Diplomarbeit - Premium Cola
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Diplomarbeit - Premium Cola
Fachhochschule Stralsund University of applied sciences Fachbereich Wirtschaft Studiengang Betriebswirtschaftslehre Zur Schwedenschanze 15 18435 Stralsund Nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation als Impuls für eine Änderung der Konsummuster in den Handlungsfeldern Ernährung und Mobilität am empirischen Beispiel des Potentials bei Studenten in Deutschland Diplomarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades Diplom-Betriebswirt (FH) Eingereicht von: Erstgutachter: Christian Röse Prof. Dr. rer. pol. Harald Wilde Wühlischstraße 44 Zweitgutachter: 10245 Berlin Prof. Dr. Matthias Langguth E-Mail: [email protected] Matrikel-Nr.: 9257 Berlin, 27.02.2012 Für meine Eltern und Großeltern, die mir mein Studium ermöglichten, Karina und Sven für die ursprüngliche Inspiration und für Anna. Geleitwort „Das Unternehmen Premium ist Nachhaltigkeit in Reinform.“, wird mir gelegentlich rückgemeldet, wenn ich die Grundgedanken und deren konkrete Ausprägung im Detail erklärt habe. Das bedeutet, unsere Kommunikation vorher war nicht ausreichend. Effektive Nachhaltigkeitskommunikation ist auch bei uns eine Riesen-Baustelle. Dabei gilt: „Es gibt keine Alternative zu einer nachhaltigen Entwicklung“, so pflegt der geschätzte Prof. Dr. Stefan Schaltegger vom Centre for Sustainability Management der Leuphana Universität Lüneburg lächelnd zu sagen. Da hat er Recht und es setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Menschheit insgesamt nicht einfach so weitermachen kann wie bisher. Wir haben eben keine zweite Erde im Kofferraum. Nur warum ist der Wandel dann so schwierig? Warum gibt es noch konventionelle Produkte im Supermarktregal, warum kaufen Konsumenten immer mehr Plastik-Einwegflaschen, warum entspricht ihr Kaufverhalten so selten ihren Überzeugungen? „Nachhaltigkeit“ ist ein mittlerweile fast inflationär gebrauchter Begriff, so sehr, dass Premium ihn kaum verwendet; und das Thema ist auf mehreren Ebenen komplex, d.h. entsprechend schwierig zu kommunizieren. Dazu nur ein Beispiel: „Laut (...) Universität von Connecticut ist die Öko-Bilanz des Toyota Prius sogar schlechter als die der „Super-Umweltsau-SUV“ Hummer: Durch die Verwendung von Leichtmetall und die großen Batterien braucht der Prius bei der Herstellung doppelt so viel Energie wie der Hum- mer. Die Lebenserwartung eines Hummer ist ebenfalls höher: Der Prius hat eine Laufleistung von rund 160.000 Kilometern, der Hummer eine von 480.000 Kilometern.“ (vgl. Hartmann 2009). Die Kommunikation von Toyota suggeriert das Gegenteil. Also ein klarer Fall von Greenwashing, oder ist die Entwicklung der Elektromobilität insgesamt betrachtet so sinnvoll, dass der Prius „grün“ beworben werden darf? (vgl. Toyota Motor Sales 2011). Wäre eine ehrliche Einordnung besser? Keine einfachen Fragen. Es bringt auch wenig, wenn die Verantwortung für nachhaltigen Konsum von den Konsumenten an Unternehmen abgeschoben wird („wir können ja nur kaufen, was angeboten wird“), und umgekehrt gilt das gleiche („wir bieten ja nur an, was gekauft wird“). Es findet aber glücklicherweise ein Machtwechsel von Unternehmen zu Konsumenten statt; letztere können sich immer besser informieren, weshalb sie nicht länger nur Rezipienten von Werbebotschaften sind. Und: Über Social Media entstehen mächtige Rückkanäle – Marken und damit Unternehmen sind längst nicht mehr nur in der II Hand ihrer Verantwortlichen. Sie werden vielmehr die Summe der Gespräche über sie. Diesen Machtwechsel gilt es im Sinne der Nachhaltigkeit zu nutzen, damit Unternehmen aller Branchen gezwungen werden, einen Teil ihres Geschäfts als Dienstleister für eine nachhaltigere Entwicklung zu verstehen. Das funktioniert natürlich nur, wenn sich parallel das Verhalten der Konsumenten mit ändert. Nur wie geht das? Was kann und muss Kommunikation leisten, um diese Entwicklung zu befördern? Wie kann verbesserte Nachhaltigkeitskommunikation zur Verhaltensänderung von Konsumenten beitragen? Die vorliegende Arbeit liefert Antworten auf diese Fragen. Damit wird sie nicht nur für Fachkreise wichtige Erkenntnisgewinne liefern – auch werden sie als Grundlage für verbesserte Nachhaltigkeitskommunikation nutzen. Danke! Uwe Lübbermann Gründer und zentraler Organisator Premium Cola III Abstract Currently the world is facing severe ecological and social problems. It becomes more and more important to raise awareness for these issues to society in order to facilitate change in attitude and behaviour patterns. The aim of this thesis is to evaluate how companies should and can design their sustainability-oriented consumer communication to influence patterns of thoughts and consumer behaviour in a sustainable direction. Different strategies, content and media instruments are investigated which can be used to improve customer perception, credibility and reaction to the addressed environmental and social issues. In this context, the evaluation of consumer behaviour is an important approach to gain insight into and understanding of the target group to be able to design appropriate communication strategies. Another focus of this work is to identify constraints and critical factors of success of this intention. This was accomplished by two approaches: For one, extensive literature work pooling the current state of the art in this field, and second, a quantitative and empirical survey. The first was carried out by analysing specialist literature about the concept of sustainable development, consumer-psychology and sociology as well as communication, especially sustainability-communication. Second, to test the hypotheses derived from the theoretical work, an online survey was conducted including a mixture of open and closed questions concerning sustainable consumption behaviour and its communication. The conclusions drawn from those investigations are that companies need to highly improve transparency and reliability to gain the trust of the customers. If not, they are at risk to get a “shitstorm” and lose their reputation and consumer trust. The survey showed that most customers will only act sustainable if corporations do so first. In order to be able to comply with these requirements, corporations need to have a certain expertise to evaluate the conditions of sustainability. When it comes to an actual design of a campaign, corporations need to identify characteristics of the people they want to address. Thus, they are able to focus their strategy, content, and media towards specific groups of consumers and thereby achieve relevance for them. Hinweis im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung der Sprache (wie z. B. Teilnehmer/Innen) verzichtet. Mit der männlichen Form sind im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich auch weibliche Personen gemeint. IV Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ............................................................................. VII Einführung in das Themenkonstrukt ............................................................1 1. Ausgangssituation und Problemstellung .................................................... 1 2. Zielsetzung und Fragestellung ................................................................. 4 3. Aufbau und Methodik ............................................................................. 4 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung ...............................................................................7 1. Der Nachhaltigkeitsdiskurs ...................................................................... 7 a) b) c) 2. Geschichtliche Entstehung und Entwicklung.................................... 7 Nachhaltige Entwicklung und Generationengerechtigkeit .................. 8 Die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung ............................ 10 Nachhaltiger Konsum – die Triebfeder nachhaltiger Entwicklung ............... 12 a) b) c) d) Nachhaltiger Konsum und der Konsummusterbegriff ..................... 12 Strategien zur Umsetzung nachhaltigen Konsums ......................... 16 Handlungsfelder nachhaltigen Konsums ....................................... 18 Strukturelle Hürden für nachhaltigen Konsum ............................... 29 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze ...............32 1. Grundlagen der sozialpsychologischen Konsumentenkenntnis ................... 32 a) b) 2. Nachhaltigkeitsrelevante Konsumsoziologie ............................................. 39 a) b) c) 3. Zentrale Begriffe des Konsumentenverhaltens .............................. 32 Kaufentscheidungen .................................................................. 37 Lebensstile und deren Nachhaltigkeitsrelevanz .............................. 39 Nachhaltigkeitsrelevante Konsumstile .......................................... 42 Kritik am Lebensstil/Konsumstil-Ansatz ........................................ 45 Die Herausforderung des Konsummuster-Änderungsprozesses.................. 45 a) b) Sozialpsychologische Hindernisse ................................................ 46 Veränderung von Einstellung und Verhalten ................................. 51 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster .........................................................................53 1. Grundannahmen über konsummusterverändernde, nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation .............................. 53 a) b) c) Herleitung des Begriffskonstruktes .............................................. 53 Notwendigkeit und Ziele der Kommunikation im Nachhaltigkeitsdiskurs ................................................................ 57 Bedingungen und strategische Ausrichtung für nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation ................... 60 V 2. Zwei Ansätze der Umsetzung des „Elaboration Likelihood Models” ............. 66 a) b) c) d) Zentrale und periphere Route ..................................................... 66 Zentrale Route: sachlich-argumentativer Ansatz............................ 68 Periphere Route: emotionaler Ansatz ........................................... 74 Konklusion ................................................................................ 80 3. Instrumentelle Umsetzung .................................................................... 81 4. Herausforderungen für eine nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation................................................................... 86 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung ........................................................93 1. Zielsetzung der Studie .......................................................................... 93 2. Methodische Vorgehensweise ................................................................ 94 3. Ergebnisdarstellung und -auswertung..................................................... 97 a) b) c) d) e) f) 4. Charakterisierung der Zielgruppe (Stichprobe) .............................. 98 Einstellungen der Zielgruppe gegenüber nachhaltigen Konsummustern .......................................................................100 Verhaltensweisen der Zielgruppe gegenüber nachhaltigen Konsummustern .......................................................................104 Aussagen über Verbraucherkommunikation .................................108 Überprüfung von H1: Nachhaltigkeit, Kommunikation und Glaubwürdigkeit .......................................................................118 Überprüfung von H2: die Routen des ELM und die Zielgruppe ........123 Zusammenfassung und Resümee der Studie ..........................................129 Implikationen: Erfolgsfaktoren und Hemmnisse .................................... 134 Schlussbetrachtung und Ausblick ........................................................... 140 1. Zusammenfassung der Arbeit ...............................................................140 2. Wissenschaftliche Konsequenzen und Forschungsbedarf .........................142 3. Konsequenzen für die unternehmerische Praxis ......................................145 Anhangsverzeichnis .................................................................................... IV Anhang A: Darstellung der Umfrage .............................................................. V Anhang B: Weitere Daten der Umfrage .........................................................XII Abbildungsverzeichnis ............................................................................. XXV Tabellenverzeichnis ............................................................................ XXVIII Literaturverzeichnis............................................................................... XXIX Eidesstattliche Versicherung .................................................................... XLI VI Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung ADAC Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. App engl. application = Anwendungsprogramm für Mobiltelefone BMU Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bspw. beispielsweise bzw. Beziehungsweise CSR engl. Corporate Social Responsibility = Unternehmerische Sozialverantwortung DL Dienstleistung ebd. Lat. ibidem = wie vorgenannt ELM Elaboration Likelihood Model et al. lat. et alia = und andere etc. lat. et cetera = und so weiter EU European Union IAA Internationale Automobil-Ausstellung kg Kilogramm km Kilometer Mrd. Milliarden NGO Nichtregierungsorganisation ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr Pkw Personenkraftwagen PoS Point of Sale PR Public Relations SPSS Statistical Package for the Social Sciences (Statistik-Software-Firma) UAP Uniqe Advertising Proposition UBA Umweltbundesamt UNEP United Nations Environmental Programme USP Unique Selling Proposition usw. Und so weiter VII vgl. vergleiche u.v.m. Und vieles mehr WCED World Commission on Environment and Development z.B. zum Beispiel VIII „Die Welt, die wir geschaffen haben, ist das Resultat einer überholten Denkweise. Die Probleme, die sich daraus ergeben, können nicht mit der gleichen Denkweise gelöst werden.“ Albert Einstein Einführung in das Themenkonstrukt Einführung in das Themenkonstrukt 1. Ausgangssituation und Problemstellung Sowohl global, als auch lokal betrachtet stehen Menschen und Gesellschaften vor schier grenzenlosen Herausforderungen. Die Schaffung von inter- sowie intragenerationeller Chancengleichheit und die Erhaltung unseres Planeten mit einer lebenswerten Umwelt stehen dabei im Vordergrund. Durch Umweltverschmutzung, Regenwaldabholzung, Überfischung der Meere, hoher Treibhausgas-Emissionen und sozialer Ungerechtigkeit ist ein Punkt erreicht, an dem es kaum einen anderen Ausweg mehr gibt, als einen globalen Paradigmenwechsel. Zwar gab es immer schon Umweltkatastrophen und gesellschaftliche Probleme. Doch erst seit dem immens gestiegenen Konsum im letzten Jahrhundert mit der unermesslichen Ausnutzung von Menschen und Natur sieht sich die Menschheit mit den massiven, daraus resultierenden Problemen konfrontiert. Der rasante Bevölkerungszuwachs und das rasche Voranschreiten der Globalisierung verschärfen diese Situation weiterhin, sodass neue Strategien gefunden werden müssen, um dieser Lage Herr zu werden. 1 Einführung in das Themenkonstrukt Mithilfe der Strategien des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung können sowohl globale, als auch lokale Problemlagen angegangen werden. Dieses Leitbild sieht vor, nicht mehr von der Umwelt und den Menschen zu verlangen, als sie zu leisten im Stande sind und so eine gewisse Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Gesundheit zu fördern. In vielen Teilen der Erde kommt es seit einiger Zeit zu Unruhen und Auflehnung gegen das vorherrschende gesellschaftliche und wirtschaftliche System, welches unter anderem für die eben beschriebenen Problemlagen verantwortlich gemacht werden kann. Die Occupy-Bewegung, unzählige Demonstrationen gegen die Lebensmittelindustrie und Energiekonzerne und nicht zuletzt die zahlreichen Revolutionen des arabischen Frühlings zeugen von einem großen Aufruhr dieser, unserer Generation. Die Mitglieder der studentischen Konferenz der Humboldt Universität zu Berlin nennen sie – die „Generation Nachhaltigkeit“. Es müssen Strategien entwickelt werden, die unsere Konsumweise einer Veränderung unterziehen. Dieser Meinung sind nicht nur ausgewiesene Nachhaltigkeitsexperten sondern auch Kommissionen und Gremien in Politik und Wirtschaft. Wir dürfen nicht länger auf Kosten unserer Umwelt und unserer Mitmenschen leben. Der Konsum von Waren und Dienstleistungen hat weitreichende Folgen. So werden durch Kauf, Nutzung und Entsorgung bereits direkte Konsequenzen des Handelns sichtbar, wie Müllbelastung oder Ressourcenverbrauch. Durch die Kaufentscheidung eines Gutes werden allerdings auch indirekt unzählige Dinge beeinflusst. Wie viel mehr oder weniger Geld beispielsweise den Lebensmittelproduzenten in Entwicklungsländern zur Verfügung steht, beeinflusst deren Entwicklung wie kaum etwas anderes. Die Nachhaltigkeitsdiskussion darf nicht länger nur Sache von Experten bleiben. Wenn die Ziele des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung erreicht werden sollen, gilt es gewiss, das Handeln der Menschen in Alltag und Konsum zu verändern. Die Bevölkerung muss in den Diskurs und den Prozess mit einbezogen werden, um weitreichende Folgen spürbar werden zu lassen. So argumentieren die Vereinten Nationen: “Fundamental changes in the way societies produce and consume are indispensable for achieving global sustainable development.“ (United Nations 2002, S. 7) 2 Einführung in das Themenkonstrukt Bio-Lebensmittel, Ökostrom, ethisches Investment, fairer Handel, und viele weitere nachhaltige Produkte und Dienstleistungen sind im Aufwind. Doch die globale und weitreichende Änderung von Konsummustern bleibt eine große Herausforderung. Unternehmen müssen sowohl aus ihrer ethischen Verantwortung heraus, wie auch als Ressourcennutzer, und damit selbst von der drohenden Ressourcenknappheit Betroffene, eine nachhaltige Lebensweise der Konsumenten fördern. So ist eine Motivation der Konsumenten nicht nur dem Wohlwollen des Unternehmens geschuldet, sondern vielmehr eine elementare Grundvoraussetzung für ihr eigenes Wirtschaften. Strategisch könnten sie mithilfe ihrer Marktmacht, ihren angebotenen Gütern und mit dem Instrument der Kommunikation als Multiplikator für den angestrebten Paradigmenwechsel dienen. Durch Informationen könnten Motivationen geschaffen werden, sorgsamer zu konsumieren. Die Umsetzung wird jedoch deutlich geschwächt durch einen Mangel an Geld, Zeit und letztlich an Wille der Konsumenten, ihre Konsumgewohnheiten aufzugeben. Dabei herrscht eine Vielzahl an alternativen Konsumangeboten jedweder Art, in jedem Konsumfeld. Doch das Feld ist unübersichtlich und komplex. So wird unternehmerischer Nachhaltigkeitskommunikation (vgl. Abbildung 1) eine wichtige und schwierige Herausforderung zuteil (Bilharz 2009, S. 26 ff.). Abbildung 1: Konzeptionelle Grundlage: Unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation Eigene Darstellung in Anlehnung an Bilharz (2009, S. 42) 3 Einführung in das Themenkonstrukt 2. Zielsetzung und Fragestellung Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, Schwierigkeiten und Erfolgsfaktoren herauszufinden, die Unternehmen beachten und umsetzen müssen, um beim Verbraucher eine Änderung seiner Konsummuster zu bewirken. Das Ziel ist es also nicht, zu ergründen, welche Vorteile und Chancen Unternehmen durch diese Art der Kommunikation haben könnten. Weiterhin wird die Frage nach der Zuständigkeit bestimmter Institutionen für Konsummusterveränderungen unbeachtet bleiben. Das Konzept der CSR (Corporate Social Responsibility) wird lediglich am Rande erwähnt. Vielmehr soll es um die Ergründung von Richtlinien gehen, die Unternehmen erreichen müssen, um sich bei der Zielgruppe Gehör zu verschaffen und diese von der Thematik zu überzeugen. Das individuelle Beschaffungs-, Nutzungs-, und Entsorgungsverhalten im Kontext relevanter Alltagsstrukturen, Einstellungen und Werthaltungen zu analysieren ist Teil des Forschungsansatzes. Dem folgend sollen Herausforderungen, Voraussetzungen sowie Strategien und Inhalte identifiziert werden, um dies umzusetzen. Der Stand der Forschung dieser Thematik steckt, im Gegensatz zu anderen betriebswirtschaftlichen Themen, noch in den Anfängen. Es wurden zwar bereits viele Studien und Arbeiten über Chancen und Risiken von nachhaltiger Ausrichtung des Unternehmens, Kommunikation von Nachhaltigkeitsaspekten veröffentlicht. Doch nicht, ob und wie nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation den Konsumenten in seinen Konsummustern, ergo seinen Verhaltensweisen und Werten positiv beeinflussen kann. Insbesondere der Reiz dieses „unbeackerten Feldes“ war der Impuls für diese Arbeit. 3. Aufbau und Methodik Die vorliegende Arbeit ist sowohl eine empirische Studie, als auch eine theoretische Auseinandersetzung mit der Thematik. So soll ein ausführlicher Theorieteil zunächst dafür sorgen, Expertenwissen, bezogen auf die unterschiedlichen Themenbereiche, hinzuzuziehen, um einen Überblick über die Thematik zu ermöglichen. Dem folgend soll eine quantitativ-empirische Studie zum einen die in der Theorie ergründeten Informationen bestätigen und zum anderen aktuelle Tendenzen und Ansichten einer jungen, zukunftsweisenden Zielgruppe aufzeigen. 4 Einführung in das Themenkonstrukt Um dem Leser eine Einführung in die Thematik zu ermöglichen, werden zunächst die Grundlagen nachhaltiger Entwicklung und eines nachhaltigen Konsums erläutert. Hier schien es notwendig, die Zusammenhänge zwischen Problemlagen, Strategien zur Bearbeitung dieser Problemlagen und den gewählten Handlungsfeldern Ernährung und Mobilität zu erläutern. Im nächsten Schritt wird ein Überblick über aktivierende Prozesse der Konsumentenkenntnis für einen Einblick sorgen, wie und warum Menschen auf verschiedene Reize reagieren, bevor konsumsoziologische Aspekte Einblicke in die verschiedenen Zielgruppen in unserer Gesellschaft bieten. Daran anschließend wird das Mittel für einen Paradigmenwechsel im Konsum vorgestellt – nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation. Hierzu wird genannter Terminus erläutert, der Stellenwert der Kommunikation im Kontext erörtert und daraufhin Inhalte, Strategien und Medien bestimmt, mit denen nachhaltigkeitsorientierte Kommunikation den Verbraucher zu nachhaltigem Konsumverhalten motivieren kann. Bei der darauf folgenden empirischen Studie handelt es sich um eine quantitative Meinungsforschung, in der Studenten, die an deutschen Hochschulen studieren, zu ihrem Konsumverhalten, Beweggründen, Hemmnissen und Einstellungen befragt werden. Durch die Einstreuung offener Fragen und Antwortmöglichkeiten wird ebenfalls ein gewisser qualitativer Aspekt der Forschung bedacht, um tiefgehende Intentionen und Einstellungen herauszufinden. Mittels einer Hypothesendiskussion werden die aus der Theorie abgeleiteten Thesen auf Konsistenz überprüft. Die folgende Abbildung 2 soll das Handlungsschema der Arbeit verbildlichen. Abbildung 2: Aufbau der Arbeit 5 Einführung in das Themenkonstrukt THEORETISCHER TEIL 6 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung 1. Der Nachhaltigkeitsdiskurs a) Geschichtliche Entstehung und Entwicklung Sozial und ökologisch nachhaltige Gedanken gab es bereits in der Bibel (Günther 2008, S. 40 ff.). Doch erst im 18. Jahrhundert wurde der Nachhaltigkeitsbegriff erstmals in der deutschen Forstwirtschaft genannt, mit der Zielsetzung, der Natur immer nur so viel Holz zu entnehmen, wie in der gleichen Zeit wieder nachwachsen kann (Brockhaus Enzyklopädie 2006, S. 232 f.). Andere Wirtschaftszweige übernahmen diese Denkweise schließlich und fügten zusätzliche Aspekte hinzu (vgl. Nutzinger und Radke 1995). Allerdings kam es durch starkes Wirtschaftswachstum in den okzidentalen Volkswirtschaften bis zu den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zu einer Erlahmung der Thematik (Grunwald 2006, S. 14–16) und schließlich erwuchs Kritik über die vorherrschenden gesellschaftlichen Produktions- und Lebensstile, das Wirtschaftswachstum und Ressourcen (Meadows 1972, S. 17). In diesem Zuge begann die vom 7 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung United Nations Environmental Programme initiierte World Commission on Environment and Development mit Untersuchungen und Berichterstattung über sozial-ökologische Problemlagen. Außerdem erarbeiteten sie Handlungsempfehlungen und brachten den Begriff der nachhaltigen Entwicklung erstmals einer breiten Öffentlichkeit als Leitbild nahe (vgl. Hauff 1987, S. 1 ff.), welches seitdem in unterschiedlichen Interessenszusammenhängen eine gewichtige Rolle spielt. b) Nachhaltige Entwicklung und Generationengerechtigkeit Der Begriff und das Verständnis von nachhaltiger Entwicklung sind durch Ungenauigkeit, Mehrdeutigkeiten und zum Teil Widersprüche geprägt (Michelsen 2007b, S. 26). So impliziert „nachhaltige Entwicklung“ das Ziel „nachhalten“ im Sinne von „andauern" oder „für Notfälle zurückhalten", andererseits jedoch auch eine Entwicklung als Gegensatz zu Stillstand (Fischer 2001, S. 7). Der Fokus muss laut Schrader und Hansen (2001, S. 342) ohnehin konkret auf einen bestimmten Bereich gelenkt werden, da die Theorie, alle auf gesamtpolitischer Ebene formulierten Ziele und Indikatoren zu übernehmen, nicht umsetzbar ist. Leitschuh-Fecht (2007, S. 605) hält das Konzept für einen „gesellschaftlichen Such- und Lernprozess“ und Gerold (2006, S. 15) ergänzt, dass dieser sowohl gegenwarts- als auch zukunftsorientiert ist. Kaum ein Begriff wird so untrennbar mit dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung verbunden wie Generationengerechtigkeit, der auch in der bekanntesten und meist verwandten (Günther 2008, S. 45) Definition „Nachhaltiger Entwicklung“ von der Brundtland-Kommission Beachtung findet: "Sustainable Development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs." (WCED 1987, S. 43) Essentiell für die angesprochene intergenerationelle Gerechtigkeit ist es jedoch auch, gleichzeitig eine gerechte Verteilung der Chancen zur Bedürfnisbefriedigung der heute Lebenden zu erreichen (intragenerationelle Gerechtigkeit). In diesem Zusammenhang steht nicht der generelle Wohlstandsunterschied der beiden Weltregionen Industrieländer und Entwicklungsländer – oft als Nord/Süd-Konflikt bezeichnet – im Mittelpunkt der Diskussion, sondern vielmehr die Befriedigung der Grundbedürfnisse wie Zugang zu sauberem Trinkwasser, angemessenem Wohnraum oder Zugang zu entsprechender 8 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Gesundheitsversorgung. Besondere Relevanz erhält dieses Ziel bei dem Vergleich der globalen Verteilung und Nutzung von Ressourcen. Menschen in nicht-industrialisierten Ländern verbrauchen lediglich ein Fünftel der gesamten Ressourcen, obwohl Sie rund vier Fünftel der Weltbevölkerung stellen (Bilharz 2009, S. 76). In Abbildung 3 wird die Dramatik dieser Thematik besonders deutlich. Abbildung 3: Globale ökologische Fußabdrücke Quelle: Global Footprint Network (2008) Unser okzidentales Wirtschaftsmodell gilt zwar einerseits als größter Verschwender von Ressourcen, andererseits aber auch als Vorbild für ärmere Bevölkerungen (Bilharz 2009, S. 85). Gerechtigkeit muss sowohl als Ziel, aber vor allem auch als Voraussetzung gesehen werden, denn eine ungerechte Verteilung des Zugangs zu knappen Ressourcen wie Boden, Trinkwasser etc. ist auch die Ursache nicht nachhaltiger Entwicklungen wie kriegerischen Konflikten sowie der übertriebene Ausnutzung der Ressourcen und des gesamten Ökosystems. Darüber hinaus sind meist die unprivilegierteren Menschen die Leidtragenden von durch Klimawandel oder anderen durch westliche Konsummuster verursachte Naturkatastrophen. So ergibt sich letztlich eine doppelte Ungerechtigkeit im Sinne des Nord/Süd-Konflikts. Zur intragenerationellen Gerechtigkeit gehören auch Konflikte, die sich innerhalb von Gesellschaften auftun. Dies kann beispielsweise zwischen den Geschlechtern oder den Generationen (Großeltern – Eltern – Kinder) der Fall sein (Grunwald 2006, S. 29–34). 9 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Nachhaltige Entwicklung gilt als untrennbar mit einer Partizipation der Bevölkerung verknüpft. So postuliert die Bundesregierung: „Wenn nachhaltige Entwicklung Realität werden soll, brauchen wir viele Menschen, die dieses Anliegen zu ihrer eigenen Sache machen.“ Ausgehend von ihrem Lebensumfeld oder den Themen, die sie berühren und beschäftigen, muss die Denkweise in den Alltag gelangen (vgl. Kuckartz 2006, S. 167 ff.). Zusammenfassend lässt sich das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung mit den Begriffen Gerechtigkeit, ein genügsames Leben, Freiheit und Selbstbestimmung, das Wohl aller Menschen und Zukunftsverantwortung zusammenfassen (Michelsen 2007a, S. 26). Vorsorge gilt im Gegensatz zur Nachsorge als ein Kern der Leitidee (Grunwald 2006, S. 27–29). c) Die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung Abbildung 4: Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit Eigene Darstellung in Anlehnung an Barbier (1987) Im engen Zusammenhang mit einer nachhaltigen Entwicklung, die sich als Umsetzung der Belange der Nachhaltigkeit definiert, lässt sich eine Kategorisierung vornehmen – das Drei-Dimensionen-Modell der nachhaltigen Entwicklung (Grunwald 2006, S. 46). (vgl. Abbildung 4) In ihm vereinen sich die Dimensionen Ökonomie, Ökologie und 10 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Soziales einerseits als ein Konfliktmodell (Belz 2007, S. 25), andererseits als ein Zieldreieck miteinander (v. Alvensleben 1998, S. 1). Es gilt, eine möglichst große gemeinsame Schnittmenge in der Realisierung der drei Dimensionen zu erreichen (Belz 2007, S. 24 f.). Ökologie Als Ökologie wird die „Wissenschaft von den Wechselbeziehungen zwischen Lebewesen und natürlicher Umwelt bzw. von den Ökosystemen“ verstanden (Gabler Wirtschaftslexikon). Ohne unsere Umwelt gäbe es keine der anderen Dimensionen. Ergo gilt es, unsere Lebensgrundlage zu schützen, um sie nicht zuletzt auch nachhaltig nutzen zu können (Bittencourt et al. 2003, S. 23). Die Verknappung fossiler Brennstoffe, deren Nutzung, der damit zusammenhängende Klimawandel und die bereits angesprochene nachhaltig genutzte Forstwirtschafts können als Beispiele dienen (Schaltegger et al. 2003, S. 22). Weiterhin sind die menschengemachte, zunehmende Reduzierung der Artenvielfalt unseres Planeten von ökologischem Belang (Michelsen 2007b, S. 28). Die Unmengen an Hausmüll und Gefahrenstoffen, die täglich nicht nur in Deponien, sondern auch in unseren Gewässern und Böden entsorgt werden (Stahlmann 2000, S. 42), tragen ebenso zur ökologischen Problematik bei wie die potentielle Gefährdung durch Risiken in technischen Verfahren wie beispielsweise das Betreiben von Atomkraftwerken (Stahlmann 2000, S. 15). Soziales Die wohl unschärfste Dimension des Modells ist die Soziale (Fiedler und Institut für Sozialwissenschaften 2007, S. 22 f.). Diese soll dazu dienen, ein gleichberechtigtes und gerechtes Leben aller Menschen zu gewährleisten (Bittencourt et al. 2003, S. 23). Zu den Grundgütern, die gerecht verteilt, weiterentwickelt und intergenerativ weitergegeben werden müssen, gehört das Leben selbst, die Gesundheit, die Grundversorgung mit Lebensmitteln, Kleidung, eine Behausung sowie elementare Rechte. Diese sorgen dafür, dass der Mensch ein sicheres, würdiges und selbstbestimmtes Leben führen kann. Hierzu gehören auch soziale Ressourcen wie Solidarität, Toleranz, Integration, Gerechtigkeit und das Gemeinwohl. Bei der Realisierung des Ziels des sozialen Friedens gibt es allerdings viele Konflikte und Unklarheiten (Grunwald 2006, S. 49). 11 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Ökonomie Eine weitere Dimension der Nachhaltigkeit ist die Ökonomie, die als das vorherrschende Wirtschaftssystem verstanden werden kann. Ohne dieses wären große Veränderungen nicht denkbar. Es bedient sich natürlicher Ressourcen und muss darauf achten, diese nicht zu übernutzen und sich somit ihrer eigenen Existenzgrundlage zu entziehen (Bittencourt et al. 2003, S. 23). Der Zweck der Wirtschaft ist in erster Linie das Produzieren und der Vertrieb von Waren und Dienstleistungen. Durch deren Konsum und dem erzielten Einkommen ergeben sich zum einen Bedürfnisbefriedigung der Verbraucher und zum anderen die Existenzsicherung der Unternehmen. Die Wirtschaftsgemeinschaft (Unternehmen, Konsumenten und der Staat) produziert jedoch auch einen erheblichen Teil der Emissionen und Abfälle (Grunwald 2006, S. 47). Wachstum ist aus nachhaltiger Unternehmersicht ein zweischneidiges Schwert, da es sowohl negative Auswirkungen wie die Folgen der Globalisierung, als auch positive wie eine höhere Beschäftigung haben kann (Stahlmann 2000, S. 15). Im volkswirtschaftlichen Fokus einer nachhaltigen Entwicklung steht ein ganzheitlicher Strukturwandel, bei dem nicht die Befriedigung des Einzelnen im Vordergrund steht, sondern individuelles Erfolgsstreben zugunsten des Gemeinwohls reguliert wird (Fiedler und Institut für Sozialwissenschaften 2007, S. 19). Ziele der Dimension sind Förderung einer umweltfreundlichen Produktion und einer verantwortungsbewussten Unternehmerschaft (Gerold 2006, S. 18 f.). 2. Nachhaltiger Konsum – die Triebfeder nachhaltiger Entwicklung a) Nachhaltiger Konsum und der Konsummusterbegriff Konsum von Waren und Dienstleistungen bestimmt nicht nur in Industrieländern (Schneider 2000, S. 10) in hohem Maße den Alltag der Menschen (Empacher und Stieß 2007, S. 474). Diese nutzen den Konsum zur Befriedigung existenzieller Grundbedürfnisse, Unterhaltung, Bildung oder sozialen Kommunikation, um sich von anderen abzugrenzen oder ihr eigenes Lebensgefühl auszudrücken (Brand 2008, S. 51). (Vgl. Kapitel 2.2) Konsumentscheidungen werden durch Faktoren wie das individuelle Umfeld, Werte, kulturelle Gepflogenheiten, die Medien, Moden und das Rechtssystem beeinflusst (Grunwald 2006, S. 115 f.). 12 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Der private Verbrauch macht 56 Prozent des gesamten Bruttoinlandsproduktes in Deutschland aus (Renn 2002, S. 33). Im Jahr 2010 betrugen die privaten Konsumausgaben in Deutschland rund 1.37 Mrd. Euro und machten 61,7 Prozent des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte aus. Güter wie Nahrungsmittel, Bekleidung und Einrichtungsgegenstände verlieren an Relevanz. Im Gegenzug fließen immer größere Teile dem Bereich Wohnung/Wasser/Strom/Gas-/Brennstoffe zu. Ebenfalls sehr deutlich hat sich der Ausgabenanteil für Gesundheits- und Körperpflege, persönliche Gebrauchsgegenstände und Dienstleistungen erhöht (Kaya 2011). Probleme von Konsum Betrachtet man die Verteilung der Konsumausgaben weltweit, so fällt auf, dass das ärmste Fünftel gerade einmal im Stande ist, ein bis zwei Prozent des Weltkonsums zu verzehren. Das reichste Fünftel in den Industriestaaten allerdings ist für circa 80 Prozent der globalen Konsumausgaben verantwortlich (Grunwald 2006, S. 115 f.). Der Konsum als Nachfrage sichert Wachstum und somit Beschäftigung (Brand 2008, S. 51), verursacht jedoch auch zahlreiche Nebenfolgen und beeinflusst damit sowohl individuelle als auch kollektive Aspekte (Belz 2005, S. 1). Nachhaltige Konsummuster Konsumenten sind sowohl Opfer als auch Täter der globalen sozialen, ökonomischen und ökologischen Verhältnisse. Doch obwohl sie sich in vielen Fällen nicht gegen die Strukturen erwehren können, ist es ihnen möglich, als Mitgestaltende und Akteure der Marktwirtschaft Handlungsmöglichkeiten umzusetzen und als Problemlöser verantwortungsvoll zu fungieren (Hansen und Schrader 2001, S. 20 f.). Durch den Einsatz innovativer Technologien und Materialien im Produktions- sowie im alternativen Dienstleistungs- und Nutzenkonzept liegt ein hohes Potential zur Umsetzung der Strategien einer nachhaltigen Entwicklung. Diese Einsparungsmöglichkeiten lassen sich jedoch oft lediglich durch die Art des Nutzens realisieren, da oft bis zu 80 Prozent der gesamten Belastung durch die Nutzung der Güter verursacht wird (Reisch und Kreeb 2007, S. 465). Diese zählt gemeinsam mit dem Akt des Kaufes und des letztlichen Entsorgens zu dem Oberbegriff der Konsummuster, bei denen der Verbraucher die Rollen des Käufers, Nutzers und Entsorgers einnimmt (Schneider 2000, S. 10). Konsummuster 13 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung und Produktionsprozesse stellen die zentralen Themen in den Nachhaltigkeitsdebatten dar (Grunwald 2006, S. 115 f.). Der Begriff Nachhaltiger Konsum selbst ist die Zusammenführung der Begriffe Ökologischer Konsum und qualitativer Konsum (Grunwald 2006, S. 115 f.), wird ferner allerdings auch strategischer oder ethischer Konsum genannt (UNEP 2008, S. 1). Er kann laut Eberle et al. (2004, S. 9) „nur durch ein Verhalten realisiert werden, das dem Leitbild nachhaltiger Entwicklung“ (vgl. Kapitel 1.1) folgt und dementsprechend, im Sinne des Schnittmengenmodells durch Konsumhandlungen, die ökologisch, sozial und ökonomisch vernünftig sind (Belz und Bilharz 2005a, S. 8 f.). Die United Nations Commission for Sustainable Development charakterisiert einen nachhaltigen Konsum wie folgt: “Sustainable consumption is the use of goods and services that respond to basic needs and bring a better quality of life, while minimizing environmental and social impacts over the life cycle, so as not to jeopardize the needs of future generations” (UNCSD, 1998) Entscheidungsbereiche nachhaltigen Konsums Die verschiedenen Perspektiven und Entscheidungsbereiche, aus denen die unterschiedlichen Akteure heraus agieren, entwickelten so abweichende strategische (Teil)Ansätze (Eberle et al. 2004, S. 7). Im nachfrageseitigen Handlungsbereich liegt es an den Konsumenten die Entscheidungen über Produkte/Dienstleistungen und die Art der Nutzung sowie der Entsorgung zu treffen (ebd. S. 8). Vakant ist in dieser Hinsicht der Aspekt der Suffizienz (vgl. Kapitel 1.2b) im Sinne einer flexibleren Ausformung der Bedarfe mit dem Ziel einer Substitution in der Nachfrage (Paech 2005, S. 325) beziehungsweise die Motivation der Verbraucher zu dieser Änderung ihres Konsumverhaltens. Die betreffenden Produkte müssen jedoch sowohl eine hinreichende Attraktivität als auch Zweckmäßigkeit erfüllen (Belz und Peattie 2009, S. 72). Letztlich sind das Ausmaß als auch die Summe der Konsumaktivitäten der Betrachtungsgegenstand, in dessen Folge das Suffizienz-Prinzip erneut Bedeutung erlangt. Unter der Prämisse, dass das bestehende Nutzungssystem zur Disposition steht, gilt es zudem für die Verbraucher zwischen einem mit Produkteigentum zusammenhängenden und einem Eigentum 14 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung ersetzenden Konsum in Form einer Dienstleistung zu entscheiden (Paech 2005, S. 331). Im informellen Handlungsbereich agieren die Privatverbraucher durch ihr eigenes nicht marktorientiertes Handeln, welches so auf der Nachfrageseite nicht sichtbar wird (Eberle et al. 2004, S. 8). Paech (2005, S. 331) nennt dies das „Prinzip der Entkomerzialisierung“. In dem Handlungsfeld (vgl. Kapitel 1.2c) Ernährung wäre dies beispielsweise Gemüseanbau im eigenen Garten oder eigene Nahrungszubereitung anstatt einer Dienstleistung im Restaurant. Im Feld Mobilität würde Fahrrad fahren oder Laufen anstatt der Autonutzung darunter fallen. Abbildung 5: Handlungsfeld nachhaltiger Konsum Quelle: Eberle et al. (2004, S. 8) Der angebotsseitige sowie strukturelle Handlungsbereich umfasst neben Unternehmen auch den Staat. Er schafft ein nachhaltiges Konsumangebot (Produkte, Dienstleistungen, Informationen, Marketing, etc.) und wird in Kapitel 3 mit der Betrachtung von kommunikativen Maßnahmen eingehende Beachtung finden. Der gesellschaftspolitische Handlungsbereich, in dem der Staat, Verbände und Interessensgruppen die Rahmenbedingungen für nachhaltigen Konsum leisten sollen (Eberle et al. 2004, S. 8), wird in dieser Arbeit nicht thematisiert.1 1 Zum Nachlesen: „EcoTopTen – Innovationen für einen nachhaltigen Konsum“ 15 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Güterarten Gemeinschaftsgüter sind freie Güter, die für jeden Nachfrager frei zugänglich sind. Diese sowie immaterielle Güter wie beispielsweise Dienstleistungen oder Rechte stehen in Konkurrenz mit den privaten, materiellen Gütern. Materielle Güter besitzen einen Grenznutzen, nach dem keine anhaltende Erhöhung des Glücks bei steigendem Besitz oder Erwerb materieller Güter erreicht wird. Daher kann bei zunehmendem materiellen Konsum und fehlendem immateriellen Genuss auf Dauer ein Sinken der Lebensqualität entstehen. Immaterielles ist dagegen gerade bei höherem Einkommensniveau essentiell. Aktive Selbstverwirklichung, Reichtum an menschlichen Beziehungen, Freihalten von inneren Zwängen und Genuss tragen zu einem glücklichen Leben bei (Scherhorn 2000, S. 286 ff.). b) Strategien zur Umsetzung nachhaltigen Konsums An strategischen Ansätzen, nachhaltigen Konsum umzusetzen, mangelt es nicht. Eine solche Strategie ist beispielsweise die Bilanzperspektive. Im Mittelpunkt steht die Betrachtung der Summe aller Maßnahmen um die Maßnahmen miteinander vergleichbar zu machen. „Die Bilanz muss stimmen, nicht das Verhalten im Einzelfall.“ (Bilharz 2009, S. 152–156). Bei der Kollektivgutperspektive ist das Ziel, nicht nur die eigenen Verhaltensweisen zu ändern, sondern auch aktiv das Handeln anderer zu beeinflussen, um zum Wohle aller dafür zu sorgen, die kollektive Nachhaltigkeitsbilanz zu verbessern (Bilharz 2009, S. 156). Informelle (Handlungsnormen) und formelle (Gesetze, Steuern, Verfügbarkeiten im Angebot) Strukturen stehen nachhaltigem Konsum oft im Wege. So stellt sich die Frage, welche Strukturen für nachhaltigen Konsum geändert werden müssen beziehungsweise welche Strukturen überhaupt geändert werden können (Bilharz 2009, S. 160–165). Zunächst steht eine Bedarfsreflexion an, der nachdem Informationen eingeholt wurden, eine Bedarfsentscheidung folgt. In der Kauf- und Konsumphase ist auf Mengenveränderungen und Strukturveränderungen zu achten. Was die Nachkaufphase angeht, so ist die Vermeidung von Abfällen, Recycling oder auch eine Rückführung auf Sekundarmärkte möglich. Mengenveränderungen beziehen sich in diesem Zusammenhang auf Konsumverzicht (vgl. Suffizienzprinzip). Strukturveränderungen beziehen sich auf die Substitution von nicht-nachhaltigen hin zu sozialund umweltverträglichen Alternativen (vgl. Konsistenzprinzip) (Neuner 2001, S. 170 ff.). Um notwendige Veränderungen in der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt zu 16 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung realisieren, führt Belz (2007, S. 33) weiterhin die Effizienz-Strategie an. Insofern ergeben sich drei Strategien, die sich mit einem Konsum im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung beschäftigen. (vgl. Abbildung 6) Abbildung 6: Strategien zur Förderung nachhaltiger Entwicklung Eigene Darstellung in Anlehnung an Bilharz (2009, S. 57) Effizienz Die Effizienz-Strategie steht für die Reduktion sowohl des Material- als auch des Energieeinsatzes pro Produktionseinheit bei gleichem Nutzen (Belz 2007, S. 33 f.). Die dadurch entstehende Erhöhung der Ressourcenproduktivität ermöglicht gemäß von Weizsäcker (1995) ein langfristiges Wirtschaftswachstum mit weniger Folgeproblemen. Da durch ein wachsendes Konsumniveau allerdings erreichte Effizienzgewinne wieder zunichte gemacht werden (Reisch 2004, S. 7), sind für ein gesundes Wirtschaftswachstum ein technischer Fortschritt bei der Produktherstellung und -nutzung die Voraussetzungen. Als Beispiele können Konzepte der Mehrfachnutzung (Car Sharing, Öffentliche Verkehrsmittel, etc.) und die Langlebigkeit von Produkten (Qualität statt Quantität) genannt werden. Konsistenz Bei der Konsistenz-Strategie stehen qualitative Aspekte des Umweltverbrauchs im Vordergrund. Durch Substitution der angewandten Stoffe kommt es zu einer Anpassung der von Menschenhand im Wirtschaftsprozess erzeugten Wertschöpfungsströme an die natürlichen Kreislaufprozesse (Grunwald 2006, S. 76 f.). Abfallstoffe können so den Ausgangspunkt für neue Produkte darstellen (Renner 2004, S. 217). 17 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Suffizienz Die Suffizienz verfolgt die zentrale Fragestellung, welche Mengen für ein erfülltes Leben ausreichend sind (Durning 1992, S. 19). Sie entspricht dem Prinzip der Genügsamkeit und der Selbstbegrenzung. Linz (2002, S. 54 f.) prägte in diesem Zusammenhang den Begriff. „Neue Wohlstandsmodelle hin zum postmateriellen Lebensstil“ . Man solle besser leben statt mehr zu haben. Diese Strategie gilt als der umstrittenste der drei Ansätze, da sie einen großen Spielraum für Interpretationen lässt. Die Veränderungen von Werten und Bedürfnissen können subjektiv interpretiert werden. Überdies impliziert sie Einschnitte, was sowohl bei Produzenten als auch bei Konsumenten Skepsis hervorruft (Belz 2007, S. 34 ff.). Grunwald (2006, S. 71 f.) bewertet alle drei Strategien kritisch, da sie nur mit Einsatz von Technik lösbar und lediglich auf ökologische Aspekte fokussiert seien. Auf Probleme wie Arbeitslosigkeit, Armut, Bildungsdefizite, mangende Chancengleichheit und andere seien sie dagegen nicht übertragbar (ebd., S. 78). Darüber hinaus stehen die drei Strategien nicht selten im Widerspruch zu dem ökonomischen Kernziel der Volkswirtschaft – nach Gewinnmaximierung strebenden Produzenten und nach Nutzenmaximierung strebende Konsumenten. Die Gründe der Notwendigkeit von wirtschaftlichem Wachstum sind eine Vielzahl von Argumenten unterschiedlicher Gattung. Sie soll Steigerung von Wohlstand und Lebensstandard, Ausbau sozialer Sicherungssysteme oder Finanzierung von Umweltschutzmaßnahmen dienen und gilt als Lösung vieler gesellschaftlicher Probleme (vgl. Mankiw 2004, S. 580 ff.). In der Folge werden die Konsummuster (Kauf, Nutzung und Entsorgung) in den verschiedenen Handlungsfeldern zur Anwendung gebracht. c) Handlungsfelder nachhaltigen Konsums Unter einem Bedürfnisfeld, ferner auch Handlungsfeld oder Handlungsbereich genannt, verstehen Reisch und Kreeb (2007, S. 465) „ein System von Handlungen und den damit verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen, bzw. Güterversorgungssystemen, welche auf der Befriedigung von Grundbedürfnissen abzielt.“ Über die Kategorisierung der einzelnen Handlungsfelder herrscht zwischen den Autoren aufgrund verschwimmender Grenzen oft Uneinigkeit. Nach Betrachtung der verschiedenen Klassifizierungen lassen sich jedoch sechs schematisch unterscheiden: Ernäh- 18 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung rung und Wasser, Bauen und Wohnen, Energie, Mobilität und Reisen, Lifestyle sowie Geld und Investment. Als prioritär gelten in Deutschland die Bereiche Bauen und Wohnen, Mobilität und Ernährung, da die elf Maßnahmen, die den größten Einfluss auf die Nachhaltigkeitsbilanz von Verbrauchern haben, in diesen drei Handlungsbereichen liegen (Bilharz 2009, S. 181). Aufgrund der geringen Relevanz des Handlungsbereichs Bauen und Wohnen für die Zielgruppe der späteren empirischen Studie (vgl. Kapitel 4), steht die Betrachtung der beiden übrigen Handlungsfelder Ernährung und Mobilität und Reisen im Fokus. Beim Kauf können die Verbraucher zwischen verschiedenen Alternativen wählen, die unter unterschiedlichen sozialen und ökologischen Bedingungen produziert, transportiert und gehandelt wurden. Sie nehmen so mit ihrem Kaufverhalten einerseits Einfluss auf globale Ressourcenströme und bestimmen andererseits ihr eigenes Nutzungs- und Entsorgungsverhalten (Hansen und Schrader 2001, S. 27 f.). Handlungsfeld Ernährung und Wasser Mit 16 Prozent der Ausgaben des Konsumenten liegt die Ernährung auf Platz zwei im deutschen Konsumranking (Hansen und Schrader 2001, S. 30 ff.). Ernährung ist ein zentrales Grundbedürfnis des Menschen und ist unter anderem für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden entscheidend. Gerade die Ernährung macht die Abhängigkeit zwischen Mensch und Umwelt offensichtlich. Darüber hinaus ist sie ein grundlegender Teil unserer jeweiligen Kultur und ein wichtiger Bestandteil sozialen Beisammenseins. Die Globalisierung hat die Ernährungsgewohnheiten weltweit verändert. Zwar sind die Preise im Durchschnitt, vor allem für Fleisch, gefallen, doch dies nicht selten auf Kosten von Qualität (Grunwald 2006, S. 89 f.). Für das Erreichen einer gesundheitsbewussten und gleichzeitig nachhaltigen Ernährung der breiten Bevölkerung sind jedoch angemessene Preise entscheidend (Coenen 2003, S. 185). Biologische Landwirtschaft Die Folgewirkungen der global vorherrschenden landwirtschaftlichen Produktionsweisen von Nahrungsmitteln sind der zentrale Faktor des Handlungsbereichs Ernährung. Auch weil die globale Landwirtschaft der weltweit größte Flächennutzer und Wasserverbraucher ist (Hansen und Schrader 2001, S. 30 ff.). Der hohe Fleischkonsum und 19 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung die dafür erforderliche Massentierhaltung stellen eine erhebliche Ursache für vielfältigste Umweltprobleme dar. Exemplarisch können hohe Methan-Emissionen und Rückstände von Pflanzenschutzmitteln im Grundwasser genannt werden (Grunwald 2006, S. 93 f.). Ein weiteres wesentliches Merkmal von fehlender Nachhaltigkeit ist das Artensterben, wobei insbesondere die Überfischung der Meere genannt werden soll (Hansen und Schrader 2001, S. 30 ff.). Ein Viertel der Fischarten sind bereits verloren (Schlumberger 2006, S. 117 ff.)2. Abbildung 7: Die gängigsten Lables für die ökologische Landwirtschaft Quelle: VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. Ein möglicher Lösungsansatz stellt die biologische Landwirtschaft dar. In dieser ist das Denken in Kreisläufen das oberste Prinzip. Ackerbau sorgt für Futter, die Tiere stellen natürlichen Dünger für die Pflanzen her und es kann weitgehend auf chemischsynthetische Düngemittel verzichtet werden. Für die Tiere gehören Auslauf, artgerechte Haltung und Futter, natürliches Licht, ein Mix aus Ruhe und Bewegung sowie frischer Luft zur biologischen Landwirtschaft. Dieses konträre Konzept der Kreislaufwirtschaft steigert jedoch nicht nur die Umweltverträglichkeit (Rösch et al. 2002, S. 210 ff.). Bio-Milchprodukte beispielsweise sind auch gesünder als ihre konventionellen Konkurrenten. Das beweisen zahlreiche Studien (vgl. Lietsch 2011, S. 35). Vertrauenswürdige Labels stellen in diesem Zusammenhang Naturland, Bioland, Deme- ter, Gäa, ANOG, Neuland das EU-Ökolable und die Handelsmarken dar3 (ebd. S. 26 f.). Auch auswärts essen ist in der heutigen Zeit biologisch möglich. Zahlreiche BioRestaurants bieten sogar Take-away-Services an (ebd., S. 8 f.). Studien haben erwiesen, dass es Haushalten mit einer hohen Orientierung an Bio-Lebensmitteln gelingen kann, unter anderem durch eine andere Produktwahl (weniger Fleisch, Süßigkeiten, u.v.m.), kumuliert im Schnitt keine höheren Ausgaben für Lebensmittel zu haben als 2 Mehr zum Thema nachhaltiger Fisch-Konsum und die Industrie dahinter im Buch "Nachhaltiger Konsum und Verbraucherpolitik im 21. Jahrhundert" von Frank-Martin Belz 3 Unter www.label-online.de finden sich Erklärungen zu allen Labels 20 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung ein Haushalt, der einen konventionellen Lebensmittel-Warenkorb bevorzugt. Bei einem Einkauf von 50 Prozent Lebensmitteln aus biologischer Erzeugung kann laut Bilharz (2009, S. 181ff.) bereits von einer biologischen Ernährung gesprochen werden. Weiterhin wird empfohlen, seinen Fleischkonsum auf zwei Mal pro Woche zu reduzieren, dafür jedoch qualitativ hochwertiges Fleisch zu genießen (Schlumberger 2006, S. 117 ff.). Bei dem Verzehr von Fisch kann vor allem auf bestimmte Labels geachtet werden. Das Siegel vom Marine Stewardship Council (MSC) sorgt für nachhaltige Fangmethoden mit möglichst wenig Beifang und achtet vor allem auf die Erholung der Bestände. Bei Zuchtfisch kann, bezüglich nachhaltiger Aspekte beim Kauf, erneut auf die Labels von Naturland oder Bioland geachtet werden. Mithilfe von followfish der Firma fish & more kann mittels eines Online-Tracking-Systems sogar genau nachvollziehen, wo der Fisch, der auf dem Teller liegt, gefangen wurde. Der Verbraucher kann sich nach Firmenangaben selbst versichern, dass er eine nachhaltige Kaufentscheidung getroffen hat (WWF Deutschland 2012). Fairer Handel Gerade in Entwicklungsländern sorgen menschenunwürdige, teilweise kriminelle Arbeitsbedingungen, für katastrophale soziale Probleme wie schwere Krankheiten durch Gifte4, extreme Ausnutzung, fehlende Hygiene und viele andere erschreckende Zustände. Obwohl gerade diese Bevölkerungen oft an Hunger leiden, produzieren sie unter diesen Bedingungen meist für den westlichen Markt. Dabei ist die langfristige Gewährleistung von Ernährungssicherheit eine der zentralen Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung. Betrachtet man die sukzessiv steigende Weltbevölkerung, stellt sich vorrangig die Frage der korrekten Verteilung (vgl. Food and Agriculture Organization of the United Nations 1996). Die Zahlen der Opfer von Unterernährung sind noch immer groß. Zirka 24.000 Menschen sterben täglich daran, dass sie nicht genügend essen können, um zu überleben. Zu wenig Nahrung wirkt sich zudem erheblich auf das Leben der Menschen aus. Behinderungen, Leistungseinschränkungen und Krankheiten sind die Folgen. Dies führt häufig zu sozialer wie politscher Instabilität wie 4 Auf die Arbeiter von herkömmlichen Bananen-Plantagen gehen pro Saison 45 Kg Pestizide nieder (Schlumberger 2006, S. 132). 21 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung kriegerische Auseinandersetzungen sowie wirtschaftlichen Folgen (vgl. Paarlberg 2002). Andrerseits herrscht in den Industrieländern ein Überschuss an Nahrungsmitteln, woraus sich ebenfalls Krankheiten ergeben, bedingt durch falsche Ernährung und Übergewicht sowie erheblicher Umweltschäden (Bundesregierung 2005, S. 63 ff.). Eine Möglichkeit der Lösungsansätze für Produkte, die nicht in heimischen Gefilden hergestellt werden können, wie Tee, Kaffee oder exotische Früchte, stellt der faire Handel dar. Von „Trans Fair – Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der ‚Dritten Welt‘ e.V.“ zertifizierte Produkte tragen das FAIRTRADE Gütezeichen. Die Organisation sorgt für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, faire Bezahlung und garantiert eine gerechte Verteilung der Erlöse zu Gunsten der Produzenten zu garantieren. Dies führt schließlich zu einem stabilen wirtschaftlichen und sozialen Netz in den Produktionsländern. Darüber hinaus werden bei fairem Handel langfristige Lieferbeziehungen gepflegt, der Pestizideinsatz reduziert und vieles mehr (Lietsch 2011, S. 24 f.). Für kleine Unternehmer in Entwicklungsländern bedeutet es, Entwicklungschancen wahrnehmen zu können, was für diese Länder im Endeffekt die Kaufkraft erhöht und Wirtschaftswachstum bedeutet (Wenzel et al. 2008, S. 60 ff.). TRANSFAIR ist außerdem zunehmend dafür zuständig, dass der ökologische Landbau vermehrt Einzug in Entwicklungsländern hält (Hansen und Schrader 2001, S. 30 ff.). Regionale, saisonale Produkte Nicht nur der reine Produktkern kann nachhaltig sein. So führt der Anspruch, alles zu jeder Jahreszeit verfügbar zu haben, zusätzlich zu einem immensen Transportaufwand. Daraus entstehen Schäden für Umwelt und Klima. Außerdem sorgt der Transport dafür, dass Niedriglohn-Sektoren ins Ausland verlagert werden und bedroht so Arbeitsplätze (Schlumberger 2006, S. 117 ff.). Zudem besteht der globale Handel zu 50 Prozent aus Import und Export gleichartiger Güter. So stehen regionale sowie saisonale Produkte wie kaum ein anderes Kriterium für nachhaltigen Konsum. Zum einen stärkt es die regionale Wirtschaft, andererseits lassen sich zum Teil unnötige Transporte von Waren vermeiden, die auch regional hergestellt werden.5 Durch den Kontakt mit den Erzeugern bekommt der Konsument eine intensive Beziehung zu dem, was er isst und der 5 Ein Erdbeerjogurt legt beispielsweise zum Teil über 8.000 Kilomater zurück (Schlumberger 2006, S. 117 ff.). 22 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Kauf unterstützt die regionale Natur und Landwirtschaft. Durch einen überlegten Einkauf kann der Verbraucher beispielsweise den landwirtschaftlichen Pestizid-Einsatz eingrenzen oder artgerechte Tierhaltung fördern. Gerade lokale Einkaufsgewohnheiten stärken die hiesige Wirtschaft, erhalten traditionelle Produkte und sparen CO2Kilometer (Hansen und Schrader 2001, S. 30 ff.). Wasser Wasser gilt im Volksmund gemeinhin als Lebenselixier (vgl. Zehnder 2002). Von der Verfügbarkeit und Qualität des Wassers, hängt nicht nur die Gesundheit des Menschen sondern auch die Existenz der gesamten Biosphäre ab. Nicht zu vergessen, dass auch die Produktion von vielen Stoffen ohne Wasser unmöglich wäre (Klaphake 2003, S. 151). Neben dem Wachstum von Pflanzen und Bäumen spielt Wasser für uns Menschen nicht nur als Getränk, sondern auch zur Befriedigung unserer Grundbedürfnisse wie Waschen und Herstellen von Lebensmitteln eine zentrale Rolle (Lehn et al. 1996, S. 9). Der Wasserverbrauch ist gerade in Deutschland mit zwölf Litern pro Person enorm hoch. Doch nur zwei Prozent davon werden auch tatsächlich in Trinkwasserqualität benötigt (Lietsch 2011, S. 226). Verschmutztes und erwärmtes Abwasser sorgt für erheblichen Aufwand zur Reinigung und/oder für enorme Schäden (Grunwald 2006, S. 87). Bereits kleine Dosen von Schadstoffen können große Teile Grundwasser verschmutzen. So ist die Erhaltung der globalen Wasserqualität ein grundlegendes Ziel der Nachhaltigkeit (Lehn et al. 1996, S. 10). Sauberes Trinkwasser ist als Ressource weltweit sehr ungleich verteilt (Steiner und Lehn 1999, S. 278). Etwa 1,2 Milliarden Menschen auf der Welt haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,4 Milliarden leben ohne den für uns Industriestaaten als selbstverständlich erachteten hauseigenen Anschluss. Schmutziges Wasser ist der Auslöser für viele Krankheiten und kann zu Seuchen führen (Hiessl 2005, S. 141). Bruno Riesen, Leiter Campaigning Amnesty International (Schweizer Sektion) ist sich sicher, vieles deute darauf hin, dass die meisten Konflikte und Kriege dieses Jahrhunderts um die schwindenden Rohstoffvorräte und damit letztlich auch um die schwindenden Wasservorräte geführt würden (Riesen 2009, S. 3). In den Bereichen Wassernutzung sowie Behandlung von Abwasser bilden hinreichende Technologien die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung in der Wasserwirtschaft. Private Haushalte und Industrie müssen mit Wasser sparendem Verhalten zu einem 23 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung geringeren Verbrauch beitragen. Zusätzlich ist jedoch die Schadstoffzufuhr in Wasserkreisläufe (im privaten Bereich vor allem durch unnötige chemische Reinigungsmittel) vorsorglich zu verringern oder sogar zu vermeiden (Hiessl 2005, S. 145). Gerade in Deutschland ist Leitungswasser ein Qualitätsprodukt. Das beweist aktuell wieder eine Studie vom Forum Trinkwasser e.V. über Trinkwasser-Qualitäten. Nicht nur, dass das Wasser aus der Leitung qualitativ oft besser abgeschnitten hat als manch abgefülltes Produkt, es ist sogar um einiges günstiger. Überdies kommt es aus der Region, benötigt weder Verpackung, noch Transport und ist so aus vielfältigster Sicht empfehlenswert (Wierick und Zimmermann 2011, S. 1 f.). Der Kauf von Getränken geschieht in Deutschland zum Großteil durch Einweg-Kunststoff-Flaschen (46,3%). Mehrweg-Glasflaschen dagegen kommen nunmehr lediglich auf einen Marktanteil von 34,2 Prozent, schlagen jedoch noch immer Mehrweg-Kunststoff-Flaschen mit 15 Prozent (Umweltbundesamt 2011). Müll und Abfall Kunststoff, der lediglich hergestellt wird, um wieder verbrannt zu werden, ist Teil eines übergreifenden, jedoch speziell für den Handlungsbereich Ernährung gewichtigen Problems. Kunststoffmüll macht etwa 70 Prozent des Abfalls aus und ist so besonders bedeutend, denn die Abbauzeit beträgt bis zu 450 Jahre (Umweltbundesamt 2010, S. 2). Aufgrund steigender Konsumzahlen von Convenience-Produkten und Fast-Food kommt es zu kaum bewältigenden Massen an anorganischem Müll, der oft auf Deponien gelagert oder verbrannt wird. Ziel von einem nachhaltigen Konsum, gerade im Handlungsfeld Ernährung, kann es sein, Müll weitestgehend zu vermeiden. Als Beispiele können der Verzicht einer Plastiktüte beim Einkauf oder das bereits angesprochene Leitungswasser genannt werden. Handlungsfeld Mobilität und Reisen Mobilität ist ein gesellschaftliches Bedürfnis, welches durch motorisierte und unmotorisierte Fortbewegungsmittel befriedigt werden kann. Die Gründe für den Drang zur Mobilität sind vielfältig. Diese können existenzieller Art sein, wie das Erreichen des Arbeitsplatzes. Aber auch zum Einkaufen, in Freizeit und für den Urlaub, zur Wahrnehmung sozialer Kontakte bis hin zu vielen anderen Gründen ist eine gewisse Mobilität oft 24 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung unausweichlich. Sie ist zwar sowohl eine Folge, jedoch ebenfalls eine zentrale Voraussetzung für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung (Grunwald 2006, S. 99). Doch nicht nur die Vorteile der Mobilität sind vielfältig. Auch die Probleme, die sich vor allem mit dem globalisierten Personen- und Güterverkehr ergeben, sind facettenreich. Flugzeuge, Bus, Bahn und Pkw verursachen erhebliche Treibhausgase, umwelt- und gesundheitsschädigende Emissionen, Lärmbelastungen, hohen Ressourcenverbrauch, Flächenversiegelung und nicht zuletzt Unfälle, bei denen Mensch und Natur Schaden nehmen. Insbesondere in ländlichen Gegenden ist eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben jedoch ohne einen Pkw entsprechend eingeschränkt. Das Ausmaß der Probleme hängt jedoch weitgehend vom Umfang des Verkehrs und des Verkehrsmittels selber ab. Betrachtet man die globalen Entwicklungen der Bevölkerung, der Wirtschaft und der Lebensstile, ist zukünftig eine weitere Zunahme der Mobilitätsbedürfnisse und dementsprechend auch eine Zuspitzung der Problemlage zu erwarten (Grunwald 2006, S. 99 f.). Nachhaltige Mobilität wird schließlich als flexible Fortbewegung für möglichst alle Menschen und die damit zusammenhängende Befriedigung der Bedürfnisse mit möglichst geringen Nebenwirkungen für Mensch und Natur definiert. Diese kennzeichnen sich durch Ressourcen- und Umweltschonung, Lärmminderung, Sicherheit und soziale Gerechtigkeit. Ziel ist es, „Mobilität für alle [zu] sichern, aber mit möglichst wenig Umweltbelastungen.“ (BMU 2003, S. 4; Keimel und Ortmann 2003, S. 108 ff.) Um dies umzusetzen, veröffentlichte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Jahre 2003 bestimmte Leitlinien für nachhaltige Mobilität, die vor allem in vier grundlegenden Ansätzen zu charakterisieren sind. Zunächst soll eine Vermeidung von Verkehr, ergo eine absolute Reduzierung des Verkehrs, das generelle Aufkommen mindern. Dieses Aufkommen soll sich zunehmend auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagern. Technische Optimierungen und Weiterentwicklungen von Fahrzeugen und Verkehrsabläufen sowie eine angemessene Strukturen der Infrastrukturen sollen die Basis zum Wandel legen (BMU 2003, S. 4 ff.). Alternativen zum Pkw: Fahrrad, ÖPNV und Car-Sharing Der Bestand an Pkw erhöht sich in Deutschland jedes Jahr um drei bis vier Prozent (Neuner 2001, S. 75 ff.). Im Autofahrerland Deutschland werden rund vier Fünftel der Wege mit dem privaten Pkw zurückgelegt. Selbst wenn alternative Antriebe für das 25 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung private Automobil durchgesetzt würden, beständen in diesem Zusammenhang immer noch einige andere Problembereiche. In Deutschland sind beispielsweise allein fünf Prozent der Landfläche für Parkplätze versiegelt. In den Städten belegen – hauptsächlich stehende – Autos 60 Prozent der Fläche (Schlumberger 2006, S. 93 ff.). Zudem benutzt der durchschnittliche Autofahrer sein Auto nur für einen Bruchteil des Besitzzeitraumes (Hansen und Schrader 2001, S. 33 ff.). So fallen Kosten an, wenn das Fahrzeug gar nicht bewegt wird. Das deutsche Umweltbundesamt hat errechnet, dass ein durchschnittlicher Pkw zwischen 306 und 459 Euro monatlich kostet – pro Kilometer wären das 26-46 Cent. Die Bahn dagegen kostet pro Kilometer im Fernverkehr rund 14 Cent. Dies bestätigte selbst der ADAC. Die Bahn würde sogar gemeinsam mit dem Taxi als Zubringer besser abschneiden als der private Pkw, wenn die Faktoren Kosten, Zeit und Umweltbelastungen gemeinsam untersucht würden. Ein Viertel der Wege mit dem Auto sind zudem kürzer als fünf Kilometer (Schlumberger 2006, S. 96 f.). Kurzstrecken könnten bequem und häufig auch schneller mit dem Fahrrad zurückgelegt werden (Lietsch 2011, S. 262). Da lediglich 28 Prozent der laufenden Pkw-Kosten auf Treibstoff (Benzin oder Diesel) zurückzuführen sind, ist CarSharing eine echte Alternative. Der Nutzer zahlt lediglich, wenn er auch fährt, einen Zeit- und einen Kilometertarif (Schlumberger 2006, S. 105 ff.). Mittlerweile gibt es 110 Car Sharing-Organisationen in über 285 Städten und Gemeinden in Deutschland. Nutzer des Systems konnten 2009 auf über 4.600 Fahrzeuge an 2.200 Car SharingStationen zurückgreifen (Bundesverband CarSharing 2009). Die durchschnittliche Auslastung eines Autos beträgt fünf Prozent seiner Lebenszeit und die Zahl der Insassen beträgt durchschnittlich nur 1,39 Personen. Ein Car-Sharing-Mobil ersetzt sechs bis zehn private Pkw. Benötigt man ein Auto nicht täglich, lohnt sich erst ab einer Strecke von 10.000 Kilometern die Anschaffung eines eigenen Pkw´s (Schlumberger 2006, S. 106). Mittlerweile ist das Konzept zudem sehr flexibel geworden. In den meisten Städten arbeiten Car-Sharing- mit den ÖPNV-Firmen zusammen (ebd., S. 105 ff.). Pkw stehen an vielen Knotenpunkten des ÖPNV und sorgen so für eine nahtlose Verbindung. Die Fahrzeuge lassen sich per App auf dem Handy ausfindig machen und buchen. 26 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung „Fahrgemeinschaften 2.0“ Fahrgemeinschaften sind nichts Neues. Besonders Berufspendler greifen bereits seit Anbeginn des Automobils auf diese gemeinschaftliche Nutzung ihrer Fahrzeuge zurück. Doch seit im Internet über Portale à la Mitfahrgelegenheit.de die Interaktion und das Angebot sowie die Nachfrage für alle einsichtig ist, können problemlos, sogar spontan, Fernstrecken gemeinsam günstig und umweltfreundlich zurückgelegt werden (ebd., S. 106). Neben der Bahn, die deutlich sparsamer mit Fläche, Ressourcen und Belastungen umgeht (ebd., S. 95) sind Fahrgemeinschaften, ob als Pendler oder im Fernverkehr, eine sinnvolle Alternative. Verringerung des Treibstoff-Verbrauchs Wer um den privaten Pkw nicht herum kommt, kann den Benzinverbrauch reduzieren. Das Abstellen des Motors an Ampeln oder das Auskuppeln am Berg hilft bereits weniger Treibstoff zu verbrauchen. Niedertouriges Fahren, frühes Schalten, vorausschauendes Fahren, weniges Bremsen und die Vermeidung von Kurzstrecken6 tragen ebenso zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs bei wie gute Leichtlauföle, Flüsterreifen geprüft vom Blauen Engel oder der Verzicht auf eine Klimaanlage, die bis zu 20 Prozent des Verbrauchs ausmachen kann (Schlumberger 2006, S. 99). Spezielle technische Innovationen können sich nach Aussage von Lietsch ebenfalls positiv auf Tank, Brieftasche und Umwelt auswirken (Lietsch 2011, S. 250). Flugverkehr Als weitere große Variable in der Schädigung der Umwelt zählt neben dem Pkw der zunehmende Flugverkehr. Eine einzige Flugreise in die Karibik ist genauso klimaschädlich wie eine Autonutzung von zehn Jahren. Das Problem liegt insbesondere in der hohen Wachstumsrate des Sektors (Hansen und Schrader 2001, S. 33 ff.). Mit jährlich fünf Prozent wächst der Flugverkehr stärker als jeder andere Verkehrsbereich und ist für zehn Prozent des Treibhauseffektes zuständig. Hinzu kommt, dass der Bereich, in dem Flugzeuge sich bewegen, für Abgase dieser Art besonders empfindlich ist. Ein Problem ist die starke Subventionierung des Flugzeugbenzins, was das Fliegen für jeden erschwinglich, oft sogar günstiger als andere Transportmittel macht. Die Hälfte 6 Nach dem Start verbraucht der Motor manchmal 30-40 l/100 km, erst nach vier Kilometern der Durchschnittsverbrauch 27 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung der Flüge dient dem Tourismus und vor allem Kurzurlaube sind problematisch. Lediglich 6,5 Prozent der Weltbevölkerung nimmt an diesem fliegenden Verkehr teil. Vergleicht man den Stickstoffausstoß auf 1.000 Kilometer, schneidet die Bahn als Fernverkehrsmittel mit 62 Gramm am besten und das Flugzeug mit 820 Gramm am schlechtesten ab (Schlumberger 2006, S. 111 f.). Pro Zeiteinheit stößt der Flieger sechs Mal so viel Stickstoff aus wie ein mit drei Personen besetzter Pkw und über zehn Mal so viel wie bei einer Bahnreise7 (ebd., S. 97). Erst ab 700 Kilometern sollte demnach ein Flugzeug benutzt werden. Das günstigste Verhältnis zwischen Flugleistung und Umweltbelastung liegt demnach bei 5.000-10.000 Kilometern (ebd. 2006, S. 111 f.).8 Reisen Was das Reisen angeht, können auch Freizeit und Tourismus im In- oder Umland eine Alternative darstellen (BMU 2003, S. 6). Regionale Urlaube verkleinern den ökologischen Fußabdruck. Mit der Bahn zu fahren ist günstiger und umweltschonender. Touristenhochburgen sollten gemieden werden, da ein gewisser Neokolonialismus entstehen kann. Besonders in ärmeren Ländern arbeiten Einheimische in diesen großen Komplexen für einen Hungerlohn und die großen Gewinne sind meist ausländischen Investoren vorbehalten. Durch die Wahl eines Hotels oder einer Pension von Einheimischen kann der Tourist die hiesige Wirtschaft vor Ort stärken. Angekommen im Traumurlaub kann auf einen Mietwagen verzichtet werden und die Gegend zu Fuß oder per Rad erkundet werden. Dies hat den Vorteil, dass man mehr zu sehen bekommt und der Eindruck der Gegend geschärft wird (Lietsch 2011, S. 267). Umwelt- und sozialfreundliche Tourismusangebote sind unter anderem durch die Labels CSR-TOURISM-certified und The Green Key zertifiziert. Auch um nachhaltige Mobilität durchzusetzen, besteht die Notwendigkeit, dass die entsprechenden Alternativen für den Konsumenten zugänglich sind (Hansen und Schrader 2001, S. 33 ff.). Die Politik muss gerade in diesem Bereich entsprechende 7 Die Bahn bietet auf ihrer Homepage einen Mobilitätsvergleich an. Hier können für die individuelle Fernverkehrsstrecke ein Vergleich zwischen Bahn, Pkw und Flugzeug in Bezug auf verschiedene Punkte angestellt werden. 8 Unter atmosfair.com kann man seine geflogenen Kilometer durch Zahlungen an eine Umweltschutz-Gesellschaft oder durch Taten ausgleichen. 28 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Konzepte und Rahmenbedingungen schaffen, um den Konsumenten die Wahl eines umweltverträglichen Verkehrsmittels zu erleichtern, wie zum Beispiel durch einen Ausbau der Radwege (BMU 2003, S. 6). d) Strukturelle Hürden für nachhaltigen Konsum Der Verbraucher als Mitspieler in der Marktwirtschaft Konsumalltag in Deutschland bedeutet Wohlstand und Konsum für breite Bevölkerungsgruppen in standardisierter Form, zu erschwinglichen Preisen. Dabei wird der Entscheidungshorizont des Einzelnen nicht selten auf Kosten von Umwelt und anderen Parametern eingeengt. Dies führt dazu, dass die infrastrukturellen Gegebenheiten oft nicht durch individuelle, moralische oder gesinnungstechnisch rigorose Konsumweise entkräftet werden können. Die voranschreitende Arbeitsteilung und die darauf folgende Marktabhängigkeit der Verbraucher tut ihr Übriges dazu. Doch diese Abhängigkeit der Privathaushalte wird gleichermaßen auch als Freizeits- und Optionsgewinn wahrgenommen (Kramer 2002, S. 57 f.). Interdependenzen und Wiedersprüche Mangelnde Nachhaltigkeit in den Konsumentscheidungen ist jedoch auch häufig auf die Konkurrenz zwischen den „Anbietern mit gleichen Leistungsbündeln“ zurückzuführen. Durch das Unterlassen der Einbeziehung öko-sozialer Verbesserungen auch im Produktionsprozess entstehen aus dieser Konkurrenz niedrige Preise. Es entsteht ein Paradoxon, da die Politik einerseits nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen fordert, jedoch durch die Gestaltung der Marktbedingungen wie beispielsweise Subventionen und anderen Einwirkungen das Gegenteil fördert (Reisch 2004, S. 8). Einerseits wird aus sozialer und ökonomischer Sicht oft zur Ankurbelung der Wirtschaft eine Steigerung des Konsums und der Produktion gefordert, andererseits soll aber aus ökologischer Sicht mithilfe eines geringeren Konsums die Umwelt geschont werden. Doch nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der drei Dimensionen finden sich Widersprüche. Im Sozialen etwa stehen sich Individualität und Kollektivität gegenüber (Belz und Bilharz 2005a, S. 28 f.). Ein großes Problem besteht darin, dass der Verbraucher die Relevanz aus verschiedenen Handlungsoptionen miteinander vergleichen muss. Ungeeignet sind jedoch Vergleiche wie Wasser- im Vergleich zu Energieverbrauch, 29 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Umweltverbrauch im Vergleich mit sozialer Gerechtigkeit, Emissionen gegen Flächenverbrauch und so weiter (Bilharz 2009, S. 136). Zwangsoptimisten vs. übertriebener Pessimismus Darüber hinaus herrschen in der Diskussion zwei extreme Positionen. Die einen sind übertriebene Pessimisten, „die den Weltuntergang aufgrund unseres Lebensstils prophezeien“, die anderen sind diejenigen, die die Debatte um nachhaltigen Konsum lediglich als eine Modeerscheinung und Problemlösungen als Aufgabe der zukünftigen Generationen ansehen. Beide Extrempositionen fußen nicht auf der Realität. Zum einen lähmt es den Verbraucher, wenn ihm Weltuntergangsszenarien vorgehalten werden, die eintreten, wenn er sich nicht sofort einem nachhaltigen Lebensstil widmet. Zum anderen verharmlosen Zwangsoptimisten bedrohliche Lagen, in der sich der Großteil der Menschen der Welt befindet sowie die zusehends bedrohlicher werdende Naturausnutzung und -verschmutzung, für die schlicht und ergreifend Lösungen gefunden werden müssen. Es ist die richtige Mischung aus Optimismus (Hoffnung) auf der einen und Pessimismus (Dringlichkeit) auf der anderen Seite zu finden (Renn 2002, S. 33 ff.). Makrotrends Gesellschaftliche Makrotrends wie die Globalisierung, Informationsgesellschaft oder Individualisierung schaffen höhere Komplexität für Konsumenten (Grunwald 2002, S. 441). Die ungenaue Übersetzung der Begriffe nachhaltig und Nachhaltigkeit ist ebenso anzuprangern wie der inflationäre und undifferenzierte Gebrauch der Begriffe, die mittlerweile von jedem Unternehmen als Synonym für „gut“ benutzt werden ohne auch nur an das Leitbild zu denken (Glathe 2010, S. 25 f.). Vorteile konventioneller Produkte Als erwähnenswerte Hürde zur Umsetzung wird von Konsumentenseite der Preis empfunden, da beispielsweise biologische und fair gehandelte Lebensmittel im Durchschnitt teurer sind (Hansen und Schrader 2001, S. 30 ff.). Doch auch ein auf eigene Vorteile bedachtes Verhalten der Anbieter behindert die angestrebten Verhaltensweisen immens (Reisch und Kreeb 2007, S. 467 f.). So dürfen nachhaltige Produkte nicht schlechter abschneiden als konventionelle. Der kollektive Nutzen muss in einen individuellen überführt werden (Bilharz 2009, S. 122). Als weiteres besonderes Hemmnis wird von Verbrauchern die räumliche Verfügbarkeit angegeben. So kann räumliche 30 Kapitel 1 – Nachhaltige Konsummuster als Ausprägung nachhaltiger Entwicklung Nähe zwischen Angeboten und den Verbrauchern diese Hemmnisse verringern und somit nachhaltige Konsummuster steigern (Buchholz et al. 2002, S. 231). Schädigung der Glaubwürdigkeit Wo neue Märkte entstehen oder sich massiv vergrößern, versuchen auch Unternehmen mit weniger Aufwand ein wenig von diesem Hype zu profitieren. Diese als Greenwasher bekannten Unternehmen sorgen vermehrt für Glaubwürdigkeitsprobleme (Wenzel et al. 2008, S. 33). Ein nachhaltiger Konsum aus Verbrauchersicht kann erst greifen, wenn andere Akteure wie der Staat oder Unternehmen ihn bereits vorgelebt haben (Reisch und Kreeb 2007, S. 466). Hinsichtlich Problemen der Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung als auch zum Schutz des Weltklimas müssen bald anwendbare Antworten gefunden werden. Die Umsetzung von nachhaltigen Konsummodellen, sogar auf globaler Ebene, ist keine Utopie. Es mangelt nicht an Vorschlägen, Konzepten, Ideen oder der grundsätzlichen Bereitschaft, die Welt nicht kaputt zu machen oder unsozial zu sein. Trotzdem geht in den Industrieländern nachhaltiger Konsum oft nicht über einen gewissen Hobby-Charakter der oberen Mittelklasse hinaus. Es muss jedoch vielmehr das Ziel der Mehrheit werden, den Grundkonsum auf eine nachhaltige Weise zu erledigen. Leider scheitert die Bereitschaft oft an gewissen Hindernissen wie unklarem ordnungsrechtlichem Rahmen, einem globalen Umwelt- und Sozialstandard, die längst nicht alle Hersteller einhalten. Letztlich wird eine öko-soziale Leitkultur benötigt, die dem Menschen Fragen der Ethik stellt (Billen 2001, S. 433 ff.). Schrader und Hansen (2001, S. 20 f.) vertreten die Ansicht, dass die Umsetzung nachhaltiger Konsummuster einerseits von den Lebensgewohnheiten und Einstellungen (vgl. Kapitel 2) und andererseits vom Waren- und Informationsangebot abhängt (vgl. Kapitel 3). 31 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze 1. Grundlagen der sozialpsychologischen Konsumentenkenntnis a) Zentrale Begriffe des Konsumentenverhaltens Der Begriff Konsumentenkenntnis besteht aus beobachtbarem Verhalten und psychischen, verhaltensaktivierenden Vorgängen wie Emotionen, Motiven, Werten und Einstellungen sowie überindividuellen Faktoren wie der Kultur (Föll 2007, S. 85 f.). Da aktivierende Prozesse menschliches Verhalten antreiben (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 49 ff.), werden sie im Folgenden kurz portraitiert. Emotionen Emotionen sind innere Erregungen, die als angenehm oder unangenehm empfunden und mehr oder weniger bewusst erlebt werden. Sie entstehen im Zusammenhang mit einem bestimmten Ereignis oder Objekt und sind somit objektbezogene, kurzweilige und intensive Veränderungen im Gemütszustand. Dies grenzt sie ab von Gefühlen, dem subjektiven Erfahren einer Emotion und Stimmung, einem langanhaltenden Zustand 32 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze ohne definierten Ursprung (Janssen et al. 2011). Die jeweilige Kultur des Menschen ist der wichtigste Faktor für das Wahrnehmen und Äußern von Emotionen. Der Mensch sucht, insbesondere in der heutigen, erlebnisorientierten Gesellschaft, fortwährend nach stimulierenden neuen Reizen. Emotionen befriedigen dieses Bedürfnis mithin am besten. Der Mensch möchte sich emotional verwirklichen und das möglichst individuell in allen Lebensphasen. Unternehmen nutzen die Macht der Emotionen seit langem. Wer Marlboro raucht, genießt seine eigenen Abenteuer, wer Mercedes fährt, erlebt Prestige. Emotionale Zusatzerlebnisse werden mit dem Konsum verbunden und nicht selten zur eigentlichen Handlungsgrundlage (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 100 ff.). Dabei beeinflussen Emotionen Entscheidungen und Verhalten weitaus stärker als kognitive Prozesse. Die unbewusste Vorstellung darüber, von welcher Alternative sich die Person zukünftige positive Gefühle verspricht, ist meist ausschlaggebend bei einer Entscheidung. Solche erwarteten positiven Emotionen können in der Werbung beispielsweise dazu führen, dass Risiko und Nutzen inkorrekt wahrgenommen werden (Föll 2007, S. 61 ff.). Als besonders effektive Emotion in der Verbraucherkommunikation gilt der Humor9. Er steigert sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Sympathie und verstärkt bereits bestehende positive Einstellungen. Weiterhin hat Wärme10, dargestellt durch zwischenmenschliche Interaktionen wie Partnerschaft, Freundschaft oder Familie, einen positiven Einfluss auf Einstellung und Sympathie (Föll 2007, S. 185 ff.). Motivationen Motivationen sind Antriebe des Verhaltens und die Antworten auf die Fragen „Warum handelt jemand?“, „Warum nicht?“. Sie erwachsen aus der Interaktion zwischen Emotionen, triebhaften Vorgängen und kognitiven Prozessen (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 141 ff.). Unter triebhaften Vorgängen versteht man die physiologischen Grundbedürfnisse wie Nahrung etc. und das Bedürfnis nach Sicherheit. Das Zusammenwirken der verschiedenen motivierenden Vorgänge wurde vom Begründer der humanistischen Psychologie Abraham Maslow in der Bedürfnispyramide dargestellt. (vgl. Abbildung 8) 9 „fröhlich“, „freudig“ und „begeistert“ „sentimental", „liebevoll“, „dankbar“, „zärtlich“ 10 33 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Danach bilden die physiologischen Grundbedürfnisse die Basis jeder Motivation. Erst wenn diese erfolgreich befriedigt sind, lässt sich der Mensch durch übergeordnete Ziele wie dem Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit und Geltung oder der individuellen Selbstverwirklichung motivieren. Abbildung 8: Die Maslow'sche Bedürfnispyramide Eigene Darstellung in Anlehnung an Goble (1971, S. 51) Die physiologischen und sozialen Bedürfnisse sorgen für die Aktivierung unsere Motivation. Bezogen auf das Konsumverhalten geht es „darum, wie man die Antriebskräfte von Konsumenten auf ein bestimmtes Produkt lenken und dadurch eine Kaufmotivation erzeugen kann.“ Schwache Motive, wie etwa geringe Motivation zu nachhaltigem Konsum, benötigen, um ein Verhalten, wie beispielsweise nachhaltige Konsummuster, auszulösen, einen starken Anreiz (Föll 2007, S. 71 ff.). Einstellungen Einstellungen regeln die Bereitschaft eines Menschen, einem Objekt zu- oder abgeneigt gegenüberzutreten (Felser 2007, S. 317 ff.). Sie bestehen aus Motivation, ergo aus Trieben und Emotionen sowie kognitiver Gegenstandsbeurteilung (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 168 ff.). Die Konsumentensozialisation, die Übernahme bestimmter Konsum- und Verhaltensmuster beginnt wie die Einstellungsbildung bereits in der Kindheit. Jeder Mensch trägt seine über Jahrzehnte geprägten Vorstellungen, Einstellungen und Werte in sich. Die Konstanten in unserer Einstellungsbildung sind unsere Gene, die frühkindlichen Erfah- 34 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze rungen, die Erfahrungen mit der Peer-Group (Freunden und Bekannten, vor allem in der Jugend), die Erziehung der Eltern sowie die Lebenserfahrungen nach der Pubertät (Ehrhardt 2008, S. 102; Wiswede 2000, S. 33 f.). Einstellungen werden in einem Einstellungssystem verknüpft. So hängt die Einstellung kein Fleisch zu essen möglicherweise mit der Einstellung kein Auto zu besitzen zusammen. Ist dies nicht der Fall, ergibt sich daraus möglicherweise ein Konflikt (KroeberRiel und Weinberg 2003, S. 168 ff.). Neben persönlichen Erfahrungen können Einstellungen auch durch Kommunikation entstehen. Dies erfolgt meist durch einen Appell an ein Bedürfnis, gepaart mit der Versicherung, dass ein bestimmtes Produkt dieses befriedigt (Föll 2007, S. 80 ff.). Sind die Einstellungen gegenüber einem Gegenstand positiv, findet er Platz im Consideration (evoked oder relevant) Set11 und die Folge ist eine Bindung (Föll 2007, S. 180 ff.). Werte stellen besondere Einstellungen dar. Föll (2007, S. 77 ff.) nennt Werte „SuperEinstellungen“, da sie für ein ganzes Potpourri von Einstellungen stehen. Sie werden über kulturelle und soziale Systeme vermittelt und geben den Rahmen für die Beurteilung von Situationen und Gütern vor. Die Kenntnis über Werte ist somit von eminenter Bedeutung bei der Findung von Consumer Insights12. Zusätzlich können Wertorientierungen auch zum Aufschluss über Verhaltensmuster dienen. Als gegenwärtige Wertetrends gelten Naturverbundenheit, Gesundheits- und Umweltbewusstsein, Streben nach Sicherheit, Beständigkeit, Verlässlichkeit und Vereinfachung des Lebens sowie klassische Werte wie Familie, Harmonie, Geborgenheit, Solidarität und Suche nach dem Sinn des Lebens. In der westlichen Welt, die bereits hoch in der Maslow-Pyramide steht, herrscht darüber hinaus der Wunsch nach Selbstverwirklichung und Erlebnisorientierung. 11 „Auswahl von Produkten bzw. Marken im Bewusstsein eines Konsumenten. Der mehrstufige Selektionsprozess beginnt mit allen verfügbaren, setzt sich fort mit den bekannten, vertrauten und akzeptierten und endet mit den präferierten Produkten bzw. Marken.“ (Gabler Wirtschaftslexikon) 12 Englischer Begriff für Konsumentenverhalten, Konsumentenverständnis, Einblicke in den Konsumenten, Konsumentenwissen, Konsumentenwünsche, Kundenkenntnis, etc.. Aus Mangel an einer adäquaten Übersetzung auch Verwendung im Deutschen (Föll 2007, S. 14) 35 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Verhalten Neben den verhaltensaktivierenden Prozessen wie Emotionen, Motivation und Einstellungen sind die Beobachtung des Verhaltens in Bezug auf Produktverwendung, Verwendungsintensität, Verwendungshäufigkeit und die Verwendungssituationen Ausgangspunkte um den Konsumenten zu verstehen. Erst die genaue Analyse des Verhaltens kann letztlich Aufschluss über Ursachen und Beweggründe und somit den zugrundeliegenden Einstellungen und Motiven dieses Verhaltens liefern (Föll 2007, S. 49). Es gilt, zwei verschiedene Arten menschlichen Verhaltens voneinander abzugrenzen. Einerseits gibt es willentlich gelenktes und bewusstes Verhalten, andererseits mehr oder weniger automatisches Verhalten im Alltag (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 90 ff.), welches oft spontan, natürlich und unreflektiert geschieht (Empacher und Stieß 2007, S. 474) (vgl. Kapitel 2.1b). Die tatsächlichen Gründe einer automatischen Handlung sind kaum herauszufinden, da oft selbst die Konsumenten selbst nicht wissen, warum sie gewisse Entscheidungen getroffen haben (Schäfer 2002, S. 63). Beziehung zwischen Einstellung und Verhalten Zwischen den Einstellungen und dem Verhalten eines Menschen herrscht ein bedingter Zusammenhang (Föll 2007, S. 80 ff.). Dieser Zusammenhang, der auch AB-Beziehung, englisch “Attitude-Behaviour Relation” genannt wird, ist in Abbildung 9 verdeutlichend dargestellt. Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 168 ff.) sprechen in diesem Zusammenhang von einer “Two-Way-Street”, bei der nicht nur die Einstellung das Verhalten, sondern auch das Verhalten die Einstellung beeinflusst. Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten Eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 168 ff.) 36 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Am verhaltenswirksamsten sind spezifische, langjährig durch Erfahrung gelernte, stabile Einstellungen. Dabei sind es oft nur die extremen Einstellungen, sowohl sehr positiv als auch sehr negativ, die das Verhalten beeinflussen. Folglich kommt es größtenteils nur zum Kauf von bestimmten Produkten oder Dienstleistungen, zu denen die Person überhaupt eine Einstellung hat; ob negativ oder positiv (Felser 2007, S. 322). Jedoch wird Verhalten nicht ausschließlich durch Einstellungen bestimmt. Weiterhin sind situative Einflussgrößen wie zeitliche oder monetäre Bedingungen ebenfalls maßgebend (ebd., S. 317 ff.). Das Verhalten ist darüber hinaus abhängig davon, wie involviert eine Person ist. „‘Involvement’ ist die Bereitstellung von Aufmerksamkeit gegenüber der Informationsquelle.“ Je höher das Involvement ist, desto stärker die Gedächtniswirkung und der Effekt auf die Einstellung und das Verhalten (ebd., S. 56 ff.). b) Kaufentscheidungen Für den Konsumenten sind Kaufentscheidungen Problemlösungen. Bei diesen stellt er sich jedes Mal aufs Neue die Frage, wie gut die angebotene Lösung des Problems den eigenen Nutzen fördert. Grundsätzlich können vier verschiedene Kaufentscheidungsarten unterschieden werden. Bei zweien offenbaren die Verbraucher mithilfe kognitiver Steuerung echtes, willentlich gelenktes Verhalten, wohingegen die anderen beiden Arten Konsumentscheidungen mit geringerer kognitiver Steuerung darstellen, die das automatisierte Verhalten in Alltagssituationen wiederspiegeln (ebd., S. 63 ff.). Kaufentscheidungen mit hoher kognitiver Steuerung Geschieht ein Kaufakt extensiv, sind die Konsumenten hoch involviert und zeichnen sich durch eine starke Informationsverarbeitung aus (ebd., S. 63 ff.). Wenn es sich um eine limitierte Kaufentscheidung handelt, schöpft der Konsument in der Kaufsituation nicht alle Informationen aus, sondern greift oft auf Erfahrungen und Faustregeln zurück. Bewährte Entscheidungsregeln und vor allem eindeutige Präferenzen – sein persönliches Relevant Set – helfen ihm bei seiner Entscheidung. Emotionale Prozesse spielen eine untergeordnete Rolle und bei der Informationsaufnahme reichen ihm Schlüsselinformationen bereits aus, um gepaart mit seinen eigenen Informationen ein ganzheitliches Bild zu entwickeln. 37 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Kaufentscheidungen mit geringer kognitiver Steuerung Habitualisierte Kaufentscheidungen geschehen reaktiv und quasi automatisch durch langfristige, stabile Verhaltensgewohnheiten, Überzeugungen und Selbstbilder (Felser 2007, S. 63 ff.). Dieses emotionslose (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 384 ff.), routinemäßige Entscheidungsverhalten dient zu bewährten, risikoarmen Einkäufen, die wenig Zeit zur Durchführung benötigen sollen. Daher handelt es sich oft um Wiederholungskäufe, bei denen schnelle Wahrnehmung, eine hohe Zufriedenheit und eine hohe Anfälligkeit für situative Variablen wie Preis, Erhältlichkeit und Service eine Rolle spielen. Die eigenen Gebrauchserfahrungen verstärken eine Habitualisierung ebenso wie beobachtete Habitualisierungen von Mitmenschen wie Eltern oder Freunden (ebd., S. 400 ff.). Handelt es sich um einen impulsiven Kauf, ist er meist von außen bestimmt und besitzt eine stimmungsregulierende Funktion. Die Kaufentscheidung geschieht ungeplant und wird gedanklich nicht kontrolliert. Ursache sind häufig starke Reizeinwirkungen sowie Emotionen (Felser 2007, S. 63 ff.). In diesen Situationen steigt meist der Blutdruck und die Fähigkeit zu überlegen sinkt (Ehrhardt 2008, S. 53 ff.). Insgesamt sind vierzig bis fünfzig Prozent der Kaufhandlungen nicht geplant, sondern eben impulsiv (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 400 ff.). Vor allem bei impulsiven und habitualisierten, aber auch zum Teil bei limitierten Kaufentscheidungen werden Routineaufgaben völlig unterbewusst erledigt. Das Gehirn „schiebt sie ab“, da es wichtigere Dinge zu tun hat. Selbst bei Entscheidungen höherer Tragweite reagieren Menschen nicht immer rational. Konsumenten entscheiden sich beispielsweise oft nur dann gegen den Kauf eines Objekts, wenn ihnen die Werbung nicht gefällt oder sie starke moralische Abneigungen empfinden (Felser 2007, S. 63 ff.). Laut Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 384 ff.) sind die wichtigsten Determinanten beim Produktkauf die geringe Anzahl an Alternativen und die Vorauswahl durch das Relevant Set, Präferenzen durch bereits vorherrschende Einstellungen, Umwelteinflüsse wie Tipps von Experten oder Freunden sowie zeit- und ortsnahe Alternativen. Diese eingeschränkte Marktkenntnis des Konsumenten erklärt die relativ kleine und stabile Auswahl an Produkten, die ein Konsument letztlich in Betracht zieht. Gemäß Abbildung 10 müssen Unternehmen dafür sorgen, dass die Konsumenten 38 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze a) die Marke (und die Dinge, die mit ihr zusammenhängen) wahrnehmen, b) akzeptieren und c) anderen vorziehen. Abbildung 10: Der Weg zur präferierten Marke Eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 394) 2. Nachhaltigkeitsrelevante Konsumsoziologie Nachfolgend sollen verschiedene Lebensstile identifiziert werden, die Aufschluss darüber geben können, wie sehr eine bestimmte Gruppe bereit ist, am Nachhaltigkeitsdiskurs teilzunehmen. Dies dient auch dem zielgruppenspezifischen Erstellen von Kommunikationsstrategien (Kruse 2007, S. 113), welches in Kapitel 3.2 thematisiert wird. Insbesondere im Kontext einer Arbeit mit Ausrichtung auf Konsummusteränderung ist diese Orientierung an Konsumstilen evident. Angemerkt sei jedoch, dass der Konsumstil lediglich einen Teilbereich der Lebensstilforschung ausmacht (Wiswede 2000, S. 50 ff.). a) Lebensstile und deren Nachhaltigkeitsrelevanz Ein Lebensstil ist laut Lüdtke (1989, S. 40) eine „unverwechselbare Struktur und Form eines subjektiv sinnvollen, erprobten (d.h. zwangsläufig angeeigneten, habitualisierten oder bewährten) Kontextes der Lebensorganisation (mit den Komponenten: Ziele bzw. Motivationen, Symbole, Partner, Verhaltensmuster) eines privaten Haushalts (Alleinstehende, Wohngruppe, Familie), den dieser mit einem Kollektiv teilt und dessen Mitglieder deswegen einander als sozial ähnlich wahrnehmen und bewerten.“ Dabei ist der Begriff der Lebensstile ein Instrument zur Unterscheidung verschiedener Lebensweisen 39 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze innerhalb einer Gesellschaft, in der individuelle Orientierungen und Verhaltensweisen durch soziale Unterschiede bestimmt werden. Der enorme Umfang an Wahlmöglichkeiten im Konsumbereich (unterschiedliche wirtschaftliche Lage, Bildung, unterschiedliche Nutzung von Mobilität und anderen Handlungsfeldern entsprechenden Produkten und Dienstleistungen) (Michelsen 2007a, S. 35) ermöglicht unterschiedliche Stilisierungen, ergo stabile, abgrenzbare und expressive Muster der gesamten Lebensorganisation (Schneider 2002, S. 132). Das Institut SINUS unterscheidet zehn verschiedene Milieus, in denen die Bevölkerung so in unterschiedliche Gruppen einteilt wird. (vgl. Abbildung 11) In vertikaler Richtung werden die einzelnen Bevölkerungsgruppen in soziale Schichten unterteilt. Die horizontale Orientierung gibt Auskunft über die mentale Grundorientierung. Je weiter rechts ein Milieu liegt, desto offener ist es für neue Einflüsse, Veränderungen und gesellschaftliche Trends. Die Prozentzahlen und die Größe der Blasen geben an, wie hoch der zahlenmäßige Anteil des Milieus an der Gesamtbevölkerung ist. Aufgrund der immensen Komplexität in der Typisierung dieser Gruppen wird darauf verzichtet, diese einzeln en détail zu erläutern. Abbildung 11: SINUS-Milieus in Deutschland 2010 Quelle: SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH (2011) 40 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze In der Praxis werden aktuell vor allem Liberal-intellektuelle, Konservativ-etablierte und Bürgerliche Mitte durch Nachhaltigkeitskommunikation angesprochen. Es besteht allerdings noch das Potential sowohl in diesen Milieus den Konsum erheblich zu erhöhen als auch neue Zielgruppen mit neuen Formen der Ansprache (angepasst an Bedürfnisse und Ansprüche der Milieus) zu erschließen. Jedoch ist teilweise noch nicht vollständig geklärt, inwiefern einige Milieus überhaupt für Nachhaltigkeitskommunikation ansprechbar sind (Ecolog Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung 2006, S. 8). Eine Betrachtung von SINUS-Milieus kann zu interessanten Aufschlüssen über das Konsumverhalten in den verschiedenen Konsumbereichen, über nachhaltigkeitsrelevante Einstellungen und Verhaltensweisen in den Handlungsbereichen und über das Informationsverhalten, beziehungsweise die kommunikativen Präferenzen führen. Der Begriff Lebensstil ist in Hinsicht auf nachhaltigen Konsum oft moralisch appellativ geprägt. Konsummuster werden häufig kritisiert und einem alternativen, nachhaltigen Lebensstil gegenübergestellt (Bogun 1997, S. 211 f.). Um einen nachhaltigen Lebensstil genau definieren zu können, müssen zunächst die verschiedenen nachhaltigkeitsrelevanten Handlungsfelder (vgl. Kapitel 1.2c) und Phasen des Konsummusterbegriffs (Erwerb, Nutzung, Entsorgung) unterschieden werden. Hierbei können sich allerdings Konflikte in Bezug auf die Abgrenzung ergeben. Beispielsweise würde ein Widerspruch im Hinblick auf die Verhaltensweisen eines Verbrauchers entstehen, der zwar einen durchaus konsistenten Lebensstil pflegt, indem er viel Fahrrad fährt und kein Auto besitzt, jedoch zum Ausgleich häufig fliegt und so zu verheerenden Klimaschäden beiträgt (Bogun 1997, S. 228). Eng verbunden mit dem Lebensstilansatz ist die Argumentation über die Resonanzfähigkeit. Die vorher genannten Lebensstilansätze dienen der Bestimmung der Zielgruppen und anzusprechenden Themen. Beim Resonanzansatz sind außerdem die motivationalen Ansatzpunkte, Interessen und die Erreichbarkeit über die bestimmten Medien wichtig. Darüber hinaus steht die Identifizierung von Einstellungen und Werten im Vordergrund, die für die Kommunikation genutzt werden können (Bilharz 2009, S. 138 ff.). Denn nachhaltiges Konsumverhalten kann aus sehr unterschiedlichen Überzeugungen innerhalb eines Lebensstils erfolgen. Dies müssen nicht immer ideelle Gründe sein, sondern kann auch dem Selbstzweck dienen (Schneider 2002, S. 133). 41 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze b) Nachhaltigkeitsrelevante Konsumstile Ein Konsumstil setzt sich aus der sozialen Situation (soziodemographische Merkmale, zeitliche und finanzielle sowie Bildungsressourcen), Konsumorientierungen (subjektive Präferenzen für Produktauswahl und Verhaltensweisen) und tatsächlichem Konsumverhalten (konkretes Kauf- und Nutzungsverhalten) zusammen und orientiert sich stets an der Alltagspraxis (Empacher 2002, S. 455). Konsumstile verleihen dem Verhalten von Konsumenten ein spezifisches Profil (Balderjahn 2004, S. 136). Durch eine Vervielfachung von verschiedenen Konsummöglichkeiten seit Mitte des 20. Jahrhunderts, dem damit einhergehenden explodierenden Warenangebot und dem großen Erfolg der langlebigen Gebrauchsgüter wurde der symbolische Wert von Gütern erhöht. Diese werden passend zu den zielgruppenspezifischen Images produziert, sodass eine Ausdifferenzierung von Lebensstilen mit unterschiedlichen Konsumbedürfnissen und unterschiedlich stilisierten Konsummustern entsteht. Es kommt zu einer Individualisierung von Lebensläufen und einer Pluralisierung von Lebenswelten, wodurch sich eine Diversifizierung von subkulturellen Gemeinschaften, Moden und Trends ergibt, die kaum noch zu überschauen ist (Brand 2008, S. 51 f.). Der Konsum ist heute sowohl ästhetisiert als auch emotionalisiert (Wiswede 2000, S. 47 f.). Nicht zuletzt durch verschiedenartige Positionierung der Produkte und Dienstleistungen kam es zu einer Pluralisierung von nachhaltigkeitsansprechbaren Zielgruppen. Dies belegen verschiedene empirische Studien des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE). Heutzutage besitzen nicht mehr nur „überzeugte Ökos“ eine große Aufgeschlossenheit gegenüber Nachhaltigkeitskommunikation. Auch andere Konsumtypen sind spezifischen Handlungsfeldern und Teilbereichen gegenüber offen eingestellt (vgl. Empacher und Stieß 2007, S. 477 f.). Es lassen sich so zehn Konsumtypen im Hinblick auf nachhaltige Konsumstile unterscheiden, die in sich heterogen sind, jedoch auffällige Gemeinsamkeiten aufweisen (vgl. Tabelle 1) (Empacher 2002, S. 455). 42 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Die Umwelt-Ansprechbaren Die durchorganisierte Ökofamilie Familie mit Kindern Finanziell gut Großer Bedarf an gestellt (beide Abstimmung der Partner berufstätig) Alltagsabläufe Stark an Umwelt und an ethischen Aspekten interessiert Kreativität bei der Die AlltagsKreativen Soziale oder Gestaltung des Alltags Stark an Umwelt Jüngere künstlerische Berufe (stellen gern Dinge und an ethischen Menschen mit niedrigem selbst her, basteln, Aspekten Einkommen Flohmärkte, Second- interessiert Hand-Läden) Die Privilegierten Wenig Zeit, Convenience-Angebote und Inanspruchnahme Die jungen Berufsorientierten Singles oder Relativ hohes Paare ohne Einkommen, starke Kinder Berufsorientierung externer Dienstleistungen, exklusive Konsumgüter, großes Auto, mehrere Fernreisen pro Abgrenzung von ideologischen „Ökos“, doch auch ethische Orientierungen vorhanden Jahr, gesundheitsorientiert, Orientierung an Qualität und Service Die statusorientierten Privile- Familien gierten Sehr wohlhabend, Konsumniveau beson- Mann berufstätig, ders hoch, Status und Frau und karitative Exklusivität besonders Funktionen wichtig Für Nachhaltigkeit nur schwer erreichbar Die schwer erreichbaren Überforderten Alltagskompetenz fehlt, materielle Güter Die schlecht gestellten Überforderten Arbeitslose, Alleinerziehende, ältere Menschen Es fehlt an finanziellen und zeitlichen Ressourcen besonders wichtig, um den gesellschaftlichen Abstieg zu kaschieren, Orientierung an Für Umweltthema bleibt keine Zeit und kein Raum Billigangeboten und kurzlebigen Produkten 43 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Extrem ablehnende Haltung gegenüber der Alltagsgestaltung, stark Die KonsumGenervten an Convenience Singles, orientiert, externe Geschiedene Dienstleistungen, hohe Preisorientierung, Umweltthema wird als Zumutung wahrgenommen Orientierung an kurzlebigem Konsum Die jungen Jugendliche, Desinteressier- junge ten Erwachsene Erlebnisorientiert, Starkes Desinte- Orientierung stark am resse an gesamt- Freundeskreis, starke gesellschaftlichen Geringe finanzielle Convenience- und politischen Ressourcen Orientierung, hohe Themen, Preisorientierung, insbesondere Orientierung an gegenüber kurzlebigem Konsum Umweltthemen Die ambivalenten Traditionellen Ältere Ehepaare oder Frau kümmert sich Die Ländlich- Familien mit um Haus und Traditionellen Kindern im Garten, Mann ist Eigenheim in erwerbstätig ländlicher Stark regional und sozial orientiert, Orientierung an solider Qualität und Erhaltung des Besitzstandes Gegend Geschlechtsspezifische ArbeitsaufteiDie unauffälligen Familien Familien lung (in Ostdeutschland Frauen ebenfalls erwerbstätig) Konsumorientierung unauffällig am Mainstream, sparsame, Lebensführung und solide Qualität Tabelle 1: Konsumstile in Bezug auf nachhaltigen Konsum Eigene Darstellung in Anlehnung an Empacher (2002, S. 455) 44 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze c) Kritik am Lebensstil/Konsumstil-Ansatz Ein Problem bei der Konzentration der Kommunikationsmaßnahmen auf bestimmte Lebensstile ist, dass es nicht genügt, lediglich eine dieser Zielgruppen mit einer aufwendigen Maßnahme zu erreichen, da die Gruppe, prozentual an der Gesamtbevölkerung, zu klein wäre. So rät Schneider (2002, S. 131), langfristig den Massenmarkt anstelle der einzelnen Lebensstile anzusprechen. Die Unterteilung in Lebensstile vernachlässige zudem lebensstilübergreifende Anknüpfungspunkte, die wiederum bei der Implementierung eines kollektiven, nachhaltigen Konsums als wichtig erscheinen. Dies ist beispielsweise beim Katalysator im Auto oder bei der Mülltrennung der Fall. Ohnehin muss, wenn man Bilharz (2009, S. 142 f.) Ansicht unterstützt, eine Lebensweise nicht zwingend gänzlich in eine nachhaltige geändert werden. Wenzel et al. (2008, S. 11 ff.) gehen sogar noch weiter. Das Denken in Milieus habe, wenn man ihnen Glauben schenkt, mehr oder weniger ausgedient, da sich Lebensstile stetig änderten. Die multiplen Handlungsoptionen, die das Konsumverhalten der Verbraucher heutzutage prägten, sorgten vielen Teils für „Patchwork-Lebensstile“ mit einem fließenden Übergang zueinander. Das Hauptproblem der Lebensstilansätze ist wohl, dass sich die Quantität der ausdifferenzierten Lebensstile fast beliebig erweitern lässt. Darüber hinaus besteht ein ständiger Wandel der Ausdifferenzierungen der verschiedenen Milieus (Bilharz 2009, S. 145 f.). Menschen passten nicht mehr in die alten Schemata des alterssegmentierten Zielgruppenmarketings. Das Zielgruppendenken müsste sich anpassen. Als Beispiel für das Scheitern von Lebensstil- Segmentierungen könne der Launch für die Mercedes A-Klasse herhalten. Eigentlich wurde er für junge “Lifestyler” gebaut, aber tatsächlich von aktiven Älteren wegen des hohen Einstiegs gekauft (Wenzel et al. 2008, S. 11 ff.). Bilharz (2009, S. 145 f.) wirft die Frage auf, ob es nicht sinnvoll wäre, die Kommunikation auf klassische Zielgruppen wie Rentner, Familie, etc. zu richten. 3. Die Herausforderung des Konsummuster-Änderungsprozesses Der „eine nachhaltige Konsum“ kann nicht definiert werden. Vielmehr gehe es laut Eberle darum, „Strategien zur Veränderung von Verhaltens- und Kaufroutinen zu forcieren, die die Bedürfnisse und Motivationen der Konsumenten betreffen.“ (Eberle et 45 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze al. 2004, S. 10) Michelsen (2007a, S. 35) postuliert, dass eine Änderung der Einstellungen und des Verhaltens auch immer eine Änderung des Lebensstils sei. a) Sozialpsychologische Hindernisse Fehlende Ursache-Wirkungswahrnehmung Der Mensch kann mit seinen Sinnen bestimmte Umweltprobleme wie Radioaktivität oder das Ozonloch nicht wahrnehmen. Aufgrund der schleichenden Entwicklung vieler Probleme ist der Ursache-Wirkungsprozess nur schwer herzustellen und Probleme können leicht verharmlost werden. Insbesondere bei globalen Umweltveränderungen haben wir es oft mit diesen Spät- und Fernwirkungen zu tun. Aufgrund der hohen Komplexität, Vernetzbarkeit und Dynamik der Prozesse herrscht zudem eine beinahe unmögliche Prognostizierbarkeit (Kruse 2007, S. 113 f.). Überforderung des Konsumenten Die Anforderungen an die individuelle Lebensführung waren nie so hoch wie heutzutage. So erfordert die Integration von nachhaltigen Faktoren in den Konsumalttag besondere Fähigkeiten des Alltagsmanagements, dessen viele Menschen nicht Herr werden. Dies sorgt dafür, dass Konsumenten verstärkt den Wunsch nach einer Reduktion der Komplexität des Lebensalltages hegen, was eine Motivation, sich für eine nachhaltige, ethische Lebensweise zu entscheiden, verringert (Empacher und Stieß 2007, S. 475). Konsumenten werden als Akteure, die fortwährend nachhaltige von nicht-nachhaltigen Verhaltens- und Konsumweisen unterscheiden sollen, überfordert. Informationsdefizite über Produktionsmethoden und Rohstoffverbrauch sowie über korrekte Nutzung und Entsorgung verschärfen dies zusätzlich. Daraus ergibt sich ein erhöhter Schwierigkeitsgrad für die Verbraucher, da diese die widersprüchlichen Ziele nicht einzuschätzen können und es ihnen schwer fällt, daraus resultierende Handlungskonsequenzen einzuschätzen. Das private Konsumverhalten wurde, unter anderem durch die Umweltkommunikation in den neunziger Jahren, moralisch und politisch aufgeladen. Als Folge dessen wurde dem Konsumenten eine Rolle zugewiesen, die über Kauf- und Nutzungsentscheidungen von Waren und Dienstleistungen hinausgeht. Allerdings besitzen die meisten Konsumenten nicht den Drang zur Gestaltung der Welt, sondern möchten lediglich ihre eigenen Bedürfnisse durch Konsum realisieren (Grunwald 2002, S. 438 f.). 46 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Sozio-ökologische Dilemmata und Dissonanzen Ehrhardt (2008, S. 20 ff.) geht noch weiter, indem er erkennt, dass Menschen gar nicht in der Lage sind, in Echtzeit alle Unwägbarkeiten von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu reflektieren. Durch die evolutionär fehlende Notwendigkeit sei es dem Menschen schlicht nicht möglich, ganz kleine oder ganz große Dinge zu verstehen. Die Menschheit sei vielmehr geprägt von Kriegen, Ignoranz, „Nicht-wahr-haben-wollen", Neid, Missgunst und Egoismus. In der von Carl Friedrich v. Weizsäcker im Jahre 1978 geschriebenen Abhandlung „Gehen wir einer asketischen Weltkultur entgegen?” wurde verdeutlicht, dass Askese „immer nur Sache von kleinen Eliten und Minderheiten gewesen“ sei. „Der einfache Mann und Durchschnittsbürger“ hätte „selten freiwilligen Verzicht geübt“. Vielmehr seien „bescheidene Lebensweisen zumeist durch die Umstände, das heißt durch die Knappheit der Güter erzwungen worden“ (vgl. v. Alvensleben 1998, S. 10). Auch in der Praxis werden immer wieder die Grenzen der Bemühungen nach nachhaltigen Konsummustern deutlich, besonders wenn es um Einbußen in Preis und Lebensqualität geht (Grunwald 2006, S. 119). Das eben beschriebene Phänomen des Egoismus der Menschen wird „Sozioökologisches Dilemma“ oder auch „Tragik der Allmende“ genannt (Spash et al. 2008, S. 8 f.). Insbesondere auf Kollektivgüter überträgt sich diese besondere Schwierigkeit. Diese sind darauf angewiesen, dass sie von der Gemeinschaft geschont und kollektiv erhalten werden. Einem im Wesen der Kollektivgüter liegender Anreiz der Ausbeutung erliegen jedoch einige Mitglieder, sodass das System nicht mehr funktioniert und es zu einer Ausbeutung der Kollektivgüter bis hin zum völligen Verbrauch kommt. Ebenso wie bei Kollektivgütern spricht man bei nachhaltigem Konsum von einem Beitragsdilemma, da der sozial-ökologische – zum Teil auch ökonomische – Aufwand vom Einzelnen getragen werden muss, der Nutzen jedoch dem Kollektiv zugutekommt. Dementsprechend ist der persönliche Nutzen der sich aus nachhaltiger Verhaltensweise ergibt sehr klein (e.b.d.) (vgl. Abbildung 12). Bei nicht-nachhaltigem, konventionellem Konsum kann hingegen von einem Nutzungsdilemma gesprochen werden, da der Nutzen zwar bei dem einzelnen Konsumenten selbst liegt, der Schaden allerdings von der gesamten Gesellschaft getragen wird (Bilharz 2009, S. 117 f.). So verhalten sich Konsumenten oft á la „Der Schaden entsteht nicht mir, nicht jetzt und nicht hier“ (ebd., S. 120). 47 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Diese Dilemmata-Theorien sind eng verbunden mit den beiden folgenden Hypothesen. So setzt eine Veränderung bei Verbrauchern oft lediglich in so genannten “Low Cost”Situationen ein, wo kein Extraaufwand an Zeit, Geld oder Wissen erforderlich ist (Wiswede 2000, S. 61 f.). Die “Low-Cost”-Hypothese wird des Weiteren von dem Prinzip der kognitiven Dissonanz gestützt. Dissonanzen entstehen entweder nachdem eine Wahlentscheidung getroffen wurde, die nicht mit den eigenen moralischen Vorstellungen oder dem Selbstbild übereinstimmt, oder nachdem neue, unvereinbare Informationen aufgenommen wurden. Je höher die Bedeutung einer Entscheidung für den Konsumenten, desto stärker kann die Dissonanz sein. Konsumenten entgehen dem unangenehmen Gefühl von Unvereinbarkeit und Inkonsistenz, indem sie die getroffene Entscheidung im Nachhinein bewusst oder unbewusst rechtfertigen und besser bewerten (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 168 ff.). Ist jedoch der Preis des nachhaltigen Produktes verglichen mit dem konventionellen besonders hoch und das Leistungsbündel nicht signifikant besser, kommt es unweigerlich zu Dissonanzen und dem Verbraucher fällt es dementsprechend schwer, sich seine Entscheidung für das nachhaltige Produkt schönzureden. Abbildung 12: Kosten-Nutzen-Verhältnis nachhaltigen Konsums Eigene Darstellung in Anlehnung an Balderjahn (2004, S. 159) Fehlendes Verantwortungsbewusstsein Die „Low-Cost-Hypothese“ wurde durch die so genannte „High-Justice-Hypothese“ ergänzt, welche neben monetären auch die innerlichen, moralischen Motive berücksichtigt. Demnach benötigen Konsumenten bestimmte Handlungsbedingungen, um nachhaltiges Verhalten umzusetzen. Eine Selbstverpflichtung der Konsumenten nachhaltiger zu konsumieren greift erst, wenn andere Akteure wie Mitmenschen, der Staat oder 48 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Unternehmen es bereits vorleben (Reisch und Kreeb 2007, S. 466), da Menschen sich stark an anderen orientieren. Wenn Andere nicht nachhaltig handeln, hat es für den Einzelnen auch keinen Wert, sich nachhaltig zu verhalten (Bilharz 2009, S. 120 f.). Wehrspaun (2002, S. 146 ff.) erwähnt, dass es im Alltag an konkreten Vorbildern für die „richtige" Verhaltensweise in konkreten Situationen mangelt. Verbraucher sehen sich erst an dritter Stelle, wenn es darum geht, umwelt- und sozialbewusst zu handeln. In erster Linie werden der Staat und Unternehmen für Umwelt- und Entwicklungsprobleme verantwortlich gemacht (Reisch und Kreeb 2007, S. 467). Die Produzenten sind dagegen oft der Ansicht, sie produzierten die Produkte, die der Konsument nachfragt (Schrader und Hansen 2001, S. 20 f.). Selbstverständlich müssen dem Verbraucher Veränderungen des Bewusstseins durch externe und strukturelle Bedingungen erleichtert werden (vgl. Kapitel 1.2d) Konsum als Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse Die in Kapitel 1 empfohlene Handlungsweise „Nutzen statt Besitzen“ erfährt bisher einen geringen Stellenwert im Gesamtkonsum. Obwohl Konsumenten zwar nicht die Güter, sondern die Funktionen nachfragen, wäre es eine zu grobe Vereinfachung, Produkte lediglich nach ihren Funktionen zu unterteilen. Vielmehr befriedigen Produkte und Dienstleistungen meist mehrere Bedürfnisse – darunter funktionelle und symbolische, wobei insbesondere die Symbolwirkung von Gütern oft das Eigentum an Ihnen voraussetzt (Schrader 2002, S. 219 ff.). Zudem ist die Lust am Besitz oft reizvoller als der Gebrauchswert des Gegenstands (Felser 2007, S. 271 ff.). Reaktanzen „Wenn eine Person eine Bedrohung oder Einschränkung ihrer Verhaltensfreiheit wahrnimmt, entsteht eine Motivation – Reaktanz genannt – welche die Person veranlasst, sich der erwarteten Einengung zu widersetzen oder nach erfolgter Einengung ihre Freiheit wieder zurückzugewinnen.“ (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 168 ff.) Die Infragestellung von bisherigen Lebens- und Konsummustern führt zu diesen starken Abwehrreaktionen bzw. zum verstärkten Festhalten am bisherigen Lebensstil. Verloren gegangene Alternativen werden automatisch aufgewertet, die Quelle der Einschränkung abgewertet (Felser 2007, S. 271 ff.). So sorgte die in den Anfängen stark links geprägte Umweltschutzfraktion mit „Birkenstock-Sandalen und Vollkornmüslis“ zu 49 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze vielfältigen Reaktanzen bei anderen, zum Teil konservativeren Bevölkerungsgruppen (Bilharz 2009, S. 136 f.). Auch die heutigen „Propheten“ der Umwelt-Thematiken werden häufig als Miesmacher und Nörgler degradiert (Klenner und Wehrspaun 2001, S. 2001). Das Maslow-Dilemma Eine Verhaltensänderung in Richtung nachhaltiger Konsummuster ist in Anlehnung an Maslow ohnehin nur möglich, wenn die physiologischen und materiellen Voraussetzungen für ein angenehmes und sicheres Leben – vor allem die Grundbedürfnisse und das Sicherheitsbedürfnis – gegeben sind. Nur dann ist der Mensch in der Lage, auch andere Prioritäten wie beispielsweise Gerechtigkeit, Solidarität, Eigeninitiative oder Verantwortung in Betracht zu ziehen (Kuckartz 2006, S. 137 ff.). Lernen und das “Behaviour-Gap” In Anbetracht der Interaktionstheorie von Einstellung und Verhalten sind Veränderungen von Einstellungen am verhaltenswirksamsten. Einstellungen können jedoch lediglich durch Lernvorgänge oder Veränderung der Selbstwahrnehmung geändert werden. Lernen kann hierbei entweder durch unmittelbare Erfahrungen oder durch das Aufnehmen von neuen Informationen geschehen. Diese bis dahin fremden Informationen werden dann mit den bereits vorhandenen verglichen und nur, falls dieser Vergleich positiv ausfällt, mit diesen verknüpft (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 168 ff.). Die meisten Menschen sind lediglich dann bereit, sich auf Einschränkungen einzulassen, wenn sie selbst an der Entscheidungsfindung mitgewirkt haben und/oder die Effekte in ihrem sozialen Umfeld erleben und nachempfinden können (Renn 2001, S. 134 ff.). In diesen Fällen geschieht eine Art Selbstüberredung (Felser 2007, S. 332). Allerdings zeigen viele Studien, dass zwischen dem, was Menschen wissen und dem, was sie tun, kein verlässlicher Zusammenhang besteht (Henning und Ladineo 2001, S. 175 f.). Diese „Kluft zwischen Wissen und Handeln“ ist insbesondere bei Nachhaltigkeitsthemen immens groß (Brand 1997, S. 26). Die Gründe für diese hohe Diskrepanz sind sehr vielfältig. Eine hohe Zustimmungsrate kann beispielsweise durch ein nachhaltiges, involviertes Eigenverständnis bedingt sein. Darüber hinaus kommt es häufig zu Konflikten von nachhaltigkeitsrelevanten Einstellungen mit einer ganzen Bandbreite anderer Motive wie Bequemlichkeit, Prestige oder Exklusivität. Probleme in der Verfüg- 50 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze barkeit und andere Rahmenbedingungen können ihr Übriges dazu tun (Ecolog Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung 2006, S. 5) (vgl. Kapitel 1.2d). Laut einem Selbsttest gaben Verbraucher an, dass Nachlässigkeit und leicht abstellbare Verhaltensweisen die Haupthürden für nachhaltigen Konsum seien. Dies impliziert, dass „...alle einen erheblichen Beitrag zum nachhaltigen Konsum leisten...“ könnten, „...wenn es bloß gelänge, die Verhaltensweisen zu ändern, die auf Gewohnheiten und unreflektierten Reaktionen auf Außenreize beruhen...“. Voraussetzung dafür ist jedoch der Mut zu einer kritischen Bestandsaufnahme der Gewohnheiten. Bei vielen Veränderungen handelt es sich nicht um die Veränderung des gesamten Lebensstils, sondern vielmehr um eine marginale Einstellungsänderung, die das Verhalten beeinflusst (vgl. Renn 2002, S. 37). b) Veränderung von Einstellung und Verhalten Durch biographische Veränderungen Aufgrund des soeben genannten Zusammenhangs zwischen Alltag und Konsummustern sind routinierte, alltägliche Verhaltensweisen schwer für Veränderungen zugänglich (Empacher und Stieß 2007, S. 474). Ehrhardt (2008, S. 110) vertritt gar die Ansicht, Verhalten ließe sich weder vom alltäglichen Umgang miteinander, noch mit Werbedruck oder Trainings dauerhaft und zielgerichtet verändern. Es sei immer ein Balanceakt zwischen den für immer festgelegten Verhaltensmustern und den Veränderungen, die im Zuge unserer Lebenszeit und Erfahrungen geschehen. Jene Veränderungen der äußeren Lebensumstände werden von Empacher (2007) „biographische Veränderungen des Konsumenten“ genannt. Es ist wichtig zu beachten, dass negativtraumatische Erfahrungen wie ein fast tödlicher Unfall sowie langfristig-positive Erfahrungen wie die Geburt eines Kindes, eine dauerhafte Wirkung nach sich ziehen. Diese führt dazu, dass das alltägliche Handeln infrage gestellt wird und sich neue Routinen bilden können. Die Geburt eines Kindes verändert beispielsweise oft die Ernährungsgewohnheiten der ganzen Familie. Umzüge oder neue Jobs können das individuelle Alltagsleben einschließlich des Konsums ebenso beeinflussen wie große Umweltkatastrophen (Schäfer 2002, S. 65). Auch eine Scheidung oder das Zusammenziehen mit dem Partner können eine Wendung in den Verhaltensmustern zur Folge haben (Empacher und Stieß 2007, S. 482). Dies bedeute neben komplexen Prozessen des Um- und 51 Kapitel 2 – Konsumpsychologische und -soziologische Ansätze Neulernens vom nicht-nachhaltigen hin zum nachhaltigen Verhalten auch den Erwerb von Reflexions- und Gestaltungskompetenz, bei der alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden müssen (Kruse 2007, S. 116). Strafe und Belohnung Um die Motivation zu nachhaltigem Konsum zu fördern, gelten weiterhin zwei Strategien als relevant – die Strafe sowie die Belohnung. Erstere ist allerdings nur mit Vorsicht anzuwenden, da fast jeder Mensch automatisch Rachegefühle hegt, wenn er Bestrafung erfährt. Belohnung wirkt dagegen deutlich besser. Wichtig dabei ist, dass die Bedrohung als angemessen wahrgenommen wird und keine Habituation stattfindet, denn das Ziel ist eine Verhaltensänderung, die irgendwann sogar ohne Belohnung weiter funktioniert (Ehrhardt 2008, S. 265 ff.). Zudem herrscht eine bestimmte Gesetzmäßigkeit psychologischer Art, die mitunter das Verhalten beeinflussen kann – das so genannte Dankesschuld-Prinzip. Kommt es dazu, dass eine bestimmte Person einer anderen einen Gefallen erweist, setzt dies die andere Person unter Druck, dem Gönner ebenfalls einen Gefallen zu erweisen. Dies geschieht, selbst wenn diese Person ihr weder sympathisch ist noch um den Gefallen gebeten wurde (Felser 2007, S. 239 ff.). Das Resultat eins solchen Verhaltens ist allerdings keine Einstellungsänderung, da sie auf der Hoffnung auf Belohnung oder die Furcht vor Bestrafung basiert (ebd., S. 320 ff.), und somit die beeinflusste Person diese Verhaltensweisen nicht den eigenen Einstellungen oder Werten zuschreibt (ebd., S. 271 ff.). Bildung Obwohl man nicht davon ausgehen kann, dass allein das Wissen über bestimmte Sachverhalte zu konsequenten Handlungsänderungen führt, kommt dem Informationsgrad eines Menschen über Problemlagen und Handlungsempfehlungen dennoch eine entscheidende Bedeutung zu (Kruse 2007, S. 116 f.). Es ist davon auszugehen, dass die Güte und Ethik selektiven Kaufverhaltens auch weiterhin von der Bildung der Konsumenten abhängt. Im Trend werden sich gebildete Verbraucher zunehmend kritischer verhalten, wobei ungebildete eher bei unkritischen Verhaltensweisen verharren (Wiswede 2000, S. 45 f.). Im folgenden Kapitel wird eben diese Veränderungen von Einstellungen und Verhalten durch das Mittel der Kommunikation thematisiert. 52 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster 1. Grundannahmen über konsummusterverändernde, nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation a) Herleitung des Begriffskonstruktes Kommunikation wird von Krallmann und Ziemann (2001, S. 13) als „Tätigkeit des wechselseitigen Zeichengebrauchs und der wechselseitig adäquaten Zeichendeutung zum Zwecke der erfolgreichen Verständigung, Handlungsorientierung und Wirklichkeitsgestaltung“ bezeichnet. Es ist ein Begriff, der in vielen Feldern, unter anderem in der Betriebswirtschaftslehre, zu finden ist. Obwohl die Instrumente, mit denen Unternehmen zu nachhaltigem Konsum beitragen können, vielfältig sind, gelten vor allem Kommunikations- und Marketingkonzepte als zentral (UNEP 2008, S. 10). Der Begriff Nachhaltigkeitskommunikation ist ein sehr junges Feld der Kommunikation und leitet sich von der einstigen Umweltkommunikation ab (Severin 2007, S. 64). Diese begann bereits in den siebziger Jahren und hatte damals vor allem ökologische Ziele, 53 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster wie etwa auf weniger Verpackung oder weniger Wasserbrauch hinzuweisen. Diese Kommunikation war durchaus erfolgreich (Lichtl 1999, S. 12 ff.). Michelsen (2007a, S. 27) definiert Nachhaltigkeitskommunikation als einen „Verständigungsprozess, in dem es um eine zukunftsgesicherte gesellschaftliche Entwicklung geht, in deren Mittelpunkt das Leitbild der Nachhaltigkeit steht.“ Inhaltlich stünden Werte, Normen, Ursachenforschung und Problemwahrnehmung sowie konkrete Handlungsmöglichkeiten auf individueller und gesellschaftlicher Ebene zur Auswahl. Sie sei von vielen Faktoren abhängig und besitze unterschiedliche Ebenen und verschiedene Kontexte. Ziemann (2007, S. 126) ergänzt diese Definition und nennt sie einen „weltgesellschaftlichen Prozess, der aus der rekursiven Anordnung von Beiträgen und Argumenten zum Thema besseren Lebens in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht besteht.“ Wie bei dem Kommunikationsbegriff im Allgemeinen geht es auch bei der Nachhaltigkeitskommunikation um den Austausch von Informationen zwischen Sender und Empfänger (Michelsen 2007a, S. 32). Schrader (2004, S. 237) merkt weiterhin an, dass die Themen Marketingkommunikation und Nachhaltigkeit viele Schnittpunkte besitzen, welche sich in beidseitigem Fokus der Bedürfnisbefriedigung von Menschen manifestierten. In der Nachhaltigkeitskommunikation herrschen zwei unterschiedliche Herangehensweisen, die sich vorerst in kommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation und nichtkommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation unterscheiden lassen. Schulz (2008, S. 34) nimmt eine ähnliche Kategorisierung im Kontext des Marketings vor. (vgl. Abbildung 14) Wobei Marketing für Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang mit nicht-kommerzieller Nachhaltigkeitskommunikation gleichgesetzt werden kann und Nachhaltigkeitsmarketing der kommerziellen Nachhaltigkeitskommunikation gleichkommt. Gemäß der Lasswell’schen Kommunikationsformel „Wer sagt Was über Wel- chen Kanal zu Wem mit Welcher Wirkung?“ nimmt Schulz eine nachhaltigkeitsaffine Analyse der Aspekte des Kommunikationsprozesses vor. 54 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Abbildung 13: Arten der Nachhaltigkeitskommunikation Eigene Darstellung in Anlehnung an Bilharz (2009, S. 89) Abbildung 14: Das Lasswell'sche Kommunikationsmodell in Anwendung auf Marketing im Nachhaltigkeitskontext Eigene Darstellung in Anlehnung an Schulz (2001, S. 37) Kommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation wird im Sinne von Nachhaltigkeitsmarketing meist von Unternehmen durchgeführt. Als zentrale Ziele gelten das Schaffen von Vertrauenswürdigkeit, das Erreichen eines positiven Images und letztendlich steigender Absatz. Dabei wird sie einerseits zur Vermarktung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen und andererseits zur Darstellung unternehmerischer Engagements eingesetzt. Im Mittelpunkt steht der wirtschaftliche Erfolg (Belz und Bilharz 2005b, S. 6 f.). 55 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Auch nicht-kommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation, hier im Sinne von Marketing für Nachhaltigkeit, kann von Unternehmen eingesetzt werden. Meist wird sie allerdings von staatlichen Institutionen, Parteien und Verbänden durchgeführt, um komplexere Ziele zu erreichen. Einerseits dient sie zum Erreichen des Interesses des Senders, doch anderseits dient sie dem höheren Ziel der Veränderung der Gesellschaft. Sie strebt eine Sensibilisierung der Bevölkerung für ökologische und soziale Problemfelder sowie die Vermittlung von Wissen und das Aufzeigen von nachhaltigen Handlungsalternativen an. Dies soll sich in Veränderungen von expliziten Verhaltensweisen oder sogar in Veränderungen von Einstellungen und Werten manifestieren (Bilharz 2009, S. 87 ff.). In Hinsicht auf die Kommunikationsstrategien (vgl. Kapitel 3.2) sorgt die Überschneidung der produkt- und verhaltensbezogenen Strategien in Abbildung 13 für eine besonders interessante Konstellation der Bewerbung und Initiierung nachhaltiger Konsummuster. Diese verknüpften Intentionen sollen schwerpunktmäßig dargestellt werden. Da Einstellungen und Werte in hohem Maße verhaltenswirksam sind, soll dies in die genannte Verbindung einfließen. Insofern werden in diesem Kapitel die Schnittpunkte von Marketing für Nachhaltigkeit sowie Nachhaltigkeitsmarketing untersucht. Während es in den Anfängen der Umweltkommunikation schwerpunktmäßig um ökologische Verbesserung der Produktionsprozesse und die ökologischen Auswirkungen der Produkte und Dienstleistungen ging, geht es nun Unternehmen vermehrt darum, ökologisch und sozial relevante Verhaltensweisen beim Konsum und Umgang mit deren Produkten und Dienstleistungen zu thematisieren. Während in den voran gegangenen Phasen in erster Linie Ingenieure und Naturwissenschaftler involviert waren, scheinen künftig vor allem sowohl Kommunikations- und Marketingexperten als auch Sozialwissenschaftler die treibenden Kräfte zu sein (Lichtl 1999, S. 14). Von Rogall und Longo (2004) wird Kommunikation im Hinblick auf das Potential von Konsummusteränderungen, im Gegensatz zu harten Instrumenten wie beispielsweise steuerpolitischen Maßnahmen, als weiches Steuerungsinstrument bezeichnet. Sie besitze lediglich informativen und/oder appellativen Charakter und konkrete Möglichkeiten für Sanktionen bei Nichtbeachtung sind nicht existent. 56 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Das Konzept mit den meisten Analogien zur vorliegenden Thematik stellt das Konzept Ecotainment von Lichtl (1999) dar. Dies „ist eine Form der Umweltkommunikation, die im Sinne von Sustainability das nachhaltige Konsumverhalten von Menschen in der Produktnutzungsphase beeinflussen möchte." Ecotainment bedient sich der Instrumente der Werbung und versucht mit einem „radikal emotionalen Kommunikationsstil“ in erster Linie wenig nachhaltigkeitsinvolvierte Konsumenten anzusprechen (Lichtl 1999, S. 18 f.). Ecotainment ist eine differenzierende Form von Werbung mit innovativen Inhalten, weshalb es sich von anderen Werbebotschaften absetzen kann (Lichtl 1999, S. 24). Abbildung 15: Definition von "nachhaltigkeitsorientierter Verbraucherkommunikation für eine Änderung von Konsummustern“ b) Notwendigkeit und Ziele der Kommunikation im Nachhaltigkeitsdiskurs Damit Nachhaltigkeitsprobleme gesellschaftlich eine Relevanz entwickeln können, ist Kommunikation unbedingt notwendig. Des Weiteren ist sie eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Lösung dieser Probleme (Luhmann 1990, S. 63). So erkennt Luhmann: …„dass die Ölvorräte abnehmen, die Flüsse zu warm werden, die Wälder absterben, der Himmel sich verdunkelt und die Meere verschmutzen. Das alles mag der Fall sein oder nicht der Fall sein, erzeugt als nur physikalischer, chemischer oder biologischer Tatbestand jedoch keine gesellschaftliche Resonanz, solange nicht darüber kommuniziert wird. Es mögen Fische sterben oder Menschen, das Baden in Seen oder Flüssen mag Krankheiten erzeugen, es mag kein Öl mehr aus den Pumpen kommen und die Durchschnittstemperaturen mögen 57 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster sinken oder steigen: solange darüber nicht kommuniziert wird, hat dies keine gesellschaftlichen Auswirkungen.“ (ebd., S. 62 f.) Ziemann (2007, S. 127) ergänzt: „Massenmedien machen Unbekannten Unbekanntes bekannt.“ Über die Problemfelder (vgl. Kapitel 1) muss informiert werden, um eine gesellschaftliche Relevanz und letztlich Resonanz herzustellen. Es geht darum, das Interesse der Menschen an der Gesundheit, des Fortbestandes und dem Erhalt der Natur sowie der Gerechtigkeit auf unserem Planeten zu wecken, um Ziele nachhaltiger Entwicklung, vor allem im Konsum, zu erreichen (Renn 2002, S. 33 f.). Für Kunden sind die Auswirkungen von nicht-nachhaltigen Produkten kaum überschaubar (Belz 2005, S. 21) Bei nicht erlebbaren, unmittelbaren Erfahrungen treten mittelbare an deren Stelle. Einerseits geschieht dies via zwischenmenschliche Kommunikation und andererseits via Massenmedien. Damit tragen die Medien in hohem Maße zur Konstruktion und Programmierung unserer Gesellschaft bei (Kruse 2007, S. 113 f.). Zudem mangelt es Konsumenten häufig an Informationen, weshalb es – so sehen es Befürworter einer Unternehmensverantwortung – an den Unternehmen liege, Konsumenten mit notwendigen Informationen zu versorgen (Ranalli 2009, S. 26). Dies ist laut Neuner (2001, S. 377 ff.) nur durch Verbraucherkommunikation möglich, die den Erfolg einer ökologischen und sozialen Konsumentwicklung stärkt. Informations-, Kommunikations- und Marketingmaßnahmen sind die Schlüssel für die Durchführung von Interventionsmaßnahmen zu nachhaltigem Konsum (Kruse 2007, S. 119 f.). Das New Ecological Paradigm von Dunlap und Van Liere zeigt, dass negative biologische oder soziale Konsequenzen persönliche Werte und Normen aktivieren können, wie beispielsweise das Pflichtgefühl, pro öko-sozial einschreiten zu müssen. Dieses Pflichtgefühl in Bezug auf nachhaltigeres Konsumverhalten zu erwecken sei die Aufgabe (vgl Spash et al. 2008, S. 4). Auch ökologisch-soziale Dilemmata (vgl. Kapitel 2.3a) lassen sich durch Kommunikation innerhalb eines Kollektivs lösen (Bilharz 2009, S. 120 f.). Bereits im Umsetzungskatalog der Agenda 2113, der Konferenz von Rio, stellten die Vereinten Nationen fest, dass gute Nachhaltigkeitskommunikation eine Unterstützung der Konsumenten bei umwelt- und sozialverträglichen Entscheidungen sein soll. Es 13 „Mit der in Rio (1992) (vgl. Kapitel 1.1a) verabschiedeten Agenda 21 werden detaillierte Handlungsaufträge gegeben, um einer weiteren Verschlechterung der Situation des Menschen und der Umwelt entgegenzuwirken und eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen sicherzustellen.“ (Lexikon der Nachhaltigkeit 2011) 58 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster sollen „klare Indikatoren zur Information […] umgesetzt werden.“ (United Nations 1992, S. 21) Aufgreifend wird im so genannten “Plan of Implementation” als Resultat der Konferenz von Johannesburg 2002 in Punkt III. 15. (d) weiterhin formuliert: “Develop awareness-raising programmes on the importance of sustainable production and consumption patterns, particularly among youth and the relevant segments in all countries, especially in developed countries, through, inter alia, education, public and consumer information, advertising and other media, taking into account local, national and regional cultural values” (United Nations 2002, S. 7) Wie speziell Unternehmen zu nachhaltigem Konsum beitragen können, zeigt Abbildung 16. Die Instrumente sind zwar vielfältig, jedoch stellen Kommunikations- und Marketingkonzepte aufgrund der hohen Aufmerksamkeit der Konsumenten, der Glaubwürdigkeit und des “Commitments” der Unternehmen ein zentrales Instrument dar (UNEP 2008, S. 10). Abbildung 16: Instrumente zur Initiierung nachhaltigen Konsums Quelle: UNEP (2008, S. 10) Letztlich nutzt die Kommunikation in diesem Kontext nicht nur der nachhaltigen Entwicklung. Die Verbraucher können durch Information beispielsweise vor Produkten geschützt werden, die ihre Umwelt, Gesundheit sowie die soziale und politische Unsicherheit in der Welt gefährden. So ist Nachhaltigkeitskommunikation auf den zweiten Blick eine Funktion der Verbraucherpolitik (Bilharz 2009, S. 102 ff.). Wobei in diesem 59 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Zusammenhang auch die dargestellten Instrumente Labeling, Aufbau nachhaltiger Communities, Kooperationen, Transparenz der Wertschöpfungskette und interaktive Webpotale unter den Begriff der Kommunikation fallen. Für Unternehmen kann eine solche Kommunikation einen erheblich Mehrwert zur Folge haben. Da diese in hohem Maße auf stabile Märkte angewiesen sind, wird es wichtig für sie sein, sich künftig um soziale und ökologische Belange zu kümmern, um nachhaltig (hier: im Sinne von langfristig) auf diesen Märkten erfolgreich sein zu können (Lichtl 1999, S. 15). So können Unternehmen relevante Beiträge zur Verbesserung der sozialökologischen Probleme liefern und gleichzeitig Kundenmehrwert schaffen (Belz 2005, S. 19). Es kommt zu einem Doppeleffekt von Motivation der Konsumenten zu nachhaltigerem Konsum und gleichzeitig durch eine unternehmerische Ausrichtung in Richtung Nachhaltigkeit zu einem Reputationsaufbau (Neuner 2001, S. 377 ff.), der nicht selten zu einer Absatzsteigerung und zu Wettbewerbsvorteilen führt (Lichtl 1999, S. 11 f.). So verbessert sie neben der Performance auch die Risikoimmunität in Krisenzeiten (Glathe 2010, S. 34 ff.). c) Bedingungen und strategische Ausrichtung für nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation Häufig herrscht in Sachen Nachhaltigkeitskommunikation Aktionismus statt strategischer Kommunikationsplanung (Ecolog Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung 2006, S. 15 ff.). Letztere ist allerdings zwingend nötig, um Änderungen in den Konsummustern durch kommunikative Maßnahmen zu realisieren, denn erst, wenn der Mensch etwas verstanden hat, kann er sein Verhalten ändern (Ehrhardt 2008, S. 78). Verstehen der Zielgruppe Dafür muss zum einen die Zielgruppe verstanden werden, bevor entsprechende Kommunikationsmaßnahmen umgesetzt werden können. Um zu bewirken, dass sich der Verbraucher verstanden fühlt, muss der Kommunikationsinhalt etwas mit dessen individuellem Nutzen zu tun haben (Muuß und Conrad 2011, S. 3). Diese Voraussetzung für erfolgreiche Kommunikation nennt man Relevanz. Sie ist die Voraussetzung für das Beschäftigen mit einer Botschaft und hat wesentlichen Einfluss auf das Botschaftsinvolvement (Föll 2007, S. 216 ff.). Es ist wichtig, das Verhältnis zwischen 60 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Kommunikator (Marke/Unternehmen) und Rezipienten (Verbraucher) zu analysieren (Ehrhardt 2008, S. 28 ff.). Gemäß Piorkowskys (2001, S. 58 f.) Leitsatz „Holt den Menschen dort ab, wo er ist.“ sollte nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation die konsumpsychologischen und –soziologischen Charakteristika der Zielgruppe berücksichtigen. „Was herkömmliches kommerzielles Marketing schon seit Jahrzehnten tut, nämlich Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, Lebensstilen und Kommunikationsgewohnheiten verschiedener Bevölkerungsgruppen anzusprechen, muss auch die kommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation so umsetzen, um vorhandene, bisher ungenutzte Potentiale für veränderte, nachhaltige Verhaltensweisen zu nutzen.“ (Ecolog Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung 2006, S. 2) (vgl. Kapitel 2.2) Um Informationen über die Risiken unserer Welt zu kommunizieren, ist es unabdingbar, herauszufinden, welches Bild der Verbraucher von diesen Risiken hat. Jedoch herrschen große Differenzen in der Risikowahrnehmung, die nach Kultur, Gesellschaft und Lebensstil differiert. Auf diese Parameter ist der Kommunikationsinhalt individuell abzustimmen (Michelsen 2007a, S. 34). Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 498 ff.) merken in dieser Hinsicht an: „Je stärker die Übereinstimmung der dargebotenen Information mit den vorhandenen Einstellungen der Empfänger ist, desto höher ist die Übernahmewahrscheinlichkeit für die Nachricht.“ Herausfinden von Consumer Insights zur Herstellung von emotionaler Bindung Für die Entwicklung relevanter, differenzierter und glaubwürdiger Kommunikationskampagnen kann das Wissen über Consumer Insights von eminenter Bedeutung sein. Das Konzept soll eine emotionale Bindung zwischen Marke und Konsument ermöglichen. Föll (2007, S. 15 f.) bezeichnet den Begriff als „erleuchtender Gedanke darüber, was Menschen in Zusammenhang mit Marken bewegt“. Ziel der Kommunikationsentwicklung anhand von Consumer Insights sei es, dass der Konsument einen emotionalen Nutzen in diesem Produkt/dieser Marke empfinde (Föll 2007, S. 85 f.). Eine Orientierung am Consumer Insight kann dabei helfen, eine Marke zu profilieren und eine Bindung zum Konsumenten zu schaffen, da er ermöglicht, relevante, differenzierte und somit treffsichere Botschaften zu erstellen. Es geht darum, sich in den Konsumenten hinein zu versetzen und die Maßnahmen auf ihn auszu- 61 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster richten. Dafür ist allerdings eine frühzeitige Orientierung am Konzept im Rahmen der gesamten Markenführung notwendig. Die Insights sollten beim Briefing für die Agentur bereits mitgeliefert werden, sodass ein fließender Übergang von Strategieentwicklung und Kreation vonstattengehen kann (Föll 2007, S. 235). EXKURS: Consumer Insight-Findung nach Föll: Insights lassen sich nur schwer finden, da Konsumentenverhalten immer komplexer und zum Teil auch widersprüchlicher wird. So ist es wichtig, den Konsumenten (die Zielgruppe) genau zu kennen und mithilfe von kreativen Prozessen (vier Phasen: Vorbereitung, Inkubation, Illumination, Verifikation) die jeweiligen Insights herauszufinden. Infolge einer Befragung der Zielgruppe können Insights am sinnvollsten ermittelt werden. In der Vorbereitungsphase dieses Prozesses soll die Informationsbeschaffung dazu dienen, Probleme, Chancen und Möglichkeiten zu erkennen und zu analysieren. In der darunter fallenden Zielgruppenbestimmung werden zunächst Lebensstile, Motive und Einstellungen sowie das Verhalten durchleuchtet. (vgl. Kapitel 2) Darauf erfolgt eine Erweiterung des Wissens, indem die genannte Zielgruppe, der Markt, die Marke und der Wettbewerb untersucht werden. Nachdem nun eine Analyse der Marktsituation aus Konsumentensicht vorgenommen wurde, erfolgt die Identifikation des Forschungsbedarfs. Die Inkubationsphase soll der „Ausbrütung“ von Ideen dienen. Zunächst werden aussagekräftige Hypothesen gebildet, indem die vorhandenen Daten aus der Vorbereitungsphase mithilfe von kreativen Prozessen interpretiert und in anwendbare Informationen transformiert werden. Daraufhin sollten diese Hypothesen überprüft werden. In der Illuminationsphase sollte die Idee und Richtung für die Kommunikationsmaßnahmen bereits bewusst werden. Die Verifikationsphase sollte der gedanklichen Überprüfung und Aufbereitung der Idee in eine kommunizierbare Form dienen. Dies geschieht in der Praxis meist mithilfe eines Kreativbriefings. (Föll 2007, S. 86 ff.) 62 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Abbildung 17: Consumer Insight-Findungsprozess Eigene Darstellung in Anlehnung an Föll (2007, S. 87) Glaubwürdigkeit herstellen Wie einleitend in diesem Punkt bereits erwähnt, geht es nicht nur um das Verstehen der Zielgruppe, sondern auch um das Vertrauen dieser gegenüber dem Kommunikationssender. Wenn die Verbraucher der Marke abnehmen, dass sie Themen wie ökologische oder soziale Verantwortung aufnehmen, spricht man von Glaubwürdigkeit (Muuß und Conrad 2011, S. 3). So erkennen Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 498 ff.): „Mit zunehmender Glaubwürdigkeit des Kommunikators steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kommunikation wirksam wird.“ Prestige ist hier genauso von Bedeutung wie das persönliche Auftreten und seine Herkunft in Bezug auf Zugehörigkeit einer Organisation (Kruse 2007, S. 119 f.). Der Einsatz von neuen, glaubwürdigen Kommunikatoren kann von Vorteil sein (Schrader 2005, S. 62). Besonders wichtig ist es dabei, eine Beeinflussungsabsicht nicht durchscheinen zu lassen. Am glaubwürdigsten lässt sich diese Wirkung erzielen, wenn der Kommunikator Informationen verbreitet, die ihm selbst eigentlich von Nachteil sind, sie gegen die 63 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster eigenen Interessen argumentieren. Am Beispiel nachhaltiger Produkte oder Dienstleistungen könnte argumentiert werden, dass diese zwar gesünder seien, aber zugegebenermaßen auch etwas teurer. So können gezielt vorgebrachte Negativaspekte implizit ausdrücken, dass dies die einzigen oder zumindest die wichtigsten sind. Zudem können Nachteile auch zu Vorteilen umgemünzt werden. Idealerweise sind die negativen mit den positiven Aspekten in Verbindung zu bringen, sodass die Argumentation plausibler wird (Felser 2007, S. 332). Auf der kommunikativen Sachebene kann Glaubwürdigkeit die Motive und Claims14 betreffen, die vor allem nicht konstruiert und „werbisch“ wirken, sondern eben glaubwürdig zur Markenwelt passen. Nachhaltigkeitskommunikation à la: „tue Gutes und rede darüber“ wird oft von Konsumenten als PR abgetan. Um diese Glaubwürdigkeitshürde zu überwinden, müssen Unternehmen nach dem Leitmotiv: „tue Gutes und lasse darüber reden“ agieren. Voraussetzung für die Wahl der Kommunikatoren ist ebenfalls eine gewisse Glaubwürdigkeit derer (Schrader 2005, S. 69 ff.). „Integrität steht dafür, dass sich das Unternehmen hinter der Marke oder dem Produkt umfassend verantwortungsbewusst verhält. Ist dies nicht der Fall, dann kann einem die produktorientierte Nachhaltigkeit gegebenenfalls auf die Füße fallen.“ (Muuß und Conrad 2011, S. 3) Sich als Kommunikator zu verstellen, hilft nur bis zu dem Zeitpunkt, bis der Rezipient erkennt, dass es sich bei seinem Gegenüber um einen Hochstapler handelt. Danach ist der Dialog jedoch faktisch bereits beendet. Der Rezipient wird dem Kommunikator kein Wort mehr glauben, egal wie viel Mühe er sich gibt. Es ergibt sich nicht nur eine Wirkungslosigkeit, sondern ein meist irreparabler Schaden (Ehrhardt 2008, S. 103 f.). Vor allem gelebte Werte und eine integre Unternehmenspolitik können den Kommunikationskampagnen höhere Integrität und somit Glaubwürdigkeit verleihen. Da jenes die konsequente Ausrichtung eines Unternehmens in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Absatz, Logistik, Finanzen und anderen bedeutet, kann es laut Belz und Bilharz (2005b, S. 6 f.) als Grundlage für effektive nachhaltige MarketingAktivitäten angesehen werden. Sie betonen, dass ein Unternehmen erst „im eignen Haus gekehrt“ haben muss, bevor es sich „aus dem Fenster lehnen“ kann. Auch Glathe (2010, S. 34 ff.) erkennt, dass eine Ausrichtung auf Nachhaltigkeit in der Unterneh14 Werbesprache für Slogan: „Als eingängige Werbeaussage, die den Nutzen der Marke hervorhebt.“ (Wifimaku.com) 64 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster menspolitik als eine langfristige Unternehmensstrategie das Vertrauen der Märkte immens erhöht. Transparenz schützt im Endeffekt davor, dass die Integrität jemals infrage gestellt wird. Kommuniziert ein Unternehmen die Verhältnisse, wie sie sind, auch mit den möglichen Missständen, wächst das Vertrauen der Verbraucher und gleichzeitig wird das Unternehmen resistent gegen Anfeindungen aufgrund dieser Missstände. „Unbedingt vermeiden sollten Unternehmen, nur über die Dinge zu reden, die man vorhat zu tun – Marken sollten lieber über Ergebnisse sprechen“, sagt Christian Conrad von der CSR-Kommunikationsagentur brands & values (Muuß und Conrad 2011, S. 3). Wenn Kampagnen und Maßnahmen langfristig und mit ausreichend hohem BudgetEinsatz geplant und durchgeführt werden, nennt man dies in diesem Kontext Commitment. Sind Unternehmen und Marken ausreichend “committed”, wirken sie glaubwürdig und werden entsprechend mit der Thematik in Verbindung gebracht. Dies kann außerdem dadurch erreicht werden, indem langfristig und kontinuierlich kommuniziert wird (Lichtl 1999, S. 156 ff.). Aus der dargelegten Literatur ergibt sich die Annahme, dass in Bezug auf unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Diese Annahme soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit überprüft werden, indem folgende Hypothese aufgestellt wird: Abbildung 18: Alternativhypothese H1 65 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster 2. Zwei Ansätze der Umsetzung des „Elaboration Likelihood Models” a) Zentrale und periphere Route Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person über die Kommunikation nachdenkt und sie verarbeitet, lässt sich an zwei verschiedenen Routen zur Beeinflussung in dem Elabora- tion Likelihood Model verdeutlichen (vgl. Abbildung 19). Weder die zentrale noch die periphere Route wird eher zu einer Einstellungsänderung führen, als die andere. Lediglich die Herangehensweisen sind unterschiedlich. So ist die Beeinflussung über den zentralen Weg zeitbeständiger, resistenter gegen Beeinflussung und wirkt sich deutlicher auf das Verhalten aus. Die Beeinflussung über den peripheren Weg ist jedoch einfacher umzusetzen und wirkt auch häufiger, allein schon, weil Kaufakte mit niedrigem Involvement deutlich häufiger vorkommen. Außerdem wirkt sich Beeinflussung, die bei geringem Involvement stattgefunden hat, noch lange Zeit danach aus, selbst wenn das Involvement mittlerweile höher ist. Abbildung 19: Elaboration Likelihood Model (ELM) Eigene Darstellung in Anlehnung an Felser (2007, S. 327) 66 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Beim zentralen Weg sind vor allem die Argumente wichtig. Mit diesem ist es möglich, vor allem extensive Kaufentscheidungen, die ein hohes Informationsbedürfnis besitzen herbeizuführen. (vgl. Kapitel 2.1b) Auf der peripheren Route gilt zwar Expertenwissen als sehr glaubwürdig, allerdings treten die Argumente eher in den Hintergrund, da der Rezipient wenig nachdenkt und es sich um hoch emotional gesteuerte Prozesse handelt. Diese Kommunikationsform reicht in der Regel aus, um Konsumenten zu limitierten oder impulsiven Kaufentscheidungen zu bewegen (Felser 2007, S. 323 ff.). Lichtl (1999, S. 53) nimmt eine Kategorisierung vor, die dieses Modell auf den gegebenen Zusammenhang überträgt. Je nach der Zielgruppe, die angesprochen werden soll, kann seiner Ansicht nach zwischen sachlich-argumentativer, emotional-argumentativer und radikal-emotionaler Kommunikation unterschieden werden. (vgl. Abbildung 20) Abbildung 20: Gestaltungsformen von Nachhaltigkeitskommunikation Eigene Darstellung in Anlehnung an Lichtl (1999, S. 53) Die sachlich-argumentative Gestaltungsform ist sehr textlastig und beinhaltet rationale Begründungen. Sie erwartet darüber hinaus eine rationale und engagierte Auseinandersetzung. Diese Gestaltungsform gleicht in hohem Maße dem zentralen Weg des ELM. Bei der emotional-argumentativen Gestaltungsform stehen emotionale Stilmittel wie Bilder sowie Sprache oft in Form von Headlines im Vordergrund. Ziel ist es, beim 67 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Zuschauer Gefühle zu erwecken und den Gemütszustand qualitativ und/oder quantitativ zu verändern (Lichtl 1999, S. 53). Die radikal emotionale Gestaltungsform (genutzt von Lichtl (1999) in seiner Abhandlung Ecotainment) geht deutlich über die emotional-argumentative hinaus. So werden Inhalte ausschließlich emotional kommuniziert und es genügt, wenn die Kommunikation als solche wahrgenommen würde. Eine gedankliche Auseinandersetzung sei nicht nötig, so Lichtl (1999, S. 56 f.). Das letztendliche Ziel von Ecotainment sei es, „das latent vorhandene, aber von den materiellen Motiven überlagerte ökologische (und soziale) Bewusstsein so intensiv mit positiven Gefühlen zu verbinden, dass ein dominanter psychischer Nutzen entsteht.“ (ebd., S. 134 f.) Aufgrund der geringen Anforderung an Involvement, Motivation und Kompetenz des Verbrauchers und Rezipienten sowie der sehr oberflächlichen Verarbeitung der Inhalte kann diese emotionale Argumentationsweise mit dem peripheren Weg der kommunikativen Beeinflussung gleichgesetzt werden. Je weniger gebildet und öko-sozial involviert die Zielgruppe ist, desto emotionaler sollte laut Spash und Reisch die Kommunikation sein. Rationale, faktenbasierte Kommunikation solle ausschließlich bei den gebildeten, interessierten, öko-sozial-involvierten Konsumenten genutzt werden (Spash et al. 2008, S. 9 f.). In jedem der beiden Fälle der Beeinflussung von Einstellungen und letztlichem öko-sozialen Verhalten können die in Kapitel 2.3b angesprochenen Phasen, in denen Alltagsroutinen durchbrochen werden, von den kommunikativen Sendern von nachhaltigkeitsorientierter Verbraucherkommunikation zu diesem Zweck genutzt werden (Empacher und Stieß 2007, S. 482). So könnten Verbraucher beispielsweise bei oder nach Umzügen sofort regionale, nachhaltige Einkaufsmöglichkeiten genannt werden, bevor sich die Alltagsroutine auf Edeka und Aldi eingespielt hat. Ähnliches gilt für Angebote der Mobilität wie CarSharing-Angebote, Angebote des ÖPNV, Second Hand Läden und ähnlichem. Die Ansprache müsse in Umfeldern geschehen, die in solchen Umbruch-Situationen angelaufen werden (Schäfer 2002, S. 70). b) Zentrale Route: sachlich-argumentativer Ansatz Die Umsetzung einer sachlich-argumentativen Nachhaltigkeitskommunikationsstrategie kann laut Bilharz (2009, S. 91 f.) mit der Hilfe dreier hauptsächlicher Kommunikationsstrategien (vgl. 68 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Abbildung 21) erfolgen, die in diesem Falle von Teilstrategien durch verschieden große Einflüsse dieser drei Hauptstrategien geprägt sind. Bei Nachhaltigkeitskommunikation, die direkt auf Veränderungen von Verhalten abzielen soll, wird in diesem Zusammenhang die interventions- bzw. handlungsorientierte Strategie angewendet. Die Strategien der bildungs- und partizipationsorientierten Kommunikation können mit ihren Zielen Kompetenz (Bildung) und Empowerment (Partizipation) lediglich als Vorstufen zu einem nachhaltigen Handeln bezeichnet werden. Ihnen wird eine Handlungsferne vorgeworfen, die eine Beurteilung der Zielerreichung erschwert. Sie können jedoch letztlich auch zu einer Veränderung der Einstellungen und des Verhaltens führen. Abbildung 21: Strategien sachlich-argumentativer Nachhaltigkeitskommunikation Eigene Darstellung in Anlehnung an Bilharz (2009, S. 92) Herstellung von Kompetenz beim Verbraucher – Bildung Um dem Verbraucher eine gewisse Kompetenz zu verleihen, scheint es laut Schrader (2005, S. 66) unausweichlich, ihn auf unterschiedlichen Stufen des Problemlösungsprozesses – über die Problemwahrnehmung, Problembearbeitung und Lösungsentwicklung oder die vorhandene Problemlösung – zu informieren und zu bilden. So sollte diese Art Kommunikation die Produktion sowie Transporte, Entsorgung und Nutzung gleichermaßen zum Thema machen, um eine nachhaltige Konsumkompetenz beim Konsumen- 69 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster ten zu schaffen. Vor allem bei Produkten und Dienstleistungen mit großem Hang zu Vertrauenseigenschaften (wie z.B. Anbau eines Lebensmittels) spielt zudem die Vermittlung von Sachinformationen eine große Rolle (Belz und Ditze 2005, S. 77 f.). Die Inhalte dienen der Qualifikation des Empfängers für die Teilhabe an Entscheidungsprozessen. Dies ist nur möglich, wenn diese sich an der Nachfrage der Empfänger orientieren (Severin 2007, S. 66). Eine solche Sensibilisierung ist jedoch auch verantwortlich für die Zahlungsbereitschaft und das Engagement (die Motivation) der Konsumenten, da ein hohes Umweltbewusstsein beispielsweise ein entscheidender Einflussfaktor auf die Resonanz und die Akzeptanz für nachhaltige Inhalte ist (Kuckartz 2006, S. 198 ff.). Diese Bildungs-Kommunikation ist dafür da, im Kontext der Zielerreichung einer nachhaltigen Gesellschaft Bumerang-Effekten nach reinen Interventionskampagnen vorzubeugen (Spash et al. 2008, S. 9 f.). Im Prozess der Problemwahrnehmung ist es zunächst die Aufgabe, ein Problembewusstsein zu schaffen (Glathe 2010, S. 53 f.) und zur Vermittlung von Kompetenzoder einer gewissen Bildung für nachhaltige Entwicklung anzusetzen, sodass beim Rezipienten die Voraussetzung für nachhaltiges Verhalten und Bewertung bzw. Einschätzung von Problemlagen erreicht wird (Spash et al. 2008, S. 9 f.). Um eine Bearbeitung der Probleme zu erreichen, könnten dem Konsumenten zunächst Konsequenzen nicht-nachhaltigen Verhaltens aufgezeigt werden (Glathe 2010, S. 53 f.). Vor allem stehen die Erhöhung individueller Verantwortlichkeit und Kontrolle über die Folgen des eigenen Tuns sowie Moral, Ethik und ein richtiges Naturverständnis im Mittelpunkt (Warsewa 2002, S. 377). Außerdem geht es um die Herausstellung des persönlichen Nutzens nachhaltigen Verhaltens (vgl. Hagedorn 2004). Es ist Verbrauchern nicht (mehr) möglich, jedwede Informationen selbst einzuholen. Sender von Nachhaltigkeitskommunikation sollten den Verbrauchern den Alltag entlasten (Empacher und Stieß 2007, S. 481) und ihm Gelegenheiten zu nachhaltigem Verhalten schaffen (Kuckartz 2006, S. 198 ff.). Auch der Konsumforscher Felser (2007, S. 33 ff.) ist der Ansicht, dass es veritable Strategien sein könnten, entweder die Prioritäten der vom Konsumenten gesetzten Ziele zu verschieben oder ihm neue Wege aufzuzeigen, wie er diese Ziele anders verwirklichen kann, um das Konsumentenverhalten zu formen. 70 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation, die Konsummuster verändern soll, müsse nach Reisch und Kreeb (2007, S. 467) zwei Phasen durchlaufen: Erstens müsse Aufklärung über Problemfelder und zweitens die Bewerbung der eigenen Produkte erfolgen. Diese Phasen ließen sich ihrer Meinung nach am besten durch einen Kommunikator mit gewissem Vorbildcharakter kommunizieren, da im Alltag konkrete Vorbilder für die richtige Verhaltensweise in konkreten Situationen fehlen. Eine Identifikation mit diesen Vorbildern führt zu einer höheren Resonanz, Akzeptanz, zu Engagement und kann sogar zur Nachahmung anregen (Hagedorn 2004). Allerdings stellt die Glaubwürdigkeit dieser Person ein entscheidendes Kriterium dar. Einbindung des Verbrauchers in die Lösungsentwicklung – Partizipation Wenn Nachhaltigkeitskommunikation zu einer Lösungsentwicklung beitragen soll, können partizipationsorientierte Ansätze für eine Aktivierung zur Beteiligung zur Lösungsentwicklung (Empowerment15) beitragen (Bilharz 2009, S. 91 f.). Ohne bürgerliches Engagement oder aktive Mitwirkung der Zivilbevölkerung ist kein Paradigmenwechsel in eine nachhaltige Zukunft vorstellbar. Zwar ist Empowerment ein Instrument der Politik, jedoch kann es ebenso als kommunikatives Instrument von Unternehmen aufgegriffen werden, um seine Kunden zu befähigen, die Welt mit einer Sichtweise, die aus dem Image der Marke heraus kommt, zu verändern. Kommunikation über nachhaltige Entwicklung sollte in diesem Sinne keine Kommunikation in eine Richtung von Sender zu Empfänger sein, sondern vielmehr ein Dialog des Handelns, Lernens und der korrekten Entscheidungsfindung (Seitz 2007, S. 310 ff.). Wenn Konsumenten nicht nur als Empfänger von Nachhaltigkeitskommunikation sondern ihnen eine Plattform als Sender gegeben würde, könnten diese als Multiplikator nachhaltige Inhalte verteilen (Bilharz 2009, S. 114) (vgl. Abbildung 22). 15 Die Strategie um Menschen zu ermächtigen und zu befähigen, sich aktiv an der Gestaltung der weltweiten Lebensverhältnisse einzubringen (Seitz 2007, S. 310 ff.). 71 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Abbildung 22: Partizipative, nachhaltigkeitsorientierte Kommunikationsstrategie Eigene Darstellung in Anlehnung an Bilharz (2009, S. 115) Menschen sind häufig nur bereit, sich auf Einschränkungen einzulassen, wenn sie selbst an der Entscheidungsfindung mitgewirkt haben und/oder die Effekte in ihrem sozialen Umfeld erleben und nachempfinden können (Renn 2001, S. 134 ff.). Brand (2001, S. 26 ff.) fordert eine dialogorientierte Herangehensweise auf partizipativer Basis, um dieses Ziel zu erreichen. Die Menschen sollten in den Prozess eingebunden werden und ihre eigenen Vorstellungen mit einbringen können. Nur dann fühlen sich die Menschen dazu verpflichtet und bringen eine gewisse Bereitschaft mit, sich aktiv zu beteiligen. Andernfalls würde es lediglich als Zumutung wahrgenommen. Natürlich sei es utopisch, alle Menschen in diese Prozesse mit einzubinden. Allerdings müssten Vertreter der verschiedenen Positionen zur Kooperation aktiviert werden, um öffentlich zu zeigen, dass alle eingeladen sind, teilzunehmen. Auch Felser (2007, S. 332) ist dieser Überzeugung und erkennt: „Wenn Sie jemanden überzeugen wollen, ist eine der besten Empfehlungen: Lassen Sie die andere Person die Argumentation selbst entwickeln, von denen sie überzeugt werden soll.“ Es muss zudem erreicht werden, dass Kunden eine positive Erfahrung mit nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen machen, da zufriedene Konsumenten diese im Durchschnitt drei Personen mitteilen. Unzufriedene dagegen teilen ihren Unmut durchschnitt- 72 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster lich elf Personen mit. Mit dieser Dialog-Strategie lassen sich gleichzeitig Umweltvorteile, Sozialvorteile und Wettbewerbsvorteile verbinden und umsetzen (Kirchgeorg 2004, S. 282 ff.). Ergreifen von aktiven, offensiven Maßnahmen – Intervention Das endgültige Ziel von derartiger Nachhaltigkeitskommunikation stellt die letztliche Intervention dar, indem Verbraucher effektiv dazu gebracht werden, nachhaltig zu konsumieren. Im Folgenden werden verschiedene Interventionsformen erläutert, die in den vorangegangenen Seiten noch nicht genannt worden sind. Eine sehr wirkungsvolle Intervention ist eine Rückmeldung über das eigene Handeln. Dieses Feedback kann zu einer bestimmten Handlungsweise, beispielsweise die Kosten bei einer Stromrechnung, eine enorme Wirkung auf den Verbraucher haben. Außerdem kann Motivation durch positive Botschaften (Glathe 2010, S. 53 f.) wie Belohnungen einen besonderen Anreiz geben. Zu nennen wären Lob, Ehrungen oder monetäre Preise. Der Nachteil ist, dass die Verhaltensweise nur aufgrund des Anreizes geschieht. Wenn die Belohnung wegfällt, fällt auch die Motivation aufgrund fehlender intrinsischer Motivation in den Keller und verfehlt eine langfristige Wirkung. Öffentliche oder private Selbstverpflichtung sind Zusagen, die Personen oder Organisationen im Vorfeld machen. Durch sozialen Druck wird diese Zusage verbindlich. Diese ist die wohl wirkungsvollste. Eine mögliche Strategie stellt die Foot in the door-Technik dar. Zunächst wird die Person um einen kleinen Gefallen gebeten, der eine günstige Bedingung für spätere, anspruchsvollere Bitten bietet. Diese Strategie der Selbstverpflichtung zielt auf die Ebene der Motive, wie das Streben nach Selbstachtung und Konsistenz vor sich selbst ab. Die Selbstverpflichtung einer Person kann im Sinne der Vorbild-Funktion zusätzlich als positive Wirkung für andere dienen. Appelle besitzen einen besonderen Einfluss auf Einstellungen und Verhalten (Glathe 2010, S. 84 ff.), sind jedoch wie erwähnt auch mit Vorsicht zu behandeln. Überzeugende Argumente gelten dabei als absolutes Mittel zur Veränderung von Verhalten. Entscheidend ist die Glaubwürdigkeit des Kommunikators. Nachbarn, Familie und Freunde gelten als die glaubwürdigsten. Am überzeugendsten sind Argumente in direkten Gesprächen (vgl. Partizipation) (Henning und Ladineo 2001, S. 183 ff.). 73 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Diese Inhalte dürfen keine unrealistischen Vorstellungen verbreiten, da dies zu hohen Verlusten der Glaubwürdigkeit führen kann (Felser 2007, S. 267 f.). Es müsse laut Schäfer (2002, S. 69) vermittelt werden, dass bereits kleine Schritte große Auswirkungen haben können und beispielsweise Familien nicht ihren kompletten Warenkorb umstellen müssen. Bedeutsam ist zudem, dass Konsumenten wissen, welche Prioritäten sie setzen müssen und welche Alternativen die größten nachhaltigen Effekte besitzen. Dem Konsumenten könnte zudem kommuniziert werden, dass er qualitative, gesunde Ware möchte – vor allem im Lebensmittelbereich – und dass diese Ware ihren Preis kostet (Grefe 2002, S. 293). Das mit Abstand wichtigste Argument und Grund für Markterfolg eines Produktes oder einer Dienstleitung ist schließlich, weil es/sie eben gut ist (Ehrhardt 2008, S. 53 ff.). c) Periphere Route: emotionaler Ansatz „Man muss Nachhaltigkeit zu ‘nem hippen, neuen Style machen. … und das alte Bild vom „Öko“ einfach ersetzen durch was Neues, Frisches, Junges.“ Thomas D. (Musiker und engagierter Nachhaltigkeitsaktivist) Um nachhaltige Produkte einer breiten Masse an Konsumenten schmackhaft zu machen, müssen Produzenten einen Weg finden, diese aus dem alten „Wollsocken-Image“ herauszulösen und „neue Interpretationsschemata“ zu etablieren. Das Ziel sollte es sein, modische Inhalte zu realisieren, ohne dass die Glaubwürdigkeit der Produkte und Marken in Mitleidenschaft gezogen wird (Fischer 2002, S. 127 f.). Traditionelle Elemente der Umweltkommunikation wie ungefärbte Stoffe, Darstellung von Problemen und andere sollten gemäß diesem Ansatz vermieden werden. Diese sind zwar Ausgangspunkt der Kommunikation, aber nicht Teil der Darstellung. Die Interpretationen der Lösungen zu den Problemen könnten dem Rezipienten überlassen werden (Lichtl 1999, S. 147 ff.). Schwieger (2005) ist sogar der Ansicht, der Begriff Nachhaltigkeit müsse aus der Kommunikation verschwinden. Sie könne nur über Emotionen zum Ausdruck gebracht werden. Den Begriff wolle er am liebsten nie wieder hören, die Botschaft dahinter aber immer häufiger sehen. Dies habe den Grund, dass viele Verbraucher Angebote strikt ablehnten, „die nach ‚Öko‘ aussehen oder mit ‚Öko‘ betitelt“ würden. Entweder begegneten sie mit einer abwehrenden Haltung gegenüber 74 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Nachhaltigkeitsthemen oder es herrsche eine „Ablehnung vor allem auf den alltagssprachlichen, unspezifischen Gebrauch des Präfixes“. Noch weniger möchten sie ein „Öko“ sein oder „Öko-Produkte“ kaufen. Sie möchten nicht Teil einer Ideologie sein, die als unrealistisch und weltfremd gilt (Empacher 2002, S. 463). Um Reaktanzen zu vermeiden, ist außerdem Angstkommunikation zu vermeiden (Renn 2002, S. 33 f.). Stattdessen sollten Unternehmen in ihrer Kommunikation eher an anderen Orientierungen anknüpften (Empacher 2002, S. 463). Emotionale Kommunikation Emotionale Kommunikation wird auch „affektive Kommunikation" oder „transformationelle Kommunikation“ genannt. Sie dient der Vermittlung emotionaler Erlebniswerte und bedeutet, dass es mit einem Kommunikationsmittel gelingt, langfristige Gefühle beim Rezipienten auszulösen und einen Wiedererkennungswert zu schaffen. Eine entscheidende Frage ist es, wie nicht vorhandene Emotionen aktiv herbeigeführt werden können und letztlich aus dem riesengroßen Repertoire diejenigen Emotionen angesprochen werden, die zu einer Handlungsweise oder Kaufhandlung führen (Ehrhardt 2008, S. 78). Humor könnte ein Zugang sein, der zu einer Abgrenzung der biederen Umweltkommunikation führen kann (Glathe 2010, S. 106 ff.). Obwohl Emotionen erwiesenermaßen ein Mittel zur Motivation besitzen, hängt es in hohem Maß von der Zielgruppe und dessen Interessensgebieten ab, inwiefern emotionale Kommunikation Interesse weckt oder sogar dadurch nachhaltige Konsumalternativen bevorzugt würden (Lass und Reusswig 2001, S. 150 f.). Lichtl (1999, S. 55 f.) schreibt, man müsse „über das trojanische Pferd des Geltungsnutzens den Sozialnutzen Umweltschutz verhaltenswirksam verankern“ wie auf der strategisch-instrumentellen Ebene „die Emotionalisierung des Erbauungsnutzens durch Werbekampagnen für die Erhaltung der Schönheit der Natur“ nutzen. Thematisch muss das Gezeigte oder Gesagte mit den Erfahrungswelten der Zielgruppe verknüpfbar sein, damit die Inhalte für die Rezipienten nachvollziehbar sind. Vor allem, wenn dem Rezipienten bekannte Details und Wissen sowie Erfahrungen mitgeliefert werden, kommt es zu einer hohen Erinnerung. Einfachheit und Originalität sorgen für gutes Verständnis der Botschaft und eine hohe Wahrnehmung. Ein gewisses Maß an Destabilisierung soll dafür sorgen, dass der Rezipient seine derzeitige Haltung infrage stellt. Die Welt, in der sich die Kampagne abspielt, sollte sich möglichst nah an der der 75 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Zielgruppe befinden, um effektiv zu sein. Zudem sollte dem Rezipienten gezeigt werden, dass er mit der Durchführung der Handlungen mit einem guten Gefühl belohnt wird (Lichtl 1999, S. 147 ff.). Das Erzeugen von Aufmerksamkeit als Bedingung für Erfolg und die Wirkung von Kommunikation ist eine der Eigenschaften von emotionaler Kommunikation. Der Rezipient beschäftigt sich länger mit dem Kommunikationsträger und kann so sowohl mehr Informationen aufnehmen als auch schneller verarbeiten. Weiterhin erinnert er sie in der Regel besser. Erinnerung als solche fördert zudem das Interesse, sorgt für Sorglosigkeit und mindert Irritationen. Emotionale Kommunikation sorgt dafür, dass Kommunikationsinhalte vom Rezipienten mit früheren Erfahrungen zu semantischen Netzen verbunden werden, was von ihm einerseits besser wahrgenommen wird und andererseits auch positiver bewertet wird (Föll 2007, S. 175 ff.). Der individuelle Nutzen Individueller Nutzen lässt sich in Bezug auf Nachhaltigkeit in drei Nutzenmaximen differenzieren. Individueller ökonomischer Nutzen bedeutet, dass das Streben nach Bedürfnisbefriedigung einbezogen werden muss. Ein individueller ökologischer Nutzen könnte ein besserer Geschmack, Gesundheit oder Hautverträglichkeit sein. Diese Eigenschaften sind für alle Konsumenten, unabhängig von der Sozial- oder Umweltaktivität, relevant. Der kollektive Nutzen einer geschützten Umwelt ist zwar wichtig, jedoch nicht der wesentliche Grund von nachhaltigen Konsumhandlungen. Besonders problematisch gestaltet sich individueller sozialer Nutzen, da sich, anders als bei der ökologischen Dimension, kaum positive Wirkungen auf den individuellen Nutzen von Gütern übertragen lassen. Hier lässt sich auf Qualitätsaspekte bei guter Behandlung der Arbeitskräfte oder auf die Selbst- bzw. Fremdachtung hinweisen. Umfragen deuten darauf hin, dass dieser Aspekt bei den Konsumenten immer stärkere Beachtung findet – Kinderarbeit beispielsweise wird als wichtiger angesehen als manche Umweltfragen. Da soziale Aspekte der Nachhaltigkeit noch nicht so intensiv kommuniziert wurden wie ökologische liegt ein Neuigkeitsvorteil vor. Dieser Umstand könnte Nährboden für eine innovative Positionierung sein (Schrader 2005, S. 64 ff.). „Das befriedigende Gefühl entsprechend dem individuellen moralischen Verständnis, das Richtige getan zu haben, ist ein erstrebenswertes Gefühl.“ Das Individuum wird sich für die Alternative entscheiden, die den größeren emotionalen Nutzen garantiert (Lichtl 1999, S. 109 ff.). 76 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Da auf gesättigten Märkten der öko- soziale Mehrwert zum entscheidenden Kaufargument werden kann (Wenzel et al. 2008, S. 60 ff.), ist außerdem bei der Kommunikation von solchen Gütern das Schaffen von Motivallianzen ein sehr wirkungsvoller Ansatz. Motivallianzen können als die Zusammensetzung aus dem Grundnutzen eines Gutes und dem öko-sozialen Zusatznutzen beschrieben werden (Belz 2005, S. 23 ff.). Dabei wird ein im Alltag leicht anwendbarer, verständlicher Charakter der Kommunikationsinformationen angestrebt (Reisch und Kreeb 2007, S. 468 ff.). Motivallianzen sollten nach der Meinung Schäfers (2002, S. 68) intensiver genutzt werden, da diese das Verhalten, wenn der unmittelbare Nutzen bereits als gewöhnlich wahrgenommen wird, stabilisieren. Sie können dazu genutzt werden, um nicht nur durch das Aufzeigen von Handlungsalternativen in ökologischer oder sozialer Hinsicht den Verstand, sondern auch die Gefühle anzusprechen. So ließen sich Produkte und Dienstleistungen mit Attributen wie gesunde Ernährung, Liebe zur Natur oder intelligenter Technik, Ästhetik, Design, Wirtschaftlichkeit, Fitness, Geschmack, Prestige, Luxus, Erotik, Sex, Freiheit, Geselligkeit, Familie und Freundschaft emotional aufladen (Piorkowsky 2001, S. 58 f.; Reisch und Kreeb 2007, S. 468 ff.; Lichtl 1999, S. 147 ff.). Die Allianzen, die dabei entstehen können, sind beispielsweise Gesundheit und Umweltschutz durch ökologische Ernährung oder Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz durch nachhaltige Mobilitätskonzepte. Eine spezifischere Strategie könnte es sein, an „lebensweltlichen Bezügen" wie dem „Geschmack von früher", dem Bedürfnis nach Bewegung und frischer Luft anzusetzen (Schäfer 2002, S. 68). Für die Kommunikation für nachhaltiges Verhalten im Bereich Ernährung ließen sich an den aktuellen Wellness-Hype anknüpfen anstelle von Moral appellierender Kommunikationsmaßnahmen. Vor allem persönliche Erfahrungen können eine Entscheidung unterstützen. Zu nennen wäre beispielsweise eine vielfältige Kulturlandschaft bei Ausflügen in der regionalen oder lokalen Umgebung (Schäfer 2002, S. 68). Nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation muss jedoch ebenfalls den Konsumenten bewusst machen, welchen Nutzen sie aus dem Produkt selbst ziehen 77 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster können (USP statt UAP)16, um die Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten (vgl. Kapitel 2.3a) zu überwinden (Renn 2002, S. 36). Konsumenten dürfen nicht fehlinformiert werden, ergo dürfen Informationen und Eigenschaften nicht durch einen zweifelhaften Zusatznutzen verschleiert werden. Die Kommunikation sollte vor allem nachvollziehbar, authentisch und problembewusstseins-bildend sein. Kommunikationsform und Kommunikationsinhalt dürfen nicht voneinander abweichen. Exemplarisch ist in diesem Zusammenhang eine ökologische Kommunikation auf Hochglanzprospekten (Neuner 2001, S. 377 ff.). Attraktive Vermittlung Um den Betrachter emotional zu mobilisieren und ihn zur Kooperation anzuregen, müssen diese neuen Ideen durch Bilder und Metaphern attraktiv transportiert werden (Brand 2001, S. 19 ff.). Visuelle Kommunikation ermöglicht eine simultane Informationsaufnahme. Bilder wirken sich umso stärker auf Verhaltensabsichten aus, je klarer und prägnanter sie sind. Im Textbereich sollten Sätze benutzt werden, die neben einem sachlichen Inhalt Emotionen anregen und so zu ästhetischen Eindrücken beitragen (Lichtl 1999, S. 153 ff.). So kann es mit Hilfe von Tönen oder anderen Techniken gelingen, den gesamten Aktivierungsgrad zu erhöhen (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 90 ff.) und Assoziationen zu bilden. Bekannte Stücke sind effektiver als unbekannte. Geräusche eignen sich ebenfalls dazu, den Alltagskontext zu symbolisieren (Lichtl 1999, S. 153 ff.). Durch Sinnlichkeit, Leidenschaft, Genuss und Musikalität soll bei den Konsumenten eine Faszination für nachhaltigen Konsum im täglichen Leben sowie zur Veränderung deren Einstellungen verursacht werden (Lichtl 1999, S. 11 f.). Gerüche können insbesondere Qualität und Natur in einem kaum vergleichbaren Maß unterstützen.17 Man kann sich ihnen nicht entziehen und sie aktivieren biologische Reaktionen, die vom Konsumenten kaum steuerbar sind. Jedoch gibt es kaum ein Massenmedium, welches Gerüche transportieren kann. Beispiele sind höchstens Proben in Zeitschriften, Gerüche bei Messen oder ähnlichem (Lichtl 1999, S. 153 ff.). 16 Unique Selling Proposition: „Unverwechselbares Nutzenangebot“; Unique Advertising Proposition: „Emotionale Alleinstellung des Angebots in der Vorstellung des Verbrauchers“ (vgl. Kotler et al. 2007, S. 377 f.) 17 Opel hatte bei ihrem Auftritt auf der IAA beispielsweise den Geruch von frischem Moos verteilt, um besonders „grün“ zu wirken 78 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Um emotionale Inhalte wirkungsvoll im Sinne von aufmerksamkeitsstark, interessant und sympathisch zu kommunizieren, ist es eine veritable Strategie, die Botschaften von sympathischen, glaubwürdigen Kommunikatoren zu überbringen. Diese Art der Kommunikatoren, die als Vorbildcharaktere dienen sollen, können Experten, Prominente oder Menschen „wie du und ich“ sein. In der Werbesprache werden sie Testimonials genannt. Je ähnlicher sich Personen in Aussehen, Einstellungen, Werthaltungen, Interessen, Neigungen und sogar Zufälligkeiten wie beispielsweise Geburtstag oder Name sind, desto sympathischer finden sie sich, da sie dadurch soziale Bestätigung erlangen (Ehrhardt 2008, S. 32). Ein sicheres Wiedersehen mit einer sympathischen Person macht sie sogar noch sympathischer. Personen, die nicht nur verlangen, sondern auch geben, sind sympathischer und attraktiver. Ein Dialog ist in der Kommunikation außerdem wirkungsvoller als ein Monolog. Wenn Menschen Personen mit positiven Dingen assoziieren, steigt die Sympathie. Als Beispiel könnte der Kartenverkäufer im Kino dienen, der bessere Chancen als ein Polizist hat, bei Personen als positiv wahrgenommen zu werden. Attraktive Menschen wirken wärmer, sensibler, freundlicher, entgegenkommender, interessanter, stärker, ausgeglichener, bescheidener, geselliger, fähiger, charakterstärker, prestigeträchtiger, vielschichtiger, aufnahmefähiger, umsichtiger, zuversichtlicher, selbstsicherer, glücklicher, kooperativer, freimütiger, humorvoller, selbst beherrschter und flexibler. Menschen haben den Eindruck, attraktive Menschen würden generell ein besseres Leben führen (Felser 2007, S. 255 ff.). Da der Mensch sich ständig mit anderen vergleicht, um sich Maßstäbe und Normen zu schaffen, Urteile zu bilden, Entscheidungen zu fällen und für den Erwerb neuer Verhaltensweisen, sind all diese Dinge zu beachten, wenn es um ein wirkungsvolles Vorbild als Kommunikator geht, der dabei helfen soll, nachhaltige Konsummuster zu etablieren (Felser 2007, S. 239 ff.). Wenn eine Kommunikationsmaßnahme zu gefallen weiß, kann dies die Wirkung deutlich beeinflussen, da das Gefallen für eine positive Einstellung gegenüber dem Objekt sorgt und letztlich Markenloyalität unterstützen kann. Wichtig ist dieser Aspekt insbesondere, wenn zum entsprechenden Objekt noch kaum fixe Einstellungen bestehen. Innere Gegenwirkungen können durch diese Wirkung ausgeschlossen werden, was kognitiven Dissonanzen entgegenwirken kann (Föll 2007, S. 175 ff.). 79 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster d) Konklusion Um eine Veränderung von Einstellungen gegenüber einer Marke oder einem Produkt zu erreichen, müssen sowohl informative als auch emotionale Argumente gefunden werden. Die Ausnahme gilt bei gesättigten Märkten, wo das Produkt nicht erklärt werden muss (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 100 ff.) und emotionale Werte den Ausschlag geben können. Unternehmen befinden sich mit nachhaltigen Gütern zwar auf gesättigten Märkten, jedoch in einem Sub-Markt, sodass nicht nur mit Emotionalität, sondern auch mit Qualitätsunterschieden geworben werden muss (ebd., S. 168 ff.). Aussagen von Konsumenten bestätigen, dass insbesondere Kommunikation über nachhaltige Aspekte glaubwürdig und unterhaltsam zugleich sein soll. Dazu soll sie Sachinformationen über die Vorteilhaftigkeit von nachhaltigem Konsum vermitteln sowie Emotionen und Lebensstil (Belz und Ditze 2005, S. 75). Der erste Schritt sollte die Erlangung der Aufmerksamkeit, das Interesse und die Sympathie der Zuschauer über positive Emotionen und Entertainment darstellen. Die Aufmerksamkeit der Konsumenten erhält ein Kommunikator über die Aktivierung, da Konsumenten rationale Informationen allein nicht aufnehmen, wenn sie nicht durch bestimmte Signale animiert werden. Da nachhaltige Produkte oft mehr kosten als konventionelle, wird deren Kommunikation ohnehin mit besonderem Argwohn betrachtet (Belz und Ditze 2005, S. 77 f.). Die Steigerung dieser Aktiviertheit ist das erste strategische Ziel der Kommunikationsmaßnahme. Diese sollte bei Emotionen, Motiven und Einstellungen der Konsumenten ansetzen (vgl. Kapitel 2) (Felser 2007, S. 33 ff.). Weniger Aktivierungstechniken bedeuten, dass mehr Wiederholungen notwendig sind (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 90 ff.). Kreativität kann allerdings für Wahrnehmung und Durchschlagskraft sorgen (Föll 2007, S. 21 ff.). Erst als zweiten Schritt sollte die Übertragung von überzeugenden, kognitiven Botschaften dazu dienen, die Konsumenten zu informieren und die zuvor angesprochenen Einstellungen bis hin zu einer Verhaltensänderung zu bestätigen (Spash et al. 2008, S. 10). Einer der beiden Aspekte sollte überwiegen, meint Föll und postuliert ebenfalls, dass der größte Effekt damit erzielt würde, indem das Objekt zunächst emotional darstellt und dann rationale Informationen als Beweis und Bestätigung folgen würden (Föll 2007, S. 143 ff.). Belz und Ditze (2005, S. 91 f.) sind hingegen der Ansicht, dass bei einer langfristig angelegten Kampagne zunächst erklärende Informationen bezüglich Produkteigen- 80 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster schaften unerlässlich für den Aufbau von Glaubwürdigkeit und Vertrauen seien. Erst danach könnten emotionale Stilelemente und Kosten-Nutzen-Aspekte eingebaut werden. Neuner (2001, S. 377 ff.) unterstützt diese Aussage und erklärt, dass sachliche Argumente sowie eine Orientierung am Grundnutzen bei den Inhalten im Vordergrund stehen sollten. Doch emotionale Inhalte könnten dafür sorgen, Zusammenhänge erfolgreich zu kommunizieren. Scheinbar ist situativ zu entscheiden, in welcher Reihenfolge die beiden Gestaltungsmöglichkeiten einzusetzen sind. Diese Entscheidung sollte letztlich abhängig vom zu kommunizierenden Objekt und der Zielgruppe getroffen werden. Dabei sollte laut Bilharz (2009, S. 94) auf eine Vielzahl von Einzelstrategien gesetzt werden. Der Inhalt und die Gestaltung von Kommunikationsmaßnahmen sollten zudem präzise, leicht zu verstehen, personalisiert und lebendig sein. Auch sollten die Informationen zielgruppengerecht an den Wissensstand der Empfänger anknüpfen, um Aufmerksamkeit zu wecken (Kruse 2007, S. 119 f.). Erfolgreiche Strategien zur Motivation zu nachhaltiger Konsumweise müssen an den motivationalen, fördernden Punkten ansetzen sowie hemmende Faktoren berücksichtigen. Darüber hinaus gilt es, ambivalente Ansatzpunkte zu motivationalen zu machen, um diese fruchtbar werden zu lassen (Empacher 2002, S. 459 f.). Abbildung 23: Alternativhypothese H2 3. Instrumentelle Umsetzung Die Medienwahl hängt vor allem von der Zielgruppe und vom Zweck der Maßnahmen ab. Ebenso ist der zeitliche Rahmen zu betrachten. Es gilt vor allem Medien auszuwählen, die zur weiteren Informationssuche anregen und Wissen über die komplexen Themenbereiche der Nachhaltigkeit fördern (Kruse 2007, S. 119 f.). Bei der Wahl des Kommunikationsträgers gelten weiterhin dessen Gehalt der Glaubwürdigkeit, Prestige und Image als ausschlaggebend (Lichtl 1999, S. 156 ff.). 81 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Man unterscheidet persönliche Kommunikation, so genannte „face-to-face- Kommunikation“ mit Response-Möglichkeit von Massenkommunikation, die meistens eine reine Einwegkommunikation über Massenmedien ist. Die Ausprägungen der Merkmale werden in der folgenden Tabelle dargestellt. Persönliche Massen- Kommunikation Kommunikation Umfang des Empfängerkreises Homogenität des Empfängerkreises Kontaktfrequenz Kontaktintensität Distanz: Sender - Empfänger Feedback: Empfänger - Sender Merkmale Tabelle 2: Merkmale von persönlicher Kommunikation und Massenkommunikation Eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 502) Persönliche Kommunikation ist zwar ineffizienter als Massenkommunikation, allerdings auch wirkungsvoller (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 498 ff.). Massenmediale Unterhaltungskonzepte können im Besonderen für die Ansprache der desinteressierten Zielgruppen genutzt werden (Reisch und Kreeb 2007, S. 469). Der Nutzen wird laut Lichtl (1999, S. 170 ff.) limitiert bleiben, solange sich diese Art der Verbraucherkommunikation nicht sehr viel weiter verbreitet. Kampagnen müssen in verschiedenen Märkten und verschiedenen Medien durchgeführt werden, um flächendeckend zu wirken. Da Unternehmenskommunikation auch immer einen sehr prägenden, aktuellen Zeitgeistcharakter besitzt, läge der Optimalfall darin, dass Nachhaltigkeits-Inhalte auch in Massenmedien weitergeführt würden. Fernsehen als das Sinnbild der Massenkommunikation besticht aufgrund seiner Audiovisualität durch eine hohe Aufmerksamkeit, ein Gefühl der Vertrautheit, Aufbau emotionaler Bindungen und Einfluss auf das Verhalten der Zuschauer. Es kann zu Wechselwirkungen bis hin zu Empathie, Identifikation und parasozialer Interaktion kommen. 82 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Inwiefern sich das Gezeigte auf das Verhalten des Zuschauers auswirkt, ist vom Lebenskontext, Werten und Erfahrungen abhängig (Glathe 2010, S. 70 ff.). Allerdings besteht immer weniger Interesse an so genannter Push-Kommunikation wie TV-Werbung, dafür aber an Pull-Kommunikation, wo Konsumenten und Unternehmen einen Dialog führen, Meinungen äußern und austauschen können. Dies ist beispielsweise mit Kommunikation über die als „neue“ Kommunikationsinstrumente bezeichneten, digitalen Medien wie Mobile- oder Web 2.0-Kommunikation möglich (Spash et al. 2008, S. 10), da sie komplexe Zusammenhänge oft besser vermitteln können. Mithilfe einer neuen Art der Gestaltung von Nachhaltigkeitskommunikation könnten gering involvierte Konsumenten angesprochen werden (Schrader 2005, S. 62). In Blogs werden beispielsweise Informationen und Tipps sowie Denkanstöße, Aufklärung und Kritik, aber auch Aufrufe zu Beteiligung an Aktionen gegeben. Die Möglichkeiten sind so vielseitig wie wohl bei keinem anderen Medium. Die Inhalte bleiben meist lange erhalten und sind mittlerweile, zumindest in Industrieländern, einer breiten Masse zugänglich. Zudem herrscht eine unglaubliche Themenvielfalt, an die die verschiedensten Zielgruppen anknüpfen können. Ein immenses Potential birgt auch die Internationalität. Gerade in Weblogs sind die Kommunikatoren oft mit einer großen Glaubwürdigkeit behaftet und können so nachhaltige Verhaltensweisen ausbilden und stärken (Glathe 2010, S. 117 ff.). Kanäle in der Nische für nachhaltigen Konsum nehmen immer größere Formen an. Utopia beispielsweise ist ein soziales Netzwerk, welches auf nachhaltigen Konsum spezialisiert ist. Hier können nicht nur Tipps und Informationen zu nachhaltigen Produkten, Unternehmen und Umweltorganisationen angeschaut werden. Die User können sich interaktiv über all diese Themen austauschen und so am Kommunikationsprozess teilhaben. Ein Einkaufshelfer für alle Bedarfsfelder nachhaltigen Konsums sorgt darüber hinaus für Aufklärung. Auf den großen Portalen wie Facebook oder google+ ließen sich schnell viele Freunde für nachhaltige Projekte finden, da die Reichweite enorm hoch ist. Bei Betagreenaction.de können Konsumenten selbst Kampagnen starten. Auf Wikigreen oder Zukunftswissen.org wird ein enormes Wissen über Nachhaltigkeit und nachhaltiges Handeln gesammelt, geteilt und vermittelt. Dies ist möglich, da es im Web 2.0 jedem freigestellt ist, eigene Informationen, Videos und Fotos zu veröffentlichen, an Diskussionen interaktiv im Dialog teilnehmen zu können und zu kommentieren. Die 83 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster ganzheitliche Vernetzung von Institutionen, Personen und der Zusammenschluss von Interessensgruppen führen zu Kollaborationen, die kollektive Wissenssammlungen zur Folge haben (Glathe 2010, S. 109 ff.). Insbesondere die überwiegend junge Nutzerschaft digitaler Medien bietet immense Chancen für die nachhaltige Entwicklung. Glathe (2010, S. 73 ff.) ist sich sicher, dass meinungsbildende Kommunikation heute und in Zukunft immer mehr durch Online-Medien geschehe. Nichts desto trotz können klassische Medien18 unter anderem dazu verwendet werden, die Konsumenten via Pull-Kommunikation auf die Internetseite zu bringen und sie so dazu zu bringen, zu Nutzern, Lesern und handelnden Akteuren zu werden (Spash et al. 2008, S. 10). Eine sehr wirkungsvolle Methode, Verbraucher zu nachhaltigen Konsummustern zu animieren, ist Kommunikation direkt am Point of Sale. Da eine Annäherung von Fremden immer zaghaft geschieht, muss es den potentiellen Käufern von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen durch Probe-oder Schnupper-Angebote leicht gemacht werden, sich anzunähern (Verkaufsförderung) (Ehrhardt 2008, S. 32). Aktivierungswirkungen durch Kommunikationsmaßnahmen am PoS haben einen entscheidenden Einfluss auf das Kaufverhalten (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 90 ff.) und sind insbesondere bei habitualisierten Kaufentscheidungen (vgl. Kapitel 2.1b) von großer Bedeutung (ebd., S. 400 ff.). Gratisproben gelten als Gefälligkeiten, wonach ein Gegendienst folgen kann – zum Beispiel ein Kauf, nachdem das Produkt oder Dienstleistung überzeugt hat (Felser 2007, S. 267 f.). Wenn Verbraucher ein Produkt „zum Spaß“ probieren können und somit die Entscheidung nicht für immer tragen müssen, fällt es diesen zudem leichter, Vorurteile abzubauen und den nachhaltigen Konsum als positiv wahrzunehmen (Schäfer 2002, S. 69 f.). Um Verbrauchern überhaupt Orientierungsmöglichkeiten zu geben, könnten Nachhaltigkeitslabels wie beispielsweise in Kapitel 1.2c diesen Prozess fördern. Wie angedeutet sollten jedoch Systemzusammenhänge zwischen sozialen, technischen und ökonomischen Parametern berücksichtigt werden (Brand 2008, S. 53 f.). Unter diese Kategorie können ebenfalls Prompts gezählt werden. Sie sind Hinweise, die zu bestimmten 18 Unter klassische Medien werden traditionelle Offline-Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Fachzeitschriften und Anzeigenblätter, Außenwerbung wie Plakate oder Verkehrsmittelwerbung, Fernsehen, Hörfunk und Kino bezeichnet. (Kotler et al. 2007, S. 654 f.) 84 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster umweltgerechten Verhaltensweisen auffordern. Die können sich auf Verpackungen, Schildern, Aufkleber oder ähnlichen Werbeträgern befinden. Sie sollten auffällig und nicht allzu befehlend sein (Henning und Ladineo 2001, S. 183 ff.). Multisensuale Formate könnten dafür eingesetzt werden, zielgruppenorientiert Produkten und Konsumpraktiken entsprechende symbolische Bedeutung beizumessen. Diese Medienformate trotzen letztlich sogar eher der Nicht-Wahrnehmung in der Informationsflut der heutigen Medienwelt (Reisch und Kreeb 2007, S. 469).Der Einsatz von Guerilla-Marketing könnte in Betracht gezogen werden, um als „cool“ wahrgenommen und mit etwas Überraschendem, Neuem assoziiert zu werden (Ecolog Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung 2006, S. 15 ff.). Empfehlungen zur Medienauswahl Abschließend sollen Empfehlungen von Experten wiedergeben, welchen Medien-Mix Nachhaltigkeitskommunikation anstreben sollte, um möglichst verhaltenswirksam auf die Konsummuster zu sein. (vgl. Tabelle 3) Visuelle Medien wie Kino, Fernsehen, Internet und Subformate dieser sind in der Kommunikation solch komplexer Botschaften wie nachhaltiger Konsum am sinnvollsten (Reisch und Kreeb 2007, S. 469). Lichtl (1999, S. 156 ff.) empfiehlt diese als hauptsächliche Medien für Kommunikation zur Vermittlung bewegter, emotionaler Bildwelten. Additiv nennt er noch Zeitschriften, Radio und Außenwerbung, die einen unterstützenden Charakter haben sollen. Laut Schrader (2005, S. 62) kann Werbung zwar ein wirkungsvolles Instrument sein, andere Instrumente wie Public Relations, Ökosponsoring, Verkaufsförderung sowie interne Kommunikation sind seiner Ansicht nach jedoch ebenso wichtig. Der Einsatz von PR kann nach Belz‘ (2005, S. 23 ff.) Ansicht hilfreicher sein als klassische Werbung. Außerdem seien Öko- und Sozial-Labels unersetzlich, um dem Konsumenten die Auswahl zu erleichtern und, da sie durch unabhängige Organisationen vergeben werden, ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit verleihen. Die Güter müssen den Weg in für den Kunden leicht erreichbare Läden finden, um eine hohe Marktdurchdringung zu erreichen. Michelsen (2007a, S. 37) empfiehlt vor allem Social Marketing, Online-Maßnahmen, Ausstellungen und Bildungsmaßnahmen einzusetzen, um nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation umzusetzen. 85 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster Wobei Schrader (2005, S. 67 f.) postuliert, Offline- und Onlinekommunikation müssten kombiniert werden, empfehlen Reisch und Kreeb (2007, S. 469) ein medial vielfältiges Potpourri an Medien zielgruppenspezifisch anzusteuern, um hohe Aufmerksamkeit zu erlangen. Laut Seitz (2007, S. 310 ff.) haben Strategien der Partizipation im Bereich der Nachhaltigkeitskommunikation mehr Auswirkungen auf eine positive Gesellschaftsentwicklung als durch massenmediale Kampagnen das Nachhaltigkeitsbewusstsein heben zu wollen. Wenngleich diese Instrumente und Strategien komplementär und unterstützend eingesetzt werden können. Werbung Verkaufs- Public förderung Relations Öko- und Persönlicher Verkauf Direktmarketing Partizipaton Sozial-Labels TV-Werbung Ökosponsoring Kino-Werbung Internet-Werbung Print-Werbung Ausstellungen und Soziale Online- – Messen Kommunikation Radio-Werbung Bildungs- Außenwerbung maßnahmen Tabelle 3: Medien-Mix für nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation 4. Herausforderungen für eine nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation Die Kommunikation von bestimmten Aussagen zu „optimalem“ Konsum an verschiedene Zielgruppen ist ein schwieriges Unterfangen (Reisch und Kreeb 2007, S. 465). Diese Annahme manifestiert sich unter anderem im Kommunikationsmodell von Friedmann Schulz von Thun (1981). Dies besagt, dass jeder Kommunikationsvorgang nicht lediglich der Informationsvermittlung dient, sondern es sagt auch etwas über das Selbstverständnis des Senders und dessen Verhaltenserwartungen an den Empfänger sowie das Verhältnis der beiden Kommunikationspartner aus. Dieses Modell impliziert, dass die gleiche Nachricht völlig unterschiedlich dargebracht werden kann. Die Selbstoffenba- 86 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster rung, die Beziehung und der Appell sind in diesem Zusammenhang allerdings eher als Hintergrund vorauszusetzen, als dass sie ausgesprochen würden (vgl. Lass und Reusswig 2001, S. 160 f.). Abbildung 24: Das Kommunikationsquadrat nach Schultz von Thun Eigene Darstellung in Anlehnung an Schulz von Thun-Institut für Kommunikation Viele Sachverhalte im Sinne nachhaltiger Entwicklung sind für Unternehmen ohnehin schwer zu kommunizieren. Dazu zählt beispielsweise der Konsumverzicht (vgl. Kapitel 1.2b: Suffizienz). Dieser steht der ökonomischen Aufgabe von Unternehmen entgegen, die dafür zuständig sind, Konsum zu fördern, um somit ihren Absatz zu erhöhen. Eine kommunikative Förderung nachhaltiger Konsummuster gestaltet sich schwierig, da in unserer heutigen „Spaßgesellschaft“ Vernunft und Moral-Appelle oft auf Abwehr treffen. Niemand lässt sich schließlich gern vorhalten, unvernünftig oder verantwortungslos und unmoralisch zu sein (Brand 2001, S. 21 ff.). Kommunikationsmaßnahmen für nachhaltige Handlungs- oder Konsumalternativen wirken kontraproduktiv, wenn sie implizit andere, bisherige Handlungs- und Konsummuster diskreditieren und limitieren (Ziemann 2007, S. 129). Diese Reaktanzen werden von Werbern zu minimieren versucht, um Werbeerfolg zu maximieren und den Konsum an nachhaltigen Gütern zu steigern. Andererseits versucht die Konsumerziehung mit ihren Aufklärungsversuchen und Sensibilisierungen genau das Gegenteil – der angesprochene Konsumverzicht. Hieraus entsteht eine bedeutende Diskrepanz, obwohl beide Strategien dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung folgen (Bilharz 2009, S. 112). Es entsteht darüber hinaus eine paradoxe Situation. „Je stärker Nachhaltigkeit thematisiert und eingefordert wird, desto weniger erzeugt sie Aufmerksamkeit und Veränderungsdruck [...] bei Konsumenten...“ (Ziemann 2007, S. 129 f.). Kuckartz (2006, S. 167 87 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster ff.) ist der Ansicht, der Begriff und das komplette Leitkonzept könne so nicht mehr kommuniziert werden, da bereits so lange lediglich halbwegs und teilweise sogar falsch darauf hingewiesen wurde, dass Bürger sich nicht komplett damit identifizieren können. Wenn ein Thema der Nachhaltigkeit in den Medien kommuniziert wird, treten bereits nach kurzer Zeit Ermüdungseffekte ein und das Thema wird uninteressant. Eine alarmistische Haltung in der Nachhaltigkeitskommunikation ist ergo nicht geeignet – Lichtl (1999) nennt diese Reaktion „environmental overfeed“. Aus diesen Fakten ergibt sich eine bestimmte Abstraktheit in Bezug auf Nachhaltigkeit, die dazu führt, dass sich Menschen davon nicht betroffen und somit nicht angesprochen fühlen (Buchholz et al. 2002, S. 238). Der durchschnittliche Konsument zeigt laut Umfragen ohnehin wenig Interesse an Hintergrundinformationen (Grunwald 2002, S. 438 f.). Die maßlose Überflutung mit Informationen für die Verbraucher erschwert die Wahrnehmung von möglicherweise sogar relevanten Inhalten (Wiswede 2000, S. 46). Angesichts dessen und der damit einhergehenden Wirkungslosigkeit von Verbraucherkommunikation – 85 Prozent verpufft wirkungslos, nur zwei Prozent der durch Massenmedien transportierten Informationen wird auch aufgenommen (Kroeber-Riel und Weinberg 2003, S. 90 ff.) – sind Ausgaben für die Bewerbung von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen für klassische Werbung zu hinterfragen (Felser 2007, S. 4 f.). "Die Konsumenten sind heute kritischer, aber nicht informierter. Es gibt eine Flut von Informationen, doch die Menschen sind überfordert und wissen nicht zu differenzieren. Sie sind scheininformiert." Jürgen Stellpfug von Ökotest Hinzu kommt, dass intellektuelle Werbung, die unterhaltsam ist, nur eine kleine Bevölkerungsgruppe erreicht. Oft wird sich allerdings nicht an die Marke, sondern an die Pointe des Spots erinnert. Insofern ist das eigentliche Ziel verfehlt (Ehrhardt 2008, S. 89). Die Akzeptanz von Verbraucherkommunikation ist zudem schwankend. Einerseits, wenn Konsumenten der Meinung sind, dass die Kommunikation gut gemacht ist, besteht eine gewisse Faszination. Auf der anderen Seite geben befragte Konsumenten an, oft keine glaubhaften Informationen zu erhalten und anstatt dessen dazu animiert zu werden, Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen. Sie wird von ihnen als lästig, 88 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster aufdringlich wahrgenommen, außerdem verteuere sie die Produkte. Die Akzeptanz ist in den letzten 25 Jahren deutlich gesunken (Felser 2007, S. 2 ff.). Manipulativer Werbung wird im Zusammenhang der Nachhaltigkeitskommunikation vorgeworfen, dem ethischen, nachhaltig handelnden und aufgeklärten Menschenbild zu widersprechen. Zudem sei der Rezipient der Werbung hilflos ausgeliefert. Der Soziologe Niklas Luhmann (2004) kritisiert, dass Werbung bewusst und ungeniert mit den Motiven der Konsumenten umgeht, gerade weil es kein Geheimnis sei, dass Werbung manipulierend wirken soll. Darüber hinaus postuliert Luhmann, dass der Rezipient immer weniger mitbekomme, wann er manipuliert werde. Außerdem erkenne er einen deutlichen Hang zu mehr Bildsprache auf Kosten von informativer Kommunikation. Jedoch erscheint es aus Sicht von Lichtl (1999, S. 58 f.) legitim, emotionale, manipulierende Werbung und Verbraucherkommunikation im Sinne eines verhaltensändernden Paradigmenwechsels in sozial-ökologischer Hinsicht einzusetzen. Unternehmen haben oft Schwierigkeiten mit der Kommunikation der eigenen Maßnahmen. Das größte Problem dabei besteht im Fehlen einer einzigen anerkannten Definition von dem ultimativ richtigen nachhaltigen Verhalten. So bedienen sich Unternehmen unterschiedlicher, für sie in ihrer Situation angepasster und vorteilhafter Interpretation des Leitbildes und dessen Umsetzung (Mast und Fiedler 2007, S. 569). Es kommt nicht selten zu so genannten „Greenwashing”-Kampagnen, die dem Unternehmen zwar eine grüne Farbe verleihen, jedoch oft nicht von großer Substanz im Hintergrund zehren (Glathe 2010, S. 34 ff.). Dieses „Greenwashing” sorgt dafür, dass die Integrität des Kommunikations-Senders enorm fällt. Eine Kommunikation von lediglich positiven Aspekten und Problemlösungen, die Unternehmen oft anstreben, da negative Inhalte oft gescheut werden, führen selten zu hoher Glaubwürdigkeit. Verbraucher durchschauen Oberflächlichkeit oft und dies führt letztlich zu Glaubwürdigkeitsverlusten für das Unternehmen (Buchholz et al. 2002, S. 238). Doch für Unternehmen ist eine glaubwürdige, gute Nachhaltigkeitskampagne nicht einfach umzusetzen. Die Komplexität der Vernetzung zwischen den drei Dimensionen, die vielschichtige Einzelaspekte beinhalten, stellt eine große Herausforderung dar. Dies benötigt im Unternehmen und/oder bei dessen Kommunikationsagentur entsprechende Expertise, da Wechselwirkungen zwischen den Dimensionen entstehen können, die, wenn sich das Unternehmen lediglich mit der Kommunikation einer Maßnahme be- 89 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster schäftigt, schnell zum Verhängnis werden können. Zum Beispiel, wenn sie in einer anderen Hinsicht nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind und dies nicht bedacht haben (Mast und Fiedler 2007, S. 569 f.). Es kann für Laien zudem schnell zu Widersprüchlichkeiten und Verständnisproblemen kommen, weil die Komplexität der Zusammenhänge kaum in pointierten Kommunikationsbeispielen vermittelt werden kann (Mast und Fiedler 2007, S. 170 f.). Letztlich herrschen Grenzen von Kommunikation in diesem Zusammenhang. Technische Versorgungssysteme prägen die angesprochenen, routinierten Konsummuster in unserer heutigen Gesellschaft, sodass die Konsumentensouveränität häufig durch Rahmenbedingungen wie technische Versorgungs- und Infrastrukturprobleme, Marktangebote, Haushaltseinkommen, soziale Standards, Gruppennormen und Alltagsarrangements eingeschränkt wird (Brand 2008, S. 53 f.). Verhaltensänderungen durch kommunizierte Innovationen dagegen können in nachhaltig gemeinter Hinsicht auch Schritte in die falsche Richtung beinhalten. So kann es bei der Bewerbung von Car-Sharing-Konzepten dazu kommen, dass Nicht-Auto-Besitzer das Angebot wahrnehmen, obwohl sie sonst die Bahn benutzen würden. Die Frage ist, unter welchen Bedingungen nachhaltige Nutzungsstrategien eine reale Verringerung der Umweltbelastung erwirken (Buchholz et al. 2002, S. 238). Der Einsatz eines großen Werbeetats kann in der Lage sein, ein bestimmtes Produkt in den Markt zu drücken. Doch ist diese Vorgehensweise schwierig für das tief gehende Leitbild der Nachhaltigkeit (Kuckartz 2006, S. 72 ff.). Dieser Aspekt der beschränkten finanziellen Mittel bei der Umsetzung von Zielgruppen gerichteten Nachhaltigkeitskommunikationsmaßnahmen stellt ein großes Problem dar (Bilharz 2009, S. 145). Insbesondere bei den klassischen Medien TV-Spot und Print-Anzeige entsteht eine hinreichende Wirkung erst nach unzähligen Wiederholungen. Diese sorgen zusätzlich zu immensen Kostenerhöhungen (Föll 2007, S. 161 ff.). Emotionale Kommunikation ähnelt sich sehr oft und eine Differenzierung vom Wettbewerb ist so nicht immer möglich, da das Spektrum der positiven Emotionen nicht ausreicht, um alle existierenden Marken eine differenzierte Identität zu verleihen (Föll 2007, S. 141). Das Unternehmen sollte nach Reisch und Kreeb (2007, S. 469) nicht in die Illusion verfallen, alle Menschen von der sinnvollen Idee der nachhaltigen Entwicklung und des 90 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster nachhaltigen Konsums überzeugen zu können. Es wird immer Menschen geben, die schlichtweg kein Interesse daran haben und eine explizite Abwehrhaltung einnehmen. 91 Kapitel 3 – Verbraucherkommunikation im Kontext nachhaltiger Konsummuster EMPIRISCHER TEIL 92 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Kapitel 4 – Empirische Untersuchung 1. Zielsetzung der Studie Die Problemstellung der Arbeit aufgreifend (vgl. Einführung in das Themenkonstrukt) haben sich während des Theorieteils im Zuge eines ausführlichen Literaturstudiums die folgenden Hypothesen herauskristallisiert: Abbildung 25: Übersicht über die zu überprüfenden Hypothesen 93 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Eine Zielsetzung der folgenden Markforschungsstudie war es, diese Hypothesen auf ihre Konsistenz zu überprüfen. Außerdem sollte herausgefunden werden, welche Motive und Einstellungen die Zielgruppe gegenüber nachhaltigem Konsum hatte. Weiter sollten daraufhin Strategien und Inhalte identifiziert werden, die Unternehmen umsetzen müssen, nachhaltige Konsummuster bei der Zielgruppe etablieren zu können. 2. Methodische Vorgehensweise Untersuchungsdesign Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine demoskopische Primärforschung (Meinungsforschung), dessen originäre Daten speziell auf das zugrunde liegende Problem zugeschnitten sind. Informationsquelle war die Befragung. Methodisch sollte die quantitative Teilerhebung Tendenzen schaffen, die erhobenen Daten und Ergebnisse auf größere Gruppen der Zielgruppe transferieren zu können. Einen Anspruch auf absolute Repräsentativität soll mit dieser Studie jedoch aufgrund der sehr großen Grundgesamtheit der Zielgruppe19 nicht erhoben werden. Die Online-Befragung schien unter anderem aufgrund der schnellen Kontaktierung der Befragten als das passende Instrument. Weiterhin kamen die hohe ZielgruppenAffinität für digitale Angebote, die hohe Reichweite sowie die vielfältigen Möglichkeiten, um die Interaktivität mittels Bilder, Musik und Videos zu erhöhen, als positive Argumente zum Tragen. Darüber hinaus kann die naturgemäße Anonymität am eigenen Computer eine ehrliche Beantwortung hervorrufen (Bernecker 2009, S. 49 ff.). Als Anbieterplattform wurde der weltweit führende Anbieter webbasierter Umfragelösungen SurveyMonkey gewählt, da dieser sowohl eine gewisse Professionalität als auch umfassende Möglichkeiten zu Fragestellungen etc. bietet (SurveyMonkey 2011). Eine ausführliche Darstellung des “Look and Feel” der Umfrage befindet sich im Anhang. (S. V) Aufbau des Bogens Der Fragebogen bestand aus insgesamt 43 Fragen. Darunter befanden sich 39 geschlossene, nominal-, ordinal- oder intervallskalierte Fragen mit Einfach- oder Mehr19 2.217.604 Studenten an deutschen Hochschulen im Wintersemester 2010/2011 (Statistisches Bundesamt 2011, S. 13) 94 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung fachnennung sowie vier offen gestellte Fragen. Sowohl bei den ordinal- als auch bei den intervallskalierten Fragen wurde absichtlich eine gerade Anzahl an Antwortmöglichkeiten gewählt, um Tendenzen für oder gegen eine bestimmte Antwortrichtung zu erzwingen. Anfangs sollten Erklärungen und die Definition des Begriffs nachhaltig den Befragten den Zugang zu der Thematik erleichtern. In dem ersten Befragungsfeld wurden neun geschlossene Fragen gestellt. Diese stellten eine individuelle Relevanz her und gaben darüber hinaus die Konsumgewohnheiten in den Bereichen Ernährung, Mobilität und sonstigen Handlungsweisen frei. Die darauf folgenden 23 Fragen, bestehend aus 19 geschlossenen und vier offenen Fragen, hatten ihren Schwerpunkt auf der Bestätigung der getroffenen Hypothesen. Die Überprüfung der ersten Hypothese wies durch die Vielzahl offener Fragen sowie einer Reihe von Hybrid-Fragen einen annähernd qualitativen Charakter auf.20 Diese Vorgehensweise wurde angewendet, da die Befragten so zu Antworten provoziert werden konnten, die mit rein quantitativen Multiple-Choice-Fragen nicht möglich gewesen wären. Um H2 zu überprüfen, wurde eine Evaluierung zweier Spots aus dem Bereich Mobilität vorgenommen, die thematisch einen sehr ähnlichen Inhalt aufwiesen. Die Unterscheidung lag hauptsächlich im entsprechenden Ansatz des Elaboration Likelihood Models (vgl. Kapitel 3.2). Die letzten sechs Fragen dienten der Erfassung demographischer Daten wie Geschlecht, Alter, Fachbereich, Wohnsituation und Kinder. Zum Schluss wurde die sensibelste Frage nach der Einschätzung der eigenen finanziellen Situation gestellt. Die Entscheidung, sensible Fragen und Fragen nach der Demographie an das Ende des Bogens zu stellen, wurde bewusst gewählt, da solche Fragen weder eine besondere Spannung aufweisen noch interessant sind. Das Thema Nachhaltigkeit hat ein gewisses Potential zur Weckung von Interesse, welches verfliegen könnte, ständen solche Fragen direkt am Anfang der Befragung (Porst 2009, S. 143). Zielgruppe Die Wahl der Zielgruppe fiel bewusst auf Studenten, da diese nach dem Auszug aus der elterlichen Fürsorge gerade im Begriff sind, ihre eigenen Konsummuster zu entwi- 20 Hybridfragen sind eine Kombination von offenen und geschlossenen Antwortalternativen in einer Frage (Schnell et al. 2011, S. 340) 95 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung ckeln (siehe Abbildung 26). Im Wintersemester 2010/2011 studierten insgesamt 2.217.604 Personen an deutschen Hochschulen (Statistisches Bundesamt Deutschland 2011). Diese große Grundgesamtheit der Zielgruppe verstärkt die Relevanz dieser obendrein (Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) 2004). Abbildung 26: Lebensphasen und Konsummusterbildung Untersuchungsdurchführung Bevor die eigentliche Befragung durchgeführt wurde, wurde der ausgearbeitete Fragebogen in einem Pretest mit fünf unterschiedlichen Personen aus der Zielgruppe unabhängig voneinander getestet. So wurde der Bogen mit zwei männlichen und drei weiblichen Studenten bearbeitet und bewertet. Diese sollten jeweils hinterfragen, ob Fragen redundant sind, Fragen schwer verständlich sind, eine sinnvolle Antwort gegeben werden kann, die Anweisungen verständlich sind, es sprachliche Überforderungen gibt, die Skalierungen genügend Differenzierung bieten, im Aufbau ein roter Faden erkennbar ist, die Rahmentexte gut lesbar sind, der Spannungsbogen beim Ausfüllen erhalten bleibt (Pratzner). Hierbei wurde zur Einführung in die Thematik und zum besseren Verständnis eine kurze Einleitung angeregt und ergänzt. Zudem wurden einige Fragen herausgenommen, umgestellt und/oder deutlicher formuliert. 96 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Das Generieren der Fallzahlen wurde mittels Verteilen des Umfrage-Links über verschiedenste Plattformen und Distributionswege erreicht. Zunächst wurde versucht, mithilfe des FH-internen Email-Verteilers möglichst viele Studenten der FH Stralsund zu erreichen. Weiterhin wurde der Versuch unternommen, in die internen Email-Verteiler anderer Universitäten und Hochschulen zu gelangen. Dies war allerdings lediglich Studenten der eigenen Hochschule mit ihren eigenen Umfragen möglich, sodass andere Wege gefunden werden mussten, zu Umfrageergebnissen zu gelangen. Vor allem das Verteilen des Links über soziale Netzwerke wie Facebook, Xing und Utopia sorgte für einen enormen Anstieg der Befragungszahlen. Auf diesen Plattformen gelang es, den Link in Studentengruppen der 50 größten Universitäten Deutschlands zu platzieren. Darüber hinaus wurde versucht, Gatekeeper an verschiedenen deutschen Hochschulen auszumachen und den Link von diesen verteilen zu lassen. Weiterhin wurde die Konzentration auf studentische Foren gelenkt. Da diese jedoch oft lediglich ein Unterforum hatten, in welches ausschließlich Umfragen hineingepostet wurden, war der Erfolg dieser Maßnahme eher begrenzt. Der Erhebungszeitraum der Umfrage lag zwischen dem 20. Dezember 2011 und dem 10. Januar 2012. Die Anzahl angefangener Umfragen lag bei 631, die beendeter Befragungen bei 528. Insofern ergab sich eine Quote abgeschlossener Umfragen von 83,7 Prozent. Bedenkt man, dass auf eine Verlosung als Anreiz zur Generierung größerer Fallzahlen verzichtet wurde und der Bogen mit insgesamt 43 Fragen relativ lang war, lässt diese geringe Abbruchquote ein hohes Interesse an der Thematik vermuten. 3. Ergebnisdarstellung und -auswertung Nachdem die Ergebnisse in das Statistikprogramm SPSS importiert wurden, kam es zur Auswertung der Daten. Zunächst wurden deskriptiv die absoluten und relativen Häufigkeitsverteilungen sowie die Mittelwerte analysiert. Nachdem eine Charakterisierung der Zielgruppe vorgenommen wurde, kam es anschließend zur Analyse von Einstellungen und Verhaltensweisen der Zielgruppe gegenüber nachhaltigem Konsum. Danach wurden Einschätzungen der Zielgruppe gegenüber Kommunikation ausgewertet und schließlich die Hypothesen auf Konsistenz überprüft. Hier fehlende graphische Darstellungen der Daten befinden sich im Anhang (S. XII) 97 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung a) Charakterisierung der Zielgruppe (Stichprobe) Bei der vorliegenden Stichprobe der Zielgruppe handelte es sich um 271 weibliche (51,3%) und 257 (48,7%) männliche Studentinnen und Studenten von deutschen Hochschulen. Insofern ergab sich eine annähernde geschlechtliche Gleichverteilung. Die Verteilung der Altersgruppen spiegelt durchaus das Alter von Studenten deutscher Hochschulen. So lag der bundesweite Durchschnitt im Wintersemester 2010/2011 bei 25,3 Jahren (Statistisches Bundesamt 2011, S. 297). Altersgruppe Absolute Häufigkeiten Relative Häufigkeiten <18 1 0,2% 18-21 65 12,3% 22-25 266 50,4% 26-29 145 27,5% 30-33 33 6,3% >33 17 3,2% Tabelle 4: Verteilung auf die Altersgruppen 16,7 Prozent der Befragten studierten im Fachbereich der Gesellschafts- und Sozialwissenschaften. Dem Fachbereich Sprach-, Kulturwissenschaften und Gestaltung fühlten sich 4,9 Prozent angehörig. Die Gruppe der Mathematik und Naturwissenschaftler war 10,6 Prozent stark, wobei vom Fachbereich Medizin und Gesundheitswesen lediglich 2,8 Prozent an der Umfrage teilnahmen. Aus dem kleinen Fachbereich Agrar- und Forstwissenschaften nahmen immerhin 1,3 Prozent teil. Die Majorität der Befragten kam allerdings aus den beiden großen Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften (Modalwert = 39,2 Prozent) und den Ingenieurswissenschaften (22,2 Prozent). Letztlich nahmen außerdem insgesamt 1,9 Prozent Rechtswissenschafts-Studenten an der Befragung teil. Somit nahmen Studenten aller Fachbereiche an der Umfrage teil. Die Gründe der Verteilung der Studiengänge sind vielfältiger Natur. Zum einen kann darauf verwiesen werden, dass das Themenkonstrukt Nachhaltigkeit/Konsum/Kommunikation eher mit den Interessensgebieten von Wirtschaftswissenschaftlern, Gesellschafts- und Sozialwissenschaftlern, Naturwissenschaftlern und Ingenieuren korrelierte, als bei den übrigen. Zum anderen repräsentierten die besonders stark ausgeprägten Werte der 98 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung beiden Fachbereiche Wirtschaft und Ingenieurswissenschaften nicht nur die deutschlandweit am stärksten besetzten21, sondern auch die beiden zahlenmäßig stärksten Fachbereiche der FH Stralsund, über deren Email-Verteiler der Umfragelink u. a. verteilt wurde. 21 Prozent der befragten Personen lebten zum Zeitpunkt der Befragung allein. Mit Abstand die meisten Studenten der Stichprobe lebten allerdings in einer Wohngemeinschaft, sodass diese Antwort mit der Ausprägung von 43,8 Prozent in relativen Werten den Modalwert bildete. 23,7 Prozent der Befragten lebten mit ihrem Partner zusammen. Bei den Eltern lebten lediglich noch 7,8 Prozent und weitere 3,8 Prozent lebten in einem Studentenwohnheim. Kumuliert man die Werte der Ausprägungen „WG“, „Partner“, „Eltern“ und „Studentenwohnheim“, ergibt sich ein Wert von 79 Prozent der Nicht-allein-lebenden. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass diese Personen im gemeinsamen Haushalt durchaus die eigenen Konsummuster beeinflussen können. So zum Beispiel bei den wohnungsinternen Gütern, die für die Gemeinschaft gekauft werden, wie beispielsweise Putzmittel oder bei der Mülltrennung. Ein Kind verändert die Konsummuster wie kaum ein anderer Faktor es könnte. Dies lässt sich bereits dem Theorieteil entnehmen (vgl. Kapitel 2.3b). Der Anteil der befragten Studierenden mit Kindern war allerdings erwartungsgemäß gering: Eigenen Nachwuchs hatten zum Zeitpunkt der Umfrage lediglich 5,1 Prozent der insgesamt 528 Befragten, wobei die restlichen 94,9 Prozent ohne eigene Kinder waren. Mit durchschnittlich 720 Euro im Monat (vgl. Steuerer 2011) haben Studenten monatlich weniger finanzielle Mittel zur Verfügung als viele andere Bevölkerungsgruppen. Dennoch empfanden kumuliert mehr als 70 Prozent der Befragten ihre finanzielle Situation trotz des Studentenstatus als „gut“ oder „sehr gut“. Die weitere Verteilung der subjektiven Sicht der eigenen finanziellen Situation kann der folgenden Abbildung entnommen werden. 21 Studiengang „Betriebswirtschaftslehre“ mit 184.846 Studenten auf Platz eins und „Maschinenbau“ mit 98.337 Studenten auf Platz zwei (Statistisches Bundesamt 2011, S. 36) 99 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Finanzielle Situation 7,6% 2,7% 26,1% Ganz schlecht Schlecht Gut Sehr gut 63,6% Abbildung 27: Einschätzung der finanziellen Situation b) Einstellungen der Zielgruppe gegenüber nachhaltigen Konsummustern Insgesamt 18,8 Prozent der Befragten gaben an, nachhaltige Kriterien würden ihre Kaufentscheidung uneingeschränkt beeinflussen. 41,3 Prozent gaben an, dieser Umstand träfe „eher“ auf sie zu, jedoch nicht uneingeschränkt. Damit ließ sich konstatieren, dass die Mehrheit von kumulierten 60,1 Prozent der Befragten das Thema Nachhaltigkeit in ihre Konsumentscheidungen mit einbezog. Die detaillierten Daten können aus Abbildung 28 entnommen werden. Beeinflussung der Kaufentscheidung 4,7% 18,8% Trifft zu Trifft eher zu 35,2% Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu 41,3% Abbildung 28: Beeinflussung der Kaufentscheidung durch nachhaltige Kriterien Auf die Frage, wie wichtig Nachhaltigkeit für unsere Umwelt und die Menschen ist, antworteten die Mehrheit der Befragten, nämlich 65,9 Prozent, mit dem höchsten Wert „wichtig“. „Eher wichtig“ empfanden diesen Umstand 29,5 Prozent. Lediglich 4,6 100 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Prozent empfanden dies als „eher unwichtig“ oder „unwichtig“. Somit hielt ein kumulierter Prozentsatz von 95,4 Prozent der befragten Personen das Leitbild Nachhaltigkeit für wichtig oder eher wichtig. Ein noch schärferes Bild ergab sich bei der Frage nach der Entwicklung dieser Wichtigkeit in Zukunft. Hier antworteten 70,6 Prozent, es träfe zu, dass Nachhaltigkeit zukünftig noch wichtiger werden würde. Für 25,4 Prozent traf diese Behauptung „eher zu“. So ergab sich ein kumulierter Wert von 96 Prozent der Befragten Studenten, die aussagten, Nachhaltigkeit würde zukünftig nicht an Bedeutsamkeit verlieren. Nur 3,9 Prozent der Befragten war der Ansicht, die Bedeutung von Nachhaltigkeit würde sich in Zukunft nicht erhöhen. Die Angaben zu den Gründen für nachhaltigen Konsum bei der geschlossenen Antwortalternative können Tabelle 5 entnommen werden. Grund für nachhaltigen Konsum „Weil ich die Umwelt entlasten möchte“ „Um nachfolgenden Generationen eine „gute“ Welt zu hinterlassen“ Relative Häufigkeiten 86,9% 71,6% „Um regionale Anbieter zu fördern“ 61,4% „Um eine gerechtere Welt zu fördern“ 61,0% „Zur Verbesserung der Lebensqualität“ 57,6% „Für ein gutes Gewissen/Gefühl“ 55,9% „Um Gifte zu vermeiden“ 51,7% „Um ein Zeichen für die Politik zu setzen“ 30,3% „Um soziale Akzeptanz im Freundeskreis zu erlangen“ 3,2% Tabelle 5: Gründe für nachhaltigen Konsum Auf die offene Antwortalternative antworteten insgesamt elf Personen. Die genannten Gründe ließen sich wie folgt in Kategorien einteilen: Eine sich an den Punkt „Lebensqualität“ angliedernde Aussage dreier Teilnehmer war es, mit nachhaltigem Konsum ihre eigene oder die Gesundheit ihrer Kinder schützen zu wollen. Zu den altruistischen Gründen zählten sicherlich der Einsatz für faire Löhne und Arbeitsbedingungen, fairer Umgang mit der Umwelt, Konfliktvermeidung, Schutz der Artenvielfalt und Vermeidung von Massentierhaltung. Zwei Befragte gaben als Gründe die Qualität von Produkten an. 101 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Es ginge darüber hinaus darum, die Unternehmen unter Druck zu setzen. Zwei der Befragten nannten mit „Verantwortungsbewusstsein (Mit gutem Beispiel voran gehen)“ und „weil ich anderes Verhalten nicht vor mir rechtfertigen könnte“ eher idealistische Gründe. Die altruistischen Gründe setzten sich damit klar vor die egoistischen. Die befragten Studenten waren also eher sozial eingestellt. Ihre eigenen Interessen stellten sie eher hintenan. Bei den Hindernissen für nachhaltigen Konsum gaben 75,4 Prozent der Befragten an, dass sie oft nicht sicher wären, dass Produkte oder Dienstleistungen tatsächlich nachhaltig hergestellt wären. 62,9 Prozent wiesen darauf hin, dass ihnen nachhaltiger Konsum zu teuer wäre. Weitere Werte können aus der nachstehenden Abbildung entnommen werden. Hindernisse für nachhaltigen Konsum Unsicherheit über tatsächliche Herstellungsbedingungen 75,4% Zu hohe Preise 62,9% Mangelndes Angebot 29,5% Unwissenheit, was nachhaltig/was nicht 21,6% Keine 9,5% Schlechtere Qualität 5,9% Unwichtig 4,0% 0% 20% 40% 60% 80% Abbildung 29: Hindernisse für nachhaltigen Konsum Die offene Antwort-Alternative nutzten zwölf Befragte, um Hindernisse in eigenen Worten zu schildern. Als persönliche Hemmnisse gaben vier Befragte zu, dass Bequemlichkeit und der viel zitierte „innere Schweinehund“ in Verbindung mit dem Faktor Zeit ein Hindernis seien. Außerdem wurde angemerkt, dass Strom und „Dinge wie eine 102 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Waschmaschine“ einfach benötigt würden. Auch wurde das Angebot kritisiert. Man müsse zu oft zwischen „Bio in Plastik und konventionell“, „regional oder vegan“, etc. entscheiden. In herkömmlichen Supermärkten sei zudem nicht alles zu bekommen und entsprechende kleine Läden seien oft zu weit weg. Auf der Kommunikationsebene wurde argumentiert, dass es immer noch zu wenig Informationen über alternative Konsummöglichkeiten gäbe. Darüber hinaus wurde bemängelt, zu wenig Transparenz und eine Informationsflut führe dazu, dass man, ohne Experte zu sein, nicht bewerten könne, was richtig und was falsch sei. Zudem fehle es den Unternehmen erheblich an Glaubwürdigkeit. Das monatliche Einkommen eines Studenten wurde bereits dargelegt. Insofern war es wenig verwunderlich, dass der erhöhte Preis nachhaltiger Konsumalternativen von den befragten Studenten als eines der beiden Haupthindernisse angesehen wurde. Klammert man dies aus, so ergaben sich die Faktoren „Unsicherheit über die Produktionsweisen“, „mangelndes Angebot nachhaltiger Konsummöglichkeiten“ und „Unsicherheit darüber, was nachhaltig ist und was nicht“. All dies sind Faktoren, die von den Anbietern selbst unter anderem durch transparente und somit glaubwürdige Verbraucherkommunikation egalisiert werden könnten, um den angesprochenen „Schweinehund“ zu überwinden. Auf die Frage danach, wer die zentralen Impulse für nachhaltige Konsummuster setzen sollte, gaben 73,5 Prozent die Verantwortung an die Wirtschaftsunternehmen ab. 66,8 Prozent sahen mit der Antwort, jeder einzelne müsse daran teilhaben, sich selbst in der Pflicht. Die weiteren Daten können der Abbildung 30 entnommen werden. Äquivalent zu der Theorie dieser Arbeit lag in den Augen der Konsumenten der Handlungsbedarf nachhaltiger Themen zuerst auf der Seite der Unternehmen und Politik. Diese müsse mit gutem Beispiel vorangehen und die Attraktivität nachhaltigen Konsums steigern. 103 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Institutionen, die Impulse setzen sollten Wirtschaft (Unternehmen) 73,5% Politik 69,9% Jeder einzelne 66,7% Medien 65,5% NGOs 31,3% Keiner davon 0,8% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% Abbildung 30: Institutionen, die die zentralen Impulse für nachhaltigen Konsum setzten sollten c) Verhaltensweisen der Zielgruppe gegenüber nachhaltigen Konsummustern Handlungsbereich Ernährung Unter den Befragten befanden sich insgesamt 12,7 Prozent, die sich vegetarisch oder gar vegan ernährten. Immerhin kauften kumulierte 84,9 Prozent „selten“ bis „häufig“ biologisch hergestellte Produkte. Geringer waren die Werte bei den fair gehandelten Produkten die bei 64,2 Prozent der Befragten „eher selten“ im Warenkorb lagen. Die Befragten schienen bei nachhaltigen Kriterien in Hinsicht auf Nahrungsmittel vor allem die Komponente des regionalen Bezugs von Produkten zu nutzen. 96 Prozent gaben an, mindestens bei gelegentlichen Einkäufen regionale Produkte zu berücksichtigen. Grund dafür kann die geographisch bedingte gute Distribution dieser Produkte sein. Auch hier können ausführliche Daten den Abbildungen im Anhang (S.XVI) entnommen werden. Handlungsbereich Mobilität Weniger als die Hälfte der befragten Studenten (40,9%) besaßen einen eigenen Pkw. Was die Kurzstrecken im Alltag anging, so nutzen lediglich 4,2 Prozent der Befragten 104 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung den eigenen Pkw „immer“, während 21,6 Prozent ihr Auto „oft“, 18,4 Prozent „selten“ und die Mehrheit der Befragten (55,9%) „nie“ einen eigenen Pkw nutzten. Die Nutzung von Car-Sharing-Anbietern war bei den befragten Personen unterrepräsentiert. Den negativsten Wert hatte Car-Sharing bei 86,4 Prozent der Befragten, die angaben, dies „niemals“ zu nutzen. Gerade in Großstädten ist der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), auch aufgrund der Semestertickets, ein sehr beliebtes Verkehrsmittel. Zwar nutzten nur 8,1 Prozent der Befragten den ÖPNV „immer“, die Anzahl der Befragten, die dies „oft“ (40%) oder dies selten (35,4%) taten, waren dagegen hoch. Das Klischee des Fahrrad fahrenden Studenten wurde zumindest von den befragten Studenten belegt. So gaben 17,8 Prozent der Personen an, auf Kurzstrecken „immer“ das Rad zu nehmen. Gar 44,7 Prozent sagten aus, „oft“ das eigene Zweirad zu nutzen. Immerhin 22,5 Prozent fuhren zumindest „selten“ mit dem Fahrrad. Sehr viele Angaben kamen bei Kurzstrecken auf das Fortbewegungsmittel, welches nichts kostet – die eigenen Füße. 10,4 Prozent der Befragten gaben an, Kurzstrecken „immer“ zu laufen. „Oft“ liefen 63,3 Prozent der Teilnehmer. Transportmittel für Kurzstrecken Laufen Fahrrad Eigenes Auto 10,40% 63,30% 17,80% 4,20% 21,60% ÖPNV 8,10% 44,70% 22,50% 18,40% 40,00% 1,90% 15,00% 55,90% 35,40% Car-0,20% 10,20% Sharing 3,20% Immer 24,40% 16,50% 86,40% Oft Selten Nie Abbildung 31: Transportmittelnutzung für Kurzstrecken 105 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Transportmittel für Fernstrecken Eigenes Auto 13,60% 1,90% Bus Bahn 25,60% 12,70% 14,80% Mitfahr4,70% gelegenheiten 12,10% 48,70% 38,10% 47,30% 50,60% 28,60% 31,30% 0,90% 10,20% Car-Sharing 4,00% Immer 8,00% 26,70% 35,60% 84,80% Oft Selten Nie Abbildung 32: Transportmittelnutzung für Fernstrecken Dass sie auf Fernstrecken „immer“ die Bahn benutzen würden, antworteten 14,8 Prozent der Befragten. „Oft“ fuhren mit 50,6 Prozent mehr als die Hälfte im Fernverkehr auf Schienen. Immerhin 26,7 Prozent gaben an, zumindest „selten“ die Bahn zu nutzen. Das Flugzeug ist heutzutage ein günstiges Verkehrsmittel. 27,3 Prozent der befragten Probanden konnte oder musste diesem jedoch widerstehen und flog noch nie. Einmal im Jahr nutzten 41,1 Prozent der Befragten das Flugzeug auf einer Strecke für Hin- und Rückflug. Zweimal im Jahr nahmen 18 Prozent der Befragten ein Flugzeug zu Hilfe. Insgesamt 13,7 Prozent flog mehr als zweimal im Jahr. 16,6 Prozent nannten das Auto als das Verkehrsmittel, welches sie „immer“ auf Fernstrecken nutzten. 25,6 Prozent sagten aus, zumindest „oft“ auf ihren Wagen zur Überbrückung von langen Strecken zurückzugreifen. Für 12,1 Prozent kam das Privatauto nur „selten“ zur Anwendung und mit 48,7 Prozent fast die Hälfte der Befragten nutzten kein eigenes Auto im Fernverkehr. Lange Routen legen Studenten scheinbar gern gemeinsam zurück. Dies lässt sich sagen, obwohl lediglich 4,7 Prozent der Befragten angab, „immer“ dieser Art zu reisen. 28,6 Prozent der Befragten überbrückten zumindest „oft“ Distanzen mithilfe von Mitfahrgelegenheiten. Immerhin 31,1 Prozent fuhr „selten“ mit anderen zusammen von A nach B. Eher unbeliebt scheint der Bus als Fernstrecken-Vehikel zu sein. Für 38,1 Prozent war der Bus eher selten im Repertoire. Nie den Bus benutzten 47,3 Prozent. Das Konzept des Car-Sharings schien auch im 106 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Fernverkehr noch auf wenig Gegenliebe zu stoßen. Immerhin 10,2 Prozent gaben zu, dies „selten“ zu nutzen. Dagegen machte der Anteil der Befragten, die dies „nie“ nutzten, 84,8 Prozent der Umfrage-Teilnehmer aus. Weitere Werte zu den Transportmitteln befinden sich in Abbildung 31 und Abbildung 32. Obwohl fast jeder zweite der Befragten ein Auto besaß, wurde es für Kurzstrecken deutlich seltener genutzt als für Langstrecken. Bei ersteren standen bei den Befragten durchaus nachhaltige Fortbewegungsmittel bereit. Laufen, Fahrrad fahren und der ÖPNV waren sehr begehrt – wohl auch aufgrund der Preise. Dahingegen gehörte für eine große Menge (kumulierte 73,3 Prozent) der Befragten das Flugzeug als Fortbewegungsmittel mindestens einmal im Jahr dazu. Bei den Fernstrecken schien die Bahn noch immer eine gute Ausgangsposition zu besitzen. Das größte Potential im Bereich Mobilität liegt sicherlich bei Car-Sharing-Angeboten sowie Mitfahrgelegenheiten. Handlungsbereich-übergreifend Bei generellen handlungsfeldübergreifenden Handlungsweisen im nachhaltigen Bereich war Mülltrennung mit 81,3 Prozent die verbreitetste Verhaltensweise, die umgesetzt wurde. 80,5 Prozent der Befragten versuchte, Energie einzusparen und 68,4 Prozent nutzte Energiesparlampen. Für 50,8 Prozent galt die Langlebigkeit von Produkten als wichtiges Steckenpferd. 46,8 Prozent der Umfrage-Teilnehmer versuchte, aktiv Müll zu vermeiden und 33,7 Prozent nutzte Recycling-Papier. Öko-Strom gehörte für 25 Prozent zur Selbstverständlichkeit. 19,7 Prozent gaben an, viel second hand zu kaufen. Lediglich natürliche Reinigungsmittel anstatt chemischer nutzten immerhin 14,4 Prozent. Nur 4,2 Prozent aller Teilnehmer gaben zu, noch keine der genannten Verhaltensweisen umzusetzen. Auf die offene Frage nach sonstigen Verhaltensweisen in nachhaltiger Hinsicht waren die geäußerten Verhaltensweisen durchaus kreativ. So kam es in Bezug auf Ressourcenschonung zu Antworten wie „Ich benutze mein ‚Warmwerdwasser‘ für‘s Blumengießen.“ Das Sparen von Wasser wurde überdies des Öfteren thematisiert. Dies belegt die Aussage eines Probanden, lediglich mit vollen Waschladungen Wäsche zu waschen. Einige erwähnten, sie würden „die Heizung herunterdrehen und klug lüften“ und es wurde deutliche Kritik an der Energiesparlampe aufgrund ihres quecksilberhaltigen Inhalts geübt. In Sachen Ernährung war der Begriff „Containern“ ein oft genannter Begriff. So gaben mehrere Personen an, sich fast ausschließlich aus von Supermärkten 107 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung weggeworfenen Lebensmitteln zu ernähren und es wurde harsche Kritik an der Wegwerfgesellschaft, insbesondere im Lebensmittelbereich, geübt. Überraschend für die Zielgruppe Studenten war die mehrmalige Angabe von eigenem Gemüseanbau sowie Kompostierung. Darüber hinaus kam es zur Mehrfachnennung der Reduzierung des Fleischkonsums. Um Abfall zu vermeiden, benutzten nach eigener Angabe viele eine eigene Tasche statt Plastiktüten und es würde vermieden, Müll illegal zu entsorgen. Unterm Strich kann man die Ergebnisse dieser Frage mit den Verhaltensweisen des Tauschens, Teilens (Stichwort Effizienz), Sparens (Stichwort Suffizienz) und Selbermachens (Stichwort Konsistenz) beschrieben werden. Insbesondere die letzten Punkte rücken, wenn man den Antwortenden der offenen Frage Glauben schenkt, wieder vermehrt in den Fokus. Gemeinsame (Teilen, Tauschen) und Eigenversorgung statt Abhängigkeit vom großen Ganzen scheint eine Richtung zu sein, die sich hier latent abzeichnete. Die Mülltrennung dagegen schien mithilfe groß angelegter Kampagnen in den neunziger Jahren weitestgehend in den Köpfen der Menschen, zumindest in denen der Befragten, angekommen zu sein. Potential gab es jedoch noch bei der Prävention Müllvermeidung, wobei mit „Leinenbeutel statt Plastiktüte“ bereits beispielhaft ein guter Ansatz genannt wurde. Die Tendenz, Ressourcen in Form von Energie und Wasser zu schonen, war ebenfalls bereits einigermaßen ausgeprägt. Allerdings steckt noch einiges Potential an der Umstellung der Energie-Versorger von konventionellen auf regenerative Energieträger (Ökostrom), damit die Energie, die nicht eingespart wurde, wenigstens umweltverträglich hergestellt wurde. Insbesondere in den offenen Antworten sorgte die Empörung gegenüber der Lebensmittelindustrie für Aufsehen. Dies entspricht dem momentanen Öffentlichkeitsbild22 und birgt künftiges Veränderungspotential. d) Aussagen über Verbraucherkommunikation Auf die Frage, ob die Probanden bereits nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation wahrgenommen hätten, antworteten die Mehrheit (47,6%), sie hätten von einer solchen Kommunikation „eher selten“ mitbekommen. Die weiteren Zahlen können aus Abbildung 33 entnommen werden. 22 Beispiel: Großdemo gegen die Lebensmittelindustrie mit 23.000 Menschen „Wir haben es satt“ (21.01.2012; Berlin) (Kampagne Meine Landwirtschaft 2012) 108 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Wahrnehmung von Nachhaltigkeitskommunikation 8,0% 9,1% Schon sehr oft Schon oft 35,3% Eher selten Noch nie 47,5% Abbildung 33: Wahrnehmung von nachhaltigkeitsorientierter Verbraucherkommunikation, die Konsummuster verändern möchte Anscheinend gab es noch immer keine Überpräsenz derartiger Kommunikationsinhalte. Mehr als kumulierte 56 Prozent waren dieser Ansicht. Daraus ergeben sich die Möglichkeit und Potential für solche Kommunikation, da die Rezipienten demnach noch nicht mit dieser Thematik übersättigt scheinen. Für Unternehmen ergäbe sich also gerade im Moment die Chance, umzudenken, sich neu auszurichten und dementsprechende Kommunikation an den Tag zu legen. Kumulierte 88,3 Prozent der Befragten wünschten sich, mehr über das „richtige“ Verhalten zu erfahren und lediglich 1,9 Prozent lehnten dies völlig ab. Von einer Überinformiertheit oder Information-overflow kann also keine Rede sein. Ausführliche Werte werden in Abbildung 34 dargestellt. Wunsch nach mehr Aufklärung in Sachen Nachhaltigkeit 9,5% 1,9% 35,8% Trifft völlig zu Trifft ziemlich zu Trifft kaum zu Trifft gar nicht zu 52,5% Abbildung 34: Wunsch nach mehr Aufklärung in Sachen Nachhaltigkeit mit konkreten "richtigen" Verhaltensweisen 109 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Die offene Frage nach der Mediennutzung zur Suche nach Informationen über Unternehmen, Produkte oder Dienstleistungen wurde von 70,6 Prozent der Teilnehmer mit „im Internet“ beantwortet, dies in verschiedenen Formen. Einige schauten erst auf der Firmenhomepage, die meisten jedoch suchten „unabhängige und dadurch glaubwürdige“ Portale auf, wenn möglich mit Bewertungen dritter, zum Beispiel anderer Konsumenten. Als Quellen wurden wegreen.de; knowmore.org; Utopia; foodwatch.com; indymedia; Stiftung Warentest; Ökotest und soziale Netzwerke wie Facebook erwähnt. Auffällig war, dass die zweitmeiste Antwort „Nichtregierungsorganisationen“ oft mit der Nennung „Internet“ kombiniert abgegeben wurde. Bei NGOs, ob online oder offline, holten sich 10,6 Prozent der Befragten nachweislich ihre Informationen. Außerdem schauten zumindest 7,6 Prozent der Befragten gern bei Printmedien nach. Hier wurden vor allem Fachzeitschriften und Tageszeitungen genannt. Ein wichtiges Medium schien auch die Verpackung des Produktes selbst zu sein. Dieses nannten immerhin 6,3 Prozent, wobei vier Prozent auch am Point of Sale selbst nach Informationen Ausschau hielten. Schlussendlich gaben 5,3 Prozent an, ihre Familie, Freunde und/oder Bekannte zu fragen, wenn Informationen gebraucht würden. Vereinzelte Antworten waren außerdem TV (Dokus und Nachrichten), Behörden, Radio, persönliche Anfragen beim Unternehmen per Telefon, Bibliothek, Broschüren und Flyer sowie Plakate. Zusammenfassend sei noch erwähnt, dass angegeben wurde, diese Informationsquellen würden häufig vergleichend genutzt. Die Zielgruppe befindet sich zweifellos in der Generation der „digital natives“. Informationen können über‘s Internet viel einfacher verbreitet, geteilt, kommentiert und begutachtet, also toleriert oder verschmäht werden. Diese Umstände und die Tatsache, dass der eigene Computer inklusive internetfähigen Telefonen unterwegs das zentrale Leitmedium unserer Generation ist und sein wird, machen dieses Instrument so mächtig.23 Die Konsumentenmacht ist durch die digitale Vernetzung und die gestiegene Markttransparenz gestiegen. Kein Unternehmen kann es sich leisten, schlechte Bewertungen von glaubwürdigen Drittmedien zu bekommen. Printmedien und klassisches TV 23 Mittels des Smartphone-app „barcoo“ ist es seit Längerem bereits möglich, die ökologischsozialen Verhaltensweisen des Herstellers mittels Scannen des Barcodes am Produkt selbst in Sekunden herauszufinden (WeGreen UG 2010). 110 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung sind hingegen abnehmende Medien, die immer seltener genutzt werden. Um die Zielgruppe zu erreichen, sind Online-Medien unabdingbar. "Unternehmen investieren mehr Geld in Marketing als in Nachhaltigkeit." 0,6% 6,5% Trifft zu 38,9% Trifft eher zu Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu 54,1% Abbildung 35: Bewertung der Aussage: "Unternehmen investieren mehr Geld in Marketing als in Nachhaltigkeit" 38,9 Prozent der Teilnehmer waren der Meinung, die Aussage, dass Unternehmen mehr Geld in Marketing als in Nachhaltigkeit investierten, träfe zu. 53,8 Prozent waren der Ansicht, dies träfe „eher zu“. Dagegen antworteten 6,4 Prozent, es träfe „eher nicht zu“ und nur 0,6 Prozent erklärten, dass dies nicht zutreffend wäre. Diesen genannten Umstand bewerteten die Befragten folgendermaßen: "Wenn Unternehmen mehr Geld in Marketing als in Nachhaltigkeit investieren, … " 2,1% 12,9% 15,3% ist das völlig falsch ist das ziemlich falsch ist das ziemlich richtig ist das völlig richtig 68,6% Abbildung 36: Wertung: "Wenn Unternehmen mehr Geld in Marketing als in Nachhaltigkeit investieren, ..." 111 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung So ergab sich der kumulierte Wert von 92,4 Prozent der Befragten, die der Meinung waren, dass Unternehmen mehr Geld für Marketing als für Nachhaltigkeit investierten. Kumulierte 81,5 Prozent waren der Meinung, dieser Umstand sei zumindest „ziemlich falsch“. Daraus kann abgeleitet werden, dass sich die Befragten durchaus bewusst darüber waren, wie viel Geld in konventionelle Verbraucherkommunikation (Werbung, etc.) fließt – und sie missbilligten es zum Großteil. Ebenfalls kann abgeleitet werden, dass die Befragten den Beitrag zu nachhaltigen Handlungsmustern nicht besonders hoch einschätzten. Die Mittelwerte der Wichtigkeiten einzelner Themen kann aus Abbildung 41 entnommen werden. Zusammenfassend kann allerdings, betrachtet man die konstant hohen Werte, festgestellt werden, dass den Befragten im Durchschnitt keiner der Aspekte egal war. In der offenen Antwortmöglichkeit, die sechzehn Befragte wahrnahmen, wurde angemerkt, die genannten Themen bedingten sich gegenseitig und würden Wechselwirkungen aufweisen. Alternativ oder in Verbindung spielten nach Aussagen der Teilnehmer außerdem „ökonomische Sinnhaftigkeit“, „zwischenmenschliche Liebe und Liebe zur Natur“, „Zusammenarbeit“, „das Denken an künftige Generationen“ und „Freiheit“ eine Rolle. In ökologischer Hinsicht stand bei den Befragten die Massentierhaltung sowie der Klima- und Umweltschutz in Vordergrund. Außerdem wurde im kommunikativen Bereich die Pressefreiheit, erneut Transparenz in der öffentlichen Kommunikation und „das Recht auf verständliche Informationen für jegliches Bildungsniveau“ erwähnt. Weiterhin sollte eine „geistige Offenheit“ sowie alternative Lebenskonzepte, kooperatives Verhalten und Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen gefördert werden, um den Paradigmenwechsel hin zur nachhaltigen Gesellschaft zu unterstützen. 112 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Wichtigkeit der Faktoren Soziale Gerechtigkeit 86,4% Ressourcenschutz 86,2% Klimaschutz 85,2% Gesundheit der Gesellschaft 84,9% Artenvielfalt 82,9% Tierschutz 81,4% 78% 79% 80% 81% 82% 83% 84% 85% 86% 87% Abbildung 37: Wichtigkeit verschiedener Faktoren in nachhaltiger Hinsicht Die Wichtigkeit aller Themenbereiche war in den Augen der Befragten unumstritten. So kommt es eher darauf an, übergeordnete Themen wie die Zusammenarbeit und Kooperation in Verbindung mit diesen Themen transparent und verständlich zu kommunizieren. „Was symbolisiert Nachhaltigkeit für dich?“ Auf diese offene Frage antworteten 311 Personen – und das teilweise höchst unterschiedlich. So symbolisierte Nachhaltigkeit ökonomisch vor allem transparente Abläufe, Innovationen und clevere Produkte. In ökologischer Hinsicht kam es zur Mehrfachnennung von Klimaschutz, kluger Verpackung (beispielsweise „weniger Verpackung“ und Mehrwegflaschen“), abbaubaren Produkten sowie der Forderung, Ressourcen, die aus der Natur entnommen wurden, auch wieder zurückzugeben. Die artgerechte Tierhaltung wurde ebenso oft benannt. Im Hinblick sozialer Faktoren wurde eine große Affinität für den fairen Handel erkennbar. Mit diesem einhergehend wurde die Forderung sozialer Strukturen allgemein genannt. Produkte sollten außerdem langlebig und wiederverwertbar sein. Was konkrete Verhaltensweisen anging, kam es bei der Ernährung zu einer großen Anzahl an Nennungen von regionalem und saisonalem Konsum, Vegetarismus und 113 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Selbstversorgung. Außerdem kamen gehäuft Nennungen auf Mitfahrgelegenheiten und Radfahren was die Mobilität angeht. Es war darüber hinaus nicht zu übersehen, dass eine ausgeprägte Assoziation zwischen Nachhaltigkeit und intelligenter Müllwirtschaft bestand. So nannten sehr viele die Begriffe „Recycling“, „Mülltrennung“ und „Müllreduzierung“. Auch Teilen, Tauschen, „second hand“ und „aus alt mach neu“ waren häufige Antworten. Im Bereich Energie war das Wort „Effizienz“ das meistgenannte. Insgesamt gaben extrem viele Befragte zu, Suffizienz gehöre untrennbar dazu („Opfer bringen“, „verringerter Fleischkonsum“, „Ressourcen sparen“, „Verzicht auf‘s Auto“). Symboliken rein begrifflicher Natur waren die Nennungen von Begriffen wie „Natürlichkeit“, „Sozialfreundlichkeit“, „Bildung“, „Fairness“, „Zukunftsorientierung“, „Regenerierbarkeit“, „Wertschätzung“, „Langfristigkeit“, „Qualität“ und „Kooperationen“. Konkrete physische Symbole wurden ebenfalls von vielen benannt. So kam es zu einer Häufung der folgenden Objekte: Fahrrad, Bäume, Windkraftanlagen und Solarzellen, Stofftasche, Wasser und Kreislauf. Für viele symbolisierten zudem die ökologische Landwirtschaft und der Wochenmarkt Nachhaltigkeit. Die Farbe „grün“ stand bei vielen ebenfalls für die Werte des Leitbildes wie Labels (Fair-Trade-Siegel, das Bio-Siegel, der grüne Punkt, der blaue Engel, das WWF-Zeichen, das FSC- und das MSC-Siegel sowie das cradle-to-cradle-Zeichen). Diese waren für die Identifizierung und Symbolisierung scheinbar von großer Bedeutung. Weiterhin gab es viele, die mit Greenpeace, WWF, Peta, Amnesty International, Followfisch, demeter und atmosphair Institutionen mit dem Leitbild verbanden. Doch der Begriff Nachhaltigkeit wurde im Sinne der Reaktanz (vgl. Kapitel 2.3a) auch negativ in Verbindung gesetzt. So nannten einige Probanden etwas flapsig die Symboliken „Frauen ohne BH“, „Utopie“ oder „Hippies in Hanfkleidung“. Letztlich kann konstatiert werden, dass es die vier Begriffe „Fairer Handel“, „regional konsumieren (Dezentralisierung)“, „Recycling“ und „Ressourcen schonen“ auf die mit Abstand meisten Nennungen brachten. Um Reaktanzen zu vermeiden, sollten Unternehmen, wie im Theorieteil bereits angemerkt, auf verschlissene Symboliken wie Stereotypen verzichten. Eher könnten kluge Produkte, Prozesse und Verhaltensweisen thematisiert werden. Großes Potential besitzen auch die genannten idealistischen Symboliken, aus denen sehr positive, auch emotionale, Botschaften erzeugt werden könnten. Siegel nahmen nach wie vor eine 114 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung besondere Stellung ein, da sie von unabhängigen Stellen vergeben werden. Diese sind unbedingt zu nutzen. Kooperationen mit Nichtregierungsorganisationen oder anderen integren Institutionen könnten ein Mittel sein, Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Für die Wahl einer öffentlichen Person, die die Werte des Leitbildes verkörpert, kam es zu einer gehäuften Nennung von Politikern, Aktivisten, Musikern und Schauspielern sowie Autoren von bekannter, nachhaltigkeitsrelevanter Literatur. Auf Politikerseite waren viele Namen von Grünen-Politiker zu sehen. Die meisten Stimmen bekamen Hans-Christian Ströbele vor Hermann Scheer, der allerdings der SPD angehörte. Außerdem bekam der ehemalige amerikanische Präsidentschaftskandidat Al Gore eine große Häufigkeit an Stimmen. Mehrere Nennungen bekamen auch die Musiker Thomas D., Bono von U2 sowie die deutsche Rockgruppe Die Ärzte und Schauspieler Leonardo DiCaprio. Darüber hinaus bekamen die Physikerin und Autorin Dr. Vandana Shiva und der Soziologe und Sachbuch-Autor Jean Ziegler Mehrfachnennungen. Neben dem Begrüßen von Testimonials kam es jedoch auch zu Kritik an diesem Ansatz. Wenn „die Gage stimme, könnten prominente Personen einem alles unterjubeln“. Viele kämen ihrer Verantwortung als Vorbild nicht nach, es gäbe zu wenige, die authentisch und überzeugend seien, sagten die einen. Institutionen und Unternehmen müssten statt Personen herangezogen werden, sagten die anderen. Zudem äußerte ein Proband, eine Person könne Nachhaltigkeit nicht repräsentieren. Nachhaltigkeit müsse in den Köpfen aller passieren. Die Sinnhaftigkeit von Testimonials ist auf die entsprechende Situation zu evaluieren. Nicht immer ist eine passende Repräsentativität gegeben. Weiterhin ist es wichtig, glaubwürdige und integre Personen für den Posten des Kommunikators zu verwenden. Außerdem ist auf die Sympathie bei der Zielgruppe zu achten. Bei negativen Schlagzeilen des Testimonials kann es immer einen Imagetransfer der Person mit dem Unternehmen geben. Politiker als Testimonials zu verwenden, ist schwierig, da sie immer auch ihre Partei mitrepräsentieren. Dies ist aufgrund verschiedener politischer Meinungen nicht vorteilhaft. Generell kann ein passender kommunikativer Repräsentant 115 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Aufmerksamkeit und Zielgruppenaffinität generieren. So ist ein Testimonial immer ein schwieriges, wenn es gelingt, jedoch dienliches Instrument. Insgesamt haben 228 Befragte die Möglichkeit wahrgenommen, ein vorbildliches Unternehmen zu nennen. Tabelle 6 zeigt diejenigen Unternehmen, die von den Befragten bei der Frage nach einem Best-Practice-Unternehmen in nachhaltiger Hinsicht mehr als einmal genannt worden sind. Eine detaillierte Übersicht über die genannten Unternehmen und ihre Einteilung in die verschiedenen Handlungsfelder befindet sich im Anhang auf Seite XX. Unternehmen Σ Alnatura 11 Deutsche Bahn Unterneh- Unterneh- Σ Unternehmen Σ Lichtblick 5 UmweltBank 2 Ritter SPORT 2 10 Tetra-Pack 5 Memo 2 Siebenkorn 2 dm 8 Henkel 5 2 SOLON SE 2 GEPA 8 IKEA 5 Ben & Jerry's 2 tegut 2 7 REWE 5 Entega 2 VAUDE 2 Volkswagen 7 Patagonia 4 Frosch 2 zotter 2 GLS-Bank 6 The Body Shop 4 hessnatur 2 BMW 2 BOSCH 6 Weleda 4 LIQUI MOLY 2 E.ON 2 demeter 6 Starbucks 4 NORDEX 2 Krombacher 6 Naturstrom 3 RAPUNZEL 2 5 Café Libertad 3 Reformhaus 2 PREMIUM Cola/Café/Bier Greenpeace Energy men AG American Apparel men Σ Tabelle 6: Übersicht der mehrfach genannten best-practice-Unternehmen Aufgrund der Auswahl der Beispiele aus dem Fragebogen verfälschten die Nennungen der beiden Unternehmen Deutsche Bahn und Volkswagen das Bild ein wenig. Die Sinnhaftigkeit dieser Nennungen soll hiermit relativiert werden. Bedingt durch hohe Ausgaben für Werbung und PR sind darüber hinaus einige Unternehmen mehrfach genannt worden, die in diesem Umfeld wohl sonst keine Chance gehabt hätten. Dies 116 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung sind vor allem große, oft börsendotierte Unternehmen wie BMW, E.ON, IKEA, Star- bucks, Bosch und Krombacher. Im Endeffekt kam jedoch eine stattliche Auswahl an Unternehmen zusammen, die durchaus in der Branche einen guten Namen in öko-sozialer Hinsicht besitzen. dm, aber vor allem Alnatura, GEPA, PREMIUM und die GLS-Bank sind hervorragende Beispiele unter denen, die mehr als fünf Nennungen innehatten. Die offene Frage nach positiven Unternehmens- Beispielen für Nachhaltigkeit hat jedoch auch bei vielen Befragten Kritik angeregt. So erwähnten einige, es gäbe einfach zu wenig Transparenz und es fehle dadurch an Glaubwürdigkeit. Diese Intransparenz verbanden nicht wenige damit, dass es sich bei den groß angelegten Marketing-Kampagnen lediglich um PR, Image-Verbesserung und letztlich Greenwashing handele. Nach wie vor stehe lediglich der Umsatz im Vordergrund und Unternehmen handelten bloß aus diesen Gründen oder gesetzlichen Zwängen heraus. Einige argumentierten sogar, in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung seien nachhaltige Unternehmen ein Paradoxon. Keines würde vollends nachhaltig handeln können. Manche würden lediglich vorgeben, Vorbilder zu sein, aber nicht nachweislich so handeln. Von diversen Befragten kam jedoch eine Relativierung. Es gäbe durchaus Kleinunternehmen, lokale Unternehmen oder Familienunternehmen, die sehr positive Tendenzen aufwiesen. Erneut kam es zu der Kritik, es mangele an Glaubwürdigkeit. So müssen Unternehmen diese schaffen, um letztlich von der Zielgruppe akzeptiert und toleriert zu werden. Es kann beispielsweise Benchmarking vorgenommen werden, indem sich an den Handlungen und der Kommunikationsweise der Best-Practice- Unternehmen orientiert wird. Sehr große Unternehmen haben zum Großteil nicht den Weg in die Liste der meistgenannten gefunden. 117 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Letztlich führt die Frage nach hervorragenden Unternehmensbeispielen direkt zur Überprüfung der ersten Hypothese, die vor allem von Glaubwürdigkeit handelt. e) Überprüfung von H1: Nachhaltigkeit, Kommunikation und Glaubwürdigkeit Vergleicht man die Angaben der Befragten über die Glaubwürdigkeit der einzelnen Institutionen in Abbildung 38, so ist zu erkennen, dass die Familie, vor Freunden und Bekannten, mit einem Mittelwert von 88,7 Prozent am glaubwürdigsten abschnitten. Direkt dahinter befanden sich die Nichtregierungsorganisationen. Unternehmen kamen mit einem Mittelwert von 44,8 Prozent schlecht weg. Das Schlusslicht der Glaubwürdigkeit bildeten allerdings Prominente. Glaubwürdigkeit Familie 88,7% Freunde 86,1% NGOs 68,4% Staat und Politik 47,5% Unternehmen 44,8% Prominente 38,7% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abbildung 38: Glaubwürdigkeit der verschiedenen Institutionen Auf die Frage, ob die Probanden ihre Verhaltensweisen möglicherweise nachhaltiger gestalten würden, wenn Staat und Unternehmen mit gutem Beispiel voran gingen, antworteten 45,8 Prozent mit ja und 42,6 Prozent waren sich nicht sicher, ob ein nachhaltiges Engagement von Politik und Wirtschaft für sie Konsequenzen hätte. 118 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Bereitschaft für Konsummusteränderung, wenn Politik und Wirtschaft Vorbild ja 42,6% 45,8% nein weiß nicht 11,4% Abbildung 39: Bereitschaft zu nachhaltigen Konsummustern, wenn Staat und Wirtschaft mit gutem Beispiel voran gingen Als kommunikative Motivatoren für nachhaltigen Konsum war den Befragten Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit in der Verbraucherkommunikation mit 82 Prozent am wichtigsten, dicht gefolgt von Transparenz und zugänglichen Informationen (81,3%). Zertifikation mit unabhängigen Labels war den befragten Verbrauchern mit 58,7 Prozent in etwa genauso wichtig wie soziales und/oder ökologisches Engagement, welches auf einen Wert von 56,6 Prozent kam. Die Alternative, frei und in eigenen Worten zu antworten, nutzten 19 der befragten Personen. Die Antworten verteilten sich erneut stark auf Transparenz und daraus erfolgender Glaubwürdigkeit. En détail sollten beispielsweise die Offenlegung von Dienstleistungsketten, die Möglichkeit von direktem Kontakt mit Produzenten und transparente Darlegung der Preispolitik („Höhe des wirtschaftlichen Gewinns im Vergleich zu Ausgaben für ökologische und soziale Standards“) die Glaubwürdigkeit erhöhen. Zudem könnten Informationen von dritten „ohne wirtschaftliche Interessen“ die Motivation zu nachhaltigem Konsum steigern. Außerdem wurde vorgeschlagen, Kaufvorschläge für bestimmte Käufergruppen zu vermitteln. Zugängliche Informationen wurden als unabdingbar erklärt. Zudem sollten laut einiger Befragten politische Regelungen und Richtlinien dafür sorgen, dass nachhaltiger konsumiert wird/werden kann. 119 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Motivatoren für nachhaltigen Konsum Ehrliche und glaubwürdige Kommunikation 82,0% Transparente, zugängliche Informationen 81,3% Zertifikation mit unabhängigen Labels 58,7% soziales/ ökologisches Engagement 56,6% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Abbildung 40: Aspekte zur Motivation zu nachhaltigem Konsum Wichtigkeit von Faktoren bei der Suche nach Informationen Transparenz 80,1% Einschätzung von NGOs 65,7% Hinweise zur Nutzung und Entsorgung 64,8% Image 61,0% Dialog 52,1% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Abbildung 41: Wichtigkeit von Faktoren bei der Suche nach Informationen zu Produkten/Dienstleistungen In der Konsistenz-Frage nach der Wichtigkeit von Aspekten bei Suche nach Informationen war Transparenz mit einem Mittelwert von 80,1 Prozent den Befragten mit Abstand am wichtigsten. Informationen und Meinungen von NGOs sowie entsprechende Zertifizierungen wurden mit einem Mittelwert von 65,7 Prozent am zweitwichtigsten bewertet. Nützliche Hinweise zu Verwendung und/oder Entsorgung nach der Nutzung 120 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung waren den Befragten jedoch mit einem Mittelwert von 64,8 Prozent fast ebenso wichtig. Die weiteren Werte können Abbildung 41 entnommen werden. Auf die Frage, wie die Befragten reagieren würden, wenn sie negative Erfahrungen mit einem Unternehmen machen würden, antworteten, mit 89,2 Prozent die Mehrheit, sie würden dies ihrem näheren Umfeld mitteilen. 84,5 Prozent der Befragten würde es dem Unternehmen so „krumm nehmen“, dass sie das Produkt oder die Dienstleistung nicht mehr kaufen würden. Darüber hinaus war es vielen Befragten ein Anliegen, mit ihrer Empörung an die Öffentlichkeit zu gehen – ob über Medien, direkt ans Unternehmen gerichtet oder im eigenen Blog. Die Zahlen dazu befinden sich in Abbildung 42. Lediglich 1,3 Prozent würden gar nicht reagieren, da sie der Ansicht sind, ihre Meinung könne nichts bewirken. Reaktion bei negativen Erfahrungen Mitteilung an Familie/Freunde 89,2% Nichtkauf 84,5% Öffentliche Empörung 32,3% Mitteilung an das Unternehmen 14,6% Veröffentlichung im eigenen Blog 8,0% Versuch Veröffentlichung Medien 3,0% Mitteilung Verbraucherschutz 2,3% Keine Reaktion 1,3% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Abbildung 42: Reaktion bei negativen Erfahrungen oder schlechtem Image eines Unternehmens/Produktes/einer Dienstleistung Bereits bei der Frage nach den Hindernissen für nachhaltigen Konsum wurde durch die häufigste Antwort klar, dass die Unsicherheit über Herstellungsbedingungen etc. eine Folge fehlender Transparenz in der Kommunikation darstellte. Diese Annahme wurde in den späteren Fragen unter Beweis gestellt. 121 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung In den offenen Fragen und Antwortalternativen wurden nicht nur erwartungsgemäße Antworten gegeben, sondern späteren Fragen nach der Transparenz und Glaubwürdigkeit bereits vorgegriffen. Dieser Umstand unterstrich die Bedeutung dieser Parameter, die im Theorieteil als Voraussetzungen für diese Art Kommunikation definiert wurden. So bewerteten die Befragten zwar alle Themen der Nachhaltigkeit als wichtig. Es käme jedoch nicht darauf an, WAS kommuniziert würde, sondern WIE und mit welchem Hintergrund. So sollten die Hintergründe zu der kommunizierten Thematik transparent sein und der Inhalt verständlich erklärt werden. Prominente befanden sich als Testimonials nicht nur abgeschlagen auf dem letzten Platz des Glaubwürdigkeitsrankings, sondern wurden auch in der offenen Frage mit viel Kritik bedacht. Dagegen galten NGOs hinter Familie und Freunde als die glaubwürdigsten Institutionen. Bei Fragen nach der Mediennutzung erklärten die Befragten zudem, dass sie auf der Suche nach Informationen vor allem nach der Glaubwürdigkeit der Formate selektierten. Bewertungen von anderen Konsumenten und/oder von NGOs würden reiner Unternehmenskommunikation vorgezogen. Dies unterstrich die Notwendigkeit mit diesen zu kooperieren, um die eigene Glaubwürdigkeit zu erhöhen, anstatt ein beliebiges, bekanntes Testimonial zu nutzen. Denn die eigene Glaubwürdigkeit von Unternehmen war vor den Prominenten an zweitletzter Stelle nicht nur schlecht gerankt. Auf die offene Frage zur Nennung von Best Practice-Unternehmen wurde sogar erneut Kritik laut. So sorgten Unternehmen durch mangelnde Transparenz und daraus folgender Unglaubwürdigkeit selbst dafür, dass ihnen lediglich Greenwashing und grüne PR vorgeworfen wurde. Die Antworten auf die effektiven Fragen nach den wichtigsten Kriterien bei nachhaltigkeitsorientierter Verbraucherkommunikation waren ebenso eindeutig auf die Parameter Glaubwürdigkeit/Ehrlichkeit und Transparenz verteilt und unterstrichen so die Konklusion der Hypothese. Fast 90 Prozent der Befragten gaben an, sie würden sich nachhaltiger verhalten, wenn Unternehmen mit gutem Beispiel voran gingen. Dagegen würden lediglich 1,3 Prozent niemandem ihren Unmut über die schlechten Erfahrungen mit einem nichtnachhaltigen Unternehmen mitteilen. So sollten diese letztlich, um mit nachhaltigkeitsorientierter Verbraucherkommunikation Kunden hinzuzugewinnen oder keine Kunden zu verlieren, diese Voraussetzungen erfüllen. Darüber hinaus könnte mit diesen Vo- 122 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung raussetzungen eine Chance bestehen, den Paradigmenwechsel hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft durch glaubwürdige Kommunikation und transparentes Handeln zu forcieren. So kann auf Grundlage der Analyse sowohl aus den eindeutigen Ergebnissen der rein geschlossenen Fragen sowie der zahlreichen und qualitativ hochwertigen Antworten der offenen Fragen die Alternativhypothese H1 als bestätigt erachtet werden. Verbraucher haben insbesondere an Unternehmen den Anspruch der Voraussetzungen Transparenz und Glaubwürdigkeit. Nur wenn diese erfüllt werden, ist es möglich, Konsumenten mit nachhaltigkeitsorientierter Kommunikation zu überzeugen. f) Überprüfung von H2: die Routen des ELM und die Zielgruppe Der erste Spot, der während der Befragung gezeigt wurde, wurde von den Befragten mit einem Mittelwert von 3,83 (1=informativ-erklärend, 10=emotional-berührend) als eher informativ-erklärend, also rational eingeschätzt. Der zweite Spot erhielt von den Befragten mit einem Mittelwert von 6,13 die Charakteristik „emotional-berührend“. Eigenschaften der Spots Spot: "Fünf einfache Dinge für den Klimaschutz" 3,83 Spot: "Think Blue" 6,13 informativ-erklärend emotional-berührend Abbildung 43: Eigenschaften der Spots 123 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Die Mittelwerte der einzelnen Fragen nach der Sympathie der beiden Spots sowie den Konsequenzen, die aus dem Schauen der Spots resultieren könnten, kann dem Anhang (S. XXII) entnommen werden. Wie schon in Kapitel 3.2 auf Seite 68 erwähnt, konnte ein Zusammenhang zwischen einem bestimmten Nachhaltigkeitsinvolvement und der Wahrscheinlichkeit verschiedener Konsequenzen aus dem Anschauen der Spots vermutet werden. Diese Annahme sollte mit Hilfe statistischer Tests auf Signifikanz überprüft werden. Hierzu war es notwendig, das Nachhaltigkeitsinvolvement zu definieren. Diesbezüglich wurden zunächst die Angaben zu nachhaltigem Konsum ausgewertet und Punkte für nachhaltiges Verhalten bzw. positive Einstellungen zu nachhaltigem Konsum vergeben. Die angewandte Evaluationsmethode, lehnt sich an den Ansatz von Bilharz (2009) an, der „Key Points“ für nachhaltigen Konsum identifiziert und eine Vielzahl anderer Faktoren keine Beachtung finden. Bei dieser Methode stehen vor allem die Angaben aus den beiden Fokushandlungsfeldern Ernährung und Mobilität im Vordergrund. Um die soziale Komponente des Konsums mit zu berücksichtigen, wurde bei der vorliegenden Analyse ebenfalls der Konsum fair gehandelter Produkte hinzugezählt. Außerdem kamen additiv die erfragten Verhaltensweisen zu dem Punkt „Müllvermeidung“ sowie Ausprägungen der Einstellung gegenüber nachhaltigem Konsum (Grad der Beeinflussung der Kaufentscheidung durch Nachhaltigkeit; Bewertung der Wichtigkeit nachhaltigen Konsums in der Gegenwart und zukünftig) hinzu. Die genannten Faktoren wurden in der statistischen Auswertung stets nach den passenden Ausprägungen verknüpft, auf Konsistenz überprüft und mit je einem Punkt je zutreffender Ausprägung gewertet. Dieses Verfahren kann in Tabelle 7 nochmals nachvollzogen werden. 124 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Kategorie Frage/Variable Ausprägungen Einkauf von Bio-Lebensmitteln „häufig“ oder „oft“ Handlungsbereich Einkauf von Fair Trade-Lebensmitteln „häufig“ oder „oft“ Ernährung Einkauf von regionalen Lebensmitteln „häufig“ oder „oft“ = 3 Punkte Nutzung des privaten Pkw auf Kurzstrecken Handlungsbereich Nutzung des privaten Pkw auf Mobilität Fernstrecken Flüge pro Jahr „selten“ oder „nie“ „selten“ oder „nie“ maximal zwei = 3 Punkte Bezug von Öko-Strom Umsetzung der Verhaltensweise Handlungsbereich „Energiesparen“ übergreifend Umsetzung der Verhaltensweise „Müllvermeidung“ ja ja ja = 3 Punkte Einstellungen gegenüber Beeinflussung der Kaufentscheidung „trifft zu“ oder durch Nachhaltigkeit „trifft eher zu“ Einschätzung der Wichtigkeit von „wichtig“ oder Nachhaltigkeit „eher wichtig“ Erhöhung der Wichtigkeit von „trifft zu“ oder Nachhaltigkeit in Zukunft „trifft eher zu“ nachhaltigem Konsum = 3 Punkte Tabelle 7: Überblick über die Punktevergabe für Nachhaltigkeitsinvolvement So errechnete sich aus insgesamt zwölf Faktoren ein neues Merkmal, welches als das Involvement des Einzelnen für nachhaltigen Konsum interpretiert werden kann. Die Häufigkeitsverteilung dieses Merkmals wird in relativen Werten in Abbildung 44 dargstellt. 125 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Nachhaltigkeitsinvolvement 20% 18,56% 18% 16% 13,83% 14% 13,83% 12,69% 11,17% 12% 10% 8,33% 7,77% 8% 5,87% 6% 4% 2% 3,60% 2,65% 0,19% 0,38% 1,14% 0% 0 Pkt. 1 Pkt. 2 Pkt. 3 Pkt. 4 Pkt. 5 Pkt. 6 Pkt. 7 Pkt. 8 Pkt. 9 Pkt. 10 Pkt. 11 Pkt. 12 Pkt. Abbildung 44: Relative Häufigkeitsverteilung des Nachhaltigkeitsinvolvements Die Häufigkeitsverteilung der Variablen (vgl. Abbildung 44) zeigt, dass sich die Probanden linksschief auf der Punkteskala von null bis zwölf Punkten verteilen. Erkennbar ist, dass 95,64 Prozent der Befragten mindestens ein Involvement von vier erreichten. Der Modalwert mit der stärksten Ausprägung befand sich bei einem Involvement von 7 Punkten, der Median lag ebenfalls bei 7,0 und der Mittelwert bei 7,27, bei einer Standardabweichung von 2,33. Es galt nun festzustellen, ob es einen linearen Zusammenhang zwischen dem Nachhaltigkeitsinvolvement auf der einen und den Konsequenzen, die aus den Fragestellungen der beiden unterschiedlichen Spots resultierten, auf der anderen Seite gab. Dies sollte durch den Korrelationskoeffizienten nach Pearson erreicht werden. Gemäß der Studie „Sustainable Consumption and Mass Communication“ von Lucia Reisch, Clive L. Spash und Sabiene Bietz ist ein gleichgerichteter Zusammenhang zu erwarten. So sollten die Werte für Spot 1 einen positiven Zusammenhang, das heißt steigende Sympathie, Wahrscheinlichkeit nachhaltigeren Verhaltens und Wahrscheinlichkeit einer Steigerung der Sympathie des Unternehmens bei steigendem Nachhaltigkeitsinvolvement aufweisen. Bei Spot 2 sollte der Zusammenhang entgegengesetzt sein, sodass bei steigendem Nachhaltigkeitsinvolvement die Werte für Sympathie, Wahrscheinlichkeit nachhaltigeren Verhaltens und Wahrscheinlichkeit der Steigerung der Sympathie des Unternehmens fallen würden. 126 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Betrachtet man die errechneten Korrelationskoeffizienten und die dazugehörigen Signifikanzniveaus in Tabelle 8, fällt auf, dass auf einem Signifikanzniveau von 5 Prozent lediglich Kombination (1) und (6) eine statistisch signifikante Korrelation aufweisen. Bei Kombination (1) besteht ein schwacher Zusammenhang zwischen steigendem Nachhaltigkeitsinvolvement und steigender Sympathie mit dem rationalen Spot 1. Auch der mit einem Signifikanzniveau von 0,049<0,05 signifikante, jedoch ebenfalls nur schwache, doch diesmal entgegengesetzte Zusammenhang der Kombination (6), unterstützt die Alternativhypothese. Bei steigendem Nachhaltigkeitsinvolvement würde demzufolge nach Rezeption des emotionalen Spots 2 die Wahrscheinlichkeit einer Steigerung der Sympathie gegenüber dem kommunizierenden Unternehmen, dessen Produkten oder Dienstleistungen sinken.24 Nachhaltigkeitsinvolvement Kombi- Variable nation (1) Sympathie Korrelations- Signifikanz- koeffizient niveau 0,095* 0,030 527 0,060 0,171 527 0,077 0,078 526 -0,007 0,876 527 -0,025 0,570 526 -0,086* 0,049 527 N Spot 1: (2) „Fünf einfache Wahrscheinlichkeit nachhaltigeres Verhalten Dinge für (3) den Klima- Wahrscheinlichkeit Steigerung der schutz“ Sympathie des Unternehmens/ des Produktes/ der Dienstleistung (4) (5) Sympathie Wahrscheinlichkeit Spot 2: nachhaltigeres Verhalten „Think Blue“ Wahrscheinlichkeit Steigerung der (6) Sympathie des Unternehmens/ des Produktes/ der Dienstleistung * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant. Tabelle 8: Übersicht der Korrelationen 24 Die Streudiagramme der Korrelationen befinden sich im Anhang auf S. XXXIX 127 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Die übrigen Variablen sind dagegen von der Variable „Nachhaltigkeitsinvolvement“ statistisch unabhängig. Diese Tatsache schränkt die Vergleichbarkeit der beiden Spots ein. Auf Basis der vorherrschenden Umfrageergebnisse ließ sich demnach keine abschließende Aussage über einen Zusammenhang zwischen dem Involvement in Sachen Nachhaltigkeit und der daraus folgenden Affinität zu einer bestimmten Art von Kommunikation treffen. Obwohl mit den beiden signifikanten Zusammenhängen Tendenzen erkennbar waren, lassen die Ergebnisse keine abschließende Aussage zu, die Alternativhypothese H2 zu bestätigen und die Nullhypothese der Unabhängigkeit zu widerlegen. Die Tendenz unterstützend sei dennoch erwähnt, dass die Korrelationskoeffizienten des zweiten Spots allesamt negativ gepolt sind und somit von einer fallenden Kurve, ergo fallender Werte bei steigendem Nachhaltigkeitsinvolvement, ausgegangen werden kann. Dagegen waren die Werte des Korrelationskoeffizienten des ersten Spots allesamt positiver Natur, was eher steigende Werte bei steigendem Nachhaltigkeitsinvolvement bedeuten würde. Als eine Ursache für die nicht signifikanten Ergebnisse kann unter anderem die Stichprobe verantwortlich gemacht werden. Aufgrund ihrer geringen Größe in Bezug auf die Grundgesamtheit war die Repräsentativität dank der unzureichenden Breite sehr eingeschränkt. So konnte an der Verteilung der Befragten im Nachhaltigkeitsinvolvement (vgl. Abbildung 44) ein hohes Involvement-Niveau identifiziert werden, welches insbesondere bei dieser Hypothese zu einer Verzerrung und somit zur NichtBestätigung führte. Darüber hinaus konnte aufgrund zu niedriger Fallzahlen in den unteren Involvementklassen keine einwandfreie Aussage über deren Einschätzungen der Kommunikationsbeispiele getroffen werden. Eine weitere Ursache für die Ergebnisse können die Spots selbst genannt werden. Diese wurden zwar als eher rational bzw. eher emotional erkannt (vgl. Abbildung 43), jedoch spielen bei der Rezeption eine Vielzahl weiterer Faktoren eine Rolle. Dazu gehören unter anderem die Einstellungen zur jeweiligen Marke, das Interesse und die Stimmungslage des Rezipienten, die situative Aufmerksamkeit und Störungen während der Rezeption, das Einverständnis mit den Schlussfolgerungen und Inhalten sowie die Glaubwürdigkeit des Spots (Hofer 2010). All diese Faktoren können sich positiv wie 128 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung negativ auf die Bewertung der Kommunikationsbeispiele auswirken. Für eine repräsentative Einschätzung und klare Ergebnisse sind abermals die Fallzahlen zu gering. Die Unterschiede in der Signifikanz sind auch auf das sogenannte „Grundrauschen“ der Stichprobe zurückzuführen. Hierbei handelt es sich um einen Begriff aus der Statistik. Jeder erhobene Wert enthält interessante Informationen und zufällige, unerwünschte sowie fehlerhafte Nebeninformationen. Durch Letzteres kommt es zur Herabsetzung der Genauigkeit der erhobenen Daten. Mögliches Ändern im Antwortverhalten der Befragten kann zu solch einer Störung des Signals geführt haben. Signale, die frei von jeglichem Rauschen sind, sind fast unmöglich zu erheben. Nur durch wiederholte Stichprobennahme und durch Vergleichen dieser Stichproben kann das Verhältnis zwischen Signal und Rauschen verbessert werden (Anděl 1984, S. 143 ff.). 4. Zusammenfassung und Resümee der Studie Nachdem die herausgefundenen Daten einer deskriptiven und darüber hinausgehenden statistischen Auswertung unterzogen wurden, soll in der Folge ein kurzes, teils übergreifendes Resümee sowie Schlussfolgerungen auf die Thematik gezogen werden. Charakterisierung der Stichprobe Bei den befragten Studenten deutscher Hochschulen handelte es sich im Durchschnitt um junge Menschen Mitte zwanzig. Die Geschlechterverteilung war ungefähr gleich. Die Studenten kamen aus allen Fachbereichen, mit Überzahl von Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieuren. Häufig lebten Sie mit anderen Menschen zusammen in einem Haushalt. Sie waren zumeist kinderlos und schätzten ihre eigene finanzielle Lage zumeist gut bis mittelmäßig ein. Einstellungen Die Mehrheit der Stichprobe bezog nachhaltige Kriterien in ihre Konsumentscheidungen mit ein. Insgesamt hielten die Befragten das Thema Nachhaltigkeit für wichtig und nur ein sehr geringer Anteil war der Ansicht, diese Wichtigkeit würde sich in Zukunft nicht erhöhen. Die Zielgruppe stellte altruistische Motive, nachhaltig zu konsumieren, klar vor egoistische. Die größten Hindernisse stellten für die Zielgruppe vor allem der Preis, Unsicherheit über Produktionsweisen, mangelndes Angebot und Unsicherheit über die effektive Nachhaltigkeit von Konsumentscheidungen dar. Abgesehen vom „inneren 129 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Schweinehund“, bei dem sich die Konsumenten selbst die Schuld gaben, sahen sie den Handlungsbedarf vor allem bei den Unternehmen und der Politik, nachhaltigen Konsum attraktiver zu machen. Verhalten Die Befragten ernährten sich relativ nachhaltig. Bio- und regionale Lebensmittel wurden oft gekauft, fair gehandelte ab und zu. Über die Lebensmittelindustrie wurde teils heftig Kritik geübt. Obwohl fast jeder zweite ein Auto besaß, wurde es auf Kurzstrecken selten genutzt; auf Langstrecken dagegen oft. Nicht zuletzt aufgrund der Preise bewegten sich die befragten Studenten oft mit nachhaltigen Verkehrsmitteln wie Fahrrädern, ÖPNV und der Bahn fort. Allerdings gehörten Flüge für die meisten einfach dazu. Bevor die befragten Personen einem Car-Sharing-Angebot beitraten, nutzten sie Mitfahrgelegenheiten von A nach B. Insgesamt schien eine Affinität zum Teilen und Tauschen zu bestehen. Außerdem trennten viele den Müll und versuchten Energie zu sparen. Ihr Strom kam jedoch meist nicht aus Öko-Strom-Quellen. Einstellungen gegenüber nachhaltigkeitsorientierter Verbraucherkommunikation Die Befragten empfanden keine Überpräsenz von nachhaltigen Kommunikationsinhalten. Im Gegenteil, sie forderten sogar mehr Aufklärung in Sachen Nachhaltigkeit. Diese könnte am einfachsten über das Leitmedium dieser Generation der „digital natives“, dem Internet erfolgen. NGOs als Kooperationspartner wurden als sehr glaubwürdig eingeschätzt. Die hohen Ausgaben für Marketing im Vergleich zu den Ausgaben für effektive Nachhaltigkeit hielten sie für falsch. Lieber würden sie transparente und glaubwürdige Kommunikation sehen, die einen Beitrag zu der Entwicklung nachhaltiger Handlungsmuster der Konsumenten schafft. Das Interesse lag darüber hinaus eher auf sozialen als auf Umweltaspekten. Traditionelle Nachhaltigkeits-Stereotype standen nicht hoch im Kurs. Kluge Produkte, Prozesse und Verhaltensweisen waren dagegen viel reizvoller. Zertifizierungen und Labels gehörten jedoch nach wie vor dazu. Die Einstellung zu Testimonials ist gespalten. Unternehmen sollten, wollen sie diese Zielgruppe erreichen, unbedingt auf Vermeidung von Greenwashing achten und glaubwürdig sein. 130 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Überprüfung von H1 aufgrund der vorherrschenden Ergebnisse Der Faktor Glaubwürdigkeit war in Bezug auf nachhaltigen Konsum und Kommunikation über diese Inhalte ein zentrales Anliegen der Befragten. Bereits bei der Frage nach den Hindernissen für nachhaltgien Konsum wurde klar, dass es den Befragten an Sicherheit gegenüber Produkten und Dienstleistungen mangelte. In allen offenen Fragen wurde weiterhin viel Kritik gegenüber „greenwash“-Unternehmen aufgrund deren fehlender Transparenz und Glaubwürdigkeit geübt. Das Ranking der Glaubwürdigkeit verschiedener Institutionen zeigte, in dem Wirtschaftsunternehmen am Ende des Rankings zu finden waren, den dringenden Handlungsbedarf in dieser Hinsicht. Die Frage der Medienwahl unterstützte diesen zusätzlich, da eine Selektion verschiedener Medien nach ihrer Glaubwürdigkeit als Implikation angegeben wurde. Insgesamt kann festgestellt werden, dass diese Aspekte allenthalben genannt wurden. Dies wurde auch bei der Frage nach Prominenten als Testimonials deutlich, die insgesamt, bezieht man den letzten Platz des Glaubwürdigkeitsrankings mit ein, eher kritisch gesehen werden. Dahingegen wurde deutlich gemacht, dass Nichtregierungsorganisationen anstatt dessen als Kooperationspartner die Glaubwürdigkeit steigern können. Diese These wurde durch die Einschätzung der NGOs als drittglaubwürdigste Institution untermauert. Die unbedingte Handlungserforderlichkeit wurde außerdem in den Fragen der Konsequenzen deutlich. So ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Verbraucher ihre Handlungsmuster ändern, wenn Unternehmen mit gutem Beispiel voran gingen. Damit dies von den Verbrauchern so verstanden wird, müssen Unternehmen dies jedoch auch glaubwürdig kommunizieren. Die Konsequenzen, die fast alle Konsumenten ziehen – in welcher Ausprägung auch immer – wenn sie fehlerhaftes Verhalten von Unternehmensseite mitbekommen, sind eher negativer Natur, sodass absoluter Handlungsbedarf besteht, wollen Unternehmen Kunden hinzugewinnen und nicht verlieren. Überprüfung von H2 aufgrund der vorherrschenden Ergebnisse Die weniger Nachhaltigkeits-Involvierten waren bei den Befragten in der Unterzahl. So war es nicht möglich, eine eindeutige, signifikante Berechnung von Zusammenhängen zwischen dem Involvement und einer bestimmten Affinität für Charakteristika von Kommunikation für Nachhaltigkeit durchzuführen. Dennoch konnte konstatiert werden, dass sich durchaus leichte Tendenzen für die These fanden, die Affinität für informativerklärende Kommunikation hänge mit höherem Nachhaltigkeitsinvolvement zusammen. 131 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung Andererseits waren ebenfalls Tendenzen zu erkennen, dass mit niedrigerem Involvement ein größerer Hang zu emotionaler Kommunikation bestand. Rein rechnerisch ließen sich diese Zusammenhänge jedoch nicht endgültig beweisen. Es konnte lediglich bewiesen werden, dass bei steigendem Involvement der rationale Spot 1 als sympathischer bewertet wurde und bei sinkendem Involvement die Wahrscheinlichkeit einer Sympathiesteigerung gegenüber Volkswagen und deren Produkten (mit dem emotionalen Spot) stieg. Insbesondere diese Untersuchung von H2 sollte durch eine weitere, repräsentative Umfrage in der Gesamtbevölkerung ohne Überhang besonders Gebildeter oder Interessierter vertieft werden. Diese Ergebnisse können hierzu bereits eine Grundlage mit ersten statistischen Hinweisen liefern. Weitere Erkenntnisse Abschnitt-übergreifend konnte festgestellt werden, dass soziale Aspekte der Nachhaltigkeit großes Potential besitzen. Die Angabe sozialer Gerechtigkeit als der wichtigste Faktor, die Angabe altruistischer Motive für nachhaltigen Konsum und die häufige Symbolisierung des Leitbildes mit fairem Handel und sozialer Fairness weltweit gaben Anlass zu dieser These. Jedoch gaben die Befragten im Schnitt auch an, eher selten fair gehandelte Produkte zu kaufen. Dies kann an zwei, ebenfalls genannten Gründen liegen. Zum einen wurde oft das mangelnde Angebot angeprangert. Zum anderen stand scheinbar das Behaviour-Gap (vgl. Kapitel 2.3a) vielen Konsumenten im Wege. Denn laut Angaben der Befragten konsumierten diese fair gehandelte Produkte bisher eher selten, trotz der sehr positiven Einstellungen ihnen gegenüber und der Philosophie dahinter. Obwohl viele von der Wichtigkeit einer nachhaltigen Entwicklung überzeugt waren, waren die Zahlen insgesamt in den Verhaltensweisen lange nicht so hoch wie es die Einstellungen vermuten ließen. Offensichtlich gaben die Befragten ihr Geld lieber für andere Dinge aus. Dieses Phänomen kann umgangssprachlich als der angegebene „innere Schweinehund“ bezeichnet werden und kam ebenfalls in anderen Feldern zum Tragen. Der Bezug von Ökostrom beispielsweise war ebenso unterrepräsentiert und birgt ein großes Potential zum Wachstum. Ein weiterer Umstand ist die häufige Überbrückung von Distanzen mit dem Flugzeug. Auch diese sind, gemessen an den Angaben zu den Einstellungen und dem Wissen über nachhaltige Sachverhalte ein Anlass, 132 Kapitel 4 – Empirische Untersuchung das Behaviour-gap zu bestätigen. Obwohl sich die Befragten angeblich finanziell in keiner schlechten Lage wähnten, war der höhere Preis das am zweitmeisten genannte Hindernis. Immerhin sahen sich die Konsumenten selbst an dritter Stelle, was die Impulsgeber für eine nachhaltige Entwicklung anging. Die Befragten besaßen zudem eine große Affinität zu gemeinschaftlichen Verhaltensmustern wie Teilen und (Aus-)Tauschen. Die häufigen Nennungen von Mitfahrgelegenheiten und Wohngemeinschaften können zwar auch als studentisch bezeichnet werden, können jedoch trotzdem als Indizien identifiziert werden. Die Gründe, warum gerade Studenten auf diese Entkommerzialisierungstechniken in Sachen Konsum zurückgreifen, können jedoch auch in deren finanziellen Lage begründet sein. Weiterhin kann die soziale Vernetzung der „digital natives“ und so auch der Stichprobe der Zielgruppe als Beweis für einen steigenden Hang zu sozialer Interaktion darstellen. Die Bewertung von Unternehmen, Produkten und Dienstleistungen kann insofern auch als Teilen von Informationen bezeichnet werden. So werden negative Informationen direkt an andere Mitmenschen weitergegeben – unabhängig, ob an Freunde, Familie oder Dritte. Die Glaubwürdigkeit dieser Personen wird offensichtlich hoch eingeschätzt. Außerdem zeichnete sich ein Trend für regionale Produkte und Dienstleistungen ab. Diese würden angeblich zum einen häufig konsumiert und zum anderen gab es viele, die Kleinunternehmen und Familienunternehmen als Best-practice-Beispiele nannten und diese als glaubwürdige Institutionen charakterisierten. Die Ergebnisse der Untersuchung und deren Analysen sollten allerdings stets im Lichte des bereits erklärten vermutlich überdurchschnittlichen hohen Involvement der Befragten in Sachen Nachhaltigkeit evaluiert werden. Abschließend kann auf sehr interessante Ergebnisse zurückgeblickt werden, die allerdings eine weitere Untersuchung in einem größeren Rahmen verdient haben. Die herausgefundenen Tendenzen können allerdings bereits für Wissenschaft und Praxis verwendet werden. Im Vergleich mit den im Theorieteil ergründeten Grundlagen können durchaus gleichartige Ergebnisse identifiziert werden. Im folgenden, abschließenden Kapitel werden die Ergebnisse aus Theorie und Praxis nochmals zusammengefasst und ergründet, welche Bedeutung diese sowohl für die wissenschaftliche Diskussion als auch für die Praxis haben können. 133 Implikationen: Erfolgsfaktoren und Hemmnisse Implikationen: Erfolgsfaktoren und Hemmnisse Nachdem die Ergebnisse aus Fachliteratur und empirischer Untersuchung ausgewertet wurden, konnten zum Teil übereinstimmende, aber auch ergänzende, hemmende sowie treibende Faktoren für nachhaltigen Konsum und Konsummusteränderungen resümiert werden. Diese sollen in der Folge zusammenfassend dargestellt werden. Hemmnisse Als ein Hemmnis für die Zunahme nachhaltigen Konsums können die preiswerten, standardisierten, konventionellen Produkte identifiziert werden, da sie dem Konsumenten einen scheinbaren Freizeit- und Optionsgewinn ermöglichen. Diese Argumente sind insbesondere bei Konsumenten mit geringerem Lebensstandard entscheidend. Bei hohem Lebensstandard können emotional aufgeladene Gebrauchsgüter zudem eine Statussymbolwirkung aufweisen, auf die viele Konsumenten aufgrund ihres Bedürfnisses für Anerkennung und Selbstverwirklichung nicht verzichten wollen. Durch den Konsum dieser Güter kann zudem das von der Politik erwünschte Wirtschaftswachstum 134 Implikationen: Erfolgsfaktoren und Hemmnisse erreicht werden. Doch steht eben dieser Hergang einer nachhaltigen Entwicklung im Konsum entgegen. Extremdarstellungen von besonderer Verharmlosung der Situation auf der einen und übertriebener Panikmache auf der anderen Seite erschweren dem Konsumenten einen rationalen Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse. Im Gegenteil, diese zeigen sich vielmehr resigniert aufgrund der vorherrschenden Informationen. Nichts desto trotz gaben die Teilnehmer der Umfrage zu, einen Mangel an Informationen zu besitzen und gern mehr darüber zu erfahren, was „richtig“ und was „falsch“ ist. Aufgrund fehlender Wahrnehmbarkeit vieler ökologischer und sozialer Problemlagen sind die Verbraucher unbedingt auf Informationen von Dritten angewiesen. Jedoch seien diese Informationen zu oft so verpackt, dass sie nur von Experten richtig verstanden werden können. Die Überforderung der Verbraucher, die mit dieser Konfrontation einhergeht, führt zu Reaktanzen, in denen die Verbraucher alles von sich weisen, was mit dem Thema Nachhaltigkeit zu tun hat. In diesem Zuge kommt es wiederum zur Weitergabe der Verantwortung an Unternehmen und Politik. Das Beitragsdilemma gilt weiterhin als ein großes Hindernis. So sind nachhaltige Aspekte sehr schwer zu kommunizieren, da erneut die angesprochenen Reaktanzen entstehen, wenn eine Einschränkung der Freiheit wahrgenommen wird. Falls positive Einstellungen bestehen, das ergaben die Aussagen der Befragten, werden durch das Behaviour-Gap, ergo Nachlässigkeiten, die auch als der „innere Schweinehund“ bezeichnet wurden, viele gute Denkansätze und Vorsätze zunichte gemacht. Dies ist auch den schnelllebigen Prozessen unserer Gesellschaft geschuldet, in der, wie es in der Umfrage lautete „eine Waschmaschine, usw. einfach gebraucht [wird]“. Unternehmerische Verbraucherkommunikation als solche hat einen miserablen Ruf. Der Vorwurf der Manipulation und die sich einstellenden Ermüdungseffekte aufgrund eines „overload“ an Informationen, auch im Hinblick auf den inflationären Gebrauch des Begriffs „Nachhaltigkeit“ und der Präfixe „Öko“ und „Bio“, stärken die Ablehnung gegenüber unternehmerischer Öffentlichkeitsarbeit. Hinsichtlich Kommunikation über nachhaltige Inhalte trägt fehlende Expertise der Unternehmen vielen Teils dazu bei, dass am Ende unbefriedigende Kampagnen herauskommen, denen es an Glaubwürdigkeit mangelt und die von Verbrauchern oft als reines Greenwashing abgetan werden. Doch genau diese Sensibilisierung sollten Unternehmen heutzutage besitzen. Die 135 Implikationen: Erfolgsfaktoren und Hemmnisse Befragten äußerten, sie hätten eine große Unsicherheit gegenüber Herstellungsbedingungen und es fehle vielerseits an Transparenz, um Wertschöpfungsketten und Prozesse korrekt einschätzen zu können. Aus dieser Intransparenz ergibt sich eine solch enorme Unglaubwürdigkeit, sodass nunmehr kaum einem großen Unternehmen zugetraut wird, nachhaltig zu wirtschaften, bzw. glaubhafte Informationen in dieser Hinsicht zu publizieren. So war der Begriff „Greenwashing“ der wohl meist genannte Begriff in den offenen Antwortalternativen der Umfrage. Zudem fiel den Befragten negativ auf, dass die Ausgaben für Marketing die für Nachhaltigkeit bei weitem übersteigen. Der Einsatz von prominenten Personen als Testimonials, insbesondere gegen Gage, wurde ebenfalls als unglaubwürdig bewertet. Ferner kann allerdings resümiert werden, dass Kommunikation ein weicher Faktor ist, der allein nicht alle Konsumenten überzeugen kann. Flankierend sind hier harte Faktoren wie Steuern, Subventionen, entsprechende Angebote und viele andere von Belang. Erfolgsfaktoren (Treiber) Aufgrund der bewiesenen Affinität der jungen Zielgruppe zum Tauschen und Teilen kann auf effektive Beispiele zu den Strategien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz verwiesen werden, um nachhaltigen Konsum zu steigern. Die Tatsache, dass viele Personen der Zielgruppe gemeinschaftlich wohnen, birgt außerdem eine Chance zur gegenseitigen Beeinflussung im Konsum. Insgesamt besaß die Stichprobe eher positive Einstellungen gegenüber nachhaltigen Aspekten. Dieses könnten genutzt werden, um daraus effektive Verhaltensweisen zu machen. Im Handlungsbereich Ernährung ist der faire Handel die Sparte mit dem vielleicht größten Potential. Aufgrund des großen Zuspruchs für Fair-Trade, Solidarität und faire Arbeitsbedingungen ergibt sich eine Chance, diesen Zuspruch in konkrete Konsumhandlungen umzumünzen. Da ebenfalls die Zustimmung für regionale Produkte überraschend groß war, könnte die Gelegenheit genutzt werden, dieses Feld noch stärker zu implementieren. Was den Handlungsbereich Mobilität angeht, so könnte auch hier, bewiesen durch die hohe Nutzung von Mitfahrgelegenheiten, die Affinität zum Teilen und Tauschen dafür genutzt werden, ähnliche Portale und Möglichkeiten zu forcieren. Die Ausweitung der CarSharing-Nutzung beispielsweise birgt in Anbetracht dessen ein enormes Potential. 136 Implikationen: Erfolgsfaktoren und Hemmnisse Anzunehmen, dass der Flugverkehr auf Dauer reduziert werden könnte, wäre wohl eine Utopie. Allerdings ist es dringend notwendig, aufgrund der hohen Belastung an Modelle zu denken, die die Folgen des Flugverkehrs dezimieren. Eines dieser Systeme wurde mit atmosfair bereits genannt. Hier ist es Flugreisenden möglich, ihren CO 2-Ausstoß auszugleichen. In Deutschland scheint der eigene Pkw fast „heilig“. Doch insbesondere bei der jüngeren Generation kann mit Hinweisen auf die immensen Kosten des Privatautos (vgl. Kapitel 1.2c) und den hervorragenden Dienstleistungsangeboten auf dessen Entbehrlichkeit hingewiesen werden. Insbesondere ÖPNV-Betriebe, Car-Sharing-Anbieter und viele weitere könnten auf diese Umstände hinweisen. In den weiteren Handlungsfeldern fiel bei der Umfrage vor allem die geringe Quote an Ökostrom-Beziehern auf. Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Umstand unter anderem der undurchsichtigen Wechsel-Prozedur geschuldet ist. Hier könnte dem Verbraucher mit einfacher Erklärung der Vorgehensweise ein Wechsel erleichtert werden. Weiterhin konnten Faktoren identifiziert werden, die Konsummusterveränderungen mittels Kommunikation forcieren könnten. Um die Berücksichtigung der Nutzung des Leitmediums Internet kommen Unternehmen bei der Kommunikation nachhaltiger Aspekte nicht herum. Dort ist es einfach, Kooperationen zu schließen und der Verbraucher kann die Informationen sofort auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen, was zu hoher Glaubwürdigkeit des Inhalts führen kann. Aus diesen und anderen Gründen waren Online-Medien die in der Umfrage meist genannten Kommunikationsträger. Klassische Medien können jedoch zur Hinleitung dienen. Eine weitere Möglichkeit in vielen Handlungsfeldern bietet die Kommunikation am Point of Sale, da hier das Produkt direkt getestet und in Augenschein genommen werden kann. Guerilla-Marketing kann nicht nur in der jungen Zielgruppe für eine hohe Aufmerksamkeit sorgen. Zudem ist es preisgünstig und eignet sich für virale Kampagnen. Situationen, in denen biographische Veränderungen erfolgen, wie ein Umzug, die Geburt eines Kindes oder ähnliches, könnten genutzt werden, um Angebote zu kommunizieren. Zudem könnte die Strategie der Belohnung angewandt werden, um Kunden hinzuzugewinnen oder eine Einstellungs- und/oder Verhaltensänderung herbeizuführen. Die Strategie der Partizipation, ergo die Einbindung der Konsumenten in die Lösungsentwicklung kann zu einer hohen Relevanz für die Zielgruppe führen. Zudem 137 Implikationen: Erfolgsfaktoren und Hemmnisse könnte bereits im frühen Alter angefangen werden, Kinder und Jugendliche zu bilden, um so nachhaltige Konsumenten von morgen zu erreichen. Unternehmen könnten durch eine konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit Vorteile generieren. Es hat sogar den Anschein, dass es künftig ein Muss für Unternehmen sein wird, sozial und ökologisch verantwortlich zu handeln. Wie die Ergebnisse dieser Umfrage gezeigt haben besteht anderenfalls die Gefahr, dass die Konsumenten in der Form reagieren, dass sie die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens nicht mehr beziehen und/oder anderen davon berichten. Um sich nachhaltig auszurichten und letztlich darüber glaubwürdig kommunizieren zu können, kann ein Benchmarking mit in dieser Hinsicht als vorbildlich geltenden Unternehmen durchgeführt werden. Best-Practice-Beispiele dazu befinden sich in dieser Arbeit (vgl. Tabelle 9). Kommunikative Beeinflussung von Konsummustern wurde in dieser Form von vielen der Befragten noch eher selten wahrgenommen. Jedoch besteht ein dringender Wunsch nach mehr Aufklärung. Im Zuge dessen könnten Einstellungen gegenüber Nachhaltigkeit und dessen Konsummuster weiter verändert werden, um letztlich das Verhalten beeinflussen zu können. Jedoch ist die vielfach erwähnte Lücke zwischen Wissen und Handeln zu berücksichtigen. Um die Zielgruppe zu erreichen, ist es unabdingbar, sich bei der Erstellung der Maßnahmen an der Zielgruppe zu orientieren, um für die diese eine Relevanz herzustellen. Dies kann nur geschehen, indem die Zielgruppe verstanden wird. So könnten Konsumentenkenntnis (Emotionen, Motivationen, Einstellungen und Verhalten), Lebens- und Konsumstile, Consumer Insights, die Analyse der jeweiligen Kaufentscheidungen oder das Segmentieren in klassische Zielgruppen für das Verstehen der zu erreichenden Personen sorgen. Doch diese kommunikativen Äußerungen können verschiedenste Interpretationen zur Folge haben und so missverstanden werden, wenn diese nicht auf den Adressaten zugeschnitten sind. Gemäß dem Elaboration Likelihood-Model gibt es zwei verschiedene Arten der Kommunikation. Diese können gemäß der Fachliteratur dazu dienen, verschieden stark involvierte Verbraucher anzusprechen. Oft herrscht jedoch lediglich die Wahl zwischen Glaubwürdigkeit auf der einen und emotionaler, sympathischer Aufmachung auf der anderen Seite. 138 Implikationen: Erfolgsfaktoren und Hemmnisse Wie bereits in den Hemmnissen dargelegt, ist die fehlende Glaubwürdigkeit die wohl größte zu überwindende Hürde für eine konsummusterverändernde Nachhaltigkeitskommunikation. Insofern muss diese in jedem Falle hergestellt werden. Dies kann durch Transparenz, Integrität und Commitment geschehen. Auch das Nutzen glaubwürdiger Werbeträger und die Kommunikation durch glaubwürdige Testimonials kann dies hervorrufen. Statt Testimonials als Kommunikatoren können auch Kooperationen mit NGOs für Glaubwürdigkeit sorgen. Insbesondere deren Zertifizierungen mittels Labels ist von eminenter Bedeutung. Realismus und Ehrlichkeit sind die Treiber der Glaubwürdigkeit. Allerdings können emotionale Zusatznutzen gepaart mit dem funktionalen Nutzen und einer attraktiven Vermittlung dieser Nutzenkombination durchaus erfolgreich sein. Unter anderem können hierbei Reaktanzen vermieden werden und Assoziationen mit positiven Aspekten forciert werden, denn letztlich kann eine solche Kommunikation nur über Aufmerksamkeit und letztliche Sympathie geschehen. Für Unternehmen als Kommunikatoren ist es also unabdingbar den Spagat zwischen „ehrlicher Authentizität“ und „trendiger Attraktivität“ hinzubekommen, um glaubwürdig und sympathisch zugleich zu sein. 139 Schlussbetrachtung und Ausblick Schlussbetrachtung und Ausblick 1. Zusammenfassung der Arbeit Gegenstand der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung, wie es Unternehmen erreichen können, durch das Mittel der Kommunikation Verbraucher zu einer nachhaltigen Konsumweise zu motivieren. Der Fokus lag auf der Identifizierung von Hemmnissen und Erfolgsfaktoren für den Erfolg einer solchen Kommunikation. Die Arbeit unterteilte sich in einen Theorie- und einen Empirieteil. Im theoretischen Teil konnte Expertenwissen zu den drei Themenbereichen „Nachhaltigkeit und Konsum“, „Konsumentenpsychologie/-soziologie“ und „Nachhaltigkeitskommunikation“ jeweils intensive Einblicke liefern. Hierzu war es zunächst notwendig zu definieren, was unter einer nachhaltigen Konsumweise zu verstehen ist. Im Zuge dessen wurden nachhaltige Konsummuster im Kontext des Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung definiert, analysiert und sowohl Strategien und konkrete Handlungsweisen als auch strukturelle Hürden für einen ökosozial verträglichen Konsum herausgearbeitet (Kapitel 1). Hier zeigte sich, dass der Fokus einer Betrachtung des komplexen Konzepts der nachhaltigen Entwicklung stets 140 Schlussbetrachtung und Ausblick auf einem bestimmten Bereich liegen muss, um die Umsetzbarkeit zu gewährleisten. Da mithin die größten Probleme und Hindernisse für eine nachhaltige Entwicklung im Bereich des Konsums liegen, konnte konstatiert werden, dass das Ziel eines nachhaltigen Konsums einen bedeutenden Faktor darstellt. Denn neben dem Konsum nachhaltig hergestellter Waren und Dienstleistungen stehen auch die Nutzung und Entsorgung, sowie informeller Konsum und Verzicht in diesem Fokus. Darauf folgend konnten Einblicke in die Konsumentenpsychologie aktivierende Prozesse identifizieren und verschiedene Kaufentscheidungen erläutern, in denen sich Verbraucher im Alltag wiederfinden. Bezüglich der soziologischen Betrachtung der Thematik wurden die Konzepte der Lebensstile und Konsumstile auf das Themenkonstrukt angewandt. Eine erneute Begutachtung von Erfolgsfaktoren und Hemmnissen konnte Chancen und Risiken aufzeigen, einen nachhaltigen Konsum in einer Zielgruppe zu implementieren (Kapitel 2). Diese Vorgehensweise konnte Möglichkeiten aufzeigen, die komplexen sozialpsychologischen, aktivierenden Prozesse der Verbraucher zu verstehen. Weiterhin herrschen verschiedene Lebens- und Konsumstile sowie an die Kaufentscheidungen, die durch Sozialforschung identifiziert, interpretiert und letztlich genutzt werden könnten. Im letzten Teil der theoretischen Betrachtung wurde dem Themenkonstrukt das Mittel der Kommunikation hinzugefügt und mit den bisherigen Erkenntnissen auf Umsetzbarkeit geprüft. Der Fokus lag hier auf einer Identifizierung von bestimmten Voraussetzungen für unternehmerische Kommunikation über nachhaltige Aspekte sowie der strategischen, inhaltlichen und instrumentellen Umsetzung. Auch hier wurden letztlich Hemmnisse eines solchen Vorhabens abgesteckt (Kapitel 3). Kommunikation stellt demnach eines der wichtigsten Mittel zur Erreichung nachhaltiger Konsummuster dar. Allerdings gelten bestimmte Bedingungen, um Glaubwürdigkeit und letztlich Akzeptanz der Kommunikatoren und der Kommunikationsmaßnahme selbst zu erreichen. Es können weiterhin verschiedene Strategien rationaler und emotionaler Art umgesetzt werden, um nachhaltige Inhalte zu kommunizieren. Der empirische Teil konnte unter anderem in Form einer Hypothesendiskussion das Expertenwissen auf effektive Konsistenz prüfen. Weiterhin konnte er Einblicke in die Zielgruppe deutscher Studenten bezüglich ihrer Motive und Einstellungen, Wünsche und Verhaltensweisen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Konsum bieten. Hierzu wurde auf 141 Schlussbetrachtung und Ausblick Basis der quantitativen Daten die Stichprobe/Zielgruppe charakterisiert, Einstellungen gegenüber nachhaltigem Konsum und nachhaltigkeitsorientierter Kommunikation bestimmt sowie ein grober Status quo der Konsummuster der Befragten herausgefunden. Die Hypothesen prüften, ob die aus der Theorie stammende Annahme stimme, Nachhaltigkeitskommunikation müsse eine bestimmte Glaubwürdigkeit besitzen und die Konsumenten müssten unterschiedlich angesprochen werden, damit die Maßnahme wirksam sein könne. Die Befragten befanden sich durchschnittlich im Alter von Mitte Zwanzig und kamen aus den verschiedensten Fachbereichen. Deren Einstellungen hatten durchaus einen sehr nachhaltigen Charakter und auch das befragte Konsumverhalten war in vielen Teilen sehr stark nachhaltig geprägt. Insofern konnte ihnen ein hohes Involvement in Bezug auf Nachhaltigkeit bescheinigt werden. Allerdings zeigten sie auch einige entscheidende Defizite in der Konsumweise. Zu häufiges Fliegen, Fleischgenuss und eine geringe Quote von Ökostrom-Nutzern untermauert dies. Familie, Freunde und Nichtregierungsorganisationen wurde häufig geglaubt, Unternehmen, der Politik sowie Prominenten weniger. Vor allem der Vorwurf des Greenwashings bescheinigte den kommunizierenden Unternehmen eine fehlende Glaubwürdigkeit, die deren Inkonsequenz und Kurzsichtigkeit geschuldet ist. So gaben die Befragten an, nachhaltiger zu handeln, wenn Unternehmen diese Defizite abstellen würden und als gutes Beispiel voran gingen. Obwohl Tendenzen bestanden, konnte auf Basis statistischer Tests nicht bewiesen werden, dass ein Zusammenhang zwischen Involvement des Verbrauchers und einer bestimmten Art von Kommunikation besteht. Insofern konnte eine der beiden Hypothese bestätigt werden. Ein herausragender Befund waren die gehäuften Nennungen von Hindernissen für einen nachhaltigen Konsum, eine Konsummusteränderung und der Überzeugung durch Kommunikationsmaßnahmen. 2. Wissenschaftliche Konsequenzen und Forschungsbedarf Da der Stand der Forschung in dem bearbeiteten Bereich noch nicht besonders fortgeschritten ist, kann diese Arbeit einen relevanten Beitrag zu diesem Thema leisten. Die vorliegende Arbeit konnte zwar Zusammenhänge zwischen unternehmerischer Verbraucherkommunikation und der Motivation der Verbraucher zu nachhaltigem Konsum 142 Schlussbetrachtung und Ausblick identifizieren, jedoch bedarf es über diese Zusammenhänge hinaus weiterer vertiefender und komplementärer Studien um den Themenbereich aussagekräftig evaluieren zu können. Die in diesem Rahmen vorgenommene Abhandlung über Voraussetzungen, Strategien, Inhalte sowie sonstige Erfolgsfaktoren und Hemmnisse können als Basis für diese weiterführenden Untersuchungen dienen. Vorzugsweise könnten diese tiefer gehenden Betrachtungen in interdisziplinären Projekten durchgeführt werden, um verschiedenartige Positionen und Expertise mit zu berücksichtigen. Hier könnten beispielsweise durch intensive qualitative Forschung konkrete Zielgruppen-Cluster identifiziert werden, die sich durch bestimmte Kommunikation ansprechen ließen. Weiterhin könnte herausgefunden werden, welche Eigenschaften diese Kommunikation konkret besitzen müsste um für die einzelnen Zielgruppen erfolgreich zu sein. Was während dieser Arbeit mittels Alternativhypothese zwei (vgl. Abbildung 23, S. 81) lediglich angerissen wurde, könnte also beispielsweise im Zuge einer Promotion oder gar übergeordneter Forschung ausgeweitet werden. So könnte die Überprüfung der Hypothese durch eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung mit breit gefächerter Involviertheit der Befragten über die verschiedenartige Ansprache der Gruppen erreicht werden. Qualitative Sozialforschungsansätze wie Gruppendiskussionen oder Interviews könnten ohnehin einen tieferen Einblick in die motivationalen Ansatzpunkte für nachhaltigen Konsum oder Ursachen für Hemmnisse sowie tief sitzende Einstellungen und Consumer Insights geben. In diesem Zusammenhang ist es jedenfalls ratsam, sozialwissenschaftliche Expertise mit einzubeziehen. Weiterhin ist es zwingend erforderlich, die Bedeutung und Inhalte von Nachhaltigkeit, bzw. nachhaltigem Konsum eindeutig festzulegen, damit keine Unstimmigkeiten mehr entstehen können, was nachhaltig ist und was nicht. Als Beispiel kann die Energiesparlampe dienen, die zwar Energie einspart, aber sowohl durch ihre fehlende Wärmeentwicklung (im Vergleich zur Glühbirne) als auch durch ihren quecksilberhaltigen Inhalt umstritten ist. Dass die Gesellschaft durch eine zunehmende Motivation der Verbraucher für nachhaltige Konsummuster profitieren würde, gilt als vorausgesetzt. Doch es ist weiterhin zwingend zu eruieren, welches Potential diese spezielle Verbraucherkommunikation für die kommunizierenden Unternehmen haben kann. Dies stellt einen wichtigen Faktor 143 Schlussbetrachtung und Ausblick dar, da Unternehmen keine solchen Kommunikationsmaßnahmen durchführen würden, wenn sie nicht auch einen gewissen Mehrwert durch dieses Vorkehrungen erwarten können. Es muss sich also mutmaßlich um eine Win-Win-Situation handeln. Bei solch einem potentiellen Effekt könnte es sich beispielsweise um eine Imageverbesserung handeln. Diese und weitere mögliche Effekte sind herauszufinden. Das Konzept des CSR (Corporate Social Responsibility) wird in der vorliegenden Arbeit nur am Rande erwähnt und könnte noch weitere Ausweitung erfahren, da CSR zur Glaubwürdigkeit und Integrität der Verbraucherkommunikation beiträgt. Dieser mögliche Prozess könnte zu einer flankierenden Strategie werden, da es Unternehmen, wie die Ergebnisse dieser Abhandlung zeigen, an eben dieser Glaubwürdigkeit mangelt. Der Eberle’sche gesellschaftliche Handlungsbereich (vgl. Kapitel 1.2a), in dem der Staat und weitere Institutionen die Rahmenbedingungen schaffen, könnte mithilfe weiterer Forschung ebenfalls durchleuchtet werden. Hier wäre es interessant zu erforschen, inwieweit dieser Bereich ebenfalls Maßnahmen und Möglichkeiten entwickeln könnte, nachhaltige Konsummuster attraktiver zu machen. Eine der wichtigsten Strategien für eine nachhaltige Entwicklung im Konsum ist wohl der Konsumverzicht – die Suffizienz. Zwar ist diese schwierig zu kommunizieren, doch ist sie zwingend notwendig, damit die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung erreicht werden können. Von eminenter Bedeutung ist es, herauszufinden, ob und wenn ja wie Konsumverzicht in den Köpfen der Menschen Einzug halten kann. Im Zuge dessen ist auch eine Umverteilung von materiellen Gütern zu immateriellen eine höchst interessante Thematik. Insgesamt kann dieser Bereich als ein Systemwandel beschrieben werden, in dem neue Konsumformen in den Alltag der Menschen gelangen. Dieser ist meiner Ansicht einer der wichtigsten und spannendsten Bereiche. Außerdem ist die Frage, wie Hemmnissen für nachhaltige Konsummuster entgegengewirkt werden kann ein sehr wichtiges Forschungsgebiet. Insbesondere die Überwindung des Behavior-Gap scheint hier die zentrale Aufgabe. Durch welche Maßnahmen Konsumenten konsistenter ihren Einstellungen entsprechend handeln würden, müsste durch angewandte Experimente der Sozialforschung herausgefunden werden. Letztlich gibt es in Bezug auf die Themenbereiche Nachhaltigkeit, Konsum und Kommunikation einen enormen Forschungsbedarf. Insbesondere die nachhaltige Entwick- 144 Schlussbetrachtung und Ausblick lung wird aufgrund verschiedenster Problemlagen wie Ressourcenknappheit, Klimawandel, Müllüberfluss und der rasch zunehmenden Erdbevölkerung in jedem Forschungsbereich relevant werden. Diese Tatsache manifestiert die Annahme weiterhin, dass sich Nachhaltigkeitsforschung vermehrt auf interdisziplinärer Ebene abspielen muss, um alle Faktoren mit einzubeziehen. Auch das steigende Konsumbedürfnis weltweit, welches im Zuge des Bevölkerungswachstums und der Entwicklung von Schwellen- und Entwicklungsländern weiter wachsen wird, wird uns vor immer neue Fragen stellen, auf die, auch wissenschaftlich, Antworten gefunden werden müssen. 3. Konsequenzen für die unternehmerische Praxis Wie in dieser Arbeit gezeigt, können Unternehmen neben öko-sozialem Engagement auch kommunikativ in Form von motivationaler Nachhaltigkeitskommunikation zu dem Paradigmenwechsel hin zu einer Gesellschaft mit nachhaltigerer Lebensweise beitragen. Dies ist, wenn man die Verbraucher selbst befragt, sogar zwingend notwendig, da sich diese erst danach in der Verantwortung sehen. Hierbei müssen mannigfaltige Hemmnisse struktureller, aber vor allem sozialpsychologischer und kommunikativer Art berücksichtigt werden. Bevor Unternehmen konkrete Maßnahmen umsetzen, sollten sie ihre eigene Glaubwürdigkeit beachten. Nicht umsonst ist das neudeutsche Wort “Shitstorm” Anglizismus des Jahres 2011 geworden (stern.de 2012).25 Diese Entrüstung richtet sich vorwiegend gegen Konzerne, Personen oder andere Institutionen. So kann eine allzu positive Nachhaltigkeitskampagne diesen schnell zum Verhängnis werden, wenn sie von Verbrauchern als unglaubwürdig und falsch entlarvt wird. Der Prozess nimmt eine Eigendynamik an und die Reputation des Unternehmens nimmt so unglaublichen Schaden. Entsprechende Ehrlichkeit und Transparenz schützt vor solchen Problemen. Kooperationen mit NGOs sowie Zertifizierung durch diese Institutionen können Bausteine für die Errichtung von Glaubwürdigkeit darstellen. Um für die zu erreichende Zielgruppe relevant zu sein, sollten kommunizierende Unternehmen zudem versuchen, diese durch das Herausfinden von Insights oder 25 „Als "Shitstorm" wird die öffentliche Entrüstung im Netz bezeichnet, bei der sich Argumente mit Beleidigungen und Bedrohungen mischen, …“ (stern.de 2012) 145 Schlussbetrachtung und Ausblick anderen Aspekten der Konsumentenkenntnis zu verstehen. Die Inhalte der Maßnahmen sind dann dementsprechend an diese Eigenschaften anzupassen. Verbraucher wollen überwiegend über die „richtige“ Konsumweise aufgeklärt werden. Um dies hinzubekommen, sollten die Inhalte jedoch verständlich formuliert werden. Reaktanzen sollten durch Verzicht der Präfixe „Öko“ und „Bio“ sowie der inflationär verwendeten Begriffe „Nachhaltigkeit“ und „nachhaltig“ vermieden werden. Ebenso sollten Kommunikatoren darauf achten, in dieser Hinsicht keine Manipulationsversuche durchscheinen zu lassen. Dies schürt letztlich gegenläufige Reaktionen, die nicht zu überblicken sind. Inhaltlich kann im Handlungsbereich Ernährung auf verstärkte Bewerbung von fair gehandelten Lebensmitteln und regionalen Produkten zurückgegriffen werden. Im Bereich Mobilität könnten die Folgen des Flugverkehrs thematisiert und auf den Ausgleich dieser Emissionen durch nachhaltige Handlungsweisen hingewiesen werden. Auch der Nutzen von Privatautos könnte angesprochen werden. Hier sollte allerdings aus Gründen der Reaktanz auf eine nicht allzu kritische Ausdrucksweise geachtet werden. Ebenfalls bieten gemeinschaftlich genutzte Verkehrsmittel eine enorme Chance und könnten zum Thema gemacht werden. Aufgrund der Affinität junger Personen an Angeboten des Teilens und Tauschens besitzen Car-Sharing und Mitfahr-Angebote ein weiter ausbaufähiges Potential. Diese Affinitäten könnten weiterhin auch in anderen Handlungsbereichen ausgeschöpft werden. Darüber hinaus ist der Bezug von Ökostrom zu kommunizieren, da Einstellungen zu dieser Thematik häufig positiv sind, die Nutzungsrate allerdings eklatant zurückliegt. Bei all diesen Maßnahmen sollten die Kommunikatoren immer eine gute Mischung aus Attraktivität der Kommunikation und wahrheitsgemäßen Inhalten beachten, um glaubwürdig und sympathisch zugleich zu sein. Aufgrund des ohnehin schon schlechten Rufes von unternehmerischer Verbraucherkommunikation sollten nicht nur Inhalte sondern auch Instrumente glaubwürdig sein. Das Internet bildet mit seinen partizipativen Eigenschaften, der Interaktivität sowie der Vielfalt der Inhalte und Angebote das Leitmedium dieser Generation. Jedoch können andere Medien wie Guerilla-Aktionen (insbesondere bei junger Zielgruppe) und klassische Kommunikationsträger für Aufmerksamkeit sorgen und unterstützend auf OnlineInhalte verweisen. Kommunikation am PoS könnte darüber hinaus Hemmnisse bei 146 Schlussbetrachtung und Ausblick Verbrauchern abbauen und sie von der Qualität überzeugen. Insbesondere Partizipation am Lösungsfindungsprozess kann zu einer hohen Wirkung führen. So ist zu prüfen, inwieweit diese infrage kommen könnten. Neben Inhalten und Instrumenten können Testimonials als Kommunikatoren für Zielgruppenrelevanz und Aufmerksamkeit sorgen. Allerdings sollte bei dem Einsatz solcher Kommunikatoren auf die Glaubwürdigkeit und deren Image geachtet werden, da es bei diesen häufig zu Imagetransfers kommt. Fehlende Expertise in Sachen Nachhaltigkeit sollte durch Schulung bestehender Mitarbeiter in allen Unternehmensbereichen und/oder die Einstellung von Experten auf diesem Gebiet abgebaut werden. Eine konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit wird, wenn der Trend so weitergeht, für Unternehmen unabdingbar sein, um von den Konsumenten nicht negativ beäugt und bewertet zu werden. Noch können geradlinige Unternehmen mithilfe durchdachter Kommunikationsmaßnahmen in diesem Bereich von der Öffentlichkeit als Pioniere wahrgenommen werden und sich dadurch einen Vorteil verschaffen. Diese Zeit wird jedoch bald vorbei sein. Dann sind alle „nachhaltig“ oder versuchen es zumindest zu sein und es gilt, viel mehr Aufwand zu betreiben, sich gegen Kontrahenten durchzusetzen. Um erfolgreich für sich und die Gesellschaft nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation als Impuls für Konsummusteränderungen zu kreieren, können bereits erfolgreiche Unternehmen als Benchmarks dienen. 147 Anhangsverzeichnis Anhang A: Darstellung der Umfrage („look and feel“ des Fragebogens) Anhang B: Weitere Daten der Umfrage IV Anhang A: Darstellung der Umfrage V VI VII VIII Abbildung 45: Storyboard Spot 1: "Fünf einfache Dinge für den Klimaschutz" Eigene Darstellung nach Deutschen Bahn AG (2011) IX Abbildung 46: Storyboard Spot 2: "Think Blue." Eigene Darstellung nach Volkswagen AG (2011) X XI Anhang B: Weitere Daten der Umfrage Charakterisierung der Zielgruppe Geschlecht männlich 48,7% 51,3% weiblich Abbildung 47: Geschlechterverteilung Alter über 33 3,2% 29-32 6,3% 26-29 27,5% 22-25 50,5% 18-21 unter 18 12,3% 0,2% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% Abbildung 48: Altersverteilung XII Fachbereich 1,9% 16,7% 22,2% 4,9% Gesellschafts- und Sozialwissenschaften Sprach-, Kulturwissenschaften und Gestaltung Mathematik und Naturwissenschaften Medizin und Gesundheitswesen Agrar- und Forstwissenschaften 10,6% Wirtschaftswissenschaften 2,9% 1,3% Ingenieurwissenschaften Rechtswissenschaften 39,4% Abbildung 49: Fachbereich-Verteilung Wohnsituation 7,8% 3,8% 21,0% Allein lebend In einer WG lebend Mit PartnerIn zusammen lebend Bei den Eltern lebend 23,7% In einem Studentenwohnheim lebend 43,8% Abbildung 50: Wohnsituation der Befragten XIII Kinder 5,1% ja nein n=528 94,9% Abbildung 51: Anteil der Studenten mit Kindern Einstellungen der Zielgruppe gegenüber nachhaltigen Konsummustern Wichtigkeit von Nachhaltigkeit 3,8% 0,8% Wichtig 29,5% Eher wichtig Eher unwichtig Unwichtig 65,9% n=528 Abbildung 52: Wichtigkeit von Nachhaltigkeit für die Umwelt und die Menschen XIV Zunahme der Wichtigkeit 2,8% 1,1% Trifft zu 25,4% Trifft eher zu Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu 70,6% n=528 Abbildung 53: Zunahme der Wichtigkeit von Nachhaltigkeit in Zukunft n=528 Gründe für nachhaltigen Konsum Umwelt entlasten 86,9% Nachfolgenden Generationen „gute“ Welt hinterlassen 71,6% Regionale Anbieter fördern 61,4% Gerechtere Welt fördern 61,0% Lebensqualität erhöhen 57,6% Gutes Gewissen/Gefühl 55,9% Gifte vermeiden 51,7% Zeichen für die Politik setzen Soziale Akzeptanz im Freundeskreis 0,0% 30,3% 3,2% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0% 100,0% Abbildung 54: Gründe für nachhaltigen Konsum XV Verhaltensweisen der Zielgruppe hinsichtlich nachhaltigen Konsums Ernährung vegan/vegetarisch 12,7% ja nein 87,3% n=528 Abbildung 55: Anteil der Vegetarier/Veganer Einkauf von Bio-Lebensmitteln n=528 Häufig (bei jedem Einkauf) 10,6% Oft (bei fast jedem Einkauf) 24,8% Selten (bei gelegentlichen Einkäufen) 49,8% Nie 0,0% 14,8% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% Abbildung 56: Einkauf von Bio-Lebensmitteln XVI n=528 Einkauf von Fair Trade-Lebensmitteln Häufig (bei jedem Einkauf) 1,9% Oft (bei fast jedem Einkauf) 13,3% Selten (bei gelegentlichen Einkäufen) 64,2% Nie 0,0% 20,6% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% Abbildung 57: Einkauf von Fair-Trade-Lebensmitteln n=528 Einkauf von regionalen Lebensmitteln Häufig (bei jedem Einkauf) 9,3% Oft (bei fast jedem Einkauf) 42,4% Selten (bei gelegentlichen Einkäufen) Nie 0,0% 44,3% 4,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% Abbildung 58: Einkauf von regionalen Lebensmitteln XVII Eigener Pkw 40,9% ja nein 58,9% n=527 Abbildung 59: Besitz eines eigenen Pkw n=528 Flüge pro Jahr > 5 mal 5 mal 4,5% 0,8% 4 mal 4,2% 3 mal 4,2% 2 mal 18,0% 1 mal 41,1% Nie 0,0% 27,3% 5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0% 30,0% 35,0% 40,0% 45,0% Abbildung 60: Anzahl der Flüge pro Jahr XVIII n=528 Sonstige Konsummuster Mülltrennung 81,3% Energiesparen 80,5% EnergiesparLampen Achten auf Langlebigkeit 68,4% 50,8% Müllvermeidung 46,8% Recycling-Papier 33,7% Ökostrom Second hand Verzicht auf chem.… 0,0% 25,0% 19,7% 14,4% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0% 100,0% Abbildung 61: Sonstige Konsummuster (Handlungsfeld übergreifend) Lebensmittel Reisen Textilien Alnatura Skoda .armedangels.&friends Bauckhof TUI AG American Apparel Ben & Jerry's viventura avocado store BioGourmetBox/Frankfurt Volkswagen Benetton Bionade WeltWeitWandern Caleb's Hill Café Libertad Energie H&M ChiliQueen/Frankfurt co2online hessnatur Chiquita e.on Jack Wolfskin Club Mate Enercon Kuyichi demeter ENERTRAGAG Lottis frosta entega nudie Jeans co Guayaki Yerba Mate Greanpeace Energy Otto hachez Juwi patagonia Hipp Lichtblick Plastikist90er.de J.J.Darboven naturstrom Puma Krombacher NORDEX Schießer LandWert SOLON SE Timbaland Lemonaid Stadtwerke Lemgo Trigema XIX Lobetaler Bio-Joghurt lyons tea Neumarkter lammsbräu (Bio-Bier) Wagner - Solar VAUDE Geld und Investment zündstoff GlOBAL STREETWAEAR PREMIUM Cola/Café/Bier EKK - Evangelische Kreditgenossenschaft Ethik Bank. RAPUNZEL GLS-Bank Aveda Ritter SPORT UmweltBank dm Siebenkorn die Bäcker Bauen und Wohnen Kosmetik alverde Frosch So green (Yogurt) Interface Inc. Henkel Speewälder Gurken ARIS Regenwassernutzungssysteme IKEA Lush Starbucks Unilever Abfall Reinigung Rossmann zotter Duales System Deutschland The Body Shop LEH EPEA Weleda Aldi Sonstiges Yves Rocher Bio Company BASF GEPA BAYER BOSCH LPG DHL Asus Reformhaus Ecosia Deutsche Telekom AG REWE F.C.Bayern München AG HP tegut KWS SAAT AG Panasonic Mobilität und Reisen LIQUI MOLY Siemens AIDA Cruises Memo AG BMW schrot und korn Chamäleon Reisen Tetra-Pack Deutsche Bahn Unicos Lernidee Erlebnisreisen Verband: Unternehmensgrün Elektronik Nonprofit Oxfam Greanpeace LiFE SAVERS Viva con Aqua Vivaconagua Tabelle 9: Antworten auf die offene Frage nach best-practice-Unternehmen für Nachhaltigkeit XX Politiker Musiker TV/Film Autoren Unternehmer Sonstige Al Gore (10) Bono (6) Leo di Caprio (3) Jean Ziegler (3) Michael Braungart (4) (Cradle-toCradle) Der Dalai Lama (4) Hans-Christian Ströbele (7) Hermann Scheer (5) Thomas D. (4) Die Ärzte (2) Peter Lustig (2) Jamie Oliver (2) Klaus Töpfer (4) Shakira Hannes Jännicke (2) Dr. Vandana Shiva (3) Frank Schätzing Carl Wolmar Jakob von Uexküll Joschka Fischer (3) Norbert Röttgen CosmaShiva Hagen Udo Lindenberg Rüdiger Nehberg Tim Jackson Anita Roddick, ehem. Chefin von The Body Shop Reinhold Messner Bernhard Grzimek Jonathan Safran Foer Claus Hipp Phillip Lahm Peter Maffay Dieter Hildebrand Franz Alt Cem Özdemir Timothy Zachary Mosley Anke Engelke Angelika Zahrnt Ernst-Ulrich von Weizsäcker Bob Geldof Prof. Dr. Schellnhuber Sven Giegold Jan Delay David Suzuki Jürgen Trittin Helge Schneider Boris Palmer Paul McCartney Anthony Lake Rise Against Angela Merkel Franz Fehrenbach, CEO von Bosch Michael Moore Horst Köhler Claudia Roth Ernst Prost (Chef von Liqui Moly) Michael Pritchard Barbara Unmüßig Dirk Rossmann Thila Bode, Geschäftsführerin Food Watch Casey Sheahan, CEO von patagonia Heinz Fuchs (Transfair) Kurt A. Körber (ehem. Unternehmer und Initiator) Wolfgang Gutberlet (Gründer tegut) Mahatma Ghandi Margot Käßmann David McTaggart Paul Watson Genannte Professoren: Prof. Dr. Wolfgang Lucht Prof. Dr. Niko Paech Prof. Dr. Harald Wilde Wubbo Ockels (Nl) Renate Künast Tabelle 10: Antworten auf die offene Frage nach Testimonials für nachhaltigen Konsum XXI Überprüfung von H2: n=527 Sympathie der Spots Spot: "Fünf einfache Dinge für den Klimaschutz" 81,8% Spot: "Think Blue" 63,6% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Abbildung 62: Sympathie der Spots Wahrscheinlichkeit einer Konsummusteränderung nach Schauen des Spots n=527 Spot: "Fünf einfache Dinge für den Klimaschutz" 62,1% Spot: "Think Blue" 46,1% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Abbildung 63: Wahrscheinlichkeit einer Konsummusteränderung in nachhaltiger Richtung nach den Spots XXII Wahrscheinlichkeit einer Steigerung der Sympathie für das Unternehmen/das Produkt/die Dienstleistung n=527 Spot: "Fünf einfache Dinge für den Klimaschutz" 55,0% Spot: "Think Blue" 44,6% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Abbildung 64: Wahrscheinlichkeit einer Sympathie-Steigerung gegenüber dem Unternehmen/Produkt/der Dienstleistung 10 9 8 Sympathie Spot 1 7 6 5 4 3 2 1 0 0 2 4 6 8 10 12 Nachhaligkeitsinvolvement Abbildung 65: Korrelation von Kombination (1) XXIII Wahrscheinlichkeit Steigerung der Sympathie des Untern./des Prod./der DL Spot 2 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0 2 4 6 8 Nachhaltigkeitsinvolvement 10 12 Abbildung 66: Korrelation von Kombination (6) XXIV Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Konzeptionelle Grundlage: Unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation ....................................................... 3 Abbildung 2: Aufbau der Arbeit .......................................................................... 5 Abbildung 3: Globale ökologische Fußabdrücke .................................................... 9 Abbildung 4: Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit ........................................ 10 Abbildung 5: Handlungsfeld nachhaltiger Konsum .............................................. 15 Abbildung 6: Strategien zur Förderung nachhaltiger Entwicklung ......................... 17 Abbildung 7: Die gängigsten Lables für die ökologische Landwirtschaft ................ 20 Abbildung 8: Die Maslow'sche Bedürfnispyramide .............................................. 34 Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten ................... 36 Abbildung 10: Der Weg zur präferierten Marke .................................................. 39 Abbildung 11: SINUS-Milieus in Deutschland 2010 ............................................. 40 Abbildung 12: Kosten-Nutzen-Verhältnis nachhaltigen Konsums .......................... 48 Abbildung 13: Arten der Nachhaltigkeitskommunikation...................................... 55 Abbildung 14: Das Lasswell'sche Kommunikationsmodell in Anwendung auf Marketing im Nachhaltigkeitskontext ............................................ 55 Abbildung 15: Definition von "nachhaltigkeitsorientierter Verbraucherkommunikation für eine Änderung von Konsummustern“ ....................................................................... 57 Abbildung 16: Instrumente zur Initiierung nachhaltigen Konsums ........................ 59 Abbildung 17: Consumer Insight-Findungsprozess ............................................. 63 Abbildung 18: Alternativhypothese H1 ............................................................... 65 Abbildung 19: Elaboration Likelihood Model (ELM) ............................................. 66 Abbildung 20: Gestaltungsformen von Nachhaltigkeitskommunikation .................. 67 Abbildung 21: Strategien sachlich-argumentativer Nachhaltigkeitskommunikation .................................................... 69 Abbildung 22: Partizipative, nachhaltigkeitsorientierte Kommunikationsstrategie ... 72 Abbildung 23: Alternativhypothese H2 ............................................................... 81 Abbildung 24: Das Kommunikationsquadrat nach Schultz von Thun ..................... 87 Abbildung 25: Übersicht über die zu überprüfenden Hypothesen ......................... 93 Abbildung 26: Lebensphasen und Konsummusterbildung .................................... 96 Abbildung 27: Einschätzung der finanziellen Situation ...................................... 100 XXV Abbildung 28: Beeinflussung der Kaufentscheidung durch nachhaltige Kriterien .. 100 Abbildung 29: Hindernisse für nachhaltigen Konsum ........................................ 102 Abbildung 30: Institutionen, die die zentralen Impulse für nachhaltigen Konsum setzten sollten ......................................................................... 104 Abbildung 31: Transportmittelnutzung für Kurzstrecken.................................... 105 Abbildung 32: Transportmittelnutzung für Fernstrecken.................................... 106 Abbildung 33: Wahrnehmung von nachhaltigkeitsorientierter Verbraucherkommunikation, die Konsummuster verändern möchte ................................................................................... 109 Abbildung 34: Wunsch nach mehr Aufklärung in Sachen Nachhaltigkeit mit konkreten "richtigen" Verhaltensweisen ..................................... 109 Abbildung 35: Bewertung der Aussage: "Unternehmen investieren mehr Geld in Marketing als in Nachhaltigkeit" ................................................ 111 Abbildung 36: Wertung: "Wenn Unternehmen mehr Geld in Marketing als in Nachhaltigkeit investieren, ..." .................................................. 111 Abbildung 37: Wichtigkeit verschiedener Faktoren in nachhaltiger Hinsicht ......... 113 Abbildung 38: Glaubwürdigkeit der verschiedenen Institutionen ........................ 118 Abbildung 39: Bereitschaft zu nachhaltigen Konsummustern, wenn Staat und Wirtschaft mit gutem Beispiel voran gingen ................................ 119 Abbildung 40: Aspekte zur Motivation zu nachhaltigem Konsum ........................ 120 Abbildung 41: Wichtigkeit von Faktoren bei der Suche nach Informationen zu Produkten/Dienstleistungen ...................................................... 120 Abbildung 42: Reaktion bei negativen Erfahrungen oder schlechtem Image eines Unternehmens/Produktes/einer Dienstleistung ................... 121 Abbildung 43: Eigenschaften der Spots ........................................................... 123 Abbildung 44: Relative Häufigkeitsverteilung des Nachhaltigkeitsinvolvements .... 126 Abbildung 46: Storyboard Spot 1: "Fünf einfache Dinge für den Klimaschutz" ........IX Abbildung 47: Storyboard Spot 2: "Think Blue." ................................................... X Abbildung 47: Geschlechterverteilung .............................................................. XII Abbildung 48: Altersverteilung ........................................................................ XII Abbildung 49: Fachbereich-Verteilung............................................................. XIII Abbildung 50: Wohnsituation der Befragten .................................................... XIII Abbildung 51: Anteil der Studenten mit Kindern................................................ XIV Abbildung 52: Wichtigkeit von Nachhaltigkeit für die Umwelt und die Menschen .. XIV XXVI Abbildung 53: Zunahme der Wichtigkeit von Nachhaltigkeit in Zukunft ................. XV Abbildung 54: Gründe für nachhaltigen Konsum ................................................ XV Abbildung 55: Anteil der Vegetarier/Veganer .................................................... XVI Abbildung 56: Einkauf von Bio-Lebensmitteln ................................................... XVI Abbildung 57: Einkauf von Fair-Trade-Lebensmitteln ....................................... XVII Abbildung 58: Einkauf von regionalen Lebensmitteln ....................................... XVII Abbildung 59: Besitz eines eigenen Pkw........................................................ XVIII Abbildung 60: Anzahl der Flüge pro Jahr ....................................................... XVIII Abbildung 61: Sonstige Konsummuster (Handlungsfeld übergreifend) ................. XIX Abbildung 62: Sympathie der Spots ............................................................... XXII Abbildung 63: Wahrscheinlichkeit einer Konsummusteränderung in nachhaltiger Richtung nach den Spots ......................................................... XXII Abbildung 64: Wahrscheinlichkeit einer Sympathie-Steigerung gegenüber dem Unternehmen/Produkt/der Dienstleistung ................................. XXIII Abbildung 65: Korrelation von Kombination (1).............................................. XXIII Abbildung 66: Korrelation von Kombination (6)............................................... XXIV XXVII Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Konsumstile in Bezug auf nachhaltigen Konsum ................................. 44 Tabelle 2: Merkmale von persönlicher Kommunikation und Massenkommunikation..................................................................... 82 Tabelle 3: Medien-Mix für nachhaltigkeitsorientierte Verbraucherkommunikation... 86 Tabelle 4: Verteilung auf die Altersgruppen ....................................................... 98 Tabelle 5: Gründe für nachhaltigen Konsum .................................................... 101 Tabelle 6: Übersicht der mehrfach genannten best-practice-Unternehmen ......... 116 Tabelle 7: Überblick über die Punktevergabe für Nachhaltigkeitsinvolvement ...... 125 Tabelle 8: Übersicht der Korrelationen ............................................................ 127 Tabelle 9: Antworten auf die offene Frage nach best-practice-Unternehmen für Nachhaltigkeit ................................................................................. XX Tabelle 10: Antworten auf die offene Frage nach Testimonials für nachhaltigen Konsum ....................................................................................... XXI XXVIII Literaturverzeichnis Anděl, J. (1984): Statistische Analyse von Zeitreihen: Akademie-Verlag (Mathematische Lehrbücher und Monographien: Mathematische Lehrbücher). Alvensleben, Reimar von (1998): Nachhaltiger Konsum. Konzepte, Probleme und Strategien. In: Agra-Europe - Sonderbeilage 1998, 1998 (52/98), S. 1–7. Online verfügbar unter http://www.uni-kiel.de/agrarmarketing/Lehrstuhl/ nachhaltigerkonsumdlg.pdf, zuletzt geprüft am 26.05.2011. Balderjahn, Ingo (2004): Nachhaltiges Marketing-Management. Möglichkeiten einer umwelt- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik. Stuttgart: Lucius und Lucius (Forum Marketing & Management, 5). Barbier, Edward B. (1987): The concept of sustainable economic development. Environmental Conservation Vol. 14, No. 2, S. 101-110. 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