Das American Quarter Horse Man schreibt den 6.September 1856

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Das American Quarter Horse Man schreibt den 6.September 1856
Das American Quarter Horse
Man schreibt den 6.September 1856. Es ist früher Nachmittag und das Städtchen
McKinney ist in heller Aufregung. Männer, Frauen, Kinder und alles was sonst
über zwei Beine verfügt, ist unterwegs zu den beiden Hügeln hinter der Stadt.
Dort ist eine riesige Menschenmenge versammelt und von überall her kommen immer
mehr Leute. Sie alle bestaunen ein kleines, 15 hands großes Pferd, das nahezu
teilnahmslos in der Hitze des Nachmittags döst, den Kopf voller Fliegen, die
Augen geschlossen, steht es mit hängender Unterlippe und nach beiden Seiten
abstehenden Ohren da, ohne von seiner Umgebung die geringste Notiz zu nehmen.
Alle männlichen Einwohner ab 5 Jahren und die meisten weiblichen verfügen über
soviel Pferdeverstand, um das kleine Pferd mehr als absolutes Kuriosum denn als
Racer einzustufen. Es ist ein Pferd mit kleinem, keilförmigen Kopf, und wenn es
gerade nicht vor sich hin döst, scheinbar wachen Augen. Eine breite Stirn, zwei
kleine, aber beweglichen Ohren, die es momentan in zwei verschiedene Richtungen
herabhängen läßt. Eine kleine, feste Maulpartie und kräftige Ganaschen. Der Hals
ist ausreichend gut angesetzt, in der Kehle klar ausgeschnitten und im Genick
beweglich. Die Schulter ist schräg und, wie die Brust, muskelbepackt. Ein
deutlich ausgeprägter Widerrist, der in einen kurzen Rücken, mit einer
hervorragenden Verbindung zur Hinterhand übergeht. Die Lende tief und kräftig;
die Hüfte schräg und lang; die Hinterhand im Gesamten sehr muskulös, wobei
besonders die gewaltigen Muskeln an den Gaskins auffallen. Das Fundament, bei
einer mittleren Größe von 1,49 - 1,50m Stockmaß ist klar, sehnig, drahtig und
mit kleinen festen Hufen versehen.
Dieser Hengst soll heute gegen Monmouth, dem absoluten Lokalfavoriten von Town
McKinney ein Rennen laufen. Die gesamte Stadt hat fast alle ihre Einwohner im
Wetteinsatz gegen den kleinen Hengst aufgeboten. Niemand in McKinney gibt Steel
Dust, so heißt das Kuriosum, nur die geringste Chance. Es ist undenkbar, daß ein
Pferd mit diesem Aussehen und mit diesem Fundament ordentlich laufen kann, schon
gar nicht siegreich gegen Monmouth, dem schnellsten Pferd im Umkreis von 100
Meilen. Selbst die ältesten Bewohner von McKenney können sich nicht entsinnen,
ein schnelleres Pferd als Monmouth rennen gesehen zu haben.
Jetzt hat Jim Harrison das Zeichen zum Start gegeben. Das Rennen ist gestartet.
Die Pferde kommen über den Hügel und zum Erstaunen aller, ist der kleine Hengst
gleichauf. Doch da, es ist kaum zu glauben, er überholt Monmouth, er legt zu,
Yard um Yard, die Menge tobt, ist außer Rand und Band und dann, ist alles
entschieden. Der kleine 15-jährige Hengst Steel Dust schlägt Monmouth im fairen
Kampf um mehr als drei Längen. Die Stadt McKinney steht nahezu vor dem Bankrott
und Steel Dust, dessen legendärer Ruf überall bekannt war, nur nicht in
McKinney, wurde im ganzem Land bekannt.
Der 6. September 1856 war die Geburtsstunde einer Pferderasse, die heute mehr
als 4 Millionen Pferde weltweit umfasst. Eine Pferderasse die an Vielseitigkeit
und an Anpassungsfähigkeit von keiner anderen übertroffen wird. Die Spezialität
dieser Rasse ist der Speed auf einer Strecke von einer Quartermeile. Eine
Distanz, die in den Pioniertagen der Vereinigten Staaten die legendäre
Renndistanz darstellte. Aus diesem Grund wurden diese Pferde, in den ersten
Jahren Dusters oder Steelys genannt, mit dem Rassenamen American Quarter Horse
ausgezeichnet.
Die Quarter Rennen waren in den Staaten ein äußerst beliebter Volkssport und
wurden in nahezu allen Städten des 'Wilden Westens' abgehalten. Doch auch im
Osten war die Beliebtheit ungebrochen. Der Reiz lag wahrscheinlich darin, daß
die meisten Menschen dieser Zeit einen sehr ausgeprägten Horse-Sense besaßen und
in der Lage waren, die Qualitäten eines Pferdes blitzschnell abzuschätzen. Da
immer nur zwei Pferde gegeneinander liefen, war die Sache übersehbar und man
konnte schnelles Geld machen indem man auf das eine oder andere Pferd wettete.
So war es nicht verwunderlich, daß die Zucht dieser Pferde sehr umfangreich und
zielstrebig betrieben wurde. Wer immer eine Stute besaß, die einige Rennen
gewonnen hatte und auch sonst hinlänglich schnell war, suchte sich den besten
und schnellsten Hengst der Umgebung zur Zucht aus. Dadurch entstand eine
selektive Auslese, die weniger von Abstammungsnachweisen, wie dies in Europa
üblich war, sondern von der tatsächlichen Leistung gesteuert wurde. Diese
Selektionszucht, ähnlich einer natürlichen Auslese, ist dem Quarter-Horse bis
heute erhalten geblieben. Wohl gibt es in der heutigen Zucht auch ein Pedigree,
das weltweit für alle Quarters in Amarillo, Texas verwaltet wird. Doch
entscheidend für die Nachfrage nach den Zuchthengsten, ist deren Plazierung bei
den jährlich stattfindenden Futurities, deren bedeutendste, in Oklahoma City,
jedes Jahr den Höhepunkt der Auslese darstellt.
Als Fan des Quarter Horses müssen Sie nicht alle berühmten oder nur bekannten
Namen der Blutlinien und deren Verknüpfungen kennen.
Doch vier Namen sollten Ihnen ein Begriff sein.
Wimpy
King
Leo
Three Bars
Diese vier Hengste sind die Begründer von Quarter Horse Blutlinien, die die
Zucht entscheidend beeinflußt haben und deren Auswirkungen bis in die heutige
Zeit erhalten geblieben sind. Mit Wimpy wurde das Book of Registratur in
Amarillo eröffnet und der Hengst Wimpy erhielt im Jahre 1941 die Nummer 1 der
Registrierung.
Die Vorzüge, die heute aus der Zucht selektiert werden, sind die enorme
Spurtfähigkeit, die Leichtigkeit mit der Stopps, Spins und Wendungen auf der
Hinterhand ausgeführt werden können, in Verbindung mit einem ruhigen, gelassenem
Wesen, hoher Arbeitswilligkeit, robuste Haltung bei extremer Leichtfuttrigkeit,
ständige Einsatzbereitschaft, mit einem Wort, unter anderem das ideale Arbeitsund Freizeitpferd.
Das American Quarter Horse, bis vor wenigen Jahren größtenteils auf den
amerikanischen Kontinent beschränkt, ist heute erfreulicherweise auch schon in
Europa 'zuhause' und qualifizierte Züchter sind ständig bemüht, durch den Import
erstklassiger Hengste und Stuten, den legendären Ruf dieser edlen Pferde auch in
unseren Breiten zum Durchbruch zu verhelfen. In zahlreichen Shows, auch in
Österreich, werden diese Pferde vorgestellt und man kann ohne Übertreibung
behaupten, daß die Qualität der Nachzucht und das Können der Reiter, den
Vergleich mit internationalen Maßstäben nicht zu scheuen braucht.
Hnizdo P.

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