guenter kunert mann ueber bord
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guenter kunert mann ueber bord
Realschulabschlussprüfung 2001 Deutsch Seite 1 Hinweise für Schüler Aufgabenauswahl: Wählen Sie eine der vorliegenden Aufgaben aus (Aufgabe I / Variante 1, Aufgabe I / Variante 2, Aufgabe II oder Aufgabe III). Bearbeitungshinweis: Die Texte in den Aufgaben II und III stammen aus Büchern, die vor der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung erschienen sind. Bearbeitungszeit: Die Arbeitszeit beträgt 240 Minuten; zusätzlich stehen Ihnen 30 Minuten Lesezeit für die Wahl der Prüfungsaufgabe zur Verfügung. Hilfsmittel: ein Nachschlagewerk zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung Sonstiges: Geben Sie auf der Reinschrift die bearbeitete Aufgabe an und nummerieren Sie die Seiten fortlaufend. Für die Bewertung gilt die Reinschrift. Entwürfe können nur dann ergänzend zur Bewertung herangezogen werden, wenn sie zusammenhängend konzipiert sind und die Reinschrift etwa ¾ des erkennbar angestrebten Gesamtumfangs umfasst. Realschulabschlussprüfung 2001 Deutsch Aufgabe I Variante 1 Setzen Sie sich mit der dargestellten Problematik auseinander. Cartoon aus: Eulenspiegel 06/2000 Seite 2 Realschulabschlussprüfung 2001 Deutsch Aufgabe I Variante 2 Nehmen Sie den vorliegenden Textauszug zum Anlass, sich in einem Leserbrief mit der aufgeworfenen Problematik auseinander zu setzen. 5 10 Schlaue Zuschauer (...) Ein Gespenst geht um in Europa und das wird Big Brother genannt. Ob Spanien, Belgien oder die Schweiz, nach und nach wird aus jedem europäischen Land gemeldet, wie der Container-Contest dort verläuft und aufgenommen wird. Für vergleichende Ethnographen tut sich ein spannendes Feld auf: Sind die Spanier gruppentauglicher und weniger intrigant als die Holländer, die Italiener sexbesessener als die Deutschen? Wo wird selbstverständlich nackt geduscht und wo genauso selbstverständlich nur im Badeanzug? Warum hatte das Format in den USA keinen Erfolg und was sagt das über das jeweilige Medienbewusstsein in den Ländern aus? So simpel gestrickt das Konzept der Sendung, so ausgetüftelt und komplex ihre Interpretationen. ... Heutzutage wird dummes Fernsehen für schlaue Zuschauer gemacht. (...) Textauszug aus: Barbara Schweizerhof. Schlaue Zuschauer. In: FREITAG 39 / 22. September 2000 Die Ost-West-Wochenzeitung Seite 3 Realschulabschlussprüfung 2001 Deutsch Seite 4 Aufgabe II Geben Sie knapp den Inhalt des Textes wieder. Schreiben Sie einen inneren Monolog, in dem die Hauptfigur über das Geschehene nachdenkt. Begründen Sie die von Ihnen dargestellten Gedanken mit Hilfe des Ausgangstextes. Günter Kunert (geb. 1929): Mann über Bord 5 10 15 20 25 Der Wind wehte nicht so stark. Bei einem Schlingern des Schiffes verlor der Matrose, angetrunken und leichtfertig tänzelnd, das Gleichgewicht und stürzte von Deck. Der Mann am Ruder sah den Sturz und gab sofort Alarm. Der Kapitän befahl, ein Boot auf das mäßig bewegte Wasser hinunterzulassen, den langsam forttreibenden Matrosen zu retten. Die Mannschaft legte sich kräftig in die Riemen, und schon nach wenigen Schlägen erreichten sie den um Hilfe Rufenden. Sie warfen ihm einen Rettungsring zu, an den er sich klammerte. Im näherschaukelnden Boot richtete sich im Bug einer auf, um den im Wasser Treibenden herauszufischen, doch verlor der Retter selber den Halt und fiel in die Fluten, während eine ungeahnte, hohe Woge das Boot seitlich unterlief und umwarf. Der Kapitän gab Anweisung, auf die Schwimmenden und Schreienden zuzufahren. Doch kaum hatte man damit begonnen, erschütterte ein Stoß das Schiff, das sich schon zur Seite legte, sterbensmüde, den stählernen Körper aufgerissen von einem zackigen Korallenriff, das sich knapp unter der Oberfläche verbarg. Der Kapitän versackte wie üblich zusammen mit dem tödlich verwundeten Schiff. Er blieb nicht das einzige Opfer: Haie näherten sich und verschlangen, wen sie erwischten. Wenige der Seeleute gelangten in die Rettungsboote, um ein paar Tage später auf der unübersehbaren Menge salziger Flüssigkeit zu verdursten. Der Matrose aber, der vom Dampfer gestürzt war, geriet unversehrt in eine Drift, die ihn zu einer Insel trug, auf deren Strand sie den Erschöpften warf; dort wurde er gefunden, gepflegt, gefeiert als der einzige Überlebende der Katastrophe, die er selber als die Folge einer Kesselexplosion schilderte, welche ihn weit in die Lüfte geschleudert habe, so daß er aus der Höhe zusehen konnte, wie die Trümmer mit Mann und Maus versanken. Von dieser Geschichte konnte der einzig Überlebende auf jener Insel trefflich leben: Mitleid und das Hochgefühl, einen seines Schicksals zu kennen, ernährten ihn. Nur schien den Leuten, daß sein Verstand gelitten haben mußte: Wenn ein Fremder auftauchte, verschwand der Schiffbrüchige, erblassend und zitternd und erfüllt von einer Furcht, die keiner deuten konnte: ein stetes Geheimnis und daher ein steter Gesprächsstoff für die langen Stunden der Siesta. Text aus: Günter Kunert. Kurze Beschreibung eines Momentes der Ewigkeit. Reclam Leipzig 1980 Realschulabschlussprüfung 2001 Deutsch Seite 5 Aufgabe III Analysieren und interpretieren Sie das Gedicht. Hermann Hesse (1877 – 1962): Im Nebel Seltsam, im Nebel zu wandern! Einsam ist jeder Busch und Stein, Kein Baum sieht den andern, Jeder ist allein. 5 Text aus: Voll von Freunden war mir die Welt, Als noch mein Leben licht war; Nun, da der Nebel fällt, Ist keiner mehr sichtbar. Arbeit mit Texten. Schroedel Schulbuchverlag, Hannover 1995 10 15 Wahrlich, keiner ist weise, Der nicht das Dunkel kennt, Das unentrinnbar und leise Von allen ihn trennt. Seltsam, im Nebel zu wandern! Leben ist Einsamkeit. Kein Mensch kennt den andern, Jeder ist allein.