Es gilt das gesprochene Wort
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Es gilt das gesprochene Wort
Blatt 1 von 9 Es gilt das gesprochene Wort! Ansprache des Oberbürgermeisters Dieter Gummer anlässlich des Unternehmensempfangs am 29. März 2010, 19.30 Uhr Sehr geehrte Damen und Herren, als ich bei der Einbringung des Haushalts 2010 und der Mittelfristigen Investitions- und Finanzplanung bis 2013 – sozusagen als Verantwortlicher für den Konzern Stadt Hockenheim mit einem Jahresumsatz zwischen 120 und 150 Mio. € – im vergangenen Dezember vor dem Gemeinderat über unsere kommunal-wirtschaftliche Situation (Volumen rd. 55 Mio. €) gesprochen habe, standen fünf Begriffe im Vordergrund. Sie lauteten: – „Streichen“ – „Kürzen“ – „Verschieben“ – „Erhöhen“ – „Bitte um Verständnis“. Meine Damen und Herren, einige von Ihnen standen oder stehen vor einer ähnlichen Situation. Die allgemeine konjunkturelle Lage scheint sich zwar langsam zu erholen, die Auswirkungen spüren wir dennoch nach wie vor. Sie, wie wir als Stadt, müssen Prioritäten setzen und Blatt 2 von 9 müssen sehen, wie wir Dinge finanzieren können, die zu unserem Kerngeschäft gehören. Ihnen, wie uns als Stadt, fällt es schwer, angesichts enger Budgets große Sprünge zu machen oder neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Sie, wie wir, versuchen dennoch das Beste aus dieser Lage zu machen. Und manchmal führen ja gerade schwierige Zeiten zu ungeahnten Entwicklungen und Ideen. „Streichen“, „Kürzen“, „Verschieben“, „Erhöhen“ und „Bitte um Verständnis“ waren zwar meine ersten Hinweise. Sie waren aber auch verbunden mit der Mut machenden Aussage: „Wir schaffen das“. „Wir schaffen das!“ Heute bin ich mehr denn je von der Richtigkeit dieser Aussage überzeugt. Doch um etwas zu schaffen, reicht es nicht, Absichtserklärungen abzugeben. Man muss anpacken, neue Ideen entwickeln und manchmal auch unangenehme Entscheidungen treffen. Auch heute Abend werden Sie nicht nur Botschaften hören, die Sie erfreuen. „Aber“ dennoch sind diese Schritte erforderlich um unserer Stadt, unseren Bürgerinnen und Bürgern, unseren Unternehmen und deren Beschäftigten auf lange Sicht sowohl Zukunft als auch Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze zu sichern. Erstmals ist die Stadt Hockenheim nicht in der Lage, die laufenden Ausgaben durch laufende Einnahmen auszugleichen. Im Haushaltsjahr 2010 sind die Ausgaben um 1,3 Mio. € höher als die Einnahmen, obwohl wir, damit meine ich Gemeinderat und Verwaltung, in insgesamt 9 schwierigen Runden versucht haben, diese Situation zu vermeiden. Sowohl Einnahme- als auch Ausgabemöglichkeiten wurden ausgelotet; Blatt 3 von 9 auf künftige Entwicklungen und Herausforderungen müssen wir uns aber auch entsprechend einstellen. Das heißt, dass sich nicht nur die Banken- und Wirtschaftskrise bemerkbar macht, sondern dass wir dem demografischen Wandel Rechnung tragen müssen. Die aufliegende Folie macht deutlich, dass eine immer größer werdende Zahl von Menschen immer älter wird und dabei der Anteil der bis 20-Jährigen und der unter 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung in Baden-Württemberg abnimmt. Der Anteil der über 80-Jährigen steigt. Die wesentlichste Botschaft dabei ist jedoch, dass die Gesamtbevölkerungszahl abnimmt. Als ein Beweis dient hier die Entwicklung der Sterbefälle im Verhältnis zu den Geburten in der Region Rhein-Neckar: Im Jahr 2007 stehen rd. 22.500 Sterbefälle 19.500 Geburten gegenüber, die absolute Zahl der über 59-Jährigen steigt, die Zahl der Unter 20-Jährigen nimmt ab. Mit der Frage, was die demografische Entwicklung für die Unternehmen bedeutet, wie sie sich auf die Personalentwicklung auswirkt, setzt sich die IHK Rhein-Neckar in einer Broschüre auseinander. Danach ist im Jahr 2010 jede vierte Arbeitskraft älter als 50 Jahre, im Jahr 2020 jede dritte. Das heißt, dass unseren Unternehmen daran gelegen sein muss, das Wissen, die Fähigkeiten und Potenziale der Beschäftigten in besonderem Maß zu erhalten, zu fördern und zu nutzen. „Für den Arbeitsmarkt bedeutet der demografische Wandel vor allem eins: Jüngere Arbeitskräfte werden knapper. Parallel dazu wird der Anteil der älteren Arbeitskräfte steigen ... Die Hälfte der Unternehmen hat bereits Probleme geeignete Mitarbeiter zu finden“, so die IHK – spannende Aufgaben für die Unternehmen, die Arbeitnehmervertretungen und die Arbeitsvermittlung. Blatt 4 von 9 Schon 2005 hat unser Bundespräsident, Dr. Horst Köhler, zum demografischen Wandel formuliert: „Der demografische Wandel wird unsere Gesellschaft und unser Miteinander verändern. Welche vielfältigen Auswirkungen auf alle Lebensbereiche das mit sich bringt, beginnen wir in Deutschland gerade erst richtig zu erfassen. Wie man den vor uns liegenden Herausforderungen am besten begegnet, darüber kann und soll man streiten, aber eines ist klar: Sie früh erkennen und Probleme offen zu benennen, ist der beste Weg, sie zu lösen. Es gilt, die richtigen Fragen zu stellen und gemeinsam nach tragfähigen Antworten zu suchen: Wie wollen wir in Zukunft leben?“. „Wie wollen wir in Zukunft in Hockenheim gemeinsam leben?“, war die Kernfrage, die bei der Zukunftswerkstatt Ende Februar diesen Jahres gestellt wurde. Rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Hockenheim haben sich aktiv beteiligt. Die Ergebnisse werden aktuell durch die „Familienforschung „Kommunalverband Jugend und Baden-Württemberg“ Soziales und den Baden-Württemberg“ aufbereitet und dem Gemeinderat in der Mai-Sitzung vorgestellt und diskutiert. Wenn auch einschneidende Maßnahmen erforderlich sind um das Ausgabenvolumen möglichst überschaubar zu halten, haben wir bei den sog. „Sozialen Einrichtungen“, also z. B. den Betreuungseinrichtungen für Kinder, der Vereinsförderung, der Jugendarbeit insgesamt keine Abstriche vorgenommen, sondern die Ausgaben von 8,8 Mio. € auf 9,3 Mio. € erhöht. Damit wird die Bedeutung des Betreuungs- und Blatt 5 von 9 Bildungsangebots unterstrichen. Aus Sicht der Verantwortlichen der Stadt Hockenheim ist eine gute Familien- und Bildungspolitik nämlich nichts anderes als Standortpolitik. Standortpolitik, die uns auch deshalb besonders wichtig sein muss, als am Standort Hockenheim insgesamt rd. 6.500 Menschen in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen, davon ca. 60 % im Dienstleistungsbereich. Die Bestrebung der kommunal Verantwortlichen ist deshalb, dazu beizutragen, dass diese nicht nur auf Dauer erhalten bleiben, sondern Voraussetzungen zu schaffen, die personalwirtschaftlichen Veränderungen möglichst reibungslos zu gestalten. So fand in unserer Stadthalle vor wenigen Tagen der „6. Hockenheimer Ausbildungstag“ statt. Rund 1.400 Schülerinnen und Schüler werden in den Schulen, auch unserer Nachbargemeinden, auf diesen Tag vorbereitet. Unternehmen haben dabei die Gelegenheit sich und die Ausbildungsinhalte in ihren Betrieben zu präsentieren und vor allen Dingen, ihre künftigen Beschäftigten für sich zu gewinnen. Die Teilnehmer geben der Veranstaltung in puncto Organisation und Qualität Bestnoten, von den 49 Ausstellern kamen nur 16 aus Hockenheim. Dabei ist es doch in unser aller Interesse aktive Wirtschaftsförderung und auch Beschäftigungspolitik zu betreiben. Diese Chance sollten Sie nutzen. Erfreulich ist, dass nicht nur zahlreiche Praktika aufgrund der Veranstaltung vereinbart werden; auch Ausbildungsverhältnisse resultieren daraus. Wirtschaftsförderung liegt uns am Herzen. Wirtschaftsförderung zu verstehen als Standortsicherung und Ansiedlungspolitik. Um über die Blatt 6 von 9 tagtäglichen Kontakte hinaus die Interessenslagen von Ihnen zu erfahren, hat die Verwaltung im vergangenen Jahr eine Umfrage durchgeführt. Daran haben sich etwa 10 % der angeschriebenen Unternehmen beteiligt. Dabei wurde gewünscht, dass die Schwerpunkte der städtischen Gewerbegebiet“, Wirtschaftspolitik in „Vergabe Aufträgen von den Bereichen an „Förderung Hockenheimer Unternehmen“ und „Optimierung des Branchenmix“ liegen sollten. Erfreulicherweise ist die Unternehmenslandschaft im Gewerbegebiet „Talhaus“ breit ausgelegt, der Hinweis auf Auftragsvergaben an örtliche Unternehmen findet seine Grenzen leider oftmals im Vergaberecht. Aber auch „Stadtmarketing“ ist eines der angesprochenen Themen. Hier befinden wir uns in der Einstiegsphase, haben – gemeinsam mit dem Gewerbeverein – eine (vorläufige) Steuerungsgruppe gebildet um zu einem ganzheitlichen Stadtmarketing zu gelangen. Die ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Dimensionen sind dabei genauso mit einzubeziehen wie die Vitalität unserer Stadt. Das erfordert u. a. auch die Beteiligung aller Wirtschaftsbereiche, also unserer Unternehmen und Freiberufler. Welche Dienstleistungen sollte der Bereich Wirtschaftsförderung anbieten? Bereitstellung von „Informationen zum Wirtschaftsstandort“, „Unterstützung bei Genehmigungs- und Verwaltungsverfahren“ waren weitere dominante Vorstellungen der Umfrage. Hier habe ich den Wunsch an Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie die Verwaltung frühzeitig in Ihre Überlegungen einbeziehen, sollten Sie z. B. bauliche Veränderungen planen. Es ist niemandem gedient, wenn das „Kind bereits in den Brunnen gefallen“ ist – und es schwer ist, dieses wieder heraus zu holen. Bitte kommen Sie rechtzeitig auf die Verwaltung zu – wir versuchen Sie nach Kräften zu unterstützen. Blatt 7 von 9 Nun leben wir in Hockenheim bekanntlich nicht auf einer Insel, sondern haben uns gemäß unserer zentralörtlichen Funktion als Unterzentrum im Rahmen der Landesentwicklungs- und Regionalplanung zu bewegen. Auch derartige Abstimmungsbedarfe sollten wir vorher kennen. Auffallend bei der Umfrage war der Wunsch nach „Informationsveranstaltungen zu aktuellen Themen“. Diesem Wunsch kommen wir gerne nach. So biete ich Ihnen ein Gesprächsforum an, in dem wir gemeinsam den Austausch zu aktuellen Themen pflegen können. Interessant wäre dabei natürlich die Überlegung dieses Forum in jeweils wechselnden Unternehmen durchzuführen. Die Verwaltung übernimmt gerne die Koordination. Im Verlaufe des Abends sollten wir uns entsprechend austauschen. Bitte sprechen Sie uns ebenso an wie auch wir an Sie herantreten werden – Herr Pape steht Ihnen gerne zur Verfügung. Zur Standortpolitik gehört neben der Pflege bereits bestehender Unternehmen natürlich auch die Bemühung, weitere Betriebe in unserem Gewerbegebiet anzusiedeln. Deshalb freue ich mich sehr, den jüngsten Spross in unserer Familie, das Unternehmen „Engelbert Strauss“ bei unserem heutigen Unternehmensempfang begrüßen zu dürfen. Unser Gewerbegebiet entwickelt sich weiter. Es entwickelt sich weiter, indem eingesessene Unternehmen weiteren Flächenbedarf angemeldet haben. Dies betrifft z. B. sowohl die Firma LTG als auch die Firma Weidenhammer. So wie bei der zusätzlichen Fläche für die LTG als nächster Schritt der Abschluss des städtebaulichen Vertrages ansteht, wird bei der Firma Weidenhammer der Flächentausch mit unserer Blatt 8 von 9 Nachbarstadt Schwetzingen vorbereitet. Ich denke, wir sind bei beiden Maßnahmen, soweit es in unserer Entscheidungsgewalt liegt, auf gutem Wege. Wie jeder gute Kaufmann, muss auch die Stadt schauen, wie man Einnahmen und Ausgaben miteinander in Einklang bringt, wie man die Lasten möglichst gerecht verteilt. Viele von Ihnen haben sicher die Diskussion verfolgt, wie klamm die Kassen vieler Kommunen andernorts sind. Auch wir haben zu kämpfen, wie ich Ihnen zu Anfang dargestellt habe. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, haben Prioritäten gesetzt und neue Wege gesucht, um uns zu verbessern. Dennoch: Die Lasten müssen auf alle verteilt werden. Unsere Unternehmen sind ein Teil von Hockenheim. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, die seit 1995 gültigen Hebesätze für die Gewerbesteuer von 330 v. H. auf 350 v. H. zu erhöhen. Dabei sind wir nach dem Minimalprinzip vorgegangen und haben nur die absolut notwendige Erhöhung durchgesetzt. Sie sehen an den Zahlen auf der Folie, dass wir mit den niedrigsten Hebesatz unter vergleichbaren Kommunen erheben. Diese moderate Erhöhung ist für uns insoweit mit Risiken verbunden, als wir trotzdem noch eine Lücke in Höhe von 1,3 Mio. € im Haushalt 2010 haben. Wir wollten aber niemanden unverhältnismäßig belasten. Ich hoffe, Sie stimmen mir zu, wenn ich sage: Wir haben die Hebesatzerhöhung mit Augenmaß vorgenommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute sind wir mit dem Unternehmensempfang im Baden-WürttembergCenter auf dem „Hockenheimring Baden-Württemberg“ zu Gast. Was Blatt 9 von 9 liegt dann näher als Informationen über die Vielfalt des Veranstaltungsortes zu geben? Diese Aufgabe übernimmt anschließend an meine Ausführungen der Kaufmännische Geschäftsführer der Hockenheimring-Firmengruppe, Herr Dr. Schmidt. Eine Frage, die mir tagtäglich in den Begegnungen mit unseren Bürgerinnen und Bürgern gestellt wird, will ich jedoch zum Abschluss meiner Ansprache doch noch beantworten, nämlich: „Wie sieht es denn mit der Formel 1 in diesem Jahr aus – läuft der Kartenvorverkauf?“ Wir nähern uns beim Kartenverkauf der Marke 50.000 und kommen damit dem Ziel, 62.000 Karten für den Veranstaltungssonntag verkaufen zu wollen, näher. Nach unseren Kalkulationen brauchen wir diesen Wert um die Ausgaben der Veranstaltung zu decken. Aktuell sind wir also mit dem Kartenvorverkauf zufrieden. Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, die Sie bitte dem anschließenden Grußwort von Herrn Dr. Schmidt und den weiteren Beiträgen der „Begabten Hausfrauen“ schenken.