Badische Zeitung - "Elstner war mehr Maffay als Carrell"

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Badische Zeitung - "Elstner war mehr Maffay als Carrell"
Badische Zeitung
13.07.2007
Elstner war mehr Maffay als Carrell
Kabarettist Florian Schroeder verabschiedete sich mit einer Sonderausgabe
seiner Campus-Talkshow von Freiburgs Studierenden
Von unserem Redakteur Frank Zimmermann
Nach 22 Shows hat sich Kabarettist Florian
Schroeder mit seiner Campus-Talkshow
"Schroeders blaue Couch" aus Freiburg gen Berlin
verabschiedet. Zum Abschluss gab’s eine
Sonderausgabe zum Unijubiläum, nicht wie sonst in
der Mensabar, sondern vor gut 400 Besuchern im
Florian Schroeder
Großen Haus des Theaters. Auf der Couch saßen
lud letztmals auf
Showmaster Frank Elstner und Kultdiva Lilo
seine blaue Couch
Wanders, für gute Musik sorgten
ein.(FOTO:
SchulzeMeierLehmann, die junge Freiburger AUNI.TV)
cappella-Formation Acoustic Instinct und die Couch
Potatoes.
Am 12. Mai 2004 lud Florian Schroeder das erste Mal auf seine Blaue Couch
ein, Gäste waren Professor Bernhard Wulff, seines Zeichens Organisator des
größten Musikfestivals der Mongolei, und Student Thore Schein, Mitglied einer
Impro-Theater-Gruppe; damals kamen ganze 46 Besucher. Von da an hatte
Schroeder bei wachsender Fangemeinde während des Semesters einmal im
Monat Gäste — viele gute und einige schlechte. Wobei es nicht immer leicht
war, diese dafür zu begeistern, wie Schroeder im BZ-Interview einräumte. Bei
Telefonaten mit seinen potenziellen Gästen sei beim Stichwort "Uni-Talkshow"
am anderen Ende der Leitung sofort die Stimmung runtergegangen. "Mit
Campus-Talkshow wird glaube ich assoziiert, dass da stinkende Studenten sitzen
oder Leute, die reinbrüllen oder mit Antifasticker dasitzen und ,Arschloch’
brüllen."
Die Angst des Talkmasters Schroeder ist es, in einen Kerner-Beckmann-Ton zu
verfallen. Lilo Wanders bescheinigte ihm, eine Mischung aus Pilawa und Harald
Schmidt zu sein. Ob ihm der Vergleich gefallen hat? Gegen Ende seines
Gesprächs mit Lilo Wanders ("Ich bin überhaupt keine Zicke" ) verfranste sich
Schroeder mit seinen Fragen, seine mitunter großartig freche Klappe und
Schlagfertigkeit waren verschwunden, der Talk endete in Langeweile. Denn die
Wanders — an diesem Abend in einem viel zu engen dunkelblauen Samtkleid
mit Riesenbeinschlitz nach eigenen Worten kurz vor dem Platzen — wollte nicht
über ihr wahres Ich (als Mann) reden, gab sich in sexuellen Fragen beim
Antworten eher bodenständig statt schlüpfrig oder dreckig — und über das Ende
ihrer Sexsendung "Wahre Liebe" ist schon vor Jahren alles gesagt worden.
Formidabel war die rauchende Diva mit ihrem Ratschlag ans Publikum: "Wer
mit Gewalt Schmetterlinge im Bauch fühlen möchte, muss sich leider Raupen in
den Popo stecken."
Deutlich besser in Form war Schroeder beim Gespräch mit "Wetten, dass...?" Erfinder und Showveteran Frank Elstner (der eigentlich Tim Franz Maria heißt).
Den 65-jährigen "Verstehen-Sie-Spaß" -Moderator, der Nachwuchsmann
Schroeder schmeichelte und für höhere Aufgaben empfahl, foppte er gleich zu
Beginn bei der Frage nach dessen Studienfächern (Elstner schaffte einst das Abi
nicht) und drängte ihn — was Elstner gar nicht lag — zum Rudi-CarrellParodieren (Schroeder: "Das ist noch zu viel Peter Maffay" ).
Am Allerbesten aber war und ist der 27-Jährige, wenn er alleine auf der Bühne
steht. Wenn er seinen schnell haspelnden "Lieblingsfreund" Oettinger parodiert,
zu Marschmusik Volksmusik-Jungstar Florian Silbereisen gibt oder EuropaPark-Chef Roland Mack aufs Korn nimmt. Wenn er sich übers
Jubiläumsbrimborium aufregt, sich über den brav aussehenden AstaVorsitzenden und übers Studentenvolk lustig macht (Letzteres natürlich nicht
ohne Selbstironie, aber was bleibt ihm als Student im 14. Semester auch anderes
übrig). Oder wenn er beim Jubiläumsfestakt im Konzerthaus mit der Kamera
humorlosen Polit- und Unipromis auflauert und als Spaßbremsen outet. Da ist
Florian Schroeder außerordentlich gut, fast so gut wie einst Harald Schmidt.