Wintermorgen im Sauerland

Transcrição

Wintermorgen im Sauerland
ISSN 0177 - 8110
K 2767
Nr. 4/Dezember 2008
Zeitschrift
des Sauerländer
Heimatbundes
SAUERLAND
Wintermorgen im Sauerland
Dinosaurier, Säbelzahnkatze & Co.
EINE REISE DURCH DIE URZEIT
Sonderausstellung im
Sauerland -museum
Arnsberg
15. Februar bis
9. August 2009
Museumspädagogische
Programme
für Schulklassen
Sauerland-Museum des Hochsauerlandkreises
Alter Markt 24 - 26 · 59821 Arnsberg
Tel. (0 29 31) 40 98 · (0 29 31) Fax 41 14
[email protected]
www.sauerland-museum.de
Öffnungszeiten:
Di-Fr 9.00-17.00 Uhr
Sa 14.00-17.00 Uhr
So 10.00-18.00 Uhr
Feiertags wie sonntags geöffnet.
159
S AUERLAND N R . 4/2008
SAUERLAND Nr. 4/Dezember 2008
Zeitschrift des
Sauerländer Heimatbundes
Aus dem Inhalt
Geschichte
Die Sauerländer und das Wir-GefühI.
Auch in der modernen Konsumgesellschaft geht es nicht ohne Gefühle.
Man braucht nur an die Fußballweltmeisterschaft zu denken, als die Deutschen
plötzlich ihr Nationalgefühl entdeckten und man überall mit Stolz die schwarzrot-goldenen Farben zeigte.
Die Landesfarben von Nordrhein-Westfalen sah man dagegen weniger.
Schon der langjährige Ministerpräsident Johannes Rau hatte das mangelhafte Landesbewusstsein bedauert, und er versuchte, allerdings mit geringem Erfolg, mit dem griffigen Wort „Wir in Nordrhein-Westfalen“ Abhilfe zu schaffen. Die jetzige Landesregierung unter Jürgen Rüttgers hat diese Bemühungen aufgegriffen.
Durch eine Vielzahl von Veranstaltungen mit landesweiter Resonanz soll das
Landesbewusstsein gefördert werden. Wir sollen also in unserem BindestrichLand Nordrhein-Westfalen nicht einfach in den Tag hinein leben, sondern das
selbstbewusste „Wir in NRW“ verinnerlichen.
Natürlich gibt es auch noch – „noch?“ – den Landesteil Westfalen. Der
Westfälische Heimatbund, dem Sauerländer Heimatbund seit jeher verbunden,
bemüht sich nach Kräften, den inneren Zusammenhalt Westfalens zu fördern.
Das zeigen die regelmäßig abgehaltenen Westfalentage, die leider nicht immer
eine zureichende Resonanz in den Medien finden. Der Landschaftsverband
Westfalen-Lippe, die starke Stütze des Heimatbundes, vertritt weiterhin die
westfälischen Gcsamtinteressen, seit einigen Jahren unterstützt durch die sehr
aktive „Westfalen-Initiative“, die sich für die Stärkung all dessen einsetzt, was
uns unsere westfälische Heimat so teuer macht.
Nun gibt es etwas Neues. Wie in unserer Zeitschrift schon mehrfach berichtet, haben sich die fünf Kreise Siegen-Wittgenstein, Olpe, Märkischer Kreis,
Hochsauerlandkreis und Soest zu einer „Region Südwestfalen“ zusammengeschlossen. Mit gebündelten Kräften will man den Politikern in Düsseldorf, Berlin und Brüssel klar machen, dass auch im südlichen Westfalen tüchtige Menschen wohnen, die gern an den vielen Subventionstöpfen auf staatlicher und
europäischer Ebene teilhaben wollen. Das wird jeder Heimatfreund begrüßen.
Damit aber nicht der Eindruck entsteht, es handele sich um einen rein wirtschaftlichen Zusammenschluss, soll ihm ein bürgerschaftliches Flair verliehen
werden. Vielleicht kommt sogar einer auf den Gedanken, nach dem Landesmuster nun mit „Wir in Südwestfalen“ Interesse zu wecken. Bürgerschaftliche
Resonanz erhofft man sich auch durch die Südwestfalentage, die regelmäßig
abgehalten werden sollen. Nun, es kann nicht schaden, wenn ein Bürger aus
Siegen demnächst den Patrokli-Dom in Soest bestaunt oder wenn ein Lüdenscheider erfährt, dass in Marsberg hervorragendes Glas produziert wird.
Aber wo bleibt eigentlich das Sauerland, wo bleiben wir Sauerländer? Wir
haben natürlich auch ein Wir-Gefühl, ein für uns selbstverständliches Wir-Gefühl angesichts der viele Jahrhunderte währenden Gemeinsamkeiten im kurkölnischen Sauerland. Aber ist dafür in Zukunft noch Platz angesichts all der
Aktivitäten auf den anderen Ebenen? Es wird ja doch viel von uns verlangt,
was unsere Bereitschaft zur Identifizierung mit den einzelnen Institutionen angeht. Wir sollen weltoffene Bürger der Bundesrepublik sein, leistungsstarke
NRW-Menschen, bodenständige Westfalen, aufstrebende Südwestfalen und
schließlich, gewissermaßen am Ende der Reihe, heimatbewusste Sauerländer.
Lesen Sie weiter auf der folgenden Seite
Hexendenkmäler im Sauerland
S. 173
Die Herausbildung eines katholisch-nationalistischen Milieus in Sundern im Kaiserreich
1871-1914
S. 183
Heimat • Kultur
Eröffnung des öffentlichen
Begegnungs- und Kulturzentrums
Kloster Bredelar/Theodorshütte
S. 161
„Positiv Verrückte
aus dem Sauerland“
S. 164
Die Verkrämerung von Stadt,
Dorf und Straße
S. 166
Die Vermessene Fernsicht
S. 189
Die Kanzel der St.-JohannesPfarrkirche in Attendorn
S. 190
Weihnachten in Menden
S. 193
Herbstgedanken
auf der Heidenstraße
S. 197
Natur • Landschaft • Siedlung
Der Möhnesee und die Vögel
S. 198
Sprache und Literatur
„Kick“, sagg’ de Katte ...
Rezensionen • Personalien
BÜCHER • SCHRIFTTUM
S. 202
PERSONALIEN
S. 206
Unser Titelbild fotografierte
Firedhelm Ackermann † an einem winterlichen Morgen im Sauerland. Wenn unsere
Leser den Ort oder den Standort des
Fotografen wissen, dann bitten wir um
Meldung bei der Redaktion.
Mitarbeiter dieses Heftes finden Sie auf
S. 206
160
S AUERLAND N R . 4/2008
Fortsetzung von der Vorseite
Ja, da scheint der Sauerländer Heimatbund, unser Heimatbund, gefordert
zu sein. Erfreulicherweise kann unser Vorsitzender Dieter Wurm unsere Interessen im Beirat der neuen Region Südwestfalen unmittelbar vertreten. Es ist
nun einmal so: Wir behalten unseren angestammten Platz im Bewusstsein unserer Bevölkerung nur dann, wenn wir ihn durch unsere heimatbezogene Arbeit immer wieder rechtfertigen. Das können wir durchaus mit Selbstbewusstsein tun. Das Sauerland – auch in den großen Medien ist es präsent, nicht zuletzt durch den „klare Kante“ zeigenden Franz Müntefering aus Sundern und
durch den Briloner Politiker Friedrich Merz – der kürzlich durch sein neues
Buch über den Kapitalismus Furore gemacht hat –, die sich beide immer wieder gern in der Öffentlichkeit zum Sauerland bekennen. Warum nicht auch
wir?
Wir sind gut beraten, die weitere Entwicklunug aufmerksam zu verfolgen
und gemeinsam dafür zu sorgen, dass das Sauerland, „unser“ Sauerland, für
uns und künftige Generationen gerade auch in gutem Zusammenwirken mit
allen heimatbezogenen Kräften in Südwestfalen seine Bedeutung behält.
Dr. Adalbert Müllmann
Ehrenvorsitzender des SHB
Namen sind Schall und Rauch!?
Tag der Familienforschung beim Märkischen Kreis am 22. Oktober 2008
Ein rundum gelungener und außerordentlich gut besuchter Tag der Familienforschung - diese mehr als zufriedene Bilanz ziehen Landeskundliche Bibliothek
und Archiv des Märkischen Kreises.
Dr. Roland Pieper, Kunstexperte aus
Münster, führte durch das 100 Jahre
junge Altenaer Kreishaus I an der Bismarckstraße 15, das durch seine Architektur und stilvolle Innenausstattung aus
der Zeit des Späthistorismus besticht
und heute die Fachdienste Gesundheitsschutz/Umweltmedizin und Kultur beherbergt. Viele Jahre, von 1909 bis
1927, bewohnte die damalige landrätliche Familie Thomée das erste Obergeschoss, in dem sich nun die Büros und
der Lesesaal von Kreisarchiv und Landeskundlicher Bibliothek befinden. Bis
Mitte Januar 2009 gewährt dort die
Ausstellung „Fritz und Lily Thomée geben sich die Ehre“ neue Einblicke in das
dienstliche und private Leben der
Thomées.
nehmerinnen und Teilnehmer – sowohl „alte
Hasen“ als auch „Greenhorns“ ganz unterschiedlicher Altersgruppen – trafen sich zum
lebhaften Gedankenaustausch. Was zu tun ist,
wenn jemand Familienforscher werden oder als
bereits langjähriger Genealoge seinen „toten“
Forschungspunkt umschiffen möchte, dazu
gab Karin Müller, Dipl.Bibliothekarin in der
Landeskundlichen Bibliothek,
praxisnahe
Tipps und eine aktuelle
„Bunte Liste Genealogie“ an die Hand, die
über wichtige Internetadressen, Archive, Bibliotheken und Buchtitel informierte.
Förmlich aus den Nähten platzte der
Lesesaal zum Start des Workshops „Familienforschung“. Knapp siebzig Teil-
Kreisdirektorin Barbara Dienstel-Kümper
begrüßte am Abend
Prof. Dr. Jürgen Udolph, bis Ende 2007
einziger Professor für Onomastik (Namenforschung) an der Universität Leipzig und weit über regionale Grenzen hinaus bekannt durch seine zahlreichen
Rundfunk- und Fernsehauftritte. Prof.
Udolph beeindruckte sein Publikum
durch seinen Vortrag über die Bedeutung und Verbreitung von Familiennamen und entkräftete damit mühelos die
These, Namen seien nur Schall und
Rauch. Intensiv widmete er sich den
fünfundzwanzig Namen, die im Vorfeld
per Telefonaktion zusammengetragen
worden waren. Die (u. a.) Breuningers,
Edelgasts, Osmergs und von der Crones
dankten es ihm mit besonders herzlichem Applaus.
Der Tag der Familienforschung war
Teil der bundesweiten Aktion „Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek“ unter
der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler.
Weitere Informationen: Märkischer Kreis, Fachdienst
Kultur, Kreisarchiv und Landeskundliche Bibliothek,
Bismarckstr. 15, 58762 Altena. ( (02352) 966-7053.
E-Mail: [email protected]. Internet: www.maerkischer-kreis.de/kultur.
Chrisdageslecht
Chrisdageslecht, verlöske mey nit!
Lochte hell bey jedem Schriett,
diän ieck dau op düeser Eeren,
wann 't well düister weren
Mak mieck innen waarm un weyt!
Lot mieck in dür schwoaren Teydt,
üewer eignen Soargen,
Schmiärten nit diän Nögesten vergiten
Lot diär deyner Strohlen Scheyn
selwer äse'n Lecht mieck seyn
Fiär diän Einen un diän Annern,
dai do mot im Duistern wannern,
ai ganz ohne Hoapen sind.
Chrisdagslecht, meyn Jesuskind,
lochte jedem hey op Eeren,
diäm 't well düister weren.
H. Jungblut-Bergenthal
161
S AUERLAND N R . 4/2008
Eröffnung des öffentlichen Begegnungs- und Kulturzentrums
Kloster Bredelar/Theodorshütte
Mit einem eindrucksvollen Festakt und einem Tag der offenen Tür wurde am
17. und 18. Oktober 2008 das ehemalige Kloster Bredelar in der früheren Theodorshütte eröffnet.
Für die Wiederbelebung des ehemaligen Klosters Bredelar als kulturellem Ort
zeichnet vornehmlich der Förderverein Kloster Bredelar e. V. unter seinem rührigen und umsichtigen Vorsitzenden Dr. Franz-Josef Bohle verantwortlich. Ein ehrenamtliches Engagement von beispielsetzender Bedeutung, was alle Ehrengäste, namentlich Prof. Dr. Dr. Gottfried Kiesow, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Prof. Dr. Wilfried Stichmann, Vorstandsmitglied der Nordrhein-Westfalen-Stiftung, Dr. Wolfgang Kirsch, LWL-Direktor und Hubertus
Klenner, Bürgermeister der Stadt Marsberg lobend herausstellten.
Den Festvortrag hielt Oliver Wittke, Minister für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, den wir wegen seiner exemplarischen Aussagekraft im
Wortlaut veröffentlichen.
Den ökumenischen Segen sprachen Lothar Kuschnik, Superintendent des
Kirchenkreises Arnsberg und Msgr. Prof. Dr. Konrad Schmidt, Rektor der Kath.
Landvolkshochschule Hardehausen.
Den musikalischen Rahmen gestaltete das Schulorchester des CarolusMagnus-Gymnasiums Marsberg unter Leitung von Gerhard Eberbach.
Festvortrag von
Herrn Minister Oliver Wittke
anlässlich der Eröffnung der
Kultur- und Begegnungsstätte
Kloster Bredelar
am 17. Oktober 2008
Ich freue mich sehr, wieder einmal in
Marsberg-Bredelar zu sein, und noch dazu zu einem so herausragenden Anlass!
Zur Eröffnung der Kultur- und Begegnungsstätte Kloster Bredelar gratuliere
ich sehr herzlich im Namen der nordrhein-westfälischen Landesregierung.
Es ist etwas Großartiges geschaffen worden, das östliche Sauerland hat eine
Landmarke erhalten. Dafür bedanke ich
mich, auch im Namen von Herrn Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers, insbesondere bei allen Mitgliedern des Fördervereins Kloster Bredelar und namentlich beim Vorsitzenden Dr. FranzJosef Bohle.
162
Als im Jahr 2000 der Förderverein
Kloster Bredelar e. V. gegründet wurde,
befanden sich die ehemaligen Konventsgebäude in einem heruntergekommenen baulichen Zustand; teilweise bestand sogar Einsturzgefahr. Die vorherrschende öffentliche Meinung in der Region sah nur noch die Möglichkeit des
Abbruchs. Dabei hatte dieser „Schandfleck“ eine große geistige, spirituelle,
kulturelle und auch wirtschaftliche Vergangenheit: Kloster Bredelar wurde
1170 als Prämonstratenserinnenkloster
durch den Kölner Erzbischof Philipp von
Heinsberg gegründet. 1196 erfolgte die
Umwandlung in ein Zisterzienserkloster.
1238 – 1241 entstand hier die heute
noch erhaltene dreibändige Bredelarer
Bibelhandschrift auf Pergament mit
kunstvollen Miniaturen. 1804 wurde das
Kloster, das nach einem Brand 1787
wiederaufgebaut worden war, säkularisiert. 1826 richtete Theodor Ulrich eine
Eisenhütte mit einer Gießerei in der ehemaligen Abteikirche und einer Fertigungshalle im Bereich des Chores ein.
In der Folgezeit entstanden weitere Industriehallen und ein Bahnanschluss in
der Klosteranlage. Auch Bredelar selbst
entwickelte sich. Die vormals allein liegenden, das Landschaftsbild bestimmenden Konventsgebäude wurden Teil
eines kleinen Ortes.
Die Eisengießereinutzung bestand bis
1931. Es folgten 28 unterschiedliche gewerbliche Nutzungen und nach dem
zweiten Weltkrieg auch der Einbau von
Wohnungen. Mehrere Brände veränderten zudem das Aussehen der zuvor geschlossenen Klosteranlage, in deren ehemaliger Kirche bis 1986 eine Terrazzomahlanlage betrieben wurde. Die
Überlagerung der 600-jährigen Klostergeschichte von der 200-jährigen Industriegeschichte ist einmalig. Die Gesamtanlage, die 18000 m² Grundstücksund 6000 m² Nutzfläche umfasst, ist als
Bau- und Bodendenkmal in die Denkmalliste der Stadt Marsberg eingetragen.
Initiative und Strategie waren gefragt,
um dieses kulturelle, geistige und auch
wirtschaftliche Zentrum wieder zu beleben. Das Ziel, die Gesamtanlage zu retten, haben die Väter und Mütter des Erfolges geschickt mit aufeinander aufbauenden Umsetzungsstufen angegangen.
Fünf strategische Schritte lassen sich
identifizieren:
S AUERLAND N R . 4/2008
1. Gründung eines Fördervereins als
größte Bürgerinitiative in der Region.
2. Restaurierung der Kirchenfassade
als Symbol des unaufhaltbaren Aufbruchs nach Jahrzehnten des Verfalls.
3. Kauf des größten Teils der Anlage
durch den Förderverein.
4. Schaffung eines schnell nutzbaren
Teilbereichs (ein Fünftel der Gesamtanlage) im Kloster, um zu zeigen, dass
die historische Bausubstanz hohen Nutzwert und besondere Qualitäten hat.
5. Erarbeiten einer wirtschaftlich
tragfähigen Nutzung für die Gesamtanlage und deren Umsetzung.
Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit,
unterstützt durch schnell sichtbare bauliche Ergebnisse, bewirkte der Verein fast
Wunder auf allen Ebenen. Am 11. August 2000 wurde der Förderverein Kloster Bredelar e. V. mit zunächst 28 Mitgliedern gegründet. Inzwischen hat er
weit mehr als 600 Mitglieder, eine bemerkenswerte Zahl im Hinblick auf die
kurze Vereinsgeschichte und auf seinen
Wirkungskreis im ländlichen Raum.
Bereits im Juni 2003 konnte die restaurierte Kirchenfassade als Symbol des
Aufbruchs nach Jahrzehnten des Verfalls präsentiert werden. Nach gut zwei
weiteren Jahren wurden am 17. September 2005 die ehemalige Abteikirche
und Teile des Westflügels als soziokulturelles Zentrum feierlich eröffnet. Die Akzeptanz auf breiter Ebene für die Erhaltung des Klosters Bredelar war damit erreicht und die Grundlagen für die weiteren Aktivitäten zur Rettung und vollständigen Umnutzung der Gesamtanlage gelegt.
Dabei blieb aber auch der denkmalpflegerische Ansatz nie auf der Strecke.
Nach dem Erwerb des Klosters im Juni
2003 wurden eine Bestandsaufnahme
und eine Schadens- und Befundkartierung erstellt. Die Spuren klösterlicher
und industrieller Nutzung sowie die Spuren verschiedener Bauphasen sollten für
jeden erkennbar bleiben. Diese Leitlinie
der Restaurierung wurde planungs- und
baubegleitend in Gesprächsrunden und
Ortsterminen gemeinsam mit den
Denkmalbehörden entwickelt und fortgeschrieben.
Nicht nur aus wirtschaftlichen und gestalterischen Gründen bleibt die Originalsubstanz unangetastet, wo immer das
möglich ist. Sollte es nämlich in Zukunft
noch bessere wissenschaftliche Untersuchungsmethoden geben, könnten z.
B. Putz- und Farbreste weiteren Aufschluss über die Geschichte des ehemaligen Klosters Bredelar/der ehemaligen
Theodorshütte geben. Aus dem gleichen Grund werden auch die Bodenfunde im Rahmen der Bautätigkeiten
möglichst nicht berührt. Sehr eindrucksvoll zeigt die wiederhergestellte Kirchenfassade, wie ein sorgfältiges Vorgehen
zu einem qualitätsvollen Erhalt des Baudenkmals beiträgt. Der Farbton, welcher
in besonders schöner Weise die Architekturgliederungen aus Marsberger
Schaumkalkwerkstein hervorhebt, ist
aus dem Spektrum der historisch nachgewiesenen Farbfassungen gewählt. Die
unterschiedlichen Strukturen und Farbanstriche der verschieden alten Putze,
die der Neuanstrich nicht völlig verdeckt
hat, lassen Geschichte erkennen und beleben die Fassade. Besonderes Ergebnis
der Untersuchungen war das Auffinden
von Smalteresten an den Innenwänden
des ehemaligen Kirchenraumes. Smalte, ein schon im Mittelalter synthetisch
hergestellter blauer Farbstoff, ist ein
Hinweis darauf, dass die Kirchenwände
in diesem Bereich aus der Zeit vor dem
Brand 1787 stammen.
Für den wirklich herausragenden
denkmalpflegerischen Ansatz und dessen Begleitung und Umsetzung über das
übliche Maß hinaus gebührt dem Architekturbüro Lohmann-von Rosenberg
aus Brilon Dank.
Die Vereinsmitglieder sind und waren
nicht nur konzeptionell aktiv, sondern
packen auch tatkräftig zu. Insbesondere
bei der Entrümpelung des Gebäudes und
bei Arbeiten, die mit viel Staub und
Schmutz verbunden waren, legten und
legen zahlreiche Vereinsmitglieder selbst
Hand an. Vorbildlich ist auch, dass der
Verein eng mit der Jugendbauhütte der
Deutschen Stiftung Denkmalschutz zusammenarbeitet und ständig junge Menschen im freiwilligen Jahr für den Denkmalschutz in das Projekt integriert sind.
Marketing- und Managementqualitäten auf hohem Niveau waren für Akquise, Koordinierung und Einsatz der
163
S AUERLAND N R . 4/2008
Fördergeber und Fördermittel erforderlich. Die ungewöhnlich große Bandbreite der Nutzungen, Umbauten und Schädigungen des Baudenkmals erschwerte
die genaue Kostenermittlung im Vorfeld. Oftmals mussten Bauabschnitte
und Förderbereiche geändert und verschoben werden. Der Förderverein managte diese Aufgabe grandios und
schaffte es, die Gewerke und Maßnahmen laufend im Einvernehmen mit den
Fördergebern abzustimmen und anzupassen. Mit Hilfe der NRW-Stiftung, der
Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des
Landes Nordrhein-Westfalen, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, der
Wirtschaft und privaten Spenden konnten inzwischen rd. 4,5 Millionen Euro
investiert werden.
Die Investitionen haben ermöglicht,
dass seit September 2005, nur fünf Jahre nach der Gründung des Fördervereins,
die ehemalige Kirche als Veranstaltungsraum genutzt werden kann. Aus
der Vermietung erzielt der Verein Einnahmen, die dem Erhalt der Anlage und ihrer weiteren Instandsetzung zugute kommen. Auch das Erdgeschoss des Westflügels wurde seitdem teilweise umgenutzt.
Heute nun werden offiziell das Foyer sowie das Unter- und Obergeschoss übergeben. Damit sind alle für eine öffentliche
Nutzung vorgesehenen Umbaumaßnahmen fertiggestellt. Im Erdgeschoss stehen
Seminarräume für unterschiedliche
Zwecke zur Verfügung. Im Unter- und
Obergeschoss haben örtliche Vereine,
wie beispielsweise der Verein für Naturund Vogelschutz des Hochsauerlandkreises, ihr neues Domizil gefunden.
Für die weitere Nutzung wurde 2006
ein Symposium mit Unterstützung der
RWE Systems Development durchgeführt. Als Ergebnis wurde ein Wohnstift
für ältere und auch jüngere Menschen
als Konzept für die übrigen Gebäudeteile favorisiert. Ich bin davon überzeugt,
dass es nur eine Frage Zeit ist, bis auch
diese Idee realisiert werden kann.
Nach wie vor sind tragende Bausteine der Erfolgsgeschichte des Vereins die
Zustimmung in der Bevölkerung und die
professionelle Öffentlichkeitsarbeit. Sei
es der ständige Kontakt mit den Medien,
die regelmäßig berichten, oder der Internet-Auftritt unter www.kloster-bredelar.de und die jährliche Herausgabe
von Fotocollagen über den Baufortschritt. Zentraler Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit ist in jedem Jahr auch der
Tag des offenen Denkmals, der immer
bis zu 2500 Besucher anlockt und auch
effektiv genutzt wird, um die Zahl der
Vereinsmitglieder zu erhöhen. Ich bin
davon überzeugt, Herr Professor Kiesow, dass Kloster Bredelar zu den Top
Ten gehören würde, wenn die Deutsche
Stiftung Denkmalschutz als Veranstalterin dieses bundesweiten Feiertages für
den Denkmalschutz ein Ranking durchführen würde.
Bürgerschaftliches Engagement hat
es erreicht, unter Berücksichtigung zeitgemäßer Denkmalgrundsätze, ein schon
aufgegebenes, überregional ebenso
wichtiges wie ungewöhnliches Baudenkmal zu retten. Kloster Bredelar ist ein bedeutendes Zeugnis der Geistes-, Kultur-,
Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. In einer zunehmend bindungsarmen Zeit haben die Aktivitäten des Fördervereins einem Gebäudekomplex eine Bestimmung zurückgegeben und einen Ort geschaffen, der Identität, Orientierung und
Gemeinschaft bietet. Für diese vorbildliche Leistung ist der Förderverein Kloster Bredelar e.V. zu Recht mit dem Deutschen Preis für Denkmalschutz im Jahre
2007 ausgezeichnet worden.
Gute Ideen sind noch nie an leeren
Geldtöpfen, sondern an hohlen Köpfen
gescheitert. Gäbe es in allen Städten
und Gemeinden Nordrhein-Westfalens
derartig findige und engagierte Vereine,
wäre mir nicht bang um den Gemeinsinn im Allgemeinen und die Denkmalpflege im Besonderen. Politik und Verwaltung tun gut daran, die Arbeit des
Fördervereins Kloster Bredelar e.V. weiterhin so positiv zu begleiten und auch
durch ein Scherflein zu unterstützen. Es
kommt tausendfach zurück. Marsberg
hat mit dem Kloster wieder die kulturelle und geistige Mitte Bredelars zurückbekommen. Das Kloster ist ein Markenzeichen, nicht nur weil es so markant an
der B 7 liegt, sondern weil es für die Tatkraft der Menschen in dieser Region
steht.
Ich bin heute zum dritten Mal im Kloster Bredelar. Schon beim ersten Mal habe ich Feuer gefangen für diesen kulturellen Ort, der uns zeigt, wo unsere Wurzeln stecken. Ganz bestimmt werde ich
noch ein viertes, fünftes und sechstes
Mal hierherkommen. Denn der heutige
Tag ist eine Zwischenstation: Die äußere Hülle des soziokulturellen Zentrums
ist geschlossen. Jetzt liegt es in den Händen der Menschen, die Hülle mit Leben
zu erfüllen.
164
S AUERLAND N R . 4/2008
„Positiv Verrückte aus dem Sauerland“
Allendorfer erleben kurkölnische Heimat- und Kölner Stadtgeschichte „zum Anfassen“
von Anton Lübke
Kurkölnische Heimatgeschichte und
auch Stadtgeschichte von Köln konnten
im September 2008 all diejenigen nacherleben, die anlässlich des 600-jährigen
Stadtjubiläums der Titularstadt Allendorf
in 2007 den „Rücktransport" des Kölner Domschatzes durch den Allendorfer
Fuhrmann Friedrich Clute-Simon im
Jahr 1803 miterlebt haben. Ursprünglich war dieses Vorhaben im Jubiläumsjahr 2007 geplant, aber da die Kyrill-Schäden eine Wanderung unmöglich
machten, wurde der Plan in 2008 umgesetzt.
Es war ein eindrucksvolles Ereignis
für die bis zu 60 Wanderer, die vom 2.
bis zum 7. September 2008 zwei Pferdefuhrwerke von Allendorf nach Köln
begleitet haben und auch für die vielen
Allendorfer und Sauerländer, die zum
Einzug in Köln mit Bussen und PKW angereist waren. Die Polizei in Köln spricht
von 800 mittelalterlich gewandeten
Sauerländern, die den „Schrein" über
die Deutzer Brücke, den Heumarkt und
den Alter Markt zum Kölner Dom begleitet haben.
Begonnen hatte alles am 2. September 2008 morgens um 8.00 Uhr in
Allendorf mit dem Reisesegen in der
Pfarrkirche. Zum Auszug der eisenbereiften Leiterwagen mit einer Rekonstruktion des Drei-Königen-Schreines
sowie der Wanderer läuteten die Allendorfer Festtagsglocken. Auch in Hagen,
Rönkhausen, Lenhausen, Attendorn,
Grote-Wiese, Marienheide und KölnBrück wurde der „Schrein" mit Glockengeläut und von vielen Schaulustigen an
den Straßen empfangen.
Der große Empfang auf dem Marktplatz in Attendorn am ersten Abend
durch den Bürgermeister, den Domkapitular, den evangelischen Pfarrer, den
Vorstand der traditionsreichen Schützengesellschaft mit Fahnenabordnungen und einem Willkommenstrunk für
die Wanderer, das Jagdhorn-Bläserchorps, den Attendorner Heimatverein
und 400 Bürgern hat die Allendorfer
nicht nur mächtig beeindruckt, sondern
hat gezeigt, dass dieses nachgespielte
Stück kurkölnischer Heimatgeschichte
gerade auch in Attendorn mit dem ehemaligen Nierhof als jahrhundertealte
Fuhrmannsunterkunft nicht vergessen
ist. Danke nach Attendorn für diesen
a ußerord e n t l i c h
herzlichen Empfang.
Ab Attendorn
orientierte sich der
Tross an der alten
Heidenstraße, die
identisch ist mit
dem Jakobsweg
und dem alten
Fuhr mannsweg,
den sicherlich auch
Friedrich Clute-Simon vor über 200
Jahren
genutzt
hat. Über MeiDie Rekonstruktion des Schreins
in der Allendorfer Apostelstraße
Die Pferdefuhrwerke
vor dem Schloss in Lehnhausen
Auf der Landstraße vor Attendorn.
Im Hintergrund Burg Schnellenberg
dorfern Eugen Hellweg und Dr. Anton
Stute reichlich Kölsch vom Fass. Am
letzten Tag begleiteten die Wanderer die
beiden Fuhrwerke entlang der B 55 von
Brück nach Deutz bis zum Altenstift St.
Heribert vor der Deutzer Brücke. Von da
begann dann der imposante Einzug der
800 mittelalterlich gekleideten Sauerländer mit Polizeibegleitung über die
extra gesperrte Deutzer Brücke in die
Auf dem Alten Markt in Attendorn
erwarten die Schützen mit Fahnen
den Tross aus Allendorf
nerzhagen ging es zur Wallfahrtskirche
in Marienheide und über Schloss Gimborn nach Lindlar. Auch dort wurde der
Tross vom örtlichen Bürgermeister und
Kaplan nach beschwerlichen 33 Kilometern durch das bergige Bergische
Land herzlich empfangen und mit einem
Fässchen „Kölsch" begrüßt.
Das nächste Etappenziel war Herkenrath. Es dann nach einem Abstecher
zum Bensberger Schloss durch den Königsforst nach Köln-Brück ging. Auch
dort gab es von den gebürtigen Allen-
Mit erleuchtetem Schrein im Königsforst vor
den Toren Kölns
165
S AUERLAND N R . 4/2008
Mit Polizeibegleitung ziehen 8oo mittelalterlich gekleidete
Sauerländer über die gesperrte Deutzer Brücke
in die Kölner Altstadt
Der Allendorfer Musikverein begrüßt den Tross mit einem
Ständchen auf dem „Alter Markt“ in der Kölner Altstadt
Beim Einzug in Köln und vor dem Hauptportal des Domes
wird der Schrein von der Schützenbruderschaft Allendorf eskortiert
Tausende von Schaulustigen erleben das Spektakel in Köln mit.
Viele lassen sich mit dem Schrein ablichten,
so wie diese beiden Schönheiten aus Fernost
Altstadt von Köln und bis vor das Hauptportal des Domes.
Dort waren bei Sonnenschein tausende Touristen in der Altstadt und auf der
Domplatte unterwegs, die alle in den
Genuss eines einmaligen und imposanten Schauspiels in Köln kamen.
Der Empfang durch den Dompropst
Dr. Norbert Feldhoff am Hauptportal
des Domes, die Kranzniederlegung am
Grab des Allendorfer Stadtgründers Erzbischof Friedrich von Saarwerden im
Dom und der anschließende festliche
Gottesdienst, den der Allendorfer Musikverein und die Allendorfer Chöre sowie zum Abschluss die „Luirlinge" mit
Alphörnern eindrucksvoll mitgestalteten, waren der Höhepunkt dieses „Ge-
schichtsunterrichtes zum Anfassen“.
450 Allendorfer feierten dieses Ereignis
anschließend bestens gelaunt im Brauhaus „Früh“ bis zur Abfahrt ins Sauerland.
nung eher als Auszeichnung denn als
Beleidigung an. Und so war es von dem
Reporter im Hof von Schloss Gimborn
auch gemeint.
Organisiert haben diese „eigentlich
verrückte Idee" (Kölner Stadtanzeiger v.
8.9.08) der Verein “Fickeltuennes e.V. 600 Jahre Stadt Allendorf“ in Kooperation mit dem SGV Allendorf. Ohne
die Unterstützung durch den Kutschenfahrverein Endorf-Hagen wäre diese
Aktion so eindrucksvoll nicht möglich
gewesen.
Das Lokalradio im Bergischen Land
bezeichnete uns in einer Reportage als
„Positiv Verrückte aus dem Sauerland“.
Alle Beteiligten sehen diese Bezeich-
Dompropst Dr. Norbert Feldhoff und „Fickeltünnes-Chef“ Anton Lübke
stoßen im Brauhaus „Früh“
auf die gelungene Aktion an
Alle Fotos: Autor
166
S AUERLAND N R . 4/2008
Die Verkrämerung von Stadt, Dorf und Straße
Über Außenreklame
Hier geht es nicht um Werbung im
Allgemeinen. Sie begegnet überall, mal
informativ und willkommen, mal aufdringlich und störend. Wen freilich die
Werbeblocks im Fernsehen stören,
wählt ein anderes Programm. Wem die
Werbung in Zeitungen und Zeitschriften
nicht gefällt, blättert weiter. Was aber
tun angesichts der öffentlichen Werbung
in unseren Städten und Dörfern oder
gar in der Landschaft? Da gibt es kein
Ausweichen. Will ich zum Bäcker, ärgert
mich die überdimensionale Werbeschrift
mit ihren aggressiven Farben. Wozu dieser Aufwand? Es gibt im Dorf doch keine zweite oder gar dritte Bäckerei, die
von Prof. Dr. Hubertus Halbfas
den. Werbung umgibt uns auf Schritt
und Tritt, an Plakatwänden und Litfaßsäulen, in Schaufenstern und auf halbwegs zugestellten Bürgersteigen; sie
präsentiert sich auf Fahnen und Bannern, an Hauswänden und Bäumen.
Man geht vorbei, liest Angebote wie Parolen; sieht Gesichter, die mal dies mal
das anpreisen, zusammen mit ihrer Ware Prestige, Wohlbefinden und Gesundheit versprechen; studiert Sonderangebote; findet zusätzlich an der Straßenbeleuchtung oder an Zäunen und Mauern
angebrachte Plakatwerbung für den
nächsten Zirkus, den Flohmarkt in Altenhundem, das Schützenfest im Nach-
seren Dörfern und Landschaften macht,
sensibilisieren wollte: Wilhelm Münker
(1874 – 1970), Mitbegründer des Deutschen Jugendherbergswerkes aus Hilchenbach. Bereits 1910 weckte übermäßige Reklame seinen Protest. 1932
gründete er die Arbeitsgemeinschaft gegen die Auswüchse der Außenreklame.
1950 erschien seine Flugschrift „Reklame-Kultur“. Im folgenden Jahr erreichte
er das Verbot von Reklame an den Autobahnen durch den Deutschen Bundestag, 1956 die Ablehnung von Werbebannern an Autobahnbrücken. In diesem Zusammenhang reflektierte Münker:
Diese Geschäftsstraße gehört zur Stadtmitte. Die Poller am Eingang der Straße zeigen, dass hier tagsüber nicht gefahren werden darf.
Die Stadt hat sich Mühe gegeben, den Straßenraum zu gestalten. Die Gliederung der Bereiche stimmt. Die Baumpflanzungen vermitteln
eine gute Atmosphäre. Als gehöre dieser öffentliche Raum ihnen, nehmen die anliegenden Geschäfte den Straßenbereich ungeniert für
ihre Werbeinteressen in Beschlag. Die Menschen nehmen es hin, sind abgestumpft genug, um sich noch davon stören zu lassen.
Aber auch die Stadtverwaltung nimmt es hin. Eine Einladung, noch ein paar Ansprüche mehr zu stellen.
man ausstechen müsste. Nein, nur diese
einzige, und wer frische Brötchen will,
weiß, wo er sie holen muss. Warum aber
dann das ganze Haus verschandeln, jedermann kundtun, dass man keinen guten Geschmack hat und darüber hinaus
den Dorfraum mit überflüssiger Werbung belasten? Wo eine dezente Schriftlösung sehr viel mehr Sympathie
wecken könnte!
Offensichtlich sind wir nach Jahrzehnten boomender Wirtschaft und nie
aufhörender Werbung stumpf gewor-
bardorf. Das alles ist nichts Besonderes;
die Welt ist bunt und unruhig geworden;
unsere Straßen sehen nun mal so aus,
man hat sich gewöhnt, es stört nicht einmal, man denkt nicht weiter darüber
nach.
Wilhelm Münkers Vorarbeit
Es hat jedoch einmal am Rande des
Sauerlandes einen Mann gegeben, der
über Außenwerbung viel nachgedacht
hat und der seine Mitmenschen für das,
was das Reklamewesen mit uns, mit un-
„Die Macht der Gewohnheit ist gar
groß, dagegen das Kopfzerbrechen
über öffentliche und gemeinnützige
Dinge wenig häufig. So ist es zu verstehen, wenn nicht nur der in einer Reklameflut groß gewordene Städter,
sondern auch mancher Bewohner von
Kleinstadt und Dorf gutmütig meint,
das müsse wohl so sein; wenn die hohe Obrigkeit solchen Reklamezauber
dulde, werde es wohl zwangsläufig
sein und dem Volkswohl dienen.
167
S AUERLAND N R . 4/2008
So hatte es die Abwehrbewegung
nicht leicht. Die gesetzlichen Waffen
waren in den einzelnen Ländern verschieden, größtenteils überholt und
darum stumpf. Zum Überfluss wurden
die vorhandenen gesetzlichen Handhaben vielfach gar nicht ausgeschöpft
bzw. nicht angewandt.“
Zwar dürfte das heutige Bewusstsein
darüber hinausgelangt sein, einer „hohen Obrigkeit“ pauschalen Kredit zu gewähren. Auch Wilhelm Münker hatte
nicht solches Vertrauen und meinte, in
den meisten Rathäusern, mal abgesehen vom Bauamt, habe das Ortsbild bisher kaum zur Erörterung gestanden. Als
Dieser Lauheit, diesem Mangel an
Bürgerpflicht ist es wesentlich zuzuschreiben, dass das Reklamegebaren
einzelner Geschäftsleute und namentlich der Markenartikelhersteller sich
soweit vorwagen konnte.“
Heimatvernichtung
Nun darf man unumwunden zugeben, dass sich die Ortsbilder in den verschiedenen Landschaften Deutschlands
erheblich voneinander unterscheiden.
Das Sauerland lässt sich gewiss den angenehmeren Erfahrungen zurechnen,
wobei jene Regionen, die touristisch
geprägt sind, ein gepflegteres Straßenbild zeigen als Regionen, die nie den
Bekämpfung durch eine ordnende Satzung, trägt aber – auch wenn dies nicht
messbar ist – ohne Zweifel zu einer Abstumpfung des Gemüts und einer bedenkenlosen Vernichtung von Heimat bei.
Wir müssen im Folgenden nicht zwischen Stadt und Dorf unterscheiden. In
allen Bereichen gibt es vergleichbare
Missstände, werben dieselben Firmen,
grassiert jene Gleichgültigkeit, welche
die meisten Werbeauswüchse schon gar
nicht mehr wahrnimmt.
Steuerndes Regelwerk
Schauen wir zunächst auf das eigene
Haus. Wenn darin ein Geschäft betrie-
Wer, vom Biggesee her, nach Olpe fährt, erlebt den Eingangsbereich in die Stadt sehr positiv (bis auf die störenden, im Braunton gehaltenen
Holzbauten beim Stadtbad; das sonst übliche Weiß stände dem Gebäudekonglomerat besser). Ganz anders die Einfahrt von Süden her. Gewiss, dort ist Gewerbe angesiedelt, aber das muss doch nicht einschließen, dass die Außenwerbung im Straßenbereich so schreiend wird. Autohäuser, Tankstellen und Firmen werden von hintereinander gestaffelten Fahnen begleitet. Schaufenster und sonstige Werbeträger
nutzen nach Maß und Farbe alle Möglichkeiten aus. Ästhetik bleibt auf der Strecke.
den dafür Schuldigen sah er jedoch die
Bevölkerung selbst an:
„Ihr, und niemand anders, gehört der
öffentliche Raum. Hat sie sich ernstlich
darum gekümmert? Wohl mag hier und
da einer geknurrt und geschimpft haben, doch damit ist es nicht getan. Hätte es aber Beschwerden an die Rathäuser in all den Jahrzehnten geregnet und
wäre in den Zeitungen ein ‚Eingesandt’
nach dem anderen als Ausdruck des
Unwillens erschienen, dann wäre es
wohl nie soweit gekommen.
Ehrgeiz hatten, fremde Gäste zu sich
einzuladen. Auch der Vergleich mit
Nachbarregionen lässt deutliche Unterschiede – manchmal von Ort zu Ort –
feststellen. Im Blick auf den Umgang mit
Außenwerbung darf als das mit Abstand
miserabelste Stück hier die B 55 zwischen Bergneustadt und Dieringhausen
angesehen werden, wobei nach jüngeren Straßenbauarbeiten in Bergneustadt
der größere Schandteil im Bereich der
Stadt Gummersbach liegt. Die dort wuchernde zügellose Verwilderung erfährt
offensichtlich keine Beschränkung und
ben, eine bestimmte Leistung erbracht
wird, so ist es selbstverständlich, dass
darauf auch werbend aufmerksam gemacht werden darf. Ein Hotel muss als
Hotel erkennbar sein, ebenso wie Apotheke, Sparkasse oder Frisör im Straßenraum wahrgenommen werden müssen. Entscheidend ist freilich, wie die
Kennzeichnung geschieht. Geht man
durch Ortschaften, die wegen ihrer baulichen Substanz in besonderer Weise
dem Denkmalschutz unterstellt sind, finden wir in ihren Gestaltungssatzungen
etwa folgende Bedingungen:
168
S AUERLAND N R . 4/2008
Zulässig sind nur Werbeanlagen,
die als gestaltete Schriftzüge auf der
Fassade oder in Einzelbuchstaben parallel zur Fassade angebracht werden.
Sie müssen die Gliederung des Hauses
beachten und zusammen mit dem
Schaufenster eine gestalterische Einheit bilden. Flächenhafte Werbeanlagen sind nicht zulässig.
Bei Auslegern werden die Maße auf
65 cm Höhe, Ausladung 80 cm und
Breite 18 cm begrenzt. Alle Werbeträger müssen sich in die Gesamtfassade
nach Gestaltung, Größe, Material und
Farbe einfügen und im Blick auf den
Zusammenhang der Straße gestaltet
sein.
Wesentliche Bauglieder dürfen
durch Werbeanlagen nicht verdeckt
oder überschnitten werden. Werbeanlagen an Fachwerkbauten müssen alle
Fachwerkteile erkennbar lassen.
Freistehende Werbeanlagen und
Werbeanlagen an Geländern und Einfriedungen sind nicht zulässig.
So kommt es, dass man, sagen wir
auf einem Rundgang durch Dinkelsbühl
oder in den gepflegten Altstädten von
Montalcino oder Dubrovnik nur sehr
zurückhaltende Werbeformen findet, die
den Charakter der Häuser unterstreichen, den Zusammenhang des Ensembles wahren und durch das Zusammenspiel aller Gestaltungselemente ein
Wohlbefinden tragen, das Einheimische
und Besucher gleichermaßen bestimmt.
Nun wird man nicht durchgehend so
streng sein müssen, wie dies für den
Hier hat die Ladenkette – auch eine Nr. 1
in Deutschland – gleich den gesamten Freibereich vor dem Geschäft als Aus- und Abstellfläche mit in Anspruch genommen. Im
Hintergrund ein Geldautomat der Sparkasse, anschließend das Bürgerbüro
der Stadtverwaltung.
An dieser Geschäftsfront ist keine
Handbreit ohne Werbung frei geblieben –
wenn die Kommune den Auswüchsen keine
Grenzen setzt, wird diese Gleichgültigkeit
entsprechend beantwortet.
Schaufenster im Obergeschoss sollten nirgendwo zugelassen sein. Weil man mit den
hoch gelegenen Fenstern auch nichts
anfangen konnte, wurde die gesamte Hausfront mit einem Inventarverzeichnis
zugeschrieben.
S AUERLAND N R . 4/2008
Prinzipalmarkt in Münster oder die Herrengasse in Rothenburg ob der Tauber
gilt, wird also auch flächenhafte Werbeanlagen zulassen, wenn sie in ihren
Größenordnungen, in Schrift und Farbe
zum Ortsbild passen. Weniger selbstverständlich sind aber von hinten beleuchtete Werbeflächen, zumal dann nicht,
wenn sie ein buntes Farbenspiel in die
Straße bringen. Das rote Emblem der
Apotheke auf weißem Grund mag hingehen, nicht das Sparkassen-Rot als Neon-Leuchtschrift. Grundsätzlich empfiehlt es sich, beleuchtete Transparentwerbung auf Weiß zu beschränken.
Dass Werbung im Ortsbild auf die
Stätte der erbrachten Leistung zu beschränken ist, versteht sich von selbst.
Eine Begrenzung auf das Erdgeschoss
gehört dazu; die höheren Geschosse
sind von jeder Art Werbung frei zu halten. Hausfassaden für Fremdwerbung
zur Verfügung zu stellen, ist indiskutabel.
Insgesamt gelten im Ortsbild unterschiedliche Maßstäbe. Die Geschäftsstraße wird und darf lebendiger sein als
der Bereich rund um die Kirche; vielleicht gibt es in Stadt und Dorf auch weitere Nischen der Erinnerung, der
Sammlung, der Beruhigung des Auges
und des Hörens nach innen. Die Pflege
des öffentlichen Raumes hat unter diesen Aspekten viel zu wenig Aufmerksamkeit gefunden, wenngleich die
Fußgängerzonen unseren Städten ein
bedeutsames Stück Lebensqualität
zurückgegeben haben. Man muss nicht
überall hinfahren können. Neben den
Verkehrs- und Geschäftsstraßen, den
Wohn- und Gewerbegebieten sind im-
Dieser Obi-Container, am Rand eines
ziemlich engen Tals gelegen, lässt mit seinen
Dimensionen und der riesigen Werbeschrift
eine Wahrnehmung von Landschaft nicht
mehr zu. Solche Dimensionen sind schlechterdings unverschämt.
Werbung an Hausfronten kann durch eine
Satzung ausgeschlossen werden.
Auf flachen Tankstellendächern begegnet
immer wieder Reklame mit aufblasbaren
Figuren. Mal ist es ein Bier, mal eine MickeyMaus, mal ein anderer Spaßmacher. Nur gut,
dass deren Verweilen begrenzt ist, wenngleich die Geschmacksverbildung, die damit
geleistet wird, schon einen einzigen Tag
zuviel sein lässt.
169
170
S AUERLAND N R . 4/2008
mer Inseln der Ruhe und des Verweilens
zu sichern. Dazu gehört jede denkbare
Vermeidung optischer Verschmutzung.
Blinklichtanlagen, Wechsellichtanlagen,
Wechsellichtanlagen mit Blinkeffekt,
Lauflichtanlagen sowie sonstige Werbeanlagen mit wechselndem Licht und
Leuchtgirlanden sollten nicht zulässig
sein.
Ortseingänge und offenes Land
Dann die Ortseingänge. Die wirtschaftliche Entwicklung hat es mit sich
gebracht, dass hier oft Gewerbe angesiedelt ist, häufig auf den Verkehr bezogen, also vor allem Tankstellen, Reparaturwerkstätten und Autohäuser. Damit
verbindet sich weithin ein zügelloser
Werbeaktivismus: Die Tankstellen machen gerne mit Neon-Beleuchtung auf
sich aufmerksam, teils angemessen, teils
irritierend unruhig. Autowerkstätten, die
Präsentation von Gebrauchtfahrzeugen
und die gläsernen Hallen für aktuelle
Fahrzeuge kommen offensichtlich ohne
eine Batterie wehender Fahnen nicht
aus, wie insgesamt die Fahne, ehedem
aus religiöser Sphäre stammend und
höchsten Symbolen vorbehalten, inzwischen dem banalsten Kommerz dient.
Sie wehen überall, wo heutiger Krämergeist im Großformat aktiv wird: vor
Möbelhäusern, Sanitärausstellungen,
Gartencentern, Baumärkten und was
dergleichen mehr sein mag. Mischen
sich jetzt noch weitere Firmen mit aggressiver Werbung ein: für Wasserbetten, Autoreifen oder Fast-food-Lokale,
so sind die solcherart ausfransenden
Ortsbilder hinreichend geschädigt, um
noch irgendwelche Spuren von Attraktivität zu besitzen.
Und die offene Landschaft ringsum?
Hier müssen wir Wilhelm Münker und
Die Fotos in der linken Spalte zeigen Hausfronten an der B 55 in Bergneustadt. Hier
besteht für Ausleger offensichtlich keine
Maßbeschränkung und auch die Hausfronten
dürfen bis zur Traufe und ins Giebelfeld hinein mit beliebig großer Werbung missbraucht
werden.
Die rechte Spalte zeigt das Allerweltsbild,
das sich auch im Sauerland an jedem beliebigen größeren Ort fotografieren lässt. Die so
geschmacklos am Straßenrand werbende
Bäckerei besitzt im Dorf das Monopol. Soll
die Aufmerksamkeit der Autofahrer gewonnen werden?
171
S AUERLAND N R . 4/2008
allen, die mit ihm in den nun schon weit
zurückliegenden Jahrzehnten die Auswüchse der Außenreklame bekämpft haben, dankbar sein für die nachhaltigen
Erfolge, die damals erzielt und in Gesetzen gesichert worden sind. Ansonsten zöge das konkurrierende Reklamewesen ohne Rücksicht auf Wald und
Feld quer durch die Landschaften, mal
für Pirelli, mal für Krombacher, mal für
Möbelhäuser werbend. Aber man hat
seinerzeit nicht damit rechnen können,
dass einmal die Mc Donalds und Burger
Kings kommen würden, um ihre Werbung im Gewerbebereich in riesige
Höhen zu stemmen, so dass sie nun von
weitem die Landschaft beherrschen und
mit ihren bunt leuchtenden Logos die
Stille jeder Nacht verschmutzen. Dergleichen ist auf Reisen in der ganzen Republik zu erleben, und je nach Landschaft strahlen diese Kommerzbotschaften über Busch und Feld, als sei es
selbstverständlich, dass einige Firmen
das Recht beanspruchen dürften, die
Ansprüche aller an ungestörte Landschaften und ruhige Nächte zu ignorieren, um für ihren Profit zu werben; (wobei noch hinzu kommt, dass nach erfolgtem Verzehr die Ordnungsdienste im
weiten Umfeld das Verpackungsmaterial für Pommes frites und Big Macs aus
den Straßengräben auflesen müssen).
Und noch einmal ist die Klage Wilhelm Münkers aufzunehmen, dass es
kaum Mitbürgerinnen und Mitbürger
gibt, die ihren Unmut darüber laut kundtun. Wäre es sonst möglich, dass hoch
über Welschenennest jahrzehntelang eine grellrote „K & K“-Leuchtschrift die
winterlichen wie die sommerlichen
Nächte stört oder in Lenhausen die bunten Leuchtreklamen dortiger Firmen das
Dorf überstrahlen? Gehört denen die
Nacht? Empfindet diese Werbung sonst
Der Großmarkt, der hier außerhalb seines
eigenen Geländes im öffentlichen Fußgängerbereich wirbt, tut dies mit einer Aufdringlichkeit, die keine andere Aufmerksamkeit
mehr zulässt. Das ist zwar gewollt, aber Bürgerinnen und Bürger lassen sich diese Nötigung gefallen.
Noch einmal eine Bäckerei, die um jeden
Preis auf sich aufmerksam machen möchte.
Das letzte Foto zeigt, dass man Brot und
Kuchen auch ohne platte Werbung verkaufen kann.
niemand als eine optische Verschmutzung in der Stille einer nächtlichen
Landschaft? Hier sind auch die Gemeindeparlamente zu fragen, warum sie solche Werbung tolerieren? Sind Sensibilität und Geschmack schon derart abgestumpft, dass darüber nicht einmal diskutiert wird? Dazu sei wenigstens gesagt: Von unseren Bürgermeistern und
den gewählten Vertretern in den Stadtund Gemeinderäten wünschen wir uns,
dass sie nicht aus Bequemlichkeit dem
Trommeln der Kommerzwerbung stattgeben, sondern die übergeordneten Ansprüche auf Landschafts- und Heimatpflege respektieren und ein kommunales Satzungsrecht schaffen, das diese
Auswüchse überwindet.
172
S AUERLAND N R . 4/2008
Aus der Redaktion
„Olpe – Geschichte
von Stadt und Land“
Band 3:
„Plattdeutsches Wörterbuch
für Olpe und das Olper Land“
atürlich arbeiten wir in der Redaktionskonferenz in einem ausgewogenen Team – so meinen wir wenigstens –, ausgewogen unter regionalen wie unter fachlichen Gesichtspunkten. Wir gestehen aber gern,
dass einer in unseremTeam eine besondere Stellung hat, unser Heimatfreund
Hans Wevering, der am 16. Juni 80 Jahre alt geworden ist. Es lohnt sich,
noch einmal die eindrucksvolle Laudatio zu lesen, die ihm unser Vorsitzender
in der letzten Ausgabe unserer Zeitschrift (S. 154) gewidmet hat. Auch an dieser Stelle soll noch einmal herausgestellt werden, wie sehr sich alle Redaktionsmitglieder auf die weitere Zusammenarbeit mit „ihrem“ Hans Wevering
freuen.
N
Die alljährliche Mitgliederversammlung – diesmal besonders erfolgreich in
Belecke – gibt uns Gelegenheit, bei unseren Heimatfreunden herumzuhören,
wie ihnen unsere Zeitschrift gefällt. Auf unsere Fragen wird – zu unserer Freude – immer wieder betont, wie sehr man die „Lesbarkeit“ unserer Zeitschrift
schätzt. Vor allem sind es die von Hans Wevering sorgfältig ausgesuchten Photos, die unsere Mitglieder anregen, das Heft bei Empfang nicht gleich an die
Seite zu legen, sondern es von vorn bis hinten durchzublättern und sich dann
irgendwo „festzulesen“. Was kann man mehr erwarten?
Trotzdem bleibt eine Bitte: Wir würden uns auch den einen oder anderen
– gerade auch kritischen – Leserbrief zu Aufmachung und Inhalt unserer Zeitschrift wünschen. Vor allem bewegt uns in den Redaktionssitzungen immer
wieder die Frage, ob wir uns mehr mit Gegenwarts- und Zukunftsproblemen
unserer sauerländischen Heimat befassen oder uns mehr den wichtigen Ereignissen der Vergangenheit widmen sollen. Dazu würden wir gern Anregungen
aus unserer Leserschaft bekommen.
Dr. Adalbert Müllmann
Rechtzeitig zum Weihnachtsfest
2008 gibt die Kreisstadt Olpe als
Band 3 der Geschichte der Stadt
Olpe das
„Plattdeutsche Wörterbuch für
Olpe und das Olper Land“
heraus. In jahrzehntelanger Arbeit
wurde durch Rechtsanwalt und
Notar Carl Schürholz eine umfangreiche Sammlung plattdeutscher
Wörter und Redewendungen aus
Olpe und dem Olper Land zusammengetragen, die in ihrer Fülle und
Aussagekraft ihresgleichen sucht.
Diese Sammlung wurde nach dem
Tod von Carl Schürholz 1993
durch einen Arbeitskreis unter Leitung des Sprachwissenschaftlers
Dr. Werner Beckmann vom Mundartarchiv Sauerland in Eslohe-Cobbenrode überarbeitet und ergänzt
sowie um wissenschaftliche Einleitungen zur Genese des Wörterbuches und zur Geschichte und
Grammatik der Olper Mundart erweitert.
Der Band hat einen Umfang von
448 Seiten und ist in Leinen gebunden und mit einem Schutzumschlag versehen. Auf einer beiliegenden CD werden Mundarttexte in Auswahl zu hören und
nachzulesen sein.
Wintertage an der Möhne ...
Der Band kostet 15,95 Euro.
Interessenten für diese Publikationen melden sich bitte beim:
Stadtarchiv Olpe
Franziskanerstraße 6/8
57462 Olpe
... am
Hefearm
fotografiert
von
Friedhelm
Ackermann †
Telefon: 0 27 61/8 31-2 93
Fax:
0 27 61/83 22 93
E-mail: [email protected]
173
S AUERLAND N R . 4/2008
Hexendenkmäler im Sauerland
von Hartmut Hegeler
Einleitung
Die Hexenverfolgung gehört zu einem der dunkelsten Kapitel der mitteleuropäischen Geschichte. Allein in
Westfalen, einem Kerngebiet der Hexenprozesse, wurden in über 200 Orten
Frauen, Männer und Kinder als „Hexen“ angeklagt, gefoltert und verbrannt.
An den meisten Orten sind die Leiden
der Opfer in Vergessenheit geraten. Nur
in wenigen Ortschaften wird an das
Schicksal der unschuldig hingerichteten
Menschen erinnert. In diesem Artikel
werden Gedenksteine und -tafeln für die
Opfer der Hexenprozesse vorgestellt in
den Orten Bad Fredeburg, Balve,
Hirschberg, Menden, Oberkirchen, Olpe, Rüthen, Schmallenberg-Holthausen
und Winterberg. Dazu wird ein kurzer
Überblick über die lokale Hexenverfolgung gegeben und jeweils ein Schicksal
eines Angeklagten vorgestellt, der in die
Fänge der Hexenjustiz geriet.
Aus heutiger Sicht sind die wegen
Hexerei verurteilten Frauen und Männer
im Sinne der Anklage für unschuldig zu
erklären. In Zeiten der modernen Naturwissenschaften ist jedem einsichtig, dass
ein Mensch nicht auf einem Besenstiel
zum Hexensabbat fliegen oder mit Zauberei Wetterkatastrophen und Krankheiten bewirken kann. Nie sind die Opfer der Hexenprozesse jedoch rehabilitiert worden, sie gelten bis heute als
schuldig im Sinne der Anklage: sie hätten sich dem Teufel verschrieben, Gott
verleugnet und durch Zauberei Schaden
über die Menschheit und die Natur bewirkt. Es muss deutlich gesagt werden:
Es gab keine „Hexen“, sondern Menschen wurden durch die Folter zu „Hexen“ gemacht. Trotz schlimmster Martern haben etliche angeklagte Frauen
und Männer bis zuletzt an ihrem Glauben an Gott festgehalten.
Denkmäler, die an das Unrecht in den
Hexenprozessen erinnern, motivieren
zur Spurensuche vor Ort und stellen einen wichtigen Gesprächsimpuls für den
Dialog mit der Jugend und interessierten
Erwachsenen dar. Gedenktafeln und Gedenksteine können zum Erzählort werden, um die schrecklichen Ereignisse der
Vergangenheit lebendig werden zu lassen, um auch den Blick für Unrecht heute zu schärfen. Damals wurden die Angeklagten beschuldigt, sie wären durch
Hexerei für Krankheiten und Klimakatastrophen verantwortlich. Der Sündenbockmechanismus durchzieht die
menschliche Geschichte bis zur jüngsten
Vergangenheit und ist auch heute von
brennender Aktualität.
Denkmäler erinnern uns daran, wie
Menschen in der Vergangenheit gelebt
und gelitten haben und prägen das Bewusstsein der Menschen und ihre Einstellung zu Gegenwart und Zukunft. ,Die
unschuldigen Opfer eines gnadenlosen
Systems verdienen auch nach bald 350
Jahren unsere Achtung, jeder Name ein
ehrenvolles Andenken. Darin liegt die
Verpflichtung, sich der Gefahren totalitärer Systeme bewusst zu werden und
die Würde jedes Menschen zu verteidigen’ (Dr. Alfred Bruns, Landesarchivdirektor Münster).
Bad Fredeburg
Opfer der Hexenverfolgung
Schmerzen der Tortur, die Verzweiflung
angesichts grenzenloser Verlassenheit
lassen sich der Fredeburger Liste nicht
entnehmen. Niemand kann sich heute
wirklich vorstellen, wie ein 12jähriges,
ausdrücklich als „arm“ bezeichnetes
Mädchen vom Hof Bonfast in Mönekind, offensichtlich eine Magd, in die
Fänge der Justiz kam ... Wir kennen
nicht einmal ihren Namen, noch viel weniger, was sie bis zu ihrer Hinrichtung
durchmachen musste.“3 Ähnlich erging
es Enneke Hovelmans aus dem Kirchspiel Rarbach, eine „arme spennersche“
(arme Spinnerin). Sie war zunächst in
Bilstein verhaftet und gefoltert worden,
hatte aber überraschenderweise nichts
gestanden, weswegen sie gegen Bezahlung von 10 Reichstalern freigelassen
wurde. Später wurde sie in Fredeburg
erneut verhaftet. Diesmal gestand sie,
was man von ihr hören wollte, und wurde hingerichtet. Dafür wurde eine Rechnung über 13 Taler aufgestellt. Der
„Frone“, ein Justizbeamter, erhielt von
ihren Hinterbliebenen als „Fanggeld“
mangels Barem einen „Kessel“.4
Eine große Hexenverfolgung im ehemaligen kurkölnischen Amt Fredeburg1
lässt sich durch eine Akte des Archivs der Freiherren
von Fürstenberg in
Arnsberg-Herdringen belegen.2 Die
ersten vier Seiten
dieses Bandes enthalten eine Liste
„Hingerichtete
Personen aus dem
Ambt Fredtberg“.
Demnach wurden
50 Menschen hingerichtet und ein
Mann freigelassen.
Die Prozessprotokolle und sichere
Abb. 1: Gerichtsmuseum im Gebäude des Amtsgerichts
Zeitangaben sind
Bad Fredeburg, Im Ohle 6
nicht
erhalten.
Vermutlich handelt
es sich um eine große Hexen-ProDie Hexenkapelle
zessserie zwischen 1628 und 1631, als
Im Gerichtsmuseum Bad Fredeburg
überall im Sauerland die Scheiterhaufen
im Dachgeschoss des Amtsgerichts
loderten. Diese Liste macht Angaben
Schmallenberg erinnern eine Namensüber Gerichtskosten (14 bis 19 Taler),
liste „Hingerichtete Personen aus dem
die von den Hinterbliebenen zu zahlen
Ambt Fredtberg“, ein Scheiterhaufen
waren.
und ein Foto der Hexenkapelle an die
„Die Leiden der in Wirklichkeit un- Hexenverbrennungen in Fredeburg. Die
schuldigen Opfer, die Angst vor Verhaf- Hexenkapelle in der Nähe der Femelintung, Folter und Hinrichtung, die de wurde 1770 errichtet und in den Jah-
174
S AUERLAND N R . 4/2008
ren 2005/2006 grundlegend renoviert.
Hier sollen zur Zeit der großen Hexenverfolgung im damaligen Amt Fredeburg (um 1630) Verurteilte Trost und
Stärke erfleht haben. An ihrer Außenwand ist eine Gedenktafel für die
Opfer angebracht. Auf der westlich gegenüberliegenden „Hexenwiese“ im
Rüensiepen fanden sie anschließend
den Tod auf dem Scheiterhaufen.
Abb. 2: Hexenkapelle im Rüensiepen mit
Gedenktafel
erschreckendes Bild jener Zeit zu vermitteln.5 Hexenprozesse in Balve sind dokumentiert von 1592 -– 1666. Im Amt
Balve wurden von 1628 – 1630 ca. 280
Personen als Hexen hingerichtet6, darunter befanden sich Leute aller Stände
aus Ortschaften der Kirchspiele Affeln,
Balve und Enkhausen. Meistens wurden
die Verurteilten zunächst enthauptet und
dann der Leichnam verbrannt. Aus einer Zusammenstellung der Opferliste7
(soweit bekannt) des Geschichtsvereins
„Heimwacht Balve e.V.“ erfahren wir
vom Schicksal einzelner Menschen. Besondere Aufmerksamkeit erregte das
Schicksal der „Bürgermeisterin“. Als
sich der Stadtvater außerhalb von Balve
aufhielt, wurde Anne, die Bürgermeistergattin, am 5. 10. 1628 mit zehn
anderen Personen wegen Hexerei enthauptet. Ihre Leiche wurde nicht verbrannt, sondern bei einem Dornstrauch
am Wachtloh-Berg begraben. Ihr ist ein
plattdeutsches Gedicht gewidmet.8
Es gab auch Widerstand gegen die
Hexenkommissare, am spektakulärsten
in einem Attentat
auf Kaspar Reinhards aus Werl, einen der unbarmherzigsten Hexenjäger9. Eine Verschwörer gruppe
versuchte ihn in
Balve zu erschießen. Dabei fanden
der Gerichtsschreiber und ein Diener
den Tod. Reinhards selbst wurde
nur verletzt. Der
Hexenrichter Dr.
Schult- heiß fällte
Abb. 3: Hexenkapelle Gedenktafel
das Urteil über die
(Foto Gilbert Förtsch) Täter: zwei Männer wurden durch
Balve
Vierteilung und Rädern, eine Frau als
Hexe mit dem Schwert und anHexenprozesse in Balve
schließender Verbrennung der Leiche
Durch die Hexenverfolgungen im 17. hingerichtet.
Jahrhundert erlangte Balve traurige
Balver Hexenstele
Berühmtheit. In keinem Ort Westfalens
Die Verurteilten wurden in Karren zur
sind so viele Menschen als Hexen hingerichtet worden. Obwohl die Gerichts- Richtstätte auf dem Galgenberg gefahakten bei dem Stadtbrand 1789 in Flam- ren, enthauptet oder gehängt und vermen aufgingen, vermögen die Auf- brannt. Der Galgenberg hinter dem
zeichnungen im Pfarrarchiv zu Enk- Wachtloh ist eine uralte Richtstätte des
hausen und das Hatzfeldsche Archiv ein vormaligen Gau und Freigerichts, eine
(Foto Gilbert Förtsch)
Abb. 4: Balver Hexenstele11
mit freundlicher Genehmigung
von Werner Ahrens, Heimwacht Balve e.V.
überragende Berghöhe zwischen Balve
und Garbeck. Hier sind wohl etliche
hundert „verdammliche, teuflische Hexenkreaturen“10 hingerichtet und auf
dem Scheiterhaufen verbrannt worden.
Am 9. August 2006 wurde vom Heimatverein „Heimwacht Balve“ am ehemaligen Richtplatz auf dem Galgenberg
ein Denkmal in Form einer 2,5 m hohen
Stele für die Opfer der Balver Hexenprozesse eingeweiht. Die Fläche wurde
von der Stadt Balve zur Verfügung gestellt. Der Text lautet: „Hier starben
durch Feuer, Schwert und Galgen ca.
300 Frauen und Männer aus dem Balver
Land im Hexenwahn im 16. bis 17.
Jahrhundert.“ Über 150 Personen nahmen an diesem historischen Gang teil.
Versteckter Hinweis auf
die Hexenverfolgung
Werner Ahrens, Vorsitzender der
Balver Heimwacht, machte eine sensationelle Entdeckung im Kreuzwegbild im
ältesten Teil der St. Blasius-Kirche.12 In
dem Bild des Arnsberger Malers Heinrich Strotmann vom Anfang des 17.
Jahrhunderts entdeckte er in der Darstellung von Jesus Christus auf dem Weg
zu seiner Kreuzigung eine kleine Szene,
die zwei Hexen auf dem Weg zum Scheiterhaufen oder Schafott zeigt.13 Es ist
175
S AUERLAND N R . 4/2008
Abb. 5: Heinrich Strotmann,
Kreuzwegbild Balve mit freundlicher
Genehmigung von Werner Ahrens,
Heimwacht Balve e.V.
das einzige Zeugnis der Hexenverfolgung in Balve.
Die Darstellung der beiden Hexen findet sich ganz klein genau in der Bildmitte oberhalb des Kreuzbalkens.
Hirschberg
Hexenprozesse in Hirschberg
Aus Hirschberg sind drei Perioden
von Hexenverfolgungen bekannt: 1595
wurden mehrere Männer und Frauen
wegen Hexerei hingerichtet.14 1616 –
1617 wurden 13 Personen als Hexen
angeklagt, und 1628-1629 fanden 12
Menschen in Hexenprozessen den Tod.
Näheres erfahren wir aus der Schrift des
Hirschberger Pfarrers Michael Stappert
(Michael Stapirius), geboren vermutlich
um 1585/1590 in Meiste zu Rüthen,
gestorben 1663 in Grevenstein.15 An
sein Wirken erinnert das Michael-Stappert-Haus in Grevenstein und ein Bronzerelief am Hexenturm in Rüthen. Stappert hatte ursprünglich in Predigten die
Ausrottung der Hexen verlangt. Gespräche mit Angeklagten in Hexenprozessen führten ihn zu einer Meinungsänderung, die er 1628/1629 aufschrieb. Er wandte sich nun gegen Folter und Verurteilung Unschuldiger auf
dem Scheiterhaufen. Er publizierte ein
verloren gegangenes Buch („Brillentraktat“) gegen die Prozesse.16 Diese
Schrift ist erhalten in dem Buch von
Hermann Löher „Hochnötige Unterthanige Wemütige Klage Der Frommen
Unschültigen“, 1676. Es gibt einen erschütternden Einblick in Einzelschicksale aus den Hirschberger Hexenprozessen.
Das Leid der Agatha Kricks
Der Hirschberger Pfarrer Michael
Stappert schreibt in seinem „Brillenmartertraktat“ 1620 zum Fall der angeklagten Agatha Kricks: „Als ich nun als
Pastor zu ihr ins Gefängnis kam, da
klagte sie mir ihre Unschuld mit folgenden Worten: Ich habe in den Qualen [der
Folter] sagen müssen, dass ich zaubern
kann. Aber der gerechte Gott im Himmel weiß um meine Unschuld und dass
ich mich selber habe belügen müssen.
Nun weiß Gott aber, dass ich nicht schuldig bin und darauf will ich leben und ster-
Abb. 6: Gedenkkreuz für Opfer der Hexenverfolgungen
in Hirschberg mit Gedenktafel daneben
ben.“17 Der Beichtvater war erschüttert:
„Die Ursache für das Handeln dieser
[Gerichts-]Herren liegt wohl darin, dass
solches ihnen nicht in den Kram passt
und ihrem Beutel nicht dient, dass es
keinen Profit bringt, kein Brot gibt und
den Staat nicht unterhält.“18
Gedenkkreuz für Opfer der
Hexenverfolgungen in Hirschberg
1986 wurde im Warsteiner Ortsteil
Hirschberg ein Gedenkkreuz für die
grausam gefolterten Frauen und Männer
der Hexenprozesse errichtet an der ehemaligen Hinrichtungsstätte mit Texttafeln zur Hexenverfolgung an der
Straße Christoffelsberg in der „Eskelle“,
einem Waldstück am Ortsrand. An dieser Stelle soll sich nach der Überlieferung in früheren Jahrhunderten die
Richtstätte der alten Stadt Hirschberg
befunden haben. Das hier aufgestellte
Kreuz und der Name „Schelmensiepen“
für das südlich des Bocknackens gelegene Tal könnten darauf hinweisen. Auf
der Tafel sind die Namen der Hingerichteten zu lesen und Hintergründe für die
Hexenverfolgungen.
Menden
Mendener Hexenprozesse
Mitten im 30-jährigen Krieg, 1628,
begann in Menden eine große Hexenverfolgung. Im kurkölnischen Herzogtum Westfalen gingen viele der eingesetzten Hexenkommissare mit großer
Härte vor. Nicht nur Frauen wurden als
Hexen angeklagt, sondern auch Männer
und Kinder. In den Mendener Hexenprozessen von 1628 bis 1631 findet
Abb. 7: Gedenktafel Hexenverfolgungen in Hirschberg
176
sich ein hoher Anteil an Männern. In 47
Hexenprozessen wurden 20 Männer
und 27 Frauen wegen Zauberei angeklagt.19 Davon wurden 41 hingerichtet.
Zusätzlich werden Hinrichtungen von
weiteren 14 Männern und 22 Frauen
mit Namen und vierzig Verbrennungen
ohne Namensnennungen erwähnt. Damit ist die Zahl der Todesopfer in den
Mendener Hexenprozessen auf über
110 Frauen und Männer zu veranschlagen. Die Kette der Mendener Hexenprozesse begann mit dem Verfahren gegen die zwei Männer Blesien Billi und
Franz Hellmich.20 Die Akten der Mendener Hexenprozesse, die im Pfarrarchiv der katholischen St.-Vincenz-Gemeinde aufbewahrt werden, berichten
von ihrem Schicksal.21
Blesien Billi war etwa 30 Jahre alt
und Frohne (Gerichtsdiener) von Wimbern. Er war verheiratet und hatte mehrere Kinder. Franz Hellmich wurde der
Lahme genannt und stammte aus Oesbern. Beide wurden Ende Oktober unter
der Anklage der Zauberei verhaftet, in
das Gefängnis im Turm der Stadtmauer
eingesperrt und dort mit Ketten an der
Wand befestigt. Am 29. 10. 1628 begann für Blesien Billi und Franz Hellmich das peinliche Verhör unter der Folter. Nach der Folter wurden die beiden
Männer im Turm der Stadtmauer mit
Ketten an Hand und Fuß an die Wand
gefesselt, allerdings in verschiedenen
Stockwerken. Aber es gelang ihnen
durch Kontakt mit Besuchern sich über
eine Flucht zu verständigen. Sie planten,
mit Weib und Kind aus dem Lande zu
fliehen.22 Zunächst gelang es Billi mit einem starken Nagel ein Glied seiner Kette heraus zu brechen. Das Endstück der
Kette steckte er in einen Strumpf, „damit sie nicht rappeln sollte“. Dann befreite er Hellmich aus den Ketten und
brach den Riegel des Turmes auf. Als die
Leiter herunter fiel, flochten sie aus
Stroh ein starkes Seil und flohen.
Endlich waren sie in Freiheit! Morgens um 5 Uhr erreichten sie ihre Wohnungen in Wimbern. Aber ihre Frauen
mit den kleinen Kindern wollten nicht
mit ihnen fliehen. So zogen die beiden
Männer allein weiter. Doch bald verloren sie den Mut, als sie hörten, dass Billis Frau schon eingekerkert und die kleinen Kinder allein im Haus waren. Da
S AUERLAND N R . 4/2008
sandten die beiden Männer durch einen
Boten dem Gericht die Nachricht, dass
sie sich stellen und wegen der Flucht um
Verzeihung bitten wollten. Sie wussten,
dass sie in den Tod gingen. Der Richter,
der sie nun mit aller Härte foltern ließ,
wollte wissen, ob ihnen jemand bei der
Flucht geholfen habe. Doch sie erklärten, die Flucht alleine bewerkstelligt zu
haben. Sie wurden zum Tode verurteilt,
aber erst vier Wochen später am 2. 12.
1628 hingerichtet. „Aus Barmherzigkeit“ wurden sie zuerst enthauptet
und danach ihre Körper verbrannt. Die
Hinrichtungen sollen „auf dem Brandplatz“ erfolgt sein; noch heute gibt es in
der Nähe der Westschule zwei Grundstücke, die diesen Flurnamen tragen.
Abb. 9: Nagel aus dem Gefängnisturm
(Historischer Nagel und Metall),
Schrein Nr. 32
Abb. 10: „Hexenverfolgung“ auf dem
Geschichtsbrunnen in Menden
Dorte Hilleke in Menden
widersteht der Folter
Abb. 8: Menden Poenigeturm,
Teil der Stadtbefestigung,
früher Gefängnis der Stadt
Künstlerische Rezeption des
Hexenprozesses gegen Blesien
Billi und Franz Hellmich
Zum Gedenken an die Hexenprozesse der Stadt Menden gestalteten
die Künstlerinnen Ulla Brockfeld und
Dagmar Müller 47 Schreine aus Keramik und Goldschmiedekunst, einen davon speziell auch zum Schicksal von Blesien Billi und Franz Hellmich. Fotos der
Schreine sind im Internet ausgestellt.23
Wie in einigen anderen Hexenprozessen hat es auch in Menden eine Angeklagte gegeben, der es gelang, der
Folter zu widerstehen und an ihrem
Glauben an Christus festzuhalten. Selbst
durch schärfste Martern war Dorte Hilleke nicht dazu zu bewegen, ihrem Seelenheil abzuschwören. Sie wohnte in
Menden „am Graben“, und ihre Großmutter war wegen Hexerei verurteilt
worden.24 Bei ihrer Inhaftierung sagte
die Gefangene, „das Kreuz, das Gott ihr
auferlegt, wolle sie mit Geduld tragen.
Sie wolle die Wahrheit sagen, niemand
zu nahe treten, damit sie ihrer Seligkeit
nicht zu nahe trete“.25 Nach der peinlichen Befragung am 4. März 1631 wurde Dorte Hilleke am 20. März 1631 erneut verhört, widerstand jedoch auch
wiederholten Foltern. Dorte Hilleke
trotzte in Menden als einzige Angeklagte den Folterern und zerriss mit ihrem
Schweigen die Kette der Denunziationen. Die Akten des Gerichts berichten nichts über den weiteren Verlauf des
177
S AUERLAND N R . 4/2008
Oberkirchen
Hexenprozesse
in Oberkirchen
Das Fachwerkdorf Oberkirchen
war früher Hauptort eines Kirchspiels und Zentrum
einer Gerichtsbarkeit.
Zwischen
1595 bis 1685 fielen den Hexenprozessen in Oberkirchen 75 Personen
zum Opfer. Allein
1630 wurden im
Abb. 11: Dorte-Hilleke-Bibliothek in Menden
kurkölnischen Amt
Oberkirchen 65 Personen verbrannt.26
Besonders bekannt wurde der Prozess
gegen das 9-jährige Kind Christine Teipel, die am 7. März 1630 verhört wurde. In den Hexenprotokollen heißt es:
„abfragung des kindts zu Oberkirchen,
Christineken Teipeln, so ins neunte jahr
alt ist, verzeichnet am 7. Martii“.27 Sie
benannte die Namen von 15 Menschen,
die angeblich nachts am Teufelstanz teilgenommen hatten: acht Männer, sechs
Frauen und ein kleines Mädchen.
„Hexenplatz“ am Wald-Skulpturen-Weg
Wenn heute der Wanderer dem sauerländischen „Wald-Skulpturen-Weg“
folgt, der die Städte Bad Berleburg und
Schmallenberg mit einem Kulturpfad
verbindet, trifft er bei Oberkirchen mitten im Wald auf einen „Hexenplatz“.
Unversehens gerät der Spaziergänger
auf dem steilen Waldweg an einen „Hexentopf“, einen riesigen Kessel aus dunklem Metall. Dieser ist umrahmt von Ta-
Abb. 13: Installation „Hexenplatz“
in Oberkirchen
Das Schicksal des Mädchens
Christine Teipel
Abb. 12: Vitrine im Stadtmuseum Menden
mit Abbildung der Hexenprozessakte Dorte
Hilleke und Richtschwert
Prozesses. Eine Hinrichtung wird nicht
gemeldet.
Am 12. 4. 1994 wurde ihr zu Ehren
die heutige Stadtbibliothek in Menden
nach ihr benannt. An das Geschehen
des Hexenwahns erinnert in der Stadt
auch ein Hinweis auf dem Geschichtsbrunnen am Marktplatz. Nebenan im
Museum für Stadtgeschichte (am Marktplatz 3) enthält seit 2003 eine Vitrine Informationen und Dokumente zu dem
Hexenprozess gegen Dorte Hilleke.
Christine Teipel „gesteht“, dass Johann Bell sie die Zauberei gelehrt habe.
Bei nächtlichen Zusammenkünften hätten alle ihren Hexenbuhlen (Hexenfreund) bei sich gehabt und sich auf den
Luttenberg begeben. In der Lüttmecke
(„Mecke“ heißt Bach) führt bis heute der
Weg südlich von Oberkirchen rechts
hoch zur Schanze zum „Hexentanzplatz“. In sieben Prozesswellen starben
1630 in den drei Monaten April bis Juni 58 Personen auf dem Scheiterhaufen, darunter 22 Männer und 2 Kinder.28 Christine Teipel wurde am 4. Mai
1630 in der 3. von insgesamt sieben
Prozesswellen hingerichtet. Für eine
Verbrennung auf dem Scheiterhaufen
wurden den Angehörigen etwa 18
Reichstaler in Rechnung gestellt, was in
den Hungerjahren mitten im 30-jährigen Krieg manche Familie in den Ruin
trieb.
Abb. 14: Tafeln zu den Hexenprozessen
in Oberkirchen
feln, die mögliche Zutaten von Hexengebräu abbilden.
Seit dem 26. 8. 2003 erinnert die
Hamburger Aktions- und Installationskünstlerin Prof. Dr. Lili Fischer mit
diesem Beitrag „Hexenplatz“ an die Folgen der 1607 erlassenen „Kurkölnischen Hexenordnung“. Der Spaziergänger wird mit Relikten eines vermeintlich versunkenen Hexendorfes mit Hexentor und einem mächtigen Hexenkessel konfrontiert. Das „Kunstwerk“
bildet etwas als „real“ nach, was der
krankhaften Phantasie sadistischer Hexenrichter vor 400 Jahren entsprungen
ist. Damals wurden Menschen beschuldigt, Zaubertränke zu brauen und
178
S AUERLAND N R . 4/2008
Mensch, Tier oder gar das Wetter zu
verhexen. Das Arrangement auf dem
Hexenplatz drängt beim unvorbereiteten Wanderer unwillkürlich Fragen auf.
Will diese „Installation“ andeuten, es habe tatsächlich Hexen gegeben, die sich
dem Teufel verschrieben hatten und sich
solcher Hexenkessel für die Zubereitung
dämonischer Zaubertränke bedienten?
Hinter der nächsten Wegbiegung informieren den Wanderer im Halbkreis angeordnete Tafeln über die Hexenprozesse im Sauerland. 13 Buchseiten aus
Schiefer aus dem Sauerland dokumentieren die schreckliche Zeit der Verfolgungen. Eine der Abbildungen handelt
vom Hexenprozess gegen das Kind
Christine Teipel. Im Volksbewusstsein ist
durchaus noch bekannt, aus welchen
Familien im Ort in damaliger Zeit Menschen der Hexerei beschuldigt wurden.
Vielleicht könnte es einer würdevollen
Erinnerung und Vergangenheitsbewältigung dienen, auf einer Gedenktafel die
Namen aller Opfer aus den Oberkirchener Hexenprozessen aufzuführen, um
ein Denkmal zu setzen für die Leiden
dieser unschuldig Verurteilten.
Olpe
Hexentürme
In Olpe findet sich wie in einer Vielzahl von Städten in der Straße „Auf der
Mauer“ ein Hexenturm.29 Zwar bezieht
sich die Bezeichnung „Hexentürme“ auf
die Zeit der Hexenverfolgung, aber oft
waren es normale Gefängnistürme oder
einfach nur Teil der mittelalterlichen
Stadtbefestigung. Ihre Bezeichnung
stammt überwiegend erst aus dem 19.
Jahrhundert, als Menschen begannen,
sich mit den regionalgeschichtlichen
Hexenverfolgungen zu beschäftigen.
1877 hieß der Turm in Olpe noch
Küchenturm (auch Gefängnisturm).
Kurze Zeit später wurde er in der Lokalpresse als „Hexenturm“ bezeichnet, vermutlich eine Idee des Verschönerungsvereins, der an die zahlreichen Hexenprozesse im Olper Land erinnern wollte.30 Leider werden die furchtbaren Ereignisse der Zeit der Hexenprozesse
auch für kommerzielle Zwecke ausgenutzt, ohne an das Leiden der gefolterten und hingerichteten Menschen zu erinnern. So empfiehlt ein Restaurant mitten in der Sauerländer Kleinstadt Olpe
„das Hexenmenü als Event der Extraklasse“.
Ehemals bestand die Stadtmauer aus
drei großen und zwei kleinen Stadttoren
und einigen Rundtürmen. Heute existieren nur noch ein Überrest der Stadtmauer mit dem Hexen- und dem Engelsturm31. Der Hexenturm aus dem 14.
Jahrhundert ist eines der ältesten erhaltenen Gebäude der Stadt. Der Name
könnte auf die Hexenverfolgung hinweisen, bei der er als Gefängnis gedient haben könnte. Allerdings gibt es dafür keine Beweise, während einige Heimatforscher davon ausgehen, dass sich der
Name von „Hessenturm“ herleitet.
Hexenprozesse in Olpe
1587 – 1697 sind im Gerichtsbezirk
Olpe mindestens 45 Hexenprozesse
nachweisbar, 23 Menschen wurden hingerichtet, 13 Frauen und 10 Männer.32
Nach Raimund Burghaus33 waren es
mindestens 54 Verfahren mit 32 Opfern, davon 15 Männer. Die Hexenprozessakten sind nicht erhalten.
Höhepunkt der Verfolgung lag (wie in
vielen Gebieten des kurkölnischen Westfalens) in den Jahren 1629 –1630, als
12 Personen auf den Scheiterhaufen geführt wurden.
Die letzte „Hexe“
Abb. 15: Hexenturm in Olpe
Am 25. Januar 1695 gab das elfjährige Mädchen Anna Margaretha Schmidt
aus Wenden in Olpe an, es könnte zaubern.34 Sie bestand darauf und nannte
die Namen von fast allen Nachbarn, die
auch zaubern könnten. Vor Gericht wurde sie wegen Zauberei angeklagt, denn
auf Zauberei stand die Todesstrafe. Den
Olper Richtern kam die Sache merkwürdig vor, immerhin war Anna Margaretha
noch sehr jung. Sie brachten das Kind in
der Familie des Küsters von St. Martinus
unter und reichten die Akten weiter an
Landdrost und Räte zu Arnsberg. Was
sollte mit einem Kind geschehen, das
immer vom Zaubern erzählte? Aber die
Gesetze waren eindeutig: Wenn Anna
selber sagte, dass sie zaubern konnte,
musste sie verurteilt werden. Am 29.
Dezember 1695 gab der Hofrat die Anweisung, das Urteil zu vollstrecken, sobald das Mädchen das nötige Alter erreicht habe, „damit unnötige Kosten erspart würden“. Die Richter begnadigten
sie zum Tod durch das Schwert. Sobald
sie 12 Jahre alt war, war sie strafmündig. Sie wurde am 24. Februar 1696 auf
dem Bratzkopf durch das Schwert hingerichtet und unter dem Galgen begraben.35 Aus den Kirchbüchern ist zu entnehmen, dass sie das Jüngste einer
großen Kinderschar war, also das Kind
alter Eltern. Es wird die Vermutung angestellt, ob sie möglicherweise geistig
behindert war und immer den gleichen
Satz wiederholte, der ihr so große Aufmerksamkeit einbrachte.
Es gibt in Olpe keine Tafel zum Andenken an die Opfer der Hexenprozesse.
Rüthen
Ein Mann in einem Rüthener
Hexenprozess: Freunnd Happen
Von 1573 bis 1659 wurden in dem
kleinen Ort Rüthen und im Gogericht
Rüthen 104 Hexenprozesse durchgeführt. Nur wenige Angeklagte haben die
Verhöre und die grässliche Folter überlebt. Mindestens 79 Menschen sind hingerichtet worden. Höhepunkte waren
die Jahre 1593 – 94 mit 20 und 1652
– 1654 mit 24 Hinrichtungen. Besonders bekannt wurde der Hexenprozess
gegen Freunnd Happen.36 Aus den vorliegenden Unterlagen aus den Hexenprozessen in Rüthen geht hervor, dass
es dort einem Mann gelungen ist, der
Folter zu widerstehen. Obwohl ihn die
Richter in der Folterkammer zwingen
wollten, eine Mitgliedschaft in der Teufelssekte zu gestehen, hat er am Glau-
179
S AUERLAND N R . 4/2008
ben an Christus festgehalten. Das Original dieser Prozessakte befand sich in
dem Band Ratsprotokolle 1660 ff. des
Stadtarchivs Rüthen. Er wurde auf Drängen Himmlers nach Berlin geschafft, wo
seitens der SS die Hexenakten zum
Kampfe gegen die christlichen Kirchen
benutzt werden sollten. Das Original ist
verschollen, zum Glück ist eine Fotokopie an das Archiv zurückgelangt.37
Am 19. Juli 1660 ist Freunnd Happen aus Miste (heute Meiste, 6 km nordöstlich von Rüthen) von Bürgermeister
und Rat der Stadt Rüthen wegen des
Verdachtes des Zauberlasters in seinem
Haus gefangen genommen und an das
Gericht in die Stadt übergeben worden38. Am gleichen Tag wird er der gütlichen Befragung zugeführt: Er sei kein
Zauberer, will gern sterben. Am nächsten Tag bleibt er bei seiner Aussage.
Nun greift man zum Mittel der Marter.
Trotz harter Folter ist ihm kein Geständnis abzuringen, vielmehr beteuert er seine Unschuld. Das Protokoll sagt: „er
blieb in seiner hartneckigkeit verharret“.
Er sagt unter großen Schmerzen, „er sei
ein fromb mensche [ein frommer
Mensch], er habe das Zaubern nicht gelernt, niemals Schaden an Vieh oder
sonsten zugefügt. Er sei zwar ein armer
Sündern, aber kein Zauberer“. Die Marter wird mehrfach fortgesetzt. Die Stellen für die Beinschrauben werden mehrfach gewechselt, um ein Teufelsbündnis
aus ihm herauszupressen - ohne Erfolg.
Elf Tage vergehen. Freunnd Happen
verlangt nach einer Wasserprobe, die
ihm am 2. September an der Möhne gewährt wird. Aber sie geht mehrfach gegen ihn aus. Zurück im Gefängnis
wird sofort eine erneute Tortur festgesetzt.
Nachdem aus
ihm kein Geständnis zu erhalten ist,
wird die Folter ergebnislos beendet.
Das
Gericht
spricht Freunnd
Happen am 23.
September 1660
frei: nach zwei Monaten Haft und
dreimaliger Folter.
Er muss einen Eid leisten und schriftlich
bestätigen, dass er Urfehde schwört und
sich an niemandem rächen wird, dass er
sich „friedlich in der stille bei seiner
haushaltung... halten und andere gesellschaft zu meiden verpflichtet“ [sich verpflichtet, sich friedlich und still in seinem
Haus aufzuhalten und die Gesellschaft
mit andern zu meiden]. Freunnd Happen hat der Folter getrotzt und es geschafft, keinen Menschen zu denunzieren. Er überlebt. Im Schlussteil der Akte
ist sogar davon die Rede, dass er ein
„haus bauet“.
Historische Stätten der Hexenprozesse
In Rüthen dokumentiert ein Stadtrundgang verschiedene historische Stätten, die von der Geschichte der Hexenprozesse künden. Um die gesamte Altstadt verläuft die ca. 3 km lange historische Stadtmauer mit dem Hexenturm.
Der halbrunde Hexenturm ist ein vollständig erhaltener Wehrturm der Stadtbefestigungsanlagen. In dem Gebäude
wurden im 17. Jahrhundert vermeintliche Zauberer und Hexen gefangen gehalten. Heute befindet sich darin ein
kleines Museum mit Exponaten über die
Zeit dieser Hexenprozesse.
Der Hexenturm wurde im 14. Jahrhundert aus Rüthener Grünsandstein errichtet. Im Volksmund erhielt er seine
Bezeichnung aufgrund seiner Funktion
als Kerker und Folterkammer in der langen Zeit der Rüthener Hexenprozesse
im 16. und 17. Jahrhundert. Im unteren
Raum hängen an den Steinwänden Foltergeräte: Eine Daumenschraube, eine
Abb. 16: Hexenturm an der Stadtmauer mit Bronzerelief
lange, eiserne Folterzange und ein
Richtschwert. Im Boden eingelassen befinden sich beleuchtete Informationstafeln zur Geschichte der Hexenverfolgung. Über eine schmale Holztreppe
gelangt man in den oberen Raum. Dort
ist ein sogenannter „Aufzug“ zu sehen –
eine Schlinge, die an einem schweren
Stein befestigt ist. An den Wänden hängen eine alte Rute und eine Halsfessel.
Daneben steht ein hölzerner Folterstuhl.
Das Bronzerelief am Hexenturm
zu Rüthen
An dem halbrunden Hexenturm der
Stadtmauer erinnert ein Bronzerelief an
die Opfer der Hexenverfolgung und
Abb. 17: Bronzerelief am Hexenturm zu
Rüthen
weist zugleich auf Personen hin, die gegen solches Unrecht aufgetreten sind.
Das Bronzerelief von 1991 wurde durch
den Bildhauer Bert Gerresheim (Düsseldorf) geschaffen. Es weist auf die Hexenverfolgungen in Rüthen und in den
umliegenden Städten und Dörfern hin.
Vor dem Hintergrund einer Hexenverbrennung ist das Kunstwerk zugleich
Denkmal für das mutige Auftreten des
Jesuitenpaters Friedrich Spee. Er ist in
der Mitte des Bildes dargestellt. Der
Hirschberger Landpfarrer Michael Stappert schaut über die Schulter Spees.
Friedrich von Spee veröffentlichte im
17. Jahrhundert ein Buch über die Hexenverfolgung mit dem Titel „Cautio criminalis“ (deutsch: „Vorsicht bei der Anklage“). Friedrich Spee von Langenfeld
war in Paderborn als Professor und
Beichtvater für Männer und Frauen
tätig, die wegen angeblicher Hexerei
zum Tode verurteilt waren. An sein Wirken erinnert auch der Name des Friedrich-Spee-Gymnasiums in Rüthen. Das
Kunstwerk legt die Verheißung der Ach-
180
ten Glückseligpreisung der Verfolgten
und Verleumdeten in der Bergpredigt
Jesu aus. Auf der linken Seite des Bronzereliefs sieht man verfolgte und gequälte Menschen der Neuzeit: Folterung von
Hexen, Kreuzigung von Christen, die
Guillotine der Französischen Revolution, die Martern in den Konzentrationslagern der NS-Zeit. Auf der rechten Seite erscheint als Gegenpol eine
„paradiesische Landschaft“, die Welt als
mögliche Gotteswelt. Man erkennt die
barocken Kirchtürme von Rüthen, das
mittelalterliche Marien-Standbild der
Rüthener, eine wachsende, grünende
Natur. Dazwischen ist die Laute abgebildet als Symbol der Lieder Spees sowie
seine Bücher (Das güldene Tugendbuch,
Trutznachtigall). In der Hand hält Spee
seine kämpferische Schrift gegen den
Hexenwahn, die Cautio Criminalis.
S AUERLAND N R . 4/2008
16. Jahrhundert
eingeweiht.41 Das
Mahnmal erinnert
zugleich an Machtund Gewaltmissbrauch bis in unsere Zeit. Es wurde
vor dem neuen
Bürger- und Stadthaus in Winterberg
errichtet an der historischen Richtstätte, wo nach einem Hexenprozess im Jahr 1523
sechs Winterberger
Frauen hingeAbb. 19: Ausstellung Hexenprozesse im Herzogtum Westfalen
richtet
wurden.
Sechs unbehauene Diabas-Steine aus
tiert und verschiedene Folterwerkzeuge dem Hildfelder Steinbruch symbolisiegezeigt. Ausgangspunkt waren die He- ren die sechs hingerichteten Frauen xenprozesse aus dem nahe gelegenen Sauerlandgestein. Auf einem Stein zeigt
Schmallenberg-Holthausen
Oberkirchen. Zu dieser Ausstellung er- ein Bronzerelief die Verbrennung einer
schien ein leider vergriffener 254-seiti- Frau auf dem Scheiterhaufen mit einem
Schieferbergbau- und Heimatger Katalog39. Hierin finden sich Hin- Galgen als Symbol städtischer Gemuseum Schmallenberg-Holtweise auf westfälische Gegner der He- richtsbarkeit und der Inschrift: „Urteil:
hausen
xenprozesse: Friedrich Spee, Anton Man solle sey brengen in da fur und verDas Schieferbergbau- und Heimat- Praetorius und Michael Stappert mit Le- bernen sy to Aschen.“ Es wurde von
dem Bildhauer Hans Sommer geschafmuseum Holthausen ist ein Museum im bensdaten.
fen. An einem Felsbrocken daneben
Stadtteil Holthausen von Schmallenberg
steht auf einer Tafel folgender Text:
im Hochsauerlandkreis, getragen vom Winterberg
„Dem
Gedenken an sechs Frauen aus
Museumsverein Holthausen e.V. 1984
Gedenkstätte
Winterberg, die 1523 als Hexen verurfand im Schieferbergbau-Heimatmuteilt – hier auf dem Richtplatz der Stadt
seum Schmallenberg-Holthausen die
1912 stießen Arbeiter bei ErdarbeiAusstellung „Hexen - Gerichtsbarkeit im ten für das Parkhaus-Hotel in Winterkurkölnischen Sauerland“ statt. Diese berg auf Reste eines Galgens und auf
ständige Ausstellung wurde im Jahr Teile von menschlichen Skeletten. An2006 überarbeitet.
scheinend war dies der Richtplatz geweIn zwei Räumen wurden Ausmaß der sen, den schon der Kartograph Justus
Hexenprozesse im Sauerland dokumen- Moers in seine Sauerlandkarte von
1577 eingezeichnet hatte.40 Die
hier vorbeiführende Straße zum
Kahlen Asten war
noch im 20. Jahrhundert als „Galgenweg“ bekannt.
Auf Initiative des
Heimat- und Geschichtsvereins
wurde mit finanzieller Unterstützung
der Stadt Winterberg am 19. 11.
1993 eine Gedenkstätte für OpAbb. 20: Bronzerelief in Winterberg
fer der Gewalt im
Abb. 18: Ausstellung Hexenprozesse im Herzogtum Westfalen
vor dem Rathaus
181
S AUERLAND N R . 4/2008
Abb. 21: Sechs Gedenksteine in Winterberg vor dem Rathaus
Winterberg verbrannt wurden – nach
Urteil im „Winterbergischen Halsgericht“ – Erster Hexenprozess in Westfalen, von dem ein Gerichtsbericht erhalten ist.“
en zum Feuertode
verurteilt wurden,
n a c h d e m
1521/22 Winterberger nach Medebach gezogen waren, um am Freistuhl vor dem
Östertor Frauen
der Hexerei anzuklagen.46
Nach
diesem Protokoll
dauerte der Prozess zwei Jahre.
Am Montag nach
dem 15. Juli 1523
wurden die Frauen
zum Tode auf dem
Scheiterhaufen verurteilt: „men solle sey
brengen in da fur und verbernen sy to
aschen“. Von Winterberger Bürgern
waren sie wegen Hexerei angeklagt
worden und hatten – wohl unter grausamen Folterungen, die im Prozess allerdings nicht erwähnt sind47 – Verfehlungen bekannt, die sie niemals begangen haben können: geschlechtliche
Vereinigung mit Teufeln, Ritte auf Besen
und Harken durch die Luft und Verwünschungen über Tiere und Menschen mit
Todesfolgen. Bestätigt wurde das Urteil
vom Gerichtsherrn Philipp Schenk zu
Schweinberg, Amtmann zu Medebach,
stellvertretend für den Kölner Kurfürsten. Richter war der letzte Freigraf
des Medebacher Freistuhls am Östertor,
Heinrich
Beckmann.
Zum Autor:
Hartmut Hegeler
ist kreiskirchlicher Pfarrer in
Unna und erteilt
Religionsunterricht im Märkischen Berufskolleg.
Anschrift:
Sedanstr. 37,
59427 Unna,
Tel. 0 23 03 –
5 30 51
www.anton-praetorius.de
Abb. 22: Gedenktafel in Winterberg
vor dem Rathaus
1. Rainer Decker: Die
große Hexenverfolgung
im Amt Fredeburg um
1630, in: Schmallenberger Sauerland. Almanach
1993, S. 96-98
Wie in vielen anderen Orten im Herzogtum Westfalen kam es auch in Winterberg zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert zu Hexenprozessen und Hinrichtungen. Die genaue Zahl ist unbekannt, da die Quellenlage äußerst dürftig ist. Nachweisbar sind Hexenprozesse
in den Jahren 1523, vermutlich 1562
und 1629.42
In Winterberg wurde 1728 auch der
letzte Hexenprozess Westfalens durchgeführt.44 Im Staatsarchiv Münster findet sich das älteste Protokoll eines Hexenprozesses in Westfalen.45 Es ist in
Sauerländer Mundart verfasst statt in
Latein. Es berichtet von dem Verfahren,
in dem 1523 sechs Winterberger Frau-
2. Sign. X-43-32. Vgl.
Alfred Bruns: Die Oberkirchener Hexenprotokolle, in: „Hexen - Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland“ des
Schieferbergbau-Heimatmuseums SchmallenbergHolthausen 1984, S. 14
ff. und S. 214
Abb. 23: Hexenprozessakte: Ältester Hexenprozess aus dem
kurkölnischen Sauerland
1523 „Winterbergisch halsgericht“ 43
3. Rainer Decker: Die
große Hexenverfolgung
im Amt Fredeburg
um1630, in: http://
members. aol.
com/Decker paderborn/Fredeburg.
html.
Alfred Bruns: Die Oberkirchener Hexenprotokolle, 1984, S. 18
182
S AUERLAND N R . 4/2008
Sachsen und Sauerländer
vergleichen ihre Montangeschichte
von Reinhard Köhne
Auf Initiative von Prof. Dr. Reininghaus trafen sich der Arbeitskreis Bergbau im Sauerland und Montanhistoriker
aus Sachsen zu einem Workshop „Bergbau und Hüttengeschichte“ im neuen
Bergarchiv Freiberg.
In 10 Kurzvorträgen stand neben
dem Bergbau die Geschichte der Verhüttung von Erzen im sächsischen und
sauerländischen Mittelgebirge zur Diskussion. Demnach begann der Bergbau
im Sauerland bereits im 10. Jh. (Ramsbeck, Bleiwäsche), der im sächsischen
Bergland im Zuge der Ostkolonisation
erst im 12. Jh. Im Umfeld der Burg Altena (Märkischer Kreis) lassen sich etwa
1300 Standorte der Rennfeuerverhüttung des 11. - 13. Jhs. im Gelände nachweisen und für die Floßofenverhüttung auf Holzkohlebasis an
Bächen vom 13. bis 19. Jh. etwa 300
Standorte belegen. Im Erzgebirge ist die
Geschichte des Hüttenwesens bisher
nur ungenügend erforscht.
Bronzezeitliche Verhüttung wird zwar
vermutet, kann aber archäologisch nicht
nachgewiesen werden. Etwa 300 Hüt-
Verhüttung führt zu Emissionen und
veranlasst den Landesherrn zur Konzentration der Betriebe außerhalb der
Siedlungen. Demgegenüber ist der landesherrliche Einfluss auf das Hüttenwesen im Sauerland geringer, da der regionale Adel, die Klöster und bürgerliche
Unternehmer das Montanwesen organisieren. Wegen des prägenden Einflusses
der Montanwirtschaft als Basis der Industrialisierung auf die sächsische Kulturlandschaft, Siedlung, Bergrecht, Industriegeschichte, Bildungswesen, Kunstund Literatur, Brauchtum und Kunsthandwerk ist das Projekt „Montanregion
Erzgebirge" zur Aufnahme in das UNESCO Weltkulturerbe vorgesehen.
13. Werner Ahrens: Balve und sein romanisches Erbe,
hrsg. von der Heimwacht Balve e.V., 2006, S. 92
Aufl. - Menden, 1999, Anton Schulte, Mendener
Köpfe, S. 80 f.
http://de.wikipedia.org/wiki/Freunnd_Happen (Artikel von Hegeler)
14. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S. 214-216
25. Kranz, S. 62
38. Walter Dalhoff: Zu Rüthener Hexenprozessen,
S. 186-188
4. Rainer Decker: Die große Hexenverfolgung im Amt
Fredeburg um 1630
Alfred Bruns: Die Oberkirchener Hexenprotokolle,
1984, S. 18
5. Pfarrarchiv Enkhausen und Hatzfeldisches Archiv.
Archiv der Gemeinde Affeln.
Marianne Burke, Chronikeintragung der Pfarrei St.
Laurentius Enkhausen über die Hexenverfolgung im
damaligen Amt Balve, in: Rund um Röhre und Sorpe.
- 7 (1992), S. 64-66
6. Heimwacht Balve e.V. (hrsg. von Werner Ahrens):
Sie starben auf dem Balver Galgenberg, Balve 2006,
S. 4
Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum
Westfalen. In: Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens (Hrsg.): Westfälische Zeitschrift.
131/132, 1981/1982, S. 339–386 (zu Hexenprozessen u. a. in Balve).
http://members.aol.com/Deckerpaderborn/Stappert.
html
7. Heimwacht Balve e.V. (Hrsg.): Sie starben auf dem
Balver Galgenberg, Balve 2006, S. 7-10
8. Josef Pütter, Wachtläuh-Räusen", in: Heimwacht
Balve e.V. (Hrsg.): Sie starben auf dem Balver Galgenberg, Balve 2006, S. 11
9. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, in: Hexen - Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland, Hrsg. Schieferbergbau-Heimatmuseum Schmallenberg-Holthausen, 1984, S. 201
10. Josef Pütter: Sauerländisches Grenzland im Wandel der Zeit, S. 39
11. Mit freundlicher Genehmigung von Werner
Ahrens, Heimwacht Balve e.V. aus: Heimwacht Balve
e.V. (hrsg. von Werner Ahrens): Sie starben auf dem
Balver Galgenberg, Balve 2006
12. Heimwacht Balve e.V. (hrsg. von Werner Ahrens):
Sie starben auf dem Balver Galgenberg, Balve 2006,
S. 12-13; Süderländer Volksfreund 1.8.2006 und
11.8.2006
15. Rainer Decker, Pfarrer Michael Stappert (Hirschberg/Grevenstein) - der Friedrich Spee des Sauerlandes, aus: Dreißigjähriger Krieg im Herzogtum Westfalen, Schmallenberg-Holthausen 1998, S. 45-51 (Veröffentlichungen des Westfälischen Schieferbergbauund Heimatmuseums Holthausen Band XVIII). Hirschberg. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, S. 206 f
16. Dietmar Nix: Die Hexenprozesse/Dokumente:
Brillentraktat. 1997: Michael Stappert, Tractatus
Conspicillum, Hirschberg in Westfalen, 1620
26. Rainer Decker: Der soziale Hintergrund der
Hexenverfolgung im Gericht Oberkirchen 1630, in:
Hexen: Gerichtsbarkeit im kurköln. Sauerland Schmallenberg-Holthausen 1984, S. 91-118
27. Hexenprotokolle, in: Hexen- Gerichtsbarkeit im
kurkölnischen Sauerland, Redaktion Alfred Bruns,
Schmallenberg- Holthausen, 1984, S. 26 ff.
28. Alfred Bruns: Die Oberkirchener Hexenprotokolle, S. 213 ff.
tenstandorte des 15. – 16. Jhs. lassen
sich lokalisieren. Wie im Bergbau ist die
Verhüttung durch ein staatliches Monopol reglementiert. Die Hütten kaufen
das Silber-, Blei-, Kupfer-, Eisen-, Kobalt-, Alaun- und Wismuterz zu festgesetzten Preisen. Der Gewinn finanziert
die zahlreichen Repräsentationsbauten
und die Hofhaltung der Kurfürsten in
Dresden.
39. Dr. Alfred Bruns: Landesarchivdirektor Münster:
Die Hexenverfolgung in der früheren Kriminalgerichtsbarkeit, Hexen - Gerichtsbarkeit im kurkölnischen
Sauerland, Hrsg. vom Schieferbergbau-Heimatmuseum Schmallenberg-Holthausen, 1984
40. Paul Aust: Eine Gedenkstätte für die Opfer der
Hexenverfolgung, in: „De Fitterkiste“, Bd. 6, 1994,
S. 19
41. Mitteilungsblatt der Stadt Winterberg 19. 11. 1993
29. Manfred Schöne: Zur Geschichte des Hexenturms
in Olpe, HSO 161/1990, S. 200
42. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, in: Alfred Bruns: Hexen - Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland, SchmallenbergHolthausen 1984;
Untersuchungen wegen Zauberei gegen verschiedene
Personen vor den Gerichten in Winterberg und Hallenberg, 1716-1719, Findbuch (A 10, Bd. 4 Manuskripte VI)
17. Alfred Gottschlich: Aus der Geschichte Hirschbergs, S. 87
30. Westfälische Rundschau 11.6.1991
18. Alfred Gottschlich: Aus der Geschichte Hirschbergs, S. 97-101
31. Manfred Schöne: Zur Geschichte des Hexenturms
in Olpe, HSO 161/1990, S. 199
19. Gisbert Kranz: Mendener Recht und Gericht, u. a.
Hexenprozesse 1592 - 1631, Selbstverlag 1929,
Druck Georg Pfeiffer, Menden (Mendener Tageblatt
und Anzeiger), S. 47 f, S. 43-78
20. Kranz, S. 55 ff, Mendener Akten, Blatt 249 Rückseite
32. Rainer Decker: Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen, in: Hexen - Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland, Schmallenberg-Holthausen,
1984, S. 214 - 218;
Klemens Stracke: Als die Scheiterhaufen loderten,
Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe 72. und 73. Folge, 1968
43. Staatsarchiv Münster Mcs. VII 5909, 1, abgedruckt in: Hexen - Gerichtsbarkeit im kurkölnischen
Sauerland / Red.: Alfred Bruns; Schmallenberg-Holthausen: Schieferbergbau-Heimatmuseum, 1984,
S. 223
21. Pfarrarchiv, Pastoratstr. 18, Menden. Findbuch
Pfarrarchiv St. Vincenz Menden: A Ältester Bestand:
Benefizien und Priester S. 1-24; Sendgericht, Hexenprozesse S. 84-92; Prozesse S. 175-177
33. Raimund Burghaus: Daten zur Geschichte der Hexenverfolgung im Olper Land, in: Olpe in Geschichte
und Gegenwart, Jahresgabe des Heimatvereins für Olpe und Umgebung e.V., (1) 1993, S. 49 - 56
44. Decker, Rainer: Hexen und ihre Henker, S. 275
und 269. Soldan/Heppe, Geschichte der Hexenprozesse, Reprint der Originalausgabe von G. Müller,
München 1911, Bd. 2, S.212
22.Kranz, S. 55 f
34. G. Kemper: Die letzte Hexe, in: Olpe Stadt und
Land, S. 39
45. Mcs. VII 5909, Bl. 270 - 273 – und Hallenberger
Quellen- und Archivverzeichnisse HaQuV – Bd. I,
S. 35-40
23.
http://www.brockfeld.com/hexen und
http://www.anton-praetorius.de/
arbeitskreis/arbeitskreis.htm#Anliegen Menüpunkt AK
Westfalen
24. Kranz, S. 62; Stadt Menden, der Stadtdirektor
(Hrsg.): Wer war Dorte Hilleke? Ein geschichtlicher
Abriss über die Hexenprozesse in Menden und eine
Übersicht über die Geschichte der Stadtbücherei. - 2.
35. Walter Wahle: Heimatstimmen Olpe, 1971, 83,
S. 76-82
36. Diese Beschreibung des Prozesses wurde vom Autor auch im Internetlexikon Wikipedia veröffentlicht.
46. Paul Aust: 1523 - Winterberger Frauen als Hexen
verbrannt, in: „De Fitterkiste“, Geschichtliches aus
Winterberg und seinen Dörfern, Bd. 5, 1993,
S. 9-19
37. Walter Dalhoff: Zu Rüthener Hexenprozessen, in:
Hexen - Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland.
Schmallenberg-Holthausen 1984, S. 188
47. Paul Aust: Eine Gedenkstätte für die Opfer der
Hexenverfolgung, in: „De Fitterkiste“, Bd. 6, 1994,
S. 19
183
S AUERLAND N R . 4/2008
Lokalgeschichte als Mentalitätsgeschichte:
Die Herausbildung eines katholisch-nationalistischen Milieus
in Sundern im Kaiserreich 1871 – 1914
von Werner Neuhaus
Die Geschichtswissenschaft ist eine
revisionistische Wissenschaft schlechthin. Durch Erschließung neuer Quellen
sowie durch Konzentration auf bis dahin
vernachlässigte Bereiche der Gesamtgeschichte kommt sie zu immer neuen
Erkenntnissen und revidiert dabei pausenlos das Bild, das Historiker vorher als
für ihre Zeit gültig herausgearbeitet hatten.
Diesen Prozess kann man auch anhand der Historiographie zum Deutschen Kaiserreich beobachten. Während seit den 1960er Jahren Vertreter
der Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftsgeschichte Methoden und Ziele
eher traditioneller Historiker, die sich
weitgehend auf die „Große Politik“ von
Militär-, Geistes- und Diplomatiegeschichte spezialisiert hatten, angriffen,
sind seit etwa 20 Jahren eben diese Sozialhistoriker das Ziel teilweise heftiger
Kritik von Fachkollegen. Diese behaupten u. a., dass nur durch eine stärker kultur- und mentalitätsgeschichtlich ausgerichtete Forschung Phänomene wie
„Nationalismus“ oder „Militarismus“,
aber auch Milieus, Mentalitäten und
Aspekte der Alltagsgeschichte in den
Griff zu bekommen seien. Dabei wenden sich diese Historiker verstärkt überschaubaren Einheiten wie Regionen,
Städten und Gemeinden zu, da man dort
konkreter und anschaulicher Wandel
und Beharrung von politischen, religiösen, sozialen und kulturellen Einstellungen untersuchen kann.
Der folgende Beitrag geht davon aus,
dass Gesellschafts- und Kulturgeschichte
sehr wohl miteinander verknüpft werden können, und versucht, anhand einer
Analyse von Vereins- und Pfarrchroniken der Freiheit Sundern wesentliche
mentalitätsgeschichtliche Aspekte, die
auch für andere Gemeinden des ehemaligen kurkölnischen Sauerlandes von
Bedeutung sein könnten, zu erschließen.
1. Der Kulturkampf
Die neu gegründete Zentrumspartei
als Vertreterin des politischen Katholizismus hatte die Annahme der in ihren
Augen zu „preußischen“ Reichsverfassung zwar abgelehnt, aber dennoch befürwortete der kirchenpolitische Wortführer des katholischen Deutschland, Bi-
schof Emmanuel von Ketteler, auf dem
Mainzer Katholikentag von 1871 die
Mitarbeit der katholischen Staatsbürger
im neu gegründeten Kaiserreich: „An
Vaterlandsliebe wollen wir Katholiken
wirklich keinem nachstehen.“1
Dieses Bekenntnis galt zunächst auch
für Sundern, denn obwohl fünf Sun-
liche nicht daran gehalten, denn am 30.
Mai 1874 meldete der Allendorfer Amtmann Riedel dem Oberstaatsanwalt in
Arnsberg, dass „der Pfarrer Schwickardi zu Hagen das Verlesen des genannten
Hirtenschreibens zugestanden“ habe,
„die Pfarrer Mittrop zu Sundern, Schulte zu Stockum und Volmar hier (d. h. in
Allendorf) aber die
Aussage darüber
verweigert“ hätten.4 Die beteiligten Priester wurden am 14. Juli
1874 wegen ungesetzlicher politischer
Stellungnahme vor das Gericht in Arnsberg
geladen, welches
sie jedoch freisprach. Dennoch
ging der Konflikt
zunächst mit unverminderter Härte weiter, denn im
Die fünf Gefallenen aus Sundern im deutsch-französischen Krieg
1870/71 (Eintragung Pfarrer Kleffs in der Pfarrchronik)
Frühjahr
1875
fragte Landrat von
deraner „Krieger“ im deutsch-französi- Lilien beim Allendorfer Amtmann Thüschen Krieg von 1870/71 gefallen wa- sing nach, „welche von den 4 Pfarrern
ren, stand auch dort das Kaiserreich des dortigen Amtsbezirks durch ihr biszunächst hoch im Kurs. So notierte Pfar- heriges Auftreten in kirchenpolitischer
rer Kleff wenige Wochen nach der Beziehung (…) von dem Amte als SchuReichsgründung in seiner Pfarrchronik: linspektor zu entbinden sein werden.“5
„Kaisers, Königs Geburtstag. Am 22. Thüsing konnte nur wahrheitsgemäß
März 1871 wurde am Geburtstagsfeste antworten, dass „die Pfarrer des hiesiSr. Majestät des Kaisers und Königs Wil- gen Amtes (…) sämmtlich, so wie die
helm I. nicht nur von Pfarrer Joseph meisten Geistlichen des Sauerlandes,
Kleff ein Hochamt gehalten, sondern der ultramontanen, regierungsfeindliderselbe ließ auch nach dem Hochamte chen Partei“ angehörten und dieses
eine große Pause mit allen Glocken läu- durch ihr Verhalten auch öffentlich doten.“2
kumentierten. Daraufhin schärfte der
Landrat ihm ein, die betreffenden PriesDies wäre seinem Nachfolger Christer „in Bezug auf ihr Verhalten als Lokaltian Mittrop, der von 1873 bis 1885 in
Schulinspektoren scharf zu überwachen
Sundern wirkte, vermutlich nicht im
und von jedem Falle der Renitenz gegen
Traum eingefallen, denn in seine Amtsdie kirchenpolitischen Gesetze oder eizeit fällt das Ereignis, das die politische
nes regierungsfeindlichen Einwirkens
und mentale Entfaltung des vorherrauf die Lehrer oder den Geist der
schenden Milieus in Sundern fundamenSchüler“ Anzeige zu erstatten.
tal prägte: der Kulturkampf. Als im BisInsgesamt sorgte dieses rechtsstaatswidtum Paderborn die Verurteilung und rige Vorgehen der Behörden für viel böAusweisung des ultramontanen Bischofs ses Blut in den katholischen Regionen,
Konrad Martin3 bei der katholischen Be- und auch im Kreis Arnsberg meldeten
völkerung helle Empörung auslöste, rea- die lokalen Behörden dem Landrat, dass
gierten die Behörden mit Verboten ge- die staatlichen Schikanen nur zu einer
gen das Verlesen des bischöflichen Ab- Solidarisierungswelle der katholischen
schiedsbriefes in den Kirchen. Ganz of- Landbevölkerung mit ihren „Hirten“ gefensichtlich haben sich hiesige Geist- führt hatten.6
184
So hatte, wie auch in anderen katholischen Regionen, der Kulturkampf das
Ergebnis, dass sich viele Katholiken nur
noch fester „ihrer“ Kirche verbunden
fühlten und mit dem Zentrum die Partei
wählten, die die Interessen der katholischen Kirche rückhaltlos unterstützte.
So hielt Pfarrer Mittrop am 14.1.1885
rückblickend auf seine Zeit in Sundern
fest: „Vor meiner Zeit (d. h. vor 1873)
wurde nur liberal, seit ich hier bin, nur
für’s Zentrum gewählt.“ Erbittert hatte
er hinzugefügt: „Ein Dutzend wählt auch
jetzt noch lieber einen Sauhirten als einen Reichensperger.“7 Diese Bemerkungen des Pfarrers werden durch den
Blick auf einige Wahlergebnisse in Sundern belegt. Hatten vor und unmittelbar
nach der Reichsgründung die Sunderaner ganz überwiegend liberale Kandidaten gewählt, so stimmten sie seit Beginn
des Kulturkampfes immer mit großer
Mehrheit für das Zentrum und seine
Kandidaten. Wie intensiv die Einmischung der Pfarrer in die politischen
Wahlen zur Zeit des Kulturkampfes war,
kann man daraus ersehen, dass sich die
Geistlichen von Hagen, Allendorf, Endorf, Stockum und Sundern bei der
Wahl zum preußischen Abgeordnetenhaus im Jahre 1873 als Wahlmänner
S AUERLAND N R . 4/2008
ne „totale Ritualisierung des Alltagslebens“, und drittens ein vom lokalen
Klerus gesteuertes „Netzwerk katholischer Suborganisationen“.9 Alle drei
Aspekte lassen sich für Sundern und das
kölnische Sauerland im Kaiserreich
nachweisen, aber im Folgenden soll besonders der letztgenannte Aspekt, das
von der katholischen Kirche und ihren
Geistlichen geprägte Vereinsleben, untersucht werden.
2. Das Vereinsleben und seine
Nähe zur katholischen Kirche
Satirische Darstellung der politischen Macht
des Klerus in katholischen Regionen
aufstellen ließen – und alle gewählt worden waren.8
Auch als die katholische Geistlichkeit
nach dem Abklingen des Kulturkampfes
nicht mehr so direkt in die Politik eingriff, blieb das Zentrum über ein halbes
Jahrhundert hinweg unangefochten die
einflussreichste politische Partei des kurkölnischen Sauerlandes. Als wichtigste
Ursache für diese erstaunliche Kontinuität ist die durch
den Kulturkampf
beschleunigte Entstehung eines bestimmten „soziokulturellen Milieus“
(M. Rainer Lepsius) zu nennen,
das auch nach Abebben des Kulturkampfes prägend
für die Mentalität
der hiesigen Bevölkerung war. Mit
Herbert Kühr werden hier drei Faktoren als typisch
für dieses „traditionale soziokulturelle
katholische Milieu“
angesehen: Erstens das seit Jahrhunderten tief eingeschliffene „katholische
WertDie Liste der Wahlmänner für das preußische Abgeordnetenhaus
und Normensys1873: Die mit Pfeil Gekennzeichneten sind Geistliche aus dem
Raum Sundern
tem“, zweitens ei-
Dies gilt zunächst einmal selbstverständlich für die kirchlichen Vereine, obwohl solche häufig in der Euphorie von
Volksmissionen gegründeten Vereine
wie Jungfrauenvereine, Jünglingssodalitäten, Mäßigkeitsvereine u. ä. manchmal nach kurzer Zeit „einschliefen“ und
in Vergessenheit gerieten oder neu gegründet werden mussten. Andere dagegen, wie die bereits 1716 gegründete
Jesus-Maria-Josef-Bruderschaft, waren
noch um 1870 in Sundern aktiv.10 Gerade die Marienverehrung scheint in der
Freiheit Sundern äußerst wichtig geworden zu sein, denn neben den ab 1862
häufig stattfindenden Wallfahrten zum
Gnadenbild nach Werl und den Mai- und
Rosenkranzandachten zeugten auch
Bildstöcke von der wachsenden Verehrung der Gottesmutter.11 Auch die von
den jeweiligen Vikaren betreute Borromäus-Bücherei vertrat durch Bereitstellung kirchentreuer Literatur aller Art
zielgerichtet den Standpunkt der Kirche
in religiösen, politischen, gesellschaftlichen und schulischen Fragen12 und
natürlich wirkte auch die gegen Ende
des I. Weltkrieges gegründete Niederlassung der Olper Missionsschwestern in
diese Richtung.
Vielleicht noch wichtiger in ihrer
Breitenwirkung waren die nicht direkt
von der Kirche gegründeten Vereine, die
jedoch häufig eine enge weltanschauliche und personelle Affinität zum Katholizismus aufwiesen. Bei der Lektüre der
Protokollbücher fast aller weltlichen Vereine fällt auf, dass die Mitglieder durch
Statuten bzw. Generalversammlungsbeschlüsse verpflichtet waren, regelmäßig an Kirchgang und Kommunion,
Prozessionen und sonstigen kirchlichen
Ritualen teilzunehmen. Dies gilt besonders für die Schützen, die Handwerker,
185
S AUERLAND N R . 4/2008
die Turner, die Sänger des MGV „Cäcilia“ sowie den Kriegerverein.13 Viele
Mitglieder dieser Vereine gehörten darüber hinaus dem Kirchenvorstand an,
und umgekehrt war Pfarrer Schwickardi
Präses der Schützenbruderschaft, Ehrenpräses des Kriegervereins, des MGV
„Cäcilia“ sowie Ehrenmitglied im Handwerkerverein.
Nationale Symbolik auf Vereinsfahnen:
Die Fahne des Männergesangvereins
„Sängerlust“ (1902)
Dies machte sich im wahrsten Sinne
des Wortes bezahlt, denn die Vereine
erwiesen sich beim Neubau der Pfarrkirche um die Jahrhundertwende als generöse Spender und stifteten Kirchenglocken (Schützen), eine Josephsstatue (Handwerker), Teile der Muttergotteskapelle (Cäcilia) und ein Chorfenster (Kriegerverein).
Auch die Fahnen der weltlichen Vereine zeigten häufig Schutzpatrone wie z. B.
die heiligen Hubertus (Schützen), Josef
(Handwerker), Cäcilia (Sänger) oder
Martin (Krieger).
Dieser Hinweis auf Fahnen und auf
ihnen dargestellte Symbole und Figuren
zeigt jedoch, dass es im Kaiserreich
außer der katholischen Kirche noch weitere Kräfte gab, die das kulturelle Milieu
in Sundern beeinflussten. So wiesen viele Fahnen in jener Zeit neben den jeweiligen Schutzpatronen auch nationale
Symbole wie Eichenlaub, Kaiserkrone,
den „Deutschen Rhein“ oder den
preußischen Adler sowie die Figur der
Germania auf.
3. Katholisches Vereinswesen,
Nationalismus und Militarismus
Nach der Reichsgründung – und teilweise erst durch diese – waren auch im
katholischen Sauerland Nationalismus
und Militarismus mentalitätsprägende
Kräfte geworden, auch wenn der Annäherungsprozess zwischen beiden
nicht ohne Probleme vonstatten gegangen war. Auch hier marschierten die
Schützen vorneweg, hatten sie doch
nach Entstehung, Organisation, Titeln,
Orden und Uniformen von Anfang an
eine gewisse Nähe zum Militärischen.
So hielten die Statuten von 1867, also
nach dem preußischen Sieg gegen das
katholische Österreich, ausdrücklich
fest, der Zweck des Schützenfestes liege darin, „insbesondere die heranwachsende Jugend im Gebrauch der Waffen,
namentlich des Schießgewehres, auszubilden und auf die bevorstehende Militärzeit vorzubereiten, sowie diejenigen,
welche der Militärpflicht bereits Genüge
getan haben, in der Übung zu halten“.
Diese strafferen Anforderungen, so wurde ausdrücklich betont, sollten die alten
Statuten, die in dieser Hinsicht „zu mangelhaft“ erschienen, ersetzen.14
Ähnlich wie bei den Schützen konnte
man bei dem 1872 zum ersten Mal ge-
dungen zum Monarchen, zu Preußen
und zum Reich: „Statutenmäßig kümmerten sich die Kriegervereine vornehmlich um die „Pflege und Betätigung
der Liebe und Treue zu Kaiser und
Reich, zu Landesherrn und engerem Vaterland“ sowie um die „Stärkung und
Hebung des Nationalbewusstseins“.15
Gerade durch diese Aktivitäten wurde
der Kriegerverein zum Einfallstor für den
„Militarismus der kleinen Leute“.16
Dass es dabei zu Konflikten mit dem
in Sundern vorherrschenden katholischen Milieu kommen konnte, zeigte
sich zu Beginn der 1890er Jahre, als der
Verein neu gegründet werden sollte. Das
preußische Innenministerium bestand
darauf, alle Statuten vor Genehmigung
zu kontrollieren, und die Abbildung des
auf der ersten Fahne von 1872 abgebildeten Schutzpatrons, des Hl. Martin,
wurde vom Polizeidiener Bruder als
„nicht gerade der Vorschrift“ entsprechend bezeichnet, da Kriegervereinsfahnen keine Heiligenbilder mehr enthalten durften. Allerdings war man
durch die schlechten Erfahrungen aus
der Zeit des Kulturkampfes so klug geworden, dass man von der Behörde ausdrücklich darauf hinwies, dies sei „nicht
als Verletzung konfessioneller Anschau-
Der Entwurf für die Kriegervereinsfahne aus dem Jahre 1892 und die danach gefertigte
Fahne, die heute Teil der „Alten Fahne“ der Schützenbruderschaft ist
gründeten Kriegerverein die Pflege militärischen Brauchtums und nationaler
Feiertage erwarten. Zunächst setzte sich
der Verein für Mitgliederbegräbnisse mit
militärischen Ehren sowie den Bau einer
Gedenkstätte für die im deutsch-französischen Krieg Gefallenen ein, wobei er
von einzelnen Bürgern und der politischen Gemeinde finanziell unterstützt
wurde. Darüber hinaus organisierten gerade die Kriegervereine Treuebekun-
ungen“ anzusehen. Jedenfalls enthielt
die neue Fahne des Kriegervereins von
1893 als Abbildung den preußischen
Adler mit den Worten: „Gehorsam,
Treue, Tapferkeit – Des deutschen Kriegers Ehrenkleid.“17
Eine weitere Aufgabe des Kriegervereins bestand in der Vorbereitung und
Durchführung „Vaterländischer Feiern“
und der Gedenktage an große Schlachten und Kriege. So wurde im Jahre
186
S AUERLAND N R . 4/2008
1910 zum 40. Jahrestag des deutsch –
französischen Krieges ein Fest gefeiert
„zur Ehrung der noch lebenden Veteranen aus den Feldzügen 1866/70 – 71“,
und das Protokoll der Gemeindversammlung hielt die Namen der Veteranen der Reichseinigungskriege am
13.9.1910 fest.18
Manchmal beließ man es nicht bei
bloßen Feiern mit Reden und Heldengedenken, sondern plante etwas Praxisrelevantes. So wurde 1912 „beschlossen, am 18. August nachmittags eine
kleine militärische Übung auf der Linnepe zu veranstalten“,19 und ein Jahr
später richtete man einen Antrag an den
Turnverein „Sauerlandia“ zu gemeinsamen „Manöverspielen“, und dessen
Protokollbuch hielt fest: „Einem vorliegenden Antrage des Kriegervereins auf
Teilnahme an den beabsichtigten Manöverspielen wurde zugesagt.“20
Mit den Turnern ist ein weiterer Verein benannt, dessen Geschichte vom
frühen 19. Jahrhundert bis in die
Reichsgründungszeit durch ein betont
nationales Auftreten gekennzeichnet
war.21 Tatsächlich belegt das Protokollbuch des Turnvereins „Sauerlandia“,
dass in jedem Jahr der „Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm II.“ mit
Freibier gefeiert wurde.
Anhand eines weiteren nationalen
Feiertages lässt sich der Wandel der Einstellung der katholischen Bevölkerung
des Sauerlandes zu Reich und Nation
zwischen den Zeiten des Kulturkampfes
und dem Ende des 19. Jahrhunderts gut
belegen. Am 30. 8. 1873 hatte das zentrumsnahe Arnsberger „Centrale Volksblatt“ unter dem Titel „Zur Sedanfeier“
heftig geklagt, die liberale und protestantische Öffentlichkeit könne von den
Katholiken nicht verlangen, diesen Tag
freudig zu begehen, solange die „heilige
Kirche in eiserne Fesseln geschlagen“
und Katholiken „als staatsgefährlich,
Reichsfeinde, Verräter des Vaterlandes“
diffamiert würden. Erst wenn diese Missstände beseitigt würden, würden auch
die Katholiken freudig „Sedan feiern“.
Einige Jahre später war es offensichtlich
so weit, denn die Turner beschlossen
Mitte der 1890er Jahre gemeinsam mit
dem Kriegerverein, „eine gemeinschaftliche 25-jährige Jubelfeier der Schlacht
bei S e d a n mit dem hiesigen Krieger-
Sedansfeiern und Kriegerfeste standen auch
im Sauerland zunächst hoch im Kurs.
Anzeigen aus dem
Centralen Volksblatt, August 1872
Verein auf der sg. Kaiser-Höhe zu feiern. Und zu welchem Zwecke von unserem Verein den gefallenen Kriegern zu
Ehren ein Kranz gewidmet wird“.22
Während der Generalversammlung
von 1911 hielt Vikar Franz Schiller eine
längere Ansprache, in welcher er „der
Zeiten vor 100 Jahren“ gedachte, als
„sich um die Erhebung des deutschen
Volkes auch der Turner-Organisator
Jahn verdienstlich gemacht habe“.23
Auch bei anderen nationalen Feierund Gedenktagen gaben sich die Turner
stramm national. So wurde das 25-jährige
Regierungsjubiläum Kaiser Wilhelms II. im
Jahre 1913 mehrfach durch „Ansprache
& Kaisertoast“ sowie „mit „begeisterten
Worten“ und „dreifachem Hoch“ gefeiert,24 und im gleichen Jahr beschlossen
die Turner, „aus Anlass der 100-jährigen
Wiederkehr der Schlacht bei Leipzig am
18. Oktober 1812 ein Freudenfeuer am
Sonnabend, dem 18. Oktober ds. J. auf
dem Franziskus abzubrennen“.25
Während sich also nach Ausbruch
des Kulturkampfes in Sundern und im
kölnischen Sauerland das weitgehend
katholische Milieu und der neu gegründete preußisch-deutsche Nationalstaat
zunächst ablehnend gegenüber gestanden hatten, war mit dem Abklingen der
Auseinandersetzungen eine deutliche
Annäherung zwischen katholisch geprägten Vereinen und nationalem Staat
zu konstatieren. Drei Beispiele sollen
diesen Wandel abschließend dokumen-
tieren. Hatte der Klerus in Sundern in
den 1870 er Jahren noch Papstjubiläen
ausdrücklich gegen den protestantischmonarchischen Kult organisiert,26 so
fand Pfarrer Joseph Schwickardi im
Jahr 1893 offensichtlich nichts dabei,
aus Anlass der Geburtstagsfeier des
Kriegervereins für Kaiser Wilhelm II. die
Festrede zu halten.27 Auch die national
eingestellten Turner hatten zu Beginn
des neuen Jahrhunderts keinerlei Probleme, „am 1. März das 25-jährige
Papstjubiläum unseres hl. Vaters zu feiern“.28 Ebenso schafften die Handwerker vor Ausbruch des I. Weltkrieges
mühelos den Spagat zwischen katholischem Glauben und Kaisertreue, denn
laut Protokollbuch hielt der Vorstand im
Sommer 1913 fest, „am Jubiläumstage
seiner Majestät des Kaisers im geschlossenen Zuge die hl. Messe zu besuchen“.29
4. Die Einstellung gegenüber
Sozialdemokratie und Juden
Waren Kriegervereine und sonstige
nationale und quasimilitärische Verbände einerseits darauf ausgerichtet, die national gesinnten Teile der Bevölkerung
hinter der Fahne von Kaiser und Reich
zu integrieren, sollten umgekehrt andere Gruppen ausdrücklich ausgeschlossen werden. Dies waren nach Abklingen
des Kulturkampfes nicht mehr die katholische Kirche und ihr nahe stehende
Organisationen, sondern die politische
Arbeiterbewegung, die sich in der sozialdemokratischen Partei organisierte.
Auch nach dem Auslaufen des so genannten Sozialistengesetzes (1878–90)
ging der Kampf gegen die als „vaterlandslose Gesellen“ verunglimpften Sozialdemokraten weiter. So informierte
der Regierungspräsident in Arnsberg
am 24.1.1891 alle Landräte, über
„Maßregeln zur Abwehr des Eindringens
socialdemokratischer Elemente in die
Kriegervereine“: „Mitglieder, welche
(…) der Anforderung der Pflege und Bestätigung der Liebe und Treue zu Kaiser
und Reich nicht entsprechen, sind aus
dem Vereine auszuschließen.“30 Dazu
bestand in Sundern keine Notwendigkeit, denn Polizeidiener Müller meldete,
„Haltung und politische Gesinnung der
Mitglieder ist gut“.31
Ähnliches ließ sich aus der Sicht der
Behörden ganz sicher auch von den Mit-
S AUERLAND N R . 4/2008
gliedern des Turnvereins „Sauerlandia“
sagen, denn auf der Hauptversammlung
des Jahres 1912 wurde im Protokollbuch festgehalten: „Infolge Beschlussfassung der deutschen Turnerschaft, nahm auch die heutige Generalversammlung einstimmig den Antrag an, die Mitglieder nicht wie bisher
mit „Genossen“ anzureden. Die Bezeichnung wurde deshalb geändert,
(weil) die Mitglieder der socialdem.- Partei mit Genossen angeredet werden“.32
Ein dritter „Verein“ kam hinzu, und
es ist mit großer Sicherheit anzunehmen, dass dies den Ausschlag gab für die
Entwicklung eines strikt antisozialdemokratischen Milieus in Sundern. Ganz offensichtlich sorgte Pfarrer Joseph
Schwickardi, der von 1885 bis 1916 in
Sundern tätig war, dafür, dass seine
Schäfchen dem Zentrum treu ergeben
blieben. So lobte Pfarrer Franz Vollmer
in der Pfarrchronik die Ergebnisse der
Arbeit seines Vorgängers: „Während
seiner Zeit wurden im Industrieorte Sundern bei den Wahlen keine roten Stimmen abgegeben.“33 Während in anderen von der Industrialisierung erfassten
Gemeinden auch des Sauerlandes „rote
Kapläne“ Verständnis für die soziale Not
der Arbeiter aufbrachten und angesichts
des häufig sturen Verhaltens der Unternehmer vor der Gefahr des Abwanderns
zu den Sozialdemokraten warnten34,
blieb eine mögliche Hinwendung zur
SPD für die Geistlichkeit in Sundern
Teufelswerk.
Dies soll hier anhand eines weiteren
Beispiels belegt werden. Der Borromäus-Verein war zwar seit der Zeit des
Kulturkampfes nicht mehr aktiv gewesen, aber später wurde in Sundern wieder eine „Volksbibliothek“ eingerichtet,
die von der katholischen Kirche und der
politischen Gemeinde finanziert und
von dem jeweiligen Vikar geleitet wurde.
In unserem Zusammenhang ist ein Bericht von Amtmann Claesgens an den
Landrat in Arnsberg aus dem Jahre
1908 aufschlussreich. Nach dem obligaten Hinweis: „Die Sozialdemokratie hat
sich im hiesigen Amte in keiner Weise
bemerkbar gemacht“ führt der Sunderner Amtmann weiter aus:
„Eine gemeinnützige Einrichtung im
Sinne der Bekämpfung der Sozialdemokratie ist hier durch die Einrichtung
187
nau bekannt. Es
handelt sich um die
Mitglieder der einzigen jüdischen Familie am Ort, die
Familie des Metzgermeisters Moses Klein. Wirtschaftlich waren
die Kleins nicht auf
Rosen gebettet,
denn bei der ersten
überlieferten
Wählerliste für die
Kommunalwahlen, die auf der
Satirische Darstellung des „Kanzelparagraphen“: Der preußische
Steuerleistung der
Staat „deckelt“ die katholische Kirche im Kulturkampf
Wähler beruhte,
einer Volksbibliothek, in welcher haupt- nahm Moses Klein den letzten Platz der
sächlich den Arbeitern gute Bücher pa- III. (und damit untersten) Steuerklasse
triotischen Inhalts zugänglich gemacht ein. Auch wenn er seine Position bei
werden, getroffen worden. Die Arbeiter den darauf folgenden Kommunalwahlen
machen von dieser Einrichtung sehr viel- stetig verbesserte, blieb er doch immer
fachen Gebrauch und ist deshalb an der in der niedrigsten Steuerklasse, wobei
sehr nützlichen Einrichtung auf die Fern- allerdings zu betonen ist, dass er dieses
haltung der Leute von der Sozial- Los mit der überwältigenden Mehrheit
demokratie nicht zu zweifeln. (…) Eine der Sunderner Männer im Kaiserreich
Beteiligung der Sozialdemokraten (…) teilte.38
an kommunal- und kirchlichen Wahlen
Im Hinblick auf die Vereinsmithat nicht stattgefunden. Socialdemokragliedschaft des Moses Klein ist es selbsttische Jugendorganisationen sind im
verständlich, dass er und seine Söhne
hiesigen Amte nicht vorhanden.“35
nicht Mitglieder religiöser katholischer
Auch bei dem einzigen großen Streik Vereine sein konnten. Dagegen waren
in Sundern vor 1914, dem Metallar- Moses Klein und sein jüdischer Verbeiterstreik von 1910, ging es nicht et- wandter Julius Stern ebenso wie etwa
wa um die Gründung einer sozialisti- weitere 160 Sunderner Männer Mitglieschen Gewerkschaft, sondern um die der einer sog. „Geschlossenen GesellFrage, ob sich die Arbeiter unter Füh- schaft“, deren Hauptzweck der Konsum
rung des Pfarrers im Christlichen Metall- geistiger Getränke gewesen zu sein
arbeiterverband organisieren dürften. scheint, denn diese Vereine, die es auch
Erst als die Arbeitgeber selbst dies ver- in einigen Nachbarorten gab, wurden
weigerten und zu Aussperrungen grif- von realistischen Zeitgenossen als
„Sauf-Clubs“ bezeichnet, und Amtmann
fen, kam es zum Streik.36
Mauve fürchtete, „namentlich in SunAllerdings zeigt dieses Beispiel, dass
dern“ käme „die Moralität noch in weiauch das scheinbar fest gefügte katholiteren Verfall, wie sie dort leider schon
sche Milieu Sunderns bereits vor dem
ist“.39 Auch im Schützenverein waren
Ersten Weltkrieg Erosionsprozessen
Moses Klein und sein Sohn Levi Mitglieausgesetzt war, die unter dem Dach eider, und dieser war sogar eines der
nes noch immer einflussreichen GeGründungsmitglieder des Turnvereins
samtmilieus unterschiedliche katholi„Sauerlandia“ von 1886 und wurde bei
sche Teilmilieus entstehen ließen, die im
mehreren Festen wie alle anderen JubiKrieg noch schärferen Belastungsprolare auch entsprechend geehrt.40 Ebenben ausgesetzt werden sollten.37
so hatte er im Jahre 1890, wie viele
Während wir die Namen der wenigen Sunderner Handwerker, Bauern und FaAnhänger der Sozialdemokratie in Sun- brikanten, das Recht, seine Unterschrift
dern während des Kaiserreichs nicht unter eine Petition, die den Bau der Eikennen, ist eine andere Minderheit ge- senbahn von Hüsten über Hachen, Sun-
188
dern und Allendorf nach Rönkhausen
forderte, zu setzen. Offensichtlich stand
dieses Privileg nur Selbstständigen zu,
denn kein Arbeiter gehörte zu den Unterzeichnern.41 Soweit die bekannten
Akten dies zulassen, wird man also nicht
behaupten können, die Kleins seien damals in Sundern gesellschaftlich diskriminiert gewesen, und von einem „eliminatorischen Antisemitismus“ (Daniel J.
Goldhagen) zu sprechen führt gänzlich
an der Realität vorbei. Zugespitzt könnte man formulieren: Nicht Juden, sondern Sozialdemokraten waren die
Außenseiter in Sundern während des
Kaiserreichs.
5. Ausblick
Zum Abschluss der hier gemachten
Beobachtungen möchte ich einige Vorschläge machen, wie bei der Erforschung der Mentalitätsgeschichte Sunderns im Kaiserreich gemachte Erfahrungen sich eventuell auch bei der weiteren Beschäftigung mit der Geschichte
des kölnischen Sauerlandes als lohnend
erweisen könnten:
1
Mit der leider noch immer unveröffentlichten Dissertation von Jens
Hahnwald aus dem Jahre 2002 liegt
endlich eine den Anforderungen einer
modernen Gesellschaftsgeschichte entsprechende Untersuchung über den hiesigen Raum vor, die durch lokalgeschichtliche Untersuchungen sinnvoll
ergänzt werden kann, soweit dies in
jüngster Zeit nicht bereits geschehen ist.
2
Dabei könnten folgende inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden, wobei sich natürlich weitere Themen je
nach Quellenlage und örtlichen Gegebenheiten anbieten können:
2.1 Reichsgründung, Zentrumspartei und Kulturkampf sowie deren Auswirkungen auf das katholische Milieu;
2.2 Weltliche Vereine und ihr Verhältnis zur katholischen Kirche (Abbau
des Kulturkampfes; Rolle der Geistlichen als „Milieumanager“ (Olaf Blaschke);
2.3 Das Vordringen nationalistischer und militärischer Ideen im Vereinswesen (Fahnen; Feiern; Denkmäler;
soziale Militarisierung);
2.4 Die Bedingungen und Auswirkungen der Industrialisierung auf Par-
S AUERLAND N R . 4/2008
teien, christliche Gewerkschaften, katholische Kirche und Mentalitäten;
2.5 Zur Rolle von Außenseitern
(Sozialdemokraten; Freie Gewerkschaften; Juden);
2.6 Der Erste Weltkrieg (das „Augusterlebnis“; das Verschwinden der
Kriegsbegeisterung; soziale Polarisierung; Frauen- und Ausländerarbeit;
Kriegsende);
3
Manche der hier ins Auge gefassten Prozesse wird man nur untersuchen können, wenn man die entsprechenden Quellen zur Verfügung hat. Neben gedruckten Quellen wie Zeitungsberichten und Vereinschroniken enthalten
vor allen Dingen die handschriftlichen
Pfarr- und Schulchroniken sowie die
Protokollbücher der Gemeinderäte, der
gesellschaftlichen Vereine und politischen Parteien lokalgeschichtliche
Schätze, die noch gehoben werden
könnten. Gerade hier verspricht die eingangs erwähnte Hinwendung zu mentalitätsgeschichtlichen Fragestellungen
lohnende Ergebnisse.
9
10
11
12
13
14
1 Zitiert nach Rudolf Morsey: Die deutschen Katholiken und der Nationalstaat zwischen Kulturkampf
und Erstem Weltkrieg, in: Gerhard A. Ritter, Hg.,
Deutsche Parteien vor 1918, Köln 1973, S. 270 –
298, S. 271.
2 Archiv der Pfarrgemeinde St. Johannes Evangelist,
Sundern (=PASu), Pfarrchronik, Eintragung Pfarrer
Kleffs, § 120. Zur Stellung des politischen Katholizismus zur Reichsgründung vergl. allgemein Christoph Weber, „Eine starke, enggeschlossene Phalanx“. Der politische Katholizismus und die erste
deutsche Reichstagswahl 1871, Essen 1992.
3 Zu Bischof Konrad Martin vgl. die Ausführungen
von Matthias Pape: Die Säkularisation im Herzogtum Westfalen – Tor für den Ultramontanismus, in:
Sauerland, Nr. 2/2003, S. 61-66, S. 66. Vgl. dagegen die apologetische Darstellung bei Hans Jürgen Brandt, Karl Hengst, Geschichte des Erzbistums Paderborn, Bd. 3. Das Bistum Paderborn
im Industriezeitalter 1821-1930, Paderborn 1997,
S. 131 ff.
4 Stadtarchiv Sundern (=StASu), Stufe 1, B 780,
30.5.1874.
5 StASu, Stufe 1, B 516, 19.3.1875. Die im Text folgenden Zitate sind der gleichen Akte, 21.3.1875
und 27.3.1875 entnommen.
6 Vgl. Bernhard Riering, Chronik der Stadt Allendorf, Dortmund 1972, S. 109. Zum Kulturkampf
im kölnischen Sauerland vgl. allgemein Jens Hahnwald: Tagelöhner, Arbeiter und soziale Bewegung
in der katholischen Provinz. Phil. Diss. Bochum
2002 (Typoskript), S. 179-201.
7 PASu, Pfarrchronik, Eintragung Pfarrer Christian
Mittrops vom 14.1.1885. – Der bekannte Zentrumspolitiker Peter Reichensperger war der
langjährige Reichstagsabgeordnete des hiesigen
Wahlkreises.
8 StASu, St. 1, B 484, 29.10.1873. – Zur klerikalen Wahlbeeinflussung bei preußischen Landtags-
15
16
17
18
19
20
21
22
wahlen vergl. Thomas Kühne: Dreiklassenwahlrecht und Wahlkultur in Preußen 1867 – 1914,
Düsseldorf 1994, S.93 ff.,
Herbert Kühr: Katholische und evangelische Milieus. Vermittlungsinstanzen und Wirkungsmuster,
in: Dieter Oberndörfer u. a., Hg., Wirtschaftlicher
Wandel, religiöser Wandel und Wertewandel. Folgen für das politische Verhalten in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1985, S. 245-261, S.
249.
Paul Fiebig, Chronik der Freiheit Sundern, Sundern 1954, S. 147.
Vgl. allgemein hierzu Westfälisches Schieferbergbau- und Heimatmuseum Holthausen e.V., Hg.,
Marienverehrung im Sauerland, Brilon 2004;
speziell zu Sundern: Michael Schmitt, Geschichte
und Gegenwart der Sunderner Wallfahrt zur Gottesmutter von Werl, in: ebda., S. 111 – 130.
Zwar teilte der Allendorfer Amtmann Thüsing
dem Arnsberger Landrat auf dessen Anfrage über
Aktivitäten des Borromäus-Vereins, dessen Bestrebungen „vorzugsweise auf Verbreitung reichsfeindlicher Schriften gerichtet“ sei, am
14.11.1874 mit, der Verein habe „im hiesigen
Amte wegen Mangel an Mitgliedern Aufgehört zu
existieren“ (StASu, St. 1, B 787), aber später wurde der Verein in Sundern mehrfach erwähnt, wobei die Gemeindevertretung u. a. Geld für die Anschaffung von Büchern zur Verfügung stellte.
Dies geht aus den Protokollbüchern der genannten Vereine hervor, die sich in den jeweiligen Vereinsarchiven befinden. Für genauere Belege vgl.
den Aufsatz von Werner Neuhaus: Wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Wandel in
Sundern von der Mitte des 19. Jahhunderts bis
zum Ende der Weimarer Republik, der im 1. Band
der Chronik „700 Jahre Sundern. Freiheit und
Kirche“ 2009 erscheinen soll.
Vgl. Paul Fiebig, Berthold Schröder, „Vom Dreißgjährigen Krieg bis zur Nazi-Diktatur, in: Michael
Schmitt, Hg., Über 375 Jahre Schützenwesen in
Sundern, Sundern 2006, S. 84-131, S.98.
Ute Frevert, Die kasernierte Nation. Militärdienst
und Zivilgesellschaft in Deutschland, München
2001, S. 276.
Thomas Rohkrämer, Der Militarismus der „kleinen Leute“. Die Kriegervereine im Deutschen
Kaiserreich 1871 – 1914, München 1990; kritisch dazu: Benjamin Ziemann, Sozialmilitarismus
und militärische Sozialisation im deutschen Kaiserreich 1870 – 1914. Desiderate und Perspektiven in der Revision eines Geschichtsbildes, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 53,
2002, S. 148-164, bes. 159 ff.
Vgl. die Unterlagen im StASu, St. 1. B 787 u.
788.
StASu, St. 3, 4 – 7, 13.9.1910.
Pb Kriegerverein, 21.7.1912.
Pb „Sauerlandia“, 6.9.1913.
Vgl. Dietmar Klenke: Nationalkriegerisches Gemeinschaftsideal als politische Religion. Zum Vereinsnationalismus der Sänger, Schützen und Turner am Vorabend der Einigungskriege, in: Historische Zeitschrift 260 (1990), S. 595 – 630;
Hans-Georg John, Politik und Turnen. Die Deutsche Turnerschaft als nationale Bewegung im
deutschen Kaiserreich von 1871-1914, Ahrensburg 1976.
Pb „Sauerlandia“, 30.8.1895. – Zum Sedansfest
vgl. allg. Fritz Schellack, Sedan- und Kaisergeburtstagsfeste, in: Dieter Düding u. a., Hg., Öffentliche Festkultur. Politische Feste in Deutschland von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg,
Reinbek b. Hamburg 1988, S. 278 297; Jakob
Vogel, Nationen im Gleichschritt. Der Kult der
„Nation in Waffen“ in Deutschland und Frankreich, 1871-1914, Göttingen 1997, bes. S.
144 ff.; 148 ff.
189
S AUERLAND N R . 4/2008
Die vermessene Fernsicht
von Reinhard Köhne
23 Pb „Sauerlandia“, 30.5.1911. – Zu Jahns Aktivitäten vgl. Christiane Eisenberg, „English
Sports“ und deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800 – 1939, Paderborn 1999, S.
105 ff.
24 Pb „Sauerlandia“, 28.6.1913.
25 Ebda., 10.10.1913. – Zur Bedeutung der Gedenkfeiern anlässlich der „Völkerschlacht“ bei
Leipzig vgl. allgemein Wolfram Siemann: Krieg
und Frieden in historischen Gedenkfeiern des
Jahres 1913, in: Dieter Düding u. a., Hg., Öffentliche Festkultur, S. 298 – 320; Jakob Vogel, Nationen im Gleichschritt, S. 171 ff.
26 Zu den Papstfeiern in Sundern vgl. die Bemerkungen Pfarrer Kleffs in der Pfarrchronik, S. 83.
- Vgl. allgemein zu diesem Problembereich Barbara Stambolis, Nationalisierung trotz Ultramontanisierung oder: „Alles für Deutschland. Deutschland aber für Christus“. Mentalitätsleitende Wertorientierung deutscher Katholiken im 19. und
20. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift 269
(1999), S. 57-97.
27 Pb Kriegerverein, 9.11.1893, S. 9.
28 Pb „Sauerlandia“, 25.2.1903.
29 Pb Handwerkerverein, 13.6.1913.
30 StASu, St. 1, B 788, 24.1.1891.
31 Ebda., 8.6.1894.
32 Pb „Sauerlandia“, 24.11.1912.
33 PASu, Pfarrchronik, Eintragung Pfarrer Franz
Vollmers (ohne Datum, ohne Seitenzahl).
34 Vgl. die Beispiele bei Jens Hahnwald, Tagelöhner, S. 198 ff.; ders., „Schwarze Brüder in rotem
Unterzeug …“ Arbeiter und Arbeiterbewegung in
den Kreisen Arnsberg, Brilon und Meschede
1889 – 1914, in: Karl-Peter Ellerbrock, Tanja
Bessler-Worbs, Hg., Wirtschaft und Gesellschaft
im südöstlichen Westfalen, Dortmund 2001, S.
224 – 275, S. 256 ff.
35 Staatsarchiv Münster, Kreis Arnsberg, Landratsamt Nr. 665, 14.8.1908.
36 Vgl. Hahnwald, Tagelöhner, S. 269 ff.
37 Zur Forschungslage über den politischen Katholizismus im Kaiserreich vgl. Benjamin Ziemann:
Der deutsche Katholizismus im späten 19. und im
20. Jahrhundert. Forschungstendenzen auf dem
Weg zu sozialgeschichtlicher Fundierung und Erweiterung, in: Archiv für Sozialgeschichte 40,
2000, S. 402-422, bes. 404 ff.
38 Vgl. die Wählerlisten im StASu, St. 1, B. 484, B
487, B 488, B 489. Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Familie Klein vgl. Irmgard Harmann-Schütz, Franz Blome-Drees, Geschichte
der Familie Klein in Sundern, Sundern 1988, S.
19-23.
39 StASu, St. 1, B. 786, Antrag vom 7.7.1883; vgl.
auch das Mitgliederverzeichnis vom 6.7.1883,
wo der Jude Julius Stern als Mitglied aufgeführt
wird. Mauves Einschätzung stammt vom
23.8.1883.
40 Pb „Sauerlandia“, begonnen 1894, 19.8.1921;
Pb „Sauerlandia“, begonnen 6.12.1925, S. 6,
Vorstandssitzung vom 28.7.1926: Bei beiden
Anlässen wird Levi Klein als „Gründer“ des Vereins namentlich genannt.
41 Ein gedrucktes Exemplar dieser Eingabe befindet
sich im StASu, St. 2, rot, C 4, Fach 12.
Die Errichtung des Mobilfunkturms
auf dem Schomberg (647 m ü. NN) bei
Sundern-Wildewiese inspirierte den in
der historischen Landesvermessung engagierten Prof. Dr.-Ing. Hans Fröhlich
zur Überprüfung einer Nachricht in der
„Zeitschrift im Sauerland“ von 1929.
Danach bestehe bei klarer Sicht vom
Widukindsturm der Wiethaus-Hütte die
Überprüfung ein solch optischer Durchblick möglich erschien, setzte er einen
Preis für das beste eingesandte Zielfoto
aus. Als Belohnung winkte ein Essen in
der Gaststätte Steinberg (Wildewiese),
Planwagenfahrt und eine Buchgabe
(Fröhlich, H.: Die Landesvermessung im
Spiegel deutscher Brauereien).
Am 8. Juni 2008 konnte der Preis an
Fabian Weisser übergeben werden. Auf
seinem Belegfoto erscheint in einer
Lücke der sauerländischen Bergkuppen
der 83 km entfernte Oelbergsgipfel mit
Antennenmast. Damit wurde nach 79
Jahren die frühere Aussage amtlich bestätigt. Der Große Ölberg (459 m ü.NN)
ist die höchste Erhebung im Naturpark
Siebengebirge bei Königswinter mit
Aussichtsmöglichkeiten nach Westen
bis zur Hohen Acht in der Hocheifel.
Der kegelförmige Gipfel ist vulkanischen Ursprungs und eröffnet eine landschaftliche Parallele zu den durch untermeerischen Vulkanismus entstandenen
Quarzkeratophyr-Höhen bei Wildewiese
im Naturpark Homert.
Möglichkeit einer Sichtverbindung mit
Fernrohr zu den Kuppen des rechtsrheinischen Siebengebirges. Da von der
neuen Aussichtsplattform in 30 Metern
Höhe nach vermessungstechnischer
B esuche n
S i e uns im Int er net :
w w w. s a u e rl a e n d e r -h e i m a t b u n d . d e
Das Siegerfoto
190
S AUERLAND N R . 4/2008
Die Kanzel der St.-Johannes-Pfarrkirche in Attendorn
Ursprüngliche Gestalt und gegenwärtiger Zustand
von Werner F. Cordes
Ein Betrachter der Barockkanzel aus
der Werkstatt Sasse in der Pfarrkirche St.
Johannes Baptist in Attendorn wird bei
genauem Hinsehen bald feststellen, dass
diese stilistisch nicht aus einem Guss ist.
Da taucht am Kanzelkorb zwischen Figuren und Ornamenten aus der Zeit um
1700 eine von Rocaillen umspielte Kartusche aus der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhunderts auf. Als stilistisch damit
verwandt, aber über das Rokoko hinausgehend, erweist sich das Zwischenstück,
welches als Säulenverkleidung den Kanzelkorb mit dem Schalldeckel verbindet.
Dieser selbst erscheint, wenn man von
der Unterseite zunächst einmal absieht,
gegenüber dem Korb ungewöhnlich
schlicht, die aufgesetzten Rosetten entsprechen weder dem barocken noch
dem rokokohaften Dekor.
Die im Jahre 1903 erschienenen
„Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises
Olpe“ zeigen bereits den heutigen Zustand, der nicht als der ursprüngliche angesehen werden kann.1 Umrisse von
Schnitzereien in der Fassung der flächigen Seitenteile des Deckels machen
deutlich, dass diese früher mit barocker
Zier versehen waren. Vergleiche mit entsprechenden Kanzeln der Sassewerkstatt
in Wormbach und Kohlhagen führen zu
dem Ergebnis, dass die Attendorner
Kanzel ursprünglich nach oben nicht so
stumpf geendet haben kann. Mit Sicherheit ist umlaufendes Schnitzwerk als oberer Abschluss des Deckels anzunehmen.
Wahrscheinlich hat sich, wie bei anderen
anspruchsvollen Kanzeln derselben
Werkstatt, in der Mitte noch eine Figur
als oberer Abschluss befunden.
Diese Feststellungen rechtfertigen
den Schluss, dass die Kanzel seit ihrer
Entstehung verschiedenen Änderungen
unterworfen gewesen sein muss.
Hermann Forck würdigt 1908 die
Kanzel, „ein Geschenk der Familie von
Fürstenberg“, als „hervorragendes Kunstwerk“ und berichtet:„Die prachtvolle
Kanzel in St. Johannes Baptist • Aufnahme Oktober 2001
Deckelkrönung, St. Michael den Teufel
bekämpfend, ist leider 1875 entfernt
und nicht mehr vorhanden“, gibt aber
keine Quelle für diese Feststellung an.2
In der Folgezeit ist die Kanzel wiederholt beschrieben worden, aber immer
wieder unter Berufung auf Forck, also
ohne einen belastbaren Bezug. Bei A.
Overmann findet sich 30 Jahre später3
die Formulierung: „Leider ist der ursprüngliche Kanzeldeckel, den eine imposante Plastik ‚Michael bekämpft den
Teufel‘ schmückte, seit der im Jahre
1875 erfolgten gründlichen Erneuerung
des Kircheninnern verschwunden.“ Er
umschreibt damit nur in seinem Stil die
Aussage von Forck.
W. Scherer übernimmt den zitierten
Satz von Overmann und ergänzt ihn
1998 durch spekulative Folgerungen
ohne gesicherte Quellen.4
Unberücksichtigt geblieben ist bis
heute, dass nicht nur die Kanzelbe-
Kanzel in St. Johannes Baptist • Aufnahme November 2000
191
S AUERLAND N R . 4/2008
über die Abnahme der Rosetten hinaus
mehrfach verändert worden.
Der gravierendste Eingriff in die Substanz der Kanzel war die Entfernung des
gesamten Deckels im Rahmen der ab
1952 durchgeführten Restaurierung
und Neugestaltung des Innenraums der
Kirche. Der als zu groß und die Sicht behindernd empfundene Teil der Kanzel
fand einen Platz unter der Decke der
Taufkapelle an der Nordseite des Kirchturms, wo er über dem Taufbecken aufgehängt wurde6. Die Rosetten an den
Seitenteilen blieben erhalten.
Kanzel in St. Johannes Baptist
Aufnahme Herbst 1958
krönung, sondern auch die Seitenteile
des Deckels sowie die Verbindung zwischen Korb und Deckel gegenüber dem
ursprünglichen Zustand umgestaltet
worden sind.
Diese Änderungen sind am überzeugendsten im Zusammenhang mit einer
Anpassung der Kirchenausstattung an
den sich nach dem großen Stadtbrand
von 1783 in Attendorn durchsetzenden
Klassizismus zu erklären, wie er sich vor
allen Dingen im ehemaligen Chorgestühl der Pfarrkirche, welches heute teilweise in der Hospitalkirche aufgestellt
ist, darstellt.
Noch während der letzten Restaurierung im Jahre 2001 erhielt die Kanzel ein verändertes Aussehen durch die
Wiederanbringung von Rosetten. Der
Restaurierungsbericht5 sagt dazu: „In einem horizontalen Absatz des Schalldeckels der Kanzel waren zu früherer
Zeit 14 vergoldete, florale Blütenformen, von welchen noch 2 Originale
gefunden wurden. Im Zuge der Restaurierung wurden die 12 Blüten bildhauerisch rekonstruiert und entsprechend in
der vorgegebenen Poliment-Vergoldungstechnik nachgearbeitet.“ Mit dieser Ergänzung ist die Kanzel nun wieder
im Zustand von 1903.
In dem Zeitraum zwischen 1903 und
2001 ist das wichtige Ausstattungsstück
der St.-Johannes-Pfarrkirche jedoch
Der neu angefertigte flachere und weniger umfangreiche Ersatz hielt sich jedoch nicht lange, und so lesen wir in den
„Einzelberichten zur Denkmalpflege für
die Jahre 1962–1966“: „Der barocke
Kanzeldeckel, Anfang 18. Jh., der seine
Bekrönung verloren hat und zuletzt in
der Taufkapelle untergebracht war, wurde 1963 restauriert und wieder über der
Kanzel befestigt“7, diesmal allerdings
ohne die Rosetten.
Weniger gut als über diese Vorgänge,
die einen abschließenden Überblick über
die jüngere Entwicklung ermöglichen,
sind wir über das Schicksal der Kanzel in
der Zeit von 1783 bis zum Ende des
19. Jahrhunderts informiert.
Überzeugende Anhaltspunkte ergeben sich jedoch durch die Überformung
wesentlicher Teile des Kircheninventars
im Sinne des Klassizismus, wie er erkennbar durch die Brüder Bernhard
(1718 – 1792) und Johann Nepomuk
Metz (1728 - 1804) beim Wiederaufbau
der Stadt Attendorn nach dem Großbrand vertreten wurde. Bernhard Metz
wurde nach der Katastrophe von 1783
neben dem Gogreven Benedikt Theodor Bresser und Johann Adolph Bischopink in die Kommission für den Wiederaufbau der Stadt berufen8 und war in
diesem Gremium der Bausachverständige. Als solcher fertigte er den Plan für
die Wiederaufrichtung des Kirchendaches, eine der größten Einzelmaßnahmen nach dem Brand.9
Auch bei der Neugestaltung des Innern lässt sich die Handschrift der Metz
erkennen. Das gilt zunächst für das
Chorgestühl, welches gleichartige Gliederungen und Ornamente aufweist wie
die Decke im großen ovalen Saal des
Kanzeldeckel in der Taufkapelle
Aufnahme Herbst 1958
Schlosses in Münster, welche Bernhard
und Johann Nepomuk Metz kurz vorher
im Jahre 1781 unter Wilhelm Ferdinand
Lipper (1733 – 1800) stuckiert hatten.10 Besonders auffällig ist die Verwendung eines Zackenfrieses mit aufgesetzten Rosetten, wie er in Münster und
Attendorn Verwendung gefunden hat.
Eine Datierung des Attendorner
Chorgestühls in die Zeit zwischen 1785
und 1790 ist zumindest für den Entwurf
wahrscheinlich. Außer der gestalterischen Nähe zum Lipperschen Saal weisen Urkunden im Pfarrarchiv auf diesen
Zeitraum. So nahmen am 13. November 1785, entsprechend einer Auflage
des Kurfürsten, die zum Chorkapitel
gehörenden Beneficiaten, um ihren Anteil an dem Wiederaufbau des mit der
Pfarrkirche ausgebrannten Chores aufbringen zu können, ein Kapital von 300
Talern auf, zu dessen Verzinsung ihr
Prokurator jedem einzelnen jährlich 2
Taler von den Choreinkünften abziehen
sollte. Am 7. März 1790 quittiert der
Gläubiger Fünkeler aus Welschen Ennest den Empfang von 300 Talern nebst
Zinsen.11
In Verbindung mit der Aufstellung des
damals „modernen“ Gestühls müssen
die stilistisch gleichartigen Anpassungen
der Kanzel und der Seitenaltäre gesehen werden. Der üppige barocke Kanzeldeckel harmonierte nicht mehr mit
der Gestaltung des Chorraumes und
192
S AUERLAND N R . 4/2008
wurde, wann immer das auch ausgeführt
sein mag, klassizistisch umgestaltet.
dem ehemaligen
Ewich.“14
Zu der angeblich seit 1875 verschollenen Michaelsfigur der Kanzel stellen
sich einige Fragen in Verbindung mit der
ehemaligen Franziskanerkirche. Nach
der Auflösung des Franziskanerkonvents 1822 erfolgte 1838 die Profanierung der Klosterkirche. Diese wurde
ausgeräumt und dem in Attendorn stationierten Landwehrbataillon als Zeughaus übergeben. Zur besseren Nutzbarkeit wurden zwei Zwischendecken eingezogen.
Overmann hat die Kanzel also selbst
gesehen und die Michaelsfigur als nicht
ursprünglich zugehörig erkannt.
Nach dem Abzug des Militärs im Jahre 1888 diente ein Teil der Kirche noch
bis 1893 dem Gymnasium als Turnhalle. Vertreter der Schule bemühten sich
indessen, den Kirchenraum für den
Schulgottesdienst nutzbar zu machen.
Der dafür erforderlichen Wiederherstellung und Neuausstattung erfolgte noch
im Dezember 1893 die Weihe.12
Neben drei Altären und sonstigen
Einrichtungsgegenständen wurde auch
eine schlichte, aus Düsseldorf-Bilk übernommene Kanzel aufgestellt.13
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Satz aus dem Kunstführer
von Anton Overmann: „Die Kanzel
zeigt die reiche, vergoldete Schnitzfigur
des drachentötenden Sankt Michael aus
Augustinerkloster
Nach einem Foto von A. Ludorff haben im Jahre 1901 an der Nord- und
Ostwand der wiederhergestellten Klosterkirche auch 3 große Gemälde aus
ehemaligen Altären der Pfarrkirche St.
Johannes Baptist gehangen.15 Es
scheint also eine Reihe von Kunstwerken, die man zu der Zeit in der Pfarrkirche nicht benötigte, zur Ausschmückung der ehemaligen Franziskanerkirche benutzt worden zu sein.
Die Herkunft der Michaelsfigur muss
als unbelegt gelten. Es gibt kein gesichertes Beispiel für die Übernahme von
Säkularisationsgut aus dem ehemaligen
Augustinerkloster Ewig in die Franziskanerkirche.
Zwischen der Säkularisierung von
Ewig und der Neueinrichtung der Franziskanerkirche 1893 liegt ein Zeitraum
von etwa 90 Jahren. Die von Overmann
angenommene Provenienz der Michaelsskulptur, welche bis 1945 die Kanzel
der Franziskanerkirche krönte, bedarf
daher einer genaueren Nachforschung,
zumal sie nach menschlichem Ermessen
noch existieren dürfte.
Anmerkungen
1 A. Ludorff: Die Bau- und Kunstdenkmäler des
Kreises Olpe, Münster 1903, Tafeln l und 2 nach
S. 28.
2 H. Forck: Illustrierter Führer durch Attendorn und
Umgebung, o. O. u. J. (1908), S. 18.
3 A. Overmann: Die Sankt-Johannes-Pfarrkirche
(genannt der Sauerländer Dom) und die anderen
baulichen Kunstdenkmäler der ehemaligen Hansestadt Attendorn, Attendorn 1939, S. 65.
4 W. Scherer: Fiel die Statue des heiligen Michael
auf dem Deckel der Kanzel in der Attendorner
Pfarrkirche 1875 einem Versuch zum Opfer, die
Kirche vor der Mitbenutzung durch die altkatholische Gemeinde zu bewahren? In: Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe. Olpe 1998, Heft l, S.
32 bis 34.
5 R. F. Römhild: Arbeitsbericht zur Restaurierung
der Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Attendorn, Olpe 2002, Abschnitt 10 (Manuskript im
Pfarrarchiv Attendorn).
6 Pfarrarchiv Attendorn, Pfarrchronik II, S. 122.
7 D. Kluge: Einzelberichte zur Denkmalpflege für
die Jahre 1962 - 1966, in: Westfalen, Hefte für
Geschichte Kunst und Volkskunde, 46. Bd., Münster 1968. S. 197.
8 W. F. Cordes: Stuckornament und Möbeldekoration - Beobachtungen an einer Attendorner
Schreinerarbeit vom Ende des 18. Jahrhunderts,
in: Sauerland, Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes, Heft 3, 2007, S. 124 f.
9 Pfarrarchiv Attendorn, A 57, S. 6 f.
10 W. F. Cordes (wie Anm. 8).
11 Pfarrarchiv Attendorn, A 2 II, Urkunden vom 13.
November 1785 und 7. März 1790.
12 U. Stipp: Die alte Klosterkirche der Franziskaner
in Attendorn und ihr Vorgängerbau, in: Alte und
neue Kunst, Paderborn 1992, S. 83 bis 87.
13 U. Stipp (wie Anm. 12), S. 89 f.
14 A. Overmann: Kunstführer des Westfälischen
Heimatbundes, 22, Olpe, Bielefeld, o. J. (1940)
15 U. Stipp (wie Anm. 12), S. 86.
Fotonachweis: Rolf Frank Römhild, Olpe (l u. 2);
Hermann Schneider, Attendorn (3, 4, 5); Privatarchiv (6).
Kanzel vor der Entfernung des Deckels
Chorgestühl vor der Umgestaltung des Chores
193
S AUERLAND N R . 4/2008
Weihnachten in Menden
von Franz Rose
Jahre nicht mehr wahrgenommen. Den älteren Mendenern war er aber noch bekannt. Der Heiligabend diente in der Familie zur Vorbereitung des „Hohen Festes“.
Der Gottesdienst an den
Weihnachtstagen war die
Hauptsache. Schon sehr früh
– noch in der Nacht – machten sich die Menschen – teilweise mit ihren Handlaternen
– auf den Weg, denn es gab ja
noch keine Straßenbeleuchtung. Die „Uchte“ war an diesem Tag wohl für alle der
Hauptgottesdienst. Dieses Wort
stammt aus dem Altsächsischen bzw. Niederdeutschen und bedeutet „Morgendämmerung“. Vor Beginn
dieses Gottesdienstes sang in
Menden die Gemeinde das
Lied „Es ruht die ganze Welt“.
Dabei geht es um ein Gespräch zischen Hirten auf den
Feldern vor Bethlehem. Der
Engel verkündet ihnen die
Geburt Christi.
Wenn am Nachmittag des
„Heiligabend“ zunächst das
Adventsläuten vom ehrwürdigen St.-Vincenz-Turm erschallt und anschließend die
Bläser vom Turm mit dem
Lied „Es ist ein Ros´ entsprungen“ die Weihnacht
ankündigen, dann ist es auf
dem Platz vor der Kirche und
dem alten Rathaus nahezu
mäuschenstill – auch dann
noch, wenn die Stimmen des
Männerchores
erklingen.
Aber schon, wenn der Chor
und die Bläser auf dem Turm
das Lied „Stille Nacht, heilige
Nacht“ erklingen lassen, singt
hier und da einer der Teilnehmer mit.
Alle Besucher dieser Mendener Weihnachtsfeier stimmen aber fröhlich ein, wenn
nach dem feierlichen Geläut
aller Glocken von St. Vincenz
und der übrigen Glocken der
Stadt das Lied angestimmt
wird: „Oh du fröhliche.“ Das
feierliche „Baiern“ beendet
dann diese eindrucksvolle
Weihnachtsfeier.
Original Linolschnitt von Wilhelm Schneider
Menden 1969
Baiern gehört zu den ältesten Läutebräuchen im Sauerland, ist aber nicht
nur in Menden bekannt. Es dürfte eine
Vorform des Glockenspiels sein. Wann
es eingeführt wurde, lässt ich nicht ermitteln. Aber 1795 schreibt der Geheimrat Peltzer aus Arnsberg an seine
Frau in Bonn, dass „eine ganze Stunde“
gebaiert wurde. Anzunehmen ist vielleicht, dass diese Form des Läutens aus
den Niederlanden stammt, wo sie
„beiaarn“ heißt. Bei dieser Form des
Läutens wird nicht die Glocke bewegt,
sondern der Klöppel der Glocke wird
nach „streng musikalischen Gesetzen
angeschlagen“. Die Glockenspieler
müssen Takt, Rhythmus und Melodie
der Weisen beachten. Die Glocken werden als Instrumente genutzt.
Das Turmblasen und Singen vor dem
Vincenzturm – unter Bürgermeister Rau
Mitte der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts eingeführt – sind noch nicht so
alt. Ein viel älterer Brauch wurde lange
Wie alt dieses Lied ist,
konnte noch nicht ermittelt
194
werden. Es ist Dr. Gregor Vedder, früher
– wie sein Vater – Organist an St. Vincenz, zu verdanken, einmal den Text
und die Noten beschafft zu haben. Die
älteste bisher bekannte Aufzeichnung
erschien 1741 im Kölner Gesangbuch
„Tochter Sion“, das auch in Menden
gültig war. Menden gehörte damals zu
Kur-Köln. Es ist anzunehmen, dass sowohl Text als auch Melodie von Heinrich Lindenborn stammen. Nachforschungen in Paderborn, Köln, Bonn
sowie an der Universität Mainz und dem
Weihnachtsliedarchiv in Graz blieben
leider erfolglos. Dem Visitationsbericht
aus der Zeit des Pfarrers Zumbroich ist
zu entnehmen, dass in der Vincenzgemeinde nur vier dieser Liederbücher
S AUERLAND N R . 4/2008
vorhanden waren. Bücher waren allgemein teuer, und nur wenige Leute konnten sich diese leisten. Auch so ist es wohl
zu verstehen, dass sich der Organist für
die Orgel ein eigenes, handgeschriebenes „Notenbuch“ anlegte. Hierbei fällt
auf, dass die Noten in diesem „Orgelbuch“ doch von denen in der Originalfassung von 1741 abweichen.
Als das Gebet- und Gesangbuch
„Tochter Sion“ durch das Buch
„Herold“ abgelöst wurde, bekam Menden zu diesem Gesangbuch einen „eigenen Mendener Anhang“. In diesem war
auch das Lied „Es ruht die ganze Welt“
aufgenommen worden. Auch im „Sursum Corda“ war es nur im „Mendener
Anhang“ – allerdings nicht in der Ausgabe 1910. Die älteste vorliegende Ausgabe des „Mendener Anhang“ stammt von
1914.
In der kurzen Zeit der Hessen-Herrschaft war noch ein anderes Gebet- und
Gesangbuch im Gebrauch, das aber
auch das Lied: „Es ruht die ganze Welt“
nicht enthielt – auch keinen Mendener
Anhang.
Pfarrer Karl Müller (†) nahm den
Brauch dieses alten Liedes wieder auf.
Auch heute noch unter Pfarrer Brackhahne wird dieses Lied am 1. Weihnachtstag im Hirtenamt wechselweise
gesungen und gebetet.
Redaktionsschluss
EXCLUSIVE HERRENMODE
SEIT 1928
Lange Wende 94 – Mendener Straße 8
Tel. 0 29 32/2 43 64 – Tel. 0 29 32/71 04
59755 Arnsberg-Neheim
für die
nächste Ausgabe
ist der
15. Februar 2009
Foto: Friedhelm Ackermann (†) irgendwo im Sauerland
BE T H L E H E M
A L L E R OR T E N
Wandern auf verschneiten Pfaden
unterm Stern der heil’gen Nacht,
da sich Gottes Sohn voll Gnaden
heut uns ganz zu eigen macht.
Lasst uns tausend Krippen bauen,
jeder tief im Herzen drin,
dass wir Menschen voll Vertrauen
folgen Christ von Anbeginn.
Der im Stalle ward geboren
in der Armut Dunkelheit.
Hat uns alle auserkoren,
Licht zu sein in unsrer Zeit.
Niemand soll heut einsam schreiten
unterm weiten Sternenzelt.
Einer soll den andern leiten,
dann ist Weihnacht in der Welt.
Carola Matthiesen
Vorstand und Redaktionsausschuss
wünschen allen Abonnenten und Lesern
ein gesegnetes Weihnachtsfest
und ein gutes Jahr 2009
196
S AUERLAND N R . 4/2008
„Erscheint auf der Weide ein Bote der Freude! –
Engel in der Weihnachtsgeschichte“
Führungen an der Sunderner Heimat-Krippe in der Rochus-Kapelle
und auf dem IV. Sunderner Krippenweg
Durch Sundern findet wieder vom 2. Adventssonntag, 7. Dezember 2008, bis zum 11. Januar 2009 der IV. Sunderner Krippenweg mit über 30 Stationen und Krippen aus aller Welt sowie Werken heimischer Künstler, Schulen,
Kindergärten und sozialer Einrichtungen statt. Er steht in diesem Jahr unter dem Leitwort „Erscheint auf der Weide ein Bote der Freude! – Engel in der Weihnachtsgeschichte“. Ein Informationsheft dazu mit den weiteren Programmpunkten ist bei der Stadtmarketing Sundern eG anzufordern.
So., 7. Dezember 2008
11.00 Uhr
Familiengottesdienst in St. Johannes mit anschließender Eröffnung des IV. Sunderner Krippenweges am Brunnen in der Fußgängerzone
15.00 Uhr
Führung in der Rochus-Kapelle
So., 14. Dez. 2008
15.00 Uhr
Führung auf dem Sunderner Krippenweg*
Do., 18. Dez. 2008
19.00 Uhr
Abendführung auf dem Sunderner Krippenweg*
So., 21. Dez. 2008
15.00 Uhr
Führung auf dem Sunderner Krippenweg*
So., 28. Dez. 2008
15.00 Uhr
Führung auf dem Sunderner Krippenweg*
Die., 30. Dez. 2008
10.00 Uhr
Kinderführung auf dem Sunderner Krippenweg
Silvester, 31. Dez. 2008
15.00 Uhr
Führung in der Rochus-Kapelle
So., 4. Januar 2009
15.00 Uhr
Führung auf dem Sunderner Krippenweg*
Do., 8. Januar 2009
19.00 Uhr
Abendführung auf dem Sunderner Krippenweg*
So., 11. Januar 2009
15.00 Uhr
Führung auf dem Sunderner Krippenweg*
So., 18. Januar 2009
15.00 Uhr
Führung in der Rochus-Kapelle
So., 25. Januar 2009
15.00 Uhr
Führung in der Rochus-Kapelle
Bei den * gekennzeichneten Führungen auf dem Sunderner Krippenweg ist eine Anmeldung beim
Stadtmarketing (Tel. 0 29 33/97 95 90, Fax 0 29 33/97 95 915, [email protected]) erforderlich! Der Treffpunkt ist die Stadtmarketing Sundern eG am Rathausplatz 7. Bei gewünschten Gruppenführungen auf dem Krippenweg wende man sich bitte ebenfalls an das Stadtmarketing, bei
Führungsanfragen für die Heimatkrippe in der Rochus-Kapelle an das Pfarramt St. Johannes Evangelist (Tel. 0 29 33/23 65, Fax 0 29 33/92 10 14, [email protected]).
Neue Mitglieder
bzw. Abonnenten
Termine • Termine • Termine • Termine
Sonntag,
18. Jan. 2009
16.30 Uhr
17.00 Uhr
28. Todestag von Bischof Hugo Aufderbeck
(*1909 Hellefeld † 1981 Erfurt)
Einweihung der Erinnerungstafel am Haus Aufderbeck
aus Anlass des 100. Geburtstages
Pfarrkirche St. Martinus Hellefeld, Pontifikalamt mit dem
Erzbischof von Köln Dr. Joachim Kardinal Meisner
31. Okt. 2008 – WeltSpielZeug
1. Febr. 2009
Sonderausstellung im Sauerland-Museum Arnsberg
Einfälle statt Abfälle – Spielzeug-Kreationen aus fernen
Ländern
Die Redaktion bittet um Mitteilung weiterer Termine
Jürgen Wiegen, Bönen
Ulrich Vetter, Kreuztal
Bernhard Rösen, Olsberg
Wilhelm Krueger jr., Kirchhundem
Claudia Verlemann, Sundern
Gerd Kroll, Warstein
SGV Abteilung Langscheid, Sundern
Prof. Dr. Antonius Kettrup, Arnsberg
Werner Neuhaus, Sundern
Karl-Georg Wuschansky, Arnsberg
Klaus Opdenacker, Brilon
Reinhard Pielstricker, Warstein
Axel Müller, Lüdenscheid
Alois Hatting, Sundern
Josef Sommer, Meschede
Jens Liese, Bestwig
Volker Körner, Olsberg
197
S AUERLAND N R . 4/2008
Herbstgedanken auf der Heidenstraße
von Birgit C. Haberhauer-Kuschel
Mehr als 60 Wander- und Heimatfreunde fanden sich am letzten Septembersonntag zu einer Wanderung auf
der Heidenstraße an der Förder Linde
bei Grevenbrück ein. Auf dem Programm stand die Etappe über Dünschede nach Attendorn. Nach der Begrüßung durch Herbert Schmoranzer
von der Projektgruppe Heidenstraße
ließ es sich Alfons Heimes, Bürgermeister von Lennestadt, nicht nehmen, die
Wandergruppe mit freundlichen Worten
persönlich auf den Weg zu schicken. Er
betonte den Aspekt des Pilgerns und
hob das unermüdliche Engagement der
Eheleute Schmoranzer hervor. Doch bevor es so richtig losgehen konnte,
sprach der Grevenbrücker Pastor Heinrich Schmidt ein Gebet und segnete die
Wanderer.
Prominenter Mitwanderer war an diesem Sonntag der gebürtige Heggener
Gisbert Baltes, Moderator beim WDR in
Köln und den meisten Teilnehmern
schon bekannt aus seiner Zeit als Redakteur bei der WP.
In dichtem Nebel legte die Gruppe die
erste Etappe zurück. Teilten sich früher
beide Routen in Richtung Attendorn bereits an der Förder Linde, so verläuft die
Wanderroute heutzutage bis oberhalb
des Schrödershofs gemeinsam. Hier
zweigt die Dünscheder Route ab und
führt ins Tal hinab nach St. Claas, wo
die Heidenstraße früher in einer Furt die
Repe überquerte, was jedoch nur nach
starken Regenfällen problematisch war.
Nach einem steileren Aufstieg durch
eine nebelfeuchte Wiese wurde es endlich allen richtig warm. Bei einer kurzen
Rast erfreute Karl-Heinz Kaufmann die
Gruppe mit seinen „Herbstgedanken“,
bevor es hinein nach Dünschede ging.
Vor der Kirche St. Martinus erwartete
schon eine Abordnung des Dorfes die
Wanderer. Der ehemalige Kreisheimatpfleger Günther Becker, der für die
im November erscheinende „Repetalchronik“ der Stadt Attendorn Ausführungen zu Dünschede verfasst hat, übernahm es zur Freude der Anwesenden,
Dorf und Kirche zu erläutern.
Dabei erwähnte er zunächst die einzelnen Bauabschnitte der Kirche, die,
aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts
stammend, 1924 nach Westen erweitert
wurde, so dass
heute ein kreuzförmiger Grundriss
besteht. In der ehemaligen Apsis fand
man 1952 Reste
spätromanischer
Wand malereien,
die die Flucht nach
Ägypten, die Mantelteilung des Hl.
Martin sowie eine
Verkündigungsszene und eine Darstellung des Hl.
Georg enthalten.
Weitere Figuren
Günther Becker bei seinen Erläuterungen zur Dünscheder Kirche
konnten
bisher
(Foto: Birgit C. Haberhauer-Kuschel)
nicht zweifelsfrei
identifiziert werden, doch die letzte Figurengruppe zeigt trug Konrad Ahlbäumer „Sauerland,
den estländischen Bischof Theodoricus wat biste schoin“ vor, in dessen Refrain
von Thoreida, der als Adjutor des Kölner alle begeistert einstimmten.
An der Wegekreuzung des Kurkölner
Erzbischofs in Westfalen und am Niederrhein 1213–1216 Kirchen konse- Weges, der X 22, mit dem über Dahm
kriert hat. Damit können Bau und Wei- nach Heggen führenden sog. Totenweg
he der Dünscheder Kirche ziemlich ge- ging Franz-Norbert Scheele auf die benau datiert werden. Bei archäologischen sonders in diesem Bereich durch die
Untersuchungen 1974 freigelegte Fun- Stürme „Kyrill“ und „Emma“ sowie bedamente lassen auf ältere Bauten reits vorherige Rodungsmaßnahmen
schließen, die der spätromanischen Hal- veränderte Landschaft ein. Das als
lenkirche vorausgegangen sind. Die „Kuhtrog“ bezeichnete Hohlwegbündel
Grabungen förderten auch unter den (Bodendenkmal) hat dabei stark gelitten.
Bodenplatten inmitten menschlicher Bei den Vorbereitungen zur Wanderung
Knochen eine Jakobusmuschel zutage,
die im älteren Teil der Kirche in einer
kupfernen Pilgertasche zu sehen ist.
Bei einer kurzen Mittagsrast auf dem
2006 neu gestalteten Dünscheder Dorfplatz, der „Röthe“, gab Wilfried Schauerte im Namen der Schützenbruderschaft St. Sebastianus Erläuterungen zur Gestaltung des Platzes mit dem
Jakobsbrunnen, der einer Marmorstele
aus „Helden Rot“ entspringt.
Leider war es der Wandergruppe
anschließend nicht möglich, dem eigentlichen Wegeverlauf durch den als Bodendenkmal eingetragenen Hohlweg
oberhalb der „Röthe“ zu folgen. Der Eigentümer hatte den Hohlweg mit einer
festen Barriere verschlossen. So nahm
man bei inzwischen herrlichem Herbstwetter den Weg durch das Dorf und hinauf auf den Kamm zur Wegegabelung
am Köss’ Kruize, wo der Höhenweg in
Richtung Reper Höhe abzweigt. Hier
Auf dem Weg von der Burg Schnellenberg
nach Attendorn – WDR-Moderator Gisbert
Baltes mit Pilgermuschel (im Bild links)
Foto: Martin Kuschel
198
hatte der Weg erst einmal streckenweise
frei geräumt werden müssen. Dennoch
war der Abstieg durch den Hohlweg eindrucksvoll und regte Karl-Heinz Kaufmann dazu an, Ausdrücke aus der Fuhrmannssprache zu verdeutlichen.
Nächste Station war die Burg Schnellenberg, wo Thomas Bilsing als Hausherr die Pilgerwanderer begrüßte. Er
gab einen kurzen Einblick in die wechselvolle Geschichte der Burg und das
Engagement der Familie von Fürstenberg, von der die Familie Bilsing schon
seit 80 Jahren die Burg gepachtet hat.
Auf dem Weg hinunter zur Biggebrücke kam man anschließend am
S AUERLAND N R . 4/2008
Schnellenberger Hospital vorbei, das
1744 bis 1748 von Christian Franz Dietrich von Fürstenberg erbaut wurde.
Nach dem verheerenden Stadtbrand
von 1783 diente es als Ausweichquartier für die Franziskanerpatres; heute
sind die Wohneinheiten an private Mieter vergeben.
Hier, wie an der Hospitalkirche St.
Barbara, die direkt am Weg in die Stadt
hinein liegt, konnte Ortsheimatpflegerin
Birgit Haberhauer-Kuschel nähere Informationen zum historischen Hintergrund
der Objekte geben. Durch die Wasserstraße betraten die inzwischen doch ermüdeten Wanderer Attendorn und wur-
den am Pilgerstein auf der Kirchenmauer vom stellvertretenden Bürgermeister
Hermann Guntermann herzlich begrüßt.
Er ging auf Attendorns Bedeutung als
moderner Industriestandort ein, während die Ortsheimatpflegerin die geschichtliche Entwicklung der Stadt und
ihre Bedeutung als mittelalterliche Handelsstadt an der Heidenstraße erläuterte.
Mit einer Andacht im Sauerländer
Dom, gestaltet von Vikar Jörg Cordes,
der mit der Gemeinde einen Psalm betete, und Friedhelm Assheuer an der Orgel, fand diese Pilgerwanderung auf der
Heidenstraße einen gebührenden Abschluss.
Der Möhnesee und die Vögel
von Wolfgang Frank
Vielleicht hat jemand der verehrten
Leserinnen und Leser einmal das Glück,
während einer Ballonfahrt an einem sonnigen Tag eine Zeit lang über dem Möhnesee zu schweben. Herrlich da unten
der langgestreckte blaue See mit den
Brücken und Dörfern und, den Ballonfahrern geradezu ins Auge springend, die
schier endlosen Wälder auf der Südseite
des Sees, die sich noch weit nach Osten
und Westen über das große Gewässer
hinaus erstrecken, und auf der Nordseite
des Sees die große, helle Feldflur, wohltuend aufgelockert durch Wäldchen, Baumreihen und Hecken, des nach Norden allmählich zur Soester Börde hin abfallenden Haarstrangs. Nicht nur am See, nein,
schon am Möhnefluss oberhalb und auch
unterhalb zeigt sich durch das Aufeinandertreffen dieser beiden Großlandschaften eine deutliche Markierung, die für
Motor- und Segelflieger und auch für Vögel eine Art Leitlinie sein kann.
Im Norden brutheimische Vögel wie
Graugänse, Stockenten, Reiherenten,
Haubentaucher oder Gänsesäger überwintern überwiegend in Mittel- und
Westeuropa. Von September an verlassen sie ihre Brutreviere und ziehen, vielfach entlang der Ostsee, z. B. nach
Mecklenburg oder Pommern. Nach ei-
Kanzelbrücke
ner Rastzeit fliegen sie in südwestlicher
Richtung weiter, um ihre Winterquartiere zu erreichen. Folgen wir einem Verband von Reiherenten. Er überfliegt gerade die Gegend von Hildesheim und
weiter das Paderborner Land. Dann
stößt er, vielleicht bei Allagen auf den
Arnsberger Wald, der sich wenig
verlockend vor den Tieren auftürmt. Sie
ändern die Zugrichtung und folgen der
oben beschriebenen Leitlinie, die sie
auch in der Dämmerung oder in mondhellen Nächten wahrnehmen, in westli-
Foto: Friedhelm Ackermann †
cher Richtung und gehen schon bald auf
dem Möhnesee nieder.
So wie diese Reiherenten kommen
bis November noch viele Wasservögel
zum Möhnesee. Sie fühlen sich wohl
dort. Der flächengrößte Stausee Westfalens bietet ihnen genügend Platz, Schutz
und Nahrung. In den Monaten November und Dezember halten sich gewöhnlich die meisten Vögel dort auf. Der wohl
beste Kenner des Vogellebens auf dem
Möhnesee, Professor Wilfried Stichmann, spricht auf Grund seiner regel-
199
S AUERLAND N R . 4/2008
mäßigen, mit kundigen Helfern durchgeführten Zählungen von bis zu 10 000
Schwimmvögeln in manchem Frühwinter. – In sehr kalten Wintern friert der
See bis auf einige Stellen an den Überlaufwehren und an den Flussmündungen
fest zu. Dann zieht fast alles,was Flügel
hat, nach Westen und Südwesten ab.
Zum Frühjahr hin kehren die hier heimischen Vögel zum Möhnesee zurück. Die
mit ihnen auf dem See zusammen gewesenen nordischen Gäste ziehen zum Teil
auf anderen Wegen ihrer Brutheimat zu.
Eine stetige, über Jahrzehnte hin andauernde Beobachtung der Vögel ist oft
mühevoll; sie macht jedoch auch viel
Freude. Wie z. B. die Sache mit den
Graugänsen. In den 50er Jahren sah
man nur wenige von ihnen auf dem See.
Sie hielten immer großen Abstand von
den Menschen. Im Laufe der Zeit gab es
in den von Schilf und Buschwerk bewachsenen Flussmündungen allmählich
mehr von ihnen. Es waren meist jüngere, noch nicht geschlechtsreife Tiere. Ih-
Ganter, nach allen Seiten spähend, stets
bereit, zum Schutz der Gänslein sogar
sein Leben einzusetzen.
Interessant war es, das Auftreten der
Nilgänse am Möhnesee zu verfolgen.
2003 sahen wir (das sind drei Möhneseefreunde) einzelne von ihnen am Wameler Fischteich. Wir stuften sie als Gefangenschaftsflüchtlinge ein und fragten
uns, ob diese Fremdlinge hier am See
überhaupt eine Zukunft hätten. Doch
schon im nächsten Jahr führte uns am
28. April ein Nilganspaar auf dem Wameler Fischteich seine vier noch sehr
kleinen Jungen vor. (Der Fischteich liegt
nicht weit oberhalb von Stockum nahe
an dem sehr großen Vorstaubecken des
Sees und ist mit diesem durch einen Abfluss verbunden.) Von nun an gab es jedes Jahr Nachwuchs bei den Nilgänsen
am Fischteich und bald auch unterhalb
der Kanzelbrücke, die nicht weit von der
Möhnemündung (am Beginn des Sees)
entfernt steht. Am 24. September 2008
zählten wir insgesamt 35 Nilgänse.
Sekunden ebenso wieder auftauchten.
Unfassbar!
Zum Schluss ein unvergessliches Erlebnis. Am 23. Mai 2001 sind wir auf
dem südlichen Randweg am Möhnefluss
etwa 150 m oberhalb seiner Einmündung in den See. Wir beobachten
eine Höckerschwanfamilie an dem gegenüber liegenden Ufer, das schon zu einem unzugänglichen, unter Naturschutz
stehenden Bruchwald gehört.
Die etwa vier Wochen alten Jungschwäne ruhen und schmiegen sich dabei an die Mutter. Der Herr der Familie
scheint zu wachen. Plötzlich bemerken
wir, von uns aus gesehen, rechts der
Schwäne ein grellrotes Wesen. In
Deckung bleibend nähert es sich rasch
der Schwanenidylle. Es ist ein Fuchs!
Wird er ein Blutbad anrichten? Blitzschnell schießt er auf ein Jungtier los.
Ebenso schnell steht der große Schwan
vor ihm, bearbeitet ihn mit kräftigen
Schnabelhieben und prügelt ihn mit
mächtigen Flügelschlägen. Der Räuber
flieht so schnell, wie er gekommen ist.
Der 1000. Besucher
Reiherenten
re Fluchtdistanz wurde nach und nach
niedriger. Schließlich sah man Graugänse im dicht bewachsenen Mündungsgebiet der Möhne (oberhalb der Kanzelbrücke) beim Nestbau und Brüten. Der
Erfolg blieb nicht aus. Nun kann man
am See besonders im Mai immer mal
ein Grauganspaar sehen, das seine erst
wenige Tage alten Jungen auf das Wasser hinausführt. Vorn schwimmt die Mama, schön der Reihe nach folgen die
Kleinen in ihren feinen maßgeschneiderten Dunenkleidchen; am Schluss der
Foto: Gottfried Esch
So häufig man am Möhnesee im
April und Mai Stockentenmütter mit
ihren oft zehn wie an einer unsichtbaren
Schnur aufgereihten Jungen daherschwimmen sieht, so selten bekommt
man eine Reiherente mit Jungen zu Gesicht. Schon 6-8 Stunden nach dem
Schlüpfen können die dunkelbraunen
Winzlinge schwimmen und sogar tauchen. Wir sahen, wie fünf noch recht
kleine Reiherentchen vor den Augen der
Mutter haargenau gleichzeitig blitzschnell wegtauchten und nach einigen
Einen Familienausflug im November?
Warum eigentlich nicht, dachte sich Familie Gewehr aus Hallenberg-Liesen
und besuchte kurz entschlossen das
Schwerspatmuseum in Dreislar. Bevor
jedoch dieser erlebnisreiche Sonntag zu
Ende ging, wartete auf Mutter Anja
noch eine besondere Überraschung. Als
1000. Besucherin überreichte ihr der
Förderverein einen Blumenstrauß und
eine Flasche Sekt. Zum Gruppenfoto
postierte man sich vor den Mauern der
alten Schmiede. Hier werden sich ab
dem nächsten Jahr verliebte Paare in
außergewöhnlichem Ambiente vor einem Standesbeamten das Ja-Wort geben können.
Red.
200
S AUERLAND N R . 4/2008
„Kick“, sagg’ de Katte ...
Annäherung an Hintergründiges und Abgründiges in einem der aus dem Volksgut
geschöpften plattdeutschen Gedichte von Christine Koch
(Fortsetzung aus Heft 3/2008)
Die Beseitigung der vermeintlichen
Diebin durch das übliche Ersäufen - wie
bei Hebbel und wohl auch in Christine
Kochs „Kick“, sagg’ de Katte … versucht
und in Rinsers Kurzgeschichte begangen
- bedeutet nun aber keineswegs die
Rückkehr der Köchin zum vernünftigen
Denken. Im Gegenteil: Als erneut Kuchen verschwinden, muss es doch ein
Spuk sein, gegen den sie – für den Lohn
einiger (geweihter) Kerzen – eine weise
Frau in Siddinghausen (bei Büren) zu Hilfe holen möchte, eine Frau, die ihrerseits
von Handirk als „Häxendaier“ bezeichnet wird. Als auch das Waffeleisen verschwindet, muss „de lebändige Duiker“
die Hand im Spiele haben. Handirk, der
doch zuvor selbst den Verdacht auf die
Katze gelenkt hatte, will „den Spauk nau
wual selwer bannen“.
Und er entlarvt ihn ja auch in der Person Pauls.
Die Vermutung liegt nahe, dass die
angeführten Texte – mit Ausnahme von
„Aus der Kindheit“ und des „Arm Kätzchen“ – zumindest motivisch einer Quelle entstammen: dem Volksgut, was dies
zunächst auch immer heißen mag (selbst
Luise Rinsers Kurzgeschichte scheint als Gegenentwurf – in einigen Punkten
dem Volksgut verpflichtet).
sammenhang der verschiedenen Textelemente nicht mehr wahrzunehmen
vermochte.
Denn sehen wir uns diese Katzen und
ihre Rolle als Sündenböcke sowie ihre
Nähe zu Hexen und Teufeln genauer an,
so erschließen sich diese Texte als mehr
oder weniger unbewusste Spiegelungen
vergangener kulturgeschichtlicher Vorgänge, die nun verständlich machen,
warum im Umgang mit diesen Katzen alle häusliche Erfahrung jahrhundertealter
Hausgemeinschaft vergessen scheint.
Wären all diese Katzen – wie durch
Christine Koch – ausdrücklich als
schwarz bezeichnet worden, so wären
diese z. T. in tiefer Vergangenheit ruhenden Vorgänge für uns Heutige einfacher
zu durchschauen. Wir würden uns daran
erinnern, was die „schwarze Katze“
noch heute für viele von uns bedeutet:
Wir fürchten sie, wenn sie vor uns über
den Weg springt, als böses Omen und
Unglücksboten und bringen sie in Kinderreimen bedenkenlos mit Zauberei in
Verbindung:
„Hokus, pokus, fidibus!
dreimal schwarzer Kater!“
Die „schwarze“ Katze hätte uns also
hellhörig gemacht und uns sogleich ahnen lassen, dass ihr Auftauchen die Nähe
dunkler Mächte signalisiert.
Sie alle spielen ausdrücklich in einer
Küche – bis auf den hochdeutschen Abzählreim, wo sie aber impliziert erscheint
– mit einer Köchin, deren Arbeit angeblich von einer Katze ge- bzw. zerstört
wird, obwohl diese nur als Sündenbock
herhalten muss und dafür hart bestraft
wird. Irgendwie geht es in diesen Küchen
– aus der Sicht der Köchinnen – nicht mit
rechten Dingen zu, als ob Hexen oder
gar der Teufel die Hand im Spiel hätten.
Auch enthalten diese Texte pädagogische Absichten, die sich durch die Bestrafung des Naschens in der Küche
deutlich zu erkennen geben, ohne jedoch
andererseits der Verwerflichkeit des bewiesenen Vorurteils gegen die Katzen
oder gar deren ungerechter Bestrafung
bis hin zum Ersäufen moralische Bedenken entgegenzuhalten.
So aber geben uns diese als Naschkatzen auftretenden Küchenbesucher
zunächst nur wenig zu denken. Wir nehmen sie als Repräsentanten einer – wenn
auch vergangenen – alltäglichen Wirklichkeit, zumal dann, wenn sie wie bei
Grimme anekdotisch mit namentlich erwähnten Personen umgeben werden,
die einem ebenfalls benannten und damit
historisch nachprüfbaren Ort zugewiesen werden, oder wenn sie, wie in einem
Gedicht von Else Lasker-Schüler, nur als
beeindruckende Metaphern anwesend
sind. Und so müssen wir erst darauf gestoßen werden, dass wir in ihnen allemale dem – nur noch schwachen – Widerschein längst für überwunden gehaltenen
Aberglaubens begegnen.
Diese Texte scheinen also auf ein
Volksbewusstsein zurückzugehen, das –
aus der Sicht der Protagonisten – solch
fragwürdige Haltung einfach hinnahm
bzw. – aus der Sicht der Leser – den Zu-
Bei Else Lasker-Schüler gibt es das
dämonisierte „Katzentier“ in einer Ballade, die pikanterweise den Untertitel
trägt „Aus den sauerländischen Bergen“.
Darin heißt es:
von Manfred Raffenberg
„Er hat sich in ein verteufeltes
Weib vergafft,
in sing Schwester!
Wie ein lauerndes Katzentier
Kauerte sie vor seiner Tür
Und leckte am Geld seiner
Schwielen …“
(Bänkel und Brettl, S. 199)
Hier wird die ins Magische gesteigerte Anziehungskraft einer Frau auf einen
Mann aus deren Zusammenspiel mit
dem Teufel („verteufeltes“) und der metaphorischen Verwandlung in eine „lauernde(n) Katze“ in Verbindung gebracht,
um auszudrücken, dass dieser Mann von
weiblicher Schönheit verzaubert, d. h.
verhext ist.
Die Nähe der Katze zu Teufeln und
Hexen, im heutigen Sprachgebrauch
noch vielfach lebendig, geht wohl auf
mittelalterlichen Aberglauben zurück,
wonach sich der Teufel am liebsten als
schwarze Katze gab. Daher hieß es auch,
dass Katzen die Lieblingstiere der Hexen
seien. Kein Wunder also, dass der Dürerschüler Hans Baldung in seinem Gemälde „Hexensabbat“ (1514) eine Katze
als Gefährtin der Hexen abbildet (vgl.
„Hexen Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland“, S. 171).
Möglicherweise reicht dieser Aberglaube sogar zurück bis auf die Legende
von Galanthias, der in eine Katze verwandelt wurde und Priester der Hekate
(einer in der Unterwelt hausenden Zaubergöttin) wurde (Brewer’s „Dictionary
of Phrase and Fable“, S. 202).
Das Motiv der verteufelten Katze dürfte also zum europäischen Kulturgut
gehören, und seine Spuren in den angesprochenen Texten verwundern um so
weniger, wenn man sich vergegenwärtigt, wie stark es noch bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein den Aberglauben
im schottischen Hochland mit geprägt
hat.
Dort gab es Cait Sith (cait shee),
schwarz und übergroß und, wie andere
ihrer Art, eine verwandelte Hexe. In einer zuletzt 1824 belegten Zeremonie,
dem TAGHAIRM, wurden vier Tage und
Nächte lang lebendige Katzen an Spießen geröstet, bis ihr dämonischer Gott
erschien und das Ende der Grausamkeiten damit erkaufte, dass er tat,
201
S AUERLAND N R . 4/2008
was die Folterknechte von ihm verlangten (Katherine Briggs, „A Dictionary of
Fairies“, S. 60). Haben wir es hier etwa
mit ins Brauchtum verlagerten Hexenverbrennungen zu tun? Denn ob man eine der schwarzen Künste verdächtigte
Frau oder eine schwarze Katze verbrannte, war bei deren Austauschbarkeit
gleich.
Christine Kochs „Kick“, sagg’ de Katte … entstammt also wohl verbreitetem
europäischem Volksgut, in dem sich Reste westeuropäischen Aberglaubens wiederfinden. Vor allem die Rolle der Katze
als Sündenbock legt den Gedanken nahe, dass sich dieser Aberglaube hier als
Nachhall des Hexenwahns manifestiert
haben könnte, der ja vor allen Dingen in
der Zuweisung unbewiesener Schuld für
Unglück, Krankheit und Tod (zumeist
von Haustieren) sowie beinahe jegliche
Art von Schaden seine mörderische
Macht – vor allem gegenüber Frauen –
entfaltete.
Welche verheerende Wirkung diese
auch im Sauerland entwickelt haben
muss, bezeugen ja die „Oberkirchener
Hexenprotokolle“ auf schauerliche Weise. Darin bekennt Greta Moller, „Johanns Weib vom Astenbergh“, sie:
Sei von dem teuffel in katzengestald
verendert und ein mall sechs oder
sieben in ihres nachbarn Abrahams
haus wie auch auf die creutzwege
und Kalen Astenberg gelaufen, alstan ihr der bose feind einen kahlen
gurtel zweier finger breit, gebracht,
welchen sie umgebunden und in
solchs tier verendert wurden (S. 34).
schen gezeigt, aber ihr Schurren,
Knurren und Streiten lässt doch unschwer erkennen, dass sie kaum an
sich halten können, an „dät Duiwelsgebruie“
heranzukommen.
Dann geht’s „auf struwwelgen Beßmen… no’m Satansgelog’oppem
Brocken“.
Kehren wir nun abschließend zu der
von Christine Koch hinzugefügten dritten Strophe ihres dem Volksgut entnommenen Katzen-Gedichtes zurück, so hat
sie dort möglicherweise, ob in Kenntnis
des Grimmeschen Textes oder nicht, den
Bogen zum mittelalterlichen, in ihrer
sauerländischen Heimat einst verbreiteten Aberglauben zurückgespannt, und
zwar in verschlüsselter Form. Denn bei
der schwarzen Katze im „Waterpott“
muß man nun weniger an das versuchte
Ersäufen einer Katze denken als daran,
wie eine Hexe mit Hilfe des Teufels gerettet wird. Sie tut einen „gewaltigen
Flug“ und assoziiert damit die den Hexen
immer wieder zugeschriebene Fähigkeit,
mit Hilfe des Teufels fliegen zu können.
In den anderen Texten dagegen geht es
den Katzen zumeist richtig ans Leben.
Das gilt auch für Kinder-Abzählverse!
In dem von Klute zitierten Beispiel zum
„Flötenklopfen“ bleibt der Katze nichts
anderes, als ihren Quälgeist doppelt zu
verfluchen: „Sall diek doch de Duiker halen!“ Der Teufel ist also auf die eine oder
andere Weise fast immer mit im Spiel,
andeutungsweise selbst noch in Luise
Rinsers moderner Kurzgeschichte über
„diesen roten Teufel von einer Katze“.
Auch Anna Kempers von der Mittelsorpen ist in „katzengestalt gelaufen“
(S. 64).
Dass er die Katze in Christine Kochs
Gedicht aus dem „Waterpott“ rettet
(„Uese swuarte Katte hiät de Duiwel
haalt!“), macht die Situation durchsichtig
für die häufig überlieferte Hexenprobe:
Der Remblinghauser Heimatdichter
Jost Hennecke (1873–1940) lässt diese
Zeit in seinen „Balladen und Sagen“ auf
schauerliche Weise wieder lebendig werden. In „Dai Wahrwulf van Daalbke“ mit
dem Untertitel „De Häxentauern“ umringen schwarze Katzen die Hexe, die
überm Dreifuß „dät Duiwelsgebrügge“
rührt.
Man warf die Angeklagte gebunden
ins Wasser, um herauszufinden, ob sie
schuldig war oder nicht. Schwamm sie
oben, war das ein Zeichen ihrer Schuld;
denn dann stand sie mit dem Teufel im
Bunde, der ihre Seele besaß, so dass ihr
Körper leichter war als normal. Ging sie
unter, bewies das ihre Unschuld. Dann
hatte der Böse keine Macht über sie.
„Am Kietel do schnurret und knurret un stritt / Dai Häxen, in Katten
verwandelt.“ Dabei stellt er möglicherweise eine Art Urszene der Katze
in der (Hexen)Küche dar, insofern diese fast alle Elemente enthält, die in
den angesprochenen Texten – mit
Ausnahme von „Arm Kätzchen“ und
„Die rote Katze“ – eine Rolle spielen. Zwar werden die Katzen in
Henneckes Gedicht nicht beim Na-
Christine Koch hält es mit der Katze,
zumal diese wie die Hexen unschuldig ist.
Indem sie jegliche Form von manifester
Grausamkeit ausschließt, rettet sie ihrem
Gedicht die befreiende Komik dieser so
plastisch gefassten und sie von den übrigen Texten unterscheidenden Gesamtszene – nicht zuletzt durch die Figur der
ihres Verstandes nicht wirklich – wie bei
Grimme – beraubten Köchin. So bleibt
dieser Text bei aller Hintergründigkeit
böser historischer Er fahrungen doch
eher lustig und fügt sich in die lebensfreundliche Grundhaltung ein, die auch
im „Arm Kätzchen“ begegnet. Spielt dabei eine Rolle, dass sie eine Frau ist?
Oder ist es ihre geistige Nähe zu Joseph
Pape? In dessen Erzählung „Et leßte Häxengerichte“ wird auch eine der Hexerei
Angeklagte zum Schluss vor der Verurteilung gerettet.
Wie auch der Hinweis auf Pape belegt, war diese dunkle Phase der Geschichte ihrer Heimat für deren Mundartautoren noch im ausgehenden 19.
Jahrhundert ein Thema.
Literatur:
Christine Koch. Esloher Werkausgabe III, S. 23; I, S.
205 u. 126
Friedrich Hebbel, „Aus der Kindheit“. In: Unser Lesebuch für die Oberstufe der Volksschule. Dritter Band für
das 5. bis 8. Schuljahr. Märkischer Verlag Rudolf Heinke, Lüdenscheid 1947, S. 244-245
Luise Rinser, „Die rote Katze“. In: Das Karussell. Geschichten aus unserer Zeit. Hrsg. walter urbanek, c.c.
buchners verlag, bamberg 1965, S. 116-122
Ludwig Klute, „Pflanzen und Tiere im Sprachgebrauch
unserer Vorfahren“. Selbstverlag. S. 96 u. 97; S.117
„Abzählen bei dem Spiel“. In: Arnim/Brentano, „Des
Knaben Wunderhorn. Alte Deutsche Lieder gesammelt
von L. Arnim und Clemens Brentano“. Deutscher
Bücherbund Stuttgart/Hamburg. Vollständige Ausgabe, o. J., S. 845
Wilhelm Kathol, „Bassmes Hof“, Hrsg. Magdalena
Padberg. Grobbel. Serie: Sauerländische Heimat. Verl.
Josef Grobbel KG, Fredeburg 1979, S. 36
Peter Bürger, „Aanewenge, Leuteleben und plattdeutsches Leutegut im Sauerland“. Maschinen- und Heimatmuseum Eslohe, 2006, S. 237 ff.
Georg Nellius, „Ruhrgold. Opus 52. Volkstümlich
schlichte Weisen aus Westfalen“. Verlag von Karl
Hochstein, Heidelberg , o. J., S. 40 ff.
Friedrich W. Grimme, „Paulus Kaukendaif“. In: Werke,
Heimatverlag Dr. Wagener, Meschede 1939, S.60 –
63
Else Lasker-Schüler, „Ballade. Aus den sauerländischen
Bergen“. In: Bänkel und Brettl, Ein Vortragsbuch für
das Haus-Cabarett aus drei Jahrhunderten und unserer
Zeit. Gesammelt und herausgegeben von Hyazinth
Lehmann, Cabarettist. Limes Verlag, Wiesbaden
1953, S. 199
Brewer’s Dictionary of Phrase and Fable. 14th Edition,
Revised by Ivor H. Evans. Cassell Publishers Ltd, London 1990, S. 202
„Hexen-Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland“.
Hrsg. Schieferbergbau-Heimatmuseum SchmallenbergHolthausen. Grobbel-Druck, Fredeburg 1984, S. 171
Katharine Briggs, A Dictionary Of Fairies. Hobgoblins,
Brownies, Bogies And Other Supernatural Creatures.
Penguin Books 1977, S. 60
Joseph Pape, „Et leßte Häxengerichte. Erzählung in
sauerländischer Mundart“. Hrsg. Peter Bürger, Christine-Koch-Archiv. Maschinen- und Heimatmuseum
Eslohe, 1999
Jost Hennecke, „Versunkene Klocken. Balladen und
Sagen von Jost Hennecke.“ Sauerländer Heimatverlag
der Josefs-Druckerei, Bigge 1925, S. 45
202
BÜCHER
S AUERLAND N R . 4/2008
•
SCHRIFTTUM
Annalen von
Kloster Brunnen
Wie entstand im 18. Jahrhundert inmitten der sauerländischen Waldeinsamkeit ein Kloster und wie gestalteten
die hier wirkenden Mönche ihr
frommes Leben?
Auf diese Fragen
antworten die beteiligten Kapuziner selbst ausführlich und anschaulich in der
Sprache ihrer Lebensform, dem
Latein. Ein neu
erschienenes Buch erschließt uns ihre
Jahresberichte, Annalen genannt, im lateinischen Original und einer deutschen
Übertragung. Der rührige Vorsitzende
des Freundeskreises Kloster Brunnen,
Klaus Baulmann, hat den handschriftlichen lateinischen Urtext in Druckschrift
gefasst, ihn ins Deutsche übersetzt und
durch Anmerkungen erläutert, in der Tat
eine beachtliche Leistung! So ist ein seltenes zeitgenössisches Dokument entstanden, das mit dem Einsiedler Johannes Fölling aus Werl beginnt, der sich
nahe dem Dorf Brenschede im Wald eine Klause erbaute. Ganz einsam war die
Einsiedelei nicht, denn hier entsprang
eine Quelle, die als heilkräftig galt und
im Sommer Besucher zum „Brenscheder Brunnen“ führte, die durch das
Quellwasser Heilung suchten. Von diesem „Badebetrieb“ hätte man gern noch
mehr gehört, aber er taucht immer nur
am Rande auf. Um so mehr erfahren wir
in den Annalen vom Ursprung und der
Entwicklung seiner Einsiedelei innerhalb
weniger Jahrzehnte zum „Kloster Brunnen“. Über die Anfänge des Klosters erfahren wir sogar in zwei parallel verlaufenden Annalen, die einen aufschlussreichen Vergleich ermöglichen, was den jeweils Schreibenden besonders bemerkenswert war.
Der Inhalt der Annalen, der sich im
Staatsarchiv Münster erhalten hat,
(S. 21 – 208) kann hier nur skizzenhaft
wiedergegeben werden: Ursprünglich
nur ein gelegentlicher Gottesdienstort
für einzelne, von Fölling gewonnene
Priester, bildet sich hier eine Kapuzinerfamilie, durch Versetzung ihrer Mitglie-
der häufig wechselnd, aber kontinuierlich als Priester tätig. Ihre Superioren
(Hausoberen) haben die Annalen aufgezeichnet von 1722 – 1796. Sie schildern, wie sie nach den ersten Jahren ihres Wirkens ein Klostergebäude anfangen, weil sie eine größere Unterkunft
brauchen, mühevoll in dem felsigen
Gelände einen ausgedehnten Garten
anlegen, schließlich eine Kirche bauen,
die 1748 feierlich geweiht werden kann.
Neben der Darstellung der priesterlichen Tätigkeit mit einem Schwergewicht auf der weite Resonanz findenden Durchführung von Prozessionen
nach Werl, sind die Annalen chronologische Bauberichte mit all ihren Schwierigkeiten u. a. mit den protestierenden
Dörflern der Umgebung, als diese erkennen, dass die Kapuziner zunächst
statt der dringend erwarteten Kirche ein
Kloster errichten. Aber der Konflikt wird
gelöst, und die Annalisten können bis
1796, als sich die Kriegswirren der Revolutionszeit schon abzeichnen, die weitere Ausgestaltung von Kirche und Klosteranlagen melden, interessanterweise
auch ausführliche Berichte mit Titelangaben über das erstaunliche Anwachsen
der Klosterbibliothek. Aber nicht nur das
spezielle Klosterleben erschließen die
Annalen, auch die Umwelt wird lebendig
z. B. durch die Hinweise auf das schneereiche Wetter, z. B. dass im Mai 1773
Schnee in Höhe von fast zwei Metern
fiel (S. 175). Und wie stellte man Klosterknechte ein? 1760 heißt es z. B. „Johannes Fincke war einverstanden mit einem Jahreslohn von 12 Reichstalern. Er
bekam ein Paar Schuhe, zwei Felle und
eine Hose. Ein volkstümlich Camesol
(Oberhemd) genanntes Kleidungsstück
wurde aus abgelegten Habiten genäht.“
Derartige sozialgeschichtlich interessante Einzeldaten vermitteln die Annalen
zahllos und sind daher eine Fundgrube
für die Lokalgeschichte. Dazu gehört
u. a. auch das Testament von Fölling,
geschrieben in der umständlich ungelenken Ausdrucksweise von 1726, ebenfalls übertragen von Klaus Baulmann.
Bleibt noch zu erwähnen, dass das
Buch durch Kurzbiographien aller Kapuziner von Kloster Brunnen von 1722 –
96, durch ein ausführliches Glossar,
durch Orts- und Personenregister und
Literaturangaben gründlich erschlossen
ist und uns im Sinne des Vorworts eine
bewegende und interessante Reise in eine vergangene Welt ermöglicht.
Dr. Erika Richter
Klaus Baulmann (Hg.): Annalen der Kapuziner von
Kloster Brunnen 1705 – 1796, Lateinischer Text,
deutsche Übersetzung und Anmerkungen, Paderborn
(Bonifatius Verlag) 2008, 304 S., 29,80 Euro.
Franz Wilhelm von Spiegel
aus Canstein
erzählt sein Leben
Über den Freiherrn Franz Wilhelm
von Spiegel zum Desenberg-Canstein,
Landdrost des Herzogtums Westfalen,
Minister des letzten Kurfürsten des Kölner Kurstaates gibt es eine Reihe von historisch-biographischen Untersuchungen. Nun ist ein neuartiges Buch zu diesem wichtigen Aufklärer des 18. Jahrhunderts erschienen, das sein Verfasser
Alexander von Elverfeldt „Romanbiographie“ nennt. Wie versteht er seine
Darstellung? Er lässt Spiegel in der IchForm selbst sein Leben erzählen und
malt viele Szenen phantasievoll aus, die
Spiegel selbst nur streift oder ganz auslässt. So erleben wir als Leser zunächst
den kleinen Franz Wilhelm im heimischen Schloss Canstein, liebenswert –
anschaulich geschildert inmitten seiner
Spielkameraden. Wir erleben ihn in der
Kutsche nach Arnsberg, wo sein Vater,
auch Landdrost, residierte – die abenteuerlich-unbequeme Schüttelei der Reisekutsche auf den holprigen, von
Schlaglöchern durchzogenen damaligen
Straßen ist ein immer wiederkehrendes
Thema – wir erleben ihn als Pagen am
Bonner Hof des Kurfürsten, den der wissensdurstige junge Mann verlässt, um in
Löwen zu studieren. Das dortige Studium befriedigt ihn nicht, aber er lernt
viel von den im Handel welterfahrenen
Bekannten seines Vaters in den reichen
Niederlanden.
Er wählt Göttingen als nächsten Studienort, die aufklärerisch gesinnten Professoren der hochberühmten modernen
Universität prägen ihn selbst als fortschrittlichen, an der Verbesserung der
veralteten Zustände leidenschaftlich interessierten Aufklärer für sein ganzes
weiteres Wirken. In Göttingen wird er
auch zum Freimaurer, die geheimnisvolle Eintrittsszene in die Göttinger Loge
ersteht dramatisch-anschaulich vor dem
203
S AUERLAND N R . 4/2008
Seit über 25 Jahren.
Wir bieten alles, was mit Reisen zu tun hat!
●
●
●
●
●
●
●
●
●
Flug-Pauschal-Reisen
PKW-Reisen
Bahn-Reisen
Bus-Reisen
Fern-Reisen
Individual-Reisen
Sport-Reisen
Club-Reisen
Städte-Reisen
●
●
●
●
●
●
●
●
LAST-MINUTE-REISEN
Flüge weltweit
Rund- und Studien-Reisen
Kreuzfahrten
Trekkings
Wohnmobile
Mietwagen
Reiseversicherungen …
Wir freuen uns auf Ihren Anruf oder auf einen Besuch.
DIENSTLEISTUNG wird bei uns groß geschrieben.
Fordern Sie uns.
Lange Wende 125 · 59755 Arnsberg
Telefon (0 29 32) 9 74 50 · Telefax 8 15 11 · eMail [email protected]
www.theis-reisen.de
Leser (S. 53 ff.) In solchen Momenten
wird die Biographie wirklich zum Roman. Auch die Begegnung mit der holden Weiblichkeit lässt uns der Verfasser
nachempfinden, für Spiegel um so
schwieriger, als er seinem Vater zuliebe
aus finanziellen Gründen zum Domherrn wird, was ihn zum Zölibat zwingt.
Da ein Domherr den Nachweis eines
Studiums in Theologie und Kanonistik
erbringen muss, sucht er das ferne Rom
auf, wieder erleben wir eine reizvolle
Reise mit vielen interessanten Gefährten. In der Ewigen Stadt folgt er zwar
vielen Abendeinladungen bei namhaften
Kardinälen, lernt die berühmten Kirchen und Bauwerke kennen, auch
Künstler, bei denen er selbst Unterricht
im Malen nimmt. Von theologischen
Studien ist nicht die Rede, auch eine
Papstaudienz kommt nur ganz kurz weg.
Wieder in Hildesheim schildert er seine Mühe, in die verlotterte Finanzverwaltung Ordnung zu bringen, eine Tätigkeit, die ihm von nun an in allen Stätten
seines künftigen, unablässigen Wirkens
zum Hauptanliegen wird. Als 1779 sein
Vater stirbt, kehrt er in die Heimat
zurück, wird wie der Vater Landdrost
des Herzogtums Westfalen und müht
sich auch hier intensiv um die total vernachlässigte Verwaltung, womit er sich
wenig Freunde erwirbt. Die farbig erzählte Biographie verliert nun das „Romanhafte“, sie wird zum sachbezogenen
Arbeitsbericht, allerdings vor einem un-
gewöhnlich bewegten zeitgeschichtlichen Hintergrund: der Französischen
Revolution und den folgenden Kriegen.
Die Franzosen erobern das Rheinland,
der Kurfürst flieht nach Osten und stirbt
1801 in Wien. Das Kölner Domkapitel
sucht Zuflucht in Arnsberg, die Hofkammer in Brilon: Mit der Säkularisation endet der Kurstaat, die Mönche müssen
die aufgehobenen Klöster räumen.
Spiegel hatte das Mönchswesen immer
verachtet, hatte sogar einmal ausdrücklich formuliert, dass „jeder Catholik, der
den gelaeuterten Prinzipien seiner Religion folgen wollte, längst die Aufhebung
der Kloester wünsche“, aber die Art, wie
sich die Verhältnisse nun entwickelten,
findet nicht seine Zustimmung. Die das
Herzogtum nun besetzenden Hessen
geben ihm nicht die erwartete leitende
Stelle. Gichtgeplagt und tief gekränkt,
dass seine Lebensleistung nicht die gebührende Anerkennung findet, zieht er
sich ganz auf seinen Besitz Canstein
zurück. Ihn regiert er streng ganz nach
seinen fortschrittlichen Grundsätzen,
die er seitenlang auflistet. Ganz besonders beschäftigt ihn die Verbesserung
des Schulwesens, wie er es schon getan
hatte, als er entsprechende Erziehungsmaßregeln im ganzen Herzogtum durchführen konnte. Nun droht er den Eltern,
die ihre Kinder nicht in die Schule
schickten, harte Strafen an (S. 121).
Sein Bekenntnis über die Bedeutung der
Erziehungsarbeit kommt in einer Gedenktafel im Schloss Canstein zum Aus-
druck, die mit den Worten schließt, dass
„Wohlfahrt ohne Bildung des Verstandes nicht bestehen“ kann.
Alexander von Elverfeldt will mit seiner Darstellung, wie er im Vorwort
schreibt, seine Leser zur Hochachtung
vor Franz Wilhelm von Spiegel und zur
Anerkennung seiner Lebensleistung bewegen. Mit dieser Romanbiographie ist
es ihm überzeugend gelungen.
Dr. Erika Richter
Alexander Josef Freiherr von Elverfeldt sen. im
Selbstverlag und Vertrieb: Am Echelnstein 12, 34431
Marsberg-Canstein. 2008, 151 S.
Jahrbuch Westfalen 2009
Das an Jubiläen reiche Jahr 2009
bringt für Westfalen ein spezifisches Gedenkjahr: Auf westfälischem Boden
brachten vor 2000 Jahren germanische
Stämme den heranrückenden kampferprobten und sieggewohnten römischen
Legionen eine vernichtende Niederlage
bei. Diesem historischen Ereignis widmet der Herausgeber Peter Kracht im
Westfalen-Jahrbuch 2009 ein aspektreiches Schwergewicht. Er berichtet nicht
nur kartengestützt ausführlich über die
„Varusschlacht“, sondern auch über die
Debatten an der „Forscherfront“ über
die Lage des Schlachtortes. Die Probleme der Knochen- und Münzenfunde am
Fundort Kalkriese werden ebenfalls geschildert. Auch über die Bodendenkmale, d. h. die verschiedenen Römer-
204
lager (auf dem Tönsberg in der Senne,
in Heidemünden, Kneblinghausen und
Anreppen) finden sich interessante
Beiträge. Und wer weiß, dass auch in
Minnesota ein kleinerer Bruder „Hermann The German“ des Denkmals im
Teutoburger Wald aufragt? So wird das
Wirken des Arminius – schon 1924 gab
es einen patriotischen Stummfilm über
ihn – in aller Vielfalt vorgestellt.
Selbstverständlich sind die bewährten
Rubriken des Jahrbuchs auch wiederum
mit lesenswerten Beiträgen gefüllt. Aus
der Fülle können hier nur einige im engeren und weiteren Sinne das Sauerland
betreffende Artikel genannt werden. Im
Eingangsteil „Geschichten und Geschichte“ begleitet uns die Westfälische
Landeseisenbahn, deren Ursprünge in
Warstein zu finden sind, auch eine Untersuchung über den „Hanseweg von
Soest nach Brilon“. Im Abschnitt „Museen in Westfalen“ wird auf das „generalüberholte“ und modernisierte Attendorner Museum aufmerksam gemacht.
Bemerkenswert ist auch der „Kulturspiegel“, in dem das musikalische Highlight
„Sauerland-Herbst“, nun ein Jahrzehnt
alt, gewürdigt wird, aber auch das Mund-
S AUERLAND N R . 4/2008
art-Archiv in Cobbenrode als ein „Himmelreich fürs Sauerländer Platt“.
Insgesamt stellt das Jahrbuch die
westfälischen Regionen erfreulich facettenreich und auch optisch ansprechend
vor, eine gelungene Sammlung von Wissens-, Sehens- und Liebenswertem aus
unserer Heimatregion. Als Weihnachtsgabe vortrefflich geeignet!
Dr. Erika Richter
Jahrbuch Westfalen 2009, Hg. Peter Kracht, Münster (Aschendorff) 2008, 272 S., Preis 19,50 Euro
Südsauerland-Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe
3/2008 Folge 232. S. Falk: Freizeit
und Muße - gestern und heute. R.
Kirsch-Stracke: Ein Wort vorneweg. Annegret Tack: 625-Jahr-Feier in Altenkleusheim. R. Kirsch-Stracke: Ein Baum
ist mehr als ein Baum ... und Baumfrevel ist kein Kavaliersdelikt. B. Haberhauer-Kuschel: Ressort Baupflege im Kreisheimatbund Olpe e. V. Alt- und Neubauten in Attendorn. B. Reißner: Ein engagierter und ehrenwerter Unter nehmer
wurde 80 Jahre. Herzlichen Glück-
wunsch an Julius (Lutz) Grünewald! G.
Burghaus: Heinz Quellmalz aus Dahl 70
Jahre. Ein verdienter Mitarbeiter in der
Heimatpflege. O. Höffer: Funde und
Hinweise aus dem Archiv des Freiherrn
von Fürstenberg- Herdringen (Teil 17).
F. K. Azzola: Die Grab-Kreuzsteine der
Familie Vasbach an der Pfarrkirche St.
Peter und Paul in Kirchhundem. U. Selter: Sportgeschichte(n). Petra Weschollek. A. Stahl: De Tufelen (in Dräulzer Mundart). H. Jungblut-Bergenthal (†)
Hiärwest – Dankgebiät. H.-W. Voß: Heimatchronik vom 1. April 2008 bis 30.
Juni 2008. Buchbesprechungen. Neuerscheinungen Subskription „Plattdeutsches Wörterbuch für Olpe und das
Olper Land“.
Hrsg. vom Kreisheimatbund Olpe e. V., Geschäftsstelle: Kreisarchiv Olpe, Danziger Straße, 57462 Olpe, Tel.: 0 27 61/81-5 42
Bes u ch en
Si e u n s i m I n t e rn e t:
w w w . s a u e r la e n d e r - h e im a tb u n d . d e
Wer kennt diese Fotos?
Der Arnsberger Heimatbund
benötigt Hilfe. Ab sofort sind im Internet unter www.arnsberger-heimatbund.de Fotos aus dem Archiv von
Friedhelm Acker mann eingestellt, die
nicht zugeordnet werden können. Die
Fotos stammen aus dem ganzen Sauerland und möglicherweise darüber
hinaus. Viele der rund 15 000 Kleinbilddias und 7000 6 x 6-Mittelformatdias konnten bestimmt werden.
Bei einigen hundert Bildern stellen
sich aber folgende Fragen:
• Was ist zu sehen (Name des Ortes,
des Gebäudes, der Personen, der
Objekte usw.)?
• Welches Ereignis, welches Fest
oder welche Veranstaltung ist festgehalten worden?
• Wo war der Standort des Fotografen?
• Wann wurde das Motiv fotografiert
(Zeitraum)?
Da die Fotos immer wieder ergänzt,
hinzugefügt oder ausgetauscht werden, sollten alle Interessierten von Zeit
zu Zeit wieder die Internetseiten des
Heimatbundes anschauen.
Über viele Rückmeldungen per Mail an
[email protected]
oder per Brief an die Geschäftsstelle,
Fasanenweg 1, 59821 Arnsberg oder
an Torsten Kapteiner, Berbke 15,
59821 Arnsberg, würde sich der
Arnsberger Heimatbund sehr freuen.
205
S AUERLAND N R . 4/2008
holzwurmumbra und
heimatgrün
K
CMY
K
CMY
K
CMY
CM
CY
MY
08.12.2008
13:28:00 Uhr
'RAY#ONTROL3TRIP-s&/'2!s)3/GRAYBALANCECONDITION@#)%,!"BLACKINKs/FFSETONGLOSSORMATTCOATEDPAPER04s)3/!MDs2EFERENCE&/'2!sWWWECIORGWWWBVDMORG
farbe bekennen mit becker-druck.de
206
S AUERLAND N R . 4/2008
PERSONALIEN
Heinz Rosen †
Heinz Rosen aus
Bruchhausen, Zweiter
Vorsitzender
des
Franz-Stock-Komitees
und
engagierter
Freund des Borberges,
starb am 12. Sept.
2008 nach langer Krankheit im Alter von
71 Jahren.
Wer am 17. Sept. 2008 den langen
Trauerzug sah oder miterlebte, mußte
einsehen, dass hier ein besonderer Bürger zu Grabe getragen wurde. Mit Heinz
Rosen starb ein Freund des Friedens und
der Versöhnung, ein Freund des Borberges, des Kolpingwerkes und des FranzStock-Komitees. Als stellvertretender Leiter im Fachdienst „Strukturförderung und
Regionalentwicklung“ kannte er den
Hochsauerlandkreis bis in die letzten
Winkel und Funktionen. Die zukunftsorientierte Kreisentwicklung lag Heinz Rosen besonders am Herzen.
Bevor Heinz Rosen nach ArnsbergBruchhausen kam, hatte er bereits drei
Jahre als Entwicklungshelfer in Tansania
gearbeitet. Durch seine langjährige Arbeit im Kolpingwerk schon in seiner Heimat Gelsenkirchen fand er auch im Raum
Arnsberg schnell Kontakt zum Kolpingwerk und hatte hier führende Tätigkeiten.
Durch diese Arbeit stieß er auch in
Neheim zum Franz-Stock-Komitee, wo
er bis zu seinem Tode Zweiter Vorsitzender war. Hier setzte er seine ganze Kraft
für diese spezielle Friedensarbeit und Versöhnung mit Frankreich ein.
Die besondere Liebe galt dem 660 m
hohen Borberg bei Brilon und der Ka-
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Dr. Adalbert Müllmann, Brilon
Prof. Dr. Hubertus Halbfas, Drolshagen
Anton Lübke, Allendorf
Harmut Hegeler, Dortmund
Reinhard Köhne, Meschede
Werner Neuhaus, Sundern
Werner F. Cordes, Attendorn
Franz Rosen, Menden
Carola Matthiesen
Birgit C. Haberhauer- Kuschel, Attendorn
Wolfgang Frank, Arnsberg
Manfred Raffenberg. Schmallenberg
Dr. Erika Richter, Meschede
Karl Föster, Arnsberg
pelle, die Maria, der „Friedenskönigin"
gewidmet ist: „Der laiwen Mutter Guaddes vom Gudden Friäen bugget van den
Luien heurümme.“ An den großen Friedenswallfahrten zum Borberg war er sehr
beteiligt. Noch das letzte Treffen im August 2008 hatte er mit Frau Elisabeth Engel und Frau Maria Gierse von Pax Christi vorbereitet.
Eine Freude war Heinz Rosen im Jahre 2008 doch noch vergönnt: An den
großen Feiern zu Ehren Franz Stocks in
Frankreich konnte er noch teilnehmen,
an dem Besuch auf der Hinrichtungsstätte Paris-Mont Valerien, an den Gesprächen des französischen Staatspräsidenten und dem Ministerpräsidenten von
Nordrhein-Westfalen, beim Besuch des
Grabes von Franz Stock und der Kathedrale von Chartres und war Teilnehmer
der großen Schar der Friedenspilger.
Aus Heinz Rosens Erleben als Entwicklungshelfer entstand auch vielleicht
seine intensive Freundschaft mit Erzbischof Karl Hesse, Papua-Neuguinea,
und so wurde er Sprecher des OzeanienKreises. Für all das fundamentale Wirken
für Kirche und Allgemeinheit verlieh die
Kirche im Jahre 2006 Heinz Rosen den
Päpstlichen Orden „Pro Ecclesia et Pontifice“ – Für Kirche und Papst –. Heinz
Rosen wird vielen Freunden und Weggefährten fehlen.
Karl Föster
Auszeichnung für
Ella Fischer-Dornieden
Mit dem Bundesverdienstkreuz wurde
die langjährige Ortsheimatpflegerin von
Bruchhausen bei Olsherg ausgezeichnet.
Bei der Verleihung hob Landrat Dr. Karl
Schneider ihre vielfältigen Verdienste um
die Dorfgemeinschaft hervor. Dazu
gehört ihr ideenreicher Einsatz im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ und bei der Aktion „Saubere Landschaft“. Beim europäischen Blumenwettbewerb setzte sie sich eben falls stark ein.
Bekanntlich errang Bruchhausen damals
die Goldmedaille. Die SGV-Abteilung
Bruchhausen verdankt ihr wichtige Impulse in den Bereichen Wandern,
Brauchtumspflege, Naturschutz und Skisport. Der Ortsvorsteher Karl-Josef Wiegelmann schloss seinen Glückwunsch mit
den Worten: „Ganz Bruchhausen ist stolz
auf Dich.“ Auch der Sauerländer Hei-
matbund gratuliert seinem langjährigen
Mitglied in heimatlicher Verbundenheit.
Dr. A. M.
SAUERLAND
Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes (früher
Trutznachtigall, Heimwacht und Sauerlandruf)
41. Jahrgang • Heft 4, Dezember 2008
ISSN 0177-8110
Herausgeber und Verlag: Sauerländer Heimatbund e. V., Postfach 14 65, 59870 Meschede
Vorsitzender: Dieter Wurm, Am Hainberg 8 a,
59872 Meschede, Tel. (02 91) 71 90 p, Fax (02 91)
71 90 p, 94-16 05 d, Fax 94-2 61 71. Stellv. Vorsitzende: Wilma Ohly, Goerdelerweg 7, 57462 Olpe,
Tel. (0 27 61) 6 16 98.
Ehrenvorsitzender: Dr. Adalbert Müllmann, Jupiterweg 7, 59929 Brilon, Tel. (0 29 61) 13 40
Geschäftsstelle: Hochsauerlandkreis, Fachdienst
Kultur/Musikschule, Karin Kraft, Telefon (02 91)
94-14 62, Telefax (02 91) 9 42 61 71, Anja Hagedorn,
Telefon (02 91) 94-14 65, e-mail: [email protected], Postfach 14 65, 59870 Meschede
Internet: www.sauerlaender-heimatbund.de
Konten: Sparkasse Arnsberg-Sundern
(BLZ 466 500 05) 4 000 600.
Jahresbeitrag zum Sauerländer Heimatbund einschließlich des Bezuges dieser Zeitschrift 12,– EUR.
Einzelpreis 3,50 EUR.
Erscheinungsweise vierteljährlich.
Redaktion: Günther Becker, Lennestadt. Werner Cordes, Attendorn. Dr. Theo Bönemann, Menden.
Susanne Falk, Lennestadt. Norbert Föckeler, Brilon.
Professor Dr. Hubertus Halbfas, Drolshagen.
Heinz Lettermann, Bigge-Olsberg. Dr. Adalbert
Müllmann, Brilon. Heinz-Josef Padberg, Meschede.
Dr. Erika Richter, Meschede. Michael Schmitt, Sundern. Dr. Jürgen Schulte-Hobein, Arnsberg. Dieter
Wiethoff, Meschede. Dieter Wurm, Meschede.
Schlussredaktion: Hans Wevering, Schloßstr. 54,
59821 Arnsberg, Tel. (0 29 31) 32 62, Fax (0 29 31)
1 29 83, e-mail: [email protected],
Martin Reuther, Alter Soestweg 85, 59821 Arnsberg,
Tel. (02 91) 94-14 58, e-mail: [email protected]
Redaktionsanschrift: Sauerländer Heimatbund,
Postfach 14 65, 59870 Meschede
Lithografie, Layout und techn. Redaktion:
Hans Wevering, Schloßstraße 54, 59821 Arnsberg,
Tel. (0 29 31) 32 62, Fax (0 29 31) 1 29 83, e-mail:
[email protected]
Druck: becker druck, F. W. Becker GmbH, Grafenstraße 46, 59821 Arnsberg, Tel. (0 29 31) 52 19-0
Anzeigenverwaltung:
becker druck, F. W. Becker GmbH,
Grafenstr. 46, 59821 Arnsberg,
Tel. (0 29 31) 52 19-21, Fax (0 29 31) 52 19-6 21.
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 9 vom 1. Jan. 2006.
140 JAHRE
DIE JUBILÄUMSFLASCHE
ei Ganz Alter Schneider handelt es sich um
eine ausgesprochen hochwertige Spezialität,
die sich in ihrem Stammgebiet - dem Sauerland traditioneller Beliebtheit erfreut.
ieser Edel-Kornbrand mit 38% vol. lagert
mindestens 2 Jahre in kleinen LimousinEichenholzfässern und bekommt so seinen
besonderen bernsteinfarbenen Glanz und die
milde, feine und weiche Note.
Er wurde 4x mit dem Goldenen Preis der
Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG),
Frankfurt ausgezeichnet.
Sparkassen-Finanzgruppe
en:
s
s
a
l
n
erate
Jetzt b
ente“
-R
p
u
r
ü
„R
rsorge,
tersvo
l
rt!
A
a
e
p
n
s
i
E
n
r
ue
die Ste
Gut, wenn man auf der sicheren Seite ist.
9 Pfändungsschutz
9 Insolvenzsicherheit
9 Hinterbliebenenrente
9 und vieles mehr
Sparkassen
im Hochsauerlandkreis