Drei Sportcoupés im Vergleichstest

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Drei Sportcoupés im Vergleichstest
Audi A5, BMW 335i, Mercedes E 350
Drei Sportcoupés im Vergleichstest
Zu solventen Männern im besten Alter gehört der Zweireiher genauso wie auch der Zweitürer - gerne
mit geschmeidigem Sechszylinder unter der Haube. Wer versüßt den Lebensabend am besten: der
Audi A5 3.2 FSI, das BMW 335i Coupé oder der brandneue Mercedes E 350 CGI?
Foto: Rosson Gargolov
Drei Coupés von Audi, BMW und Mercedes im Vergleichstest.
Intensiv-Aromen wie Bitterschokolade, Espresso ohne Zucker oder Whiskey erschließen sich meist erst
älteren Semestern. Auch ein Coupé wird Teil des späten Genusses - dann, wenn man sich in eine hohe
Gehaltsklasse vorgearbeitet hat, bei der Personenbeförderung an das Chauffieren von Enkelkindern und bei
Transportaufgaben an Golfschläger-Taschen denkt.
Der Mercedes E 350 CGI ist das teuerste Coupé im Test
Zur besonderen Versuchung werden Coupés, wenn unter ihrer Fronthaube mindestens sechs Zylinder
säuseln und Drehmoment aus wenigstens drei Liter Hubraum wogt. Dann sind die Zweitürer allerdings so
teuer, dass sie für den Mittelstand Traumwagen bleiben und nur die Realität der Oberschicht bereichern.
Nicht nur optisch, auch preislich sticht Daimlers neues Coupé aus der automobilen Feinkost heraus: Für
einen Mercedes E 350 CGI Blue Efficiency (292 PS) berechnet Mercedes mindestens 51.408 Euro. Audi
bietet den A5 3.2 FSI (265 PS) mit Multitronic ab 45.350 Euro, BMW das 335i Coupé (306 PS) samt
Automatikgetriebe ab 48.250 Euro an. (Mercedes E 350 CGI im Fahrbericht)
Aus traditionsreicher Vergangenheit weiß Mercedes: Ein Coupé hat seine Passagiere vor allem in Ruhe zu
lassen, muss sie unaufdringlich umsorgen, wie ein diskreter Kammerdiener. Nur bei der Optik verlässt
Mercedes die Zurückhaltung: Aus dem automobilen Zweireiher wurde ein Sakko mit auffälligem Revers. Es
zieht neugierige Blicke an - und zwar von untypisch jungen Verehrern. Die Handy-Generation umlagert ihr
neues Foto-Objekt.
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Doch schon bald nach dem geschmeidigen Losfahren kehrt Ruhe und Ausgeglichenheit ins Mercedes EKlasse-Coupé ein. Treffsicher entscheidet sich die Wandler-Automatik für die richtige Fahrstufe, lässt den
Viersitzer in einer möglichst hohen der sieben Stufen dahinfließen. Der Fahrer kann sich entspannen, muss
nicht einmal fürchten, dass er ein Verkehrszeichen übersieht - sobald es eine Änderung beim Tempo gibt,
spielt die Schilder-Erkennung (351 Euro) den jeweiligen Wert kurz ins Cockpit ein. Und droht während einer
langen Reise Müdigkeit die Konzentration zu unterwandern, soll eine große Kaffeetasse innerhalb des
Tachos eine Pause anmahnen (serienmäßig).
Was nach Beaufsichtigung klingt, ist in Wirklichkeit eine nette Geste und ein Angebot, da das Mercedes ECoupé niemals mit aufdringlichem Gepiepse oder Geblinke nervt. Der Effekt des Cocooning, des Rückzugs
in die unbeteiligte Privatheit, stellt sich jedoch nicht ein, zumal, wenn man alle vier rahmenlosen Scheiben
herunterlässt: Ohne B-Säule fließt fast soviel Landschaft herein wie in ein Cabrio - nahezu ohne Zugluft. Das
ist einzigartig in diesem Vergleich. Beim Audi und beim BMW (beide mit B-Säule) sind die hinteren Scheiben
fest verankert. (Audi A5 Cabriolet 3.2 FSI Quattro im Einzeltest) Überhaupt zeigt die zweitürige E-Klasse
eine erstaunlich intensive Verbundenheit zur Straße; das Fahren ist alles andere als entkoppelt - Mercedes
hat den Komfort konturiert und das Coupé agiler als die E-Klasse-Limousine abgestimmt.
Der Audi A5 sorgt für Irritationen
Gleichzeitig sportlich und komfortabel will das Audi-Fahrwerk sein. Anders als bei Mercedes kosten die
adaptiven Stoßdämpfer Aufpreis (300 Euro) und lassen sich von Knöpfen in der Mittelkonsole verstellen genauso wie die Servounterstützung der Lenkung. Der Fahrer kann zwischen den Stellungen Comfort,
Automatik und Dynamic wählen oder als vierte Möglichkeit unter dem Knopf Individual sein bevorzugtes
Setup speichern - etwa die leichtgängige Lenkung mit der straffen Fahrwerksabstimmung kombinieren. Mit
dem Audi A5 setzt man sich also bereits im Stand aktiv auseinander. Beim Fahren über Land muss man
sogar eine gewisse Hyperaktivität ertragen. Agil? Anders als bisherige Fronttriebler-A5 mit 17-Zöllern ist
dieser mit 18-Zöllern vor allem rastlos. Bodenwellen bringen ihn aus der Ruhe, mit der spitzen und für
Antriebseinflüsse empfänglichen Lenkung lässt sich die Linie schwer korrigieren, je nach Dämpferstellung
wirkt der Audi flatterhaft oder bockig.
Für Irritationen sorgt das stufenlose Audi-Getriebe; es lässt den V6 zunächst verzögert ansprechen und hält
ihn dann trotz Beschleunigung auf konstanter Drehzahl. Positiv an der Multitronic ist die weite Spreizung der
Übersetzung sowie das sehr niedrige Drehzahlniveau beim Cruisen. Den Verbrauch des stärkeren Blue
Efficiency-Mercedes unterbietet der Audi dennoch nicht.
Der BMW 335i ist eine Alternative zum BMW M3
Wie anspringende Leidenschaft auszusehen hat, zeigt der im Test verbrauchsintensivste BMW. Wer sich
erst einmal an die schwergängige Lenkung gewöhnt hat, schätzt das präzise Landstraßen-Werkzeug.
Angesichts des irren Schubs sowie der Klang-Lava seines Reihensechszylinders mit zweifacher TurboEruption relativiert sich der Verbrauch, und mancher Kunde fragt sich: Warum soll ich eigentlich auf den
kaum schnelleren BMW M3 sparen? Das 3er-Coupé lebt Sportlichkeit fast schon als Fetisch aus.
BMW setzte den 335i zum Test auf 19-Zoll-Optionsräder - in Verbindung mit dem Sportfahrwerk (Serie)
bleibt nur herb-charmanter Reisekomfort, zumal es keine adaptiven Dämpfer im Angebot gibt. Aus Gründen
der Gleichheit durften auch Audi (18 Zoll) und Mercedes (17 Zoll-Mischbereifung) ihre Reifen frei wählen. Bei
den Fahrdynamiktests, vor allem dem schnellen Ausweichen, geht die Wertung an BMW: Der 3er wedelt
seinen Gegnern davon. Dass er im Grenzbereich mit dem Heck drängt, bevor ihn ESP auf Linie zwingt,
dürften Markenjünger als Kernkompetenz eines Hecktrieblers bejubeln. Den gleichen schienenartigen
Charakter wie der E 350 CGI, der selbst bei Nässe eisern Spur hält, bietet der 335i aber ebenso wenig wie
der A5.
Ein Gefühl der Sicherheit vermittelt der Mercedes schon beim vertiefenden Studium der Ausstattungsliste.
Kein anderer bietet so viele Extras, die einen Unfall entweder verhindern helfen oder die Folgen mildern.
Gleiches gilt für die Lichttechnik. Zwar kostet Xenon anders als bei Audi und BMW Aufpreis, doch wer den
Geldbeutel weit öffnet, erhält neben dem Fernlicht-Assistenten auch eine je nach Einsatzort variable
Lichtverteilung. Dass das Portemonnaie beim Gesamtpreis sogar sperrangelweit aufklaffen muss, liegt
ebenfalls in der Mercedes-Tradition.
Das Mercedes E 350 CGI Coupé siegt im Vergleichstest
Am Endergebnis im Vergleichstest ändert das nichts: Das neue Mercedes-Coupé hat fleißig Punkte
gehamstert, die Kapitel Karosserie, Sicherheit sowie Fahrkomfort für sich entschieden und ist beim Antrieb
ebenso wie bei den Fahreigenschaften in Schlagdistanz zum zweitplatzierten BMW. In Sachen Umwelt lässt
der Mercedes dem Schlusslicht Audi um einen Punkt den Vortritt, zehn sind es bei den Kosten. Doch dass
diese nicht den Ausschlag geben, ist nach einem arbeitsamen Leben häufig ein weiteres Privileg des Alters.
1. Mercedes E 350 CGI Blue Efficiency
501 Punkte von 650 Punkten
Mit neuem (Hüft-)Schwung lenkt das E-Klasse-Coupé ein, bietet
Komfort mit Konturenschärfe - und dominiert den ersten
Vergleichstest. Außer den traditionell hohen Kosten lässt sich der
neue Benchmark wenig vorhalten.
2. BMW 335i Coupé
482 Punkte von 650 Punkten
Sportlerherzen schlagen höher, wenn die beiden Turbos anblasen
und sich der zweitürige Dreier in die Kurven verbeißt. Kompromisse
überlässt BMW anderen - Fahrkomfort damit auch.
3. Audi A5 3.2 FSI
479 Punkte von 650 Punkten
Bei der Agilität versucht Audi sogar BMW zu übertreffen und
schießt übers Ziel hinaus. Das Ergebnis enttäuscht dort, wo es
Spaß bereiten soll: auf der Landstraße. Die Lenkung ist zappelig
und das Fahrwerk je nach Dämpferstellung fahrig oder bockig.
Autor: Marcus Peters