DTA1108_01-05_Title (Page 1) - Dental Tribune International
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4 DENTAL TRIBUNE Medicine Austrian Edition · Nr. 11/2008 · 31. Oktober 2008 Forensische Odontologie: Identifizierung von Katastrophenopfern von DDr. Peter Schuller-Götzburg nommenen Kleinbildröntgen und Zahnbefunden, wobei der Vergleich der Röntgenbilder dominiert. DDr. Peter Schuller-Götzburg SALZBURG – Katastrophen – ob natürliche oder durch Menschen verursacht – sind leider eine oft tragische Tatsache des Lebens. Nach dem Tauerntunnel-Unfall im Jahre 1999 mit 12 Todesopfern und der Seilbahnkatastrophe in Kaprun 2000 mit 155 Toten, stellte das Österreichische Bundesministerium für Inneres (BM.I) eine Disaster Victim Identification (DVI) Einheit auf. Die drei primären Methoden zur eindeutigen Identifizierung der Opfer sind: Dentalanalyse, Fingerabdruck- und DNA-Analyse. Der erste internationale Einsatz des österreichischen DVI-Teams fand bei der Identifizierung der Tsunami-Opfer 2004 in Phuket/Thailand und Sri Lanka statt. Die Identifizierung der Unfallopfer des Hubschrauberabsturzes 2007 in Zell am See/Salzburg wurde zum ersten nationalen Großeinsatz des österreichischen DVI-Teams. In Phuket und in Zell am See kamen erstmals österreichische forensische Odontologen zum Einsatz. Zur eindeutigen Identifizierung von Opfern zählen die drei primären Identifizierungsmethoden wie Dentalanalyse, Fingerabdruckanalyse und DNAAnalyse. Als unsichere Methoden oder sekundäre Identifizierungsmethoden gelten die Personenbeschreibung, medizinische Befunde (OP-Narben, Implantate, etc.) und persönliche Gegenstände wie Kleidung, Ausweise, etc. Dentale Untersuchung Der Zahnstatus stellt eine sehr wichtige und wirksame Identifizierungsmethode dar. Ihre Genauigkeit ist so hoch, dass eine zuverlässige Identifikation der Person möglich ist. Es kann dabei schon eine einzige eindeutig erkennbare Füllung an einem Zahn genügen. Verglichen werden dabei zahnärztliche Behandlungsröntgen und Behandlungskarteien mit Post mortem aufge- Der individuelle Status der Zähne und Kiefer von Opfern kann nur durch den forensischen Odontologen ordnungsgemäß in einer eigenständigen forensisch-odontologischen Untersuchung durchgeführt werden. Diese Untersuchung findet neben der allgemeinen gerichtsmedizinischen Obduktion, der Fingerprint-Erfassung und der Dokumentation der persönlichen Gegenstände des Opfers statt. Die Weichteile des Körpers werden, vor allem unter hohen Temperaturen, rasch abgebaut und verwesen. Dadurch wird eine DNA- und Fingerprint-Analyse erschwert oder unmöglich. Thai Tsunami Victim Identification – Information Management Center (TTVI-IMC). Die in den Heimatländern erhobenen Ante mortem Daten (AM) der Opfer wurden nach Thailand übermittelt. Die Erfassung der PM-Daten der primären Identifizierungsmerkmale sowie Kleidung und physische Merkmale wurde direkt in Phuket durchgeführt. Die AM-Zahnbehandlungsdaten (Kleinbildröntgen, OPTG und Krankengeschichten) wurden von jeweils zwei forensischen Odontologen erfasst. Die internationale Zusammensetzung der forensischen Odontologen erwies sich bei der Vereinheitlichung der unterschiedlichen nationalen Schreibweisen der den, davon 44 Prozent durch ihren Zahnstatus. Die Abnahme der dentalen Identifizierungsrate erklärt sich aus der Tatsache, dass es bei den einheimischen Opfern so gut wie keine dentalen Aufzeichnungen gab. Da im thailändischen Reisepass die Fingerabdrücke enthalten sind, konnten viele thailändische Opfer mittels Fingerabdrücken identifiziert werden. 92 Prozent der ungefähr 2.050 ausländischen und 53 Prozent der 1.600 thailändischen Opfer wurden identifiziert. Zum Stichtag am 22.11.2006 betrug die gesamte ID-Rate 70 Prozent (Tab. 1). Im Dezember 2005 endete der internationale Einsatz im TTVI- Für die dentale Identifizierung werden die beim Opfer erfolgten Zahnbehandlungen wie Füllungen, Wurzelkanalfüllungen, technische Rekonstruktionen wie Kronen, Implantate und herausnehmbarer Zahnersatz verglichen. Andere anatomische und morphologische Merkmale wie z.B. auffällige Wurzelkrümmungsmerkmale können ebenfalls verglichen werden, selbst wenn keine Zahnbehandlung erfolgt ist. Tsunamiopferidentifizierung in Phuket/Thailand Im Dezember 2004 zerstörten ein Seebeben und die daraus resultierende Flutwelle große Küstengebiete im Indischen Ozean und kosteten ungefähr 250.000 Menschen das Leben. Um die mehr als 3.680 Opfer aus 39 Ländern im Gebiet von Phuket/Thailand im Rahmen der koordinierten Bemühungen von Interpol zu identifizieren, beteiligten sich mehr als 20 Länder an der Identifizierung der Opfer im Auf der Salzburger Gerichtsmedizin wurden die Opfer von 10 DVI-Spezialisten einer allgemeinen Obduktion, einer spezifischen dentalen Untersuchung und Fingerprintabnahme unterzogen. Ebenso wurden Kleidung und persönliche Gegenstände genau dokumentiert. Die Arbeit gestaltete sich aufgrund der hohen Anzahl einzeln gefundener Körperteile als besonders schwierig. Erstmals war auch ein österreichischer forensischer Odontologe an der Identifizierung der Opfer in Österreich beteiligt. Dentale PM-Daten konnten für alle Opfer erhoben und Kleinbildröntgen angefertigt werden. AM-Daten von 6 Opfern wurden innerhalb von 2 Tagen ermittelt. Vom französischen Opfer und einem deutschen Opfer konnte der behandelnde Zahnarzt jedoch nicht festgestellt werden und somit standen keine AM-Zahndaten zur Identifizierung zur Verfügung. Zähne jedoch sind in der Mundhöhe gut geschützt und können verschiedenen äußeren Einflüssen während oder nach dem Zeitpunkt des Todes standhalten. Zähne sind die härtesten und widerstandsfähigsten Bestandteile des menschlichen Körpers und bleiben über lange Zeiträume unverändert erhalten. Die bei der Post mortem (PM) Zahnuntersuchung erhobenen Zahndaten, Zahnbehandlungen und Kleinbildröntgen werden dokumentiert und anschließend mit den Ante mortem (AM) Aufzeichnungen des behandelnden Zahnarztes (Behandlungskartei, OPTG, Kleinbildröntgen und vorhandenen Modellen) verglichen. Wrackteile und Opfer. Die Opfer wurden auf die Salzburger Gerichtsmedizin überstellt und untersucht. Sechs Opfer konnten anhand der vorhandenen AMZahndaten rasch und sicher identifiziert werden, bei den restlichen Opfern kam es durch die Fingerabdruck- und DNAAnalyse zur Identifizierung. Tab. 1: Stand 13. November 2005. Insgesamt wurden 2.679 Opfer identifiziert, 1.105 nur aufgrund des Zahnstatus und 346 in Kombination mit anderen Methoden. Behandlungen als besonders hilfreich. Die dentalen AM- und PMDaten wurden in das Softwareprogramm DVI System International (Plass Data Software, Dänemark) eingegeben und mittels der Software verglichen und mögliche Übereinstimmungen aufgezeigt. Diese wurden dann von erfahrenen Odontologen ausgewertet und die Identifizierung durch den Vergleich der AMund PM-Röntgenbilder bestätigt oder ausgeschlossen. In den ersten drei Monaten nach der Katastrophe war die Dentale Identitätsrate am höchsten mit 880 bei 950 Identifizierten, also 92 Prozent. In den ersten sechs Monaten verringerte sich dieser Wert auf 70 Prozent mit 1.428 dentalen Identifizierungen von gesamt 2.020 Identifizierten. Eine dentale Identitätsrate von 55 Prozent konnte nach einem Jahr erreicht werden. Von den 3.680 offiziell registrierten Opfern konnten insgesamt 3.272, d.h. 87,7 Prozent, identifiziert wer- IMC und die thailändische Polizei übernahm die Agenden. Um in Phuket wieder einen ungestörten Tourismus zu ermöglichen, wurde das TTVI-IMC nach Bangkok verlegt. Hubschrauberunfall Zell am See/Salzburg Am 5. März 2007 kam es im Gebiet von Zell am See/Salzburg oberhalb der Schoberalm auf der Schmittenhöhe zum Zusammenstoß zwischen einem Schweizer Lastenhubschrauber (Super Puma) und einem Kleinflächenflugzeug (Katana DV20) aus Osttirol. Die Ursache dürfte auf menschliches Versagen zurückzuführen sein. Die beiden Piloten hatten sich in dem ungesicherten Fluggebiet wahrscheinlich übersehen. Der Pilot des Sportfliegers, ein Osttiroler, sowie alle sieben Insassen des Hubschraubers – fünf Schweizer, ein Deutscher und ein Franzose – wurden getötet. Der Hubschrauber ging beim Zusammenstoß in Flammen auf und die Wrackteile wurden auf einem Areal von 20 Hektar verstreut. Über 200 Helfer bargen Die Identifizierung über den Zahnstatus erfolgt in der Regel schneller und ist häufig kostengünstiger als z.B. die DNA-Analyse. Voraussetzung dafür sind jedoch gute und rezente AM-Zahndaten. DT Literatur: Schuller-Götzburg, P. Dental Identification of Tsunami Victims in Phuket, Thailand; Acta Stomatol Croat. 2007; 41(4):295–305. Schuller-Götzburg, P., Suchanek, J. Odontologists successfully identify Tsunami victims in Phuket, Thailand. Forensic Science International 171, 204–207, 2006. Schuller-Götzburg, P., Suchanek, J., Gugler, J. Identifizierung der Tsunamiopfer im Thai Tsunami Victim Identification-Information Management Center (TTVI-IMC) in Phuket, Thailand. Stomatologie, 102, 4 109– 113, 2005. Kontakt: DDr. Peter Schuller-Götzburg aHCM Forensischer Odontologe DVI-Team BM.I, Österreich Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Strubergasse 21, 5020 Salzburg peter.schuller-goetzburg@ pmu.ac.at