November 2015

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November 2015
Nov/Dez 2015
Eimsbüttler Rot, Zeitung der DKP-Gruppe Hamburg-West
V.i.S.d.P.: Rudi Christian, Lindenallee 72, 20259 Hamburg
Die Zeitung der DKP für Eimsbüttel und Umgebung
Menschen fliehen nach Deutschland vor
dem Einsatz deutscher Kriegswaffen
Im Sommer 2013 hatte Sigmar Gabriel vor der Bundestagswahl öffentlich erklärt, im Falle der Regierungsbeteiligung der SPD Waffentransfers an menschenrechtsverletzende Staaten zu unterbinden und
Rüstungsexporte restriktiv zu handhaben. An diesen
Vorgaben muss sich SPD-Politik messen lassen. Der
für das Jahr 2014 veröffentlichte Rüstungsexportbericht, für den Gabriel erstmals vollumfänglich verantwortlich zeichnete, dokumentierte aber bereits die
Verdoppelung der Waffentransfers. Der Rüstungsexportbericht für das erste Halbjahr 2015 zeigt eine weitere dramatische Steigerung der Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen und Rüstungsgüter.
Mordspatriotische Genossen ...
Den neuerlichen Tiefpunkt stellt der Beginn der Lieferung von insgesamt 62 Leopard-2-Kampfpanzern ins
Kriegsland Katar dar, von wo sie erfahrungsgemäß
über kurz oder lang in den Händen des „Islamischen
Staats“ landen werden. Die Folgen sind täglich im
Fernsehen zu besichtigen: Menschen fliehen nach
Deutschland vor dem Einsatz deutscher Kriegswaffen.
Gabriel ist nicht nur wortbrüchig. Mit seiner skrupellosen Rüstungsexportpolitik macht er sich zum Handlanger der Rüstungsindustrie und des IS. Und Gabriel
knüpft einmal mehr an unselige sozialdemokratische
Geschichte an. Die erlebte Clara Zetkin, Freundin von
Rosa Luxemburg und Mitbegründerin des Spartakus
und der KPD, kurz nach Kriegsbeginn 1914 so:
„Von den 91 Organen unserer Parteipresse, von den
vielen Gewerkschaftsblättern ist die erdrückende
Mehrzahl durch und durch nationalistisch, ja chauvinistisch, und nicht wenige übertreffen an mord-
www.dkp.de
spatriotischer Gesinnungstüchtigkeit die anständigeren und besonnenen bürgerlichen Blätter. Sozialdemokratische und gewerkschaftliche Organe haben
den völkerrechtswidrigen Einbruch nach Belgien gebilligt, die Niedermetzelung aller als Franktireurs
(Partisanen) Verdächtigen, ihrer Frauen und Kinder,
die Einäscherung ihrer Heimstätten [...] Sozialdemokratische und gewerkschaftliche Organe fordern die
Annexion des ganzen Landes, von Antwerpen bis
Calais, von ganz Lothringen etc., gefolgt von der
Feststellung Zetkins: Eine Niederlage im Kampfe für
seine Ziele würde das deutsche Proletariat bei weitem nicht so geschwächt, verwirrt
und desorientiert, würde bei weitem nicht soviel Opfer an Gut
und Blut gekostet haben, als es
der Verrat der Partei tut.“
Eimsbüttler Rot
Nov/Dez 2015
Krieg und Flucht
Viele haben Angst, dass sie für diese Krise wieder zur
Kasse gebeten werden wie in der Bankenkrise.
Reiche sollen sich an den
Helfern ein Beispiel nehmen.
Das Elend der Flüchtlinge ist so nahe gerückt in den
vergangenen Wochen – und es hat so viele Menschen
hierzulande ans Herz gefasst. Es ist aber auch die Sorge
groß, dass die Stimmung kippt, dass sich Angst Luft
macht in Abwehr und Ausschreitung. Man kann dieses
Kippen der Stimmung auch herbeireden, herbeischreiben und herbeisenden.
Schon wird in Presse und Fernsehen gefragt: Müssen
Steuererhöhungen kommen, damit Bund und Länder
ihre Aufgaben bewältigen können? Und ist es denn ausgeschlossen, dass Merkel, Schäuble und Gabriel weiter
auf „Schwarze Null“ und Schuldenbremse machen, die
zusätzliche Anhebung von Krankenkassenbeiträgen ins
Spiel bringen und Kommunen demnächst weitere
Schwimmbäder schliessen, weil das Geld für die Flüchtlingsversorgung fehlt? Bild und Co warten schon darauf, ihren Lesern das als zwar herzzerreißende, aber
unvermeidliche Alternative einzuimpfen. Dabei gibt es
einfache und naheliegende Möglichkeiten der Finanzierung, und nicht nur der Migrationskosten.
Sarah Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, fragt zu Recht im Hamburger
Abendblatt: „Was wäre naheliegender, als die
deutschen Rüstungskonzerne wie Rheinmetall,
EADS, Krauss-Maffei und Heckler-Koch an den
Kosten
der
Flüchtlingsversorgung
zu
beteiligen!“
Bodo Ramelow, Thüringens Ministerpräsident, im
Interview: „In unserem Steuer- und Abgabensystem klafft eine Gerechtigkeitslücke, die geschlossen werden muss. Die starken Schultern können
und müssen stärkere Lasten als heute tragen, um
die Herausforderungen der Gegenwart zu bewältigen. Ungleichheit und Ungerechtigkeit sind der
Schlüssel zu den Ängsten und Sorgen, die sich
viele in diesen Tagen machen, weil sie sich fragen,
wer sich eigentlich um ihre Sorgen und Nöte
kümmert. Viele haben Angst, dass sie für diese
Krise genauso zur Kasse gebeten werden wie für
die Bankenkrise. Das darf nicht passieren.“
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Und auf die Frage: Was genau wollen Sie? „Ich denke an einen höheren Spitzensteuersatz für sehr
hohe Einkommen, an eine Vermögenssteuer für
sehr hohe Geldvermögen und an eine Erbschaftssteuer, die diesen Namen verdient. Das
alles kann natürlich eine Landesregierung nicht
für ein Bundesland alleine verabschieden, sondern dafür brauchen wir eine deutschlandweite
Mehrheit. Wir sollten einfach keine Angst haben,
diese Debatte viel intensiver zu führen. Mehr
Gerechtigkeit macht unsere Gesellschaft besser,
wärmer und stärker.“
Und wer wird dem nicht gerne zustimmen?!
Abgeschrieben
In diesen Tagen verstärkt Russland seine militärische Präsenz in Syrien massiv und unterstützt die
Regierung Assad mit Waffen. Ich finde das in der gegenwärtigen Situation beruhigend, und zwar nicht,
weil man Assad dauerhaft retten oder den russischen Präsidenten hofieren müsste, sondern aus drei
aktuellen Gründen:
Erstens ist es unverantwortlich, einen Staat ins
Chaos zu stürzen und dessen Zivilisten zu
Objekten rivalisierender Machtgruppen,
Plünderer und Massenmörder zu machen.
Die Beispiele Somalia, Kongo, Irak und Libyen sollten jeden Zweifler eines Besseren
belehrt haben.
Zweitens müssen die Großstädte Damaskus
und Aleppo vor der Übernahme durch die
Milizen des IS und der AL-Nusra-Front geschützt werden. Das versteht sich aus
Gründen der akut erforderlichen Nothilfe
von selbst. Die militärisch ineffizienten USamerikanischen und britischen Luftangriffe dienen diesem Ziel nicht.
Drittens fragt sich, wie die syrischen Alawiten
davor geschützt werden können, dass die
IS- und Al-Nusra-Kämpfer sie mit Vertreibung, Versklavung, Massenvergewaltigung und Massenmord überziehen.
Der Historiker Götz Aly in seiner Kolumne in der Berliner
Zeitung
Eimsbüttler Rot
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Krieg und Flucht
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Elizabeth Murray arbeitete 27 Jahre lang als
Geheimdienstanalystin mit Schwerpunkt Naher Osten beim „National intelligence
Council“ der US-Regierung.
Ray McGovern arbeitete fast drei jahrzehnte
als Analyst der CIA mit Schwerpunkt russische Aussenpolitik. Zu seinen Aufgaben gehörte es, u. a. die tägliche Lagebesprechung
für den US-Präsidenten vorzubereiten. Beide
arbeiten heute für die Organisation „Veteran
Intelligence Professionals for Sanity“
„USA und NATO haben ein Frankensteinmonster geboren“
Die US-Aussenpolitik und westliche Interventionen
hätten nach der Jahrhundertwende eine Spur der Zerstörung nach sich gezogen, so die beiden Ex-Geheimdienstler. Die Invasion im Irak, die militärische Intervention in Libyen, die Unterstützung von radikalen Rebellengruppen in Syrien hätten die Region ins Chaos
gestürzt und die aktuelle Flüchtlingskrise ausgelöst.
Die Deutsche Regierung sollte ihr Verhältnis zu den
USA und ihre Beihilfe zum Drohnenkrieg überdenken,
wenn sie nicht will, dass immer mehr Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen.
Die USA hätten mit dem Islamischen Staat die Geburt
eines Frankensteinmonsters zugelassen, während man
die Warnungen der eigenen Geheimdienste ignorierte.
„Der Regen von gestern
macht uns nicht nass, sagen viele“
Das Gedächtnis der Menschheit für
erduldete Leiden ist erstaunlich
kurz.
Ihre
Vorstellungsgabe
für
kommende
Leiden
ist
fast noch geringer. Die
Beschreibung,
die
der
New
Yorker von
Eine Lösung dort sei ohne Einbeziehung Assads nicht
denkbar; die Alternative sei der IS. Im gleichen Interview bestätigen die US-Experten im Ruhestand, die Krise in der Ukraine sei Ergebnis eines Putsches, vorangetrieben durch westliche Geheimdienste. Eine Lösung
ohne Autonomie-Zugeständnisse an die Ostukraine sei
niemals möglich.
Besorgt zeigten sich McGovern und Murray auch über
die Gleichgültigkeit und Naivität der Deutschen in Sachen Massenüberwachung. Der Netzpolitik-Skandal
zeige, dass auch Deutschland Whistleblower wie Edward Snowden brauche.
den Greueln der Atombombe erhielt, schreckten ihn anscheinend
nur wenig. Der Hamburger ist noch
umringt von den Ruinen, und doch
zögert er, die Hand gegen einen
neuen Krieg zu erheben. Die weltweiten Schrecken der vierziger Jahre
scheinen vergessen. Der Regen von
gestern macht uns nicht naß, sagen
viele.
Diese Abgestumpftheit ist es, die
wir zu bekämpfen haben, ihr äußerster Grad ist der Tod. Allzu viele
kommen uns schon heute vor wie
Tote, wie Leute, die schon hinter
sich haben, was sie vor sich haben,
so wenig tun sie dagegen. - Und
doch wird nichts mich davon über-
zeugen,dass es aussichtslos ist,der
Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen. Laßt uns das tausendmal
Gesagte immer wieder sagen, damit
es nicht einmal zu wenig gesagt
wurde! Laßt uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie
Asche in unserem Mund sind! Denn
der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie
armselige Versuche sind, und sie
werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die
Hände zerschlagen werden.
(Bert Brecht zum Völkerkongress für den
Frieden, Wien, Dezember 1952)
Eimsbüttler Rot
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Eimsbüttel
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Rüdiger Kruse, CDU-MdB-Eimsbüttel
EX-FDP-MdB Eimsbüttel
Spitze bei Nebeneinkünften
Bei Abriss der Grindel-Hochhäuser gescheitert
In der Ferne ruft ein Käuzchen. Das Holz knistert. Aus
dem Feuerkorb schlagen die Flammen. „Mensch ist das
gemüt-lich“, sagt die acht Jahre alte Jule inmitten einer
Gruppe der Deutschen Waldjugend im Niendorfer Gehege. Wir be-richteten, wie es auf dem Konto des Eimsbüttler CDU-Bundestagsabgeordneten knistert. Nun bestätigt abgeordne-tenwatch.de: „Keiner der Hamburger
Bundestagsabgeordneten verdient nebenher mehr als
Rüdiger Kruse. Mit mo-natlich 7000 bis 15 000 Euro
steht er auf Platz 18 der Liste der höchsten Nebeneinkünfte bundesweit. Das Geld erhält er als Geschäftsführer des Hamburger Landesverbandes der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Ein Verband, der geschätzt
rund 35 aktive Mitglieder zwischen 8 und 37 Jahren hat,
die etwa 12 Euro monatlich Beitrag zahlen. Das dürfte
für das Feuerholz reichen. Aber wer zahlt das traumhafte Zubrot des Rüdiger Kruse, dessen Grundeinkommen sich aus monatlichen Diäten von 8667 Euro plus
Sitzungsgeldern in vier zusätzlichen Beiräten plus diversen Bundes-tagsausschüssen speist.
„Pfadfinder wissen, wie sie im Wald durchkommen“.
Diesen Satz der achtjährigen Jule beherzigt ihr Schutzpatron Rüdiger Kruse auf seine ganz eigene Weise. Als
Mitglied des Bundeshaushaltsausschusses sitzt Kruse
an der Quelle und steuert den Geldfluss auch in die
Kassen der Deutschen Waldjugend. Und damit auf sein
eigenes Konto. Die Arbeit im Niendorfer Gehege regeln
derweil Ehrenamtliche.
P.S.: Eine Ausnahme ist der CDU-Selbstversorger Kruse
damit nicht. Anja Hajduk (Grüne) ist z.B. mit einem
„Bera-terhonorar“ von 14 bis 30 000 Euro jährlich genauso aufgeführt wie Johannes Kahrs mit 30 bis 60 000
Euro. Der SPD-Abgeordnete aus Mitte berät Rüstungsunternehmen.
Den Liberalen der FDP ist bekanntlich jede Form staatlichen und kommunalen Eigentums ein Dorn im Auge.
In der Regel plädieren sie daher für die die Privatisierung
öffentlicher
Güter. Eine noch radikalere
Variante
schwebte offenbar
dem
EX-Bundestagsabgeordneten
Burkhardt
Müller
Sönksen vor, als er
am 22. September
mitsamt seinem EFahrrad den Paternoster
des
Bezirksamtes am Grindel bestieg. IrgendBurkhardt Müller-Sönksen
wo zwischen dem
dritten und vierten Stock verkeilte sich das elektromotorische Abbruchwerkzeug wie geplant in dem knapp
einen Quadratmeter großen Transportkorb. Der von
Müller-Sönksen angerichtete Schaden hielt sich für
diesmal in Grenzen, so der geschockte Bezirksamtsleiter. Immerhin schaffte es der Mann aus der „Partei der
Besserverdienenden“, einen der wenigen verbliebenen
Paternoster Hamburgs für ganze zwei Wochen still zu
legen. Kunden und Mitarbeiter mußten sich solange in
Geduld üben.
Es sei eine Riesendummheit und eine Schnapsidee von
Ihm gewesen, so Müller Sönksen. Die Redaktion stimmt
dem voll und ganz zu, plädiert aber auch für die Einstellung eines Liftboys zum Mindestlohn bzw. für die
Einführung eines Paternoster-Führerscheins für Bundestagsabgeordnete der FDP.
Eimsbüttler Rot
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Hamburg
HSH-Nordbank und Olympia ‘24
dat ward wull nix!
So könnte es kommen! Die HSH Nordbank verhindert
Olympische Spiele 2024 und rettet die Stadt somit vor
den unvorhersehbaren Folgen der Olympia-Träume des
Bürgermeisters!
1,1 Milliarden sollte die Stadt für Olympia 2024 aufbringen, wenn denn der Bund 6,2 Milliarden dazu gibt.
Aber das sind ungelegte Eier, im Unterschied zu den
sechs Milliarden Euro, die Hamburg und Schleswig-Holstein nach dem am 19. Oktober veröffentlichten
Beschluss der EU-Kommission-in die erste Stufe der
„Abwicklung“ der maroden HSH-Nordbank einzahlen
sollen.
Am Ende der Abwicklung werden die Kosten sogar auf
zehn Milliarden Euro steigen. Die HSH Nordbank ist
ein Opfer von Großmannssucht, Gier und dem blinden
Glauben an die „Effizienz“ der Finanzmärkte. Um die
Bank profitabel an die Börse zu bringen, trimmten sie
die ehemaligen Landesväter Peter Harry Carstensen
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und Ole von Beust auf volles Risiko und sorgten damit
für einen der unglaublichsten Finanzskandale der jüngeren Zeit. Als die HSH Nordbank 2009 Leck schlug,
hatte sie ein allein in der Schifffahrtsfinanzierung Aussenstände in Höhe von rund 33 Mrd. Euro in ihren Büchern, und die Krise in der Handelsschifffahrt hatte
eben erst begonnen. Bereits im Krisenjahr 2009 mussten
Hamburg und Schleswig-Holstein drei Milliarden Euro
direkt in die Bank stecken und Risiken im Wert von
zehn Milliarden Euro durch eine Garantie abdecken.
Die nun geplante „Lösung des Problems“: Die HSH
Nordbank darf „faule Kredite“, die nicht mehr bedient
werden, im Volumen von 6,2 Milliarden Euro an die
Hansestadt Hamburg und das Land Schleswig-Holstein
„verkaufen“. Zusätzlich muss die Bank faule Kredite im
Wert von 1,8 Milliarden Euro „am Markt“ verkaufen. Ist
dies geschehen, dürfen die beiden Bundesländer die
Bank zerschlagen.(...) Am Ende der Abwicklung werden die Länder ziemlich sicher mit einem Verlust von
exakt 10 Milliarden Euro dastehen. Bleibt noch die Milliarde für Olympia ..dat ward wull nix.
Eimsbüttler Rot
Nov/Dez 2015
Hamburg
Frakking in Mitte, Bergedorf und Harburg
TTIP und CETA
in Hamburg
Einer der vielen US-Konzerne, die aufgrund ihrer kanadischen Niederlassungen bereits von CETA profitieren
können, ist ExxonMobil. Im Dezember 2012 erteilte das
für Hamburg verfahrensführende niedersächsische
Landesamt für Bergbau Energie und Geologie der ExxonMobil-Tochter BEB Erdgas und Erdöl GmbH&Co
KG eine „Erlaubnis zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen zu gewerblichen Zwecken“. Das Erlaubnisfeld
„Vierlande“ bezieht sich auf ein riesiges Gebiet von 150
Quadratkilometern im Süden Hamburgs. Diese Fläche
entspricht fast 20% des gesamten Hamburger Stadtgebiets von 755 Quadratkilometern. Sie erstreckt sich über
die Bezirke Bergedorf, Mitte und Harburg. Die Kohlenwasserstoffe, die ExxonMobil zu finden hofft, sind die
in tiefen Gesteinsschichten vermuteten Schiefergasvorkommen. Bis Ende 2015 darf ExxonMobil prüfen, ob die
Vorkommen sich für eine Förderung lohnen. Hierzu
müßte die umweltschädliche Frakking-Methode angewandt werden, bei der mit hohem Druck und einer mit
Chemikalien versetzten Flüssigkeit Risse ins Gestein gesprengt werden. Die Hamburger Umweltbehörde
sprach sich derzeit zwar gegen die Aufsuchungserlaub-
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nis aus, die federführende Wirtschaftsbehörde mit dem
Senat im Rücken jedoch dafür.
Zwar betont die Wirtschaftsbehörde, dass es keinen Automatismus für eine spätere Erdgasförderung gebe,
aber das ist nur die halbe Wahrheit. Das Bundesbergbaugesetz setzt der Versagung überaus enge Grenzen,
sobald eine „Aufsuchungserlaubnis“ einmal erteilt
wurde. Die Tatsachen für eine Versagung der Fördergenehmigung müssen – wie es heißt – erst nach Erteilung
der Aufsuchungserlaubnis eingetreten sein. Das ist hier
aber kaum zu erwarten. Würde sich Hamburg darum
nach der abgeschlossen Suche einer Abbaubewilligung
verweigern, wäre dies also schon nach deutschem Recht
problematisch. Mit CETA und TTIP bekäme ExxonMobil dann zusätzlich die Möglichkeit, vor einem Schiedstribunal auf Entschädigung entgangener Gewinne zu
klagen.
ExxonMobil ist versiert in der Nutzung der Schiedsverfahren. Gegen Kanada klagte eines seiner Tochterunternehmen erfolgreich, nachdem die Provinz Neufundland novellierte Richtlinien für die Offshore-Erdölförderung erließ. In einem weiteren Fall entschied ein Tribunal im Oktober 2014, dass Venezuela wegen einer
Nationalisierung eines Joint Venture 1,6 Milliarden US$
an ExxonMobil zahlen müsse. Die ursprünglichen Forderungen des Konzerns beliefen sich auf bis zu 10 Milliarden US$.
Eimsbüttler Rot
Nov/Dez 2015
Agenda 2010
10 Jahre Hartz IV – eine Erfolgsstory?
Wir erlitten gerade den 10.
Jahrestag
der 2005 von der damaligen orange-grünen Bundesregierung im Zuge der 'Agenda 2010' losgetretenen Reformen der Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Mutti war bei
Regierungsantritt froh, denn das hätte sie gegen den
Widerstand der Sozialverbände, Gewerkschaften und
Kirchen nicht hingekriegt.
Ausbaden dürfen es seitdem nicht nur die Arbeitslosen,
sondern wir alle durch verstärkten Druck auf Arbeitsbedingungen und Löhne. In keinem anderen Industriestaat wuchert der Niedriglohnsektor so wie hierzulande. Viele Berufstätige haben kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mehr, das ihnen Schutz vor elementaren Lebensrisiken bieten
würde. Und den Niedriglöhnen
und "aufgestockten" Hungerlöhnen
folgt die Altersarmut.
Die Hartz4-EmpfängerInnen selbst
sind mit stets drohenden Sanktionen belegt und ständigem Verdacht
auf Sozialschmarotzertum ausgesetzt. Dabei dient das ALG II bloß
noch der Sicherstellung der Renditen von Vermietern und Discoun-
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tern. Mehr ist bei den Sätzen
nicht drin. Eine Schande für
den vormaligen Sozialstaat.
Der Glanz des Exportweltoder Vizeweltmeisters strahlt
auf uns ab, macht aber nicht
satt.
Ansonsten statt einer effektiven Verwaltung, statt einer
intelligenten Beschäftigungspolitik ein aufgeblähter Apparat, seitenlange Bewilligungs- und Änderungsbescheide, elend lange Bearbeitungszeiten, Vermittlungsangebote in erster Linie für
Zeitarbeit und Minijobs.
Fast vergessen: Mit der
Agenda 2010 wurden gleichzeitig Milliardengeschenke
an die Reichen verteilt. Für
sie wurde die Körperschaftssteuer gesenkt, Gewinne aus Unternehmensverkäufen
steuerfrei gestellt und der Spitzensteuersatz von 52 Prozent auf 43 Prozent gesenkt – was für eine Person mit
einem Einkommen von einer Million Euro ein Steuergeschenk von etwa 100 000 Euro bedeutet. Von der folgenden Teilprivatisierung der Rente durch SPD-Riester und
der Abschaffung der paritätischen Beiträge für die
Krankenversicherung gar nicht zu reden.
Außer für die Reichen war die Agenda 2010 ein böser
Reinfall. Und nicht nur in Deutschland, weil diese
Politik alle mit der deutschen Wirtschaft konkurrierenden Nachbarstaaten zu Einsparungen bei den Lohnkosten zwang. Eine verheerende Bilanz also für ganz Europa. Setzen wir uns darum gemeinsam für die Rücknahme der Rente mit 67 und der Agenda 2010 ein!
Eimsbüttler Rot
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VW: Die Grenzen zur Mafia verschwimmen
Die gezielte Implementierung einer betrügerischen
Software verweist auf die hohe kriminelle Energie, die
das Streben nach Maximalprofit hervorbringt. Und
noch etwas: Der VW-Betrug hat die Behauptung widerlegt, das Umweltproblem sei technologisch beherrschbar. Wir können nicht immer großvolumigere SUVs
bauen, immer mehr und größere Flugzeuge in die Luft
und LKW auf die Straße bringen. Dieses PR-Märchen
war schon immer schlichter Betrug. Mit VW hat der Kapitalismus auch einen ökologischen Offenbarungseid
abgelegt. Der kurzfristige Profit, der Shareholder-Value,
ist allemal wichtiger.
Eine Postkarte aus Kuba
„Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von
Profit, oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor
der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital
kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall
anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent,
positiv und waghalsig; für 100 Prozent stampft es
alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300
Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es
nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.“
Ein Zitat von P.J. Dunning (1860), das Karl Marx in einer Fußnote im „Kapital“ bekannt machte
Einen Gruß von Gerardo Hernández Nordelo, einem
der Miama 5, und seiner Frau Adriana Pérez erhielten
Josie und Dirk Brüning, die sich vile Jahre für die Freilassung der Fünf eingesetzt hatten. Sie schrieben:
Fahrbarer Untersatz ohne Manipulationssoftware
Wer sind die „Miami Five“?
Seit Gründung der Republik Kuba ließen US-Regierungen keine Gelegenheit aus, um die Entwicklung Kubas
zu stören. Bekannt ist der militärische Überfall in der
Schweinebucht von 1961, der für die in den USA ausgebildeten Castro-Gegner im Fiasko endete. Durch Anschläge von US-Söldnern fanden 3500 Kubaner den Tod.
Weitere 2000 wurden schwer verwundet. Die kubanische Regierung betrachtet die Miami Five als „Gefange-
Liebe Geschwister Josie und Dirk,
glaubt niemals, ich hätte Euch vergessen! Ich erinnere mich
jeden Tag an Euch. Weil ich weiß, daß wir das Glück, das wir
heute erleben, Euch und allen Kameraden wie Euch verdanken. Grüße an alle Kameraden von der DKP! Vielen Dank!
Eine Umarmung: Gerardo Hernández Nordelo
Adriana Pérez O'Connor
5. September 2015
ne des Imperiums“. In vielen Ländern der Welt, auch in
den USA und sogar in Miami selbst, bildeten sich Solidaritätskomitees, die diesen Prozess als politisch beeinflusstes Verfahren sehen und der US-amerikanischen
Justiz schwere Menschenrechtsverletzungen und
Rechtsbeugung vorwerfen, darunter 10 Nobelpreisträger, der ehemalige Justizminister der USA Ramsey
Clark, der Komponist Mikis Theodorakis, der mexikanische Senat und Mary Robinson, Staatspräsidentin Irlands und UN-Hochkommissarin für Menschenrechte.
Eimsbüttler Rot
Nov/Dez 2015
Arbeitgeber betrügen
beim Mindestlohn
Seit Anfang des Jahres gilt der gesetzliche Mindestlohn.
Doch um die Beschäftigten zu prellen, greifen viele Arbeitgeber in die Trickkiste.
Verrechnung von Trinkgeldern
In der Gastronomie werden Trinkgelder
mit dem Mindestlohn verrechnet, obwohl
dies nicht gestattet ist.
Auszahlung des Lohns in Naturalien
Den Beschäftigten werden Gutscheine für
Leistungen des Unternehmens gegeben
und mit dem Mindestlohn verrechnet. In
Kinos sind es Gutscheine für Popkorn, in
Wellness-Anlagen für das Solarium. Auch
dies ist nicht zulässig.
Streichung des Weihnachtsgeldes
Viele Arbeitgeber streichen Zuschläge, das
Weihnachts- oder das Urlaubsgeld, sodass
die Beschäftigten das Gleiche oder weniger
verdienen, obwohl ihr Stundenlohn formal
angehoben wurde.
Zu kurze Zeitvorgaben
Bei den Zustellern von Zeitungen werden
die Zeiten, die ihnen für die Auslieferung
der Blätter vorgegeben werden, so kurz bemessen, dass es nichts mehr mit dem realen zeitlichen Aufwand zu tun hat. Entlohnt wird natürlich nur die vorgegebene
Zeit und nicht die tatsächliche.
Reduzierung der Arbeitszeit
Viele Arbeitgeber kürzen die vertraglich
vereinbarte Arbeitszeit, lassen aber die
gleiche Arbeit verrichten.
Unbezahlte Wartezeiten
Insbesondere in der Taxi-Branche werden
wartezeiten, in denen keine Fahrgäste befördert werden, nicht als Arbeitszeit betrachtet. Aber auch in anderen Branchen
wird versucht, Bereitschaftszeiten nicht zu
bezahlen.
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Verschiebung von Arbeit ins Ehrenamt
Eigentlich reguläre Arbeit, zum Beispiel im
Bereich sozialer Dienstleistungen, wird als
Ehrenamt deklariert, um den Mindestlohn
nicht zahlen zu müssen. Das passiert insbesondere dort, wo Minijobs mit einem
Ehrenamt gekoppelt werden.
Urlaub wird reduziert
Der Urlaub wird auf die gesetzliche Mindestzeit reduziert, um die Kosten des Mindestlohns zu kompensieren.
Umsatzabgabe
Beschäftigte, zum Beispiel in gastronomischen Lieferdiensten, erhalten zwar den
Mindestlohn, von ihm wird aber ein Anteil
des Umsatzes abgezogen.
Falsche Praktika
Reguläre Arbeit wird als Praktikum deklariert, obwohl es sich nicht um ein Lernverhältnis handelt.
Hilfe bei Fragen rund um den Mindestlohn:
www.dgb.de
Eimsbüttler Rot
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Man muss auch mal NEIN sagen können!
DKP empfiehlt ein NEIN beim Referendum am 29. November 2015
Ein klares „Ja“ zum Sport und zur Olympischen Idee. Aber ein eindeutiges „Nein“ beim Referendum 29. November 2015 zur Olympiabewerbung in Hamburg!
Die Bewerbung und Ausrichtung der Olympischen Spiele richtet sich gegen die Interessen der Mehrheit der Hamburger Bevölkerung. Tiefe Verschuldung, fehlende Mittel im Kultur-, Bildungs- und Sozialbereich wären die Folge
einer Bewerbung für die Spiele. Banken und Konzerne werden sich an den Investitionen im Vorfeld eine goldene
Nase verdienen. Sie machen ihren Profit bereits in Planung und Vorbereitung.
Die DKP unterstützt die Initiative und die Aktivitäten der NOlympia-Plattform in Hamburg.
Olympische Spiele sind eine Geldverbrennungsmaschine.
Die vom Senat genannten 11,22 Milliarden Euro Kosten
für Olympia reichen nicht aus. Bei früheren Olympischen Spielen sind die Kosten durchschnittlich um
130% gestiegen – die Stadt hat nur 40% einkalkuliert.
Im Bundeshaushalt sind keine Mittel für Olympia in
Hamburg eingestellt.
Olympische Spiele führen zu Turbo-Gentrifizierung
Die Spiele werden nicht für die Hamburger/innen veranstaltet, es geht um den „Wettbewerb der
Metropolen.“ Der Senat will die Stadt zur Weltmarke
machen. In London gab es Mietsteigerungen von bis zu
30 Prozent.
Olympische Spiele schränken Freiheitsrechte ein
Das von Hamburg vorgestellte „Sicherheitskonzept“
hält keiner Prüfung stand. Stacheldrahtzäune und Mauern um die Spielstätten, Videoüberwachung in Bussen,
Bahnen und öffentlichen Plätzen, „Luftraumsicherung“
mitten in der Stadt wird es auch hier geben.
Olympische Spiele bedeuten Demokratieabbau
Das IOC ist eine an Skandalen reiche, korrupte Organisation ohne wirkliche Transparenz. Die Verträge, die
mit den Gastgeberstädten abgeschlossen werden, sind
Knebelverträge. Der Senat liefert die Stadt dem IOC
und seinen Sponsoren wie etwa Coca Cola und McDonalds aus. Mitbestimmung bei der Stadtplanung wird
vollends ausgehebelt. Die Stadt Hamburg gibt die Souveränität auf, die Bürgerinnen und Bürger werden entmündigt.
Das Geld für die Bewerbung und Durchführung der
Olympischen Spiele in Hamburg darf nicht in den Rachen der Banken, Konzerne und des IOC geworfen werden. Es muss den Menschen in Hamburg zu Gute kommen im Sozial-, Bildungs-, Kultur- und Breitensportbereich.