicklung abhängig ist.
Information und Kommunikation werden durch die fortschreitende
Dematerialisierung unmittelbar, omnipräsent, simultan, und nicht
mehr stellvertretend für das Authentische und Beständige, sondern
potentiell und nur noch in der Wirkung real. Bei den vorhandenen
Informations-Pools führt die Elektronisierung zu einem regelrechten
Dammbruch, auch wenn der Anteil elektronisch publizierter
Informationen noch gering ist. Die von Kritikern der Entwicklung prognostizierte Informationskatastrophe ist schon im Gange. In der öffentlichen Meinung scheint alles genauso informativ wie verklärend. Der
tragfähigste Rettungsring in der Informationsflut ist nicht selten eine
14
wasserdichte Strategie der Ignoranz, dicht gefolgt von intelligenten
Agenten, die zum Apportieren von Informationen dressiert werden.
Steve Jobs erklärte in einem Interview, daß die elektronischen
Informationen nicht mehr ausschließlich Sprache repräsentierende
Zeichen, sondern Objekte sein werden, die in der Lage sind sich
gegenseitig zu beeinflussen. Jim White von General Magic prognostiziert, daß Nachrichten zu Programmen werden und dadurch die Matrix
zur Universalmaschine mutiert, deren Gesamtleistung sich mit jedem
Taschencomputer nutzbar machen läßt. Wie Botenstoffe diffundieren
Informationen durch die Netze und werden von entsprechend gestalteten Agenten aufgesammelt, die nur noch eine Zahlungsbestätigung
benötigen, um das verschlüsselteÝ wieder rezipierbar zu machen oder
eine kodierte Dienstleistung zu erbringen. Dieser Kreislauf schließt etablierte Träger von Informationen (Rundfunk, Verlagswesen,
Bibliotheken) nicht aus, sondern kann deren Stabilität integrieren, nutzen und weiterentwickeln.
Für das Interfacedesign sind drei Bereiche entscheidend, deren
Entwicklungsgeschwindigkeit wesentlich von ökonomischen
Bedingungen bestimmt wird:
- Methoden zur Wissensbildung und Lernmedien
- Künstliche Intelligenz und Interaktionsparadigmen
- Kooperationsformen mit anderen Menschen
Jeder dieser Bereiche unterliegt einem stetigen Wandel und somit verändern sich auch die Bedingungen für die Gestaltung permanent.
Deutlich erkennbar ist, daß alle diese Bereiche sich immer stärker überschneiden und irgendwann womöglich ein Gesamtproblem darstellen
werden. Im Regelkreis zwischen Mensch und Maschine wird es immer
einen maßgeblichen Aspekt geben, dem man sich bestenfalls mit
Modellen annähern kann. Solche Modelle werden in den Kognitionswissenschaften diskutiert, die den Computer als eine formbare Materie
verstehen, welche ein ideales Terrain darstellt für konstruktivistische
Wissensbildung mit direkten Konsequenzen für kommunikatives
Handeln.
Der Elan der Informationsmedien könnte für eine Revitalisierung der
Ausbildung genutzt werden. Die elektronischen Lernmedien sind dabei
zugleich Chance und Sachzwang, denn zunächst versprechen sie ein
effizienteres Lernen durch eine individuell angepaßte Didaktik. Deshalb
sind Lehrende in den heutigen Ausbildungsinstitutionen gezwungen,
mit immer weniger Hilfsmitteln zunehmend dissimilierende
15
Kooperations- und Sozialisationsformen zu rekonstruieren. Ein
Ausgleich mangelnder pädagogischer Kompetenz ist daher mit über
den Einsatz elektronischer Lernmedien nicht zu erwarten. Es lässt sich
eine Verschiebung der Bewertungsmaßstäbe für den Lernerfolg voraussehen. Ein Individuum wird mehr Informationen aufnehmen und
beurteilen müssen als bisher, um zu relevanten Erkenntnissen zu
gelangen. Die zu bewältigende Informationsdichte ist von unterschiedlicher Qualität. In die Multimedien ist die Schrift, wegen des digitalen
Charakters, leicht und in grossem Umfang zu übertragen, während sich
gleichzeitig die Manipulations- und Konstruktionsmöglichkeiten für
Bilder durch das Aufbrechen in kaum noch wahrnehmbare Pixel erhöhen. Der Konflikt zwischen der Relativität atomisierter alphabetischer
Artikulationen und zeichenhafter Bildkonstruktion wird auf den
Rezipienten übertragen, der in einer mehrdeutigen Informationsmenge
die Orientierung nicht verlieren darf, was bei zunehmenden
Möglichkeiten auch schwieriger wird. Die Grenze für die
Informationsgestaltung ist aber nicht durch die Wahrnehmbarkeit
bestimmt, sondern dadurch, wieviel der Informationen sich in
Erkenntnisse transformieren lassen. Zwar hat man gelernt, mit Hilfe
technischer Speicher Teile des Gedächtnisses auszulagern, dafür
muß dieses nun das Wiederfinden und Erinnern der Informationen
leisten und eine größere Menge an Beurteilungen über
Beziehungen erstellen oder rekonstruieren.
Die ersten Aufzeichnungen über die Mnemotechnik stammen aus der
Antike. Im Kern der Gedächtniskunst als einer Methode steht die
Schaffung eines memorialen Systems, in dem Erinnerungen in
Form von Gedächtnisbildern an imaginären Orten (loci oder topoi)
abgelegt werden. In der antiken Rhetorik (Cicero, De Oratore) wurde
die freie Rede durch solche imaginierten Orte - z.B. die Räume eines
Hauses - erleichtert, durch die der Redner memorierend wandern konnte, während er die geistigen Bilder abrief, um den Fortgang der Rede zu
kontrollieren. Aber auch andere imaginierte Topologien wie
Landschaften, Gemälde, Körperteile, Geschichten und dergleichen
konnten als memoriale Systeme dienen. Die Mnemotechnik galt lange
als eine geheime Kunst, die für Gelehrte in Ermangelung externer
Wissensspeicher den Schlüssel zur Weisheit bedeutete. Nach den
Vorarbeiten von Autoren des Mittelalters, von denen die in
Vergessenheit geratene Gedächtnistechnologie wiederaufgenommen
wurde, befaßte sich Johann Heinrich Alsted 1610 mit einer enzyklopädischen Ordnung der Mnemonik in der "Systema Mnemonica". Alsteds
Drang nach Systematisierung stand im Widerspruch zu seiner eigenen Erkenntnis, daß die Bilder der Erinnerung auf die Seele einwir-
... mit Hilfe technischer
Speicher Teile des
Gedächtnisses auszulagern
...
vgl. Buch vs Computer als technische Speicher:
Generell ist das Buch eine nicht
teilbare Einheit und durch eindeutig gekennzeichnete Autorenschaft
und Quellenverzeichnis nachvollziehbar und somit beurteilbar kurz: “man weiss woher es
kommt”. Auch der Zugriff ist direkt:
das Buch steht an seinem Platz im
Regal und wird durch seinen
“Rücken” in Breite, Höhe und graphischer Gestaltung (Bild &
Schrift) repräsentiert, wobei dem
Titel, der zuerst gelesen und verstanden werden muss, beim
wiederauffinden nur sekundäre
Relevanz zukommt.
Digitale Speicher bestehen nicht
aus fixen Einheiten; sie können
von Jedem zerstückelt und neu
zusammengefügt und nach belieben vervielfältigt werden. Dabei
geht oft die Quellenangabe von
Texten und Bildern verloren und
die Herkunft ist nicht mehr nachvollziebar. Weiters ist das
Wiederfinden prinzipiell sehr
schwierig, denn es gibt eine unbegrenzte Anzahl von Möglichkeiten
an virtuellen Speicherorten und
der einzige Anhaltspunkt ist oft nur
wenn überhaupt der Titel einer
Datei.
Es scheint daher nicht verwunderlich, dass der Papierverbrauch
durch die Digitalisierung nicht
gesunken, sondern im Gegenteil
erheblich gestiegen ist, und dies
ist nicht ausschliesslich auf den
Lesekomfort zurückzuführen, sondern auch auf das Bedürfnis wichtige Dokumente griffbereit archivieren zu wollen. ...
16
ken sollten, und daher eine fundamentale Bedeutung für die
Psychologie hatten. In einigen Dissertationen über Ursprünge der
Lerntheorie wird Alsteds Student Johann Amos Comenius zitiert, der
einen entscheidenden Schritt vollzog, indem er auf die Kritik der
Pädagogen der Aufklärung einging, die von einer Angst vor der Macht
... - Genau hier liegt einer der
Ansatzpunkte dieses Diploms
wobei der zuvor beschriebene
Sachverhalt als interessante
Problemstellung aufgefasst wird.
der Bilder getrieben waren. In seiner "Böhmischen Didaktik" arbeitete er
die Mnemonik zu einer repräsentationistisch-symbolischen Ordnung
um. Comenius schlug vor, die Anatomie des Menschen anhand eines
Modells in Form einer beschrifteten ledernen Nachbildung zu lehren.
Auf diese Weise gelangte er zu einer Übereinstimmung zwischen des
zu erinnernden Sachverhalts und des dazu verwendeten memorialen
Systems, welches durch die Beschriftung wiederum mit Symbolen versehen wurde. Überollt vom Siegeszug der literalen Speicher - ermöglicht durch die Erfindung des Buchdrucks - galt die Mnemotechnik
schließlich sogar als unseriös und obskur. Die Wiederentdeckung
wurde unter anderem durch die elektrischen Massenmedien gefördert, die den Anteil der nicht-literalen Medien an der Welterfahrung
wieder vergrößerten und den Konflikt zwischen der topologischsinnlichen Imagination und dem logisch-symbolischen
Repräsentationismus wiederbelebten, der seit dem 17. Jahrhundert
geruht hatte.
Das Wissen über die Mnemotechnik für das Design künftiger grafischer
Benutzeroberflächen spielt vor allem eine Rolle in Bezug auf jene "kognitiven Werkzeuge", die Ihren Zweck nur unter Einsatz von Wissen und
Intelligenz des Benutzers erfüllen. Es geht nicht darum, eine Diskussion
über die Informationsgestaltung auf eine instrumentelle Betrachtung
einer Mnemotechnik zu reduzieren, aber es ist festzustellen, daß sich
ein großer Anteil der Theorien unter Rückgriff auf die Mnemotechnik
gebildet haben. Das Konzept von Hypermedien bietet die
Möglichkeit, Inhalte topologisch zu organisieren, während die
Virtuelle Realität sich zur visuellen Nachbildung der Gedächtnisorte
einsetzen läßt.
Aber ganz so weit muß man nicht gehen, wenn man im Computer nach
mnemonischen Konstruktionen sucht: Die erste verbreitete VRAnwendung dieser Art auf einem Computer war eine stark abstrahierte
und relativ flächige (aber keineswegs zweidimensionale) Nachbildung
eines Büros mit einem Schreibtisch. Es handelt sich dabei nicht um
eine reine Metapher, wie es die mittlerweile verbreitete Bezeichnung
"Schreibtischmetapher" vermuten läßt. Der Explitzitätsgrad - geschafffen durch metonymische und ikonographische Elemente - ist einer
Metaphorik alleine überlegen, die eher noch dazu tendiert im
17
Bekannten das Unbekannte zu verbergen. Auch wenn die
Schreibtischmetapher ihre Funktion heute noch gut erfüllt - ein Großteil
der Rechner wird schließlich in einer Bürosituation verwendet - so liegt
der primäre Vorteil in der Erleichterung der Bedienbarkeit. Vor allem
deshalb, weil die Organisation des Rechners im Interface verbildlicht und zugleich erklärt wird. Diese überschaubare Organisation
wird im Grunde durch die amorphe Gesamtmaschine mit mehreren
Millionen CPUs ad absurdum geführt, die ihre Topologie gleich in mehreren Schichten (geographisch, chronologisch, dialogisch, etc.) offenbart. Diese Mehrdimensionalität ist nicht primär ein Gestaltungsmangel,
sondern geradezu notwendig, wenn konstruktiver Umgang mit der eigenen Gedächtnisleistung möglich sein soll, insofern Wissen mit der
Herstellung von Zusammenhängen entsteht und die Erkenntnis mit
der Schaffung von Strukturen dokumentiert und veräußert wird.
Mit der Erfindung der programmierbaren Maschine wurde aus der
mathematischen Logik die Informatik geboren. Der Konflikt entzündete
sich an der Diskussion über die Möglichkeiten einer Algorithmisierung
des Denkens und der Digitalisierung von Wissen. Der Diskurs über das
Verhältnis von Mensch und Maschine hält bis heute an. Einerseits
... Schreibtischmetapher ...
Bürosituation ...
Der Computer und seine
Bedieneroberfläche sind in jeder
Hinsicht auf die Arbeitswelt zugeschnitten.. Obwohl der Computer
mitlerweile auch in unserem privaten Lebensraum Einzug gehalten
hat und die digitalen Medien Teil
unseres privaten Alltags geworden
sind, gibt es erst wenige Ansätze
Hard- und Software auf die
Bedürfnisse der privaten Nutzung
abzustimmen bzw. ganz neue
Interaktions-Konzepte zu entwikklen. Dabei sollte der Möglichkeit
zur Individualisierung und damit
Identifizierung Rechnung getragen
werden, denn Normierung ist im
privaten Umfeld im Gegensatz zur
Arbeitswelt nur in bestimmten
Teilbereichen als wichtig und
generell als sekundär einzustufen.
sicherlich wegen der immer schnelleren und billigeren Prozessoren, die
Undenkbares auf einmal machbar erscheinen lassen, aber wohl auch
auf Grund der von vielen KI-Forschern vertretenen These, daß sich
psychologische Prozesse und Denkfunktionen prinzipiell auf physiologische Gegebenheiten zurückführen lassen und somit prinzipiell mechanisierbar sind.
Die Externalisierung großer Teile des Gedächtnisses - dessen Existenz
eine Voraussetzung für Intelligenz ist - scheint jedenfalls in der Form
globaler Informationsspeicher denkbar zu sein, die mit Hilfe der
Telematik in einer Art computerisierten kollektiven Erinnerung verwertet
werden. Zwischen Erinnerung und Erkenntnis liegt aber unentdecktes
Land, ...
... An diesem Punkt beginnen sich die Informationswissenschaftler für
Lerntheorien zu interessieren, oder besser: für Wissensmodelle. Es ist
zwar nicht unbedingt das Ziel, einen Computer "menschlich" zu
machen, aber sehr wohl sollen der Maschine Verhaltensweisen ermöglicht werden, die man in der Regel von Sozialpartnern erwartet. Dazu
gehört zum Beispiel, daß gelegentliche Übertretung von Regeln ausgeglichen und individuelle Eigenschaften (Gewohnheiten, Vorlieben,
Wissensstand, Toleranzgrenzen, etc.) berücksichtigt werden. Die
Maschine verwandelt sich von einem rein reaktiven zu einem aktiven
... Wissen mit der
Herstellung von
Zusammenhängen entsteht
und die Erkenntnis mit der
Schaffung von Strukturen
dokumentiert und veräußert
wird ...
Ein weiteres wichtiges Anliegen im
Zuge dieser Diplomarbeit war, die
Möglichkeit zu schaffen, die bisher
voneinander getrennten on- und
off-line Medien zu verknüpfen und
somit Zusammenhänge in Form
von sogenannten “Links” zwischen physischen Datenträgern
oder Platzhaltern und virtuellen
Inhalten erstellen zu können.
Einige Beispiele um dies besser
zu veranschaulichen: Zugfahrplan
oder Bahnermässigungskarte mit
online Fahrplanauskunft verknüpfen oder englischen Roman in
Buchform mit digitalem
Englischwörterbuch aber auch mit
18
System. Große Softwarefirmen finanzieren Projekte, deren Namen
"Social Interface" oder "Knowledge Agent" darauf hindeuten, daß die
Erkenntnisse der Kognitionswissenschaft für Interfaces der nächsten
Generation von Bedeutung sind. In seinem Buch "Mentopolis" versucht
Marvin Minsky - im Sinne der Vorgehensweise Alsteds - eine Art
"Systema Cognita" zu erstellen und das Phänomen der Intelligenz als
Resultat kombinierter Mechanismen zu beschreiben. Diese Entitäten
des Geistes bezeichnet Minsky als Agenten, die Erinnerungen benötigen, um Konsistenz zu erlangen und vergangene Aktionen zu wiederholen. An dieser Stelle entsteht ein Brennpunkt, insofern z.B.
Soziologen die Existenz von kollektiver Intelligenz nicht ausschließen,
wenn durch eine entsprechende Vernetzung und Externalisierung eine
Form des kollektiven Gedächtnisses entsteht und gruppenspezifische
Agenturen geschaffen werden. Minsky unterscheidet polyneme und isonome Konzepte der Kommunikation verschiedener Agenten. Während
Polyneme bei jedem Empfänger eine individuelle Wirkung hervorrufen,
werden Isonome verschiedenen Dingen dieselbe Vorstellung aufprägen.
Minsky schreibt: "Sowohl Isonome als auch Polyneme haben mit
Erinnerungen zu tun - aber Polyneme sind ihrem Wesen nach
Erinnerungen selbst, während Isonome die Art der Nutzung der
Erinnerungen kontrollieren. [...] Also rührt die Macht der Polyneme von
der Art her, wie sie lernen, viele verschiedene Prozesse zugleich anzuregen, während die Isonome ihre Macht aus der Ausbeutung jener
Fähigkeiten beziehen, die bereits vielen Agenturen gemeinsam sind."
Wenn unsere Kommunikation auf isonomen Konzepten basiert
persönlichen Anmerkungen und
Querverweisen in Form von digitalen Notizen verknüpfen..
Die Maschine verwandelt
sich von einem rein reaktiven zu einem aktiven
System.
Die Vorstellung von “smarten” persönlichen Agenten, die uns fragen,
ob wir beruhigende Musik hören
wollen, wenn wir einen hektischen
Gesichtsausdruck haben, und die
selbstständig gewisse tägliche
Routinearbeiten für uns erledigen,
ist für viele Menschen eher
abschreckend als wünschenswert.
Es liegt in der Natur des
Menschen das Gefühl von
Kontrolle und Selbstbestimmtheit
über das eigene Leben haben zu
wollen. Die Gefahr der
Manipulation und des “gläsernen
Menschen” ist bei solchen
“Agentensystemen” gross.
Wahrscheinlich ist jedoch, dass
die Akzeptanz der nächsten
“User”-Generationen steigen wird.
(Konventionen und Zeichensysteme), so stellt sich die Frage, wie kolllektive Polyneme (Erinnerungen) überhaupt transportiert werden, die
aus einem Kollektivgedächtnis entstammen sollen. Sofern sich dieses
Konzept der Agenturen überhaupt auf diese Art übertragen läßt, müßte
die Konstruktion der Polyneme eine Gemeinschaftsleistung sein. ...
... Wegen ihrer Bekanntheit soll die Schreibtischmetapher hier wiederum als Beispiel dienen. Die Elemente bekannter Interfaces sind konventionalisiert, aber zunehmend bieten sie die Möglichkeit, individuelle
Anpassungen vorzunehmen und unikale Ordnung (oder
Unordnung) zu schaffen, die zum inneren Gedächtnismedium äußere Anhaltspunkte liefern. Jemand, der eine komplexe
Informationsstruktur pflegt, wird sich dieser Möglichkeiten bedienen,
genauso, wie er es sich nicht nehmen lassen wird, sein Büro oder seinen Arbeitsplatz zu organisieren (oder ein Chaos zu pflegen). Eine solche Anordnung ergibt sich erst durch die Beziehungen der
Bestandteile untereinander (strukturale Definition). Es ist immer ein
Problem bei der Gestaltung von Interfaces, lediglich funktionale
19
Definitionen vornehmen zu können, weil immer ein Benutzer impliziert
werden muß, der nur sehr allgemein bestimmt ist und trotzdem zum
Verstehen veranlaßt werden soll. Genauso wie das Erinnern der
Beziehung von Informationen untereinander eine strukturerhaltende
Leistung ist, müssen die Beziehungen der Objekte in Interfaces
untereinander für den Benutzer definierbar sein, wenn sie als mnemonische Systeme eingesetzt werden sollen.
Während die Speicherung im externen Gedächtnis lediglich eine
motorische Leistung voraussetzt (z.B. mit einem Meißel eine Kerbe in
einen Stein schlagen oder mit einer Computermaus klicken), so wird für
Speicherung im biologischen Gedächtnis eine Verstandesleistung
benötigt, die gleichzeitig verhindert, daß man sich in der
Beziehungslosigkeit verliert. Es besteht nur ein geringer Nutzen in der
motorischen Speicherung, solange als sich nicht Speicher und Medium
zum Intermedium verschmelzen lassen und gestatten, mit der
Information auch die Verstandesleistung "hineinzuschreiben"; nur so
wird aus dem Akt der Speicherung eine strukturschaffende Handlung.
Benutzer von Informationsmedien, zukünftige Computerliteraten und
Informationsproduzenten müssen darauf aus sein, daß diese
Strukturen einen kommunikativen Wert erhalten, um als Agenten in
der Matrix zu agieren, mit deren Hilfe neue Kooperationsformen etabliert
werden und Handlungsfähigkeit aller Teilnehmer verbessert werden
kann. Die grafischen Interfaces können dabei hinderlich sein, wenn sie
nicht für diesen Zweck ausgelegt sind.
Die Summe der Eigenschaften, die ein Benutzer über ein Objekt
(eine gespeicherte Information oder deren Repräsentation) aussagen kann, ist oft sehr klein. Es gibt jedoch Situationen, in denen weit
mehr Eigenschaften verfügbar sind als im Interface einem Objekt zuge-
... müssen die Beziehungen
der Objekte in Interfaces
untereinander für den
Benutzer definierbar sein ...
Was für eine wertvolle
Bereicherung wäre es doch für
den Benutzer diese Beziehungen
der Objekte über das rein digitale
Interface hinaus spannen zu könnnen. Er/sie könnte die Enge und
Beschränktheit des Bildschirms
verlassen und in das physische
Umfeld expandieren, wodurch
sich völlig neue Möglichkeiten der
Strukturierung eröffnen würden.
Dadurch könnte die künstliche
Trennung von digital und analog
gespeicherten Daten aufgehoben
oder zumindest relativiert werden.
Elektronisch gespeicherte
Informationen könnten durch
Verknüpfungen mit dem physischen Raum einen sinnvollen und
sinnstiftenden Kontext durch dieses Umfeld erhalten, was zur einfacheren Orientierung des
Benutzers beiträgen würde.
Auch die von vielen Seiten geforderten differenzierteren
Formen der
Externalisierung wären somit
mögllich.
wiesen und sichtbar oder hörbar gemacht werden können. Dies gilt im
besonderen für die Beziehungen der Objekte untereinander, in
denen sich überhaupt erst ein Form von Kontext darstellen läßt.
Das Interaktionsraster ist zumeist derart festgelegt, daß der Benutzer
seine Fähigkeit Aussagen über die Objekte zu machen nicht instrumentalisieren kann. Das liegt zum Teil daran, daß die erste Anforderungen
der grafischen Benutzeroberflächen ein Ersatz der
Kommandozeileneingabe und eine Visualisierung der Dateisysteme war.
Aus heutiger Sicht hatten die Kommandozeile mehr mit Mnemotechnik
zu tun als die grafischen Benutzeroberflächen, von denen sie abgelöst
wurden, denn der Benutzer konnte sich kaum woanders orientieren, als
in seinem Gedächtnis, wenn er wissen wollte, was er als nächstes eingeben mußte; eine Erinnerungsfähigkeit war geradezu die
Voraussetzung für die Bedienung. Dies steht nur scheinbar im
Widerspruch zu der Forderung, differenziertere Formen der
20
Externalisierung zu ermöglichen. Der Unterschied zwischen der
... Formen zu gestatten,
Kommandozeile und der grafischen Benutzeroberfläche lag nicht zuerst
die Erinnerungsmomente
in einer besseren oder schlechteren Förderung der Mnemotechnik, son-
provozieren und aktivieren ...
dern vielmehr im Lernaufwand für die Bedienung und in den Aufgaben,
... an den Benutzer abge-
die mit Ihnen zu lösen waren; ein weiterer Vergleich wäre daher völlig
ben werden, der am
unangebracht. Eine solche Redefinition der Aufgaben, die ein Benutzer
Gestaltungsprozeß partizi-
mit Hilfe eines Computers lösen soll, findet zur Zeit statt. Der Computer
piert ... auf Denkmodellen
dient nicht nur als Werkzeug für die Produktion von Medien sondern
des Benutzers basierend ...
auch als Werkzeug für die Produktion von Information selbst.
Aber die These, daß eine fortschreitende Externalisierung letztlich
... Das kognitive Potential
des Benutzers wird ver-
die Fähigkeit zur Erstellung von Gedächtnisbildern verkümmern läßt, ist
schwendet an die Aufgabe
nicht unbegründet; wenn man mit Externalisierung meint, daß die
Mechanismen und
Aufgabe der Gedächtnisbilder ersetzt werden kann. Es gilt Formen zu
Verfahrensweisen zu erler-
gestatten, die Erinnerungsmomente provozieren und aktivieren.
nen, die nur dem Medium zu
Solche mnemonischen Konstruktionen sind nicht immer transsub-
eigen sein können, wenn die
jektivierbar und außerhalb des Gebrauchskontextes bestimmbar,
individuellen Eigenschaften
was mitunter ein Grund dafür sein mag, daß sich das
und Arbeitsformen als
Interfacedesign dieser Herausforderung bisher nur zögerlich
Einflußgröße für die
annimmt. Ein Teil der Aufgabe muß an den Benutzer abgeben wer-
Interfacegestaltung nicht in
den, der am Gestaltungsprozeß partizipiert. Solange die Konzepte
Frage kommen sollen. ...
von Interfaces auf Funktionsmodellen des Computers basieren statt
Diese Denkansätze und
Auffassungen sind von essentieller
Wichtigkeit für dieses Diplom und
repräsentieren die grundlegende
Problemstellung, welche der
Ausgangspunkt für diese
Diplomarbeit war.
auf Denkmodellen des Benutzers, wird man sich von einer
Definition der Erkenntnis als eine instrumentelle Form des
Verstehens nicht lösen können. Das kognitive Potential des
Benutzers wird verschwendet an die Aufgabe Mechanismen und
Verfahrensweisen zu erlernen, die nur dem Medium zu eigen sein
können, wenn die individuellen Eigenschaften und Arbeitsformen
als Einflußgröße für die Interfacegestaltung nicht in Frage kommen
sollen.
Wenn sich das Interfacedesign diesem Problem nicht stellt, und
den bisherigen Exklusivanspruch weiter pflegt, wird die steigende
audiovisuelle Differenzierungsfähigkeit und Gestaltbarkeit der
neuen Medien dazu verwendet, den Benutzer in eine zunehmend
passive Rolle zu drängen, dem lediglich eine elegante Form des
Zappings ermöglicht wird, statt die Information, die man ihm liefert
als Rohmaterial zu verstehen, welches aktiv be- und verarbeitet
werden soll. Interfacedesigner werden sich dann selbst der Kritik
aussetzen, daß sie nicht den Bedürfnisse der Benutzer gerecht werden, sondern bestenfalls ihren eigenen. Der Einsatz des
Computermediums wird zum Selbstzweck und die Legitimation
unter Berufung auf die technische Zwangsläufigkeit zur
Alibifunktion.
21
1.1.2 Mensch - (Lebens)Raum
Franz Xaver Baier - Der Raum
Verlag der Buchhandlung 2000
Vorwort ( S.7)
... Unser Lebensraum besteht nicht aus einem einzigem Raum. Vor
allem nicht aus dem geometrischeuklidischen Raum. Wir leben in einer
Vielfalt unterschiedlich konstruierter Räume in denen unsere Existenz je
anders da ist. Die unterschiedlichen Lebensräume bilden
Zusammenhänge, die erst ein, nicht nur menschliches,
Zusammenleben ermöglichen....
...Räume sind Lebewesen. Sie haben ein Raumleben und ein
Haltbarkeitsdatum. Unser Lebensräume formen sich permanent um und
müssen geleistet werden. Sie müssen genährt werden, aufgezogen,
gepflegt und gehalten werden. ...
...Gelebte Räume sind nicht deckungsgleich mit der Welt der Tatsachen
und des rein Faktischen; wären sie das, würde der Mensch und mit ihm
alles Leben erstarren....
...Lebensräume zeichnen Verhaltensweisen und Sichtweisen vor und
sind unmittelbar mit der menschlichen Identität verknüpft....
... Im Lebensraum, der fortwährend Bedeutungsverschiebungen hervorbringt und ein und die- selbe Sache an verschiedene Stellen, wenn
auch nur geringfügig, unterschiedlich erscheinen lässt, kann Erkennen
nur Mitgehen und in Bewegung erreicht werden. Dem entsprechen
Wissenschaftsformen, aber auch Verhaltensformen, die nicht lebendige
und virulente Gebilde deduktiv ableiten und auf Elemente, Bausteine
und Gesetze fixieren, sondern die umgekehrt das Vorgegebene transduzierend aufleiten und die Informationen zu einem virtuellen Objekt
Konstruieren. (Henri Lefevre). Dem entspricht weiter eine Darstellung,
Der Raum
Die Auseinandersetzung mit dem
Thema Raum ist für diese
Diplomarbeit, in der es um ein
neuartiges Interfacesystem für den
privaten Lebensraum geht, von
grundlegender Wichtigkeit
Unser Lebensraum bestimmt
unser “Da”-Sein. Zunehmend
wächst die Bedeutung unserer virtuellen Umwelt in unserem Alltag digitale Medien halten Einzug in
alle Lebensbereiche unserer global vernetzten Informationsgesellschaft.
Der ständig wachsende und sich
verändernde digitale Raum in dem
wir uns bewegen und den wir uns
schaffen erfordert ein Überdenken
des Raumbegriffes. Aber auch
eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den menschlichen
Bedürfnissen an diesen “neuen”
Raum und seine Bedeutung für
den Menschen, ist notwendig, als
Basis für eine humane Gestaltung
unserer virtuellen als auch physischen Umwelt. Es sollte auch darüber nachgedacht werden, ob die
momentane in ihrer Natur künstliche Trennung dieser beiden
Welten (analog & digital) in
Zukunft aufrecht erhalten werden
sollte. Ein Brückenschlag zwischen der physischen und der virtuellen Welt, könnte eine
Bereicherung unser aller Leben
darstellen. Wie dieser
Brückenschlag aussehen könnte
war Ansatzpunkt dieser
Diplomarbeit.
die nicht linear vorwärts läuft, vielmehr auf ein gegenwärtiges Zugleich
verschiedener, historischer, geographisch und inhaltlich auseinander liegender Realitäten reagiert. ...
...Gelebter Raum besteht aus einer Vielzahl verschiedener
Raumstrukturen in denen wir uns zugleich aufhalten: Geometrischer
22
Raum, geschichtlicher, sozialer, dinglicher, allgemeiner, privater....
...Wie in der Philosophie immer deutlicher wird ist die Wirklichkeit eine
Konstruktion an der wir beteiligt sind. Wirklichkeit gibt es nicht an
... Der Mensch ist seiner
Verfassung nach selbst
räumlich. ...
Je quantitativ und qualitativ
sich, sondern ist durch Lebensmuster, Lebensformen, Wahrnehm-
wichtiger unser digitales
ungsgewohnheiten und Sinnzusammenhänge gemacht. Raum und
Datenumfled für uns wird, desto
Zeit gibt es also nicht an sich. Unsere Lebensräume entstehen konkret.
wichtiger wird die Möglichkeit die-
Was Wissenschaft und Philosophie immer ausschliessen ist konstitutiv.
ses individuell nach unseren
Mode, Wetter, Essen, Architektur, Kino, Lebensfiguren, Spass, Raum
Bedürfnissen gestalten aber vor
und Zeit enstehen daraus. Wer sich in einer Wirklichkeit an-sich oder
allem anordnen zu können. Damit
der "Schöpfung" einrichtet macht es sich nur bequem in Räumen, die
ist auch die Erweiterung des auf
andere eröffnet haben. Er ist nur zu faul, seinen eigenen Weltraum zu
den Bildschirm reduzierten
bauen.
Computer-Interface bzw die
Integration des “Virtuellen” in den
Einführung: Wir sind schon drin ( S.10)
...Der Mensch ist seiner Verfassung nach selbst räumlich. Nur deshalb können wir uns durch den Raum bewegen, Zusammenhänge verstehen und uns mitteilen. Nur deshalb können wir uns durch eine
bestimmte Objektwelt einrichten und ausdehnen. Mittlerweile hat auch
die Chaostheorie erkannt, dass zwei Körper in einem Raum, auch wenn
sie voneinander getrennt sind miteinander in Verbindung stehen und
"aktiv korreliert bleiben", - und zwar "direkt und unmittelbar", ohne
geheimnissvolle Kräfte und Felder....
physischen Lebensraum gemeint
Denn nur so können die virtuellen Bereiche unseres Lebens
in einen Sinnzusammenhang mit
unserer physischen Welt treten,
die vor allem in einer Raumordnung strukturiert ist. Damit könnte
das Gefühl von Zerrissenheit verhindert werden, das auftritt, wenn
wir zum Beispiel viel Zeit vor dem
Computer verbringen - im “dort”
I. Der ungelebte Raum
uns bewegen und das “hier” aus-
Der geometrische Raum:Geometrie schneidet ab ( S.13)
geschaltet wird.
...Die gebräuchliche Definition von Raum ist Länge mal Breite mal
Höhe. Zugeleich ist der Vorgang mit dem wir unserer Wohnräume ausmessen und Bauvolumen berechnen. Mit der blossen Längendefinition
berechnen wir Entfernungen, Körpergrössen, Abstände. Mit Länge mal
Breite ermitteln wir Flächenbedarf für Häuser, Wohnungen und
Stellflächen. Diese Art von Raum ist vermutlich aus einer rein praktischen Angelegenheit entstanden. Aus dem Bedürfnis der Begradigung
von Dingen, Ausgleich von Unebenheiten zu glatten Flächen, so dass
der wackelige Krug z.B. nicht umfallen konnte, dass Dinge gestapelt
werden konnten, zueinander passten und dass Lagebeziehungen
bestimmt werden konnten. So gesehen kann gesagt werden:
"Dreidimensionalität ist vielmehr ein Nebenprodukt menschlicher, mit
zunehmender Ausdifferenzierung auch theoriegeleiteter Praxis."...
23
...Im geometrischen Raum werden Gebilde als getrennte Körper durch
Beziehungen eines übergeordneten Koordinatensystem verbunden....
Der reduzierte Raum: Die Welt als Spielzeug ( S.16 )
...Wir haben uns daran gewöhnt, räumliche Ereignisse in die Fläche zu
bringen. Grandiose Landschaften, beeindruckende Kulturschätze,
anmutende Stimmungen und exotische Menschen werden Milliardenund Billiardenfach auf Celluioid gebannt, in die Fläche gekippt und als
Andenken angehäuft. Jeder hat mittlerweile pfundweise solcher Fotos.
Anschliessen werden sie zu Plakaten plattgewalzt, um die eigene
Umwelt zu tapezieren. Es gibt mittlerweile eine Art Agfa-Eastman-Mafia,
die die "erhabene Momente" in unserem Leben buntgrossflächig verarbeitet. Die grandiose Landschaft, in der wir vielleicht allseitig drin
waren, bringt der flache Blick als Ausschnitt und Projektion vor uns hin
nach draussen.
Im Bereich des Wohnens bringt der flache Blick Wohnräume so vor sich
hin, dass Zimmer wie Abbildungen und Prospekte ausehen und die
Bewohner zu Cameras werden. In der Architektur macht der flache
Blick das Umgekehrte: Grafiken, Pläne und Zeichenbretter werden zu
Fassaden hochgeklappt und reduzieren den Lebensraum auf grafische
Ansichten.
Lebensraum planieren und einebnen ist aber nicht nur Bildproduktion,
wie es vielleicht scheinen mag. Nein. Es ist zuerst eine existentielle Art
und Weise, da zu sein. Es ist eine Art wie wir eingeräumt sein können.
Das beteutet im Klarext und schon als Vorgriff: Man kann so leben,
dass die ganze Umgebung zu einer riesigen Fläche wird. Egal, ob
Städte oder Land, Türme oder Rasen, Kathedralen oder Bahnhöfe, - wir
können so verfasst sein, dass alles als Ebene unter unsere Füsse
gedrückt wird oder uns als Plakatwand gegenübersteht. Es ist, wie zu
zeigen sein wird, eine Frage der Erschliessung und ob wir, uns öffnend,
Umgebung zulassen können oder sie wegdrücken.
Mit der Erfindung der Perspektive schrumpft die räumliche Dimension
auf die Fläche. Aus einer Welt in der Menschen drin sind wird eine
Fläche vor der ein Zuschauer steht. Der bewegte Raum der die
Menschen durchzieht und trägt wird abgeschnitten und auf statische Positionen feststellt. Das Positive daran ist, dass dieser Vorgang
klar sehen lässt und den Menschen in den Mittelpunkt des Sehens
stellt, ja überhaupt das Sehen als primäre Wirklichkeitsform postuliert.
Damit wird aber der Raum als Lebenselement auf flächige Ansichten
reduziert, entäussert, das heisst nach aussen gebracht.
Man kann die Erfindung der Perspektive als eine typisch abendländische Erfindung ansehen, die es, wie der Architekturtheoretiker Sigfried
24
Giedion sagt, ermöglicht, "das Individiuum mitten in das
Scheinwerferlicht der Beobachtung" zu stellen und "- im Gegensatz zu
den östlichen Kulturen - den Zusammenhang von Mensch und Kosmos
zu lockern". Wichtig ist hier festzuhalten, dass die Perspektive eine
Lebenseinstellung und Raumkonstellation erzeugt, die zum heutigen
Verhaltensrepertoir gehört und im dynamischen Raumgeschehen eine
Figur darstellt.
Menschen wiederholen ehemals grosse Situationen ins Kleine, ohne die
Weite, in der auch Landschaften, Lebewesen usw. als Gemeinschaften
vorkommen würden. "Miniland", "Kinderparadies", "Legoland",
"Saunalandschaften", Sitzlandschafen". Ganze Welten als kleine isolierte
Situationen. Disneyworld. Im Urlaub kleine isolierte Paradiese, die ihre
Umgebung draussen lassen. Wohnen in Wohnzimmern, die schon das
ganze Weltall sind. Einkaufzentren als Universen. In der sprache
"sagenhaft", "gigantisch", wenn es sich um kleine Konsumartikel handelt....
II.
Der gelebte Raum
Der existentielle Raum: ( S.18)
"Ich benutze sehr gern Parfum"
...Dabei sind Mensch und Raum unauflösbar miteinander verknüpft.
Raum ist kein Gegenüber für den Menschen....
...Vielmehr sind Raum, Zeit und Sein auf konkrete Lebensweisen bezogen und nur aus ihnen begreifbar. Die Lebensweisen sind die
Konfigurationsprogramme, die je bestimmte Wirklichkeiten erzeugen....
Der situative Raum: ( S.20)
"Die Wirklichkeit" gibt es nur als Lebenssituation
..."Situation und Motivation sind eins". Das heisst, wenn wir an eine
Küste fahren um dort Urlaub zu machen stellen wir damit eine
Urlaubssituations her, in die wir die Küste integrieren und worin sie zu
erscheinen hat. Wir haben einen transzendenten Raum konstruiert und
bringen den mit. Das heisst dann: das schöne Meer ist für uns zum
Schwimmen und Tauchen da, der schöne Strand zum Gehen, Grillen
und Bräunen und die netten und zuvorkommenden Einheimischen zum
Bedienen....
...Situationen sind weder nur objektiv noch nur subjektiv. Sie sind vielmehr das "raffinierte Gleichgewicht zwischen den kreativen Potenzen
eines Lebewesens und den fördernden und hindernden
25
Gegebenheiten der Umgebung". Deshalb ist entscheidend "wie gut
oder schlecht beide zueinander passen und sich zu einem raumzeitlichen Gebilde ergänzen, zu einer belebten Bühne, die Lebens- und
Überlebenschancen bietet....
...Raum entsteht nur wenn wir Situationen bilden. Das geschieht, indem
wir das Vorgegebene initativ in den Griff bekommen, Motivationsketten
herstellen und so eine Sinnstruktur erzeugen, die unser eigenes Leben
wird....
Der sinnvolle Raum: "Gott fickt jede Lahmgoere "
( S.22)
...Die Philosophie brachte in diesem Jahrhundert einen einschneidenden Wandel im abendländischen Denken, indem sie ein neues
Daseinsmodel entwarf, - eine neue Art der Wirklichkeit....
... Wichtiger als das Objekt
sind die Beziehungen in
denen es steht. ...
Beispiel: Eine Muschel die wir aus
unserem Urlaub mitgebracht
haben, ist nicht als Objekt an sich
für uns wichtig, sondern sie steht
in Beziehung zu unseren
Erinnerungen und vermag durch
ihre starke Verknüpfung mit ihnen
diese in uns aufsteigen zu lassen somit wird die Muschel zu einem
Repräsentanten dieser gespeicherten Sinneseindrücke in Form
von Bildern, Geräuschen,
Gerüchen und sogar Geschmack.
...Es ist ein Übergang von der Vorstellung eines verkörperungsfreien, an
sich seienden Sinns zur Anerkennung von Sinn als Effekt von
Verknüpfungen. Wichtiger als das Objekt sind die Beziehungen in
denen es steht. Das führt zu eminenter Aufwertung der Materialität,
der konkreten gelebten Existenz, der eigenen Initative und
Lebenskunst, des Alltags und der Erzeugung von
Sinnesstrukturen.....
...Uns wird schwindlig, wenn wir das Vertrauen in den
Zusammenhang verlieren und wir brechen zusammen und erleiden
einen Identitätsverlust, wenn eine Sinnkonstruktion zusammenbricht. Sie ist ja zugleich unser Bewegungsraum und Spielraum....
Der wahrgenommene Raum: ( S.25)
Raumwahrnehmung ist Wahrnehmung mit der ganzen Existenz
...Es gibt für die Bewegtheit von Raum noch keine adäquate
Wahrnehmungstheorie. Die Aussagen von Schriftstellern und
Phänomenologen werden immer noch in den Bereich des bloss
Subjektiven, Psychischen abgeschoben, weil Gefühle, Empfindungen
missverstanden werden als etwas im Subjekt befindliches und weil die
Subjekt-Objekt Konfiguration als alleiniger Massstab genommen wird....
...Wir sind gewohnt, Wahrnehmung als einen Akt zu begreifen durch
den etwas von "draussen" zu uns nach innen kommt, in uns abgebildet
und gespeichert wird. Dabei setzen wir voraus, dass das Draussen, die
Aussenwelt auch ohne uns ist wie sie uns erscheint. Zugleich überse-
26
hen wir, dass dieser Zustand bereits aus einer Verhaltensweise enstanden ist, die nicht ohne uns geschehen ist. Wir lassen in dieser
Verhaltensweise eine bestimmte Umgebung nicht zu, so dass sie als
blosse "Umwelt" und "draussen" erscheint. Das ist scheinbar objektiv.
Dadurch wird aber ein lebendiger Zusammemhang zu einer toten
Umgebung. Umgekehrt wird eine scheinbar leblose Fläche zu einem
lebendigen Zusammenhang, wenn wir sie durch eine bestimmte
Hinsicht aufschliessen. Dann gilt aber: Unsere gesamte räumliche
Verfassung ändert sich. Durch das Aufschliessen öffnet sich die
Umgebung zu etwas worin wir plötzlich stehen. Unser Raum erweitert
sich....
Der selbstähnliche Raum: Vogel, Kirsche, Geliebte ( S.27)
...Raum hängt sowohl an einer Sinnkonstruktion wie an konkreten
Elementen. Dabei hat jedes Element eine räumliche Wirkung. ...
...Wenn die Elemente eine Situation bilden, stehen sie miteinander in
Beziehung, überlagern sich, durchdringen sich und kommunizieren miteineander. ...
Der unsichtbare Raum: ( S.29)
Die unsichtbare Architektur, Binnenwirklichkeit
...Der Lebensraum, in dem ein Mensch wohnt, sich bewegt und orientiert, ist für andere Menschen wesentlich unsichtbar....
...Kurz: wir sehen nicht die Binnenräume der Menschen mit ihren
persönlichen Landkarten und "wir haben keinen unmittelbaren Zugang
zu der Welt eines anderen"....
...Texte werden Fenster. Geschichten können wärmen. Das ist alles
nicht metaphorisch, sondern reale Wirkung eines arbeitenden
unsichtbaren Raumgefüges....
...Durch die Dinge gehen also unsichtbare Grenzen, die der Mensch
zieht je nach Kraft und Schwäche, Lust und Laune seiner Fähigkeit, sich
etwas aneigenen zu können oder einfach vorurteilslos annehmen zu
können....
27
Der aufgespannte Raum: ( S.36)
Lebensspannung und Vorhandenheit
...Geht die Lebensspannung der Zusammenhänge verloren dann
erscheint "Die Welt" als reiner Tatsachenbestand....
...Grenzen verfestigen sich und Umwelt ensteht als gegebenes
Draussen an den Stellen, wo die Lebensspannung nachlässt. So enstehen Worthülsen, Werteschablonen und betonierte Horizonte....
...Jeder Spannung geht genau genommen eine Art mystische
Vereinigung voraus. Ein gemeinsames Erlebnis, eine gemeinsame
Begegnung, ein gemeinsames Interesse oder eine "petit sensation" ,
wie Paul Cézannes das nennt, können ein momenthaftes ungeteiltes
Potential erzeugen....
Der angeschlossene Raum: Anschlüsse, Connections ( S.38)
...Wir brauchen Anschlüsse an ein soziales Netz, Anschlüsse an
Kommunikationsstrukturen wie Telefon, Radio oder Fernsehen. Aber
wir brauchen auch Anschluss an Landschaften, Städte, Orte, die uns
Kraft geben und Erholung. Anschluss beteutet, dass wir an bestimmte Schnittstellen über uns hinausgehen, Kontakt haben, Austausch
haben und uns in grössere Zusammenhänge einbinden. ...
Der erschlossene Raum:
Erschliessungen, Aufschlüsse, Erschliessen, Verschliessen ( S.41)
...So sagt Vilem Flusser: "Der Raum hat eine Vielzahl von
Virtualitäten. Vielleicht ist sie nicht unbegrenzt gross. Wir wissen, dass
die Sinneswelt nur eine Virtualität ist. Wir können jetzt einen virtuellen Raum nach dem anderen projizieren und erlebbar machen.
(...) " Kurz und gut, wir sind darauf gekommen, dass der "Schöpfer" nur
eine unter vielen Virtualitäten des Raums geschaffen hat, und jetzt
... Wir brauchen Anschlüsse
an ein soziales Netz, Anschlüsse an Kommunikationsstrukturen wie Telefon,
Radio oder Fernsehen. ...
Dieser Satz gilt heute mehr denn
je; wir leben in einer Kommunikationsgesellschaft deren Netz sich
über die ganze Erde spannt und
uns Kontakt zu unserer Familie
und Freunden ermöglicht, die vermehrt an einem anderen Ort
leben, weil unser Beruf uns immer
öfter zwingt umzuziehen und zwar
nicht nur innerhalb einer Stadt,
sondern auch weiter weg. Dabei
spielen “Neue” Medien wie das
Internet eine grosse Rolle.
Diese ersetzen bzw. ergänzen
aber auch zunehmend althergebrachte Informationskanäle - wir
erfahren die Welt von unserem
Wohnzimmer aus. Der öffentliche
Raum tritt in seiner Funktion als
Nachrichten Forum (vgl. antiker
Marktplatz) völlig zurück.
Daher ist die Integration des
Internets in unser Privatleben von
grosser Bedeutung, um am
aktuellen Geschehen teilhaben zu
können. In Zukunft wird die
Gesellschaft sich in 2 Gruppen teilen - “connected” & “unconnected”; wobei die letztere als ausserordentlich benachteiligt einzustufen ist.
machen wir es ihm nach und schaffen andere."...
Der gelichtete Raum:
Aufschluss ist das Licht aus einer unbekannten Tiefe ( S.44)
...Unser Sehen beteutet traditionell ein Projizieren. Wir übertragen
Wissen auf etwas, sprechen ihm Sein und Beteutung zu....
Die Welträume: "Die Welt" gibt es nicht ( S.47)
...Im Unterschied zu einer blossen Umwelt, die uns mehr oder weniger sinnlos umgibt, beteutet Welt eine innigere Zusammengehörig-
28
keit. In einer Welt beziehen wir dass Äussere in unser Inneres so
mit ein, dass es nicht mehr zu trennen ist. Das Innere und das
Äussere bilden eine durchgängigen Lebensraum, der durch uns
geleistet wird. Deshalb gehört zur Welt, dass wir sie nicht nur erleben, sondern vor allem leben....
Der innere und der äussere Raum: ( S.53)
Innenraum und Aussenraum, Innensicht und Aussensicht
...Innen ist eine andere Wirklichkeit als Aussen. Innen beteutet, dass die
Dinge zu uns gehören und organisiert sind. Die Dinge sind darin aufgeschlossen und sind mit uns verbunden. Dadurch befindet sich der
Raum im Zustand eines virulenten Austausches. Wir sind darin empfindlich und störanfälliger, aber auch reagibler. Das Innere hat die Wirkung
der Verarbeitung, Regeneration und der Wiederherstellung der persönlichen Identität. Ivan Illich sagt: "Das Innere und das Äussere werden
aus der sozialen Struktur einer Kultur herausgesponnen (...) Indem ich
auf den inneren Raum beharre, verteidige ich mich gegen den Versuch,
meine Selbstvertrautheit berechenbar zu machen, gegen ihre
Reduzierung auf eine algebraisch-fiktive Gleichsetzung mit einem äussseren Raum, der auf cartesianische Dimension gestutzt wurde." Hier
müssen wir aber korrigieren. Es ist nicht nur die soziale Struktur aus der
wir unsere Eigenräume herausspinnen. Das ist eine Struktur unter
unendlich vielen. Wir "spinnen" auch aus den Farben , aus der Sprache,
aus Bildern und Vorbildern und aus einer Mischung von alledem. Man
kann alles als Material benutzen, um seinen Innenraum herauszuspinnnen....
...Es ist die Bedingung für das Enstehen von Welten, Eigenheiten und
damit Identität. ...
Der transformierte Raum: ( S.56)
Erinnern, Vorstellen, Gegenwärtigen
...An jemand denken heisst dann, - wir sind zugeleich hier und dort
bei dem woran wir denken. Für diese Umgebung sind wir nicht da.
Im Erinnern sind wir immer in den erinnerten Situationen selbst.
Genauso behalten wir etwas nicht durch Gehirnspeicherungen sondern
wir halten uns in dem Bezug selbst auf. Das klassische Beispiel dieses
Vorgangs ist Marcel Prousts Werk "Auf der Suche nach der verlorenen
Zeit". In der Erinnerung ist eben auch der Geschmack da,
Stimmung, Licht, Gefühle und die eigene entsprechende
Subjektivität....
29
Raum im Raum im Raum im Raum ........ ( S.59)
...Raum im Raum im Raum ..., das bedeutet also: Unsere Existenz entspricht einem ganzen Bauwerk aus Räumen. Die grösseren Räume
geben uns Weite, die kleineren zentrieren und kontrahieren zu einem
Hier....
III.
Der erweiterte Raum: (S.62)
Wenn die Dimension Raum zugelassen wird
...Wenn wir eine Sache angehen sind wir geneigt, sie direkt anzugehen
und zu bewältigen. Meistens geht dann nichts oder wir können das
Problem nicht lösen. Immer wieder waren Menschen verzweifelt, weil
sie ein Problem nicht lösen konnten und berichten, wie sie etwas taten
was sie sonst nicht taten. Sie gingen spazieren oder nahmen ein Bad,
verreisten, wechselten den Ort, das Outfit oder die Lebensgewohnheiten. Dabei kam es zu Lösungen die völlig überraschten, weil sie dort
nicht vermutet wurden. Gerade das Zulassen der alltäglichen Umwelt,
die vorher so sorgsam ausgeklammert wurde, trug zur Lösung des
Problems bei....
...Weil es für uns nichts "an sich" gibt, weil auch eine Sache "an
... Weil es für uns nichts "an
sich" gibt, weil auch eine
Sache "an sich" nicht wahrnehnbar wäre, braucht es
die Umstände, einen
Kontext, Umgebung, also
Raum. Die Umstände einer
Sache sind Raum. ...
Die Aufgabenstellung dieser
Diplomarbeit ist, digitalen Daten
durch die Integration bzw.
Verknüpfung mit dem physischen
Privatraum einen adäquaten
Kontext zu geben. Dadurch könnnen neue bzw. erweiterte
Bedeutungsfelder entstehen.
Ein weiteres Ziel besteht darin, die
künstliche und harte Abgrenzung
zwischen verwandten Inhalten, die
sich lediglich durch ihr
Darstellungs- und Speichermedium unterscheiden, aufzuheben bzw. aufzuweichen.
sich" nicht wahrnehnbar wäre, braucht es die Umstände, einen
Kontext, Umgebung, also Raum. Die Umstände einer Sache sind
Raum ...
...Umfelder können töten. Noch jeder Bewohner inszeniert sein Wohnzimmer und trägt der Vieldimensionalität, Weite und Offenheit seines
grösseren Lebensraumes Rechnung, indem er die ansonsten getrennten Bereiche zusammenbringt. Er vergisst nur die dazugehörende
räumliche Dimension.
Man kann die Geschichte unserer Zivilisation auch als eine Reduktionsgeschichte lesen in der grosse, belebte und gelebte Räume immer
mehr schrumpfen und auf Objekte zentriert werden. Der Rückgang des
Lebensraumes von kosmischer Weise in den Kopf eines Subjektes.
Hülle, Badewanne, Netzwerke, Leib, Situation sind der Raum zu unserem Körper. Athmosphäre ist der Raum, der über die blosse
Ansammlung von Dingen hinausgeht. Mit Kosmetik, Kleidung,
Wohnung, Sprache, Musik, können wir unseren "Wärmeorganismus"
ausdehnen, um darin frei zu werden. Der visuelle Raum ist eine
Abstraktion eines vitalen kosmischen Raumes. Wenn mann den
zulässt erfährt man, wie Raum durch uns durchgeht, spürt, fühlt
und begreift, dass unser Körper und unser Dasein schon viel weiter
aussen anfängt....
30
...Wenn mann die Dimension Raum zulässt wird die Welt grösser, unbekannt, offen und man empfindet sich als Teil davon....
...Raum ist das Medium, das durch uns durch geht. Es ist das "Bin"
des "Ich Bin". Dass man das nicht in Absetzung und Gegenstands-verhalten erfährt sollte klar sein....
Der weite Raum: ( S.65)
Chaos; Kosmos, Uroffenheit, Grosser Hemd
...Das mittlerweile oft gehörte Lamento, dass sich der Raum nicht weitet
provoziert die Frage. Warum eigentlich, soll der Raum sich weiten?
Nach dem bisher Gesagten ist die Weite eine Verfassung des
Menschen selbst. Er erfährt die Weite als Kraftgewinn, Vitalität,
Glücklichsein, Erleichterung, Befreiung, Geborgenheit, Vertrauen,
Zukunft und Möglichkeitspotential. Und er fühlt innige Verbundenheit
mit dem Rest der Welt. Deshalb! Anders herum gesehen. Wenn der
Raum sich nicht weitet entstehen Angst, Depression, Verfinsterung,
Schwere, Schwächung und Draussenqualitäten....
Der durchlässige Raum: ( S.69)
Trajekt - statt Subjektverhalten
...Betrachter müssen Raumfahrer, Surfer werden, die in einem bestimmten Sinngeschehen aufgehen. Betrachter müssen als Kritiker abdanken.
Ein Trajektverhalten verlangt Menschen, die mitgehen, nicht bei
Feststellungen stehenbleiben, die sich auf lokale Binnengefüge einer
Sache einstellen können und ihren Sinn weiterführen können....
...Aufgrund der Selbstähnlichkeit leben wir ´durch´ unsere Umgebung,
durch die Bäume und Pflanzen, durch Erde und Himmel, durch die
Architektur, durch Musik, Sprache und durch soziale Vernetzung. Das
heisst: Menschsein ist immer nur in Abhängigkeit möglich und als
eine permanente, strukturelle Leistung. Deshalb kann Individualität
erst "durch Rückkopplung aus dem Durchfluss der Energien und
Informationen" gewonnen werden. Das ist faktisch richtig. Aber diese
"Energien und Informationen" sind, wenn man die räumliche Dimension
zulässt, auch die Berge, das Meer, die Blumen und unser Körper. Aus
denen ziehen wir unsere Identität und die bewegen und beeinflussen
uns weit mehr als die Informationen über sie. In dieser Vernetzung
steckt auserdem die Möglichkeit einer Dynamik, die mehr ist als unsere
menschliche Existenz und die weiter reicht als unser Horizont, "eine
Stufe wirklicher" auch als jeder Teilnehmer.
Wenn wir die Dimension Raum zulassen, entsteht unsere Identität
gerade dadurch, dass wir in dem leben, was wir selbst nicht sind....
31
Der kosmische Raum: ( S.73)
cosmicbaby, Leitstrahl, Welthaus
...Menschen haben zu allen Zeiten und in allen Kulturen Modelle erfunden, um ihre Herkunft und ihre Aufenthaltsort umfassend darzustellen.
Es hat noch nie genügt, einfach nur dazusein. Die Aktivität von
Menschen, Dasein universal zu gestalten ist sicher so alt wie die
Menschheit selbst. Universalisierung ist das Bestreben, mit allem was
es gibt, in einen Zusammenhang zu kommen und sich selbst darin eine
Stelle zuzuweisen. So hat z.B. für Eliade der Mensch ein angeborens
Verlangen, in eine "Anfangs-Situation" zu kommen, in der das
Universum als eine lebendige Einheit erlebt wird. Deshalb hat jede
Kultur Mythen, Bilder, Bauwerke und Rituale, die von den Grundrissen
der Welt handeln. Für Paul Feyerabend sind selbst die Wissenschaften
Orte, wo aus Artefakten ins universal gesteigerte Geschichten gemacht
werden....
...Damit hat die Architektur die Aufgabe, Gebäude als Schleusen zu
bauen, die Menschen von der Betrachter- und Objektebene auf eine
Ebene zu heben, wo Strukturzusammenhänge, Wirkungen, erlebt
werden, die weit über das gebaute Objekt hinausgehen....
...Ein anthropologischer Kernsatz Sloterdijks lautet: Der Mensch ist
"Träger einer gewissen ontologischen Mobilität, die nicht ein blosses
Herumziehen von A über B nach C und zurück impliziert, sondern eine
Tiefenbewegtheit besonderer Art. Diese führt, wo immer sie zu gelingenden Bewegungen Anstösse gibt, vom Kleinen ins Grössere, vom
Schoss in die Welt, von der Horde in den Staat, vom Konkreten zum
Abstrakten. Darin steckt per se immer schon eine Tendenz zu steigender Kommunikativität, wenn wir Kommunikation hier systemtheoretisch
als jene Tätigkeit verstehen, die die Erreichbarkeit von Mitgliedern
sozialer Systeme sicherstellt. Dieser Satz müsste in jede
Architekturtheorie eingehen. Er besagt nämlich, dass der Mensch primär eben doch kein Modularwesen ist, das seine Räumlichkeit an den
Körpergrenzen abmisst, sondern dass dem Menschen die Tendenz
einer Vergrösserung seines Lebensleibes eignet. Der Mensch hat die
Fähigkeit, seine Umgebung zu durchwirken und nicht nur vorkommen
zu lassen. Menschen haben die Tendenz, Situationen zu bilden, die sie
wie Körper bewohnen. Darin steckt sowohl Vernetzung, Wachstum,
zunehmende Betreffbarkeit, Verantwortung und Solidarität für eine
Umgebung. Goethe fasste lapidar zusammen: "Wir Menschen sind auf
Ausdehnung und Bewegung angewiesen; diese beide Formen sind es,
in welcher sich alle übrigen Formen, besonders die sinnlichen, offenbaren.
32
Auf die Architektur bezogen können wir festhalten: In der kosmischen
Dimension kommt der Architektur die Rolle einer ´Anarchitektur´ zu.
Unter dem Motto: "Die stärkste Architektur ist unsichtbar" produziert sie
eine Situation, in der ein Objekt seine Umgebung als Architektur
erscheinen lässt, welche unsere Existenz durch kleinere, mittlere und
grössere Situationen hin ins offene aufzieht. "Als das Tier, das ins
Grössere umzieht, kommt dem Menschen von früh an eine eigentümiche und übertragende Kraft zu" sagt Sloterdijk und dies kann hier ohne
weiteres so verstanden werden, dass die kosmische Dimension einem
Leitstrahl folgt, der aus der eingekapselten Privatexistenz, - und zurück.
Diese Stadien müsste eine kosmische Architektur durchlaufen und als
gemeinsame Ausdehnung den Menschen nahebringen....
Der architektonische Raum: Wohnen, Bauen, Räumen ( S.89)
...Nach einer weitverbreiteten Raumtheorie ensteht Raum aus der
Distanz, die das Subjekt Mensch dem Objekt Architektur gegenüber
einnimmt. Das Erleben des Raumes soll dabei im Kopf oder im eigenen Körper stattfinden. Dabei kommt der Wahrnehmung eine Schlüsselposition zu. Sie soll das Objektive mit dem Subjektiven verbinden und
das Geschehene in eine intrapsychische Erregung verwandeln. Weil
jede Wahrnehmung infolge Kultur, Erziehung und Persönlichkeit anders
ist, wird der objektive Architekturraum auf der Subjektseite je anders
aufgenommen....
...Raum hängt primär nicht an der gebauten Substanz, sondern am
Grad des “Innseins”, bzw. am Grad der Lebendigkeit des
Gesamtzustandes. Das dieses Phänomen schwerer zu beschreiben ist
als die Gegenstände liegt auf der Hand, geht es doch um einen
Zustand der Hochauflösung, der Zusammenhänge und der Reagibilität,
wodurch nicht nur Baumassen, vielmehr auch Licht, Menschen,
Pflanzen, Materialien, Möbel, Bilder, Texte konstitutiv und wertvoll
erscheinen....
Unter dem Motto "Offen für..." ist jedes Teil so mit anderen verstrickt,
dass es seine singuläre Präsenz und Einmaligkeit gerade erst durch
diese Verwiesenheit bekommt...
...Ich gehe davon aus, dass die Wirklichkeit durch uns hindurchreicht und dass Materielles und Immaterielles zusammengehören....
...Sloterdijk spricht in seinen anthropologischen Thesen von der
Notwendigkeit der Menschen, als "Innenweltwesen" einem "erweiterten
sozialen Innenraum"anzugehören...
33
...Architektur hat heute die erhabene Aufgabe, diese Kommunikativität
auch zwischen nichtmenschichen Mitgliedern herzustellen.
Warum besinnen sich Architekten als Ingenieure also nicht auf ihre
Herkunft, verlassen ihre Eigenschaften als Produkthersteller und werden
vielmehr zu Ingenien, die "freimütig und offenen Sinnes" (Etymologie)
Menschen, Materialien und Umgebungen so aufschliessen, dass
sie, präzise unterschieden, zu einer Lebensgemeinschaft werden?...
...VOM ARCHITEKTONISCHEN OBJEKT ZUM VIRULENTEN RAUM.
Die Aufgabe der Architektur kann verkürzt und reduktiv betrieben werden. Dann entstehen Gebäude auf der Ebenen isolierter Körper und
Objekte. Architekturen als Objekte sind Hohlkörper und behandeln ihre
Umgebung auf der Ebene von Dingen, in die man etwas hineinstecken
kann, die etwas einschliessen und ausschliessen. Ontologisch sind sie
stumpf. Sie verhalten sich nicht und eröffnen eine Umgebung blosser
Vorkommnisse und festgestellter Tatsachen. Eine andere Archiektur
entsteht dagegen, wenn sie auf der Ebene des Raumes erzeugt
wird. Da zu Raum eine Welt gehört, auch Orthaftigkeit, Topografie,
Zwischenräume, Austausch, Vögel, Kirschen, Atmosphäre,
Konzentration, Lebensform und ein Zusammenspiel, das mehr ist
als die Summe der Teile. An jedem der Teile kann man infolgedessen
bauen, um Veränderungen zu bewirken. Architektur kann als
Vorkommnis innerhalb einer scheinbar allgemeinen Wirklichkeit irgendwo herumstehen. Sie kann aber auch als Wirksamkeit einen multidimesionalen Lebensraum im Dialog mit zahlreichen Beziehungen eröffnen und offenhalten....
...ARCHITEKTUR ALS ORGANON
Entscheidend ist, dass eine lebendige, kommunizierende Situation herauskommt, die als solche auf einem Level liegt, der den Namen
"Wirklichkeit" überhaupt verdient. Dabei werden die Sachen aus dem
Bereich des blossen Vorkommens in einem Zustand gebracht, der sie
räumlich aufschliesst. Damit wird Architektur durch alle Grössenverhältnisse hindurch zu einem kommunikativen Organon und die Elemente
Nutzer, Umwelt, Umfeld, Möbel usf. zu einem akut lebenden durchgängigen Binnenraum. Die japanische Kultur hat hierfür Begriffe "ma", "oku"
und "shintai" . Diese markieren eine eigentlich nicht übersetzbare innere
Beziehung von Mensch und Raum, Mensch und Natur, wie es sich in
den traditionellen Zen-Künsten am deutlichsten ausgeprägt hat.
Architektur ist in erster Linie nicht Formsache, sondern Medium
eines Zustandes, der Beziehungsfelder erschliesst. Der raumschafffende Architekt muss also beim Entwerfen von dieser Ebene ausgehen....
34
...NEUE DENKMODELLE.
"Nehmen wir (...) an, die Architektur sei keine poröse geometrische
Konstruktion, sondern ein Ganzes, das von einer unsichtbaren Dynamik
erfüllt ist. Dann wird die alte Theorie ausser Kraft gesetzt, weil sie diese
Art von Ganzem nicht differenziern kann. Das kann durch sorgfältiges
Katalogisieren der Einzelheiten und Erkennen aller Arten von
Differenzierung, die in dem Raum am Werk sind, nicht erreicht werden.
Dieses Modell des Raumes als unsichtbare Dynamik mit einer deutlichen Heterogenität entspricht unserer heutigen Welt."
"Der Bewohner und sein Environment, eine künstlich errichtete
Architektur, sollen eine Art nichtlineares komplexes System darstellen, wo aus der Interaktion der architektonischen Module und
des Betrachters ein lebendiges System entsteht. Der Bewohner und
die Architektur bilden also selbst virtuelle Teile eines dynamischen,
flexiblen Systems. Die wesentlichen Eigenschaften entstehen in der
Interaktion zwischen ihnen. Es kommt also bei dieser Architektur
nicht auf die Materie an, sondern auf die Organisationsform."...
AKTIVIERTE WAHRNEHMUNG.
Ein gelebter Raum kann nicht dadurch erfasst werden, dass ein
Betrachter sich ihm gegenüberstellt, sich ihn als "Summe der
Beziehungen zwischen Orten" vorstellt und die Orte als leblose Körper
ansieht. Diese Methode folgt der Einstellung des neutralen
Beobachters, der die Sache von aussen erspäht. Um Architektur und
Lebensräume als komplexes Phänomen zu untersuchen reicht die
formal-ästhetische Betrachtung nicht aus. Die Untersuchungen erfordern auch eine komplexe Methode. "Die Aufgabe ist keine architektonische: Sie überschreitet die Grenzen der Disziplin". Raum kann nicht
durch blosse Objektbeschreibung erfasst werden. Da seine Wirklichkeit
wesenhaft mit Leerraum und Bewegungen, Interpretationen und
Lebensformen verbunden ist, gilt z.B. für den städtischen Raum mindestens das: "Wer (...) den Leerraum, die Aussparung thematisieren
will, kann sich nicht in der formalistischen Exegese von Baudetails und
Planungsstilen ergehen, sondern muss vor allem die menschlichen
Aktivitäten auf diesen Orten untersuchen."
Um die Wirklichkeit des Raumer zu erfassen ist es wichtig, dass wir
auch Umgebungen und verborgene Wirkungen hinzu sehen können.
Das erfordert eine andere Einstellung zum Sehen als Schärfe, da es
hier auch um Unschärfen geht, um verschobene Einstellungen, um
Übereinstimmungen, die nicht über eine zentrale Achse laufen und
nicht gebündelt werden. Rem Koolhaas: "Wir müssen die Idee eines
einzelnen ästhetischen Systems fallen lassen. Wir müssen
Wahrnehmungsformen entwickeln, die uns erlauben, Schönheit durch
35
verschiedene Systeme hindurch zu sehen. Für die Schönheit des
Zentrums von Prag oder Paris ist wohl jeder empfänglich, aber wir
müssen auch fähig sein, wildere, zufälligere, jüngere Komplexe als
schön wahrzunehmen. "
Hierzu gehört eine virtuose Wahrnehmung durch die auch Natur,
Bäume, Situationen, Räume als Texte gelesen werden können und
wodurch auch die immaterielle Wirklichkeit der Stimmungen,
Atmosphären, Nähen, Weiten, Dimensionen und Niveaus wahrgenommmen werden kann. Vor allem aber wird durch eine virtuose Wahrnehmung der Schwingungscharakter und die Binnenarchitektur der
Wirklichkeit sichtbar. Sehen als Betrachtung , weil es diese Zusammen-
... Oberflächen werden
Interfaces. Die Interaktion
hat dabei ein anderes
Seinsniveau als die blosse
Vorhandenheit. So werden
Räume aufgebaut, die weit
über ein architektonisches
Objekt hinausgehen. ...
Diese Beschreibung passt auf das
mnemo-Interface-System, welches
das Ergebnis dieser Diplomarbeit
ist.
hänge ständig zerteilt.
Für das Erzeugen von Raum ist die Wahrnehmung konstitutiv. Die
Wahrnehmung muss deshalb aktiviert werden. Räumliches Dasein kann
nur durch eine lebendigere, mitgehende und schwingende Weise evoziert werden. Deshalb bringen Architekten, wie Herzog & de Meuron
beispielsweise, die Wahrnehmung durch Irritationen und Oszillationen
verschiedener Wahrnehmungsebenen ins Schwingen....
BAUELEMENTE ALS VIRTUELLE TEILE.
Das heisst, man geht mehr von Wirkungen aus und nicht von
Substanzen. Wirkungen liegen auf ontologisch höheren Niveaus.
Wirkungen liegen dem Räumlichen näher. Virtuelle Teile werden erst
in einer Interaktion zu dem, wozu sie gebraucht werden. Das setzt
voraus, dass die Teile nicht absolut und für sich angesetzt werden,
sondern auf der Ebene von Halbzeugen. Das sind Dinge die eine
Zwischenfunktion erfüllen, die Schnittstellen haben, im funktionalen
wie im übertragenen Sinne.Ästhetisch sind sie unvollkommen, aber
perfektibel. Makel, Brüche, sind erwünscht. Schwachstellen und
"schmutzige Logik" (fuzzy-logic) gehören ins Programm. Oberflächen
werden Interfaces. Die Interaktion hat dabei ein anderes Seinsniveau als die blosse Vorhandenheit. So werden Räume aufgebaut, die
weit über ein architektonisches Objekt hinausgehen....
PRÄSENZ.
Andere Einstellung zur Präsenz. Es gibt Bereiche, die besser im
Verborgenen liegen und nicht ans Tageslicht, an die Oberfläche sollen.
"Lob des Schattens". Präsenz lebt vom Abwesenden. Zu einem auf
Raum bezogenen Verständnis gehört eine andere Einstellung zu
Verwirklichung und Realisation. Es ist wichtig, nicht alles zu realisieren
und zu verkörperlichen. Man muss, wie Wittgenstein sagt, nur das ausssprechen, was sich aussprechen lässt, sonst muss man eben schweigen. "Das Unaussprechliche", wie er sagt, das "mystische", ist kein
36
Gegenstand der Welt und dennoch da. Er ist ein spirituelles Phänomen.
Es ist nicht immer nötig, dass Raum verkörpert wird. Er kann auch als
heitere Stimmung präsent sein. Die Verkörperung, Vergegenständlichung kann den virulenten Raum binden und in ein stumpfes Dasein
zwingen. Deshalb wird man die Realisierung nur soweit treiben, wie sie
den Schwingungscharakter erhält....
KRITIK AN INTELLIGENTEM AMBIENTE.
Intelligente Ambiente reagieren auf Einflüsse wie Sonnenlicht,
Temperatur. Sie Stellen sich darauf ein und gleichen das Klima aus.
Damit wird aber der Mensch von den Bezügen zu Sonne, Wetter abgeschnitten. Gefahr der Nivellierung, der Isolierung von der weiteren
Umgebung, wenn jeder Arbeitsplatz sein eigenes Klima erzeugen kann.
Die Reagibilität der intelligenten Gebäude fördert, dass der Mensch keinen Schwankungen ausgesetzt ist. Dadurch wird aber seine existentiellle Elastizität eingeebnet. Eine Schwächung. Vitalräume werden nicht
beachtet. Interaktivität ist eingeschränkt auf technische-elektronische
Funktionen....
AUSBLICK
Dabei kann Architektur das Wahrnehmungsfeld, das heute auf
Monitorgrösse geschrumpft ist , soweit aufziehen, dass es einen
vollsinnlichen Lebensraum thematisiert....
Der kritische Raum: ( S.101)
Chaos, Turbulenz, Hirschgeweihe: Lebendigkeit ist der Ursprung
...Es stellt sich schnell Unzufriedenheit ein, wenn unsere
Lebensumstände und Lebensbereiche nicht mehr zusammenstimmen,
wenn alles vereinzelt und zerstückelt ist....
...Wenn die Wohnung und die Umgebung dumpf schwülstig und einengend werden. Wenn der Raum träge und zähe wird, weil man mit allem
schon zu lange gelebt hat und deshalb mit seiner Umgebung zusammmenfällt, - dann ist Aufbruch angesagt. Umziehen. Den Krempel zurükklassen. Neubeginn, um in einer neuen, noch nicht ausgelegeten,
Situation wieder aktiv werden zu müssen. Erfinderisch, wach und lebendig Dasein neu zu spüren....
...Lebensräume sind in der effektivsten Phase lebendig. Das heisst mit
Haut und Haar tragend und getragen. Fragil ambulant, vital und in inniger Verwobenheit von Mensch und Umgebung. Mit Spannung und
Leben erfüllt. Mit Nähe, Evidenz und unmittelbarem Einfluss.
Erschlossen. Angehend....
37
Der intensive Raum: ( S.103)
Schnitte, Entschiedenheit, Ganzheit
...Raum ist kein Kontinuum...
...je intensiver das Leben, je mehr tritt diese Diskontinuität auf....
...Raum, wodurch etwas erscheinen kann, worin Entfaltung möglich
ist....
Der denkende Raum: ( S.105)
Landschaften, Lebensräume denken mit
...Dann spielt der Dimensionenreichtum eine Rolle. Die Umbrüche beim
Gehen, Steigen. Das auf und ab. Innerlich wie äusserlich. Die
Umsprünge von fern zu nah, weit zu eng, fremd, vertraut....
...Man kann hier die Aussagen des jungen Autors Marcel Beyer hinzunehmen, der auf die Frage was er sonst so tut, wenn er nicht gerade
schreibt, antwortet. "Ich gehe Spazieren. Stundenlang. Viele Gedichte
fallen mir beim Gehen ein. Das ensteht aus dem Geh-Rhythmus, an die
sich die Wörter dranheften. Gehen ist genau die richtige
Geschwindigkeit"....
...Man macht sich darin die Erkenntnis zu nutze, dass Gehen Energie
frei setzen kann und den Strom der ständig kreisenden Gedanken
durchbricht und wieder erdet....
1.1.3 Mensch - Individuum,
Gemeinschaften und
Gesellschaft
Landschaften,
Lebensräume denken mit
beim Durchschreiten von Raum
nehmen wir etwas mit - wiederfährt uns etwas - strömt die
Umgebung in uns ein und bewirkt
etwas. Physische Bewegung ist
wichtig für unsere Psyche; doch je
mehr unser Alltag sich im virtuelllen Raum abspielt, desto weniger
“müssen” wir uns bewegen. Dies
führt zu einem weiteren wichtigen
Ansatz dieser Diplomarbeit, die
zum Ziel hat, digitale Daten in den
physischen Raum zu “legen” - so
muss man zum Beispiel zu einem
bestimmten Ort im Haus gehen,
um entsprechende digitale Daten
verschiedenster Art aufrufen zu
können. Anstatt minimale
Handbewegungen auszuführen,
um mittels der Computermaus uns
durch den digitalen Raum zu
zappen, “müssen” Schritte
gemacht werden, um die Orte des
gewünschten “Output-Links” aufzusuchen. (siehe Kapitel
Produktbeschreibung)
> ... dass Gehen Energie
frei setzen kann und den
Strom der ständig kreisenden Gedanken durchbricht
und wieder erdet. ...
kollektives Gedächtnis
Denn während sich Gedenken als Prozeß einer ritualisierten, festgeschriebenen Äußerung verwirklicht, in Abhängigkeit von Festtagen,
Gedenkritualen und Gedenkzeichen, die es auch einem an dem zu
gedenkenden Ereignisvorgang Nicht-Beteiligten ermöglicht, an diesem
Gedenkakt teilzuhaben, setzt ein Erinnern eine direkte Beteiligung
des Sich-Erinnernden an einer Erfahrung voraus, Erinnern ist
abhängig von spezifischen Trägern.
38
Während Gedenken der bewußte Zugriff zu einem Archiv, einem
Wissens"speicher" ist, zeigt sich Erinnern als außerordentlich komplexer Vorgang der assoziativen Konstruktion einer Synthese verschiedenster Kognitionen: einer Erfahrung des Jetzt, der Konfrontation
mit bereits gemachten Erfahrungen und ihren erinnerten
Sinndeutungen sowie einer Deutung im Jetzt. Durch ihre spezifische
Identität gewinnen Erinnerungszeichen, Zeichen kulturell spezifischer
Mnemotechnik, weniger den Charakter von Merkzeichen, sondern von
Codes, sie sind Nachweis von Zugehörigkeit; Gedenkzeichen hingegen
stehen nicht mehr für die Erinnerung eines Augenblicks, sondern für die
Bearbeitung dieser Erinnerung.
Über die Differenzierung von Gedenken, als einer bewußten
Das Kapitel 1.1.3 setzt sich mit
Begriffen wie Gedenken,
Erinnerung und Gedächtnis auseinander, die von zentraler
Bedeutung für diese Diplomarbeit
sind.
Wie erinnern wir uns, wie funktioniert unser Gedächtnis aber auch
welche Bedeutung haben Erinnerungen für uns auf der persönlichen aber auch auf der gesellschaftlich kulturellen Ebene stellen
primäre Fragen dar.
Gedächtnisbelehrung, und Erinnerung, als einer assoziativen
Konstruktion, wird auch die Ungenauigkeit deutlicher, die sich in dem
Gebrauch des Gedächtnis-Begriffs zeigt. Denn die sich in den Arbeiten
abzeichnenden Vorstellungen von Gedächtnis als gespeichertem, festgeschriebenem Wissen oder eines sich im Jetzt beweisenden
Deutungsvorschlags entsprechen jeweils den beiden angeführten,
grundsätzlich zu unterscheidenden Konzeptionen des Erinnerns und
Gedenkens.
Beim Thema Generation und Gedächtnis geht es um zum Teil gegeneinander strebende Fragestellungen im Spannungsfeld der ErinnerungGedächtnis-Diskussion: Fragen nach Hören und Sehen, Erfahrung und
Wahrnehmung, Erzählung und Verschriftlichung, Annahme und
Verweigerung, Affekt und Erkennen, Raum und Zeit; Fragen nach den
vielfältigen Dimensionen des Erinnerns.
1.1.4 Mensch - Medien(theorie)
Virtuelle Körper - Aspekte sozialer Körperlichkeit im
Cyberspace
Jörg Müller, Schriftenreihe der Abteilung "Organisation und Technikgenese" des
Forschungsschwerpunkts Technik-Arbeit-Umwelt, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
Virtuelle Körperlichkeit, im Sinne eines Körpers der in den immateriellen
Welten des Cyberspace beheimatet ist, scheint ein Widerspruch in sich
zu sein. Denn die Materie des Körpers, sein Fleisch und Blut liegt quer
zu den a-stofflichen Welten der Bits und Bytes. Dennoch begegnet man
auf den Streifzügen durch die Netzwelten oder beim Blick in die computersimulierten, dreidimensionalen virtuellen Realitäten
"Körperfragmenten". Diese werden nicht aufgrund materieller Qualitäten
als solche wahrgenommen, sondern in erster Linie weil sie funktionale
39
sowie hauptsächlich soziale Aspekte des "realen" Körpers im
Cyberspace reproduzieren. Neben der Bewegungs- und
Raumfunktionalität, die auch in virtuellen Umwelten Orientierung,
Navigation und Interaktion erst ermöglicht, konstituiert sich virtuellle Körperlichkeit durch die Sprache des Körpers, seine Eigenschaft
als Signifikant sowie als Grundlage von Werten und Normen. Es
In diesem Kapitel soll nur kurz die
Thematik der Körperlichkeit im
Cyberspace angeschnitten werden, um bewusst zu machen, wie
sehr der Mensch der Physis verhaftet ist.
sind dies vor allem Aspekte sozialer Körperlichkeit, die auch in den
immateriellen Welten des Cyberspace existieren und letztlich virtuelle
Körperlichkeit aus der Taufe heben. Durch die Differenz eines materielllen und immateriellen Körpers wird in der Folge ein Potential der
Infragestellung unseres bisherigen Verständisses des Körpers eröffnet.
Es bieten sich demnach Anknüpfungspunkte an die historische
"Dekonstruktion" des Körpers an, wobei die neuen Computertechnologien als individueller Erfahrungsort verstanden wird.
40
1.2 Marktanalyse
Feststellung des Ist-Zustandes und Analyse absehbarer
Entwicklungen im Bereich des Marktes, der Technologie und soziokultureller Trends, woraus sich die Zielgruppendefinition ableitet
1.2.1 Markt- und TechnologieTrends
1.2.1.1 allgemeine Technologie Trends
Telematik
Telematik steht für die "Integration von Telekommunikation und
Informatik". Es stehen die Telekommunikationssysteme im Vordergrund,
die isolierten Informationssystemen die Kommunikation ermöglichen.
Ubiquitous Computing / Pervasive Computing
Darunter wird die Allgegenwart von Informationsverarbeitung und damit
einher gehend der jederzeitige Zugriff auf Informationen von beliebiger
Stelle aus verstanden.
Mobile Computing
Telearbeit ermöglicht zunehmend ortsunabhängige, mobile
Arbeitsplätze. Das virtuelle Büro führt dazu, daß der Hauptaufenthaltsort
des Wissensarbeiters zu Hause, in Cyberräumen, in Internet-Cafés oder
in der Natur sein wird. Für Telearbeit ist kein Bürogebäude notwendig,
sondern lediglich das Interface eines Notebooks, das, ausgestattet mit
kleiner Kamera und Mobiltelefon, von jedem beliebigen Punkt der Erde
aus Kommunikation ermöglicht.
Durch die mobile Telematik erhält der selbständige Unternehmer neue
Freiheiten; dadurch wird die Trennungslinie zwischen Beruf und Freizeit
zunehmend aufgehoben. Der Wissensarbeiter der Zukunft hat sein
41
mobiles Interface immer bei sich und ist durch Mobile Computing jederzeit erreichbar. Mobile Telearbeitsplätze ermöglichen eine
Vertriebsarbeit, die näher am Kunden »dran« ist und infolgedessen individuellere Lösungen anbieten kann. Da es keinen seriösen Grund dafür
gibt, daß man eingesperrt in engen Büros arbeiten muß, scheint die
Vision des High-Tech-Nomaden, der seine Geschäfte über die globalen
Datenhighways im Freien abwickelt, bereits heute keine Utopie mehr zu
sein. Warum sollten die wesentlichen Hardware-Komponenten nicht
zukünftig in die Kleidung integriert werden, um die Flexibilität des
Wissensarbeiters zu erhöhen? Hierbei findet eine Fusion von Mode und
Computern statt (»Digital Prêt-à-Porter«). Der »Wearable Computer«, der
Rechner zum Anziehen, ermöglicht zukünftig auch, Gefühle des Trägers
zu erkennen (sog. »Affective Computing« bzw. Gefühlsinformatik).
Chip-Entwicklung
Die Chip-Entwicklung begann mit der Erfindung der integrierten
Schaltkreise durch Geoffrey Dummer, die 1959 von Jack Kilby bei Texas
Instruments und Robert Noyce bei Fairchild Semiconductor zur industriellen Reife entwickelt wurden. So entstanden immer leistungsfähigere
Mikroprozessoren (etwa der heutige Pentium-Chip von Intel), die es
ermöglichten, immer komplexere Aufgaben auf immer kleineren
Computern (den heutigen Notebooks) durchzuführen. In den letzten
Jahrzehnten verdoppelte sich die Kapazität der Computerchips ca.
alle 1,5 Jahre, was nach Gordon Moore, einem Mitbegründer von Intel,
der diese Entwicklung voraussagte, als Moore'sches Gesetz bezeichnet wird.
Während es 1972 nur 150.000 Computer weltweit gab, wird allein Intel
im Jahr 2000 etwa 100 Millionen integrierte Schaltkreise ausliefern. Die
Speicherkapazität pro Chip wird von heute 16 Megabit auf 1 Gigabit im
Jahre 2000 (Faktor 60) und auf 16 Gigabit (Faktor 1000) bis zum Jahr
2010 ansteigen. Bereits im Jahr 2000 werden möglicherweise alle 25
Brockhaus-Bände auf einen einzigen Chip passen. Aber auch die
Kosten werden weiter sinken. So wird erwartet, daß sich die heutigen
Kosten pro Mega-Bit um den Faktor 30 bis zum Jahr 2000 bzw. um den
Faktor 150 bis zum Jahr 2010 reduzieren. Dementsprechend wird sich
die Prozessorleistung bis zum Jahr 2010 verhundertfachen, was bedeutet, daß ein einziger Chip die Leistung eines heutigen Supercomputers,
des Cray 2, haben wird.
Schlussfolgerungen
Das Design der Formen des Objekts im industriellen Zeitalter wird
abgelöst werden vom Meta-Design der Sitten und der gesellschaft-
42
lichen Verhaltensweisen im postindustriellen Zeitalter.
[Paul Virillio: Verhaltensdesign: Vom Übermenschen zum überreizten Menschen]
Der traditionelle Gestaltungsbegriff ist erzeugungsfixiert; bei
Zivilisationsgestaltung dagegen steht nicht der Gegenstand, sondern
das Ereignis im Zentrum des Interesses. Nicht um ein statisches
Ergebnis geht es, sondern um Transformation im Sinne von
Interaktion.
Zitat zum Thema Desorientierung:
Die Transformationen in Technologie und Wissenschaft, die Erosion tradierter Weltbilder und Wertvorstellungen, die Strukturkrise der Wirtschaft
und die Eskalation der ökologischen Problematik stellen das tradierte,
auf Ressortdenken verengte und auf Wachstumszwänge fixierte
Verständnis von Raum und Gestaltung in Frage.
Wir befinden uns in einer Situation, in der die Orientierungs- und
Handlungsmuster der Vergangenheit versagen.
[Bernd Meurer: die Zukunft des Raums]
kritische Aussichten
“Der Zustand unseres postmodernen Zeitalters, in dem die
Aufputschmittel die Weiterführung einer sich immer stärker beschleunigenden metropolitanen Seßhaftigkeit sind, läßt sich vor allem anhand
der Teleaktion beschreiben, die künftig die unmittelbare Aktion
ersetzen wird. Die Bewegungslosigkeit und Passivität des postmodernen Menschen fordern ein offensichtlich entarteten Sportarten, sondern auch bei der Ausführung alltäglicher Handlungen, wobei dank der
Emanzipation des Körpers durch die Techniken der Teleaktion in
Echtzeit die frühere Notwendigkeit des physischen Kraftaufwands wie
auch der Muskelanstrengung wegfällt.”
[Paul Virillio: Verhaltensdesign: Vom Übermenschen zum überreizten Menschen]
Unter Teleaktion fällt jede Art von Fernbedienung, so auch alles was
wir über das Medium Internet bedienen (z.B.: E-Mails verschicken) >
insofern ist der Computer als komplexe Fernbedienung zu verstehen.
“... Durch die Mikroprozessualisierung des Alltags verändern
sich Praxis und Verständnis des Gebrauchs. Mehr und mehr verwandelt sich Gebrauch vom unmittelbaren Eingriff in Teleinterventionen.
Fungierte bei den von der Mechanik beherrschten Erzeugnissen die
Mechanik als gestaltbestimmender Faktor, ist es bei jener Generation
elektronischer Geräte, die wir noch unmittelbar handhaben, die Hand
oder der menschliche Körper. Bei den Erzeugnissen, die wir durch
43
Teleintervention steuern, entfallen sowohl die Mechanik als auch - abgesehen von Fragen der Wahrnehmung - "der Mensch als Maß aller
Dinge" als zentrale Kriterien der Gestaltung. An Stelle der direkten
Handhabung tritt die Steuerung von Prozessen. Durch die Anwendung
neuer Techniken wie etwa der Robotik, der Selbstdiagnostik und der
Bilderkennung können Erzeugnisse und Raumstrukturen mit reaktiven Eigenschaften ausgestattet werden. Solche reagiblen Erzeugnisse
wären neben ihrer Fähigkeit auf Steuerimpulse von außen zu reagieren,
in der Lage, sich selbst zu steuern und selbst zu transformieren.
Gegenstand und Raum sind als sensible, interaktive Gebilde denkbar,
die auf Helligkeit, Temperatur und Feuchtigkeit, auf Abwesenheit oder
Anwesenheit von Menschen selbstständig zu reagieren und mit diesen
in Interaktion treten vermögen. Die Erzeugnisse erhalten transformationelle Eigenschaften. Damit beginnt sich der Herstellungsprozeß über
das hinaus, was gemeinhin Fertigstellung heißt, quasi unbegrenzt auszudehnen. Die alte Erkenntnis, daß sich der Produktionsprozeß erst
im Konsum vollendet, erhält eine völlig neue Perspektive. Gebrauch,
Steuerung, Robotik und Telematik überlagern und durchdringen sich. ...
... Mit dem Übergang von der Handhabung zur Steuerung verliert
die Entfernung zu den Dingen und zwischen den Dingen sowie die
Dimension und Gestalt der Erzeugnisse und des Raums ihre bisherige
Bedeutung und Funktion. Der Gebrauch des Raums wird überlagert
vom Gebrauch eines elektronisch generierten, multisensorischen
Eindrucks von Raum, eines räumlichen Interface. Gemeinhin ist unter
Interface die Berührungsfläche oder Schnittstelle zwischen Mensch und
elektronischer Technik, wobei Absicht und Sinn, die solcher Interaktion
zugrunde liegen, entscheidende Bedeutung zukommen. Durch Überlagerung von realer und virtueller Welt werden Raum und
Gegenstand als synthetisch projizierte Gebilde zu einem trügerischen Sachverhalt. ...
... Architektur die dem Menschen nützt , entsteht aus der Frage, wie
welche Bedürfnisse und Funktionen mit welchen Mitteln Raum werden
können. In der Architektur die sich mit Bewegung und Aktion im Raum
befaßt, ist Dynamik seit jeher Gestaltung. Im ersten Drittel dieses
Jahrhunderts begann sich der Gedanke des anpassungsfähigen
Bauens gestalterisch herauszukristallisieren - auf der Basis mechanischer Prinzipien. In diesem Prozeß verwandelte sich die Frage der Form
des Raums in die Frage nach dessen Organisations-Form.
Organisationsform ist Aktionsform und insofern nicht statisch, sondern
dynamisch. Heute spricht man vom interaktiven Gegenstand, von der
interaktiven Wohnung, vom interaktiven Arbeitsplatz, vom interaktiven
Bauwerk und von der interaktiven Stadt. Gegenstand, Wohnung,
Arbeitsplatz, Bauwerk und Stadt werden zu prozessualen und sich
44
überlagernden Gebilden oder, anders gesagt, zum Ereignis. Der
Faktor Zeit gewinnt darin eine neue Bedeutung. Zur Bewegung des
Nutzers kommen Bewegung und Veränderung von Erzeugnis und
Raum. In dieses Szenario paßt der Gedanke des Wohnsimulators ...
... Damit würden Funktion, Ausdehnung, Oberfläche und Gestalt der
Gegenstände und des architektonischen und städtischen Raums überlagert von einer elektronisch generierten Lebensumwelt. In einer solchen Umwelt läßt sich die Wohnung als simuliertes Wohnimage vorstelllen - mit angedockter Koch-, hygiene- und Schlafzelle. Allein der
Umstand, daß sich solche Entwicklungen, deren soziale und kulturelle
Implikationen man sich noch kaum vorzustellen vermag, denken lassen,
macht es notwendig, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Die Überlagerung von realer Welt, in der wir real agieren, und elektronisch
generierten Welten, in denen wir alternativ zu agieren vermögen,
berührt unser Bewußtsein und Wohlbefinden unmittelbar. ...”
[Bernd Meurer: die Zukunft des Raums]
Desorientierung und Interiorisierung:
Das Moment der "Unübersichtlichkeit" hat den Alltag längst erfaßt. Ohne
Orientierungssystem kommen wir nicht mehr aus - ... vor allem im
Bereich der medialen Information und der von dort ausgehenden
Informationsüberflutung.
Es geht um die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Menschen, die
Informationswirklichkeit besser verstehen und durchdringen zu
können, sich Informationen als Rohstoff kompetent, eigenaktiv und
selbstverantwortlich nutzbar zu machen zu können.
Mit der Durchdringung von realen und Virtuellen Welten verlagern
sich die Maßstäbe nochmals. Im elektronisch generierten Raum ist
der Mensch nicht mehr in dem Raum, den er wahrnimmt, sondern
ein virtuelles Raumbild ist im Menschen. Der Prozeß der
Exteriorisierung des menschlichen Körpers, der mit den einfachen
Werkzeugen vor Jahrtausenden begann, schlägt in Interiorisierung
um. Neben der Frage der Außenwelt des Menschen wird die seiner
Innenwelt zu einer neuen gestalterischen Dimension.
Daraus entsteht auch völlig neue ethische Herausforderungen. Die
Debatte über gestalterische Verantwortung ist so alt wie die industrielle
Entwicklung.
45
1.2.1.2 smart homes
Es ist keine Zukunftsmusik mehr: Im interaktiven Haushalt erleichtern
Web-gesteuerte Geräte den Alltag, sorgen Online-Unterhaltungsangebote für Kurzweil und macht Unified Messaging das Arbeitszimmer zum
vollwertigen Büro. Und das alles fast ohne Kabel.
Was heute in Wohnhäusern durch die Netze geschleust wird, hätte
vor kurzem die Infrastruktur auf der letzten Meile hoffnungslos überfordert.
Und die Datenflut steigt immer weiter: Eine Faustregel besagt, dass
sich die im Internet übertragene Bitrate alle 100 Tage verdoppelt.
Microsoft-Gründer Bill Gates, der seine Vision des intelligenten Hauses
für angeblich 75 Millionen Dollar am Lake Washington bei Seattle im
äußersten Nordwesten der USA realisiert hat, prophezeit: "Im 21.
Jahrhundert werden Millionen von Amerikanern einen digitalen
Lebensstil pflegen - sowohl bei der täglichen Arbeit als auch zu Hause
in ihren Familien."
Interaktiv leben.
Unified-Messaging-Systems:
Zugriff mit Telefon, PC und Handy
Mit Hilfe eines Unified-MessagingSystems, kurz UMS , haben Sie auf
alle Arten von empfangenen
Nachrichten von jedem Ort aus
über ein Telefon oder einen PC
Zugriff. Eine konsequente
Weiternentwicklung: die
Abfragemöglichkeit über ein WAPHandy. Durch eine integrierte,
sogenannte "Message-WaitingFunktion" teilt Ihnen der UMSServer dort, wo Sie es wünschen,
auf Ihrem PC, durch Signallampe
oder Anruf auf dem Telefon oder
durch Anruf oder senden einer
Kurznachricht (SMS) auf dem
Handy mit, daß für Sie neue
Nachrichten eingegangen sind.
Diese Prognose gilt keineswegs nur für die Neue Welt. In ihrer Studie
"Digital Home 2003" sagen die britischen Marktforscher von Data-monitor voraus, dass die Zahl interaktiver Haushalte in Europa von aktuell 56
Millionen auf 78 Millionen im Jahr 2003 steigen wird. Noch rasanter ist
das Wachstum bei den entsprechenden Anwendungen, E-HomeServices genannt:
Im laufenden Jahr werden damit voraussichtlich 20 Milliarden Euro
umgesetzt, zwei Jahre später sollen es bereits 37 Milliarden sein. Pro
interaktiven Haushalt macht das 730 Euro.
Doch wofür sollen Privatleute so viel Geld ausgeben? Movies on
Demand, die Lieblingsidee von Medienmogulen wie Rupert Murdoch
oder Leo Kirch, stößt in Europa auf Vorbehalte. In den USA rechnen
Experten mit einer höheren Akzeptanz.
Nicht umsonst testen der Energieriese Enron Corporation aus
Houston und der Videoverleih Blockbuster Inc. aus Dallas (beide USStaat Texas) gerade ein neues Verfahren, Filme via Internet zu vertreiben.
Noch größere Chancen werden Music on Demand eingeräumt. Aus
gutem Grund hat sich mit der Gütersloher Bertelsmann AG gerade einer
der größten Unterhaltungskonzerne bei Napster eingekauft.
"Filesharing wird von Zigmillionen Menschen regelmäßig genutzt.
Dieses System bestimmt Tempo und Richtung in der Musikindustrie",
begründet Vorstandschef Thomas Middelhoff sein Engagement bei den
Kaliforniern.
Ebenfalls stark im Kommen sind interaktive Spiele. Jedenfalls
46
bauen die Hardwarehersteller schon einmal vor. Mack Araki etwa,
Director of Corporate Communications bei der Sony Corporation of
America in New York City, kündigt an: "Wir offerieren in Zukunft sämtliche Geräte mit Netzanbindung."
Automatisierter Haushalt.
Doch nicht nur im Unterhaltungsbereich ist das Internet allgegenwärtig. Sehr bald schon leben wir in einem komplett vernetzten und weitgehend automatisierten Haushalt, glaubt Lothar Stoll, Leiter des
Themenfelds Smart Home bei Siemens Information and
Communication Networks in München. "Alle Komponenten und
Subsysteme, zum Beispiel Heizung, Licht, Alarmanlage, Telefon und PC,
werden intelligent miteinander kommunizieren und sich übers Web fernsteuern lassen."
Erste Anbieter von E-Home-Services stehen bereits in den
Startlöchern. Als Zielgruppe haben sie nicht so sehr den gut verdienenden Single im Blick, der abends beim Nachhausekommen sein fertiges
Menü in der Mikrowelle vorfinden möchte. Sehr viel interessanter sind
Anwendungen, die eine echte Hilfe im Alltag bieten.
Gedacht wird beispielsweise an den Urlauber, der seine
Anwesenheit simuliert, um sein Eigenheim vor Einbrechern zu schützen,
den Rentner, der seinen Blutdruck online vom Hausarzt checken lässt,
oder den Familienvater, der via Webcam stets die Haustür im Auge
behält und seine Tochter hereinlassen kann, wenn sie den Schlüssel
vergessen hat.
Mit SmartHome Application hat Siemens nicht nur die nötige
Software im Angebot. "Wir bieten Service-Providern auch Hardware,
Beratung, Service, Integration und Implementierung und sind damit der
einzige Anbieter von Komplettlösungen für das Smart Home", erklärt
Stoll und verweist auf den diesjährigen Messeauftritt auf der CeBIT vom
22. bis 28. März in Hannover.
1.2.1.3 gegenwärtige und zukünftige
Netzwerkstandards
Telematik-Netze
Netze stellen die physische Komponente der Kommunikation dar, auf
der der eigentliche Datentransport stattfindet. Auf den
Kommunikationsnetzen setzen die Kommunikationsdienste auf. Zu
47
beachten ist, daß in einem Netz unterschiedliche Dienste angeboten
werden können. Die traditionellen Netze sind weitgehend auf bestimmte
Kommunikationsarten ausgelegt. Vorteil dieser Spezialisierung ist, daß
die Netze auf die jeweiligen Anforderungen hin optimiert werden könnnen, Nachteil jedoch ist, daß Netzbetreiber und Netzanwender in unterschiedliche Systeme investieren müssen
Öffentliche Telekommunikationsnetze
Historisch wurden die öffentlichen Telekommunikations-Netze als natürliche Monopole angesehen. Man nahm an, daß die durchschnittlichen
Gesamtkosten relativ hoch und die Grenzkosten für die Bereitstellung
zusätzlicher Kommunikations-Dienstleistung sehr niedrig sind.
Die technischen Fortschritte in der Telekommunikationstechnik und
die Zweifel an der Kosteneffizienz und ausreichenden
Kundenorientierung der staatlichen Monopole haben dazu geführt, daß
die Telekommunikationsindustrie weltweit zunehmend dereguliert wird.
Die Telekommunikations-Netze lassen sich unterteilen in
Vermittlungsleitungsnetze und Anschlußleitungsnetze. Die
Vermittlungsleitungsnetze dienen dem Übertragen von Daten zwischen
Netzknoten. Die Daten werden meist gebündelt in den Netzknoten und
mittels Vermittlungsnetz über weitere Distanzen geschickt. Im
Anschlußleitungsnetz erfolgt der Daten-An- und Abtransport zu den
Endkunden. Es schließt an den Netzknoten der Vermittlungsnetze an.
- ISDN
ISDN ist die Abkürzung für Integrated Services Digital Network und ist
die Bezeichnung für ein digitales, universelles Netz. Durch die
Digitalisierung ist es möglich, verschiedene Informationsarten wie Text,
Bilder, Video und Sprache einheitlich darzustellen. Durch die einheitliche Darstellung ist es möglich, bislang getrennte
Telekommunikationsnetze in einem Netz zu vereinen und die Übertragungsgeschwindigkeit zu erhöhen.
ISDN baut auf einem digitalen Übertragungsprotokoll, das von dem
Consultative Committee for International Telephone and Telegraph
(CCITT) definiert wurde, auf.
ISDN nutzt zwei Arten von Übertragungskanälen: B-Kanäle dienen
der Übertragung der Nutzdaten mit relativ hoher Geschwindigkeit, DKanäle übertragen Steuerungsinformationen zu den Verbindungen.
ISDN kann alle Arten von Informationen übermitteln, z.B. Stimmen,
Daten, Bilder und Videosequenzen.
ISDN verwaltet mehrere Geräte und Telefonnummern über eine
Anschlußleitung.
ISDN bietet variable Übertragungsbandbreiten. Es können mehrere
B-Kanäle für eine Anwendung gebündelt werden.
48
- ATM
Asynchronous Transfer Mode (ATM) ist eine verbindungs- und paketorientierte Übertragungstechnik, die auf der asynchronen Zeiteinteilung
(Asynchronous Time Division), einer Multiplextechnik, basiert.
Die übertragenen Informationen werden in gleich große Blöcke eingeteilt, die jeweils 48 Byte zu transportierende Daten und 5 Byte
Kontrollinformation enthalten. Für den Kunden wird bei seiner "virtuelllen" Verbindung nur dann ein physischer Datenblock transportiert, wenn
er tatsächlich Informationen versendet. Die Übertragungsart heißt asynchron, da keine Zeitgleichheit zwischen der transportierten und der
beim Kunden anfallenden Daten herrscht.
Ein wesentlicher Vorteil für den Endkunden der
Kommunikationsverbindung ist, daß er verschiedene Bandbreiten anfordern kann. Bei diesem "Bandwidth-on-demand" übernimmt der Kunde
kein Auslastungsrisiko der Verbindung mehr, er bezahlt nur die genutzte
Übertragungskapazität.
Der Asynchronous Transfer Mode wurde 1988 von der International
Telecommunication Union als Standard für Breitband-ISDN bestimmt.
Jedoch ist ATM als Standard noch nicht komplett ausgearbeitet. Es ist
anzunehmen, daß ATM Basisbestandteil für ein zukünftiges integriertes
Hochgeschwindigkeits-Kommunikationsnetz, dem "Information
Highway", wird.
ATM läßt sich nicht in das ISO/OSI-Referenzmodell einordnen, sondern wird durch ein eigenes Modell beschrieben. ATM bietet "Dienste
der physikalischen Übertragungsschicht sowie Mechanismen der gesicherten Übertragung und der Vermittlung (ATM-Schicht), kann aber
auch als reine physikalische Übertragungstechnik genutzt werden" . Auf
eine ATM-Anpassungsschicht setzen die Dienste und Protokolle höherer Schichten auf.
LAN, MAN, WAN
Local Area Networks (LAN) sind auf einen begrenzten Raum (z.B. ein
Gebäude) beschränkte Netzwerke mit hohen Durchsatzraten, an die
unterschiedliche Hardware über unterschiedliche Schnittstellen
anschließbar sind.
Wide Area Networks (WAN) sind geographisch weit verteilte
Netzwerke. Ihre Übertragungsraten liegen deutlich unter denen von
LANs. Verbindungen über Kontinente erfolgt häufig über Satelliten.
Metropolitan Area Networks sind zwischen LANs und WANs einzuordnen. Sie verbinden im Bereich bis zu 100km einige Knotenrechner
über Hochgeschwindigkeitsverbindungen.
49
Internet: Netzwerk von Netzwerken
Das Internet ist ein Netzwerk, das viele andere Computer-Netzwerke
miteinander verbindet, d.h. letztlich ein Zusammenschluß von LANs,
MANs und WANs ist. Es basiert auf einem gemeinsamen
Adressierungssystem und Kommunikationsprotokoll, TCP/IP
(Transmission Control Protocol/Internet Protocol).
- Intranet
Abzugrenzen vom Begriff Internet ist der Begriff Intranet. Intranet ist die
Bezeichnung für organisationsinterne Netze auf Basis der
Internetstandards und -protokolle.
- Internetdienste
Es haben sich für das Internet mehrere Standards für Informations- und
Kommunikationsdienste herausgebildet:
- Ursprung
Das Internet hat seinen Ursprung in dem ARPANet (Advanced Research
Projects Agency Network), einem Programm des U.S.
Verteidigungsministeriums. Das ARPANet-Programm begann 1969 als
ein Militär-Kommunikationsnetzwerk, das bei Ausfall von einzelnen
Netzknoten in Krisen- oder Kriegssituationen nicht in seiner gesamten
Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden sollte. Die National Science
Foundation (NSF), die ein ähnliches Netzwerk mit dem Namen NSFNet
entwickelt hatte, übernahm die TCP/IP-Technologie vom ARPANet. Das
NSFNet expandierte und viele Netzwerke schlossen sich an, so daß
sich das heutige Internet, ein verteiltes Netzwerk von Netzwerken, entwickelte. Ein wichtiger Aspekt des NSFNet war, daß es offenen Zugang
ermöglichte.
- Abgrenzung zu Online-Diensten
Kommerzielle Online-Dienste bestehen aus Netzwerken, mittels denen
den Nutzern primär Informations- und E-Mail-Dienste angeboten werden. Sie besitzen im Gegensatz zum Internet eine zentrale Struktur. Die
meisten Online-Dienste bieten mittlerweile Zugang zum Internet an.
Beispielhaft sollen hier T-Online, America Online und Compuserve
genannt werden.
- Connectivity
Die eigentlichen Verbindungen zwischen den verschiedenen
Netzwerken existieren auf unterschiedliche Arten. Häufig vorzutreffen
sind T1-Verbindungen (56 kbps bis 1,5 Mbps) und T3-Verbindungen
(Fiberoptik, 45 Mbps), ATM und ISDN. Diese Verbindungen werden von
den jeweiligen am Internet teilnehmenden Institutionen bezahlt. Die folgende Abbildung zeigt die Europäische Netzstruktur.
50
Telematik-Dienste
Telefonie
Am 14. Februar 1876 hat Alexander Graham Bell einen Patentantrag
beim U.S. Patentamt für ein 'electric-speaking telephone' eingereicht.
Der Name kommt von den griechischen Wörtern (dt.: weit) und (dt.:
Stimme). Heute wird das Telefon als soziale Notwendigkeit zur
Kommunikation angesehen.
Das Telefonieren ist möglich über Fest- oder Funknetze. Für die
Erreichbarkeit an schwer zugänglichen Orten gibt es die teurere
Möglichkeit der Telefonie über Satelliten. Die Festnetze der einzelnen
Nationen sind teilweise auch über Satelliten verbunden. Neuerdings ist
es auch möglich über das Internet zu telefonieren. Das Telefonieren
über Funknetze läßt sich einteilen in die schnurlose und zellulare
Telefonie. Beim schnurlosen Telefonieren hat man nur den Hörer in der
Hand, der über Funk mit einem unmobilen Telefonbasisgerät verbunden
ist. Bei der zellularen Telefonie bilden Hörer und Telefongerät hingegen
eine Einheit, die ortsunabhängig eingesetzt werden kann.
Moderne Telefongeräte unterstützen erweiterte Standardfunktionen
wie die automatische Wahlwiederholung, die Freisprechmöglichkeit und
das Konferenzieren mit mehreren Partnern.
Telefaxdienst
Der Telefaxdienst ist ein Fernkopierdienst, der 1979 von der Deutschen
Bundespost in Deutschland öffentlich eingeführt wurde. Ursprünglich
benötigten die Teilnehmer am Telefaxdienst Faksimilegeräte. Diese
kommunizieren nach einer einheitlichen Übertragungsnorm über das
öffentliche Telefonnetz.
Moderne Informations- und Kommunikationssysteme unterstützen
das Empfangen, Versenden und Bearbeiten von Faxmails. Faxmails
können an PCs angezeigt und ausgedruckt werden, sie können von
Faxmailservern fernabgefragt werden und sie können auf
Faxmailservern mit Verteilern versehen werden.
Multimediamail und einfache E-Mail
E-Mail ist ein asynchrones Kommunikationsmedium. Die Nutzer dieses
Dienstes benötigen einen Personal Computer oder ein Terminal mit
Zugang zu einem Hostrechner eines E-Mail-Dienstanbieters. Jeder
Nutzer muß eine eindeutige E-Mail-Adresse haben und erhält auf dem
Host eine Mailbox. Die versendeten Nachrichten müssen einem vereinbarten Standard entsprechen.
Voraussetzung für eine funktionierende E-Mail-Kommunikation ist,
daß die angeschlossenen Nutzer regelmäßig ihre Mailboxen nach
neuen Nachrichten abfragen. Die Nachrichten in der Mailbox können
51
auch weiterverarbeitet und wieder verschickt werden.
Vorteile dieser Kommunikationsart sind die zeit- und ortunabhängige Erreichbarkeit, die Weiterverarbeitungsmöglichkeit der Nachrichten
und die einfache Verteilung und Versendung.
Einen ähnlichen Dienst bieten Mailboxsysteme. Dies sind Systeme,
die asynchrone Kommunikation durch Nachrichtenaufbewahrung unterstützen. Das relevanteste Beispiel ist die Voicemailbox. Die
Voicemailbox umfaßt die gleichen Funktionen wie ein Anrufbeantworter:
Nachrichten werden entgegengenommen und bis zur Abfrage durch
den Nutzer zwischengespeichert.
Data- & Filetransfer
Durch Data- und Filetransferdienste ist es möglich, über ein bestehendes Netzwerk auf verteilte Daten- und Programmbestände zuzugreifen.
Voraussetzung ist, daß ein Server im Netz existiert, der die gewünschten Daten zur Verfügung stellt. Solche Fileserver können durch
Paßwortvergabe einen selektiven Datenzugang gewähren.
Beim eigentlichen Filetransfer wird an dem lokalen, nachfragenden
Rechner eine Kopie erstellt von dem Original auf dem Fileserver. Der
Transfer ist auch in umgekehrter Richtung möglich.
Application Sharing
Beim Application Sharing bearbeiten zwei räumlich getrennte Anwender
mittels ihrer Arbeitsplatzrechner mit der gleichen Applikation die gleiche
Datei. Die Datei und die Anwendung existieren physisch nur auf einem
der beiden kommunizierenden Rechner, werden aber auf beiden
Rechnern simultan dargestellt. Änderungen an der Datei sind sofort auf
beiden Arbeitsstationen zu sehen.
Application Sharing gehört neben File Transfer und Joint Viewing
zum Funktionsumfang der meisten Desktop-Videokonferenzsysteme.
Videokommunikation
Videokommunikation ist die Kommunikation mit Bewegtbild und Ton,
d.h. in eine PC-Umgebung integrierte Kommunikationsform, bei der
Videobilder und Audiosignale vom Gesprächspartner in einem Fenster
auf der Arbeitsoberfläche des PC wiedergegeben werden.
Der implizite Nutzeneffekt besteht in einem Echtzeitkontakt ohne
physische Präsenz. Die Audiokommunikation, die bereits über einfache
Telefone möglich ist, wird durch Informationen über Gestalt, Mimik und
Gestik ergänzt.
Ursprünglich benötigte man spezielles (umfangreiches und teures)
Equipment, doch mittlerweile werden insbesondere durch die
Datenkompression zunehmend PCs verwendet. Für den professionellen
Gebrauch wird dazu momentan eine Kamera, ein breitbandiger
52
Kommunikationsanschluß und eine spezielle Zusatzkarte zum PC benötigt. Durch die Verknüpfung mit PCs wird das automatische Anwählen
und das verschicken von Videomails ermöglicht.
Internetdienst-Standards
Auf dem Internet als Netzwerk von Netzwerken haben sich folgende
Standard-Dienste etabliert:
- E-Mail
E-Mail ist ein Dienst, bei dem Briefe über das Netz geschickt werden.
Allen Teilnehmern dieses Dienstes ist eine eindeutige Briefadresse
zugewiesen.
- Talk
Zwei Benutzer des Internets können synchron mittels der Tastatur
kommunizieren.
- Internet Relay Chat (IRC)
Die Nutzer dieses Dienstes kommunizieren wie beim 'Talk' mittels
Tastatur synchron. Die Kommunikation findet allerdings über Kanäle
(Channels) statt, über die beliebig viele Internet-Nutzer gleichzeitig
kommunizieren können.
- Newsgroups im Usenet (NNTP)
Dieser Kommunikationsdienst funktioniert wie eine Pinnwand oder ein
schwarzes Brett. Die Nutzer hinterlassen Nachrichten in den
Newsgroups zu bestimmten Themen, die jeder lesen und öffentlich
beantworten kann.
- Telnet
Telnet ermöglicht es, daß man mit einem lokalen Rechner als Terminal
an einem räumlich entfernten Rechner im Internet arbeiten kann.
-File Transfer Protocol (FTP)
Mit Hilfe von FTP können beliebige Dateien über das Netz versendet
oder abgerufen werden.
- Gopher
Gopher ist ein hierarchisches menü-orientiertes Informationssystem.
- World Wide Web (WWW)
WWW ist ein Hypertext-orientiertes Informationssystem, das die Dienste
FTP, news und Gopher integriert. Zu Grunde liegt die
Beschreibungssprache HTML (Hypertext Markup Language), die das
Systemplattformunabhängige darstellen von Informationen ermöglicht.
Vision vom intelligenten Haus.
Welcher Technologie der Verbraucher bei der strukturierten Vernetzung
von Wohnhäusern den Vorzug gibt, ist noch nicht entschieden.
53
Derzeit konkurrieren Systeme aus Japan, Europa und den USA. Zu
den erfolgreichsten gehört der Europäische Installationsbus (EIB),
den ein von Siemens und Bosch angeführtes Konsortium entwickelt hat.
Mittlerweile drängen vermehrt Bussysteme aus der PC-Welt in die
Hausvernetzung.
Analysten prognostizieren solchen Lösungen enorme
Wachstumsraten. "Der weltweite Umsatz im Markt kleiner Server für die
Haustechnik stieg letztes Jahr gegenüber 1999 um das Zwölffache",
schätzt Laurie Gooding von der Cahners In-Stat Group aus Scottsdale
(US-Staat Arizona). In absoluten Zahlen sind das 2,4 Milliarden Dollar.
Doch dies dürfte erst der Anfang sein: Bei einer Untersuchung der
Bostoner Yankee Group zeigte fast ein Drittel der mit einem PC ausgestatteten US-Haushalte reges Interesse an intelligenten Hausnetzen.
Die Akzeptanz würde sich sogar verdoppeln, wenn es preisgünstige
Komplettangebote gäbe.
An der notwendigen Standardisierung arbeiten Vernetzungsexperten
bereits: "Mit unserem Residential Gateway schaffen wir eine einheitliche Schnittstelle für alle Elektrogeräte im Haushalt, von der
Waschmaschine über den Fernseher bis hin zu einer neuartigen
Zentralverriegelung", verspricht Heinz Lux, Spezialist für intelligentes
Wohnen bei Siemens Automatisierungs- und Antriebstechnikin
Regensburg.
Kern dieser zentralen Steuereinheit ist ein Applikationsserver, der
Befehle an das jeweilige Gerät weiterleitet, egal ob sie über Internet,
Telefonleitung, Stromkabel (Powerline), Funk oder Licht (Infrarot)
übermittelt werden.
Waschmaschine mit Homepage. Das Forschungsprojekt Intelligentes
Haus des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und
Systeme (IMS) in Duisburg demonstriert, was damit alles möglich ist.
Aushängeschild ist dort eine Web basierte Waschmaschine mit eigener
Homepage. Was sich wie eine Spielerei für Technikfreaks anhört,
bezeichnet Projektleiter Viktor Grinewitschus als höchst nützliche
Entwicklung: "Mittels Sprachsteuerung können nun auch Blinde und
Sehbehinderte ihre Haushaltsgeräte bedienen."
Einen anderen Schwerpunkt setzt die Teletown Klosterforst, ein neuer
Stadtteil mit modernster Infrastruktur im schleswigholsteinischen
Itzehoe. Konzipiert hat das Projekt Achim Plate, Geschäftsführer der
Bauträgergesellschaft Plate&Partner Gruppe.
"Das Wohnen und Arbeiten unter einem Dach wird künftig wesentlich unser Leben bestimmen", lautet seine Vision, die er auf dem 20
Hektar großen ehemaligen Kasernengelände realisiert hat.
Deshalb hängen alle Büros auf der 11 000 Quadratmeter großen
Gewerbefläche, aber auch alle 580 Eigentums- und Mietwohnungen an
54
einem Glasfasernetz, das ein eigener lokaler Carrier betreibt.
Über ein Hicom-Kommunikationssystem von Siemens sind alle
Bewohner in dieses private Netz eingebunden. Dadurch profitieren sie
nicht nur von Komfortmerkmalen wie Rufumleitung, Voice-Mailbox und
Nummernanzeige, sondern auch von besonders günstigen
Großkundentarifen. Telefonate innerhalb des Geländes, zum Beispiel
zum Nachbarn, zum Kindergarten oder zur Apotheke, sind kostenlos.
Für Ferngespräche mit Voice over IP (Internet-protokoll) wird nur der
Ortstarif berechnet.
Schließlich verfügen alle Wohnungen und Büros über TV-Kabel und
einen kostenlosen Internetanschluss.
Auf Wunsch gibt's sogar interaktives Fernsehen: Eine Set-Top-Box
empfängt eine speziell fürs TV-Gerät aufbereitete Portalseite. Diese einfach zu bedienende Plattform bietet nicht nur die üblichen
Internetanwendungen wie E-Mail, Home-Banking oder Online-Shopping.
Darüber lassen sich auch lokale Informationsangebote sowie Filme,
Musik und Spiele aus dem Netz abrufen.
Multimedia total. Diese hochmoderne Infrastruktur in Klosterforst
nutzt die conTakt - Marketing im DialogGmbH & Co. KG, um dort ein
multimediales Call-Center für 500 Mitarbeiter zu betreiben. Zu
Spitzenzeiten, zum Beispiel Spendenaktionen im TV, werden auch
externe Agenten in ihren Privatwohnungen zugeschaltet.
Dank Unified Messaging können sie dort über E-Mail, Fax und
Voice/Video over IP mit den Kunden kommunizieren.
Künftig werden einige Agenten ihre Arbeit auch in Satellitenbüros im
Erdgeschoss der Wohnhäuser verrichten.
Vorteil der räumlichen Nähe: "Dadurch optimieren wir nicht nur
unsere Planung, gleichzeitig sind auch die Mitarbeiter viel zufriedener,
da wir ihren individuellen Bedürfnissen und Gewohnheiten entgegenkommen", unterstreicht conTakt-Geschäftsführer Ralf Thomas.
Seine Gesellschaft verkörpert einen neuen Trend: Immer mehr
Unternehmen verstehen sich heute nicht mehr als abgeschottete
Organisation, sondern als flexibles Netzwerk.
Geschäftsprozesse werden zunehmend im Internet abgebildet, Kunden
und Lieferanten in die Abläufe einbezogen. Zudem können Mitarbeiter
an unterschiedlichen Standorten und aus verschiedenen Bereichen projektbezogen kooperieren. Dies erfordert höchste Flexibilität und
Mobilität, wie sie Funktechniken bieten.
Durch Wände gehen. Bluetooth beispielsweise, benannt nach dem
dänischen König Harald Blauzahn, lässt Drucker, Scanner,
PCs,Handhelds, Handys oder auch Fernseher drahtlos miteinander
kommunizieren. Hierzu benötigen diese Peripheriegeräte nicht mal eine
Sichtverbindung, denn die Funkwellen mit einer Frequenz von 2,4
55
Gigahertz durchdringen auch Wände. Außerdem dürfen sich Sender
und Empfänger in einer Entfernung von bis zu zehn Metern frei
bewegen. Bei entsprechender Ausgangsleistung sind sogar bis zu 100
Meter möglich. Eberhard Hauser, Bluetooth-Marketingleiter bei
Siemens, ist davon überzeugt: "Dieser neue Standard wird den
Funktechniken endgültig zum Durchbruch verhelfen."
Bluetooth befreit den Anwender vom Kabelsalat, sowohl im Büro
wie daheim. Weiterer Vorteil, den vor allem SoHos (Small Of-fices/
Home-Offices) zu schätzen wissen: Es lassen sich Ad-hoc-Netze aufbauen, die fremde Endgeräte einbeziehen, etwa um Daten
abzugleichen.
Sämtliche Bluetooth-fähigen Endgeräte nehmen sofort untereinander
Kontakt auf, wenn sie sich nahe genug sind. Bis zu acht organisieren
sich dabei automatisch zu einem Piconetz, eines davon kontrolliert dieses als Master. Mehrere Piconetze lassen sich zu einem übergreifenden
Scatternet verbinden. Bluetooth erreicht Datenraten bis zu 721 Kbit/s.
Authentifizierungs- und Verschlüsselungsmechanismen schaffen
Zugriffsicherheit und Abhörschutz. Besonders wichtig bei akkubetriebenen Geräten: Bluetooth-Chips verbrauchen wenig Strom.
Kein Wunder, dass US-Funkexperte Jan ten Sythoff von Frost & Sullivan
den Bluetooth-Standard als Gewinner beim Rennen um die drahtlose
Vernetzung auf der letzten Meile sieht. Aus seiner Sicht sprechen dafür
die unkomplizierte Netzfähigkeit, die gemeinsame Übertragung von
Sprache und Daten sowie die breite Unterstützung der Industrie.
"Dieses Jahr werden Bluetooth-Geräte den Markt geradezu überschwemmen", sagten Sythoff voraus. Bis 2006 rechnet er mit jährlichen
Zuwachsraten von mehr als 60 Prozent. Allein der Umsatz auf dem
europäischen Markt soll zwischen 1999 und 2006 von 92,3 Millionen
Dollar auf 53,12 Milliarden ansteigen.
PC-Anbindung ohne Kabel.
Neben Bluetooth offeriert Siemens beim Home-Networking noch andere
schnurlose Lösungen.
Speziell für die PC-Anbindung eignet sich eine in der Schweiz entwikkelte Technik für drahtlose lokale Netze namens I-Gate. Bei einer
Reichweite zwischen 30 und 100 Metern funkt sie Daten mit bis zu elf
Mbit/s und bietet damit eine ideale Infrastruktur für kleinere Zweigstellen
bis hin zu Telearbeitern. Arbeitsplatzstrukturen werden flexibel,
Mitarbeiter erhalten unabhängig vom Standort permanenten Zugriff aufs
Firmennetz.
Wegen der hohen Übertragungsrate eignet sich der I-Gate LAN Access
Point ebenfalls für CAD-Anwendungen (Computer aided Design) oder
Bildbearbeitung.
56
I-Gate gestattet zwar auch Telefonate, aber für Anwender, denen es vor
allem um Sprachkommunikation geht, empfiehlt sich der etablierte
DECT-Standard (Digital Enhanced Cordless Telecommunications).
Schon an eine einfache Gigaset-Basisstation lassen sich bis zu sechs
Mobilteile anschließen.
Die neuen Basisstationen Gigaset 3070isdn und 3075isdn versorgen
nicht nur acht DECT-Handys, sondern auch einen PC und zwei weitere
kabelgebundene Endgeräte, etwa Faxe oder Komforttelefone. "Das ist
die ideale Lösung für kleine Unternehmen und Heimbüros mit hohem
Kommunikationsbedarf",meint Tilo Messer, Leiter des Marktsegments
Home-Networking bei Siemens Information and Communication Mobile.
Drahtloser Datenfunk. Doch Messer hat noch andere Anwendungen
im Visier, denn die scheckkartengroßen DECT-Module lassen sich in
praktisch jedem Gerät platzieren, etwa in Kreditkartenlesern,
Bestellterminals, Industrierobotern oder auch Fernsehern.
Über drahtlosen Datenfunk kommunizieren die DECT-Engines mit
ihrer Basisstation. Vorteilhaft ist das zum Beispiel für Pay-TV-Kunden:
Sie müssen ihre Set-Top-Box nicht mehr über Kabel an die
Telefonanlage anschließen. Auch wer daheim ein kleines Lager führt,
profitiert von DECT: Gelieferte Ware erfasst er einfach mit einem schnurlosen Scanner - und alle Daten sind sofort im
Bestandsverwaltungssystem. Diese neue Mobilität spart Zeit und
Kosten. Jederzeit und überall erreichbar zu sein wird zur alltäglichen
Anforderung.
Nicht zuletzt deshalb stellen viele Unternehmen ihren Mitarbeitern
ein GSM-Handy zur Verfügung, das diese sowohl dienstlich als auch
privat nutzen. Nachteil: Bislang waren die Mobiltelefone nicht ins
Firmennetz integriert. Mit Hi-Path Corporate GSM von Siemens greifen
Anwender jetzt auch von unterwegs oder zu Hause auf IP-basierte
Datennetze oder Hicom-Kommunikationsserver zu .
Marktdurchbruch steht bevor. Mit Bluetooth, I-Gate, DECT und
Corpo-rate GSM scheint der lang erwartete Durchbruch von
Schnurlostechnologien auf der letzten Meile nun Realität zu werden.
Mehr Anwendungen für weniger Geld stimmen die Marktforscher
optimistisch. So kommt die Frost&Sullivan-Studie zum Schluss, dass
Wireless Local Area Networks (WLAN) schon bald zu den
Mainstream-Technologien gehören. Denn mit ihnen ist der Anwender
auch daheim völlig ungebunden.
57
1.2.1.4 Trend zu ‘hybriden’ Produkten
hybrid
Unter ‘hybriden’ Produkten ist die Vermischung von on- und offline
Bedeutet: gemischt, von zweierlei
Herkunft, aus Verschiedenem
zusammengesetzt, durch
Kreuzung oder Mischung entstanden
Medien in einem Produkt zu verstehen, wobei sich diese zwei
Produkt-Welten in ihrem Zusammenspiel befruchten und einen
Mehrwert zum Ergebnis haben in Form eines Synergie-Effektes. In diesem Sinne werden Printmedien heute schon vielfach auch über einen
Online-Kanahl publiziert. In Zukunft werden diese beiden Medien noch
vermehrt aufeinander abgestimmt werden, um sich so noch sinnvoller
zu ergänzen. Um das Potenzial dieses Zusammenspiels noch mehr
auszuschöpfen, wurden schon erste Standards, die in diese Richtung
weisen, etabliert; hier sei das ‘digitale’ Wasserzeichen erwähnt, das
nach dem Prinzip des Barcodes mittels einer Software und einer
WebCam gelesen werden kann, und dadurch automatisch die entsprechende Webseite aufgerufen wird, wenn man dieses Zeichen das z.B.
in einem Bild in einer Zeitung implementiert ist, vor die Webcam hält.
Die eben beschriebene “Digimarc”Technologie der gleichnamigen
Firma ist zentraler Bestandteil dieser Diplomarbeit und wurde in das
Interfacesystem-Konzept implementiert (siehe Kapitel 1.4
Projektbeschreibung). An dieser Stelle soll nur festgehalten werden,
dass sich hier ein breites Möglichkeitsfeld eröffnet; im Kapite 1.4 werde
ich hierzu praktische Beispiele in Form von Szenarien geben.
Ein weiteres praktisches Beispiel eines ‘hybriden Produktes’ ist, der
Verkauf von Lexika zusammen mit einer CD-Rom, die es erlaubt auf
digitalem Wege, bestimmte Begriffe schneller suchen zu können. Es ist
absehbar, dass in Zukunft einem Lexikon in Buchform eine
Zutrittsberechtigung zur dazugehörigen Online-Datenbank mitgeliefert
wird, die es ermöglicht, ohne CD-Rom und ortsunabhängig von jedem
Gerät das mit dem Internet verbunden ist, diesen Service zu nutzen. Es
geht hier um Konvergenz der beiden Medien, und nicht um
Konkurrenz. Die Konkurrenz spielt jedoch in sofern eine Rolle als
Firmen diese hybriden Produkte zu Marketingzwecken einsetzen werden, weil durch den entstehenden Zusatznutzen sie sich einen
Wettbewerbsvorteil verschaffen. Ein weiterer Vorteil besteht in der
Kundenbindung, die dadurch erzielt wird, dass Produkte und KnowHow auf mehreren Ebenen angeboten werden. Hier geht es natürlich
auch um “Branding”, das im Zusammenhang mit der Globalisierung
gesehen werden muss und somit im Kontext der aktuellen kritischen
Diskussion beurteilt werden sollte. Das Markenimage zielt darauf ab,
nicht blosse Artefakte des Gebrauchs zu verkaufen. Im folgenden
Artikel wird beschrieben, um was es ‘eigentlich’ geht.
Was ist ein ‘Brand’
Sagen Ihnen die Namen Coca Cola, IBM oder McDonald's etwas? Und
58
verbinden Sie mit diesem Namen nicht bloß eine Bezeichnung, sondern
vielmehr auch eine konkrete inhaltliche oder vielleicht sogar emotionale
Vorstellung? Wenn ja, dann sind Sie damit dem Geheimnis des
Branding schon sehr dicht auf der Spur. So definieren die Experten des
amerikanischen Unternehmens Brand Solutions Inc. einen Brand beispielsweise als versinnbildlichte, emotionale, rationale und kulturelle
Darstellung dessen, was der Betrachter mit einem Unternehmen bzw.
einem Produkt verbindet. Klingt dieser Erklärungsversuch vielleicht
auch etwas abstrakt, so macht er jedoch deutlich, dass sich ein Brand
keineswegs auf die bloße Kreation und Verbreitung einer Wortmarke
und/oder eines Logos beschränkt. Vielmehr geht es darum, den Namen
des Unternehmens bzw. des Produktes auf unterschiedlichen
Darstellungsebenen und in den verschiedensten
Kommunikationskanälen mit "Leben zu füllen" und ihn eindeutig identifizierbar und für den Betrachter erfahrbar zu machen.
So würde man nach Brand Solutions Inc. beim Gedanken an Volvo
möglicherweise auch automatisch an das Attribut "sicher" denken, bei
Nike vielleicht an den früheren Basketball-Star Michael Jordan oder den
Claim "Just do it" und beim Computerriesen IBM an die Bezeichnung
"Big Blue". Ein Brand vereinigt mit dem Namen, einem Logo, verschiedenen Assoziationen und Attributen sowie der Marktposition ein Bündel
von Faktoren miteinander und schafft die auf eine Formel gebrachte,
verkörperte Persönlichkeit eines Unternehmens. Wichtige
Einschränkung: Der Brand funktioniert dabei nur so gut, wie ihn der
Betrachter letztlich wahrnimmt. Nur wenn dieser das mit dem Brand
beabsichtigte Image bzw. die entsprechenden Werte auch tatsächlich
mit dem Unternehmen verknüpft, vollendet sich die Zielsetzung einer
Markenbildung.
Damit ist ein Brand auch immer unmittelbar an die Leistungsfähigkeit
eines Unternehmens geknüpft: Denn erst dadurch, dass die bevorzugt
kommunizierten Werte auch im geschäftlichen Alltag bestehen, lässt
sich das gewünschte Markenbild in der Öffentlichkeit verbreiten und
festigen.
Trends im Handel
Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK)
haben grossen Einfluss auf den Einzelhandel:
Zahlreiche Anbieter aus unterschiedlichen Branchen haben das
Internet als neuen Weg für Werbung, Service, Verkauf, Distribution
und Kundenbindung für sich entdeckt und eigene Kommunikationsund Verkaufsstrategien entwickelt.
Einordnung der IuK-bedingten Trends in die derzeitigen
59
Problemstellungen städtischer Einzelhandelsentwicklung
Die Expertenrunde des zweiten Delmenhorster Zukunftsgespräches war
sich weitgehend darüber einig, daß insbesondere die Nutzung des
Internet derzeit noch in den Anfängen steht. Bisher würden die kommmerziellen wie kommunalen Online-Angebote, so die übereinstimmende
Auffassung, noch recht zögernd angenommen. Die gegenwärtigen
Wachstumsraten der Internetnutzung bei Privatpersonen und in
Unternehmen wie auch die Internetbegeisterung der jüngeren
Generation untermauerten jedoch Prognosen, die dem Internet und
Online-Diensten zukünftig eine fundamentale Bedeutung zuschreiben.
Die Städte und der stationäre Einzelhandel in den Städten dürften
jedoch in absehbarer Zeit zunächst weiterhin mit den bekannten Trends
und Problemen umzugehen haben:
- Wirtschaftliche, gesellschaftliche und demographische Prozesse (z.B.
Internationalisierung der Märkte, Individualisierung und Alterung der
Gesellschaft),
- zunehmende Polarisierung des Konsumverhaltens in Erlebnis- und
Versorgungseinkauf,
- Verkaufsflächenzuwachs insbesondere außerhalb der Städte /
Wettbewerb mit den Standorten im städtischen Umland,
- Bedeutungsverlust der traditionellen Magneten der städtischen
Einzelhandelslandschaft (Warenhäuser und inhabergeführte
Fachgeschäfte) - Bedeutungszuwachs von Fachmärkten, Filialisten und
Einkaufszentren
Diese bekannten Entwicklungen werden selbstverständlich bereits
seit längerem durch einen stetig zunehmenden Einsatz von IuK beeinflußt. Primär die rasant wachsende Vernetzung über das Internet, die
Konsequenzen nicht lediglich innerhalb der Betriebe sondern in der
gesamten Organisationsstruktur der Wirtschaft mit sich bringt, könnte
jedoch Impulse bisher ungekannter Tragweite zur Folge haben, die zum
gegenwärtigen Zeitpunkt nur sehr schwer abschätzbar sind.
Ein beträchtlicher Anteil des Handelsumsatzes wird aller Voraussicht
nach künftig nicht mehr über die traditionellen Kanäle abgewickelt werden - die Neuen Medien dürften hierzu einen erheblichen Beitrag
leisten.
Welche Bedeutung werden Online-Medien zukünftig im
Einzelhandel besitzen?
Der Einzug speziell internetbasierter Online-Medien in den Handel ist
schon heute nicht mehr aufzuhalten. Eine vollständige Ablösung des
stationären Geschäfts durch virtuelle Kaufhäuser ist aber angesichts
dieses Trends trotzdem nicht zu erwarten. Dr. Eddy Donat geht vielmehr
von einer ergänzenden Nutzung der verschiedenen Vertriebs- und
60
Kommunikationskanäle aus. Sog. Multi-Channel-Strategien, also die
gleichberechtigte Nutzung etablierter Vertriebswege (z.B.
Ladengeschäft und Katalogversandhandel) in Kombination mit innovativen Ansätzen (z.B. Onlinemarketing und -vertrieb via Internet) böten insbesondere großen Handelsunternehmen weitreichende
Zukunftsperspektiven.
Als weitere wichtige Aspekte der Neuen Medien im Handel wurden
die Möglichkeiten der Intensivierung des Kundenkontaktes und der
Gewinnung von Kundendaten thematisiert. Über das Nutzer- und
Kaufverhalten im Internet lassen sich automatisiert wertvolle
Kundenprofile ermitteln und sukzessive verfeinern, die der
Sortimentsoptimierung und dem Marketing ungekannte Potentiale eröffnen.
Welche Auswirkungen auf die Einzelhandelslandschaft sind durch die
Entwicklungen im IuK-Bereich zu erwarten?
Generell ist von einer gesteigerten Marktmacht der Konsumenten
gegenüber den Unternehmen auszugehen. Noch verschärft werden
könnte diese für den Handel bedrohliche Entwicklung durch mobile
Internetanwendungen; so lassen sich Preisvergleiche vor Ort oder
auch überregional möglicherweise schon bald mit Hilfe spezieller
Software über das Handy direkt beim Händler realisieren.
Die geschilderten Zusammenhänge dürften nach Ansicht der Experten
des zweiten Delmenhorster Zukunftsgesprächs den Wettbewerb im
Handel weiter verschärfen. Attraktivität und Kundenorientierung werden immer bedeutender. Die Polarisierung zwischen Versorgungsund Erlebniskonsum wird durch die angesprochenen Prozesse vermutlich weiter voranschreiten.
1.2.1.5 Konzept-relevante Technologien
RFID-Technologie
Radio-Frequenz-IDentifikation ist eine Technik zur automatischen
Identifikation und Datenerfassung.
Was sind die Vorteile der RFID-Technologie?
Die Vorteile der RFID gegenüber anderen ID Techniken wie Barcode
oder Magnetstreifen liegen in der "Funkverbindung" zwischen Leser und
61
Transponder, der auch RF-Tag genannt wird. Der Leser benötigt keinen
optischen Kontakt zum RF-Tag. Dieser kann völlig in das Produkt integriert werden. Dadurch sind RF-Tag (Transponder) z.B. für widrige
Umgebungen geeignet. Die Transponder sind unempfindlich gegen
Nässe, Verschmutzung und mechanische Einflüsse. Außerdem spielt
die Leserichtung keine Rolle.
Dadurch bieten Transponder-Systeme eine extrem hohe Lesesicherheit,
schnellere Datenerfassung und nicht zuletzt eine Einsparung an Arbeitsund Papieraufwand.
"Read Only"-Transponder mit einer weltweit eindeutigen, Laser-programmierten Nummer und "Read-Write"-Transponder in denen z.B.
Produktinformationen abgelegt werden können.
Wie funktioniert ein RFID-System?
RFID-Folien
RFID Systeme bestehen aus zwei Komponenten: einer Lese-/SchreibEinheit und einer elektronischen Marke - dem Transponder oder RF-Tag.
Der Leser sendet elektromagnetische Impulse über seine Antenne aus.
Der Transponder empfängt diese Impulse und sendet seine gespeicherten Informationen als Antwort zum Leser zurück.
Der Transponder selbst ist passiv und ohne eigene Stromversorgung.
Seine Energie erhält er aus den Impulsen des Lesers. Dadurch ist der
Transponder völlig wartungsfrei.
Was sind typische Anwendungsbereiche?
Transponder werden überall dort eingesetzt, wo Dinge identifiziert oder
Daten an Objekten gespeichert werden. Typische Anwedungen sind
Prozess- und Lagersteuerung, Inventarisierung, Behälter-Identifikation
aber auch die Zutrittskontrolle und Zeiterfassung.
Transponder sind in einer Vielzahl an Formen und Ausstattungen verfügbar: Kreditkarten, Klebe-Etiketten, Folien, Kunststoffmünzen,
Glasröhrchen und vieles mehr mit integriertem Transponder. Daraus
ergibt sich ein riesiges Anwendungsfeld.
Hauchdünne, biegsame ICs revolutionieren die automatische
Identifikation.
Die Zukunft der automatischen Identifikation gehört elektronischen
Datenträgern, die Informationen berührungslos übertragen. Eine der
Grundvoraussetzungen für diese Smart Labels sind hauchdünne ICs,
die sich isoplanar auf jedes Material kontaktieren lassen. Führend auf
diesem Gebiet ist das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und
Mikrointegration (IZM), dort werden heute bereits ICs mit Dicken
von 10 µm hergestellt.
Auch ohne verkaufsoffene Sonntage oder den Fall der gesetzlichen
Ladenschlusszeiten könnten sich unsere Einkaufsgewohnheiten schon
62
in naher Zukunft grundlegend verändern. So ließe sich schon Anfang
des nächsten Jahrtausends ein verregneter Sonntag für einen
Informationsbesuch im virtuellen Kaufhaus nutzen, um Tags darauf
dann mit einem elektronischen Einkaufszettel ins reale Kaufhaus zu
gehen. Jeder Einkaufswagen dort verfügt dann über einen elektronischen Verkäufer mit Touch-Screen.
Der elektronische Verkäufer holt sich die Einkaufsliste von unserem
Notepad, informiert über aktuelle Sonderangebote und führt uns auf
schnellstem Wege zu den gewünschten Waren.
Haben wir das Regal erreicht, liest der Einkaufswagen automatisch von
den elektronischen Etiketten den Preis ab und stellt auf dem Display
Artikel, Hersteller und Summe dar. Auf einem Fingerprintsensor bestätigen wir abschließend unseren Einkauf, der Betrag wird von unserem
Konto abgebucht, das Warten an den Kassen gehört der Vergangenheit
an. An der konkreten Realisierung dieses Zukunftsszenarios arbeitet
unter anderem der Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik gemeinsam mit
Elektronikunternehmen und Warenhäusern.
Doch zur Umsetzung dieser Ziel bedarf es einer anderen
Warenkennzeichnung als dem heutigen Barcodesystem. Zwar sind die
vor 50 Jahren von Douglas Young zum Patent angemeldeten
»Zebrastreifen« einfach überall aufzubringen und können aus einer
gewissen Entfernung auch von Scannern fehlerfrei gelesen werden.
Doch auch dem Gipfel des Erfolgs treten auch die Grenzen dieses
Systems zu Tage. Barcodes können nur wenige Informationen darstelllen und brauchen Sichtkontakt. Waren müssen deshalb
einzeln und gegebenenfalls auch mehrmals über den Scanner geführt
werden. Chips könnten dagegen nicht nur umfangreiche Informationen
speichern, sie ließen sich im Bedarfsfall auch wiederprogrammieren
und bieten in Kombination mit einer Antennenspule auch die
Möglichkeit, Daten ohne Sichtkontakt mehrere Meter weit zu
übertragen.
Unabhängig davon wie sie hergestellt wurden, bieten dünne, flexible
ICs gegenüber ihren starren Verwandten vier klare Vorteile. So gilt als
Faustformel, daß ihre Dicke in µm dem Biegeradius der ICs in mm entspricht. Flexible ICs lassen sich zudem isoplanar kontaktieren. Dünne
ICs passen sich zudem in ihrem thermomechanischem Verhalten auf
optimale Weise dem jeweiligen Untergrund oder Trägermaterial an.
Mindestens genauso wichtig ist die Tatsache, das hauchdünne ICs nicht
unter die Elektronikschrottverordnung fallen. Bereits vor Jahren hat das
Bundesumweltamt einer Entsorgung solcher Chips über den Hausmüll
zugestimmt.
63
Aus Habergers Sicht sind die technischen Voraussetzungen für die breitangelegte Einführung elektronischer Etiketten oder Tags bereits heute
erfüllt. Die dazu benötigten Chips lassen sich ohne große
Prozeßumstellung auf abgeschrieben 0,8-µm-Fertigungsstraßen produzieren. Die etwa 2 mm2 großen und etwa 0,1 mg schweren Chips bieten heute bereits ein Speichervermögen von 512 Bit. »Das entspricht
einer 60-stelligen Zahl und damit«, so Haberger, »dürfte sich so ziemlich alles auf der Welt zweifelsfrei zuordnen lassen.« Elektronische
Etiketten werden darum schon in Kürze das digitale Netz vollenden
und alle Dinge des täglichen Lebens an die Telekommunikation
anschließen.
Welche Wachstumspotentiale die automatische Identifikation bietet,
machen 20-prozentige jährliche Steigerungsraten klar. Allein der europäische Markt wird sich nach Einschätzung der Analysten im Zeitraum
von 1998 bis zum Jahr 2004 von 1,5 Mrd. Dollar auf rund 4,5 Mrd.
Dollar verdreifachen. Allein für sogenannte Smart Labels erwarten die
Marktforscher bereits im Jahr 2003 einen Gesamtbedarf von über 1
Mrd. elektronischer Etiketten.
Doch nicht nur der Handel wartet auf leistungfähigere Etiketten,
Fluglinien würden lieber heute als morgen ihr Gepäck- und
Flugpassagier-Management mit Smart Labels optimieren. Als erste
Fluggesellschaft erprobt British Airways bereits elektronische
Kofferanhänger. Sie erlauben die Ortung aufgegebenen Gepäcks über
Funk und sollen so die fehlerfreie Auslieferung von Koffern und Taschen
sowie die Umladung verbessern.
Post- und Paketdienste warten auf maschinenlesbare Etiketten,
Verkehrsbetriebe und Liftbetreiber auf elektronische Fahrscheine,
Bibliotheken auf elektronische Buch- und Ausleihpässe. Doch auch die
radiofrequente Identfikation (RFID) und die zu ihr gehörenden Tags sind
nicht unfehlbar. »Natürlich gibt es Möglichkeiten auch dieses System,
wenn es etwa zur Warensicherung eingesetzt wird zu umgehen«, gibt
Haberger zu, »umgeben von Aluminium oder einer metallisierten
Kunststofffolie ist das Smart-Label natürlich von der Kommunikation
abgeschnitten.«
Es sind deshalb auch weniger die simplen WarensicherungsAnwendungen, die Haberger ins Schwärmen bringen, wenn er über
den zukünftigen Einsatz flexibler ICs spricht als das was er als Dual-Use
bezeichnet. Flexible ICs mit einer Dicke von 10 µm ließen sich beispielsweise problemlos in Papier integrieren (normale Dicke etwa 80 µm)
um dort nicht nur eine Wasserzeichenfunktion zu übernehmen, sondern
64
ganz neben bei auch noch den gesamten Informationsinhalt des
bedruckten oder beschriebenen Blattes zur Verfügung zu stellen.
Ein Scannen der Information wäre dann nicht mehr nötig, der
Informationstransport erfolgt drahtlos zum Informationsträger zum
Speichermedium.
Vorstellbar wäre ein solcher Dual-Use auch bei Fotos. Auch hier würde
der Scanner überflüssig, wenn es darum ginge, die analoge
Bildinformation in Echtzeit zu Digitalisieren.
Denkbar wäre in diesem Zusammenhang auch die Übernahme von
Schutzfunktionen. Die Mißachtung oder Umgehung von CopyrightAnsprüchen etwa im Buch- und Zeitschriftenhandel ließe sich durch die
Integration einer lichtempfindlichen Komponente in das Smart-Label
realisieren. Zumindest für den professionellen Gebrauch
wären auf diese Weise gebrandmarkte Kopien dann nicht mehr zu verwenden. Intelligenz im Papier läßt sich aber auch noch auf ganz andere
Art und Weise nutzen. So haben Silberfaden und Wasserzeichen
Fälscher bisher nicht davon abgehalten, entweder die eigene
Druckpresse anzuwerfen oder Farbkopierer zweckzuentfremden. Ähnliches gilt für Wertpapiere. Zwar sei auch hier ein Mißbrauch nicht auszuschließen, wie Haberger zugibt, das Know-how zur Herstellung solcher
Smart-Labels hätten aber weltweit maximal einige IC-Hersteller, schwarze Schafe, so der Fraunhofer-Wissenschaftler, würden deshalb wohl
sehr schnell auffallen.
Karl Haberger: »Auf dünnen ICs aufgebaute Smart-Labels werden in
naher Zukunft alle Dinge des täglichen Lebens mit der
Telekommunikation verbinden und damit das digitale Netz vollenden«
Elektronische Etiketten werden den Barcode in Zukunft ersetzen. Die
dazu nötigen Elemente wie Chip und Spule sind so dünn, daß sie sich
in Papier integrieren lassen.
‘digitale’ Wasserzeichen
Digitale Wasserzeichen werden eigentlich zum Kopierschutz digitaler
Artefakte eingesetzt. Die Firma Digimarc ist Spezialist auf diesem Gebiet
und hat ein Konzept entwickelt diese Technologie auch anders einzusetzen.
65
Digimarc MediaBridge - Print-Magazine werden Internetfähig
Der Spezialist für Wasserzeichentechnologien, Digimarc, will mit einer
neuen Software für weitere Möglichkeiten für Werbung in Printmedien
sorgen. Mit dem Digimarc MediaBridge Reader soll der Zugang zu
Internetseiten direkt vom Printheft möglich sein.
Der User hält die Digimarc-fähige Magazinseite vor eine WebCam,
die am eigenen Computer angeschlossen ist. Die Software erkennt
dann das entsprechende Wasserzeichen und ruft die zugehörige WebSite auf.
Die Anzeigen in der Juli-Ausgabe des Magazins Wired verfügen über
entsprechende digitale Codes. So soll der Weg von der Anzeige zum
Kauf per Internet vereinfacht und die Effizienz der Werbung erhöht werden.
Laut Digimarc haben bereits mehr als 150 Magazine mit über 150
Millionen Lesern das Digimarc-MediaBridge-System lizenziert. Ein stilisiertes 'D' in der unteren Ecke der Seite soll den Leser darauf hinweisen, dass die jeweilige Seite in "Internet-enabled" ist.
Die Digimarc MediaBridge Reader Software ist derzeit kostenlos für alle
gängigen WebCams unter Windows 98 und 2000 erhältlich, eine
Version für Mac OS 8.6 und höher soll aber noch am Dienstag folgen.
Digimarcs Video-Wasserzeichen mit weniger Artefakten
OLED-Technologie
OLED Bilder aus Kunststoff
Warmes Licht durchflutet den fensterlosen Raum. Doch Lampen sucht
der Besucher hier vergebens. Es sind die Tapeten an Wänden und
Decke, die in weichem Weiß leuchten. Mit einer Handbewegung
schnipst der Hausherr lässig auf eine der Wände, auf der sofort farbige
Bilder erscheinen: Ausschnitte aus dem Abendjournal - die schimmernde Wandbespannung ist zum Fernsehbildschirm geworden ...
Tapeten und Vorhänge mit Leuchteigenschaften, Hauswände als
Großbildschirme oder Raumteiler mit bewegten Computergrafiken sind
vielleicht bald mehr als Visionen. Denn schon im kommenden
Jahrzehnt sollen sie Wirklichkeit werden: großflächige, vollfarb- und
videotaugliche Monitore, so dünn und leicht wie Papier, die sogar
... The prototypes offered impresssive quality, displaying sharp images with high contrast and brightness, and wide viewing angles. ...
Joe LiPetri, macworld 2000
aufgerollt verstaut werden können. Preiswert, extrem dünn, flexibel,
selbstleuchtend: Die Konkurenz des Flüssigkristalldisplays (LCD)
besteht aus Kunststofffolien und heisst OLED.
66
Der Weltmarkt für Flachbildschirme boomt. Für das Jahr 2000 ermittelte
das amerikanische Institut Displaysearch einen globalen Gesamtumsatz
von 24 Milliarden Mark. Zwar macht nach wie vor der Notebook-Sektor
den Löwenanteil der Anwendungen aus, doch die grössten
Steigerungsraten waren bei den Organizern mit einem Plus von 286
Prozent und bei den Fernsehgeräten mit !05 Prozent zu verzeichnen.
Und die Nachfrage nach Displays, insbesondere für die vielen mobilen
Gerätchen, steigt weiter.
Momentan basierne Flachdisplays auf der LCD-Technologie, die zwar
erprobt ist, aber eklatente Nachteile besitzt: LCDs sind trotz des
Preisverfalls durch Überproduktion teuer. Das liegt vor allem an den
enormen Ausschussquoten von bis zu 75 Prozent, denn die hinter der
OLED - Foil
Flüssigkristall liegende Ebene aus Transistoren, die jedem Bildpixel
einen Steuertransistor zuordnet, ist sehr fehleranfällig. Zudem leidet dieses "Akitv Matrix" - System an Ansprechverzögerung, was sich in verschlierten Bewegtbildern niederschlägt. Vor allem jedoch benötigen
LCDs Strom fressende Hintergrundbeleuchtung - dicke Akkus in digitalen Alltagsbegleituntern jedoch sind wenig komfortabel. Während sich
am Computermarkt das "Liquid Cristal Display" allmählich gegen die
Kathodenstrahlröhre aus dem Jahre 1897 breit macht, zeichnet sich
bereits eine neue Technologie ab: "Polymer Light Emitting Diode",
kurz P-LED oder OLED genannt, Der Kern dieser sehr dünnen, folienartigen Displays sind Polymere mit den elektrischen Eigenschaften
von Halbleitern. Sie bestehen aus Ringmolekülen, die wechselnd über
Doppelbindungen und Einfachbindungen zu Riesenmolekülen verkettet
sind. Deren Struktur lässt sich über elektrische Spannung gezielt
verändern - was zu unterschiedlichen Lichtemisionen führt: So
leuchtet Polyphenylenvinylen grün und Polythiphen rot.
Die wenige Tausendstel Millimeter dünne Polymerfolie des OLEDs liegt
zwischen zwei transparenten elektrisch leitfähigen Schichten (einer
Anode aus Indium-Zinn-Oxid und einer Kathode aus Calcium,
Magnesium oder Aluminium). Die ganze Einheit wird luft- und wasserdicht gekapselt und bleibt dennoch so dünn, dass diese Displays äussserst flexibel und an fast jede Form anpassbar sind - und damit neue
gestalterische Freiheiten und Einsatzmöglichkeiten schaffen. Hinzu
kommt, das die OLEDs selbstleuchtend sind, sie benötigen also keine
zusätzliche Hintergrundbeleuchtung und funktionieren schon bei geringen Spannungen. Das prädestiniert die Bild - Folien für mobile
Anwendungen. Ausserdem reagieren sie schnell, liefern scharfe Bilder
und bieten einen Betrachtungswinkel von nahezu 180 °. Momentan
besteht Entwicklungsbedarf vor allem noch in Sachen Schutz vor
Sauerstoff, Erhöhung der Lebensdauer und Farbdarstellung. Letztere
benötigt drei Polymerschichten oder drei eng nebebeinander liegende,
67
einzeln ansteuerbare Polymerpunkte, die etwa im Tintenstrahlverfahren
auf ein Siliziumsubstrat aufgedruckt werden. Ein entsprechendes
Verfahren präsentierte bereits die Firma Cambridge Display Technology
(CDT) und jüngst auch Philips.
Die Entwickler der ersten OLEDs sind an der Universität Cambridge zu
finden - vor rund zehn Jahren begann man dort mit den Versuchen -,
doch die Massenproduktion dürfte künftig in Fernost stattfinden.
Momentan sind nur zwei Hersteller, TDK und Tohoku Pioneer, in der
Lage OLEDs zu produzieren, in vier Jahren aber sollen es bereits 30
Unternehmen sein, so die Schätzungen von Displaysearch.
Die Hoechst-Tochter Covion stellt jüngst ein hoch auflösendes OLED
vor, das zusammen mit SEL (Japan Semiconductor Energy Laboratory)
entwickelt wurde. Das Display für so genannte "Head Mount Displays"
und tragbare Computer löst in 640x480 Pixel auf liefert weisses Licht.
Uniax, eine DuPont-Tochter, verweist auf ein 96x64 Pixel grosses
Farbdisplay. Pilips wiederum experimentiert nicht nur mit farbigen, sondern auch mit monochromen Displays, die 256 Graustufen darstellen.
Bereits 1999 zeigt Siemens und der Zahlungsmittell-Spezialist
Diesecke&Devrient eine Chipkarte, die das Geldguthaben auf der Karte
via OLED darstellt.
Für großflächige, voll farbtaugliche und graphikfähige Monitore muß
jedoch noch einige Entwicklungsarbeit geleistet werden. Ab einem
Bildschirmdurchmesser von 15 cm (8 Zoll) - mehr als eine Million
Bildpunkte - können die Pixel nicht mehr passiv, sondern müssen direkt
angesteuert werden. Für solche Aktiv-Matrix-Displays wird bei jedem
Lichtpunkt ein eigener Dünnfilmtransistor aufgebracht: eine zusätzliche
Schicht polykristallinen Siliziums, die lithographisch strukturiert wird. So
gibt jedes Pixel genau die Menge an Licht ab, die für den gewünschten
Eindruck benötigt wird. Es lassen sich nicht nur größere Flächen realisieren, sondern auch die Lebensdauer der Bildschirme steigt, weil der
einzelne Lichtfleck nicht mehr wie bei Passiv-Matrix-Displays nur kurzzzeitig, jedoch um ein Vielfaches heller leuchten muß.
Bluetooth
Bluetooth™ ist ein internationaler Standard, der Funkverbindungen
zwischen unterschiedlichen mobilen und stationären Geräten ermöglicht. Über Bluetooth können Computer und zugehörige
Peripheriegeräte, digitale Kameras, Mobiltelefone, Personal Digital
Assistants, Internet-Zugangsgeräte (Modems, ISDN-Adapter etc.) und in
68
Zukunft auch Haussteuerungsanlagen und Geräte in Automobilen
drahtlos miteinander kommunizieren.
Die Geschichte von Bluetooth™
Mit Ericsson, Nokia, Intel, Toshiba und IBM schlossen sich zu Beginn
fünf Unternehmen bei der Entwicklung von Bluetooth™ zusammen. Das
gemeinsame Ziel war die Reduzierung der vielfältigen Schnittstellen zwischen PC und Peripheriegeräten auf ein einziges drahtloses Interface.
Die Entwicklergruppe taufte den neuen Standard auf den Namen des
Königs Blauzahn, der im zehnten Jahrhundert das dänische Reich
regierte. Weltweit erkannten die Unternehmen aus verschiedenen
Bereichen sehr schnell, dass Bluetooth™ zu den wichtigsten
Zukunftstechnologien gehört, und schlossen sich der Bluetooth™
Special Interest Group (SIG) an. Ende 2000 gehören der SIG neben
ELSA bereits mehr als 1800 Unternehmen an, die Produkte, Lösungen
und Dienstleistungen in diesem Bereich vorbereiten.
Technologie
Die Technologie basiert auf einer Funkverbindung, die schnelle und
zuverlässige Übertragung von Daten und Sprachinformationen mit einer
Brutto-Geschwindigkeit von 1 Mbit/s erlaubt. Zur Übertragung wird der
weltweit verfügbare ISM-Frequenzbereich (Industry, Science, Medicine)
verwendet. Damit wird ein Höchstmaß an Interoperabilität garantiert.
Bluetooth™ unterstützt sowohl synchrone als auch asynchrone
Anwendungen. Bei synchronen Anwendungen wie Sprachübertragung
ist wichtig, dass die übertragenen Datenpakete in einer bestimmten
zeitlichen Reihenfolge beim Empfänger eintreffen.
Bluetooth™ kann parallel drei Kanäle zur Sprachübertragung mit
Bandbreiten von jeweils 64 kbit/s (vergleichbar mit ISDN) verwalten. Bei
Verfahren zur asynchronen Datenübertragung ermöglicht Bluetooth™
einen asymmetrischen Kanal mit 721 kbit/s im Downstream (Empfangen
von Daten) und 57,6 kbit/s im Upstream (Senden von Daten). Für viele
Anwendungen wie das Surfen im Internet ist diese Aufteilung sehr sinnvoll, da normalerweise weniger Daten ans Internet gesendet als aus
dem Web empfangen werden. Alternativ kann allerdings auch eine
symmetrische Übertragung mit 432,6 kbit/s in jede Übertragungsrichtung verwendet werden. Für eine gleichzeitige Übertragung von
Sprache und Daten kann auch ein synchroner Kanal mit einem asynchronen kombiniert werden.
Die Reichweite beträgt abhängig von der Sendeleistung entweder 10
oder 100 Meter.
So klein und schon ein Netzwerk - Die Geräte, die über Bluetooth™
miteinander kommunizieren, bilden ein kleines Netzwerk, ein Pico Netzwerk. Darin gibt es jeweils einen Master, der die Kommunikation
69
der Teilnehmer untereinander regelt. Neben dem Master gibt es bis zu
sieben aktive und bis zu 255 inaktive Slaves. Die einzelnen Geräte verfügen über eine feste Adresse, ähnlich den MAC-Adressen in einem
Ethernet-Netzwerk. Findet ein Master in seinem Bereich einen weiteren
Master, kann er sich gleichzeitig in dessen Netzwerken einbuchen. Der
Master wird dann zu einem Slave des anderen Pico - Netzes und bildet
damit die Brücke für die Kommunikation der Slaves in den beiden
Netzen untereinander. Findet ein Slave in seinem Bereich mehrere
Master, kann sich der Slave allerdings auch direkt in verschiedenen
Netzen anmelden. Diese Funktionalität wird unter dem Fachbegriff
Scatternet zusammengefaßt und wird durch die unterschiedlichen
Funkzeitraster der einzelnen Pico - Netze ermöglicht.
Sicher gegen Störer und Lauscher
Durch den Einsatz moderner Schutzmechanismen ist die Übertragung
der Daten sehr abhörsicher und weist gleichzeitig eine hohe
Resistenz gegen Störungen auf.
In einer Umgebung mit vielen anderen Funkverbindungen und
Störquellen wie Mirkowellen etc. ist der Schutz der eigenen Übertragung ein wichtiger Faktor. Bluetooth™ verwendet ein Fast-FrequencyHopping-Verfahren, bei dem 1600 Mal pro Sekunde die verwendete
Frequenz gewechselt wird. In Konkurrenz mit Funkverfahren, die eine
feste Frequenz verwenden (z. B. DECT), ist die Wahrscheinlichkeit sehr
gering, dass die Übertragung von Bluetooth™ gestört wird. Die verwendeten Frequenzen werden vom Master eines Pico - Netzes vorgegeben
und sind in jedem Pico - Netz anders.
Bluetooth™ verwendet sehr kleine Datenpakete. Diese
Paketreduzierung muß zwar mit einem erhöhten Verwaltungs-Overhead
erkauft werden, allerdings fallen die kleinen Pakete meistens in eine
nicht gestörte Phase der Übertragung. Zum Schutz gegen unerwünschte Lauscher wird zusätzlich ein 128-bit-Schlüssel eingesetzt.
Vergleich mit anderen Funktechnologien
Was unterscheidet Bluetooth™ von anderen drahtlosen
Datenübertragungstechniken wie DECT, Infrarot etc.
Bluetooth™ Module werden sich aufgrund ihrer geringen Größe in
Mobiltelefone, Schlüsselanhänger oder Kleidungsstücke integrieren
lassen.
- Bluetooth™ verwendet zum Schutz der Daten und zur Sicherung der
Störfestigkeit das Fast-Frequency-Hopping-Verfahren mit 1600
Frequenzwechseln pro Sekunde und einen 128-bit-Schlüssel.
- Anders als z. B. Infrarot-Verbindungen benötigt Bluetooth™ keinen
Sichtkontakt und kann daher unauffällig in Geräte oder sogar
70
Kleidungsstücke integriert werden.
Nutzungsszenarien
- PC-Vernetzung
Produkte nach dem Bluetooth™ Standard werden in Zukunft überall
dort zu finden sein, wo elektronische Geräte über kürzere Distanzen
miteinander kommunizieren. Den ersten Schritt in die drahtlose Welt
von Bluetooth™ werden die bisher schon für Kommunikationsaufgaben
eingesetzten Geräte machen.
Die Verbindung zwischen PC, Notebooks und allen zugehörigen
Peripheriegeräten wie Internet-Zugangsgeräten werden in den nächsten
Jahren durch drahtlose Verbindungen mit Bluetooth™ ersetzt. Das ist
nicht nur für Ihr eigenes Büro praktisch, es ermöglicht z. B. auch den
Zugriff auf den Drucker des Gastgebers, wenn Sie sich außer Haus
befinden.
- Mobiltelefonie
Auch die Möglichkeiten der Mobiltelefonie werden durchBluetooth™
erweitert. Beim Einkaufen verstauen Sie Ihr Mobiltelefon einfach in Ihrer
Tasche. Zum Hören, Sprechen und Steuern des Telefons tragen Sie ein
Headset (Kopfhörer mit Mikrofon) und haben sofort die Hände frei für
wichtigere Dinge.
- Automobile Anwendungen
Sie steigen in Ihr Auto und legen Ihre Tasche auf den Beifahrersitz. Das
Handy bemerkt sofort, dass Ihr Auto mit einer Freisprecheinrichtung mit
Bluetooth™ ausgestattet ist.
Der gesamte Telefonbetrieb läuft von nun an automatisch über die
Lautsprecher und das Mikrophon des Radios ab. Auch wird man in
Autos einen separaten, drahtlosen Telefonhörer, der über Bluetooth™
direkt auf das im Auto eingebaute Telefon zugreift.
- Public-Access-Points
An öffentlichen Plätzen mit hohem Personenaufkommen werden zusätzliche Dienstleistungen angeboten. Beim Stop an der Tankstelle werden
z. B. News, Stau- und Wettermeldungen drahtlos in Ihr Auto übertragen.
Beim Betreten eines Flughafens werden Sie automatisch auf Ihren
gebuchten Flug eingecheckt und über das Gate und eventuelle
Verspätungen informiert.
- Hausvernetzung
Bluetooth™ wird aber auch den Einsatz digitaler Technik in neuen
Bereichen möglich machen. Moderne Haussteuerungsanlagen, die
deutlich zu Energieeinsparung und Umweltschutz beitragen, benötigten
bisher eine aufwendige Verkabelung. Bluetooth™ verbindet die
Sensoren für Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Helligkeit drahtlos mit der
71
Heizung, den Rolladensteuerungen, Licht- und anderen Schaltern. Alle
Komponenten können Sie mit einer PDA-großen Fernbedienung
bequem und einfach steuern.Diese Fernbedienung können Sie außerdem zur Steuerung Ihrer TV- und HiFi-Geräte einsetzen. Darüber hinaus
können Sie sich in Zukunft rechtzeitig von unterwegs über Ihr
Mobiltelefon an der zentralen Steuerungsanlage Ihres Hauses (Home
oder Residential Gateway) anmelden und beispielsweise die
Raumtemperatur auf die gewünschten Werte einstellen.
1.2.2 Sozio Kluturelle Trends
1.2.2.1 Neue Nomaden
In den letzten 30 Jahren sind fünf Prozent der Menschheit zum
Nomadentum zurückgekehrt: Arbeitsmigranten, politische Flüchtlinge,
ihres Grunds und Bodens beraubte Bauern, aber auch Angehörige der
virtuellen Klasse. Jeder fünfte Amerikaner zieht das ganze Jahr umher;
in Europa ist es jeder zehnte. In weiteren 30 Jahren werden mindestens
10 Prozent der Menschheit zu den neuen Nomaden gehören.
Laut Jacques Attali lassen sich drei Typen von neuen Nomaden unterscheiden: Angehörige des Jet-Sets, die dem chronischen
Unterwegssein auf Kosten von Langzeitjob-Stabilität ergeben sind; zweitens die notleidenden, die sich ihr ganzes Leben lang, ihr Überleben
vor Augen, herumtreiben; und schließlich die ungeheure Mehrzahl der
»virtuellen« Nomaden, seßhaft, eingesponnen im eigenen Heim, aber
beseelt von der Hoffnung, eines Tages die Mittel für ein Jet-SetNomadentum zu besitzen, und gleichzeitig getrieben von der Angst,
dem Elend anheimzufallen.
Gewisse Eigenschaften teilen jedoch alle Nomaden:
- Unbekümmertheit: das Herz nicht an materielle Besitzstände zu hängen; statt dessen Ideen, Erfahrungen, Wissen und Beziehungen zu
sammeln;
- Freiheit: kreativ zu sein und sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren; die eigene Identität nicht durch eine Muttersprache oder ein
Vaterland bestimmen zu lassen, das notfalls verteidigt sein will, sondern
durch eine Kultur, die sich mitnehmen läßt;
- Gastfreundschaft: höflich, offen gegenüber anderen, aufmerksam zu
sein; zu wissen, daß von der Freundlichkeit, die einem im Tausch gegen
den Beweis des eigenen Könnens entgegengebracht wird, das Überle-
72
ben abhängen kann;
- Wachsamkeit: in jedem Moment zum Aufbruch bereit zu sein, im
Wissen davon, daß die eigene Position und der aktuelle Aufenthaltsort
jederzeit gefährdet sind;
- Vernetzt-sein: sich informelle Strukturen zu schaffen, die auf
Interessenteilung beruhen und sich in lockeren, jedoch jederzeit aktualisierbaren Bindungen äußern.
1.2.2.2 Community Network
Community Networks gibt es vor allem in den USA; sie sind keine
Erfindung der Clinton/Gore-Administration, sondern gehen auf die 70er
Jahre zurück. Ihr Ziel ist, die gesamte Bevölkerung einer begrenzten
und klar definierten geographischen Einheit (eines lokalen
Gemeinwesens) kostenlos bzw. gegen ein geringfügiges Entgelt an den
Vorteilen der direkten Kommunikation und des echtzeitorientierten
Wissensaustausches partizipieren zu lassen. Durch Community
Networks findet eine Integration unterschiedlicher Entwicklungslinien
wie dem »Community Organizing«, der Wissenschaftsnetzwerke und
einer politischen Gegenkultur statt.
In einer Mischung aus Technikeuphorie und dem alternativen Lebensstil
der Hippies entstand Ende der 60er Jahre die erste Initiative zur
Popularisierung des Computers. Die »People's Computer Company«
(PC) wollte Schüler mit Computern vertraut machen. Inspiriert durch
das Kultbuch von Ted Nelson »Dream Machines« formierte sich eine
Bewegung, die als »Computer Lib« bezeichnet wurde. Nelson sah im
Computer eine Befreiungstechnologie, die einen neuen Lebensstil
bewirken würde.
Wichtige Schritte bei der Entwicklung der »Community Networks«
waren das »Community Memory System«, »Free-Nets« sowie Netze wie
das Boulder Community Network. »Community Memory« war als
Gegenmodell zu den Massenmedien gedacht – niemand sollte eine
Kontrolle über die Mitteilungen anderer ausüben können. Free-Nets
sollten allen Einwohnern einer bestimmten Region den unentgeltlichen
Zugang zu einem umfassenden Wissensangebot ermöglichen, den
Diskurs über lokale Themen fördern sowie Gruppen und Teilnehmer mit
gleichen Interessen zusammenführen. Als Vertreterin der dritten
Generation von Community Networks konzentriert sich das Boulder
Community Network (BCN) auf die Bereitstellung von Inhalten
(Contents). Anders als die ehemaligen Free-Nets, die die von den
Massenmedien ausgehende Macht durch alternative Systeme substitu-
73
ieren wollten, verstärken heutige »Community Networks« ihre Aktivitäten
vor allem in den Bereichen, in denen die klassische Politik versagt und
sich neuartige Nischen für Netzwerke auftun, etwa eine alternative
Presse, Commodity-Börsen oder die Wissens-Navigation.
1.2.2.3 vom Verhältnis zwischen
Individuum und Gesellschaft
Zuerst ein paar einstimmende Zitate:
"Die Fixierung und Betonung der eigenen Individualität der Menschen
scheint in den 90er Jahren am Höhepunkt ihrer Dynamik angelangt zu
sein."
"Trotz anhaltender Individualisierung kann von totaler Isolierung der
Menschen keine Rede sein, bilden sich doch nachweisbar neue
Milieus."
“Alte gesellschaftliche Traditionen und soziale Einheiten wie Klassen
und Familien lösen sich auf. Der (post-) moderne Mensch wird in kein
festes Gefüge mehr hineingeboren, das ihm vorschreibt, wie er zu leben
hat. Statt dessen kann er unter diversen Lebensentwürfen und
Lebenswelten frei wählen.”
Einen "Existenz-Bastler" nennt der Dortmunder Soziologe Roland
Hitzler diesen Menschen, der sich nur nach sich selbst richtet. Was
aber keinen Einzelkämpfer aus ihm macht: Auch dieser Mensch, sagte
Hitzler in einem Vortrag, sei auf der Suche nach Gemeinschaft, nach
"Gesinnungsfreunden", mit denen er dann eine "Teilzeitgesellungsform"
bildet.
“Auch wenn das Individuum sich in die Welt aufmacht, so bleibt
doch die Gemeinschaft, aus der es kommt, sein wichtigster Halt. Im
Notfall kann es sich auf die Familie stützen, im Ausland bezieht es seine
Identität aus dem Herkunftsland. Nicht die frei gewählten
Gemeinschaften seien wichtig, sondern die, in welche das Individuum
hineingeboren wird und an die es unbewußt und gefühlsmäßig gebunden sei.”
1.2.2.4 Wohn- und Lebens-Stil Trends
Wie werden wir in Zukunft leben? Wie sieht unser morgiger Alltag aus?
Wie können wir unsere zukünftige Lebenswelt aktiv gestalten? Wie
können wir langfristig Lebensqualität sichern?
74
Diese Fragen gewinnen zunehmend an Bedeutung für politische,
wirtschaftliche und gesellschaftliche Akteure vor dem Hintergrund unterschiedlichster Entwicklungen: seien es die Prozesse der
Individualisierung und Pluralisierung oder die Anforderungen der
Nachhaltigkeit, seien es die Zunahmen sozialer Unsicherheiten oder die
immensen Einflüsse der Informationsgesellschaft.
Individualisierung
In Kapitel V der ,,Risikogesellschaft" liefert Ulrich Beck die entsprechenden Begriffsklärung. Es heiß dort im Text : ,,In diesem allgemeinen
Sinne meint ,,Individualisierung" bestimmte subjektiv-biographische
Aspekte des Zivilisationsprozesses (im Sinne von N. Elias), insbesondere in seiner letzten Stufe von Industrialisierung und Modernisierung
(inhaltlich im Sinne von E. Beck-Gernsheim, methodisch im Sinne von
K. M. Bolte): Modernisierung führt nicht nur zur Herausbildung einer
zentralisierten Staatsgewalt, zu Kapitalkonzentrationen und zu einem
immer feinkörnigeren Geflecht von Arbeitsteilung und
Markbeziehungen, zu Mobilität, Massenkonsum usw., sondern eben
auch - und damit sind wir bei dem allgemeinen Modell - zu einer dreifachen ,,Individualisierung": Herauslösung aus historisch vorgegebenen
Sozialformen und -bindungen im Sinne traditionaler Herrschafts- und
Versorgungszusammenhänge (,,Freisetzungsdimension"), Verlust von
traditionellen Sicherheiten im Hinblick auf Handlungswissen, Glauben
und leitende Normen (,,Entzauberungsdimension") und - womit die
Bedeutung des Begriffs gleichsam in ihr Gegenteil verkehrt wird - eine
neue Art der sozialen Einbindung (,,Kontroll- bzw.
Reintegrationsdimension").
In einem Modell stellt Beck den drei genannten Dimensionen noch zwei
weitere gegenüber, nämlich die der ,,objektiven Lebenslage" und die
des ,,subjektiven Bewußtseins". Er möchte im selben Kapitel die
Fragestellungen ,,Wie läßt sich ,,Individualisierung" als Veränderung von
Lebenslagen, Biographiemustern fassen? Welcher Zuschnitt von
Lebenslagen, welcher Typus von Biographie setzt sich unter entwickelten Arbeitsmarktbedingungen durch?"
Pluralisierung
Pluralisierung meint im eigentlichen Sinne des Worte ,,Plural" gleich
,,Mehrzahl", dass es zu einer Zunahme von familialen oder außerfamilia-
75
len Formen, entgegen der ,,Normalfamilie" mit ,,klassischer"
Arbeitsteilung, kommt. Diese Zunahme folgt den neuen ökonomischen
und demographischen Notwendigkeiten. Verlängerte Lebenszeiten und
eine schwierige Arbeitsmarktsituation führen zu der Freisetzung von
industriegesellschaftlichen Männer- und Frauenrollen. Die These von
der Individualisierung und Pluralisierung familialer Lebensformen meint
also, dass es aufgrund der ökonomischen Notwendigkeiten einer
Gesellschaft, die sich durch Modernisierungsschübe einstellen, zu einer
Zunahme von individuellen Lebensformen kommt, die jenseits der ,,traditionellen" Rollenvorstellungen liegen.
Trends beruhen auf Verhaltensänderungen von Menschen, die die künftige konkrete Ausgestaltung in Wirtschaft und Gesellschaft mittel- und
langfristig prägen.
Trends werden intuitiv gewonnen und oft kreativ-sprachschöpferisch
verbalisiert zu einem Element von Szenarien.
Basistrends erwachsen aus allen menschlichen Lebensbereichen und
aus der Natur: Demographie, Kultur, Technik, Werte, Lebensstile,
Globalisierung, neue Gesetze seien beispielhaft genannt. Die
Einbeziehung dieser treibenden Kräfte in die Strategien kennzeichnet
die Orientierung an der Zukunft und die Loslösung von den Strategien
der Vergangenheit. Die Kräfte, die die Gestaltung der Vergangenheit
bestimmt haben, sind nicht die die Zukunft bestimmenden Kräfte.
Die Wirtschaft wird über das Jahr 2000 hinaus durch mehrere
Haupftrends beeinflußt werden. Dazu gehören:
1. Bevölkerungszunahme und Migration;
2. Neue Werte-Cluster;
3. Internationalisierung der Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme;
4, Neustrukturierung des Rechts;
5. Neue Technologien;
6. Mediale Evolution;
7. Umweltorientierung;
8. Bioevolution - Die Ausdehnung der Ernährungsgrundlage;
9. Neue Waren und Dienste;
10. Konzepte der Arbeitsteilung und des Wandels der Arbeit;
11. Neue Verkehrskonzepte;
12. Kooperation und konzentrative Systembildung in der Wirtschaft;
13. Wandel der Wettbewerbsleitbilder und der
Wettbewerbsbedingungen;
14. Starke Benutzungszunahme des Marketing durch veränderten
Marktwiderstand und neue Transaktionsrituale.
76
durch Informations- und Kommunikationstechnik (mit)verursachte Trends
Die wachsende Akzeptanz neuer Informations- und
Kommunikationstechniken führt zu einer zunehmenden Verlagerung von
Daseinsfunktionen - Wohnen, Arbeiten, Einkaufen - in die eigene
Wohnung.
Bedeutungsverlust des öffentlichen Raums:
Die Anzahl unmittelbarer sozialer Kontakte im Alltag nimmt ab (z.B.
während der Arbeitszeit, beim Einkauf);
Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsorten könnte die
Bedeutung des Wohnstandortes für den Einzelnen erhöhen.
Das Bedürfnis nach sozialen Kontakten könnte wachsen und einen
neuen Bedarf für authentische und identitätststiftende öffentliche Räume
als Gegengewicht zur globalisierten Arbeits- und Medienwelt schaffen.
Lebensräume
Wie wird die Wohnung des postmodernen Menschen in naher Zukunft
aussehen? Die Prognosen der Trendforscher, Soziologen und
Architekten.
Von Angelika Hager: "Schräger wohnen" Artikel/profil sept.2001
... Die Teilnehmer des Vergangen Mai fand in Wien das interdisziplinäre
Symposium "Lifescape" statt. Die Zielsetzung des Symposiums lautete,
"die Prozesse zu analysieren, die zukünftige Wohnformen bestimmen".
Wohnen,, früher Ort des Privaten und Fluchtpunkt vor dem Öffentlichen,
mutiert durch den Einzug der Neuen Medien ins private Heim zunehmend zur Schnittstelle von Privatem und Öffentlichen.
Womit dem Wandel des Arbeitsprinzips, das innerhalb der gehobenen
Mittelschicht mehr und mehr in Projektarbeit, Teilzeitarbeit, nomadische
Arbeit und Telework aufsplittert, logistisch nachgekommen wird.
In “smart Homes” wird die menschliche Dreifaltigkeit Arbeit, Freizeit
und Wohnen an einem Ort exekutiert. ...
... die wachsende Zahl an alleinerziehender Mütter stellen den
expansivsten soziologischen Neotyp dar ..., durch eine aktuelle österreichische Scheidungsrate von 41 Prozent und den zunehmenden
Lebensmuster "Kind ja Mann nein". ...
... neuen pluralistischen Lifestyle-Konzepten ...
... Denn noch immer, so die deutsche Sozialforscherin Nicole
Schneider, "werden Wohnungen nach dem Leitbild des familiengerechten Wohnens konzipiert und gebaut." Und zielen damit zunehmend ins
77
Leere. Den das Konzept der klassischen Kleinfamilie ist vom
Aussterben bedroht.
"Was kommt", so Trendforscher Mathias Horx in seinem neuen Buch
"Smart Capitalism", "ist ein prekäres Patchwork, eine familiere
Splitterwelt, in der unendlich experimentiert, improvisiert, kombiniert,
gelitten, aber auch mehr geliebt wird als in der Vergangenheit ... Wie
die fraktalen Verästelungen eines Blumenkohls multiplizieren sich die
Modelle der privaten Lebensstile."
... Das Wesen, das sich die Wohnungsplaner zurzeit am meisten zu
Herzen nehmen müssen, ist der Single. Er ist allein, will dabei aber in
Gesellschaft sein. ...
Der explodierende Mehrbedarf an Wohnungen rekrutiert sich auch aus
der Tatsache, dass der Mensch bald, so der deutsche Zukunftsforscher
Karlheinz Steinmüller, eine Lebenserwartung von 100 Jahren beschert
sein wird. Das Prinzip Co - Housing mit auf der gemeinsamen Basis
genutztem Personal und Wirtschafträumen könnte, so Andreas Reiter
vom Wiener Zukunftsbüro, eine Lebensvision für "Golden Ager" werden.
Denn vereinzelt praktizieren Babyboomer, schon in ihrer Studentenzeit
WG-geprüft, bereits heute die Wohngemeinschaft in der Edelversion.
Hirschgeweih-Mentalität.
... "Das Zusammenleben von mehreren Generationen in einem offenen Lebensraum", erklärt Winfried Kallinger, Betreiber des GrossBauträgers Kallco, der im 23. Bezirk das Pilotprojekt "Wir nehmen unsere Eltern mit!" initiierte, "ist für mich ein zukunftsbestimmender Ansatz.
Denn die Jungen können vom Zeitpotenzial der Alten profitieren. Die
Grossfamilie kommt in einer gemilderten Form wieder. ...
... Der Lebensstil für alle Generationen, so sind sich Psychologen,
Soziologen und Trendforscher einig, geht zum emotionalen Freestyle,
von der Normalbiografie zur Wahlbiografie, die in ständiger Bewegung
begriffen ist. Nicht nur im zwischenmenschlichen, auch im beruflichen
Bereich. Drei- bis viermal in einem Leben die Profession zu wechseln
wird zum Alltag werden. Und noch öfter als seine Beruf wird man sein
Lebensambiente neu erfinden wollen. ...
... "Wohnen nimmt in diesem Wirrwarr der Lebensstile einen zentralen Konsumwert ein", so Andreas Reiter, der eben an einer Studie zum
Thema arbeitet, "Wohnen ist gleichzeitig Lifestyle-Produkt und
Identifikationsfaktor. Durch die Verschränkung von Job und Leben noch
viel mehr." ...
... Anfang der neunziger Jahre rief die US-Trendkönigin Faith
Popcorn die Cocooning-Welle, den Rückzug der exzessmüden Yuppies
ins Eigenheim, aus. Inzwischen hat die Gestaltung der Höhle für den
postmodernen Menschen mehr Statussymbolik als sein äusseres
Erscheinungsbild. ...
78
... Die Sehnsucht nach der eigenen schicken Höhle steht im paradoxen
Wiederspruch zum moderne Nomadentum. ...
... Das ich wird zur Baustelle ausgerufen, durchlebt ständige
Metamorphosen und ist auch an keinen ständigen Ort mehr gebunden.
...
1.2.3 Zielgruppendefinition
Es soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Zielgruppe für
das mnemo-Interfacesystem, das ich im Rahmen dieser Diplomarbeit
konzipiert habe, prinzipiell völlig offen ist, und nur insoweit eingegrenzt
ist, als dass Menschen ausgenommen sind, die digitale Medien generell oder zumindest in ihrem Heim ausnahmslos ablehnen.
Zielgruppe soll hier als ‘Benutzer’- und nicht als ‘Käufer’gruppe verstanden werden; insofern zählen dazu alle Altersschichten.
Da die Zielgruppe von “Natur” aus sehr breit gestreut ist, besteht
die Notwendigkeit im Rahmen dieser Diplomarbeit eine künstliche
Eingrenzung vorzunehmen, um eine zielgruppenspezfische Gestaltung
zu ermöglichen.
Ich beschreibe hierfür im Folgenden in einer Art Szenario wie eine
typische Benutzerin von mnemo aussehen könnte. Dieses Szenario
veranschaulicht zusätzlich durch praktische Beispiele die in Kapitel
1.2.1 vorgestellten TechnologieTrends:
Mia ist eine 27 jährige erfolgreiche Medien Designerin. Sie lebt
alleine, hat aber oft Freunde oder Arbeitskollegen zu Besuch. Ihr "Smart
Phone" (eine Mischung aus Mobiltelefon und PDA) ist ihr ständiger
Begleiter. Dieses mobile internetfähige Gerät mit drahtloser Übertragungstechnologie als Schnittstelle zu anderen Geräten ermöglicht es ihr
in Kombination mit ihrem ebenfalls mit Bluetooth ausgestatteten Laptop
auch unterwegs zu arbeiten. Ihr Arbeitsplatz ist somit nicht mehr an
einen Ort gebunden. Mia vermeidet es aber bewusst, ihr 'mobiles Büro'
zu Hause zu benutzen, da sie Wert darauf legt, Arbeit vom Privaten zu
trennen, um eine 'Zone des Ausgleichs' zu ihrem anstrengenden Job zu
schaffen. Ihre Wohnung hat zwar einen Internetanschluss, den nutzt sie
Mia - Szenariohauptdarstellerin als
typische Benutzerin von mnemo
jedoch nur für private Kommunikation, Unterhaltung und zur Befriedigung ihrer Freizeitinteressen. Manchmal erledigt sie auch ihren
Lebensmitteleinkauf über "Online-Shops", um mehr Zeit für sich zu
haben, die sie gerne bei einem Glas Rotwein und mit Freunden zu
Hause verbringt - dabei sehen sie sich oft einen Film an, den sie übers
"Web" gemeinsam ausgesucht und runtergeladen haben, oder sie ver-
79
gnügen sich bei irgendwelchen Computer- oder Brettspielen. Aber
eigentlich geniesst sie es auch, wenn es ihr die Zeit erlaubt, durch die
Geschäfte und Strassen zu schlendern; das ist für sie entspannend und
es macht ihr Spass zu sehen, was es so an 'Neuem' gibt. Sie hat auch
eine Lieblingsbuchhandlung; sie könnte dort stundenlang 'herumschmökern'. Sie weiss die Neuen Medien und deren Gerätschaften, die
nicht nur Gegenstand sondern auch Werkzeug ihres Berufes sind und
zu ihrem Lebensalltag gehören, sehr zu schätzen. Sie versteht die hitzige Diskussion um das Thema, ob die Neuen Medien nach und nach die
physische Welt ersetzen werden nicht; Mia ist der Überzeugung, nach
der sie auch lebt, daß es nicht um den Austausch der physischen Welt
durch die digitale Realität geht, sondern vielmehr darüber nachgedacht
werden sollte, wie die beiden sich sinnvoll ergänzen können. Wie eben
bei den Büchern, die sie so sehr liebt; die werden in Zukunft auch nicht
verschwinden, sondern durch die Neuen Medien ergänzt werden. Sie
würde niemals ihre wunderschönen Lexika in Buchform aus ihrer
Wohnung verbannen, obwohl sie manchmal auch daheim die online
Datenbank benutzt, deren Zutrittsberechtigung sie gemeinsam mit
ihrem Buchkauf erworben hat. Die Bücher haben einfach andere nicht
zu ersetzende Qualitäten: Mia blättert manchmal gerne in ihnen um
'quer zu lesen'. Warum ein ‚Entweder-Oder"? Ein ‚Und' ist doch viel
besser. Dieser Trend zu sogenannten "Hybriden" von on- und offline
Produkten haben mitlerweile viele Firmen aufgegriffen, aber vor allem
grosse Konzerne und Markenartikelhersteller wollen sich so von ihrer
Konkurrenz unterscheiden und Kunden an sich binden, denn die Leute
kaufen sich gerne Dinge mit Zusatznutzen. Über starke Marken erwerben sich Menschen auch eine Art Identität. Sogar Mia, die diese "branding"Strategien eigentlich sehr kritisch sieht, ist vor ihnen nicht gefeit.
Sie kauft sich auch lieber eine Levis-Jean als irgendein 'no-name-Teil'
aus einem dieser 'Billig-Läden'.
Aber diese “Neuen Hybriden Medien” haben auch eine praktische
Seite, findet Mia. Denn die gedruckten Wasserzeichen in ihrer
Lieblingszeitschrift "brandeins" fungieren wie ein ‚Link' auf Websites, auf
denen ergänzend zu den gedruckten Artikeln und Bildern, Ton und
bewegte Bilder zur Verfügung stehen; toller Zusatzservice findet Mia,
denn so kann sie auch noch mehr Informationen zu interessanten
Themen aufrufen oder kriegt Querverweise zu themenverwandten
Artikeln.
Auch die Nahrungsmittel Industrie bedient sich mehr und mehr des
Webs zur Informationsverbreitung, denn wie Mia sind auch andere
Menschen durch die vielen Lebensmittelskandale der letzten Zeit verunsichert. Auf diesen Websites lassen sich neben Informationen zu den
Nahrungsmitteln auch Rezepte und andere Tips rund ums Essen nicht
80
nur nachlesen, denn manche Hersteller versuchen wirklich mit allen
Mitteln bei Kunden einen positiven Eindruck zu hinterlassen, indem sie
auch ‚Downloads' fürs festliche Ambiente anbieten. Mia hat zum
Beispiel bei ihrem letzten Dinner zu dem sie ein paar Freunde geladen
hatte, was Exotisches aus dem Supermarkt gekocht, eines dieser vielen
Halbfertiggerichte, die schnell gehen, gut schmecken und man nicht
viel falsch machen kann. Zuhause angekommen hat sie auf der
Lebensmittelverpackung eine Homepage Adresse des Herstellers entdeckt mit der Aufschrift "Kochanleitung & exotisches Ambiente für ein
gelungenes Dinner" > gleich hat sie die Webadresse in ihren
Heimcomputer eingetippt und tatsächlich gab es hier ‚Downloads' für
die passende Musik und ‚Visualisation-PlugIns' die wie eine Art Video
Bilder passend zum Rhythmus der Musik und mit asiatisch angehauchten farbenprächtigen Mustern erzeugten, die Mia über ihren
Videobeamer teilweise auf den Tisch und an die Wand projizierte ‚wow' - Mia war begeistert, wie auch ihre Gäste; der Abend wurde zu
einem vollen Erfolg.
Für Mia ist ihr Zuhause auch ein wichtiger Ort des Rückzugs und
der Ruhe, den sie sich mit ihrer Vorliebe für schlichtes aber nicht kühles
Design entsprechend gemütlich eingerichtet hat. Die Dinge, die sie
umgeben sind ausgewählte Stücke; jedes hat eine Bedeutung und
Geschichte für sie.
Sie lebt nicht in der selben Stadt wie ihre Familie. Aus beruflichen
Gründen hat sie in den letzten Jahren nicht nur einmal ihren Wohnort
geändert. Die "Umzieherei" macht sie zwar 'krank', wie sie immer
lachend sagt, vor allem weil sie dabei auch ihr liebe und wichtige
Menschen zurücklässt, aber ihr Beruf war ihr bisher immer wichtig
genug. Die Möglichkeiten der Telekommunikation helfen ihr jedoch mit
für sie wichtigen Personen und ihrer Familie in Kontakt zu bleiben;
dabei trifft sie sich mit ihnen im Cyberspace in sogenannten "Chat
Rooms", was Spass macht, und zumindest die Zeit überbrücken hilft,
bis sie wieder Gelegenheit hat ihre Lieben "face to face" zu treffen. Bei
diesen seltenen Treffen macht sie immer viele Fotos mit ihrer
Digitalkamera die via Bluetooth mit ihrem Smartphone in Verbindung
steht. So kann sie die Bilder gleich auf ihrem Heimrechnersystem ablegen. Diese Bilder sieht sie sich dann gerne an einem verregneten
Sonntagnachmittag in ihre Decke eingekuschelt und in Erinnerungen
schwelgend an. Dabei sitzt Sie gemütlich, mit ihrem Laptop, das sie aus
der Arbeit mitgebracht hat, auf dem Sofa. Extra für ‚solche'
Nachmittage, hat sie sich einen Ordner als Archiv für all ihre
Lieblingsbilder voller Erinnerungen angelegt, auf den sie einfach nur zu
klicken braucht, wenn sie an einem verregneten oder tristen Tag ein
wenig Aufheiterung und Sonne braucht.
81
Eigentlich schaut sie sich die Bilder gar nicht so oft an, denn
meistens genügt ein bewußter Blick auf den Ordner mit dem Namen
Sonnenschein, um ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern; die imaginären Bilder erscheinen dann ganz von alleine in ihrem Kopf > als
Erinnerungen!
82
1.3 Funktionsanalyse
Gebrauch- und Verwendbarkeit des zu entwickelnden Produktes und
/oder Produktsystems
Die Formulierung der Zielsetzung gefolgt von den Gestaltungskriterien
und der daraus abgeleiteten Funktionsanalyse basiert auf den
Erkenntnissen, die ich im Laufe meiner Diplomrecherchen gewonnen
habe. Diese sind im Abschnitt 1.1 und 1.2 ausführlich dokumentiert.
1.3.1 Zielsetzung
Das Primärziel und somit meine selbstgewählte Aufgabenstellung ist die
Konzeption und Gestaltung eines Interfaces für den privaten
Lebensraum. Dieses soll dem Bewohner/den Bewohnern erlauben, auf
seine/ihre digitale und somit immaterielle Wirklichkeit in Form von
Bildern, Ton, Text, Software (Terminkalender etc), Online-Anwendungen,
das Internet, digitales TV und Radio etc. zugreifen zu können; diese
sogenannten Neuen Medien sind schon jetzt und werden noch vermehrt in Zukunft zu Selbstverständlichkeiten in unserem Alltagsdasein.
Dabei soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass es hier um
die Gestaltung eines Interfaces für den privaten Bereich geht; es soll
nicht nur bewusst Abstand von der Formensprache und Anmutung der
heutigen Geräte zu nehmen, die fast ausschliesslich für die moderne
Arbeitswelt konzipiert wurden, sondern es geht vor allem darum, dem
privaten Umfeld entsprechend neuartige Mensch-ComputerInteraktions-Ansätze zu entwickeln.
1.3.2 Konzeptionskriterien
Folgende Kriterien bildeten den Rahmen für die
Konzeptausarbeitung:
1. der Mensch und seine vielschichtigen Bedürfnisse (siehe Kapitel 1.1)
83
sollen im Mittelpunkt gestalterischer Überlegungen stehen.
2. Bewußte Unterscheidung zwischen einer Arbeitsplatzsituation, in der
Normen und Regeln vorherrschen, um die Zusammenarbeit zu erleichtern, und einer Wohnsituation, in der persönliche Preferenzen und die
Entwicklung sozialer "Codes" bestimmend sein sollten. Es sollen also
neuartige Ansätze für die Schnittstelle Mensch und Computer entwickelt
werden, die nicht auf den herkömmlichen aufbauen, sondern diese für
den Einsatz im privaten Lebensraum in Frage stellen.
3. Es geht um die Gestaltung von Interaktionsabläufen zwischen
Mensch und Computer, welche im Benutzer ein positives "Erleben"
bewirken sollen; die dazu benötigte Gerätschaft ist als Werkzeug anzusehen, um dieses Erlebnis zu ermöglichen, und nicht als ein für sich
stehender, zum Selbstzweck augerichteter Gegenstand, der zu gestalten ist.
4. Der “User” soll nicht merken bzw. damit konfrontiert werden, welche
komplexen Sachverhalte und Systeme hinter den einfach und intuitiv zu
bedienenden Geräten und Interfaces stehen.
5. Nutzung des Synergie-Effekts, der entsteht, wenn unsere physischen
und digitalen “Realitäten” unseres westlichen Lebens-Stils sinnvoll
zusammenspielen
6. Kompatibilität und Konvergenz mit bestehenden Netzwerken,
Systemen und Produkten unseres Alltags unter Berücksichtigung
absehbarer zukünftiger Entwicklungen sind entscheidende Kriterien
sinnhafter Artefakte und Konzepte in einer vernetzten Welt
7. Berücksichtigung und Nutzung der dem analogen Menschen innewohnenden Wahrnehmungsmerkmale, wie sie z.B. in der kognitiven
Psychologie beschrieben werden.
8. Möglichkeitsräume für den Menschen schaffen, in denen er sein
Gestaltungs- und Kreativitätspotential leben und entfalten kann, um in
dieser persönlichen Wechselbeziehung zwischen Mensch und Raum
Identität zu stiften. Verlagerung von vorgefertigten Interaktionen zu
benutzerdefinierten.
9. Orientierung, Sicherheit und der Wunsch nach Kontrolle sind fundamentale Bedürfnisse des Menschen; deren Gewährleistung stellt in
unserer an Komplexität wachsenden Welt eine vordergründige und
84
wichtige Aufgabe für den Gestalter dar. Technologietrends wie die des
"ubiquitous", "pervasive" und "invisible" computing machen auch vor der
privaten Haustür nicht halt. Viele Zunkunftsstudien und -szenarien großer Firmen und ihrer sogenannten "think tanks" entwickeln und zeichnen visionäre Bilder sogenannter "smart homes" mit "intelligenten" und
interaktiven Wohnlandschaften. Hier liegt es am Designer diese
Interaktionen derart zu gestalten, daß dem Benutzer eine einfache,
logisch strukturierte Navigation ermöglicht wird.
10. Berücksichtigung der Tatsache, daß der persönliche Geschmack
gerade in unserem Zuhause eine wichtige Rolle spielt.
11. Als körperliche materielle Wesen ist die physische Wirklichkeit und
der einhergehende physische Raum von existentieller Wichtigkeit für
uns. Das Erleben des Privatraums hat direkte Auswirkungen auf unser
Da-Sein und ist daher Thema.
12. Die Veränderung der Dinge ist enorm und sie trifft uns tief. Der
Trend zur ständigen Verringerung der tatsächlich funktional nötigen
Bestandteile sowie die räumliche Komprimierung derselben bewirken
tiefgreifende Veränderungen im Umgang mit diesen Artefakten. Die
Option der 3-dimensionalen Codierung technischer Vorgänge ist nicht
mehr gegeben. Der stetige Abbau der Verkörperung von Artefakten
innewohnender Potentiale bedeutet einen schmerzhaften Verlust für den
Menschen. Es liegt an, neue Konzepte des Interface-Designs zu entwickeln. Ein optimiertes Zusammenspiel und -wirken von Soft- und
Hardware scheint hier ein Lösungsansatz.
1.3.3 Funktionsanalyse
In diesem Kapitel werde ich zuerst das von mir konzipierte InterfaceSystem für den privaten Lebensraum in seiner Funktion beschreiben,
wobei es hier darum geht ‘was es können soll’, einhergehend mit der
Frage nach dem ‘Sinn’. Das ‘Wie’ also die technische und formgebende
Umsetzung entnehmen Sie bitte dem nachfolgenden Kapitel 1.4
Projektbeschreibung. Es sei hier nur erwähnt, dass das Systemprinzip
auf einem Zusammenspiel zwischen bestehenden oder sich in
Entwicklung befindenden (siehe Kapitel Marktanalyse) Technologie- und
Netzwerkstandards, die als elektronische Hausinfrastruktur oder
Gerätschaften des täglichen Gebrauchs Einsatz finden, und den von mir
zu gestaltenden Systemkomponenten basiert.
85
Die Gerätekomponenten, bestehend aus einer Armband”uhr” und
einem “hybriden” Möbel, sind Gegenstand der unten angeführten
Funktionsanalyse, welche die Gebrauchbarkeit und die
Verwendungsmöglichkeiten zum Thema hat.
Diese Analyse wurde unter Berücksichtigung des im Kapitel 1.3.2 angeführten Kriterienkataloges erstellt bzw kann als deren Ergebnis angesehen werden.
Es soll an dieser Stelle auch wie schon zuvor in Kapitel 1.2.2.2 festgehalten werden, dass die Definition der Zielgruppe für dieses
Interfacesystem prinzipiell völlig offen ist, und nur insoweit in seiner
“Natur” eingegrenzt ist, als dass Menschen ausgenommen sind, die
digitale Medien generell oder zumindest in ihrem Heim ablehnen.
Der Begriff der Zielgruppe soll in diesem Sinn als ‘Benutzer’- und nicht
als ‘Käufer’gruppe verstanden werden; insofern zählen dazu auch
Kinder oder Jugendliche, die in einem Haushalt leben, der mit dem
Interfacesystem ausgestattet ist.
Es ist also notwendig im Rahmen dieser Diplomarbeit eine künstliche Eingrenzung der Zielgruppe vorzunehmen, wie dies im Kapitel
1.2.2.2 getan wurde, um eine zielgruppenspezfische Gestaltung zu
ermöglichen.
Ich werde hier nochmals kurz anhand der schon im Kapitel 1.2.2
vorgestellten fiktiven Person namens “Mia” ein Bild zeichnen, das für
die von mir gewählte Zielgruppe steht und diese so veranschaulichen
soll:
Mia ist eine 27 jährige erfolgreiche MedienDesignerin. Sie lebt alleine,
hat aber oft Freunde oder Arbeitskollegen zu Besuch. Ihr “Smartphone”
(eine Mischung aus Mobiltelefon und PDA) ist ihr ständiger Begleiter.
Trotz ihrer Aufgeschlossenheit “Neuen Medien” gegenüber liebt sie
Bücher über alles und nimmt nur selten ihr Laptop von der Firma mit
nach Hause, da sie Wert darauf legt, Arbeit vom Privaten zu trennen, um
eine ‘Zone des Ausgleichs’ zu ihrem anstrengenden Job zu schaffen.
Ihre Wohnung hat zwar einen Internetanschluss, den nutzt sie jedoch nur
für private Kommunikation, Unterhaltung und für ihre Freizeitinteressen.
Ihr Zuhause ist ein wichtiger Ort des Rückzugs und der Ruhe den sie
sich ihrer Vorliebe für schlichtes aber nicht kühles Design entsprechend
gemütlich eingerichtet hat. Die Dinge, die sie umgeben sind ausgewählte Stücke; jedes hat eine Bedeutung und Geschichte für sie. Sie lebt
nicht in der selben Stadt wie ihre Familie. Aus beruflichen Gründen hat
sie in den letzten Jahren nicht nur einmal ihren Wohnort geändert. Die
“Umzieherei” macht sie zwar ‘krank’, wie sie immer lachend sagt, vor
allem weil sie auch oft ihr liebe und wichtige Menschen zurücklässt,
aber ihr Beruf war ihr bisher immer wichtig genug diese Veränderungen
auf sich zu nehmen. Die Möglichkeiten der Telekommunikation helfen ihr
86
jedoch mit ihr wichtigen Personen und ihrer Familie in Kontakt zu blei-
Mass Customization
ben; dabei trifft sie sich mit ihnen im Cyberspace in sogenannten “Chat
(kundenindividuelle
Massenproduktion)
ist die Produktion von Gütern und
Leistungen für einen (relativ) großen Absatzmarkt, welche die
unterschiedlichen Bedürfnisse
jedes einzelnen Nachfragers dieser Produkte treffen, zu Kosten,
die ungefähr denen einer massenhaften Fertigung vergleichbarer
Standardgüter entsprechen.
Die Informationen, die im Zuge
des Individualisierungsprozesses
erhoben werden, dienen dem
Aufbau einer dauerhaften, individuellen Beziehung zu jedem
Abnehmer.
Rooms”, was Spass macht, und zumindest die Zeit überbrücken hilft bis
sie wieder Gelegenheit hat ihre Lieben “face to face” zu treffen.
“Mia” ist eine Phantasie-Figur. Ich habe mich dabei von den soziokulturellen Trendanalysen in Kapitel 1.2.2 inspirieren lassen.
Diese Zielgruppendefinition ist Teil der Basis auf der die gestalterische
Umsetzung meines Interfacesystem-Konzeptes aufbaut.
Ich möchte trotzdem erwähnen, dass im Hinblick auf zukünftige
Produktionsmethoden-Entwicklungen wie der “Mass Customization” es
prinzipiell denkbar ist, verschiedenste “Designs” und Ausführungen
anzubieten, je nach Wunsch des Benutzers.
Interfacesystem Beschreibung - was es können soll:
Primär soll das Interfacesystem für den privaten Lebensraum dem
Bewohner erlauben seinen persönlichen digitalen Datenraum wie z.B.
Erinnerungsbilder oder -filme, Lieblingsmusik, bedeutungsvolle Texte,
eMails, Terminkalender, Websites mit Services (Fahrplanauskunft,
Ticketreservierungen etc.)usw. aber auch Informationen und
Unterhaltung in digitaler Form mit seinem physischen Lebensraum zu
verbinden. Weiters soll ermöglicht werden bisher starre, dem Menschen
und seinen persönlichen Bedürfnissen bzw. Präferenzen nicht anpassbare Hausinfrastruktur-Steuerkomponenten wie z.B. Lichtschalter individuell im Raum anordnen zu können.
Dabei soll es um folgende Ziele gehen:
- Vereinfachung von Handlungsabläufen
- direkt(er)en Zugriff auf digitale Daten
- eine dem Wohnambiente adäquate Interaktionsform zwischen Mensch
und Technik gewährleisten
- individuelle und einfach zu bewerkstelligende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, die den Raumbezug und somit das Wohlbefinden des
Bewohners verstärken soll. Gleichzeitig wird durch die Schaffung von
‘Möglichkeitsräumen’, die Entfaltung der im Menschen innewohnenden
Kreativität gefördert, deren ‘Ausleben’ identitätsstiftend wirkt.
- Das System soll nicht nur offen und kompatibel zu anderen (elektronischen) Geräten sein, sondern mit diesen zusammenspielen . Der daraus enstehende Synergie-Effekt trägt zur sinnhaften und relevanten
Nutzbarkeit für den Menschen bei.
Armband”Uhr”Funktionen - was soll sie können:
Die von dem Bewohner getragene Armband”uhr” dient als Bindeglied
zwischen den von ihm kreierten physischen Repräsentanten persönlicher digitaler Daten und dem ‘intern’- und ‘extern’vernetzten Heimrech-
87
nersystem oder auch anderen drahtlos vernetzten Geräten (Smartphone,
RFID Technologie
PDA), das diese Daten verwaltet oder übers Internet abrufen kann. Es
RFID = RadioFrequenz
IDentifikation
Ein Lesegerät schickt über eine
Antenne RF Strahlung aus und
aktiviert einen Transponder kurz
auch RF-Tag genannt; dieses
schickt wiederum dem Lesegerät
seinen eindeutigen
Identifikationscode(geht durch
Materialien).
“Smart Labels”, eine Anwendung
dieser Technologie werden in
naher Zukunft die herkömmlichen
Barcodes zum Grossteil ersetzen.
Die Tags sind hauchdünne nur
wenige Millimeter grosse Folien
die nur 10Groschen kosten werden. (siehe Kapitel 1.2
Marktanalyse und 1.4
Projektbeschreibung)
gibt zwei Arten von Repräsentanten (aufgrund bestehender
Technologie-Standards): RF-Tags und ‘digitale’ Wasserzeichen. Diese
können sich an jedem denkbaren Ort befinden, je nach Wunsch des
Benutzers, der diese selbst in seinem privaten Lebensraum anordnet;
sie können sich auch an verschiedensten Produkten in Form von
Zusatzleistungen befinden oder man trifft auf sie im öffentlich Raum.
Sobald diese sich in gewisser Reichweite befinden, erscheinen sie auf
dem Display der Uhr. In dieser Konzeption soll die Armband’Uhr’ folgende Funktionen erfüllen:
- sie soll angenehm zu tragen sein (Ergonomie) > Form und Material
sollen dies gewährleisten
- man soll schnell und einfach zwischen den 2 Grundmodi (“UhrFunktion” und “Lese/Sanner-Funktion”) wechseln können.
- der Verschluss der ‘Uhr’ soll ein versehentliches ‘Öffnen’ verhindern
und einfach mit einer Hand machbar sein.
- an der Unterseite der ‘Uhr’ soll eine kleine flache Kamera angebracht
sein, mit der man ‘digitale’ Wasserzeichen lesen kann. Die Position der
Kamera, des Displays und des Auges des Betrachters bilden eine optische Achse, wodurch das Erfassen des in einem Bild implementierten
Wasserzeichens einfach zu bewerkstelligen ist; zusätzlich sieht man auf
Ergonomie
die; -, kMz. (med.) Wissenschaft
von der körperlichen
Leistungsfähigkeit des Menschen
in seiner Arbeitsumgebung und
der Anpassung der Arbeitsgeräte
an seine Bedingungen
dem Display der ‘Uhr’ was die Kamera aufnimmt, also den Untergrund.
- das ringförmige RadioFrequenz-Lesegerät soll im Armband der ‘Uhr’
integriert werden. Es soll möglich sein, die Reichweite dieser
Lesefähigkeit zu verändern, um so eine Sortierung bzw. Vorauswahl der
Tags treffen zu können > mittels eines ‘Scroll’Rades ist dies intuitiv auszuführen.
- das Display soll in Grösse und Ausformung auf den Charakter der
anzuzeigenden Inahlte Bezug nehmen > Tag/Wasserzeichen-Listen
- das Display soll eine TouchScreen Funktion haben, um eine direkte
Auswahl aus der angezeigten Liste zu ermöglichen
- es sollte eine Funktion geben, mit der sich die Tag/Wasserzeichen
Information /Identiät speichern lässt, um sie später nutzen zu können.
88
- im privaten Raum sollten Tags prinzipiell durch Hilfe von Software auf
“human centered”
dem Heimrechnersystem unterdrückt werden können, damit der Träger
der Mensch als analoges Wesen
im Mittelpunkt der
Gestaltungskriterien digitaler
Artefakte; nicht der Mensch soll
sich nach der Technik richten
müssen, sondern die Technik sollte nach dem Menschen ausgerichtet werden (siehe Kapitel 1.1.1
der Mensch)
nicht von unwichtigen oder störenden Informationen belästigt wird.
Generell sollten beim ersten mal des Erscheinens eines Tags auf der
‘Uhr’ entschieden werden müssen, ob dieses in Zukunft aktiv sein soll;
dadurch ist es notwendig, dass die ‘Uhr’ 2 verschiedene “Verhalten”
aufweist, je nachdem ob sie in der Wohnung getragen wird oder im
öffentlichen Raum. Zusätzlich sollten einmal-deaktivierte Tags auch wieder aktiviert werden können.
- die Benutzung soll einfach und intuitiv sein (Software-Ergonomie) >
hier sollen die Prinzipien des “human centered” Interface-Designs zum
tragen kommen; hierbei muss der einhändigen Benutzung direkt am
Handgelenk Rechnung getragen werden; auch die Anwenderführung
und -navigation ist von primärer Wichtigkeit, im Zusammenspiel mit den
anderen Systemkomponenten.
- in der ‘Uhr’ sollen auch kleine Lautsprecher integriert sein; vor allem
um akustisches Feedback während der Bedienung geben zu können
- die eingesetzten Soft- und Hardwarekomponenten sollen sich ergänzen und ihren Stärken entsprechend sinnvoll eingesetzt werden
- Berücksichtigung der Zielgruppe hinsichtlich Alter, Geschlecht, “Neue
Medien Kompetenz”, LifeStyle usw. in Form und Funktion der
Armband”Uhr”. Die Zielgruppendefinition ist weiter oben angeführt oder
dem Kapitel 1.2.2 zu entnehmen.
- ihre Formgebung soll die hochtechnologischen Fähigkeiten wiederspiegeln und trotzdem
Ausgabegerät-Funktionen - was soll es können:
- das Ausgabegerät soll so ausgelegt sein, dass es prinzipiell alle anderen Ausgabegeräte im Heim ersetzen kann. > Grösse (Volumen und
Bildfläche), Gewicht(Mobilität), Bildqualität(Helligkeit und Schärfe),
Flexibilität, Kompatibilität sind hier ausschlaggebende Kriterien. Die
OLED-Display Technologie erfüllt all diese Anforderungen in optimaler
Weise: es handelt sich hierbei um ein flexibles, durchsichtiges, dünnes,
selbstleuchtendes Foliendisplay mit hoher Bildqualität, das in absehbarer Zukunft auch grossflächig hergestellt werden kann, und preislich
weit unter herkömmlichen Technologien liegt.
- die OLED Technologie legt durch ihr Funktionsprinzip von selbsleuch-
89
tenden Folien Nahe, das Display zusätzlich auch als vielfach manipulierbare Lampe zu benutzen
- das Display soll an verschiedensten Orten im Raum genutzt werden
können > mobil nicht fix installiert > Ständer/Stativ
- es soll touch sensitive sein, aber auch über verschiedene Steuergeräte
manipulierbar sein (Tastatur, Maus, ... )
- es soll optimal für eine Einzelperson, aber auch in Gruppen
Verwendung finden > Fläche aus der Vertikalen in die Horizontale
klappbar, um so zur Kommunikationsfläche in Tischform zu werden, auf
der man in der Familie und mit Freunden miteinander und den
NeuenMedien interagiert (OLED-Betrachtungswinkel beinahe 180°!)
- das Klappen der Displayfläche soll einfach sein; totzdem ist auf
Stabilität zu achten.
- softe/gepolsterte Armauflage-Leisten um das Display angebracht solllen in ihrer horizontalen Stellung dem Benutzer ermöglichen, sich aufstützen zu können. Zusätzlich soll durch den Eindruck der Weichheit
und somit Unebenheit verhindert werden, dass Getränke und Essen
darauf abgestellt werden.
- es sollen Lautsprecher integriert sein zur Wiedergabe von Ton und
Musik; im Rhythmus zur Musik können gleichzeitig dynamische
Ambient-Lichtsimmungen von der OLED-Folie erzeugt werden.
- da das Display im privaten Lebensraum zum Einsatz kommt, soll es in
seiner Anmutung Möbelcharakter haben; es soll leicht wirken (&sein),
jedoch nicht klinisch kalt, sondern eine gewisse Wohnlichkeit ausstrahlen.
90
1.3.4 relevante Ergonomie-Daten
Ergonomische Anforderungsmerkmale
Bei der nutzergerechten maßlichen Auslegung von Produkten und
Arbeitsplätzen, aber auch für den Privatbereich sind ergonomische
Anforderungsmerkmale z. B.:
- Sicherheit (Einhaltung von Sicherheitsabständen),
- Erreichbarkeit, Funktionssicherheit (z. B. bei Betätigung von
Stellteilen),
- ausreichender Bewegungsraum (Zugänglichkeit für Teile des Körpers,
Freiräume, Wirkräume),
- physiologisch günstige Körperhaltungen (Anpassung an wechselnde
Belastungen),
- sicheres und ermüdungsarmes Hantieren von Gegenständen,
- Optimierung der Sichtgeometrie (Sichtmaße, Blickwinkel, -felder),
- natürliche Bewegungsabläufe usw.
Körpermaße
Geschlechts- und altersspezifische Unterschiede zeigen sich in
Körpergröße und -proportionen.
Frauen sind in Mitteleuropa durchschnittlich 10 cm kleiner als Männer,
91
haben i. allg. ein breiteres Becken, schmalere Schultern, kürzere
Extremitäten und weisen eine stärkere und andersverteilte Korpulenz
Ergonomisch relevant können besonders altersbedingte Veränderungen
des Körpergewichts und der Breiten- und Umfangsmaße sein. Jürgens
gibt für die Zunahme von Taillenumfang und Körpergewicht 40jähriger
gegenüber 20jährigen Männern 11% an, die Veränderung von Gesäßund Oberschenkeldicke beziffert er mit 6 bis 7 % Zunahme. Bekannt ist
auch, daß Bewegungsradien älterer Menschen eingeschränkt
sein können.
Tischhöhe
Tastatur & Maus auf dem 72 cm hohen Tisch sind für Körpergrösse 160
- 180 cm geeignet, wenn der Tisch nicht höhenverstellbar ist. Menschen
sind unterschiedlich groß und haben unterschiedliche Rumpf- und
Beinlängen, ist der Stuhl auf die richtige Höhe eingestellen, sind dann
Tisch-Höhenverstellung (68-76 cm) oder abgesenkte Tastatur meist
nicht mehr nötig! Siehe auch Bildschirmarbeitsverordnung (Es muß
genügend Raum für eine ergonomisch günstige Arbeitshaltung vorhanden sein. Er ist dann ausreichend, wenn durch die Höhe der
Arbeitsflächen oder -Tische und den Beinfreiraum keine haltungsbedingten Gesundheitsgefahren bestehen und wechselnde, nicht ermüdende Arbeitshaltungen ermöglicht werden.)
Die am häufigsten genutzten Arbeitsmittel in den "kleinen Greifraum";
das ist der Bereich, der mit herabhängenden Oberarmen und ohne
Körperbewegung erreichbar ist.
Weniger genutzte Arbeitsmittel im "erweiterten Greifraum" unterbringen;
das ist der Raum, der mit ausgestreckten Oberarmen aber ohne schädliche Körperdrehungen erreichbar ist.
Ein häufig benötigter Bildschirm sollte im horizontalen Blickfeld stehen,
d.h. er ermöglicht geradeaus zu sehen.
Arbeitsunterlagen und Büromaterial können in einem weiter entfernt stehenden Regal untergebracht werden.
Beinfreiraum
nach DIN 4549 u. 4554
Der Beinfreiraum ist dann ausreichend, wenn die folgenden Kriterien
erfüllt sind:
92
Höhe mindestens 65 cm
Breite mindestens 58 cm
Tiefe mindestens 60 cm
Gesundheitsgefahren
Wenn die Tischhöhe nicht stimmt, wird die Arm- und Rückenmuskulatur
übermäßig beansprucht. Sind die Tische zu schmal, können die einzelnen Arbeitselemente nicht flexibel genug der jeweiligen Arbeitsaufgabe
angepaßt werden. Zwangshaltungen, die vor allem die Wirbelsäule
belasten, können die Folge sein. Auch fehlender Beinfreiraum begünstigt statische sowie verkrampfte Arbeitshaltungen, und es drohen
Durchblutungsstörungen.
93
Sehachse
= Blicklinie (Verbindungslinie Auge - Sehobjekt)
Raumlage körperhaltungsabhängig ergibt sich aus der Auslenkung des
Kopfes und der Augen gegenüber der Horizontalen
Augenstellung (-auslenkung in Ruhelage): generell ca. 10° - 15° gegenüber Horizontale Neigung des Kopfes im Stehen und Sitzen verschieden:
Stehen: ca. 15° - 20°
Sitzen: ca. 25°
94
Sehentfernung
Die SEHENTFERNUNG hängt ab von:
- der Art der Sehaufgabe,
- der Beleuchtungsstärke,
- dem individuellen Sehvermögen,
- Größe, Form, Farbe des Sehobjekts,
- Größe, Kontrast der Sehobjektumgebung
Richtwerte für bevorzugte Sehentferungen:
120...250 mm Feinstarbeiten (Kleinstteile, uhren, elektronische
Bauelemente)
250...350 mm Feinarbeiten (Rundfunk-, Fernsehgeräte)
bis 500 mm mittelgrobe Arbeiten (Ablesen von Anzeigen)
Akkomodation
-Nahpunkt:
-altersabhängig:
(s. auch Akkomodationsbreite)
Alter (Jahre) Nahpunkt (in cm)
16 Jahre 8
25 Jahre 10
32 Jahre 12.5
44 Jahre 25
95
50 Jahre 50
60 Jahre 100
Nahpunkt für die Gestaltung von Arbeitsplätzen: 50 cm
Fernpunkt: ca. 1 - 2 m vor Auge
Eine wichtige Voraussetzung ist der Abstand zwischen Bildschirm und
Auge. Der Abstand sollte zwischen 50 und 70 cm betragen. Eine leichte
Blickneigung von etwa 30 Grad wird im Allgemeinen als besonders
angenehm empfunden. Ausgehend von der Tischhöhe von 720 mm soll
für die Beine ein Mindestspielraum von 650 mm vorhanden sein. Als
Sitz eignet sich am besten ein verstellbarer Drehstuhl. Sitzhöhe: verstellbar zwischen420 und 530 mm?
Handgelenkumfang
Mit folgenden Manschettengrößen werden verläßliche Werte gemessen
Patient OberarmUmfang(cm)
Länge* (cm)
Gummiteil der ManschetteBreite x
HandgelenkUmfang (cm)
Kleinkind
5x 8
Kind
8x13
Erwachsener
unter 30
-
12-13 x 24(Standardmanschette)
13,5 bis 19,5 cmSondergrößen bis 22 cm erhältlich
96
30-41
15 x 30
über 41 18 x 36
*Die angegebenen Längen sind Mindestmaße
Für Übergewichtige mit einem Oberarmumfang von über 30 cm und für
Kinder sind spezielle Manschetten erforderlich. Bei einem
Oberarmumfang zwischen 30 und 41 cm soll die Manschettengröße 15
x 30 cm, bei einem Oberarmumfang über 41 cm soll sie 18 x 36 cm
betragen.
Die derzeit erhältlichen Geräte für die Blutdruckmessung am
Handgelenk sind für einen Handgelenksumfang zwischen 13,5 und 19,5
cm geeignet,.Sondergrößen bis 22 cm sind im Handel.
Schriftgröße
Die Schriftgröße (auch Schriftgrad genannt) eines Fonts richtete sich
seit jeher nach der Kegelhöhe der Lettern. Als Maßeinheit dient der
"Punkt". Dessen Größe wird wiederum durch mehrere verschiedene
Maß-Systeme definiert. Als quasi-Standard hat sich heutzutage in der
digitalen Druckvorstufen der DTP-Punkt durchgesetzt.
Bezeichnung
- Didot-Punkt
1768 von Didot eingeführt, errechnete sich urspr. aus dem 864. Teil der
Länge des franz. Königsfußes: 0,367 mm. Nach modernerer Definition
jetzt 0,375 mm.
- 1 Cicero=12 dp
- Point/Pica
1773 von Fournier eingeführt. 1 Point ist der 864. Teil der Länge des
engl. Königsfußes: 0,352 mm ;-)
- 1 Pica=12 Points
- DTP-Punkt
72. Teil eines Inch (Zoll): 0,353 mm
Die Benutzung unterschiedlicher Schriftgrößen ist ein geeignetes Mittel,
um Texte zu gliedern und auszuzeichnen. Im Laufe der
Typografiegeschichte haben sich daher verschiedene Größenkategorien
herausgebildet:
·
Konsultationsgröße: 6p - 8p
·
Lesegröße (Fließtext, "Brotschrift"): 8p - 12p
·
Auszeichnungsgröße: 12p - 20p
Schaugröße: > 20p
97
1.4 Projektbeschreibung
Beschreibung des Diplomprojektes als Ergebnis meiner Diplomarbeit
mnemo Produktsystem bestehend aus mnemoUhr und mnemoMulti3)
(Funktionsprinzip und
Abschliessend: Szenario mit praktischen Anwendungsbeispielen
mnemo ist der Name des Produktsystems, das ich im Zuge meiner
Diplomarbeit entwickelt und gestaltet habe.
Die mir selbst gestellte Aufgabe lautete: Gestaltung eines
InterfaceSystems, das dem Menschen erlaubt, das “Virtuelle” in den
physischen Privatraum zu integrieren. Das Ziel dabei ist, das klassische
auf Monitorgösse beschränkte ComputerInterface, das für den
Arbeitsbereich entwickelt wurde, und in seiner Starrheit und Normierung
nicht der Nutzung, Funktion und dem ‘Wesen’ des privaten Lebensraum
entspricht, aufzubrechen und neuartige Ansätze für die Interaktion
Mensch - Computer zu finden.
Die Formulierung dieser Aufgabenstellung ist das Ergebnis ausführlicher Recherchen im Themenfeld des privaten Lebensraumes.
Unser Heim ist ein Ort des Rückzugs aber auch ein Ort an dem wir
unsere Identität suchen, generieren und zum Ausdruck bringen, indem
wir in ständiger Auseinandersetzung und in komplexer Beziehung zum
Raum und den darin befindlichen Artefakten stehen und diese unaufhörlich verändern, und damit uns laufend aktualisieren, neue Bezüge
schaffen und alte verwerfen; hierbei kommt unserem Gedächtnis und
der Erinnerung eine ganz zentrale Rolle zu.
Mehr zu der Vielschichtigkeit der Mensch-Raum Beziehungen erfahren
sie im Kapitel 1.1.2 .
Im Kapitel 1.1.1 geht es im Unterpunkt Mnemotechnik, um die in der
griech. Antike vom Dichter Simonides ‘entdeckten’ Gedächtniskunst.
Diese basiert auf den Prinzipien der menschlichen Wahrnehmung und
nutzt die Tatsache, dass dem Raum, den wir wahrnehmen und in dem
wir leben, eine ganz persönliche Erinnerungs”ebene” anhaftet.
“Orte” und “Dinge” in unserem Umfeld assoziieren wir sofort mit
Worten, Bildern, Gerüchen, Tönen und Ereignissen aus unserer
Vergangenheit - sie wecken in uns sozusagen ‘schlummernde’
98
Erinnerungen. Auf diesem Prinzip des Zusammenspiels aus Gedächtnis
und Ort (Loci) funktionieren auch Gedenkstätten, Mahnmale etc.
Genau dieses Prinzip macht sich nicht nur die Gedächtniskunst der
Mnemotechnik zu nutze, sondern, um wieder zurück zum Thema
Interface zurück zu kommen, darauf beruhen auch die Metaphern des
Personal Computer Interface. Die Computerbenutzeroberfäche erlaubt
es, auf dem virtuellen “Desktop” (“Schreibtisch”) sogenannte “Links”
(“Verknüpfungen”) zu gespeicherten Daten aber auch Software und
Websites abzulegen, die in Form eines kleinen Symbols und eines “frei”
gewählten Namens repräsentiert werden. Obwohl die Mittel zur individuellen Gestaltung dieser “Platzhalter” sehr beschränkt sind, tragen sie
erheblich zur einfacheren Identifikation und somit generell zur besseren
Orientierung bei, denn wir sind es gewohnt und es fällt uns leichter in
räumlichen und dinglichen Strukturen zu denken, auch wenn diese auf
zweidimensionale Darstellungen reduziert sind, wie bei der
“Schreibtischmetapher” der Computernutzeroberfläche.
Die Repräsentanten elektonischer Daten und Anwendungen, die irgendwo lokal oder global im Netzwerk- bzw Hierachien-Dschungel gespeichert sind, ermöglichen einerseits einen schnellen und unkomplizierten
Zugriff, aber sie besitzen auch eine Erinnerungsfunktion; wie ein “Knopf
im Taschentuch” uns hilft etwas nicht zu vergessen, ruft auch das “Icon”
am “Desktop”, der die einzige “feste” Oberfläche in diesem flüchtigen
Medium darstellt, Erinnerungen & Assoziationen in uns wach.
Die Beschränktheit der freien Gestaltung dieser Benutzeroberfläche, die
einer starken Normierung unterliegt, mag in der Arbeitswelt unter dem
Aspekt der Zusammenarbeit vieler Individuen durchaus Sinn machen;
im privaten (Er)Lebensraum jedoch sollten der persönlichen Kreativität
und den individuellen Bedürfnissen und Präferenzen des “Users” keine
(künstlichen)Grenzen gesetzt werden. Darüberhinaus wäre es wünschenswert ein Interfacesystem für die private Nutzung zu entwickeln,
welches sich auf individuelle Verhaltensweisen adaptieren lässt, um das
Entstehen von persönlichen und identitätsstiftenden Ritualen und sozialen Codes zu ermöglichen und zu fördern.
Dies sind wichtige Mechanismen der Selbstbestimmung, die positiven
Einfluss auf unser Selbstwert- und Gemeinschaftsgefühl haben.
Beim Interfacesystem dieser Diplomarbeit geht es genau um diese
Dinge: Es scheint als könnten wir nicht auf Vorstellungsbilder des
‘Raums’ verzichten, wenn es um die Beschreibung des Digitalen geht:
Schreibtisch(oberfläche), Arbeitsplatz, Datenraum, in Hierachien wandern, Windows(Fenster) usw. > Wir sind so sehr dem Physischen und
unserem Körper verhaftet, dass wir nur in diesen Begrifflichkeiten denken, planen und handeln können. Genau diese archetypischen
Wesensmerkamle des Menschen gilt es in der Gestaltung unserer
99
Umwelt zu beachten bzw geht es hier und allgemein im Design darum,
sie zu nutzen und bewusst mit diesen Eigenschaften zu arbeiten.
Ich werde in den folgenden Abschnitten Schritt für Schritt das
Funktionsprinzip des von mir im Rahmen dieser Diplomarbeit entwickelten neuartigen InterfaceSystems und anschliessend dessen konkrete
Umsetzung im mnemoProduktsystem erklären und beschreiben.
1.4.1 Funktionsprinzip
Jeder Computerbenutzer kennt den Begriff “Link” oder “Verknüpfung”:
damit legt man sich ein virtuelles Objekt(Ordner) mit einer Linkfunktion
auf den Computerdesktop. Dieser Ordner ist sozusagen der
Repräsentant dieser Datei und verweist auf dieses sich irgendwo in
einem lokalen oder globalen Netzwerk gespeicherten File. Der Vorteil ist
ein schnellerer und einfachererZugriff auf regelmässig gebrauchte
Daten (Dateien/Software/Websites etc.). Manchmal nutzt man solche
Verknüpfungen aber auch, um Daten nicht zu vergessen - sozusagen
wie der berühmte Knopf im Taschentuch als Erinnerungsfunktion.
Genauso funktioniert auch das Prinzip des mnemoSystems; nur dass
man sich hier die Repräsentanten in den physischen Raum legt.
Natürlich erlaubt diese Art der Verknüpfung viel mehr Freiheit und
Gestaltungsmöglichkeiten. Ich werde im weiter unten angeführten
‘Szenarien’-Abschnitt anhand von praktischen Beispielen ein Bild der
vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten zeichnen. Dort wird dann die
Relevanz und Sinnhaftigkeit dessen Klar, was hier aus einem eher technischen Blickwinkel beschrieben wird.
Zurück zu den Verknüpfungen, die man in seiner Wohnung an jeder
beliebigen Stelle wie Wand, Boden, Möbel, Objekten, Gegenständen,
Geräten, Kleidung, eigenen Körper etc. anbringen und einfach aktivieren kann, um die entsprechenden Daten aufzurufen. Die “Verlinkung”
wird im Konkreten durch RF-Tags oder auch ‘smart labels’ ermöglicht.
Die Tags sind hauchdünne kleine Folien, die ähnlich einem Barcode
einen eindeutigen Identifikationscode besitzen; bei den Tags ist dieser
lokal als digitale Information gespeichert. Wenn also ein Lesegerät mitttels RadioFrequenz das Tag aktiviert schickt dieses seine 60 stellige
Identifikationsnummer zurück. Dies ist im groben das Funktionsprinzip
der RadioFrequenz Identifikations (RFID) Technologie (Details siehe
Kapitel 1.2). Dabei muss kein Sichtkontakt zwischen “Reader” und Tag
bestehen (durchdringt Materialien) und das Tag selber braucht keine
eigene Energiequelle. Es bedient sich der vom Lesegerät ausgesendeten Strahlung für seine Rückantwort und wird in naher Zukunft nur ca.
100
10 Groschen pro Stück kosten. All diese Vorteile gegenüber dem
BarcodeSystem werden in naher Zukunft dafür sorgen, da sind sich die
Experten einig, dass die Tags in eine Unzahl an Produkten integriert
werden. Auf dieses Thema werde ich später noch genauer eingehen,
wenn das Zusammenspiel der RF-Technologie mit dem Trend zu ‘hybriden Produkten’ beschrieben wird (siehe auch Kapitel 1.2).
Ein zweiter Identifikationssystem-Standard, der sich durchsetzen wird,
sind die sogenannten ‘digitalen’ Wasserzeichen (siehe Kapitel 1.2), die
man bisher als ‘Kopierschutz für digitale Artefakte’ kennt. Daraus hat
sich ein neues System entwickelt, welches erlaubt die sogenannten
“Digimarcs” in gedruckten Bildern der Printmedien zu implementieren.
In Kombination mit einer WebCam und Software wird automatisch die
entsprechende Website angezeigt. Dieses System eröffnet sehr viele
Anwendungsmöglichkeiten.
Im Diagramm “Funktions Prinzip” auf der nächsten Seite wird deutlich,
dass die beiden Technologiestandards (“Smart Labels” und
“Digimarcs”) die Basis des Interface-Systems bilden. Eine der verschiedenen Systemkomponenten vereint ein RF-Lesegerät und einen
Wasserzeichen-Scanner.
Zusammen mit der drahtlosen Datenübertragungstechnik Bluetooth
(siehe Kapitel 1.2) wird diese Lese/Scanner Einheit zum Bindeglied zwischen Tag und dem Heimrechnersystem, welches als Schnittstelle zu
verschiedensten Netzwerken, wie sie im Diagramm Telematik-Netze dargestellt sind, fungiert. Diese Rechnereinheit steht ebenfalls via Bluetooth
mit verschiedensten Ausgabegeräten wie Displays auf Laptops,
Smartphones, PDAs oder Projektor, Drucker, Lautsprecher etc. in
Verbindung. Somit kann der durch das Tag repräsentierte Inhalt auf
einem dieser Geräte dann gesehen, gehört, benutzt oder editiert werden.
Soweit zum Funktionsprinzip.
Ich werde im nächsten Abschnitt ‘mnemoSystem’ auf die Gestaltung
des mnemoProduktsystems eingehen, dessen System-Komponenten
als Instrumentarium des gerade beschriebenen Interfacesystems konzipiert sind.
1.4.2 mnemo - ein Interfacesystem
Im Kapitel Funktionsanalyse ist nachzulesen auf welcher Basis ich
Gestaltungsfragen zum System aber auch bezüglich der einzelnen
101
Systemkomponenten entschieden habe; das Ergebnis meiner
Gestaltung soll hier Gegenstand meiner Beschreibung sein.
Durch Nutzung und Neukombination bestehender Netzwerke und
Technologien (bzw solcher, die heute entwickelt und in absehbarer Zeit
auf den Markt kommen werden), habe ich ein Instrumentarium entwikkelt, welches die Integration von digitalen Daten in den physischen
Lebensraum erlaubt.
Das Netzwerk aus Gerätschaften, das für dieses System notwendig ist,
habe ich im vorangegangenen Abschnitt ‘Funktionsprinzip’ schon dargelegt. Das Diagramm ‘Funktions Prinzip mnemoSystem’ beschreibt
schematisch die beiden Komponenten in ihrer Grundform und Stellung
zu den anderen Systemkomponenten;
Die Zeichnung weiter unten zeigt, wie sich das alles im Raum abspielen
könnte, also wie die beiden mnemoKomponenten kabellos mit anderen Geräten und dem Menschen in Kontakt kommen.
Die mnemoUhr und das mnemoMulti3 Möbel sind das Herzstück
dieses InterfaceKonzeptes. Wobei die mnemoUhr in ihrer Funktion
einzigartig ist und mnemoMulti3 prinzipiell durch ein anderes Display
ersetzt werden könnte.
102
1.4.2.1 mnemoUhr
Warum Armband”uhr”?
Die meisten Menschen in unserem Kulturkreis tragen eine Armbanduhr;
sie ist ein akzeptiertes Gerät unseres täglichen Gebrauchs, das wir an
unserem Körper tragen und im allgemeinen nehmen wir sie nicht als
einen Fremdkörper wahr; ihre Präsenz wird uns nur dann bewusst,
wenn wir sie brauchen. Sie ist unser ständiger Begleiter. Durch ihre
Position am Handgelenk muss nicht gesucht oder aus Taschen “herausgekramt” werden; sie ist immer griff-bereit und im Blichkfeld ihres
Trägers. Man muss sie auch nicht halten, um sich ihrer zu bedienen.
All diese Eigenschaften machen sie zur idealen mnemoSystemkomponente, in die der “Tag-Reader” und “Digimarc-Scanner”
integriert werden kann.
Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Uhr immer eine Funktion als
Zeitansage besitzt, auch wenn man sie gerade nicht mnemoInterfacekomponente benutzt; damit kann man davon ausgehen, das
sie ‘immer’ getragen wird.
mnemoUhr - Funktionen
Die Armband”uhr” dient nicht nur als Reader und Scanner, sondern sie
ermöglicht auch eine gezielte Manipulation und Auswahl der eingelesen
Verknüpfungen zu Daten und Anwendungen verschiedenster Art.
Hierfür habe ich eine Benutzeroberfläche entwickelt. Das mnemoUhr Interface ist primär in 3 Modi gegliedert: Zeitmodus, Tag-Modus und
Digimarc-Modus.(siehe Powerpoint-Präsentation auf beigelegter CDRom).
Mit Bluetooth als drahtlose Übertragungstechnologie ausgestattet dient
die mnemoUhr weiters als Bindeglied zwischen Tags/Digimarcs und
dem Heimrechnersystem.
Die Uhr spielt auch bei der Verwaltung der Tags auf dem
Heimrechnersystem eine wichtige Rolle bei der Zuordung von
Tags/Digimarcs mit den gewünschten Daten und Anwendungen. Dies
geschieht auf folgende Weise:
Die noch unbelegte oder neu zu belegende Tag-Identifikationsnummer
erscheint auf dem mnemoUhr-Display, sobald diese sich in einer
bestimmten Nähe zum Tag befindet. Die 60stellige Zahlenfolge wird
vom Benutzer durch eine einfache Befehlseingabe sozusagen “eingefroren” also lokal gespeichert und an das Heimrechnersystem übermitttelt. Auf einem Bildschirm im Idealfall auf dem mnemoMulti3Displaymöbel (siehe Beschreibung im nächsten Kapitel) erscheint eine
Software, mit der man dem Tag Inhalte zuordnen kann. Eine genauere
Beschreibung und Bilder dieses Vorgangs finden sie in der PowerpointDiplom-Präsentation auf der beigelegten CD-Rom.
103
Eine Sammlung der möglichen Inhalte, die mit dem Tag verknüpft werden können, ist dem Diagramm “Was Tags / Digimarcs beinhalten
können” zu entnehmen.
Auch ausserhalb der Wohnung nimmt die “Uhr” Reader- und
Scanner Funktionen wahr. Sie spielt dann entweder mit einem Laptop,
PDA oder Smartphone zusammen, die ebenfalls über Bluetooth und
eventuell eine Netzverbindung verfügen. (Andwendungsbeispiele siehe
Szenarien)
mnemoUhr - Aufbau
Die RF-Lesegerät-Antenne ist im Uhrenarmband integriert, das nicht
ganz geschlossen ist, sondern wie eine Spange am Handgelenk sitzt.
Der Digimarc Scanner in Form einer sehr flachen Kamera befindet sich
an der Unterseite der Uhr. Dadurch entsteht so etwas wie eine optische
Achse zwischen Auge - UhrenDisplay - Kamera. Die Positionierung wird
zusätzlich durch das Übertragen des Kamera Bildes auf das
Uhrendisplay erleichtert.
Das längliche OLED-Display (siehe Kapitel Technologien 1.2.1.5) eignet
sich gut zum “Scrollen” in den RF-Tag Listen. Durch seine TouchscreenFunktion reicht ein einfaches “Tippen” auf das gewünschte Tag, um dieses aber auch andere Befehle zu aktivieren.
Ein zentral am oberen Ende der “Uhr” angeordnetes, multifunktionales
Scroll-Rad ist aus gutem Grund die einzige Hardware Eingabemöglichkeit für die Benutzeroberfläche. Es wird mit dem Zeigefinger bedient
und zusammen mit den seitlichen Einbuchtungen als Daumenauflage
am unteren Ende ermöglicht es eine angenehme Handstellung und
eine schnelle und einfache Bedienung für Rechts- und Linkshänder.
Über sogenannte “Soft-Keys” (virtuelle Touch-Screen-Tasten) kann die
Funktion des Rades geändert werden.
Zum einen ermöglicht das “Scrollen” die Reichweitensteuerung der RFLeseFunktion; somit kann man zwichen nahen und fernen Tags einfach
unterscheiden.
Weiters kann man über das Rad auch bequem in den Tag-Listen rauf
und runter wandern, die je nach Reichweiteneinstellung und Tag-Dichte
kürzer oder länger sind.
Das Rad kann aber auch gedrückt werden und fungiert so als “Enter”
Taste.
Über die ganze Innenseite der “Uhr” zieht sich ein hautfreundlicher weicher Kunststoff, der für guten Halt sorgt und Druckstellen vorbeugt.
104
1.4.2.2 mnemoMulti3
Die zweite Komponente, die ich im Zuge meiner Diplomarbeit gestaltet
habe, ist ein multifunktionales Möbel, das primär als Display dienen soll.
Sein Name ist mnemoMulti3.
3 steht für die drei Funktionen: Display, Interaktionstisch und
Stehlampe.
Dabei ist das grossflächige OLED-Display das Herzstück dieses
Möbels. Die selbstleuchtende OLED-Folie ist sehr dünn und leicht, flexibel und preiswert. Sie ist milchig transparent, wenn sie nicht gerade mit
starker Leuchkraft gestochen scharfe Bilder erzeugt.
Sie verfügt über eine breiten Betrachtungswinkel von fast 180°. Dadurch
ist es auch in einer Gruppe von mehreren Menschen noch sinnvoll einzusetzen, die zum Beispiel um den interaktiven Tisch oder um das
Display sitzen, wenn gemeinsam ein Film angeschaut wird.
Das Kippen in die “Horizontale” (Tischfuktion) und “Vertikale”
(Bildschirmfunktion) wird durch ein Drehgelenk, das den Ständer mit
der Rückseite der Bidschirmfläche verbindet, ermöglicht. Prinzipiell lässt
sich die Bild- bzw Leuchtfläche stufenlos neigen, wobei sie exakt in der
horizontalen Tischlage aus Sicherheits-gründen einrastet und erst durch
eine an der Displayrückseite eingelassene Taste wieder gelöst werden
kann.
In diesem Tischmodus kann sich eine Gruppe von bis zu 6 Personen in
einer kommunikativen Runde zusammensetzen um z.B ein Spiel zu
spielen. Dabei dienen die seitlichen Soft-Leisten, die das Display
umrahmen als Armablage. Die weiche Oberfläche mit einem abwischbaren Kunstleder überzogen, soll auch verhindern dass Essen und
Gertränke abgestellt werden.
Ein weiteres Tastenpaar ebenfalls auf der Rückseite ermöglicht das
Auseinanderziehen des Bildschirmrahmens vom quadratischen Tischin ein längliches (16:9) Displayformat fürs Heimkino.
Für andere Anwendungen kann die längliche OLED-Folie um eine zweite Achse gedreht werden, wodurch man sie platzsparend hochstellen
kann.
Die Lampenfunktion ist durch die Tatsache, dass die Folie selbstleuchtend ist sehr, naheliegend. Sie kann entweder als statische Leselampe,
oder als dynamischer Licht-Atmosphären-Erzeuger fungieren und so
auch im Zusammenspiel mit Musik von den im Displayrahemen integrierten Boxen eine wohnliche Ambient Stimmung oder ‘funkige’
Partystimmung erzeugen.
Das Gestell ist mobil (auf Rädern) und lässt sich durch das geringe
Gewicht trotz enormer Spannweite einfach an den Ort bringen, wo man
es braucht. Die Ständersäule zwischen Displaygelenk und Sockel lässt
105
sich in ihrer Höhe über eine im Sockel eingelassen Fusstaste einfach
und schnell verstellen.
mnemoMulti3 ist ebenfalls mit Bluetooth ausgestattet und kann so
kabellos von einer Tastatur oder Computermaus aus bedient werden.
Aber auch durch eine berührungssensitive Folie auf dem Display kann
man mit dem System interagieren je nach Situation und Vorlieben.
Durch die ‘Blauzahn’ Schnittstelle ist es zusätzlich möglich z.B. direkt
von einer digitalen Kamera aus ein Bild auf den mnemoBildschirm zu
schicken. Es kann also als Display für alle möglichen Geräte und verschiedenste Anlässe dienen.
1.4.3 Szenarien
Die folgenden Szenarien dienen zur Veranschaulichung der eher technischen und konzeptuellen Ausführungen der
Komponentenbeschreibung im vorhergehenden Kapitel. Sie sollen auch
klar zeigen, wie einfach und intuitiv der Umgang mit den
mnemoKomponenten ist. Also - viel Spass mit Mia!
Wer ist Mia? Wissenswertes über ihre Person
Mia ist eine 27 jährige erfolgreiche MedienDesignerin. Sie lebt alleine,
hat aber oft Freunde oder Arbeitskollegen zu Besuch. Trotz ihrer
Aufgeschlossenheit “Neuen Medien” gegenüber liebt sie Bücher über
alles. Ihr Zuhause ist für Mia ein wichtiger Ort des Rückzugs und der
Ruhe. Mit ihrem “mobilen Büro” in Form von einem Laptop und ihrem
Smartphone arbeitet Mia oft unterwegs, im Freien oder im Cafe; sie legt
aber Wert darauf nicht auch noch zu Hause in die “ArbeitsRöhre zu
schauen”, wie das viele ihrer ArbeitskollegInnen tun. Sie hat beschlosssen Arbeit und Privates zu trennen, um eine ‘Zone des Ausgleichs’ zu
ihrem anstrengenden Job zu schaffen. Ihre Wohnung hat zwar einen
Internetanschluss, den nutzt sie jedoch nur für private Kommunikation,
Unterhaltung und für zur Befriedigung ihrer Freizeitinteressen. Sie hat
das bisher immer über ihren HeimPC gemacht > ein schickes Ding mit
Mia - Szenarienhauptdarstellerin eine typische mnemo “Userin”
Falchbildschirm und allem drum und dran; aber trotzdem hat ihr das
immer viel zu sehr nach Arbeitsplatz ausgesehen.
Aus diesem Grund hat sie auch vor wenigen Wochen zu ihrer
mnemoUhr, die sie schon seit einem Jahr hat und seitdem ihr ständiger Begleiter ist, das mnemoMulti3-Möbel gekauft. Endlich kann sie
ihren “schicken” Flachbildschirm loswerden und den schönen alten
Sekretär ihres Grossvaters wieder fürs Briefe schreiben benutzen. Die
Recheneinheit selber mit Bluetooth-Schnittstelle und der dazugehörigen
kabellosen Computermaus und Tastatur wird sie jedoch behalten, den
106
die wird sie noch brauchen, um das mnemoMulti3-Display mit Daten
zu versorgen. Und wenn sie mal keine Lust hat das berührungs-sensitive Display mit ihren Fingern zu bearbeiten, kann sie auf die altbewährte
Maus und Tastatur zurückgreifen oder sich mal eine SpracherkennungsSoftware zulegen.
mnemoMulti3 passt perfekt in ihre Wohnung, die sie ihrer Vorliebe
für schlichtes aber nicht kühles Design entsprechend gemütlich eingerichtet hat. Die Dinge, die sie umgeben sind ausgewählte Stücke; jedes
hat eine Bedeutung und Geschichte für sie. Obwohl mnemoMulti3
eigentlich ein absolutes HighTech Teil ist, hat es vielmehr Möbel bzw.
Lampencharakter als die Anmutung eines Displays.
Kurz gesagt: Mia ist begeistert von ihrer Neuanschaffung!
Mia im Supermarkt
Ab und an geht Mia in den grossen Supermarkt im Zentrum ihres
Stadtteils. Dort gibt es nicht nur Lebensmittel, sondern auch
Haushaltsartikel, Home-Entertainment-Produkte und vieles mehr. Hier
stöbert sie gern und hält Ausschau nach neuen Produkten.
Wenn sie sich etwa für einen bestimmten Basmatireis interessiert,
hält sie die mnemoUhr an ihrem Handgelenk an das "smart Label"
der Verpackung, und schon erscheinen auf ihrem mit Bluetooth ausgestatteten Smartphone die Zusatzinformationen, die der Hersteller oder
die Supermarktkette zu diesem Produkt bereit hält. Sie erfährt wissenswertes über Gütesiegel, die Herkunft und die Herstellung des
Produktes, kann schon direkt im Supermarkt die besten Rezepte abrufen und so noch eventuell fehlende Zutaten kaufen.
Manche Lebensmittelhersteller bieten sogar zu ihren Gerichten
passende Dinner-Atmosphären zum herunterladen aus dem Web an, in
Form von Musik und VisualsPlug-Ins. So wird ihr geplantes indische
Abendessen mit Freunden zu einem rundum Erlebnis, mit fernöstlichen
Klängen und Bildimpressionen, die über das großflächige Display und
die Boxen ihres praktischen mnemoMulti3-Möbels laufen.
Mia zu Hause
An verregneten Sonntag-Nachmittagen macht Mia es sich gemütlich
daheim, stellt ihr mnemoMulti3 auf herbstliche Lichtstimmung, startet
ihr liebstes Internetradio, indem sie das entsprechende Tag aktiviert,
das sie im Kissen ihres bequemen Sofas angebracht hat, nimmt ihr
Fotoalbum aus dem Regal und läßt sich in ihre Kuscheldecke eingehüllt
auf der Couch nieder. Sie kommt zu den Fotos ihres letzten Urlaubs,
den sie mit ihrem Freund in Italien verbracht hat. Da sie nicht alle digitalen Fotos ausdrucken will, hat sie bestimmte Bilder mit Tags versehen,
die jeweils zu weiteren Fotos desselben Themas führen.
107
Ein Foto ihres Freundes am Strand gefällt ihr besonders; mittels
ihrer mnemoUhr kann sie die damit verknüpften Bilder auf
mnemoMulti3 aufrufen, womit das Möbel von seiner Lampenfunktion
auf den Displaymodus wechselt, um so eine Dia-Show zu starten. Auch
ist es möglich ein Bild, das besondere Erinnerungen weckt, gleich an
ihren Freund zu mailen. So wird das in das Fotoalbum geklebte Bild zu
einem Stellvertreter ihrer Erinnerungen.
Ein Lieblingsfoto von ihr und ihrem Freund, wie sie sich kaum bekleidet
am leeren Strand halb im Wasser liegend innig umarmen und küssen
(ein Lob an den Erfinder des Selbstauslösers!) hat sie mittels eines
roten Tags in Herzform mitten auf die kahle weiße Wand im
Wohnzimmer gelegt, sozusagen in alle Öffentlichkeit! zumindest wenn
sie Besuch hat, und ihre Freunde das ins Auge stechende Herz ansehen, muß sie immer schmunzeln, denn nur sie weiß und sieht - durch
ihre Erinnerung ausgelöst - mit ihrem inneren Auge dieses sehr intime
Bild aufscheinen - manchmal wird sie sogar rot in solchen Situationen
und ein "wenn die wüßten" Grinsen legt sich über ihr strahlendes
Gesicht.
Mia lädt Freunde ein
Mia führt ihren Freunden die neuesten Videos vor, die sie sich mittels
Video-on-demand von ihren Provider heruntergeladen hat. Zu diesem
Zweck schwenkt sie mnemoMulti3 um 90 Grad in die Cinema-Scope
Stellung, um die Videos im vollem Querformat präsentieren zu können.
Sobald ihre Freunde genug vom passiven Zuschauen haben, kann Mia
ihr mnemoMulti3-Möbel in ein interaktives Brettspiel verwandeln, und
zwar indem sie es in die Horizontale schwenkt, sodass ihre Freunde
rundum den entstandenen Spieltisch Platz nehmen können. Über das
einen berührungs-sensitive Display von mnemoMulti3 kann sie ein
108
bestimmtes Spiel aufrufen oder auch die neuesten Netzspiele, die ihre
Freunde schon ausprobiert haben, herunterladen. Natürlich ist auch der
Anschluss von herkömmlichen Spielkonsolen an den MnemoMulti3
möglich über die Bluetooth Schnittstelle möglich. Wenn sie nur eine
Hintergrund-Atmosphäre erzeugen will, lädt Mia die entsprechende
Musik und wählt das dazupassende Visualisierungs-tool.
Mia im Cafehaus
Mia liebt es nach der Arbeit nicht gleich nach Hause zu gehen, sondern
noch in ihr Stammcafe zu schauen. Auf dem Weg dahin sticht ihr an
einer Hauswand ein Zettel mit den Worten "LIES MICH" - seltsam denkt
sie sich, denn das ist alles was auf dem Zettel steht.
Plötzlich kommt ihr der Gedanke, es mit ihrer mnemoUhr zu probieren - und tatsächlich erscheint beim näher kommen auf dem Display
plötzlich der Text "AKTIVIER MICH" was Mia auch macht - im selben
Moment erscheint auf ihrem Smartphone eine Webseite mit einer
Einladung zu einer Lesung in einem Buchgeschäft, das sie sehr gut
kennt. Sie trägt die Lesung nächste Woche gleich in ihrem
Terminkalender ein.
Im Cafe angekommen holt sie sich eine Tageszeitung und genießt es
nach einem ganzen Tag Bildschirmarbeit wieder Papier in der Hand zu
halten und sich mit dem unpraktischen Format herumschlagen zu dürfen. Sie liest meistens nur die Überschriften, doch ein Artikel im Lokalteil
ihre Aufmerksamkeit: ein Interview eines Kommunalpolitikers dessen
Name ihr irgendwie bekannt vorkommt.
Sie entdeckt am Ende des Artikels ein Wasserzeichen mit dem Titel
"Interview in Wort und Bild". Wieder hält sie die mnemoUhr über das
Zeichen, dabei sieht sie auf dem Display was die Kamera an der
Unterseite aufnimmt - so fällt das genaue platzieren sehr leicht. Und
schon erscheint ein Interview-Zusammenschnitt in Form eines Videos
auf ihrem Smartphone und da sie sich im Cafehaus befindet benutzt sie
die kleinen Kopfhörer ihres "AllesKönner"Telefons, um die anderen
Gäste nicht zu stören. > und ja natürlich, wußte sie es doch: es ist ihr
alter Schulkollege Peter, der trotz seines Politikergetues noch der alte
"Lausbub" zu sein scheint.
Mia fühlt sich müde und macht sich auf den Heimweg. Sie kommt an
einem Plakat mit einer Konzertankündigung vorbei das sie interessiert;
sie entdeckt auf dem Plakat ein Wasserzeichen, das mit dem Text
"Konzertausschnitt" versehen ist. Natürlich will sie den Ausschnitt sehen,
doch genau in diesem Moment versagt der Akku ihres Smartphones;
doch kein Problem: sie speichert die Information des Wasserzeichens
auf ihrer mnemoUhr.
Zu Hause angekommen ladet sie sich mit einem Fingerdruck den
109
Konzertausschnitt auf ihr mnemoMulti3-Display. "Tolle Gruppe!" - Mia
beschließt hin zu gehen und reserviert sich gleich Karten über den
Online-Ticketservice und kauft sich auch gleich das aktuelle Album der
Gruppe über einen Music-on-Demand Provider. > Das war doch ein
erfolgreicher Abend!
110

Documentos relacionados