Forellenteichwirtschaft - Fischerzeugerring Niederbayern

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Forellenteichwirtschaft - Fischerzeugerring Niederbayern
Forellenteichwirtschaft
Die Forellenteichwirtschaft ist der wichtigste Produktionszweig in der deutschen und bayerischen Binnenfischerei. Folgender Bericht gibt einen Überblick über gängige Produktionsweisen und Vermarktungswege sowie einige Hinweise für die Bewirtschaftung von Forellenteichen.
Bedeutung der Forellenteichwirtschaft
Die Forellenproduktion spielt die größte Rolle in der deutschen Binnenfischerei. Etwa 25.000 t,
knapp 40 % des Gesamtaufkommens an Fischen stammt aus der Forellenwirtschaft. Deutschland
liegt damit im europäischen Vergleich an sechster Stelle hinter Norwegen, Dänemark, Italien,
Frankreich und Spanien. Mehr als 500 Haupterwerbsbetriebe und etwa 11.000 Nebenerwerbsund Hobbybetriebe gehen diesem Produktionszweig nach. Noch einmal die gleiche Menge an Forellen, etwa 25.000 t werden nach Deutschland importiert. Während hierzulande überwiegend
weißfleischige Portionsforellen erzeugt werden, haben andere Länder, v. a. Norwegen und Frankreich ihren Schwerpunkt in der Produktion von rotfleischigen, d. h. mit Carotinoiden gefütterten,
Portions- oder Lachsforellen (rotfleischige Regenbogenforellen > 1 kg). Der Jahres-Pro-KopfVerbrauch liegt in Deutschland bei etwa 600 g Forellen. Im Vergleich zum Meeresfisch hat der
Verzehr von Süßwasserfischen eine deutlich geringere Bedeutung. Der gesamte Pro-KopfVerbrauch an Fischen beträgt etwa 14,3 kg.
Der Schwerpunkt der Forellenproduktion liegt in Süddeutschland. Etwa 70 % der in Deutschland
produzierten Forellen stammen aus bayerischen (ca. 40 %) und baden-württembergischen Betrieben (ca. 30 %). Die Betriebsgrößenstruktur ist in Bayern eher klein. Nur etwa 5 % der 3.300 bayerischen Forellenzuchten werden im Haupterwerb bewirtschaftet. Alle Betriebe zusammen erzeugten 2003 knapp 9.500 t Forellen, davon etwa 8.500 t Speise- und 1.000 t Besatzforellen.
Nebenfische, wie Bachforellen oder Bach- und Seesaiblinge machten darin etwa 950 t aus (Tabelle 1).
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Tab. 1: Forellenproduktion im Jahr 2003 in Europa, Deutschland und Bayern [t]
Fischart
Bezeichnung
Europa
Deutschland
1)
1)
Regenbogenforelle
weißfleischig
91.125
22.000
Regenbogenforelle
rotfleischig
89.640
1.000
Lachsforelle
rotfleischig
Nebenfische (Bachforelle, See- und
Bachsaibling)
Satzfische
127.670
2.500
Insgesamt
310.985
2.550
25.500
Bayern
2)
2)
18.713
7.500
2.108
950
2.435
1.000
23.256
9.450
Quellen: 1) The Federation of European Aquaculture Producers (2005): European Aquaculture, www.feap.info
2) Brämick, U. (2004): Binnenfischerei 2003. Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2004, BMELF
Haltung von Forellen
Salmoniden, so werden die forellenartigen Fische bezeichnet, stellen hohe Ansprüche an ihre
Umwelt, v. a. an das Wasser. Typische Standorte für die Forellenteichwirtschaft sind somit an
Quellen oder sauberen Fließgewässern. Das Zulaufwasser weist im Optimum eine Wassertemperatur zwischen 10 und 15 °C auf, hat einen pH-Wert zwischen 6,0 und 8,5 und der Sauerstoffgehalt
liegt in der Nähe des Sättigungswerts, d. h. je nach Temperatur zwischen 9 und 11 mg/l – am
Teichauslauf nicht unter 5 mg/l. Häufig sind die Fischteiche im hängigen Gelände eingebaut, so
dass das Zulaufwasser im natürlichen Gefälle in die Anlage hinein und wieder vollständig herausfließen kann.
Es gibt eine Reihe von Teichtypen. Üblich sind Erdteiche (Abbildung 1) in unterschiedlichen Formen, häufig etwa drei- bis fünfmal so lang wie breit, sogenannte Handtuchteiche. Weniger gebräuchlich sind Rundstromteiche oder -becken aus technischen Baustoffen, wie Beton, Metall
oder Kunststoff, mit tangentialem oder radialem Wasserzufluss. In einigen größeren Betrieben
werden Forellen in sogenannten Fließkanälen (Abbildung 2) gehalten, die häufig betoniert und
wenige Meter breit, weniger als 1 m flach, oft über 100 m lang und mehrfach unterteilt sind. Eine
hohe Strömungsgeschwindigkeit (bis 30 cm/s) trägt zu einer sehr guten Selbstreinigung bei. Das
arbeitsaufwendige Reinigen der Teiche wird hierbei eingespart. Siloanlagen, Hochbecken und
Netzgehege sind in Deutschland unüblich.
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Abb. 1: Erdteiche
Abb. 2: Fließkanal
Die Fischbestandsdichte liegt im Allgemeinen um 10 kg/m³, kann in Fließkanälen bei optimaler
Sauerstoffversorgung aber durchaus bis 100 kg/m³ ansteigen. Grundsätzlich ist der entscheidende
Produktionsfaktor der Frischwasserzulauf in Litern pro Sekunde (l/s). Durch künstliche Belüftung
oder Begasung kann der Sauerstoffgehalt im Wasser und damit die Produktionsmenge im Betrieb
allerdings erheblich gesteigert werden. Die mittlere Produktionsintensität ohne Belüftung liegt bei
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100 – 200 kg Jahresproduktion pro l/s Frischwasserzulauf. Durch künstlichen Sauerstoffeintrag
kann die Produktionskapazität vervielfacht werden. Dazu gibt es verschiedene Geräte oder Einrichtungen. Einige Beispiele:
•
Kaskaden sind einsetzbar, wenn genügend Gefälle vorhanden ist, z. B. beim Überlauf zwischen zwei Teichen; das Wasser wird fein verrieselt und mit Luftsauerstoff angereichert.
•
Strombetriebene, schwimmende Schaufelradbelüfter wirbeln Wasser in die Luft, das sich mit
Sauerstoff anreichert.
•
Eintragsgeräte für Reinsauerstoff reichern das Wasser mit technischem Sauerstoff an; es gibt
stromlose (z. B. Keramikausströmer oder Tiefenrohr) oder strombetriebene Systeme; für die
Sauerstofflagerung sind ein Flüssigsauerstofftank oder Sauerstoffflaschenbündel notwendig.
Eine Mindestmenge an Frischwasserzufuhr darf jedoch nicht unterschritten werden, um negative
Auswirkungen auf die Gesundheit der Fische, z. B. Schädigungen durch Ammoniak, auszuschließen.
Fütterung
Die Fütterung von Forellen erfolgt im Regelfall mit Alleinfutter, das dem Bedarf der Fische optimal angepasst ist. Die Korngrößen und die Inhaltsstoffe der Futtermittel verändern sich mit dem
Fischalter bzw. der Fischgröße (Abbildung 3). Der wichtigste Baustein für das Wachstum der
Fische ist das Futtereiweiß, das im Darm zu Aminosäuren abgebaut, absorbiert und zu körpereigenem Eiweiß aufgebaut wird. Brutfutter enthält üblicherweise 50 – 60 % und Mastfutter 40 –
45 % Eiweiß. Der energiereichste Futterbestandteil ist Fett. Hohe Fettanteile verbessern die Futterverwertung. Eine übermäßige Energiezufuhr durch Fett kann allerdings, v. a. bei unzureichender Sauerstoffversorgung der Fische, zu übermäßiger Fettablagerung im Muskelgewebe oder in
Fettdepots führen. Durchschnittliche Rohfettgehalte liegen im Brutfutter zwischen 10 und 15 %
und im Mastfutter zwischen 20 und 25 %. Die Verdauung von Kohlenhydraten ist bei Salmoniden
aufgrund geringer Enzymaktivität sehr unvollkommen. Verbesserungen werden durch extrudierte
(unter Druck erhitzte) Futtermittel erreicht. Durchschnittliche Kohlenhydratgehalte liegen bei 10 –
15 % im Brutfutter und bei 15 – 25 % im Mastfutter. Zur Erzeugung von rotfleischigen Lachsforellen und zur Versorgung von Laichfischen wird das Futter mit Carotinoiden angereichert. Je
nach Bedarf kann schnell oder langsam sinkendes bzw. schwimmendes Futter angeboten werden.
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Abb. 3: Verschiedene Alleinfuttermittel für Forellen
Üblicherweise wird das Futter ein- bis zweimal täglich von Hand verabreicht. Es gibt jedoch eine
Reihe verschiedener Futterautomaten, womit die Fütterung auf mehrere Gaben pro Tag ausgedehnt werden kann. Einfache Bandfutterautomaten haben den Nachteil, dass das Futter nur an
einer Stelle angeboten wird. Die Folge kann ein Auseinanderwachsen der Fische durch Futterkonkurrenz bzw. Verdrängung sein. Futterautomaten mit Streuaggregaten verteilen das Futter über
eine große Fläche. Neuartige vollautomatische Fütterungsanlagen mit Wiegeeinrichtungen sind
sogar in der Lage, das Wachstum der Fische einzukalkulieren und die Tagesrationen langsam ansteigen zu lassen. Die tägliche Tierbestandsbeobachtung darf dennoch nicht unterbleiben, um Überfütterung oder Futterverluste zu vermeiden. Die Berechnung einer täglichen Futterration wird
in Tab. 2 dargestellt.
Tab. 2: Berechnung einer täglichen Futterration:
Tägliche Futtermenge 1) pro Teich (in g) =
Fischanzahl
(in Stk.)
×
Durchschnittsgewicht 2)
(in g/Stk.)
×
Fütterungsempfehlung
(in %)
×
1
/100
1) Die tägliche Futtermenge ist in kurzen Zeitabschnitten (z. B. 1 mal pro Woche) dem Fischzuwachs anzupassen.
2) Das Durchschnittsgewicht ist in definierten Abständen (z. B. 1 mal pro Monat) durch Probefänge festzustellen.
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Praktische Hinweise für die Fütterung von Forellen:
Bei der Fütterung von Forellen sind einige Grundsätze zu beachten:
•
Die Beobachtung der Fische während der Fütterung ist besonders wichtig.
•
Lieber weniger als zuviel füttern. Die Fütterungsempfehlung des Herstellers nicht überschreiten. Übersättigung schadet den Fischen.
•
Vor Transport und Schlachtung ist die Fütterung rechtzeitig (mindestens 2 Tage) einzustellen.
•
Optimal ist eine breitwürfige Fütterung. Automaten mit Streuvorrichtungen sind vorteilhaft.
•
Futterautomaten maximal mit der berechneten täglichen Futterration beschicken.
•
Die Laufdauer der Futterautomaten beachten, damit nicht zu Unzeiten, z. B. bei Dunkelheit
gefüttert wird.
•
Die Fütterung am Abend oder vor Regengüssen birgt Risiken durch Sauerstoffmangel.
Für Futterkauf und -lagerung sind folgende Empfehlungen einzuhalten:
•
Nur soviel Futter einkaufen, wie innerhalb der Haltbarkeitsfrist verbraucht wird.
•
Das Futter ist kühl, dunkel, trocken und nagersicher zu lagern.
Verarbeitung/Vermarktung
Viele bayerische Betriebe vermarkten einen Großteil ihrer Forellen direkt an den Endkunden.
Auch die Abgabe an Wiederverkäufer, Einzelhandel oder Gastronomie spielt eine große Rolle.
Einige Betriebe haben sich auf die Besatzfischproduktion spezialisiert und vermarkten den größten Teil der Produktion an Gewässerbewirtschafter, wie z. B. Angelvereine. Nur sehr wenige,
v. a. größere Betriebe beliefern den Großhandel. Häufig wird nur die Überproduktion an Großabnehmer vermarktet. Die Preissituation ist bei Abgabe an den Endverbraucher mit durchschnittlich
6,- €/kg für lebendfrische Regenbogenforellen sehr gut. Einzelhändlern oder Angelvereinen wird
im Regelfall ein Mengenrabatt von etwa 20 – 25 % gewährt. Der Großhandelspreis liegt dagegen
mit ca. 3,- €/kg nur etwa bei der Hälfte des Endverbraucherpreises.
Die Verarbeitung, d. h. Schlachten und evtl. Filetieren, und die Veredelung zum Räucherfisch
oder Räucherfischfilet trägt, neben dem Angebot von weiteren Fischarten, zum einen zu einer
Erweiterung der Produktpalette bei. Zum anderen bleiben die Räucherfischprodukte länger haltbar. Schließlich erzielen die Veredelungsprodukte einen deutlich höheren Preis, der den Mehraufwand in der Regel bezahlt macht. Küchenfertige Regenbogenforellen werden an den Endverbraucher, je nach Region, zwischen 7,- und 10,- €/kg verkauft. Frische Regenbogenfilets erzielen
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durchschnittlich einen Preis von 16,- €/kg, Räucherforellen 13,- €/kg und Räucherforellenfilets
etwa 20,- €/kg. Einige Spezialisten führen die Veredelung bis zu brat- oder verzehrsfertigen Produkten, Fischplatten oder Salaten weiter. Im Regelfall findet die Vermarktung im Hofladen statt.
Einige Fischzüchter haben sich auch mit Verkaufswägen auf Wochen- oder Bauernmärkten etabliert. Das Räuchern oder Grillen auf Jahrmärkten kann eine weitere Einnahmequelle sein.
Bioforellenproduktion
Die Produktion von Bio- oder Ökoforellen wird sehr differenziert gesehen. Einige Ökoverbände
lehnen dieses Produkt ab, da der geschlossene Kreislauf, wie in der Landwirtschaft vorausgesetzt,
nicht eingehalten werden kann. Forellen sind aufgrund ihrer Physiologie auf die Zufuhr von
Fischmehl angewiesen. Andere Ökoverbände, Naturland in Deutschland, Bio Ernte Austria in
Österreich oder BioSuisse in der Schweiz haben Öko-Richtlinien erlassen, die vor allem auf die
Nutzung nachhaltiger Fischmehlquellen, z. B. aus Fischschlachtabfällen abzielen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten scheint die Futtermittelindustrie inzwischen gutes Biofutter herstellen zu
können. Allerdings liegt der Preis für Biofuttermittel deutlich über dem des konventionellen Futters, was die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigt. Die Bioforellenproduktion kann nur ertragreich
sein, wenn ein deutlicher Biozuschlag zwischen mindestens 20 und 50 % erzielt wird. In Österreich und vor allem in der Schweiz haben Bioforellen bereits einen beträchtlichen Marktanteil erreicht. In Deutschland (fünf Betriebe, davon ein Betrieb in Bayern) beläuft sich die Bioforellenproduktion dagegen nur auf etwa 100 t pro Jahr. Bioforellen, die im Supermarkt angeboten werden stammen häufig aus dem europäischen Ausland, z. B. Italien und Polen.
Weitere Informationen:
Folgende Faltblätter zur Bewirtschaftung von Forellen- und Karpfenteichen können an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Fischerei Starnberg, Weilheimer Str. 8,
82319 Starnberg oder über [email protected] angefordert werden:
1. Forellenfütterung – bedarfsgerecht und gewässerschonend. Teichwirtschaft 1. 8 S.
2. Abfischen von Karpfenteichen. Teichwirtschaft 2. 6 S.
3. Forellenteiche – Behandlung des Reinigungswassers. Teichwirtschaft 3. 6 S.
4. Biber und Fischteiche. Teichwirtschaft 4. 6 S.
5. Überspannung von Fischteichen zur Abwehr fischfressender Vögel. Teichwirtschaft 5. 6 S.
Dipl.-Ing. agr. Reinhard Reiter
LfL – Institut für Fischerei Starnberg

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