Axiomatik der klassischen Testtheorie
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Axiomatik der klassischen Testtheorie
Übersicht 10.05.04 Axiomatik der klassischen Testtheorie (wdh.) Varianzzerlegung Varianzzerlegung und Definition der Reliabilität. Itemkennwerte: Schwierigkeit, Varianz, Trennschärfe Mögliche Themen für den eigenen Test Eindimensionalität des Konstrukts (wdh.) Kriterien bei der Itemformulierung Besprechung konkreter Konstruktionsvorhaben (?) Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Klassische Testtheorie (KTT) Wesentliche Annahme der KTT ist, dass sich die mit einem Test ermittelte Merkmalsausprägung eines Individuums aus dem „wahren Wert“ dieses Individuums und einem Messfehler zusammensetzt. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Axiomatik der klassischen Testtheorie Die KTT basiert auf einigen zentralen Grundannahmen, die mit den Methoden der KTT nicht empirisch prüfbar sind. Die wesentlichsten Grundannahmen sind das Existenzaxiom und das Verknüpfungsaxiom, Verknüpfungsaxiom zusätzlich wichtig ist die Annahme der Unkorreliertheit der Messfehler. Messfehler Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 1 Axiomatik der klassischen Testtheorie: Existenzaxiom Es existiert ein wahrer Testwert („true score“) τvi als Erwartungswert einer Messung xvi: E(xvi) = τvi xvi : Wert einer Person v im Item i eines Tests τvi: „true Score“ einer Person v im Item i eines Tests Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Axiomatik der klassischen Testtheorie: Verknüpfungsaxiom Jede Messung xvi setzt sich aus dem wahren Wert τvi und einem „zufälligen“ Messfehler εvi zusammen. xvi = τvi + εvi xvi: Wert einer Person v im Item i eines Tests τvi: „true Score“ einer Person v im Item i eines Tests εvi: Messfehler der Messung mit Item i an Person v Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Axiomatik der klassischen Testtheorie: Unkorreliertheit der Messfehler Die Messfehler einzelner Items und Personen sind unkorreliert: ρ(εvi, εvj) = 0 ρ(εvi, εwj) = 0 Æ Die Messfehler der Messungen mit den Items i und j an derselben Person v sind unabhängig voneinander. Æ Die Messfehler der Messungen mit demselben Item i an den Personen v und w sind unabhängig voneinander. Die Messfehler sind unkorreliert mit dem wahren Testwert: ρ(τvi, εvi) = 0 Testtheorie und Testkonstruktion Æ Der Messfehler einer Messungen xvi ist unabhängig von dem zugrunde liegenden wahren Wert τvi. Johannes Hartig und Nina Jude 2 Axiomatik der klassischen Testtheorie Aus der Kombination von Existenz- und Verknüpfungsaxiom und der Unkorreliertheit der Fehler ergibt sich, dass der Erwartungswert des Fehlers gleich null ist: E(xvi) = τvi xvi = τvi + εvi E(εvi) = 0 Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Axiomatik der klassischen Testtheorie: Bildung des GesamtGesamt-Testwertes Der Erwartungswert des Testwertes einer Person xv (Summe mehrerer Items eines Tests) ist der Wahre Testwert τv (Summe der wahren Werte der Items). m m m E(x v ) = E ∑ x vi = ∑ E(x vi ) = ∑ τ vi = τ v i =1 i =1 i =1 Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Klassische Testtheorie (KTT) Wesentliche Annahme der KTT ist, dass sich die mit einem Test ermittelte Merkmalsausprägung eines Individuums aus dem „wahren Wert“ dieses Individuums und einem Messfehler zusammensetzt. Die Methoden der KTT zielen zum großen Teil darauf ab, den Anteil dieses Messfehlers zu bestimmen, sie wird daher auch als „Messfehlertheorie“ bezeichnet. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 3 Varianzzerlegung Für den einzelnen Fall liegt nur die beobachtete Messung xv vor, der individuelle wahre Wert τv und der Fehleranteil der Messung ε lassen sich nicht bestimmen. Für eine Stichprobe von Messungen lässt sich jedoch die Varianz der Messwerte (z.B. der Punkte in einem Test) sich zerlegen in „wahre“ Varianz und Fehlervarianz. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Varianzzerlegung Grundsätzlich gilt: die Varianz einer Summe ist gleich der Summe aller Elemente der Kovarianzmatrix der Summanden. z.B. σ2 ( x + y + z ) = σ2 ( x ) σ ( x, y ) σ ( x, z ) ∑ σ ( x, y ) σ2 ( y ) σ ( z, y ) = σ ( x, z ) σ ( z, y ) σ 2 ( z ) σ2 ( x ) + σ 2 ( y ) + σ 2 ( z ) + 2σ ( x, y ) + 2σ ( x, z ) + 2σ ( z, y ) Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Varianzzerlegung Grundsätzlich gilt: die Varianz einer Summe ist gleich der Summe aller Elemente der Kovarianzmatrix der Summanden. z.B. für drei Summanden x, y, z: σ2 ( x + y + z ) = σ2 ( x ) σ ( x, y ) σ ( x, z ) ∑ σ ( x, y ) σ2 ( y ) σ ( z, y ) = σ ( x, z ) σ ( z, y ) σ 2 ( z ) σ 2 ( x ) + σ 2 ( y ) + σ2 ( z ) + 2σ ( x, y ) + 2σ ( x, z ) + 2σ ( z, y ) Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 4 Varianzzerlegung Für zwei Summanden: σ2 ( x + y ) = σ2 ( x ) σ ( x, y ) ∑ σ ( x, y ) σ2 ( y ) = 2 2 σ ( x ) + σ ( y ) + 2σ ( x, y ) Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Varianzzerlegung Verknüpfungsaxiom: Jede Messung xvi setzt sich aus dem wahren Wert τvi und einem „zufälligen“ Messfehler εvi zusammen. xv = τ v + ε v Varianz der Summe zweier Summanden: σ2(x) = σ2(τ) + σ2(ε) + 2σ(x,ε) Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Varianzzerlegung Unkorreliertheit der Messfehler: Der Messfehler einer Messungen xvi ist unabhängig von dem zugrunde liegenden wahren Wert τvi. ρ(x,ε) = 0 Æ σ(x,ε) = 0 Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 5 Varianzzerlegung Varianz der beobachteten Werte xv: σ2(x) = σ2(τ) + σ2(ε) + 2σ(x,ε) = σ2(τ) + σ2(ε) + 0 = σ2(τ) + σ2(ε) Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Varianzzerlegung Die Varianz der beobachteten Testwerte xv: setzt sich zusammen aus zerlegen wahrer Varianz und Fehlervarianz: σ2(x) = σ2(τ) + σ2(ε) Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Varianzzerlegung und Definition der Reliabilität σ2 ( x ) = σ2 ( τ ) + σ2 ( ε ) Die Reliabilität (Messgenauigkeit) eines Test ist definiert als der Anteil der beobachteten Varianz in den Testwerten, der auf Variation in den wahren Testwerten der Testpersonen zurückgeht: Rel = σ2 ( τ ) σ2 ( x ) Testtheorie und Testkonstruktion = σ2 ( x ) − σ2 ( ε ) σ2 ( x ) Johannes Hartig und Nina Jude 6 Varianzzerlegung und Definition der Reliabilität σ2 ( x ) = σ2 ( τ ) + σ2 ( ε ) Für σ2(x) = σ2(τ): Rel = σ2 (τ) σ2 (τ) = =1 σ 2 (x) σ2 (τ) „Der Test misst völlig fehlerfrei.“ „Der Test misst gar nichts.“ Für σ2(x) = σ2(ε): σ 2 ( τ ) = σ 2 ( x ) − σ 2 ( ε ) = 0 → Rel = Testtheorie und Testkonstruktion 0 =0 σ2 (x) Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte Die Methoden der Analyse der Itemeigenschaften ist nicht im engeren Sinne Bestandteil der Klassischen Testtheorie Im Rahmen einer auf der KTT basierenden Testkonstruktion und -revision spielen die Itemkennwerte dennoch eine zentrale Rolle. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte Die Itemanalyse betrachtet die Eigenschaften der Messungen xvi eines mit einem einzelnen Item. Im Folgenden wird eingegangen auf Itemschwierigkeit, Itemvarianz und Itemtrennschärfe Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 7 Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemschwierigkeit Pi Die Itemschwierigkeit drückt aus, wie schwer eine Aufgabe für Personen einer Stichprobe im Sinne des erfassten Konstrukts zu beantworten war. Bei einem Leistungstest bedeutet dies, wie viele Personen der Stichprobe das Item gelöst haben. Bei einem Persönlichkeitsfragebogen bedeutet „Schwierigkeit“, wie viele Personen einer Aussage im Sinne des Kriteriums zugestimmt haben. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemschwierigkeit Pi Der Schwierigkeitsindex Pi hat einen Wertebereich von 0 bis 100. Hierbei bedeutet Pi = 0, dass keine Person das Item gelöst bzw. in Sinne des Kriteriums beantwortet hat. Das Item ist sehr schwer. Pi = 1 bedeutet, dass alle Person das Item gelöst bzw. in Sinne des Kriteriums beantwortet haben. Das Item ist sehr leicht. Pi könnte also auch als „Leichtigkeitsindex“ bezeichnet werden! ! Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemschwierigkeit Der Schwierigkeitsindex Pi eines Items i basiert im wesentlichen darauf, wie viele Punkte alle Personen in diesem Item im Mittel erreicht haben. Pi = x i − x min ⋅100 x max − x min xi = Mittelwert des Items i xmin = minimale erreichbare Punktzahl im Item i xmax= maximal erreichbare Punktzahl im Item i Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 8 Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemschwierigkeit Pi Ist die minimal erreichbare Punktzahl in einem Item null, vereinfacht sich die Bestimmung des Schwierigkeitsindex zu: Pi = xi ⋅100 x max xi = Mittelwert des Items i xmax= maximal erreichbare Punktzahl im Item i Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemschwierigkeit Pi Beispiel Leistungstest In einer Klausuraufgabe in psychologischer Testkonstruktion erhält man für das Lösen einer Aufgabe einen Punkt (xmax = 1), für eine falsche Antwort null Punkte (xmin = 0). Von 12 KursteilnehmerInnen lösen diese Aufgabe 9. Æ Der Mittelwert für dieses Item beträgt 9 : 12 = 0.75. Pi = xi 0.75 ⋅100 = ⋅100 = 75 x max 1 Æ Es handelt sich um ein leichtes Item Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemschwierigkeit Pi Beispiel Persönlichkeitsfragebogen Für Antworten auf das Item „Ich mag mich selbst nicht“ erhält man auf einer fünfstufigen Skala xmin = 0 bis xmax = 4 Punkte für Neurotizismus. In einer Stichprobe von 399 Personen beträgt der Mittelwert für dieses Item 0.79. Pi = xi 0.79 ⋅100 = ⋅100 = 19.78 x max 4 Æ Es handelt sich um ein schweres Item Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 9 Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemschwierigkeit Pi Grundsätzlich sind Items mit mittlerer Schwierigkeit (Pi ≈ 50) zu bevorzugen, da sie am besten zwischen unterschiedlichen Merkmalsausprägungen differenzieren können. Sehr leichte oder sehr schwere Items werden entweder von fast allen oder von fast keiner Person gelöst. Dennoch können einige Items mit hohen oder niedrigen Schwierigkeiten in einem Test zweckmäßig sein, um auch im unteren oder oberen Merkmalsbereich zu differenzieren. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemvarianz σ2(xi) Die Varianz σ2(xi) eines einzelnen Items gibt an, wie stark die Antworten auf dieses Item in der Stichprobe streuen. Zur Erinnerung: die Varianz einer Variablen ist die durchschnittliche quadrierte Abweichung der einzelnen Werte vom Mittelwert: N σ2 ( x i ) = ∑(x v =1 Testtheorie und Testkonstruktion iv -x i ) 2 N Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemvarianz σ2(xi) Nur ein Item, auf die Personen unterschiedlich antworten, kann zur Messung von Unterschieden zwischen Personen etwas beitragen. Eine Varianz von σ2(xi) = 0 würde bedeuten, dass alle Personen auf ein Item gleich geantwortet haben. Die Zahlenwerte der Itemvarianz hängen von der jeweiligen Antwortskala ab. Die Werte sind daher für sich genommen wenig aussagekräftig, können aber im Vergleich verschiedener Items aufschlussreich sein. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 10 Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemtrennschärfe ri(ti(t-i) Die Itemtrennschärfe ri(t-i) ist der wichtigste Itemkennwert im Kontext der KTT! Die Trennschärfe soll eine Einschätzung ermöglichen, wie gut ein Item „zwischen Personen mit niedriger und hoher Merkmalsausprägung trennt“. Hierzu wird der korrelative Zusammenhang eines einzelnen Items mit dem Gesamttest ermittelt. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemtrennschärfe ri(ti(t-i) Für die Ermittelung der Trennschärfe wird i.d.R. eine „part-whole-Korrektur“ vorgenommen, d.h. das Item wird aus allen übrigen Items des Tests ermittelten Testwert in Beziehung gesetzt: ri( t −i) = σ ( x i , x t −i ) σ ( x i ) ⋅ σ 2 ( x t −i ) 2 xi = Werte im Item i xt-i = Werte im Gesamttest ohne das Item i Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Itemtrennschärfe ri(ti(t-i) Der Wertebereich der Itemtrennschärfe liegt zwischen -1 und 1. Bei einer hohen positiven Trennschärfe erfasst das Item etwas Ähnliches wie der Gesamttest. Eine Trennschärfe nahe null weist darauf hin, dass ein Item mit dem restlichen Test nichts gemeinsam hat. Eine negative Trennschärfe kann einen Hinweis darauf geben, dass ein Item umgekehrt wie beabsichtigt verstanden oder – wahrscheinlicher – bei der Auswertung nicht richtig gepolt wurde. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 11 Itemkennwerte und Itemselektion Bei der Konstruktion von Tests auf Basis der KTT werden oft mittels der Itemkennwerte "schlechte" Items identifiziert und aus der endgültigen Fassung ausgeschlossen. Die Itemkennwerte Schwierigkeit, Varianz und Trennschärfe sind deskriptive Größen. Es gibt daher keine klaren Regeln wie etwa bei einem Hypothesentest, ab wann ein Item definitiv aus einem Test ausgeschlossen werden sollte. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemkennwerte und Itemselektion Die Itemvarianz wird selten als Selektionskriterium herangezogen, kann aber in Kombination mit den anderen Kennwerten aufschlussreich sein. Itemschwierigkeiten kleiner als .20 oder größer als .80 werden i.d.R. als zu schwer oder zu leicht betrachtet. Bei Itemtrennschärfen werden z.B. Untergrenzen von .30 oder .40 als Ausschlusskriterium genannt. Es ist hier aber auch darauf zu achten, wie die Trennschärfen aller Items liegen und ob ein Item durch eine deutlich unterdurchschnittliche Trennschärfe negativ auffällt. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Zusammenhänge zwischen den drei Itemkennwerten Zwischen den verschiedenen Itemkennwerten bestehen einige systematische, zwangsläufige Zusammenhänge: Ein Item mit einer extrem hohen oder niedrigen Schwierigkeit kann nur noch eine eingeschränkte Varianz haben. Æ Bei Pi=0 oder Pi=100 muss die Varianz null sein: Alle Personen haben gleich geantwortet. Je niedriger die Varianz eines Items, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein Item noch eine hohe Trennschärfe aufweist. Æ Ein Item mit einer Varianz von null kann keinen Zusammenhang mehr mit dem Gesamttest aufweisen. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 12 Zusammenhänge zwischen den drei Itemkennwerten Spezialfall: Spezialfall bei dichotomen (zweistufigen) Items besteht ein fester Zusammenhang zwischen Itemschwierigkeit und Itemvarianz. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Zusammenfassung Die Itemschwierigkeit gibt Auskunft darüber, wie viele Personen ein Item gelöst haben bzw. wie stark einem Item im Sinne des erfassten Konstruktes zugestimmt wurde. Die Itemvarianz gibt an, wie stark die Antworten auf ein Item sich zwischen Personen unterscheiden. Die Itemtrennschärfe ist ein Indikator dafür, inwieweit ein Item etwas Ähnliches erfasst wie der übrige Test. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Itemanalyse und Itemkennwerte: Zusammenfassung Hinsichtlich der Itemschwierigkeit sind Items mittlerer Schwierigkeit erstrebenswert. Leichte und schwere Items können dennoch nützlich sein, um in Bereichen niedriger und hoher Merkmalsausprägung eine differenzierte Messung zu ermöglichen. Die Itemvarianz ist ein eher unbedeutender Kennwert, eine hohe Varianz ist wünschenswert. Die Itemtrennschärfe ist der wichtigste Kennwert zur Selektion messgenauer Items. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 13 Pause Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Eindimensionalität des Konstruktes Der selbst konstruierte Fragebogen soll ein eindimensionales Konstrukt erfassen, das heißt: Es muss sinnvoll definiert sein, was ein hoher und ein niedriger Punktewert bedeutet! Die einzelnen Items müssen für sich genommen sinnvoll hinsichtlich eines „mehr“ oder „weniger“ des erfassten Konstruktes interpretierbar sein! Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Aphorisms for a Questionnaire Keep it simple, One thing at a time. Little words work best, Two lines are too many, Long is wrong When in doubt, leave it out. Reasons for asking aren’t reasons for answering, Answers ask questions. By Ben Wright, In: Rasch Transactions. Aus Rost (2004) Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 14 Kriterien bei der Itemformulierung Sprachliche Verständlichkeit Eindeutigkeit des Inhalts Schwierigkeit der Items Abstufung über die Antwortmöglichkeiten Eindeutigkeit hinsichtlich des Konstruktes Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Kriterien bei der Itemformulierung: Sprachliche Verständlichkeit Die Items sollten für die Probanden ohne große Mühe und nach einmaligem durchlesen verständlich sein. Zu vermeiden sind nach Möglichkeit: Verneinungen, erst recht doppelte Verneinungen Zu komplizierte Satzkonstruktionen Zu allgemeine, vage Aussagen Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Kriterien bei der Itemformulierung: Eindeutigkeit des Inhalts Der Inhalt des Items muss eindeutig sein, d.h. die Antwort auf ein Item muss einen Rückschluss darauf zulassen, was die beantwortende Person gemeint hat. Es darf keine Möglichkeit geben, den Text in unterschiedlicher Weise zu interpretieren. Ein Item darf nur eine Aussage enthalten: Bei zwei Aussagen in einem Item ist nicht mehr klar, auf welche geantwortet wurde. Die Antwort darf nicht von unterschiedlichem Vorwissen abhängig sein. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 15 Kriterien bei der Itemformulierung: Eindeutigkeit des Inhalts Nur eine Aussage je Item! Schlecht: Ich habe verschiedene klare Ziele im Leben und arbeite systematisch auf sie zu. Besser: Ich habe klare Ziele im Leben. Ich bemühe mich, auf meine Ziele systematisch hinzuarbeiten. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Kriterien bei der Itemformulierung: Eindeutigkeit des Inhalts Unabhängigkeit vom Vorwissen! Schlecht: Schlecht Die jüngsten Erfolge der Molekularbiologie im Bereich der Krebstherapie sprechen für die Gentechnologie. Besser: Besser Gentechnologie sollte gefördert werden, weil damit neue Heilmethoden entwickelt werden können. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Kriterien bei der Itemformulierung: Schwierigkeit der Items Schlecht: Schlecht Frauen, die abtreiben, sollten zu langen Gefängnisstrafen verurteilt werden. Besser: Besser Um gegen Abtreibungen vorzugehen, können auch strafrechtliche Maßnahmen angemessen sein. Schlecht: Schlecht Wenn ich nachts in einer dunklen, einsamen, engen Gasse unterwegs bin und hinter mir plötzlich Schritte höre, werde ich unruhig. Besser: Besser Wenn ich nachts zu Fuß durch eine unbelebte Straße muss, ängstigt mich das. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 16 Ich habe Wenn ichAngst, zum Zahnarzt wenn ichmuss, zum habe ich jedesmal Zahnarzt muss. extreme Angst. 1 2 3 4 5 6 trif ft ni c übe h t r ha trif zu upt ft n ich tz trif u ft e he rn trif ich ft e tz he u rz trif u ft z u trif ft s eh rz u Meine Arbeit ist eintönig meistensund eintönig langweilt mich.mich fast immer. und langweilt trif ft ni c ü b e ht r h a trif zu upt ft n ich tz trif u ft e he r trif nic ft e ht zu he rz trif u ft z u trif ft s eh rz u Kriterien bei der Itemformulierung: Abstufung über die Antwortmöglichkeiten 1 Testtheorie und Testkonstruktion 2 3 4 5 6 Johannes Hartig und Nina Jude Kriterien bei der Itemformulierung: Eindeutigkeit hinsichtlich des Konstruktes Wichtig! Es muss eindeutig sein, ob eine Zustimmung zu einem einzelnen Item im Sinne einer höheren oder niedrigeren Ausprägung des im Gesamttest erfassten Konstruktes zu interpretieren ist. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Kriterien bei der Itemformulierung: Eindeutigkeit hinsichtlich des Konstruktes „Einstellung zu Psychotherapie“ Psychotherapie sollte denselben Stellenwert haben wie medizinische Behandlung. Therapeuten haben selbst psychische Probleme. Wer sich in Therapie begibt, ist unfähig, seine Probleme selbst zu lösen. Ich kann mir nicht vorstellen, jemals eine Psychotherapie zu brauchen. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude 17 Kriterien bei der Itemformulierung: Eindeutigkeit hinsichtlich des Konstruktes „Abhängigkeit der Stimmung vom Wetter“ Sonne hellt meine Stimmung auf. Bei miesem Wetter werde ich schneller ungeduldig als sonst. Trübes Wetter hat keinen Einfluß auf meine Stimmung. Bei gutem Wetter fällt es mir leichter, freundlich zu anderen zu sein. An sonnigen Tagen lache ich häufiger. Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig und Nina Jude Testtheorie und Testkonstruktion Johannes Hartig: 970 976 41 [email protected] Nina Jude: 970 976 21 [email protected] 18