Die Garde des Statthalters‹ von Dr. Peter Kracht
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Die Garde des Statthalters‹ von Dr. Peter Kracht
DEUTSCHLAND AKTUELL Im Rahmen von Kanalsanierungen finden in Aachen derzeit archäologische Untersuchungen statt. Dabei wurde der nordwestliche Flügel einer römischen Portikus berührt, die ab dem 3. Jh. n. Chr. einen Platz zwischen den beiden großen Thermalbädern begleitete. Bei diesem Platz könnte es sich um das Forum gehandelt haben. Im Abbruchschutt zugehöriger Taber- Foto: Andreas Schaub. Abb. 1 Fragment einer traianischen Bauinschrift aus Aachen. Nachrichten aus der Welt der inter nationalen Archäologie finden Sie auch auf unserer Facebookseite. nae fanden sich Architekturteile der Portikus sowie ein Inschriftenfragment (Abb. 1. 2). Aus erhaltenen Abschlüssen und Textergänzungen lässt sich die ursprüngliche Größe des Steins mit ca. H 0,45 m x B 1,08 m x D 0,17 m rekonstruieren. Aufgrund der erhaltenen Wortteile und deren Anordnung handelt es sich um eine Bauinschrift Kaiser Traians, die sich folgendermaßen rekonstruieren lässt: I]mpera[tor Caesar di]v.i Ner[vae fil(ius) Nerva Trai]anus Au[g(ustus) Germ(anicus) pont(ifex) max(imus) v tr]ib(unicia) po[t(estate) --imp(erator) ---(?) co(n)s(ul) --p(ater) p(atriae) ---]OLỌ[--Da anscheinend kein Platz mehr für den Siegesbeinamen Dacicus vorhanden ist, den Traian im Herbst 102 n. Chr. angenommen hat, ergibt sich eine Datierung zwischen 98 und 102 n. Chr. Die Buchstaben der fünften Zeile lassen sich nicht eindeutig auflösen. Auf welches Bauwerk sich die Inschrift bezogen hat, ist unsicher. Foto: Andreas Schaub. Eine Bauinschrift Traians aus Aachen Abb. 2 Ornamentierter Bogenstein der severischen Portikus in Fundlage. Baumaßnahmen der fraglichen Zeit betrafen sowohl die beiden großen Heilthermen als auch die erste Phase der o. g. Tabernae der Platzanlage. Traianische Bauaktivitäten in Aachen sind möglicherweise auch im Kontext von anderen strukturellen Veränderungen in Germania inferior zu sehen. Neben der Gründung der Colonia Ulpia Traiana in Xanten ist hier die Erhebung von Nimwegen zum Municipium zu nennen. Besonders der damit verbundene städtbauliche Ausbau des Municipium Batavorum weist Parallelen zu Aachen auf. Andreas Schaub M. A. und Prof. Dr. Klaus Scherberich, Aachen ÖSTERREICH Foto: © 7reasons / IKAnt / LBI ArchPro. Die Garde des Statthalters Abb. 1 Interpretation der Messergebnisse. 4 ANTIKE WELT 3/16 Das antike Carnuntum, einstige Hauptstadt der römischen Provinz Oberpannonien, ist immer wieder für eine wissenschaftliche Überraschung gut: Wurde im Jahr 2011 durch den Einsatz modernster Bodenradargeräte beim Amphitheater eine römische Gladiatorenschule (ludus) entdeckt, deren Komplex immerhin eine Fläche von 2800 m² einnahm, so gelang dem internationalen Team vom Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI-ArchPro) nun ein weiterer sensationeller «Coup»: Im südlichen Bereich des bereits bekannten Statthalterpalastes von Carnuntum entdeckten die Forscher im direkten baulichen Zusammenhang die Kasernen der Leibgarde des Statthalters – die castra singularis (Abb. 1. 2). Der Befund sucht seinesgleichen im gesamten Gebiet des römischen Imperiums: Zwar gibt es in Rom einige ITALIEN 847 verschüttete ein Erdrutsch nach einem Erdbeben die Kirche. Auf der verschütteten S. Maria Antiqua wurde die Kirche S. Maria Liberatrice errichtet, die erst im 16. Jh. vollendet wurde. 1702 gestatteten die Nonnen des dazugehörigen Klosters die Durchführung von Ausgrabungen in ihrem Garten: Es kamen das Presbyterium und die Apsis der begrabenen Kirche zutage. Gerade erst wiederentdeckt, wurde alles wieder vergraben, jedoch nicht bevor Francesco Valesio ein Aquarell davon anfertigen konnte. Dieses Aquarell sah Giacomo Boni 200 Jahre später und beschloss die neue Kirche abzureißen, um das antike Gebäude ans Licht zu holen (1900−1903). Die neue Ausstellung «Santa Maria Antiqua zwischen Rom und Byzanz», die in der Kirche vorgestellt wird, zeigt neben der Ikone der Madonna mit dem Kind aus der sanierten Kirche, ein wunderbares Mosaik fragment aus dem Oratorium des Johannes VII. sowie fünf Marmorporträts männlicher und weiblicher Herrscher der gotischen oder byzanti- Hinweise auf die Unterkünfte der Prätorianergarde des Kaisers und eine kleine bauliche Struktur in Lambaesis/ Algerien könnte auf einen ähnlichen Komplex für den dortigen Statthalter hindeuten, aber die Entdeckung in Carnuntum verdient gleichwohl auch insbesondere wegen ihrer herausragenden Dimension das Attribut «einmalig». Die Garde-Quartiere lagen zwischen dem campus, dem Übungsplatz der Legion, und dem praetorium, dem Amtssitz des Provinzstatthalters. Das ummauerte Areal der castra singularis umfasste eine Fläche von rund zweieinhalb Fußballfeldern. Die Forscher identifizierten sechs bis sieben Mannschaftsbaracken, was auf eine Truppenstärke von 400 bis 500 Mann schließen lasse. Die Garde truppe bestand offenbar aus von mehreren Limesstandorten der Provinz temporär abkommandierten Soldaten. Die zur Leibgarde abgestellten Legionäre dürften sich sicherlich auf ihren «Einsatz« in Carnuntum gefreut haben: Ihre Quartiere bestanden hier aus zwei fast quadratischen Räumen, 16 bis 20 m² groß, belegt mit zwei Abb. 1 Die sog. Palimpsest-Wand, auf der mehrere Farbschichten übereinander angebracht wurden. Die Hauptszene zeigt die thronende Maria mit dem Kinde (4. Schicht), andere Schichten tauchen aus den Lucken auf. So ist rechts der Engelskopf einer Verkündigung zu sehen. nischen Epoche. Die multimedialen Installationen mit verschiedenen Rekonstruktionen tragen dazu bei, dass der Besucher in die Zeit des frühen Mittelalters eintaucht. Dr. Maria Aurora von Hase Salto, Rom Übersetzung von Marlen Schubert, Trier Foto: © 7reasons / IKAnt / LBI ArchPro. Nach 30 Jahren eröffnet dank der Restaurierung unter der Leitung von Maria Andeloro, Giulia Bordi und Giuseppe Morganti die Kirche S. Maria Antiqua auf dem Forum Romanum wieder. Ihre Fresken (6.−9. Jh.) bezeugen eindrucksvoll die letzte Phase der römischen und die Entwicklung der byzantinischen Malerei (Abb. 1). Die Kirche entstand im 6. Jh. am Fuße des Palatins auf den Resten des Domitianspalastes (81−96 n. Chr.), der wiederum auf den Ruinen des Palastes von Caligula erbaut wurde. Der östliche Raum des Palastes wurde zum Atrium des Kircheneingangs; der sog. Quadriportikus zu drei Langschiffen; erst später (560−570) wurde die Apsis errichtet. Fünf Päpste erweiterten und schmückten die Kirche. Johannes VII. (650−707) verlegte die päpstliche Residenz vom Lateran zum Palatin, dicht bei S. Maria Antiqua. Auf dem Palatin residierte auch der byzantinische Duca di Roma. Die zwei Mächte – die geschwächte politische Obrigkeit Roms und die entstehende päpstliche Autorität – lebten und arbeiteten somit Seite an Seite. Foto: Gaetano Alfano / SS-Col / Electa. Wiedereröffnung der Kirche Santa Maria Antiqua auf dem Forum Romanum AKTUELL Internationale Nachrichten Abb. 2 Virtuelle Rekonstruktion der castra singularis. Mann – kein Vergleich also zu den engen Kasernen in den Limesstandorten. Dr. Peter Kracht, Unna 3/16 ANTIKE WELT 5