Politische Nibelungenrezeption in Literatur und Kunst

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Politische Nibelungenrezeption in Literatur und Kunst
GUNTER E. GRIMM
Politische Nibelungenrezeption in Literatur und Kunst
Vorblatt
Die Rezeption des Nibelungenstoffs war seit der Wiederentdeckung des Nibelungenlieds bis in die
Mitte des 20. Jahrhunderts politisch aufgeladen, ob es sich um die Apotheose als deutsches
Nationalepos oder um die Indienstnahme für ausgesprochen propagandistische Zwecke handelt. Der
Beitrag mustert diese Indienstnahme an drei Themenkomplexen: dem Nibelungenhort, der Gestalt des
Helden Siegfried und dem Syndrom der Nibelungentreue. Während der Hort als Symbol der Sehnsucht
nach der deutschen Einheit verwendet wurde, hat die Erhebung Siegfrieds zum deutschen Helden par
excellence besonders fantastische Ausmaße erreicht. Man beschwor seine Gestalt als Gründer und
Retter des Reichs, und er wurde mit bestimmten politischen Figuren identifiziert, mit Hermann dem
Cherusker, mit Bismarck oder mit Hindenburg. Zum andern galt er schon immer als Inbegriff eines
aufrechten ‚reinen‘ Recken, der inmitten einer Welt der Niedertracht Opfer eines tückischen Verrates
wurde. Weitere Stichworte aus der politischen Nibelungenrezeption, die sich mit der tragischen Siegfried-Deutung decken, sind Nibelungentreue, Sieg-Frieden, Dolchstoßlegende und Untergangsszenarien. Die Gegenwart hat sich von dieser Heroisierung verabschiedet und widmet sich eher den
medialen Verwertungsmöglichkeiten, den Fantasy-, den Krimi- und den Gender-Aspekten.
Publikation
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Autor
Prof. Dr. Gunter E. Grimm
Universität Duisburg-Essen
Universitätsstraße 12
D-45117 Essen
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(Datum Ihres letzten Besuchs
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 1 von 28
GUNTER E. GRIMM
Politische Nibelungenrezeption in Literatur und Kunst
Gliederung:
-
Einleitung
-
Der Hort – Symbol der Sehnsucht nach der deutschen Einheit
-
Siegfried – der deutsche Held als Gründer und Retter des Reichs
-
Nibelungentreue, Sieg-Frieden, Dolchstoß – Untergangsszenarien
-
Resümee
1. Einleitung
Das Mittelalter boomt. Auf den ersten Blick gilt die Begeisterung der Artuswelt.
Sie bietet die farbenfrohe Seite, die mit Liebeserlebnissen, Ritterspielen und
ruhmreichen Taten noch heute bezaubert. Freilich hat das Mittelalter auch eine
düstere Seite, und sie kommt im Nibelungenlied zum Ausdruck. Es ist ein genuin
deutscher Stoff. Das Nibelungenlied ist im Kontext der Mittelalter-Rezeption deshalb so eminent wichtig, weil es immerhin im Lauf seiner Wiederentdeckung zum
deutschen Nationalepos erhoben wurde, seine Helden und seine Normen im Verlauf der deutschen Geschichte eine tragische und zuweilen unrühmliche Rolle
gespielt haben. Die Aufnahme des Nibelungenstoffs in der Gegenwart lässt sich
ohne diese Vorgeschichte nicht sinnvoll betrachten. Die Rezeption des Nibelungenstoffs seit der Wiederentdeckung der Handschrift durch Hermann Obereit im
Jahre 1755 bis in die Gegenwart spiegelt den Wandel der Mentalität: Ein Text
wandert durch historische Kontexte, seine Normen reiben sich an den veränderten
Normen seiner Rezipienten. Vieles, was die Leser im Text entdeckten, brachten
sie von außen an den Text heran. Die Deutung war ihre eigene Zutat.
Wie kaum ein anderer mittelhochdeutscher Text wurde das Nibelungenlied von
politischen Parteien eingesetzt und für eigene Bedürfnisse gebraucht und missbraucht. Aber man hat sich auch an dessen Rezeption gerieben. Noch vor kurzer
Zeit hat der bekannte Wagner-Bassist Bernd Weikl sensationsgierig gefordert,
wegen seines Antisemitismus sollten die Opern Wagners auf deutschen Bühnen
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 2 von 28
verboten werden.1 Im „Ring des Nibelungen“ sei dermaßen viel sittenwidriges
und rassistisches Gedankengut verarbeitet, dass die Tetralogie Gegenstand einer
Strafanzeige werden könnte.2 Weikls Resümee lautet: „Da im Hinblick auf unsere
schlimme Vergangenheit immer wieder die Frage gestellt wird, was gegen einen
heute erneut anwachsenden Antisemitismus zu tun sei, wird es notwendig sein,
Richard Wagners gefährliche Musikdramatik auf den Index zu setzen.“ Soweit der
spät erleuchtete Ex-Bassist.
In der Phase der Wiederentdeckung galten andere Maßstäbe als die mittelalterlichen des Heldenepos. Für die Bildungsschichten, die Universitäten und das Erziehungswesen der Aufklärung gab die griechisch-römische Antike das unerreichbare Vorbild ab. In der Literatur hat Johann Christoph Gottsched, in der Bildenden
Kunst Johann Jakob Winckelmann die Antike als normgebend etabliert. Das
heißt: Wo Homer und Vergil die poetischen Hausgötter waren, gab es keinen
Platz für mittelalterliche Heldenepen. Um das Nibelungenlied ‚hoffähig‘ zu machen, musste es erst in eine klassische Form gebracht werden. Johann Jakob
Bodmer, der das Nibelungenlied 1757 in einer Edition erstmals der Öffentlichkeit
bekannt gemacht hat, bearbeitete zehn Jahre später den Stoff in einem eigenen
Epos „Die Rache der Schwester“, für das er den klassischen Hexameter als Versmaß wählte. Auch Goethe hat 1810 zur skurrilen Fingerübung angesetzt, das Nibelungenlied als Hexameterepos neu zu dichten. Das Gleiche gilt für die Bildende
Kunst. Johann Heinrich Füssli hat in seinen Gemälden zum Nibelungensujet die
Protagonisten konsequent als antike Helden stilisiert, in antiken Gewändern oder
in antiker Nacktheit. Erst die Romantiker würdigten das Epos in seiner originalen
Gestalt.
An drei Sujets aus dem Nibelungenstoff sei die politische Rezeption aufgezeigt:
Am magischen Nibelungenhort, an der leuchtenden Siegfried-Gestalt und am fatalen Ideal der „Nibelungentreue“.
2. Der Hort – Symbol der Sehnsucht nach der deutschen Einheit
Obwohl sich Goethe und die Romantiker für das Nibelungenlied einsetzten, erwachte breiteres Interesse erst im Zusammenhang mit dem Erstarken eines nationalen Bewusstseins. August Wilhelm Schlegel äußert sich in diese nationalpädagogische Richtung:
Wenn man das Nibelungenlied, das eine glorreiche Welt darstellt, große
Menschen mit einer vaterländischen, männlichen Gesinnung, wenn man ein
solches Werk zum ‚Hauptbuch bey der Erziehung der deutschen Jugend‘
1
Bernd Weikl: „Warum Richard Wagner in Deutschland verboten werden muss“. In:
FOCUS Magazin, Ausgabe Nr.46, 2014.
2
Dazu Ernst von Pidde: Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ im Lichte des deutschen Strafrechts. Berlin 2003.
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 3 von 28
macht, dann wird es auch gelingen, kraftvolle Männer zu erziehen und die
Einheit des Reiches wiederherzustellen.3
In den napoleonischen Befreiungskriegen avancierte das Nibelungenlied tatsächlich zum Identifikationstext nationaler Tendenzen. Dabei wurde dem Nibelungenhort eine exakte politische Bedeutung zugesprochen.
Ein Blick auf die Bildtradition verdeutlicht den Sachverhalt. Der romantischnazarenische Maler Julius Schnorr von Carolsfeld fertigte 1845 einen farbigen
Entwurf für das Supraporta-Gemälde in der Münchner Residenz an.
Im Schatz, den Hagen in
der Flut versenkt, sind eine
Krone und ein Szepter klar
erkennbar.4 Das Hortmotiv
begegnet auch in den rund
dreißig allegorischen Bildversionen, die der romantische Maler Moritz von
Schwind in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vom „Vater Rhein“ geschaffen hat.5 Ein an Alberich erinnernder Zwerg trägt den Hort auf einer goldenen Schale vor Vater Rhein durch
die Fluten.6 Umgeben ist „Vater Rhein“ von Zwergen und Nixen, die unter anderem den Nibelungenschatz und die Handschrift des Nibelungenliedes herantragen.
Betrachtet man die von einer Nixe getragene Schale etwas genauer, so finden sich
in ihr eine Krone, ein Schwert und ein Horn. In der Fassung der Schack-Galerie
„Vater Rhein spielt Volkers Fiedel“ von 1865 ist der militärische Charakter offenkundig.7
3
Brackert: Nibelungenlied und Nationalgedanke, S. 348.
Dazu vgl. Ausstellungskatalog des Vorarlberger Landesmuseums, S. 175. Die Krone findet
sich auch in Johannes Hirts Skulptur „Hagen schleudert den Nibelungenhort in den Rhein“, die
1906 auf der Rheinpromenade in Worms aufgestellt wurde. Eichfelder, Thomas: Vom Rosenfest zum Backfischfest. Nibelungenrezeption in Worms. In:
http://www.nibelungenlied-gesellschaft.de/03_beitrag/eichfelder/eichf_fs3/eichf_fs3b.html
;
vgl. ders.: Rosengarten in Worms.
In: http://www.eichfelder.de/kunst/rosengart/rg_rezept/rg_rezept.html
5
Veltzke: Wagners Traumwelten, S. 86.
6
Storch: Die Nibelungen, S. 162f.
7
Storch: Die Nibelungen, Bild auf S. 162, vgl. S. 163.
4
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 4 von 28
Moritz von Schwind: „Vater Rhein spielt Volkers Fiedel“ (1865)
„Vater Rhein“ trägt einen Harnisch und signalisiert damit seine Wehrhaftigkeit.
Ein Zwerg und zwei Nixen bringen den Hort herbei. Bei genauer Betrachtung
fallen zwei Kronen auf. Die zweite rechts im Bild befindliche ist deutlich als Königskrone bzw. „Helmkrone“ identifizierbar.8
Nimmt man dazu noch den Adler, neben dem die Krone ruht, so ergibt sich als
Botschaft: Im Rhein liegt die Krone des Heiligen Römischen Reiches, dessen
Wappentier der Adler war. Die Kaiserkrone und die Reichsinsignien galten – im
Zeichen romantischer Mittelalterschwärmerei – als Symbol der monarchistischen
Sehnsüchte: sie erinnerte an ritterliche Werte und an die beherrschende Machtstellung des Kaisers im Mittelalter. Sie verkörperte also eine rückwärtsgewandte
Utopie, wurde aber politisch eingesetzt für konservative und regressive Zielsetzungen. Diese in den Fluten des Rheins liegende Krone wie auch der ganze Hort
muss erst noch gehoben werden, d. h. die Wiedererstehung des deutschen Kaisertums war noch Zukunftsmusik.
8
Meyers Konversations-Lexikon. Fünfte, gänzlich neu bearbeitete Auflage. Zehnter Band.
Leipzig und Wien 1895, S. 763.
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 5 von 28
Der Blick auf die literarische Tradition erhärtet die Semantik der ikonographischen Montage. Als erster hat der Romantiker Clemens Brentano im Festspiel
„Am Rhein, am Rhein!“ eine politische Semantisierung vorgenommen. Die Germania fordert vom Rhein den goldenen „Becher der Eintracht“ wieder, der ihr in
Zeiten des Streits „entsunken“ sei.9 Auch Max von Schenkendorf und Ernst Moritz Arndt haben das Hortmotiv in ihren Gedichten als Symbol der „deutschen
Herrlichkeit“ eingesetzt.10 Ikonologisch – um die sinnvolle Unterscheidung Aby
Warburgs zwischen der motivanalytischen Ikonographie und der die BildSemantik ganzheitlich erfassenden Ikonologie aufzugreifen11 – galt der Nibelungenhort von Anfang an als Symbol der deutschen Einheit, die im Zeitraum zwischen Wiener Kongress und deutsch-französischem Krieg der obsessive Sehnsuchtstraum aller deutschen Patrioten war. Felix Dahn, der Verfasser einst viel
gelesener Romane, versicherte in einem Gedicht, für die Erfüllung der nationalen
Sehnsucht würde er alles fort geben: „Kunst, Wissenschaft und Liebesglück und
Leben“.
Könnt’ ich dadurch aus seinen Fluten heben
Den lang versunknen Nibelungenhort:
Die deutsche Freiheit und das deutsche Reich.12
Entsprechend sangen in seinem zehn Jahre später verfassten Gedicht „Die Rheinmädchen und das Rheingold“ (1868) die drei Rhein-Schwestern „im Chor“:
Wir halten im Rheingold die Krone bereit
Für die kommende deutsche Herrlichkeit.13
1871 nach der Gründung des Deutschen Reichs griff der deutsch-jüdische Publizist Julius Rodenberg in seinem Festspiel „Vom Rhein zur Elbe“ die Hortmetapher in diesem Sinn wieder auf. Der Rhein bekennt darin:
Ihr habt gehoben ihn, Ihr habt befreit
Den Nibelungenhort der deutschen Einigkeit!
Die Regieanweisung lautet: „Während er spricht, steigt aus dem Rhein die deutsche Kaiserkrone herauf, umgeben von den Wappen der deutschen Staaten.“14
Obwohl die deutsche Einheit erreicht war, musste sie immer wieder aufs Neue
beschworen werden. Um die Jahreswende 1893/94 gab Kaiser Wilhelm II. anlässlich eines Manövers in Koblenz die Parole aus: ‚Die deutsche Einheit der Nibelungenhort’.“15
9
Grolle/Grolle: Der Hort im Rhein, S. 217f.
Arndt: Werke, Bd. 3, Gedichte II, S. 48f.; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 66f., S. 34f.
11
Peter Schmidt: Aby M. Warburg und die Ikonologie. Mit einem Anhang von Dieter Wuttke.
Wiesbaden 1989, S. 18-32; vgl. Skokan: Germania und Italia, S. 89.
12
Dahn: Gedichte, S. 537; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 194.
13
Dahn: Gedichte, S. 563; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 200.
14
Rodenberg: Lorbeer und Palme, S. 22.
15
Schulte-Wülwer: Das Nibelungenlied, S. 164, vgl. S. 154.
10
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 6 von 28
3. Siegfried – der deutsche Held als Gründer und Retter des Reichs
Im stark von Idealen und Mustern der Antike geprägten 18. Jahrhundert ließ sich
der deutsche Siegfried in Parallele zum homerischen Idealhelden Achilleus setzen.
Wo ein Nationalepos war, da musste es auch einen Nationalhelden geben.16 Aus
dem Göttersohn wurde ein menschlicher Held, der die nationalen Eigenschaften
der Deutschen verkörperte. Die aus dem frühen 18. Jahrhundert stammenden
Völkertafeln17 führen unter den typischen Charaktereigenschaften der Deutschen
auf:
Sitten:
offenherzig
Natur und Eigenschaft:
ganz gut
Untugend:
verschwenderisch
Lieben:
den Trunk
Kriegstugend:
unüberwindlich
Tiervergleich:
mit einem Löwen
Ähnliches liest man 1744 im Zedlerschen „Universallexikon“. Hier werden
Kampflust, Offenherzigkeit, Zuverlässigkeit, Gastfreiheit, Freundlichkeit, Mitleid
und Keuschheit als deutsche Nationaleigenschaften aufgelistet.18 Ein Nachhall
findet sich übrigens noch in Johann Gottfried Herders einflussreicher Kulturmorphologie „Ideen“ (1784-91) – sicher kein Zufall, weil beide Werke letzten Endes
den Beschreibungen von Tacitus’ „Germania“ verpflichtet sind.19 Herder konstatiert bei den „deutschen Völkern“ einen ‚großen, starken und schönen Körperbau’,
„fürchterlich-blaue Augen“, einen „Geist der Treue und Enthaltsamkeit“, Gehorsam, Kühnheit und Ausdauer.20 Dieselben Klischees bedient Friedrich Heinrich
von der Hagen im Vorwort seiner ersten, 1807 erschienenen Übersetzung des Nibelungenliedes, das ihm als „eins der größten und wunderwürdigsten Werke aller
Zeiten und Völker“ galt – „durchaus aus Deutschem Leben und Sinn erwachsen“,
„das erhabenste und vollkommenste Denkmal einer so lange verdunkelten Nazionalpoesie“. Die Werte, die er den Helden des Epos zusprach, hielt er typisch für
den deutschen Nationalcharakter: „Gastlichkeit, Biederkeit, Redlichkeit, Treue
und Freundschaft bis in den Tod, Menschlichkeit, Milde und Großmuth in des
Kampfes Noth, Heldensinn, unerschütterlichen Standmuth, übermenschliche Tapferkeit, Kühnheit, und willige Opferung für Ehre, Pflicht und Recht“. Seine Lektüre solle den Leser „mit Stolz und Vertrauen auf Vaterland und Volk“ sowie „mit
Hoffnung auf dereinstige Wiederkehr Deutscher Glorie und Weltherrlichkeit erfüllen“. 21
16
Brackert: Nibelungenlied und Nationalgedanke; von See: Das Nibelungenlied – ein Nationalepos?
17
Stanzel: Europäer, S. 14f., S. 17.
18
Zedler: Großes Universal-Lexikon, Bd. 42S, S. 1703, S. 1710f.
19
Tacitus: Germania. Lat. u. dt. Übersetzt, erläutert und mit einem Nachwort hrsg. Manfred
Fuhrmann. Stuttgart 1978.
20
Herder: Ideen, S. 690f. Abschnitt über „Deutsche Völker“.
21
Von der Hagen: Nibelungenlied 1807, Vorrede.
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 7 von 28
Der Held ursprünglicher Volksepen musste konsequenterweise ein kraftvoller und
ungebändigter Naturbursche sein, ein Held, der erst im Umgang mit dem Hof und
den Frauen seine ungehobelten Manieren ablegte, zivilisiert und ‚geschliffen’
wurde. Die bereits im Nibelungenlied angelegte Dichotomie „Königssohn“ und
„Naturbursche“ findet so zu einer morphologischen Synthese: der Königssohn
bricht aus seiner Umhegung aus und erkämpft sich durch eigene Kraft den Hort,
aber am Hof erst erhält er den Schliff, der aus dem grobianischen Gesellen einen
sittsamen Minnediener macht. An der Entwicklung Siegfrieds wird ein kultureller
Prozess veranschaulicht: die Zivilisierung des Barbaren. Die Beurteilung dieser
Werte allerdings ist Schwankungen unterworfen: Was den einen als Ausweis barbarischer Wildheit galt, riss die anderen zu Begeisterungsstürmen hin. Worin zeigt
sich die wahre deutsche Eigenart: in Siegfried, dem Drachentöter, oder in Siegfried, dem Minnediener? Da konnte es kaum Zweifel geben. Das zeigt die kämpferische Siegfried-Gestalt in Ludwig Tiecks beiden „Siegfried“-Balladen22 von
1804 und in Ludwig Uhlands Ballade „Siegfrieds Schwert“23 von 1812. Auch der
Blick auf die Ikonologie der Siegfried-Gestalt erhärtet diesen Befund.
Johann Heinrich Füssli:
„Siegfried badet im Blut des Lindwurms“ (1790)
„Siegfried überwältigt Alberich“ (1805)
„Der tote Siegfried erscheint Kriemhild
im Traum“ (1805)
22
23
Tieck: Gedichte, S. 269-283; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 42-52.
Uhland: Werke, Bd. 1, S. 576; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 78f..
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 8 von 28
In Johann Heinrich Füsslis Bildern „Siegfried badet im Blut des Lindwurms“
(1790) und „Siegfried überwältigt Alberich“ (1805) erscheint Siegfried in unverhüllter antikischer Nacktheit – als jünglingshaftes Kraftpaket, ganz dem Typus
Achilleus nachempfunden –, während er in dem 1805 entstandenen Gemälde
„Kriemhilds Traum“ bereits ein keusches Feigenblatt trägt.
Die Wende zum deutschen Mittelalter erfolgt in der Romantik. Peter Cornelius
zeichnet Siegfried in der Abschiedsszene mit Kriemhild in imaginiert „altdeutscher Tracht“ (1815-1817), ähnlich verfährt Wilhelm von Harnier, der 1818
„Siegfried auf der Jagd“ sogar im Harnisch mit Federbusch auf dem Helm zeichnet. In Carl Sandhaas‘ Zeichnung „Siegfried fängt den Bären“ (um 1820) erscheint Siegfried in altdeutschem Jägergewand.
Peter Cornelius:
„Siegfrieds Abschied“
(1815/16)
Wilhelm von Harnier:
„Siegfried fängt den
Bären“ (um 1820)
Carl Sandhaas:
„Siegfried auf der
Jagd“ (1818)
Julius Schnorr von Carolsfelds Darstellung „Siegfrieds Drachenkampf“ von 1843
und Karl Wilhelm Kolbes Bild „Siegfrieds Drachenkampf“ von 1848 stellen den
Helden in die Tradition des Drachentöters St. Georg. Ihnen folgt auch Wilhelm
von Kaulbach in seinem Kupferstich von 1883.
J. Schnorr von Carolsfeld:
„Siegfrieds Drachenkampf“
(1843)
Karl Wilhelm Kolbe:
„Siegfrieds Drachenkampf“
(1848)
Wilhelm von Kaulbach:
„Siegfrieds Drachenkampf“
(1883)
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 9 von 28
Höfische Attribute erhält Siegfried in Schnorrs für die königliche Münchner Residenz gemalten Nibelungenfresken.
Julius Schnorr von Carolsfeld:
„Siegfrieds Rückkehr aus den Sachsenkriegen“,
Ölgemälde (1838), Staatsgalerie Stuttgart
Ludwig Bierling / Eduard Wollenweber:
„Siegfried“, Skulptur (1885/86),
Neuschwanstein
In der 1885/86 geschaffenen Bronzeskulptur von Ludwig Bierling und Eduard
Wollenweber erscheint Siegfried dagegen wieder als fellbekleideter Naturbursche.
Hans Thoma: „Siegfried“
Aquarell (1889)
Carl Emil Doepler: Bühnenkostüme
für den „Ring des Nibelungen“ (1876)
Ähnlich ursprünglich jugendfrisch begegnet er auf Hans Thomas berühmtem
Aquarell von 1889. Die Mixtur aus Naturbursche und Germane hat Carl Emil Doepler in seinen Bühnenkostümen für die Bayreuther Erstaufführung des „Ring des
Nibelungen“ von 1876 schulebildend eingeführt.
Rudolf Maison hat 1897 für das geplante Aachener Kaiserdenkmal eine Bronzestatue geschaffen, die Siegfried als germanischen
Krieger darstellt. Soweit zur Ikonologie.
Rudolf Maison: „Siegfried“,
Bronzestatue (1897)
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 10 von 28
In den Befreiungskriegen betonte man die deutsch-französische Feindschaft. Das
Nibelungenlied wurde zum „Spiegel der Deutschheit“, Siegfried zum deutschen
Helden, der gegen das „böse Lindgewürm“ streitet.24 Antifranzösische Affekte
gaben den Grundton an.25 Aber auch Heinrich Heine griff 1840 auf die SiegfriedFigur zurück in seinem Gedicht „Deutschland“26, in dem er angesichts der Zersplitterung Deutschlands die Einheit und angesichts der Uneinigkeit die Einigkeit
beschwört. Er vergleicht Deutschland mit einem kleinen Kind, einem „täppischen
Rieselein“, und mit Siegfried, „dem edlen Fant“, der eines Tages den „häßlichen
Drachen“ töten werde.
Du wirst ihn töten, und seinen Hort,
Die Reichskleinodien, besitzen.
Heisa! wie wird auf deinem Haupt
Die goldne Krone blitzen!
In den bürgerlichen Kreisen der Restaurationszeit, die eine Einigung der deutschen Länder anstrebten, hatte das Nibelungenthema einen festen Platz. Die
kämpferisch-nationale Tendenz kommt bei zwei Dichtern zum Ausdruck, die bereits vor der Reichsgründung, aber auch während des Kaiserreichs die politische
Entwicklung mit ihren Gedichten begleitet haben: Felix Dahn und Emanuel Geibel.
Dahn beschwor im 1856 verfassten Gedicht „Der Bundestag“ einen Helden „von
echtem Siegfriedsmute“, der den als giftige Drachen apostrophierten Monarchen
und Fürsten den Hort entreißt und das deutsche Hoffen auf eine Vereinigung der
deutschen Staaten in Recht und Freiheit erfüllt.27 Im erwähnten Gedicht „Die
Rheinmädchen und das Rheingold“ entwirft er das nationale Hoffnungsbild vom
zweiten Siegfried als dem verheißenen Gründer eines neuen Reiches, das er als
neuer Kaiser beherrschen wird:
Ein Reich wird er gründen wie keines hienieden,
Voll Recht und voll Freiheit, voll Macht und voll Frieden.28
Dagegen erblickte Geibel, der schon 1844 nach einem „Nibelungenenkel“ gerufen
hatte, während des Frankreichfeldzugs im deutschen Heer „das Mark der Nibelungen“, das den deutschen Truppen zum Sieg verholfen habe.29 Ähnlich hat
Richard Wagner in seiner Gedicht-Adresse „An das deutsche Heer vor Paris“ den
Sieg gefeiert und in einem Wortspiel das Heer als „Siege-Fried“ apostrophiert.
Julius Rodenberg pries Kaiser Wilhelm I. als „Sieg-Fried’ des deutschen Volkes“.30 Wilhelm I. war damals immerhin fast 75 Jahre alt.
24
Zit. nach Münkler, S. 63, zit. nach Ehrismann: Das Nibelungenlied, S. 95.
Münkler, S. 63; Oberste, S. 258; Heinzle: Die Nibelungen, S. 118.
26
„Deutschland. Geschrieben im Sommer 1840“. Heine: Gedichte, S. 720; Grimm: NibelungenGedichte, S. 96f.
27
Dahn: Gedichte, S. 536; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 193.
28
Dahn: Gedichte, S. 563; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 200.
29
Geibel: Werke, S. 346; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 142.
30
Grimm: Nibelungen-Gedichte, S . 186.
25
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 11 von 28
Siegfried, der mythische Nationalheld, wurde oft mit
Hermann dem Cherusker identifiziert, der Drachenkampf mit der Varusschlacht gleichgesetzt. Bei dieser
assoziativen Manie, Mythos und Geschichte zu verbinden, lag es nahe, in der Gegenwart die Römer mit dem
Erbfeind, den Franzosen, in eins zu setzen, und die
Siegfried-Arminius-Imago auf Bismarck zu übertragen.31 Auf dem bekannten Gemälde von Guido Philipp
Schmitt ist Bismarck dargestellt als Schmied, der das
selbstgeschmiedete Schwert der Reichseinigung der
Germania entgegenhält. Als Siegfried wollte der Maler
ihn aber offenbar nicht stilisieren. Ironisch titulierte
Georg Herwegh in seinem satirisch-kritischen Gedicht „Den Siegestrunkenen“
den eisernen Kanzler als „Bismarck-Siegfried“, der nach der Bezwingung des
welschen Drachen seinen „Schatz der Nibelungen“ nach Hause bringt.32
Nach Bismarcks Entlassung wurde die imperialistische Zurschaustellung deutscher Macht zur Gewohnheit. Wilhelm II. fand mit seinen säbelrasselnden teutonischen Kraftgebärden bei den national gesinnten Deutschen begeisterte Zustimmung.
Auch Ernst von Wildenbruch identifiziert in seinem 1904 verfassten Gedicht
„Siegfrieds Blut“33 Deutschland mit Siegfried. Als Grund für Siegfrieds Tod gilt
ihm die Tatsache seiner deutschen Herkunft. Die deutsche „Torheit“ und die deutsche „Niedertracht“ tragen Schuld an seinem Untergang. Neu ist bei Wildenbruch
die Ausländerfeindlichkeit. Der König verrät Siegfried auf Betreiben des fremden
Weibes Brunhild. Auch Kriemhild verrät den Helden, der „ein Riese von Leib und
von Kopf und Herzen ein Kind“ ist und nicht Tücke und Neid kennt. Das Gedicht
gipfelt in einen Appell gegen die Fremdenverherrlichung.
Denn was vor tausend Jahren geschah,
Tut man in Deutschland noch jetzt,
Daß man das treue Heldenblut
Schmählich zu Tode hetzt.
Heut noch über dem deutschen Land
Waltet des Fremden Gebot.
Seine Kinder bewerfen noch heut
Die eigene Mutter mit Kot.34
Im Ersten Weltkrieg kulminierte der Kult um die Siegfried-Gestalt. Die Gleichung
Siegfried = Deutschland sollte das Gemeinschaftsdenken fördern und die Opferbereitschaft aller Schichten stimulieren.35 Doch begegnet die Gleichsetzung Siegfrieds mit Deutschland auch bei konservativen Autoren der Weimarer Republik
31
Zur Bismarck-Panegyrik vgl. Stöckmann: Bismarcks Antlitz, S. 14-28.
Herwegh: Werke, Dritter Teil, S. 133f.; vgl. Saalfeld: Die ideologische Funktion, S. 230;
Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 157.
33
Wildenbruch: Gesammelte Werke, Bd. 15, S. 501-503; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 214f..
34
Ebd., S. 502; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 215.
35
Labenz: Zur Wirkungsgeschichte des Nibelungenliedes, S. 22.
32
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 12 von 28
häufig.36 Wilhelm Idel etwa dichtete 1916: „Den Riesenkampf wird kämpfen /
Das deutsche Volk mit Reckenmut / Und wie Held Siegfried dämpfen / Der Feinde gift’ge Drachenbrut.“37 Udo Kraft konfrontierte in diesem Zusammenhang den
antiken und den germanischen Helden miteinander. Bereits in einem Jugendschulaufsatz schreibt er: „Da erscheint der offene, kühne und treue Nibelungenheld in
einem ganz anderen, idealen Lichte als der ‚vielgewandte, listenreiche Odysseus‘,
der nicht selten mit Lug und Trug einen Zweck zu erreichen sucht, wenn offene
Gewalt nicht ausreicht. Das aber widerstrebt dem griechischen Volke nicht, es
freut sich über die schön ersonnenen Lügen und die geschmeidigen Reden seines
Helden. Der alte Deutsche würde einen solchen Mann verachtet haben.“38 So einseitig diese Gegenüberstellung auch war – Hagen ist immerhin auch nicht die
Lichtgestalt eines germanischen Helden –, so zeigt sie doch den Nährboden auf,
dem der Siegfried.-Mythos wuchs: Die Selbstüberschätzung und die hybride Verachtung des anders Denkenden und Handelnden. Vor allem gegenüber den französischen und den russischen Feinden galt es die deutsche Überlegenheit hervorzuheben. Sogar Mitte 1918, als sich die Niederlage definitiv abzeichnete, beschwor die monatlich erscheinende Feldzeitung „Siegfried“ noch den Sieg:
Als wir noch Kinder waren, leuchteten unsere Augen, wenn wir von dem
deutschen Recken Siegfried lasen. Als der in der Vollkraft seiner Jugend
hinausgezogen war und an eine Schmiede kam, schlug er den Amboß mit
seiner Arme Kraft in den Grund. Aber dann lernte er den Hammer richtig
zu führen und schmiedete sich ein gutes, starkes Schwert, mit dem er
dann den unheimlichen Drachen tötete, sich in dessen Blut badete und so
zum hörnernen Siegfried wurde, den kein Feind in ehrlichem Kampfe bezwingen konnte.
In dieser schönen Siegfriedsage spiegelt sich das Schicksal des deutschen
Volkes, das erst seit 1870 geeint in seiner Schmiede steht, den ungewohnten Hammer schwingt und rüstig am Bau seiner neudeutschen Größe schmiedet. In vier Jahrzehnten hat es mit seiner Siegfriedarbeit das
habgierige Inselvolk überflügelt und dessen Neid dermaßen erweckt, daß
ihm die gegenwärtige Schwertarbeit nicht erspart blieb.
Siegfried als Sinnbild unseres Kampfes!
Dem Helden der Sage gleich haben wir furchtlos den Kampf gegen die
halbe Welt aufgenommen, haben durch die Gewalt unseres guten, selbstgeschmiedeten Schwertes, durch deutschen Mut, deutsche Kraft und Gewandtheit das Ungetüm erschlagen, das uns den Weg in die Welt verlegen wollte. Siegreich steht das Deutsche Reich gegen einen ihm an roher
kraft vielfach überlegenen Feind da. Immer noch peitscht der von tiefen
Wunden getroffene Kriegsdrache wütend mit seinem Schweife, noch
immer faucht der Haß und der Neid im wilden Kampfe. Aber das Siegfriedschwert ist unüberwindlich stark, bleibt sieghaft. Und mit dem deutschen Volke, das eine Welt von Feinden besiegen konnte, wird hinfort
kein Volk nochmals anbändeln wollen. Als hörnerner Siegfried geht
Deutschland aus dem ungeheueren Völkerringen hervor, unbesieglich in
ehrlichem Kampfe.“39
36
Dazu Hess: Siegfrieds Wiederkehr, S. 130-136.
Idel: Schwert und Kelle, S. 14.
38
Kraft, S. 9f.
39
Siegfried, Juli 1918, S. 1.
37
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 13 von 28
Hybris macht bekanntlich blind. Dies gilt auch für die personifizierende
Variante. Die Gleichung Siegfried – Bismarck wurde nun auf Hindenburg,
den Sieger von Tannenberg, übertragen. Stellt Hans Schneider in einer Rede
von 1917 lediglich den Vergleich zwischen Siegfried und dem namentlich
genannten Hindenburg an, „dessen Erscheinung uns jetzt schon wie eine
Gestalt aus altem Heldensang anmutet, dessen Namen Sieg bedeutet“, und
dessen „starke Hand“ das „immer scharfe und unbesiegliche Siegfriedsschwert“ führt, so hat Hugo Köster 1918 dem Helden gleich ein ganzes Gedicht gewidmet. Es spielt mit den Versatzstücken vom unbesieglichen Drachentöter und gottgesandten „Trost der Nibelungen“. Hier war offensichtlich der Wunsch Vater der Poesie.
Hindenburg
In alten Schriften las ich’s irgendwo,
Und herzlich wurde ich der Botschaft froh,
Der holden Kunde, die ich dort entdeckt,
Daß Gott den Heiland und in Not erweckt,
Daß uns, wenn Sturm durch deutsche Lande geht,
Ein Drachentöter Siegfried aufersteht.
Gottlob, so ist’s gescheh’n in diesen Tagen:
Ein Blücher kam, um wuchtig dreinzuschlagen!
Heil dir mein Volk, ein Glück ist dir erlost,
Es fehlt dir nicht der Nibelungentrost!
Ihn kennen auf der Straße alle Jungen:
Den Herrlichen, den Trost der Nibelungen!
Wer soll es sein? Es ist der Hindenburg,
Mein Vaterland, dein Wall und deine Burg,
Den Gott zum Wächter deiner Mark bestellt,
Hell tönt sein Ruhm vom Fels bis zu dem Belt!
Der treue Eckhard, unverdrossen, fest,
Der in der Schildwacht sich nicht irren läßt,
Der Tag und Nacht des Reiches Wohl erwägt
Und wie Schmied Siegfried auf den Amboß schlägt
Und Waffen schärft und Deutschlands Schlachtschwert schleift,
Heil, Deutschland dir, wenn es dein Volk begreift,
Daß Gottes Huld dir solchen Mann gegeben,
Der so viel wiegt wie Millionen Leben!40
Dass die Mythisierung Hindenburgs wenig Bezug zur Wirklichkeit hatte, zeigt
allein die Tatsache, dass der Sieg von Tannenberg in erster Linie Ludendorffs
Verdienst war. Die Öffentlichkeit jedenfalls verklärte den phlegmatischen Hindenburg zum Sieger von Tannenberg. Eine Konstellation, die das aus den Befreiungskriegen bekannte Verhältnis von Blücher und Gneisenau wiederholte: im
Rampenlicht stand die populäre Galionsfigur, der eigentliche Stratege hinter ihr
blieb fast unbemerkt.
40
Köster, S. 11f.
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 14 von 28
Die Fragwürdigkeit des Heldischen wird am Kriegerdenkmal auf dem Duisburger Ehrenfriedhof deutlich. Er wurde
bereits 1914 angelegt in Erwartung zahlreicher Kriegstoter.
Hier liegen 801 junge deutsche Soldaten, die in Duisburger
Lazaretten starben oder aus Duisburg stammten. Im Oktober 1921 wurde als „Standbild des jungen Kriegers“ die von
Hubert Netzer 1919 geschaffene sogenannte Siegfried-Figur
aufgestellt. Sie hat schon seit jeher die Diskussion angeregt,
wie der Jüngling zu verstehen sei: Steckt er sein Schwert in
die Scheide zurück, wie Netzer behauptete, oder zieht er es
kriegerisch heraus. Der Augenschein zeigt: Das Schwert ist
nicht sieghaft aufgerichtet wie bei Ernst von Bandels Hermannstatue am Niederwalddenkmal, die Haltung der Hand
ist keine ziehende, sondern eine schiebende. Dennoch und
wie auch immer: Resignation oder Aufschub der Rache –
die Darstellung des Heldischen angesichts der Sinnlosigkeit des massenhaften
Sterbens junger Menschen zeugt von nationaler Trotzhaltung und von ideologischer Unbelehrbarkeit.
Dazu passte die Einbindung der Siegfried-Figur in die konservativ-nationale Politik der Weimarer Republik. Der strahlende Held Siegfried, der der Heimtücke
seiner neid- und hasserfüllten Feinde erliegt, wurde jetzt – wie Werner Wunderlich dies formuliert – „zum Leitbild und zur Beglaubigungsinstanz kollektiver
Selbsttäuschung“.41 Das „Siegfried-Schicksal“ wurde zum „Germanen-Los“ stilisiert, wie es in einem Siegfried-Drama Ernst Hüttigs heißt.42 Hagen, im Krieg wegen seiner Nibelungentreue noch gerühmt, galt jetzt als Verkörperung des heimtückischen Verräters. Josef Weinhebers Gedicht „Siegfried – Hagen“ ist dafür ein
Beleg. Siegfried, der „Held mit den blonden Haaren“ hätte nie in offenem Kampf
gefällt werden können. „Ehrgier, Wurmgift, Neid“ sind die eigentlichen Motive
für den Meuchelmord an der für die missgünstigen Konkurrenten nur schwer ertragbaren Lichtgestalt. 43
Die definitive Pervertierung der Siegfried-Gestalt sollte dem Dritten Reich vorbehalten sein. Siegfried wurde zur Verkörperung des nordischen Menschen.44 Karl
Busch hat 1934 in seiner Schrift „Das Nibelungenlied in deutscher Geschichte
und Kunst“ Siegfried in diesem Sinne gedeutet. Das Nibelungenlied gilt ihm als
„das große Lied der deutschen Grenzlandkämpfe“, die Nibelungentreue als Ausweis des „wahren“ Deutschseins. Konsequent fragt er: „Ist Siegfried nicht d e r
Deutsche in seiner Offenheit und Treue, seine Tatendrang und seiner romantischen Sehnsucht nach fernem Ruhm? Der Deutsche, dessen kühne, unermüdliche
Heldenleistung ihn überall geschätzt macht, der dabei aber übersieht, daß er letz41
Wunderlich: Drachentödter, S. 71.
Zit. nach Wunderlich: Drachentödter, S. 72.
43
Weinheber: Sämtliche Werke, Band II, S. 311f.¸ Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 280.
44
Quellen bei Wunderlich: Drachentödter, S. 81-89.
42
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 15 von 28
ten Endes für fremde Interessen seine Kraft vergeudet […].“45 Die Siegfried-Stadt
Xanten griff die Propaganda vom kraftvollen Heldensohn dankbar auf und der
„Bote für Stadt und Land“ vom 5. Oktober 1933 verkündete: „In unserer Heimat
wurde der Mann geboren, der die Menschen von einem alles vernichtenden, nichts
Menschliches duldenden Ungeheuer befreite: Siegfried, der Drachentöter!“46 Der
stramm nationale Schriftsteller Hans Henning Grote brachte Siegfried, den ‚drachentötenden Ritter’, nicht von ungefähr im Jahr 1923 mit der französischen Besetzung des Rheinlands und des Ruhrgebiets in Zusammenhang, und das machtvolle „Ich will“ des Recken, der den französischen Drachen wieder einmal besiegt
hat, verkündet die Lehre des Führerstaats:
Denn wo endlich Männer ehern zusammenstehn,
Wo die heimischen Winde um Bruderstirnen wehn,
Wo ein großer Glaube in aller Herzen schlägt,
Wo nur die Heimatliebe ein Leben trägt,
Wo gegen finstere Mächte Mannentreue sich wehrt,
Wo aller Dinge Letztes das makellose Schwert,
Wo des Volkes Größe das erste Wort für die Welt:
Ersteht dem neuen Drachen wieder der neue Held,
Siegfried, der Deutsche!47
Hindenburg konnte nicht der neue Siegfried sein: Er gehörte der Vergangenheit
an. Dietrich Eckart, der spätere Chefredakteur des „Völkischen Beobachters“ und
früher Anhänger Hitlers, wies in seinem Gedicht „Geduld“ von 1918 auf den
kommenden „neuen Siegfried“ hin.48 Für die Nationalsozialisten konnte es keinen
Zweifel geben, wer eigentlich gemeint sei.
Hitler als Gralsritter (1936)
als Erzengel Michael (1933)
als Siegfried (Grosz, 1923)
Siegfried, der Inbegriff des nordischen Menschen, wurde zum Stammvater der arischen Rasse, die Gleichung Siegfried = Hermann = Bismarck wurde bis zu Hitler
verlängert. Die Befreier- und Erlöserrolle, die Siegfried zugesprochen erhielt, erreichte in der Gleichung „Siegfried-Hitler“ ihren sinisteren Höhepunkt.49 In der
45
Busch, S. 2f.
Zit. nach Kleesick: Siegfrieds Edelsitz, S. 49.
47
Grote: Balladen und Lieder, S. 59; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 291.
48
Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 244f.
49
Labenz: Das Nibelungenlied im deutschen Faschismus, S. 23; Labenz: Zur Wirkungsgeschichte des Nibelungenliedes, S. 19; Heinzle: Die Nibelungen, S. 130.
46
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 16 von 28
Bildenden Kunst begegnet der Siegfried-Vergleich mangels Ähnlichkeit des
Porträtierten nicht. Auf einem völkischen Plakat von 1936 erscheint Hitler immerhin als wehrhafter Grals-Ritter. Ansonsten griffen eher die Satiriker zu hochtrabenden mythischen Vergleichen: Im „Kladderadatsch“ wurde 1933 Hitler als
Satan bezwingender Erzengel Michael porträtiert, lediglich George Grosz hat bereits 1923 Hitler als fellbekleideten Barbar Siegfried ironisiert.
Scheinbar unverfänglicher, nämlich als unbesiegbares Kraftpaket und unerschrockener Kämpfertyp, begegnet Siegfried in zahlreichen Gedichten, Dramen und
Romanen.50 Auch dies mit voller Absicht, denn der sport- und kampfgestählte
Held entsprach dem in zahlreichen Schulungsstätten propagierten und gezüchteten
NS-Ideal vom kalten und zweckhaft funktionierenden, für die Durchsetzung völkischer Ideologie einsetzbaren Instrument. Wilhelm von Scholz, der sich im Dritten Reich nicht gerade durch ideologische Abstinenz ausgezeichnet hat, besingt
dieses total veräußerlichte Ideal in seinem Hymnus „Siegfriedsgesang“ (um
1940):
Auf, Kämpfer, ihm nach!
Auf zu des Wettstreits Schönheit und Kraft
Die Muskeln gestrafft!
Den Blick gehärtet!
Das Herz gestählt!
Daß auch unsere Namen
wie Siegfrieds Namen
Dichtermund der Nachwelt erzählt!
Zum Kampf!51
4. Nibelungentreue, Sieg-Frieden, Dolchstoß – Untergangsszenarien
Hatte Reichskanzler von Bülow bereits 1909 im Reichstag das Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn mit dem Begriff „Nibelungentreue“ charakterisiert, so avancierte es nach dem Ausbruch des Krieges zum
geflügelten Wort. Dass das Deutsche Reich auch ökonomische Interessen verfolgte und die Schaffung eines zentraleuropäischen, von ihm beherrschten Wirtschaftsraums anstrebte, mochte der realpolitische Kern der militärischen Auseinandersetzung sein. Der Topos von der nibelungentreuen Waffenbrüderschaft
fungierte gleichsam als mythisch-ästhetischer Deckmantel.52 Die MythenErklärung lieferte bereits 1914 der berühmte Strafrechtler Franz von Liszt: Der
grimme Hagen symbolisiere Preußen-Deutschland, der heitere Spielmann Volker
das sangesfrohe Österreich-Ungarn. Den katastrophalen Ausgang des Nibelungen50
Etwa in Karl Schworms Roman „Der Schmied vom Rhein. Roman aus Deutschlands Gegenwart und Zukunft“. Ludwigshafen 1923, wo es auf S. 12 über Siegfried heißt: „Er hat mehr in
seinem kleinen Finger als zehn Akademiker in ihren Hirnen.“
51
von Scholz: Die Gedichte, S. 432f.; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 259.
52
Münkler, S. 82.
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 17 von 28
Kampfes vor Augen, revidierte er in diesem Punkt die Analogie: Am Bild von der
Treue zwischen Volker und Hagen wolle man festhalten, doch „nicht der Untergang, sondern der Sieg“ werde „das Ende des gemeinsamen Kampfes sein“.53
Das Wort von der Nibelungentreue ist ein poetisches Wort. So verwundert es auch
nicht, dass es in zahlreichen Kriegsliedern aufgegriffen wurde – in zuweilen unfreiwillig komischen Versen. Wilhelm Idel fordert das deutsche Volk auf, dem
Bundespartner beim Rächen des Mordes (am Thronfolger Ferdinand) beizustehen
und die „Treu der Nibelungen“ zu zeigen.54 August Coffier bescheinigt dem deutschen Kaiser: „Wilhelm aber zeigt auf’s Neue / Deutsche Nibelungen-Treue“ und
Paul Daehne jubelt: „Der Treueschwur der Nibelungen, / Er sei erneut aus Herzensgrund“.55
Ebenso euphorisch begrüßt Paul Warncke in seinen „Sturm“ betitelten Kriegsgedichten den Bund von Deutschland und Österreich: „Die starke Treu der Nibelungen, / Die alte Treue steht uns bei!“56 Das Offizierskorps des Königlichen Preußischen Infanterie-Regiments Graf Werder stößt ins gleiche Horn: Jetzt sei die Zeit
gekommen, die „das Lied von der Treue der Nibelungen“ bewähren werde.57 Max
Bewer reklamiert die Donau als gleichberechtigten Germanen-Strom, um den es
„Mann an Mann wie Nibelungen“ zu kämpfen gilt.58 Martin Guertler preist Werte,
die besser seien als der Hort der Nibelungen: „Sie ruhn in Siegfrieds Schwerte“,
also die Wehrkraft, mit der Kaiser Wilhelm die „Bundestreue“ „auch gegen die
halbe Welt“ halte.59 Ebendiese Nibelungentreue hebt auch Max Schmitt-Hartlieb
am Friedenskaiser Wilhelm hervor.60 Heinz Sausele und Karl Albert Weniger
schreiben Gedichte mit dem Titel „Nibelungentreue“. Sausele erklärt Deutschland
und Österreich zu Blutsbrüdern „in Treuen fest und gleich“61 und Weniger macht
die Einheit der deutschen Stämme als Voraussetzung für den Sieg der Waffenbrüder aus.62 Den Untergang nimmt man dabei getrost in Kauf, wie ein Anonymus
dichtet: „Der Gott der alten Germanen / Gab uns das Notungs-Schwert; / Wotan
hat unseren Ahnen / Die Siegfried-Streich‘ gelehrt. / Den Hort der Nibelungen, /
Das Rheingold, zu bewahren, / Sei Notung jetzt geschwungen; / Herbei, Alldeutschlands Scharen! // In Nibelungen-Treue / Bis in den Tod vereint […].“63
Das ist aber nicht als Prophetie zu verstehen sondern als Aufforderung, „in heiligem Bruderbunde“ das „Notung-Schwert“ zu ziehen und sich der Väter als wert
53
Zit. nach Münkler, S. 75.
Idel: Ringen und Hoffen, S. 3.
55
Coffier, S. (8); Daehne, S. 32.
56
Warncke, S. 43.
57
Offizierskorps Werder, S. 3.
58
Bewer: Kaiser im Feld, S. 37.
59
Guertler, S. 56. Vgl. auch Kurt Anker: Drauf und Durch, S. 3: „Das Lied von der Treue der
Nibelungen, / Hell soll es klingen“; Fritz Schmidt: Deutscher Jungsturm, S. 27: „Sie hatten die
Treue von Nibelungen: Die Treue bei jedem war rein wie das Gold“; Paul Warncke: Sturm, S.
43: „Gewiß! Gewiß! Es wird bezwungen / Die Niedertracht und Heuchelei! / Wie alte Treu der
Nibelungen, / Die alte Treue steht uns bei!“
60
Schmitt-Hartlieb, S. 17.
61
Sausele, S. 27.
62
Weniger, S. 24.
63
Deutsche Kriegslieder, S. 46f.
54
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 18 von 28
zu erweisen. Der Zweck war klar: Die Erweckung von Kampfbegeisterung und
Todesbereitschaft.64 Schon allein der Titel, den der todessüchtige und tatsächlich
im Krieg gefallene Professor Udo Kraft seinem Buch gegeben hatte – „Selbsterziehung zum Tod fürs Vaterland“ – spricht Bände.65
Weitere aus dem Nibelungenumkreis stammende Begriffe sind Sieg-Frieden und
Siegfried-Stellung. Mit Sieg-Frieden wurde das Ziel des Krieges bezeichnet, den
Frieden nur durch einen Sieg zu erreichen. Damit waren andere Formen der Friedensschließung – Verhandlungsfrieden und selbstverständlich Verzichtfrieden –
von vornherein als unehrenhaft ausgeschlossen. Was uns heute bei islamischen
Gesellschaften fremdartig und anachronistisch vorkommt, die destruktive Rolle
der Ehre, das war im Rahmen der Diplomatie des 19. und frühen 20. Jahrhundert
auch in Europa von tragender Bedeutung. Ohne die Ehrenklausel wäre es 1870
nicht zur französischen Kriegserklärung an Preußen und nicht 1914 zur österreichischen an Serbien gekommen. Sie bildete auch den Grund für die bedingungslose Zusage militärischer Unterstützung Österreichs durch das Deutsche Reich,
die dann ahnungslos als „Nibelungentreue“ verklärt wurde.
Die „Siegfried-Stellung“ schließlich war die von der Obersten Heeresleitung zwischen Arras und Soissons ausgebaute Defensivlinie, die den Durchbruch der Alliierten verhindern sollte.66 Der letzte vergebliche Angriffsversuch der deutschen
Armee nannte Ludendorff „Hagenangriff“. Als im Oktober 1918 den Alliierten
der Durchbruch gelang und schließlich zum Waffenstillstand von Compiègne und
zum Friedensvertrag von Versailles führte, da bedienten sich die nationalkonservative Kräfte abermals eines aus dem Nibelungenkreis stammenden Symbols, um die selbstverschuldete Niederlage zu kaschieren: des Motivs vom aus der
Heimat erfolgenden Dolchstoß in den Rücken des „im Feld unbesiegten deutschen
Heeres“. Schuld an der Schwächung des Heeres waren jetzt die politischen Gegner: die Sozialisten, die Kommunisten, die Spartakisten und ihre Wühlarbeit.
Houston Stewart Chamberlain und Arthur Moeller van den Bruck haben die Niederlage von innen heraus angedeutet, der eine als von den Gegnern geförderte
Stärkung von Sozialdemokratie und Zentrum, der andre als Verlust des Glaubens
an die eigene Stärke.67 Die Erklärung aus nationalkonservativer Perspektive lässt
sich auch durch ein spätes Gedicht Georges untermauern. Im einem nachgelassenen Gedichtfragment heißt es: „Weh der feind sitzt in uns selbst / gleiches streben
alle füllt / bundgenoss der wimmelwelt.“68 Hier wird der schwarze Peter dem Kapitalismus zugewiesen, der Gier nach Gewinn und der Verabsolutierung äußerlicher Werte.
64
Münkler, S. 130.
Kraft, S. 9f.
66
Oberste, S. 280.
67
Münkler, S. 94.
68
Gunter Grimm: Zur Entzifferung eines nachgelassenen Gedichtes von Stefan George. In: Castrum Peregrini, Heft CVII-CIX (1973), S. 174f., und ders.: ‚Der Feind in uns selbst‘. Nochmals
zur Entzifferung und Deutung eines nachgelassenen Gedichtes von Stefan George. In: Castrum
Peregrini, Heft CXXXIV-V (1978), S. 111-121.
65
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 19 von 28
Als im Oktober 1918 den Alliierten der Durchbruch gelang und schließlich zum
Waffenstillstand von Compiègne und zum Friedensvertrag von Versailles führte,
da bedienten sich die national-konservativen Kräfte abermals eines aus dem Nibelungenkreis stammenden Symbols, um die selbstverschuldete Niederlage zu kaschieren: des Motivs vom Dolchstoß in den Rücken des „im Feld unbesiegten
deutschen Heeres“. Schuld an der Schwächung des Heeres waren jetzt die politischen Gegner: die Sozialisten, die Kommunisten, die Spartakisten und ihre Wühlarbeit.
Siegfrieds Ermordung durch Hagen und die „Dolchstoßlegende“69 ließen sich
unschwer parallelisieren. Hindenburg hat in seinem „Politischen Testament“ von
1934 diesen Vergleich aufgegriffen: „Wie Siegfried unter dem hinterlistigen
Speerwurf des grimmigen Hagen, so stürzte unsere ermattete Front […].“70 Explizit begegnet das Bild vom „hinterhältigen Dolchstoß“, dem „der kämpfende Siegfried“ endlich erlegen sei, in Hitlers „Mein Kampf“, und zwar bezogen auf „die
parlamentarischen Strauchdiebe“, das „politisierende Parteigesindel“ und insbesondere „die jüdischen Drahtzieher“.71 Wieso aber Dolch? Wahrscheinlich, weil
der Dolch das unehrenhafte Mordwerkzeug in der Hand des Meuchelmörders ist,
des „honourable“ Brutus oder des zum Tyrannen Dionys schleichenden, „den
Dolch im Gewande“ tragenden Damon.
Das mythische Bild vom Dolchstoß hatte zwei politische Funktionen: einmal die
Entlastung der Heeresleitung für die Niederlage, andererseits die Heroisierung der
Gefallenen: Der sinnlose Tod wurde als Heldentod verherrlicht.72
Auch das Hort-Motiv wurde wieder aufgegriffen. Im antipreußischen GeorgeKreis galt der Hort als das Symbol für das innerste Geheimnis des Kreises, die
Lehre völkischer Erneuung aus dem Geist der Elite – wie die zahlreichen antimodernistischen und fortschrittsfeindlichen Verlautbarungen aus dem Kreis der Jünger bestätigen. Friedrich Wolters und Ernst Bertram betonten die Qualität des
Hortes als Sinnbild und Chiffre deutschen Wesens.73 Bertrams eigenes Gedichtbuch „Der Rhein. Ein Gedenkbuch“ von 1922 rekurriert auf den alten Gegensatz
zwischen deutschem Tiefsinn und französischem Esprit, greift Georges Gedanken
aus dem „Stern des Bundes“ zur Rassenreinheit auf und wendet sie gegen die
französische Rheinlandbesetzung: Die von den Franzosen in den Krieg gegen
Deutschland geschickten marokkanischen Truppen beflecken den Hort. Daher
versenkt der Dichter ihn in den Rhein. Deutlich werden hier rassistische Vorurteile, die Ernst Bertram in seinem Gedicht „Worms. Der Hort“ agitatorisch einsetzt:
Eh sie dich rauben, eh mit dem Lindwurmblick
Das wehrlos blonde sie flecken, das heilige Gold;
Eh die verseuchte sich, die braune Hur,
Den firmamentenen Mantel unsrer Könige
69
Heinzle: Die Nibelungen, S. 128; Oberste, S. 279.
Zit. nach Wunderlich: Drachentödter, S. 71.
71
Hitler: Mein Kampf, S. 706f.
72
In Anknüpfung an Hölderlins fatale Ode „Der Tod fürs Vaterland“.
73
Grolle/Grolle: Der Hort im Rhein 1968, S. 234-237.
70
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 20 von 28
Um ihre Schwären zerrt; blaumaulicht eh
Grinsend der Mohr den Ring durchs Ohr sich bohrt,
Der unsre Eide siegelt: ehe soll
Die reine Welle strömenden Vergessens
Unsres geborstnen Schildes letzte Weihung
Von uns empfangen.74
Im Dritten Reich knüpfte man an das Schlagwort von der „Nibelungentreue“ an,
gab ihm aber eine veränderte Stoßrichtung. Das Deutsche Reich musste – „in unverbrüchlicher Treue zum eigenen Volk“75 – den Auslandsdeutschen die Stange
halten und für ihre Interessen kämpfen. Auf der letzten Stufe findet sich die Beziehung auf das Untergangsszenarium des Nibelungenlieds. Vorstufen hat es einige gegeben. Etwa Felix Dahns Gedicht „Bei dem Gerücht der Kriegserklärung
Russlands, Frankreichs und Italiens an Deutschland“ von 1859 – mit unüberhörbar völkischem Anklang:
Wir stiegen auf in Kampfgewittern, der Heldentod ist unser Recht:
Die Erde soll im Kern erzittern, wann fällt ihr tapferstes Geschlecht:
Brach Etzels Haus in Glut zusammen, als er die Nibelungen zwang,
So soll Europa stehn in Flammen bei der Germanen Untergang!76
Im Ersten Weltkrieg beschwor man bis zuletzt den Sieg. Reinhard Volker macht
in seinem Gedicht „Tsingtau“ die Ausnahme, wenn er den Kampf der auf verlorenem Posten stehenden deutschen Truppe bedichtet und gleich im ersten Vers den
Vergleich mit den „Nibelungen in König Etzels Saal“ einbaut.77 In einem nachgelassenen Gedicht hat Stefan George das Bild vom Endkampf aufgegriffen: „Ist
verwehrt was wir erwünscht / Hat bestehen dann noch sinn? / Fallen wir wo sie
auch tost / ritter in der lezten schlacht“.78 Freilich lässt die Metapher „lezte
schlacht“ nur den Nibelungenkampf assoziieren. Ausgeführt ist er nicht. Die Instrumentalisierung hat sicherlich ihren perversen Höhepunkt in Hermann Görings
berüchtigter Stalingrad-Rede vom 30. Januar 1943 gefunden, in der er den Kampf
der eingekesselten Soldaten mit dem Kampf der Nibelungen in Etzels brennender
Halle verglich.79 Hitler hatte das Durchhalten bis zum Tod gefordert, ganz im Stile des Nibelungenkampfes. Die Kapitulation der 6. Armee war nicht in seinem
Sinn. Kein Zweifel, dass Hitler auch den Untergang des Dritten Reiches nach der
Vorlage des Nibelungenliedes inszeniert hat. Seine letzten Befehle einer radikalen
Selbstzerstörung Berlins weisen darauf hin, aber die Erstürmung Berlins durch die
Rote Armee setzte das mythische Bild erst in die Realität um. Ich komme zum
Schluss.
74
Bertram: Der Rhein, S. 45; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 272f.
Busch, S. 15.
76
Dahn: Gedichte, S. 544; Grimm: Nibelungen-Gedichte, S. 199.
77
Volker, S. 23.
78
Vgl. Anm. 68.
79
Auszug bei Wunderlich: Drachentödter, S. 96; Oberste, S. 284; Heinzle: Die Nibelungen, S.
130f.
75
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 21 von 28
5. Resümee
In der Politik nimmt – laut Herfried Münkler – der Mythos drei Funktionen wahr:
eine dichotomisierende, die klare Freund-Feind-Trennungen schafft und Komplexität reduziert, eine integrierende, die in Form eines Gründungsmythos vereinende
Kräfte erweckt, und eine stimulierende Funktion, „die Anspornung zu bestimmten
Handlungen durch die Präsentierung beispielhafter Vorbilder“.80 In seiner ästhetisch zubereiteten Form wird der Mythos erst politisch instrumentalisierbar. Der
ästhetische Charakter äußert sich als Verdichtung. Er bedient sich einer archetypischen Handlung und klar definierter Figuren und er konzentriert komplexe Vorgänge zu einprägsamen Bildern, wie sie Literatur und Bildende Kunst zur Verfügung stellen. Wo ästhetisch geformte Mythen im politischen Alltag eingesetzt
werden, dienen sie der Instrumentalisierung eigener Interessen und erübrigen Argumente. Vor dem an die Heldenideologie gekoppelten Siegfried-Kult hatten rationale Argumente das Nachsehen.
Die Berufung auf mythische Bilder, Motive, Figuren, Konstellationen hatte eine
appellative Funktion: Sie bot Vorbilder für individuelles Handeln und Deutungen
von historischen Prozessen an. Das Regime, das sich auf solche mythischen Vorbilder und Ideale berief, konnte blinde Gefolgschaft einfordern. Das hat sich in
der Zeit der preußischen Militärherrschaft und des Nationalsozialismus gezeigt.
Die Nibelungenrezeption ist – das sollten meine Ausführungen andeuten – Teil
einer ideologisch geprägten „Arbeit am Mythos“.81 Ihre jeweilige Prägung folgt
dem mainstream. Folgt die Indienstnahme im 19. Jahrhundert dem nationalistischen Trend, so war es nach dem Debakel des Dritten Reichs nicht mehr möglich,
Motive und Symbole des Nibelungenkreises unbesehen für politische Zwecke
einzusetzen. Zu abgewirtschaftet waren die Werte des Nationalen und zu verbraucht war auch der Vergleich.
In der Gegenwart begegnen Nibelungenthemen vor allem in drei Genres: dem
Fantasy-Roman, dem Kriminalroman und der gereimten parodistisch-humoristischen Nacherzählung, oft auch in Dialektdichtung. Die Buchillustrationen und
Comics fügen sich diesen Trends ein. Eine politisch stimulierende Wirkung entfaltet die Nibelungenthematik heute nicht mehr.
80
81
Münkler, S. 56.
Hans Blumenberg: Arbeit am Mythos. Frankfurt a. M. 2006.
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 22 von 28
Literaturverzeichnis
1. Quellen:
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Bertram, Ernst: Der Rhein. Ein Gedenkbuch von Ernst Bertram. Zweite Auflage. München 1922.
Bewer, Max: Der Kaiser im Feld! 50 Kriegslieder. Leipzig 1914.
Bewer, Max: Trommeln und Posaunen. 70 neue Kriegsgedichte. Leipzig 1918.
Coffier, August: Granatsplitter und Lanzenstiche. Die Kriegsgeschichte in launige Reime
geschmiedet nebst einem Anhang vaterländischer Gedichte. Leipzig 1915.
Daehne, Paul: Deutsche Heldenstücklein im Weltkriege 1914-1915. Kriegsromanzen und
Balladen; zum Vortrage geeignet. Leipzig 1915.
Dahn, Felix: Gedichte. Leipzig o. J. (= Felix Dahn. Gesammelte Werke. Erzählende und
poetische Schriften. Zweite Serie. Band 7).
Deutsche Kriegslieder. Chemnitz 1914.
Geibel, Emanuel: Werke. Vier Teile in einem Bande. Ausgewählt und hrsg. von Dr. R.
Schacht. Leipzig 1915.
Grimm, Gunter E. (Hrsg.): Nibelungen-Gedichte. Ein Lesebuch. Marburg 2011. Die im
Text erwähnten Gedichte werden nach dieser Ausgabe zitiert. Die Originalquellen sind
daselbst aufgelistet.
Grote, Hans Henning Freiherr: Balladen und Lieder. Mit einem Nachwort von Ernst
Adolf Dreyer. Heidelberg, Berlin, Leipzig 1943.
Guertler, Martin: Gott unser Schutz! Den Feinden Trutz! Kriegspredigten und Kriegslieder. Marienburg/Westpr. 1914.
GRIMM: Politische Nibelungenrezeption, Seite 23 von 28
Hagen, Friedrich Heinrich von der: Der Nibelungen Lied. Berlin 1807. (Internet unter
google books: https://books.google.de/books?id=4IE5AAAAMAAJ)
Heine, Heinrich: Werke. Hrsg. von Ewald A. Boucke. 12 Bde. Berlin o.J. [1931]. Band 1.
Buch der Lieder. Neue Gedichte.
Herwegh, Georg: Herweghs Werke in drei Teilen. Hrsg. Mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Hermann Tardel. Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart o. J. [1909]. Erster Teil. Gedichte eines Lebendigen.
Hitler, Adolf: Mein Kampf. 434.-537. Aufl. München 1940.
Hüttig, Ernst: Siegfried. Festliches Spiel in drei dramatischen Szenen und zwei Bühnenbildern, mit Sprechchören oder Gesängen. Leipzig 1934.
Idel, Wilhelm: Ringen und Hoffen. Kriegsgedichte 1914/1915. Elberfeld 1915.
Idel, Wilhelm: Schwert und Kelle. Kriegsgedichte 1914-1916. Neue Folge Kriegsgedichte. Elberfeld 1916.
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