dieser Fachbeitrag

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Leistungshalbleiter
Wide-Bandgap-Halbleiter
GaN-on-Si ist zuverlässig
Auf Galliumnitrid basierende Leistungshalbleiter befinden sich immer noch in der
Einführungsphase, sodass Fragen hinsichtlich der Zuverlässigkeit dieser Bausteine
bestehen. Leider kursieren darüber hinaus zahlreiche Fehlinformationen, hauptsächlich aufgrund von Ausfällen solcher Leistungshalbleiter. Aber waren diese Ausfälle nun
ma­terial- oder konstruktionsbedingt? Langzeittest geben nun die Antwort.
Carl Blake,
Dr. Kurt V. Smith,
Dr. Yifeng Wu
B
is vor kurzem waren noch
keine Ergebnisse bezüglich
der Langzeitstabilität von
GaN-Bausteinen mit 600 V Sperrspannung verfügbar. Das Vertrauen
der Kunden basierte auf der Leistungsfähigkeit der ersten Muster,
gefolgt von Betamustern, welche
die meisten Qualifikationstests bestanden hatten, und schlussendlich
von JEDEC-qualifizierten Mustern,
wie die des Herstellers Transphorm.
Um die Fragen bezüglich der Zuverlässigkeit von Galliumnitrid beantworten zu können, hat Trans­-
Schwachpunkte beseitigt
Bevor man mit aussagekräftigen
Tests bezüglich der erweiterten
Lebensdauer beginnen konnte,
war zunächst ein stabiler Refe-
renzprozess zu entwickeln. Dieser
besteht aus einer Reihe von Tests
(beispielsweise die von der JEDEC
festgelegten Testverfahren), mit
Bild 1: Ausfälle im Laufe der Zeit, »Badewannenkurve« genannt
phorm Stichproben von 600-VBausteinen genommen, die den
üblichen 1000-Stunden-Belastungstest bestanden hatten, und
diese einem erweiterten Langzeitbelastungstest unterzogen. Dieser
Artikel beschreibt die Ergebnisse,
die über die ersten tausend Stunden der Belastungstests hinaus
erzielt wurden. Zudem bietet er
einen Einblick in die Qualität und
die Zuverlässigkeit der Hochspannungs-GaN-Leistungshalbleiter der
ersten Generation.
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denen bestimmt wird, ob sich bestimmte Siliziumbausteine für den
Einsatz in kommerziellen Anwendungen eignen. Die Ziele dieser
Tests sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Bild 1 zeigt die traditionelle »Badewannenkurve« zur Beschreibung
der Ausfallrate über die Zeit. In
der frühen Entwicklungsphase
der Produktfamilie »EZ-GaN« von
Transphorm zeigte sich eine hohe
Ausfallrate, die auf Probleme sowohl hinsichtlich des Designs als
auch der Herstellung hinwies. Bis
zum Jahr 2010 ließen sich diese
Probleme so weit verringern, dass
das formale Qualifikationsverfahren beginnen konnte.
Bezeichnung des Tests
Zweck des Tests
High Temperature Reverse Bias (HTRB):
480 V bei +150 °C für 1000 h
elektrisches Feld / thermische
Spannungen
Highly Accelerated Stress Test (HAST):
Korrosion
85% r. Luftf., 33 psi, +130 °C, 100 V, 96 h
Temperaturwechsel: -55 °C bis +150 °C,
1000 Zyklen
Fehlanpassung des Temperaturkoeffizienten
Power Cycling: +25 °C bis +150 °C,
5000 Zyklen
Wire-Bonding und Anschlüsse
Lagerung bei hohen Temperaturen:
+150 °C, 1000 h
intermetallische Stabilität
Tabelle 1: JEDEC-Qualifikationstests und deren Ziele
Frühe Testergebnisse zeigten, dass
die gehäusebezogenen Tests ähnliche Ergebnisses wie für die vorhandenen Siliziumtypen aufwiesen, und es wurde deutlich, dass
der HTRB-Test (High-Temperature
Reverse Bias) der am schwersten zu
bestehende Test sein würde. Dies
war zu erwarten, da das Hauptproblem bei den GaN-Bausteinen das
sogenannte »Trapping« war – was
zuvor von mehreren Gruppen berichtet wurde, die versucht hatten,
derartige Bausteine zu entwickeln
[1]. Ein erstes Anzeichen für Trapping war der sogenannte »Current
Collaps« und das Ansteigen des
dynamischen Einschaltwiderstands
RDS(on). Dieses Problem konnte Transphorm im Jahr 2009 lösen.
Wie sich während der Entwicklung
der EZ-GaN-Produktfamilie herausstellte, identifizierten die zuvor genannten Tests die Schwachpunkte
äußerst effektiv. Durch Änderung
des Bausteindesigns ließen sich die
jeweiligen Fehlerbilder beseitigen.
Im Jahr 2012 bestanden Transphorms GaN-auf-SiliziumkarbidProdukte (GaN-on-SiC) diese
grundlegenden Tests erfolgreich,
worauf ein Jahr später die Qualifikation der GaN-on Si-Produkte mit
600 V Sperrspannung erfolgreich
beendet wurde [2].
Literatur und Links
[1] Howard Sin, Francois Perraud: »Echte Alternative zum MOSFET«; DESIGN&ELEKTRONIK
05/2014, S. 10ff.; www.elektroniknet.de/power/power-management/artikel/108717/
[2] Y.-F. Wu, J. Gritters, L. Shen, R.P. Smith, J.
McKay, R. Barr and R. Birkhahn: »Performance
and Robustness of First Generation 600-V
GaN-on-Si Power Transistors«, Proceeding,
1st IEEE Workshop on Wide Bandgap Devices
and Applications, S1-002, Ohio, 19.-27. Okt.
2013; ieeexplore.ieee.org/xpl/articleDetails.js
p?reload=true&arnumber=6695551
[3] Michael A. Briere: »GaN-Bausteine wirtschaftlich fertigen«; DESIGN&ELEKTRONIK 05/2014,
S. 17ff.; www.elektroniknet.de/power/powermanagement/artikel/108717/
[4] Special »Neue Materialien« auf elektroniknet.de: www.elektroniknet.de/specials/neuematerialien/
Das Extended-Life-Testprogramm begann mit
Tests mit erhöhter elektrischer Feldstärke bei verschiedenen Spannungen, um zu bestimmen, wie
sich die hohe elektrische Feldstärke auf das Bauteil auswirkt. Eine vorhergesagte Auswirkung war
die höhere Aktivierungsenergie für GaN (Bild 2);
so steigt die Lebensdauer bei ähnlichen Betriebstemperaturen, da Galliumnitrid bei diesen
Temperaturen eine größere Marge aufweist.
Der Spannungstest wurde ausgewählt, weil die
Spannung ein kritischerer Parameter als die
Temperatur ist und weil sich der Langzeittest mit
erhöhter Feldstärke während der Entwicklungsphase der 600-V-Bausteine als der am schwersten zu bestehende Test erwiesen hatte. Dieser
Test ist derzeit noch im Gange, wobei Ausfälle
bei 1150 V und 1100 V erzeugt wurden, während der Test bei 1050 V noch andauert.
Diese vorläufigen Testergebnisse können dazu
verwendet werden, eine erwartete Lebensdauer
vorherzusagen, allerdings wird ein dritter Daten-
punkt benötigt, um die vorhergesagte Lebensdauer
und die Validität des Tests zu bestätigen. Tests bei
noch höheren Spannungen waren nicht möglich,
da diese zusätzliche Fehlerbilder mit sich bringen
würden, die beim vorgesehenen Betrieb der Bausteine mit 600 V nicht auftreten würden.
Testergebnisse
Parallel zu den Tests zur Bestimmung der Aktivierungsenergie für die 600-V-HEMT-Bausteine
(High Electron Mobility Transistor) wurde mit
den HTRB-Tests fortgefahren, bis entweder die
Hälfte der Bausteine ausgefallen waren oder die
Testdauer 10 000 Stunden erreicht hatte und die
Nutzungsdauer bei erhöhten Temperaturen (High
Temperature Operating Life, HTOL) ebenfalls
für einen längeren Zeitraum überschritten war.
Im März 2014 lagen für die weiter andauernden
HTRB-, HTOL- sowie die Tests mit stark erhöhter Spannung und Temperatur die folgenden
Ergebnisse vor:
■■ Der HTRB-Test dauert nun seit 8000 Stunden
an und zeigt bisher ungefähr 2% Ausfälle
an (Bild 3).
■■ Der HTOL-Test läuft inzwischen seit 3000
Stunden bei +175 °C und zeigt keine messbare Verschlechterung bei Leckströmen oder
Einschaltwiderstand.
Diese Ergebnisse sind äußerst signifikant, da
derart hohe Stabilitäten selbst für gealterte
Siliziumbausteine bemerkenswert sind. Sie zeigen zudem, dass die Entwurfsmetriken für die
ersten Bausteine konservativ genug waren, um
sämtliche Schwachstellen der neuen Bausteintechnologie überwinden zu können, und dass
die Leistung jetzt dem ursprünglichen Ziel des
Entwurfsteams entspricht.
Laufende Arbeiten
Die Ergebnisse der Spannungserhöhungstests
eignen sich, um die der Lebensdauer der Produktfamilie vorherzusagen. Unter Verwendung
des Modells des inversen
Potenzgesetzes beträgt die
vorhergesagte Lebensdauer
über 100 000 000 Stunden
(Bild 4). Dieses Ergebnis,
das mit der vorhergesagten
Lebensdauer der GaN-HEMTs
für HF-Anwendungen konsistent ist, ist zudem eine gute
Bestätigung dafür, dass die
Belastungen der 600-V-GaNBausteine wie geplant überstanden werden und sich die
Pufferschicht wie vorgesehen
verhält.
Die über die JEDEC-Qualifikationsstandards hinausgehenden erweiterten LeBild 2: Die höhere Aktivierungsenergie EA wirkt sich positiv auf die
bensdauertests haben zu einem verbesserten generellen
Lebensdauer aus
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Leistungshalbleiter
Bild 3: Beim HTRB-Test (High-Temperature Reverse Bias) waren nach
8000 Stunden nur etwa 2% aller Bauteile ausgefallen
Bild 4: Die vorhergesagte Lebensdauer liegt bei über 108 Stunden
Verständnis hinsichtlich der Zuverlässigkeit von GaN-Leistungshalbleitern geführt. Aus den in diesem
Artikel beschriebenen Tests werden
bei zunehmender Kundenakzeptanz weiterhin Daten gewonnen.
Zudem laufen zusätzliche Tests
bei verschiedenen Temperaturen
zur Bestimmung des Beschleuni­
gungsfaktors, darunter Tests oberhalb von +300 °C, um die Lebensdauer in Abhängigkeit von der
Temperaturerhöhung vorhersagen
zu können. Diese Tests eignen sich
dazu, die empfohlene Betriebs­
temperatur für die GaN-Bausteine
festzulegen, da sich dieses Material
bekanntermaßen besser für hohe
Temperaturen eignet als Silizium.
Bei dieser Art von Anwendungen
stellt jedoch das Gehäuse das wichtigste Problem dar, das es zu überwinden gilt. Darüber hinaus laufen
weitere Tests bei hohen Strömen
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und verschiedenen Temperaturen.
Damit lässt sich feststellen, ab welchem Punkt die Elektromigration
zu einem Problem wird.
(rh)
Transphorm
Telefon: 001/805/45 61 30 0
www.transphormusa.com
Carl Blake
ist Senior Advisor Marketing,
Dr. Kurt V. Smith
ist Reliability Manager,
Dr. Yifeng Wu
ist Senior VP Engineering,
alle bei Transphorm