Schädlinge Nematoden

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Schädlinge Nematoden
Nematoden an Stauden
H. Nennmann, J. Klatt, Pflanzenschutzdienst NRW
Blattälchen
Blattparasitische Nematoden zählen zu den schädlichsten Nematodenarten in
Staudenbetrieben. Häufigste Arten sind das Chrysanthemenälchen Aphelenchoides
ritzema-bosi und das Erdbeerälchen Aphelenchoides fragariae. Die Schaderreger
wandern bei genügend Feuchtigkeit vom Boden über die Oberfläche der Stängel zu
den Blättern. Dort dringen sie durch Spaltöffnungen und Wunden ins Blatt ein.
Nasse, regenreiche Sommer fördern ein massenhaftes Auftreten der Schädlinge.
Große Gefahr geht von passiver Verbreitung mit Spritzwasser aus, selbst Taubildung
reicht zuweilen dazu aus. Blattälchen haben einen sehr großen Wirtspflanzenkreis,
unter den Stauden werden folgende Arten bevorzugt: Aconitum, Anemone-Hybriden,
Arabis, Aster, Astilbe, Chrysanthemum, Delphinium, Diascia cordata, Digitalis,
Doronicum, Geranium, Hepatica, Heuchera, Incarvillea, Lamium, Lupinus, Paeonia,
Primula, Rudbeckia, Scabiosa, Saxifraga.
Auf Blättern sind zunächst glasige Stellen, später braune bis schwarze Flecken zu
finden, die von den Blattadern deutlich begrenzt sind. Die Symptome ähneln denen
des Falschen Mehltau. Bei zunehmendem Befall vertrocknen die Blätter, hängen an
den Stängeln und fallen vorzeitig ab, die Pflanzen können absterben. Der
Befallsverlauf an der Pflanze erfolgt von unten nach oben. In Abhängigkeit von der
befallenen Wirtspflanze können auch Wuchshemmungen, Verdrehungen oder
Deformationen der Triebe auftreten.
Das Vorhandensein von Älchen in großen Mengen ist relativ einfach nachzuweisen.
Dazu werden Blätter mit beginnender Symptomausbildung in kleine Stücke
geschnitten und in ein Schälchen mit lauwarmem Wasser gelegt. Nach einigen
Minuten sind die Älchen aus dem Gewebe ausgewandert und schwimmen mit
schlängelnden Bewegungen im Wasser umher.
Anemone hupehensis 'Splendens'
Anemone-Hybriden 'Honorine Jobert'
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Brunnera macrophylla 'Jack Frost'
Ligularia stenocephala 'The Rocket'
Stock- oder Stängelälchen
An Stauden ist besonders die stängelparasitische Nematode Ditylenchus dipsaci
schädigend. Das Stängelälchen befällt vorwiegend Stängel- und Blattstiele sowie
Zwiebeln und Knollen. Genau wie Blattälchen dringen sie durch Spaltöffnungen in die
Pflanzen ein, wo die Massenvermehrung der Schädlinge stattfindet. Schon geringe
Mengen des Älchens im Boden können starke Schäden an Stauden auslösen.
Wichtigster Wirt ist Phlox paniculata, große Probleme sind in letzter Zeit aber auch
an Geranium macrorrhizum 'Spessart' aufgetreten. Weitere Wirte in der
Staudengärtnerei sind Anemone, Aster, Campanula, Centaurea, Chelone, Digitalis,
Helleborus, Oenothera, Primula, Sedum sowie diverse Unkräuter.
Je nach betroffener Wirtspflanze treten Wuchsdepressionen wie Verbiegungen,
Anschwellungen, Krümmungen oder Deformationen auf. Kümmerwuchs, die
Ausbildung ungleichmäßig langer Blütenstiele, unterschiedliche Blühzeiten, kleine
Blütenköpfe sowie nesterweise Ausfallen von Staudenpflanzungen können weitere
Symptome sein. Bekannt ist die ‚Stockkrankheit’ am Phlox, dabei sind die Triebe
verkürzt und verdickt, Blätter verdreht und die gesamte Pflanze extrem stark
bestockt. In Blumenzwiebeln entsteht ausgeprägte Dunkelfärbung und ein
Anschwellen der Schuppen. Bei Narcissus wird der Befall als ‚Ringelkrankheit’
bezeichnet.
Geranium macrorrhizum 'Czakor'
Geranium macrorrhizum 'Czakor'
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Helenium-Hybriden 'Rubinzwerg‘
Monarda fistulosum 'Scorpion'
Phlox paniculata
Phlox paniculata
Freilebende, wandernde Wurzelälchen
Häufigste an Stauden und anderen Zierpflanzen schädigende Art ist Pratylenchus
pratensis. Die Älchen bewegen sich frei im Boden und dringen von außen in die
Wurzeln ihrer Wirtspflanzen ein. Wurzelälchen treten bei vielen
Schnittblumenkulturen im Freiland und unter Glas auf, besonders anfällig sind alle
Arten aus der Familie der Rosacaea. Weniger stark ausgeprägt aber trotzdem
empfindlich auf Pratylenchus reagierende Stauden sind Achillea, Chrysanthemum,
Convallaria, Delphinium, Digitalis und Helleborus.
Verdächtige Symptome an ausgepflanzten Stauden sind Kümmerwuchs und
partielles Absterben der Pflanzen. An den Wurzeln sind zunächst rötliche, später
braun werdende Läsionen zu erkennen. Diese Faulstellen sind Eintrittspforten für
bodenbürtige Schadpilze wie Fusarium, Cylindrocladium oder Verticillium. In
Topfkulturen sind Schäden durch Pratylenchus selten. Befall an Mutterpflanzen kann
allerdings problematisch werden, mit zunehmender Standdauer werden die
Wachstumshemmungen immer stärker, die Stecklingserträge sinken und es kommt
schließlich zu herdweisem Absterben der Bestände.
Einige wandernde Nematoden-Arten wir Trichodorus können das TabakmaucheVirus (tobacco rattle virus) übertragen. Gefährdet sind überwiegend Zwiebelpflanzen,
aber auch Dicentra und Hosta.
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Dicentra – Tobacco rattle virus
Hosta – Tobacco rattle virus
Wurzelgallenälchen
Unter den gallenbildenden Nematoden sind im Zierpflanzenbau besonders das
Nördliche Wurzelgallenälchen Meloidogyne hapla und das Südliche
Wurzelgallenälchen Meloidogyne incognita von Bedeutung. Die im Boden lebenden
Larven der Nematoden dringen an der Wurzelspitze in die Pflanze ein, wo sich in den
Wurzeln die weitere Entwicklung der Tiere vollzieht. Beide Arten haben einen sehr
großen Wirtspflanzenkreis, besonders gefährdet sind dabei Gewächshauskulturen.
Unter den dort vorherrschenden günstigen Entwicklungsbedingungen können bis zu
10 Generationen im Jahr entstehen. Unter den Stauden tritt der Befall unter anderem
an folgenden Arten auf: Chrysanthemum, Dianthus, Digitalis, Mentha, Phlox, Primula,
Rudbeckia, Salvia und Scabiosa.
Die Nematoden verursachen an den Wurzeln gallenartige, knotige Anschwellungen,
die Pflanzen reagieren mit Kümmerwuchs und Wuchsdepressionen. Schließlich
kommt es zu Fäulnis und Absterbeerscheinungen durch Nahrungsmangel.
Asteriscus
Heliotropium
Bekämpfung von Nematoden
Eine direkte Bekämpfung von blatt- und stängelparasitischen Nematoden mit
chemischen Präparaten ist derzeit nicht möglich.
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Hygienemaßnahmen in Gartenbaubetrieben sind daher die wichtigste Maßnahme zur
Vermeidung bzw. Eindämmung von Nematoden. Befallene Pflanzen sollten sofort
vernichtet werden, die Entnahme jeglichen Vermehrungsmaterials muss dringend
unterbleiben. Substrate oder der Boden müssen sauber sein bzw. entseucht werden.
Zur genauen Bestimmung der Nematodenarten und der Befallsdichte im Boden sind
Laboruntersuchungen empfehlenswert. Gleiches gilt für die Testung von
Vermehrungsmaterial. Nur mit diesen Ergebnissen sind gesicherte und gezielte
Maßnahmen zur Bekämpfung von Nematoden möglich.
Gegen Ditylenchus anfällige Arten wie Geranium 'Spessart' oder Phlox können durch
Warmwasserbehandlungen annähernd sauber gehalten werden. Stecklinge werden
für etwa 15 Minuten in warmes Wasser (ca. 30-35 °C) gelegt, so dass die Älchen aus
dem Gewebe auswandern können. Der Vorgang wird mehrfach bei sinkenden
Wassertemperaturen wiederholt, wobei die Stecklinge jedes Mal gründlich abgespült
werden müssen.
Nematoden können zwar aktiv im Boden wandern und bei dicht stehenden
Beständen auch von Pflanze zu Pflanze. Die häufigste Verbreitung von Blatt- und
Stängelälchen erfolgt aber mit infiziertem Pflanzenmaterial, in Vermehrungsbetrieben
muss deshalb gründlich auf mögliche Infektionen geachtet werden.
Bei Befallsverdacht mit gallenbildenden Wurzelnematoden kann die Schadschwelle
durch Kressetest festgestellt werden.
Freilebende Nematoden können durch Feindpflanzen kontrolliert werden. Tagetes
hat direkte wuchshemmende oder abtötende Wirkung auf Pratylenchus-Arten. Auch
die Einhaltung entsprechender Fruchtfolge mit Verwendung verschiedener
Gründüngungspflanzen kann die Populationsdichte deutlich eindämmen.
Bei Befall mit Wurzelälchen muss zumindest die Anbaufläche gewechselt werden, in
Gewächshäusern kann gedämpft bzw. der Boden ausgetauscht werden.
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