"Es war einmal..." - Das Buch als PDF zum Ausdrucken

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"Es war einmal..." - Das Buch als PDF zum Ausdrucken
„Es war einmal …“
„Es war einmal …“
Eine Sammlung von Märchen
in deutscher Sprache
zum Grimm-Jahr 2012
geschrieben von Schülerinnen und Schülern
der folgenden Schulen in Südafrika:
Deutsche Schule Durban, Durban
Hoër Meisieskool Bloemhof, Stellenbosch
Hoërskool Diamantveld, Kimberley
Hoërskool Tygerberg, Cape Town
Pretoria High School for Girls, Pretoria
St. George’s Preparatory School, Port Elizabeth
Stellenberg High School, Cape Town
Wartburg Kirchdorf School, Wartburg
Ein Projekt der
ZfA-Fachberatung Südafrika
Projektidee und -koordination:
Iris Wagner, Fachberaterin/Koordinatorin,
Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), Pretoria
Durchführung:
Die Deutschlehrerinnen und -lehrer der folgenden Schulen in Südafrika:
Helga Bucher, Deutsche Schule Durban, Durban
Marcia Combrinck, Hoër Meisieskool Bloemhof, Stellenbosch
Birgit du Toit, Pretoria High School for Girls, Pretoria
Pieter Nel, Hoërskool Tygerberg, Cape Town
Rosemarie Riedemann, Stellenberg High School, Cape Town
Susanne Rottler, Hoërskool Diamantveld, Kimberley
Liliom Strauch, St. George’s Preparatory School, Port Elizabeth
Susan van der Westhuizen, Hoërskool Diamantveld, Kimberley
Rumen Zidarov, Wartburg Kirchdorf School, Wartburg
Satz, Layout, Illustrationen:
Julienne Jattiot, Berlin
Druck:
Minit Print Hatfield, Pretoria, 2013
Zweite Auflage
Realisierung durch Mittel der:
Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), Köln
Inhalt
Vorwort z u r e r st e n Au f l age . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Vorwort z u r z w e i t e n Au f l age . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Die Märchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1. Ein modernes Liebesmärchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2. Lena und Specki. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
3. Das Geisterlied. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
4. Wolfgang und Amm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
5. Das Märchen von den Zwillingen, der Elfe und dem Monster. . . . . . . 19
6. Der verzauberte Esel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
7. Wie Hanneliese ihre Sicht wieder bekam. . . . . . . . . . . . . . . . 26
8. Jackie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
9. Ein umgekehrtes Märchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
10. Das magische Krokodil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
11. Die wilden Sieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
12. Alisas Abenteuer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
13. Tom Flinke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
14. Ein langer Weg nach Hause. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
15. Abu und Shongweni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Die Autorin nen und Autoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5
Vorwort zur ersten Auflage
Die von den Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm gesammelten und 1812
erstmals veröffentlichten „Kinder- und Hausmärchen“ gelten bis heute als
Schatztruhe deutscher Volksdichtung und haben Weltruhm erlangt. Zum
Grimm - Jahr 2012 lag es deshalb nahe, an den südafrikanischen DSDSchulen des nationalen Bildungssystems1 ein Märchenprojekt durchzu­
führen.
An den acht teilnehmenden Schulen tauchten insgesamt 101 Schülerinnen
und Schüler mit ihren neun Deutschlehrinnen und -lehrern in die Welt
der deutschen Volksmärchen ein. Neben der Auseinandersetzung mit dem
Leben der Gebrüder Grimm stand die Lektüre von Märchen im Vordergrund, an denen die Schüler die typische Struktur und wesentlichen Stilelemente der Textgattung Märchen kennenlernten. Im Anschluss daran
wurden die Schüler selbst kreativ und schrieben eigene Märchen in deutscher Sprache. Einige Klassen entschieden sich, die Texte in Einzelarbeit
zu erstellen. Andere schrieben ihre Märchen in der Gruppe. Im Anschluss
wählte jede Klasse ihre beiden besten Märchen selbst aus und überarbeitete
sie gemeinsam. In einem Falle schrieb die gesamte Klasse ein gemeinsames
Märchen.
Das Ergebnis des Projekts ist dieses wundervolle Büchlein. Es beginnt mit
Märchen von Schülerinnen und Schülern, die Deutsch als Fremdsprache in
Klasse 11 oder – in einem Fall – Klasse 10 lernen, d.h. seit 2,5 bis 3,5 Jahren
(Seite 9 bis 34). Es folgen Texte von muttersprachlichen Deutschlernerinnen
und -lernern der Klassenstufen 6 bis 7, in einem Falle der Klassenstufe 11
(Seite 35 bis 48). Das jeweils beste Märchen einer Klasse wurde mit einer
Illustration ausgezeichnet. Die Namen der Autorinnen und Autoren der
jeweiligen Märchen sowie der beteiligten Deutschlehrkräfte finden sich im
letzten Kapitel des Buches (Seite 49 bis 52).
Danken möchte ich an dieser Stelle allen, die am Märchenprojekt mitgearbeitet und das vorliegende Büchlein ermöglicht haben. Zunächst
ist dies die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), die die gesamten Kosten des Projekts trug. Darüber hinaus möchte ich dem
Kulturreferat der Deutschen Botschaft Pretoria danken, insbesondere
Martina Wurm-Dittkrist, für ideenreiche Anregungen und logistische
Diese von der Fachberatung der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) betreuten Schulen
führen das Deutsche Sprachdiplom (DSD) durch oder streben die Durchführung dieses Abschlusses
an und sind in der Regel Partnerschulen der Bundesrepublik Deutschland.
1
7
Unterstützung. Ebenso möchte ich Julienne Jattiot sehr herzlich für ihre
Arbeit am Textsatz und Layout sowie die schönen Illustrationen danken, die
den Umschlag und die ausgezeichneten Märchen zieren. Besonderer Dank
gebührt den engagierten Deutschlehrkräften an den beteiligten Schulen,
die das Projekt in ihren Unterricht integrierten. Vor allem aber danke ich
allen Schülerinnen und Schülern, die als Autorinnen und Autoren der versammelten Märchen durch ihre Kreativität und ihren Fleiß dieses Buch zu
einem kleinen Schmuckstück werden ließen. Aber davon sollen Sie, liebe
Leserinnen und Leser, sich nun beim Lesen selbst überzeugen.
Pretoria, im November 2012
Iris Wagner
Vorwort zur zweiten Auflage
Die 500 Exemplare der ersten Auflage von „Es war einmal …“ waren schnell
vergriffen. Ich freue mich sehr darüber, dass das Märchenbuch auf so
großes Interesse bei Schülern, Lehrkräften und Freunden der deutschen
Sprache in Südafrika stößt.
Der Weiterfinanzierung des Märchenprojekts auch im Jahr 2013 durch
die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen verdanken wir die hier vor­
liegende zweite Auflage des Büchleins. Ebenfalls entstand eine Hörversion
aller 15 Märchen. Die in Berlin lebende Schauspielerin Cornelia Helsner
hat uns hierfür ihre Stimme geliehen. Ihr gilt mein besonderer Dank.
Darüber hinaus entwickeln Schülerinnen und Schüler der am Projekt teilnehmenden ZfA-PASCH-Schulen einen Aufgabenapparat zu den an ihren
Schulen entstandenen Märchen. Auf diese Weise kann das Märchenbuch
noch besser im Deutschunterricht eingesetzt werden.
Alle Zusatzmaterialien – Hördateien und Aufgaben für den Unterricht –
werden im Internet unter http://www.auslandsschulwesen.de/pretoria
(unter „Downloads“) voraussichtlich ab Ende 2013 zugänglich sein.
Pretoria, im September 2013
Iris Wagner
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Die Märchen
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Ein modernes
Liebesmärchen
Kapit el 1
Es waren einmal ein Junge namens Alex und eine Königstochter namens
Sarah. Sie waren beste Freunde und konnten nicht ohne einander leben.
Die Jahre vergingen und ihre Freundschaft wurde nur noch stärker.
Alex schlich oft in der Nacht zum goldenen Schloss, um unter Sarahs
Fenster ein Lied zu singen. Das machte er so lange, bis Sarah einschlief.
Eines Tages erwischte Sarahs Vater ihn. Er schrie Alex wütend an: „Komm
nie wieder in die Nähe von meinem Schloss und lass meine Tochter in
Ruhe!“ Auch die Mutter von Alex, die jahrelang im Schloss arbeitete, verlor
ihre Arbeit.
Dann kam eine schreckliche Krankheit über das ganze Land und nahm das
Leben von Alex’ Mutter. Traurigkeit überkam ihn, und jetzt, wo er Sarah
nicht mehr sehen durfte, verkaufte er das Haus seiner Mutter und kaufte
sich ein altes Boot. Er glaubte, er würde seinen Schmerz vergessen, wenn
er sein Zuhause hinter sich ließ. Sarah hörte, dass Alex weggehen wollte,
und stürzte in eine tiefe Traurigkeit.
Ein paar Tage später brach Alex bei Sonnenaufgang auf. Der Wind nahm
Besitz von dem kleinen Boot und Alex wusste, er war auf dem Weg in ein
unvergessliches Abenteuer.
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Kapit el 2
Alex genoss sein Leben als Fischer. An einem bestimmten sonnigen Tag
sah er kurz etwas Schimmerndes und Mysteriöses im Wasser. „Vielleicht
ein großer Fisch?“, dachte er. „Oder vielleicht doch nicht …“
Eine wunderschöne Meerjungfrau erschien und stellte sich als Christine
vor. Alex war absolut fasziniert von ihrer Schönheit und ihrer Zauberbahn. Ihr Haar schien golden und ihre Haut schien wie Perlen. Ihre grünen
Augen glänzten wie Edelsteine in der Sonne. Um ihren Hals trug sie eine
silberne Kette mit drei goldenen Sternen, die das Leben der Meerjungfrau
repräsentierten. Alex und sie redeten stundenlang, bis es Zeit für sie war
zu gehen.
Jeden Tag bei Sonnenaufgang kam sie und sang mit ihrer schönen, sanften
Stimme. Wenn die Nacht kam, verließ sie ihn wieder. Sehr schnell war Alex
wie ein Fisch in einem Netz aus Liebe gefangen.
In einer stürmischen Nacht, als der Wind heftig blies, erschien Christine,
aber etwas in ihren Augen schien anders zu sein. Plötzlich erschienen
scharfe Zähne in ihrem Mund und Seile schossen aus ihren Händen in
Richtung des erschrockenen Alex. Auf einmal zeigte sie ihre wahre Persönlichkeit. Der wirkliche Grund, warum sie sich für Alex interessierte, war
nicht Liebe, die sie ihm gegenüber fühlte, sondern der Hunger, den sie in
ihrem Bauch spürte …
Alex, einst geblendet von der Schönheit Christines, erkannte, dass sie ihn
nur getäuscht hatte, aber es war für Alex zu spät …
Alex war schon in den Seilen verschlungen. Im letzten Augenblick ver­
suchte er sein Leben zu retten. Er griff nach der Kette und riss sie von
ihrem Hals herunter. Im nächsten Augenblick verschwand Christine und
Alex war sicher.
Kapit el 3
Alex sah die ersten Strahlen der Morgensonne am Horizont. Er schwamm
zu seinem kleinen Boot. Er setzte sich, nass und kalt, auf das Deck, als er
Christines Kette in seiner Hand bemerkte … „Ich wünschte, ich wäre warm
und trocken“, dachte er, und so passierte es.
Er schaute noch einmal auf die Kette in seiner Hand und bemerkte,
dass einer der drei Sterne verschwunden war. Er realisierte, dass die Kette
der Meerjungfrau eigentlich eine Wunschkette war. Müde, hungrig und
alleine, wünschte er sich wieder etwas …
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„Ich wünschte, ich wäre jetzt zu Hause“, dachte er. Sofort erschien eine
Wasserschildkröte. „Kann ich dir vielleicht helfen ans Land zu kommen?“,
fragte sie. Die treue, alte Schildkröte zog das Boot von Alex ans Land …
Wieder war ein Wunsch in Erfüllung gegangen und es blieb nur noch ein
Stern an der Kette übrig.
Die Füße von Alex folgten seinem Herzen zu dem einzigen Platz, wo er
sich zu Hause fühlte: bei Sarah. Er erfuhr, dass der böse König inzwischen
gestorben war und dass Sarah jetzt allein wohnte. Sein Weg führte zu
ihrem Schlafzimmer. Der Raum, früher einmal mit so vielen Freunden und
Lachen gefüllt, hatte nun eine Aura von bitterer Traurigkeit. Alex fand
Sarah todkrank im Bett.
Alex wusste, dass die Verbindung, die er mit Sarah hatte, nicht wegen
ihrer Schönheit oder dem endlosen Lachen, das sie teilten, war, sondern
wegen der Tiefe ihrer Liebe, die sie immer füreinander hatten. Schnell griff
er nach der Kette, die nur noch einen letzten Stern hatte. Es gab nur noch
eine Sache, die er sich gerade und für den Rest seines Lebens wünschte …
Er nahm einen tiefen Atemzug und sagte: „Ich wünschte, dir würde es
wieder besser gehen …“, er seufzte, „weil ich dich liebe.“
Alex und Sarah waren beste Freunde und jetzt auch noch Geliebte. Sie
waren wieder unzertrennlich. Die Jahre gingen vorbei, ihre Freundschaft
wurde stärker und ihre Liebe wuchs nur tiefer. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch glücklich zusammen.
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Lena und Specki
Kapit el 1
Es war einmal ein armes Mädchen, das Lena hieß. Sie war eines von sieben
Kindern. Die Familie wohnte in einem Wald. Es war eine einfache, aber
glückliche Familie. Lena war das älteste Kind. Sie musste immer waschen,
kochen, ihr Holzhaus putzen und die kleinen Kinder versorgen. Ihr bester
Freund war ein Schweinchen, das Specki hieß. Sie teilte immer ihre Sorgen
mit Specki, weil er ganz intelligent war und immer einen guten Rat hatte.
Lenas Vater war Förster, und seine Frau wurde vor sieben Jahren von der
Hexe im Wald gefangen. Lena und ihre Geschwister glaubten, dass ihre
Mutter tot sei. Alle hatten Angst vor der Hexe und wussten, man konnte
sterben, wenn man mit ihr zu tun hatte.
Kapit el 2
An einem Tag pflückte Lena Blumen, als Specki angelaufen kam. Er schrie
laut : „Die Hexe hat den Prinzen gefangen !“ Lena war entsetzt und wollte
ihn retten. Zusammen planten sie, wie sie den Prinzen retten konnten.
Am nächsten Tag fing die Reise an. Sie dauerte einen ganzen Tag. Endlich
erreichten sie einen großen Baum. Der Baum war das Haus der Hexe!
In dem Baum war eine Tür. Ohne Angst versuchten sie, die Tür zu öffnen.
Die Tür sagte aber : „Sag zuerst das Passwort.“ Natürlich kannten sie das
nicht, und sie mussten ohne den Prinzen wieder nach Hause gehen.
Kapit el 3
Ein neuer Tag kam, und Lena und Specki wollten noch immer den Prinzen retten. Anscheinend war der Prinz sehr attraktiv, und Lena und Specki
glaubten, dass sie eine Belohnung für die Rettung des Prinzens bekommen
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würden. Specki erzählte Lena, dass er am vorigen Abend zum Hexenbaum
gegangen war und die Hexe beobachtet hatte.
Er hatte auch gesehen, dass Lenas Mutter noch als Geisel bei der Hexe war.
Und … Er hörte das Passwort !
Kapit el 4
Noch einmal gingen sie zur Tür. Als sie an die Tür kamen, sagte Lena
das Passwort : „Grausames Lachen.“ Die Tür öffnete sich mit Leichtigkeit,
und Lena und Specki gingen hinein. Es war sehr schmutzig und gruselig.
Lena zitterte vor Angst, aber sie war fest entschlossen, den Prinzen und
ihre Mutti zu retten. Sie fühlte sich sicher mit Specki neben ihr.
Es dauerte nicht lange, bis sie einen Ton hörten. Plötzlich erschien ein
Drache vor ihnen. Specki blieb stehen und schrie: „Es ist zu gefährlich,
weiter zu gehen !“ Lena hatte so große Angst, dass sie nicht sprechen
konnte. Dann begann der Drache, Feuer zu speien. Lena und Specki drehten sich sofort um und rannten. So schnell wie sie konnten, stiegen sie
durch die Tür. Wieder ohne den Prinzen und Lenas Mutter.
Kapit el 5
Ein drittes Mal gingen sie zum Hexenbaum. Diesmal waren sie auf den
Drachen vorbereitet. Lena sagte das Paswort, und sie und Specki gingen
hinein. Still näherten sie sich dem Drachen. Der Drache hörte sie und stand
auf. Aber Specki war zu schnell für ihn und sprang auf seinen Schwanz.
Der Drache sah ihn an, aber bevor er Feuer speien konnte, schlug Lena ihn
mit einem scharfen Beil. Schließlich war der Drache tot.
Danach suchten sie den Prinzen und Lenas Mutter. Nach ein paar Tunneln sahen sie ein Licht. Lena und Specki folgten ihm und dort waren der
Prinz und ihre Mutter. Lena war so glücklich ihre Mutter wieder zu sehen
und zu umarmen, dass sie die Hexe nicht sah. Die Hexe schlich hinter sie,
und Specki schrie: „Vorsicht Lena, die Hexe !“
Zum Glück sprang sie aus dem Weg! Der Prinz rief: „Wirf die Hexe ins
Feuer!“ Specki sah das Feuer in der Ecke des Raumes und bat Lena, ihm zu
helfen. Nach einem langen Kampf warfen sie die Hexe ins Feuer. Endlich
konnten sie den Prinzen und Lenas Mutter mit nach Hause nehmen.
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Kapit el 6
Auf dem Weg nach Hause sahen Lena und der Prinz sich zum ersten Mal an.
Plötzlich verliebten sie sich ineinander. Endlich erreichten sie das Schloss,
und der dankbare König befahl seinem Sohn, Lena zu heiraten. Aber
zuerst gingen Lena, Specki und die Mutter nach Hause und die Familie
vereinigte sich.
Bald danach lernte Specki ein Schweinchen, nämlich Ei, kennen und
die zwei verliebten sich. Lena wurde die Prinzessin und ihre ganze Familie
konnte lang und glücklich im Schloss wohnen.
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Das Geisterlied
Es war einmal ein schönes Fräulein. Sie gefiel allen Dorfbewohnern.
Sie hatte ein außerordentliches Lied, das sie mit einer gewöhnlichen
Stimme sang. Wenn sie in dem Dorf wanderte, stoppten alle Menschen,
um dem Gesang des Fräuleins zuzuhören. Die Frauen stoppten mit ihrer
Wäsche und schauten über ihre Schultern. Der Bäcker vergaß sein Gebäck
auf dem Kaminfeuer und lächelte breit. Ihr Lied machte sie sehr berühmt.
Eines Tages kam ein attraktiver Mann in das Dorf. Das Fräulein war
sofort verliebt ! Sie war entschlossen, das Herz des Mannes zu gewinnen.
So entschloss sie sich, ihn zu verzaubern, wie sie andere mit ihrem präch­
tigen Lied verzaubert hatte.
Sie bereitete sich vor zu singen. Sie übte die ganze Nachte ihr Lied.
Dann entschied sie sich, den Mann zu suchen. Als sie ihn fand, sang sie
ihm ihr Lied. Zu ihrer Überraschung war er weder in Trance, noch war er
interessiert. Er sagte dem Fräulein, dass er schon eine Liebe hätte.
Abgelehnt und böse, machte sie sich auf die Suche nach dieser Frau und
tötete sie.
Der Mann weinte über den Tod seiner Geliebten. Er war auch voll Wut
und mit seinen Gedanken, die einen gesunden Menschenverstand blenden,
tötete er das Fräulein.
Ängstlich floh er in den Wald, wo er ein verlassenes Schloss fand. Dieses
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Schloss hatte ein einzelnes Zimmer, das gewöhnlich war, aber mit einem
außerordentlichen Blick nach draußen. Von diesem großen Fenster aus
konnte er das ganze Dorf sehen.
Er untersuchte das Zimmer, da war ein Bett in der Ecke, ein Klavier
und ein einsames Sofa. Er glaubte das nicht, aber hinter dem Sofa … war
das Fräulein ! Ihr schneeweißer Geist !
„Warum kannst du mich nicht lieb haben?“, sagte sie. Sie schwebte zwei Zoll
über dem Fußboden. Sie sah unheimlich und traurig aus.
Der Mann war wirklich fassungslos, und er trat wild zurück. Sein letzter
Schritt war einer zu viel und er fiel sieben Treppen hinunter. Der Mann
starb und seine Seele verließ seinen Körper. Er wurde ein Geist.
Der Mann war allein, aber er folgte des Fräuleins Lied. Er war so allein, dass
die Frau, die seine Liebhaberin getötet hatte, seine Frau wurde. Sie wandern
jetzt auf dieser Erde zusammen, glücklich für immer.
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Wolfgang und Amm
Es war einmal, nicht vor allzu langer Zeit, eine Familie von Kaninchen.
Alle waren glücklich und waren äußerlich schön, außer dem kleinsten
Kaninchen – Wolfgang. Er hatte ein weiches Herz und war sehr hilfsbereit,
aber er war nicht hübsch. Die Tiere trieben Unfug mit ihm. Sie nannten
ihn schreckliche Namen, wie „Grobbler“, weil er sich immer kratzte.
Das machte Wolfgang traurig und darum lief er weg.
Viel später, nach einer schweren Reise auf einem unendlichen Pfad,
sah Wolfgang ein kleines Häuschen. Er war so müde und hatte so großen
Hunger, dass er entschied nachzusehen, wer zu Hause war.
Er klopfte an die Tür und ein altes, graues Lama öffnete. „Hallo, wer ist
dort ?“, fragte die runzlige Lama-Großmutter und guckte munter über ihre
Brille. „Ich bin es nur, Wolfgang, das Kaninchen“, antwortete Wolfgang.
Die alte Lama-Oma starrte auf den müden Wolfgang, und nach einer langen Zeit von unbequemer Ruhe sagte sie endlich: „Warum wartest du ?
Komm herein !“
Wolfgang ging hinein und war erstaunt über das einzelne Zimmer. Es war
dunkel, außer dem Flackern von einem Feuer, das die Spinnweben an der
Wand erleuchtete. Dort waren keine Möbel, nur ein Paar Kopfkissen auf
dem Boden in der Mitte von dem Raum.
Die Lama-Oma zeigte ihm, dass er sich auf ein Kissen setzen musste.
Sie nahm ihre Pfeife und begann ruhig zu rauchen. „Ich weiß, warum du
hier bist“, sagte sie. „Du bist unglücklich, weil du so schrecklich aussiehst.“
Wolfgang war überrascht. „Woher weißt du das ?“ „Mein Kind, sieh doch,
wie du aussiehst !“ lachte die Lama-Großmutter, „Wer soll es nicht wissen ?“
„Ich weiß“, gab er zu, „aber was kann ich tun ?“
Das Lama dachte darüber nach und antwortete zaghaft: „Vielleicht kannst
du zu der Grotte von großen Wundern gehen ! Ich muss dich jedoch warnen : Dort gibt es ein entsetzliches, schreckliches, sehr hässliches Monster !
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Lauf drei Meilen auf diesem Pfad und geh dann nach rechts, dann wirst
du bei der Grotte ankommen. Dort sollst du deine echte Schönheit finden.“ Wolfgang war in Verzückung ! Er dankte dem Lama und setzte sein
Abenteuer fort.
Endlich kam er vor der Höhle zum Stillstand. Die Höhle war pechschwarz
und Wolfgang war in Schrecken versetzt, aber er fand seinen Mut und lief
hinein.
Während er hineinging, sprang dort ein wolliges Knäuel plötzlich vor ihn.
„Aaaaah!“, schrie Wolfgang erschrocken. Das niedliche Tierchen sah
ihn barsch an und sagte : „Eigentlich muss ich schreien! Guck, wie du aussiehst! Deine Zähne, dein dicker Bauch! Und warum kratzt du dich selbst
andauernd?“
Wolfgang war erschrocken! „Das sind keine schönen Dinge, die du mir
sagst! Besonders nicht für ein Tier, das so niedlich ist wie du!“ „Wohl“,
antwortete das Tierchen, „du bist auch nicht schön anzusehen! Ich heiße
Amm. Was willst du?“
Wolfgang beschloss, viel freundlicher als Amm zu sein, obwohl er nicht
hübsch war. Er hatte einen Plan und sagte leise : „Komm mit mir in den
Wald. Jedes Tierchen soll dir Bestätigung über dein prächtiges Aussehen
geben.“ Amm war einverstanden und sie begannen ihr Abenteuer zurück
in den Wald.
Sie kamen dort an und alle Tiere waren aufgeregt, um dieses niedliche
Tierchen zu sehen. Sie standen um Amm und Wolfgang herum, aber
bewunderten nur Amm.
Amm beguckte auch einen nach dem anderen und schrie, „Schade! Ihr seht
alle so hässlich aus ! Es ist armselig ! “ Alle waren traurig und die Mutter
von Wolfgang rief aus: „Das ist nicht schön!“ „Ja“, stimmte seiner Vater zu,
„du bist so hässlich auf der Innenseite, dass dein Äußeres uns egal ist!“
Als der Vater von Wolfgang fertig war, guckten die Kaninchen das erste
Mal auf eine andere Weise auf Wolfgang. Sie realisierten, dass sie auch
wie Amm handelten. Sie entschuldigen sich und akzeptierten Wolfgang,
wie er war.
Der Wald war für das erste Mal in Frieden, weil alle realisierten : Echte
Schönheit liegt nicht im äußeren Erscheinungsbild, sondern eher auf
der Innenseite.
Das Märchen von den
Zwillingen, der Elfe
und dem Monster
Es waren einmal zwei Mädchen. Ingeborg wurde im Licht geboren und
Stephanie wurde im Schatten geboren. Ihre Wege wurden nach ihrem
Herzen bestimmt. Während sie aufwuchsen, konnte man die Unterschiede
sehen.
Stephanie und Ingeborg gingen durch den Traumwald spazieren und
stießen per Unglück einen Schwammerl mit dem Fuß um. Stephanie zwang
ihre Schwester, die Hälfte des Schwammerls zu essen. Die Mädchen schliefen ein. In dem Traum war da eine Elfe. Die Elfe sagte, dass die Mädchen
drei Herausforderungen lösen mussten. Die Elfe erzählte ihnen nicht,
dass ihre Lösungen ihre Zukunft bestimmen würden.
Als die Schwestern durch den Wald liefen, kam ein Monster ihnen über
den Weg. Das Monster hatte sein Baby verloren. Nur wenn die Schwestern
das Baby finden würden, würden sie Durchgang zum Wald bekommen
können. Ingeborg nahm sofort die Aufgabe an und machte sich auf den
Weg, um das Kleine zu suchen. Stephanie hingegen versuchte, sich am
Monster vorbeizuschleichen. Doch das Monster erwischte sie und hielt sie
gefangen. Als Ingeborg mit dem Monsterbaby zurückkam, wusste sie, dass
sie ihre Schwester nur im Tausch wieder bekommen konnte. So rettete sie
das Baby, ihre Schwester und konnte durch den Wald laufen.
Kurz danach standen die Schwestern vor einer goldenen Brücke. Als die
gute Schwester auf die Brücke trat, flüsterte eine Stimme: „Nur mit Liebe
kannst du über die Brücke.“ Stephanie hatte große Angst, weil sie wusste,
dass sie im Herzen Gold trug, aber Ingeborg umarmte sie und sagte: „Habe
keine Angst, komm mit mir.“
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Vorsichtig, auf Zehenspitzen, liefen die Mädchen über die Brücke.
Am Ende der Brücke hingen zwei Schlüssel am Steinbau, ein goldener und
ein hölzener. Stephanie griff sofort den goldenen und Ingeborg musste den
hölzernen nehmen.
Vor ihnen erschien plötzlich eine Steinmauer. Auf dieser Mauer erschienen
zwei verschiedene Bilder. Die Schlüssel wurden zu den Bildern gezogen,
der goldene zum linken, der hölzerne zum rechten. Zwei Türen schoben
sich langsam mit kreischendem Geräusch auf. Stephanie und Ingeborg
liefen jede durch ihre Tür. Stephanie lief dem Gold entgegen und wurde
von dem Goldwasser eingezogen. Sie versuchte raus zu kommen, aber
die Goldfinger hielten sie fest. Ingeborg hingegen lief auf eine Wiese mit
wunderschönen Blumen. Dort legte sie sich erschöpft hin und schlief ein.
Plötzlich hörte sie eine Stimme und spürte ein Schütteln an der Schulter.
Sie wachte auf und blickte in die Augen ihres Prinzen.
Die kleine Elfe hüpfte erfreut auf den Zweigen des Baumes und rief :
„Die Liebe trägt dich zum Ende !“ Und wenn sie nicht gestorben sind, dann
leben sie noch heute.
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Der verzauberte Esel
Es war einmal ein sehr armes Waisenkind. Es wohnte in einer Hütte,
die in einem gefährlichen Wald war, weil es dort von Wölfen wimmelte.
Diese Wölfe haben seine Eltern aufgefressen und jetzt wohnte der Junge
ganz allein, ohne Papa, ohne Mama und ohne Geschwister. Er hatte nur
einen Esel, der ihm bei der Arbeit half: Weizensäcke für den Bauern tragen
und so. Aber dann wurde der Junge krank und er lag tagelang im Bett.
Nach drei Wochen sah der Junge, dass er nur noch drei Brötchen übrig
hatte. Drei Tage lang knabberte er an diesen drei Brötchen … und dann
waren sie alle. Er überlegte hin und her, und schließlich wusste er, wenn er
überleben wollte, hatte er keine Wahl. Der Esel musste dran.
„Komm“, sagte er zum Esel, „leg dich hin! Wenn ich überleben will, muss
ich dich leider schlachten.“ „Oh, mein Gott!“, schrie der Esel. „Bitte, töten
Sie mich nicht!“ Der Junge machte große Augen, weil der Esel sprechen
konnte. „Du kannst sprechen?“, staunte der Junge. „Ja, und sogar genauso
gut wie Sie“, sagte der Esel. „Ja, aber wie …?“, wollte der Junge wissen. „Ach,
wenn es einem ums Leben geht, kann man einfach alles“, antwortete der
Esel trocken.
„Also gut und schön, dass du jetzt sprachbegabt bist, aber das stillt nicht
meinen Hunger!“, meinte der Junge. „Oh, warten Sie nur ab, Sir. Wenn ich
gewusst hätte, dass es um mein Leben geht, hätte ich Ihnen schon früher
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geholfen. Ich gehe jetzt in den Wald und komme bald mit Köstlichkeiten
zurück.“
Nach drei Stunden kam der Esel mit seinem Korb voller Pilze aus dem Wald
zurück und kochte dem Jungen eine köstliche Pilzsuppe. In Märchen ist es
nämlich möglich, dass Esel hervorragend gut kochen können. Der Junge aß
so viel Suppe, bis er wirklich satt war, und kam wieder zu Kräften. Er stand
fröhlich aus seinem Krankenbett auf und hatte Lust auf das Leben.
Am nächsten Tag starb der König, und die Königstochter musste sofort
einen braven Prinzen heiraten, weil das Land ohne König zugrunde
gehen würde. Der Esel war beim Pilzepflücken, als er diese Neuigkeit hörte.
Er sah sofort eine Gelegenheit, wie er seine Lebensumstände verbessern
konnte. Man konnte ja nicht von Pilzsuppe alleine leben. Er galoppierte wie
der Wind zu der Hütte und erzählte dem Jungen diese Neuigkeiten. „Aber
ich bin kein Prinz“, sagte der Junge. „Ja, da haben Sie Recht, Sir, aber wenn
zwei sich zusammentun, wird das Problem um die Hälfte kleiner“, sagte
der Esel. Und so machten die beiden sich sofort auf den Weg zum Königsschloss, das drei Tage von der Hütte entfernt war.
Als sie zum Schloss kamen, grüßte die Königstochter sie etwas hochnäsig.
Jeder weiß, dass Frauen viel von einem Mann verlangen, und die Königs­
tochter war keine Ausnahme. Sie sagte zu dem Jungen: „Ich möchte einen
wahren Mann heiraten. Wenn Sie mich heiraten wollen, müssen Sie drei
Aufgaben machen.“ „Ach, ich bin schon ein wahrer Mann, und für Sie
würde ich die sieben Berge holen“, sagte der Junge. Die Königstochter war
ja wirklich sehr, sehr schön.
„Na gut“, antwortete die schöne Königstochter, „gehen Sie in den verzauberten Wald und finden Sie mir nicht die sieben Berge, sondern die sieben
Diamanten, die die Hausgehilfin meiner Mama, kurz bevor sie gestorben
war, aus der Krone gestohlen hatte.“ Dann überlegte die Königstochter noch
etwas, weil sie ja die Aufgabe nicht zu leicht machen wollte. Schließlich
sagte sie: „Bringen Sie mir auch zehn goldene Eier, ich möchte nämlich
eine Halskette aus denen machen. Gehen Sie danach ins Schloss des Hexen­
meisters, in dem ein dreiköpfiger Drache wohnt, der mich ‚ hochnäsig ‘
schimpft. Schlagen Sie den Drachen und bringen Sie mir die drei Köpfe !
Ich lasse mich nicht länger von einem Drachen beleidigen!“
Da war der Junge mutlos. Solche schweren Aufgaben würde er doch nicht
lösen können, auch wenn die Prinzessin sehr, sehr schön war. „ Ich helfe
Ihnen doch ! “, sagte der Esel. „ Wie kannst du mir bei diesen Aufgaben
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helfen, du doofer Esel!“, schimpfte der Junge. „Ich bin nicht doof “, sagte
der Esel. „Ich wollte es Ihnen nicht vorher sagen, aber ich bin ein Junge
und war früher Schüler an der hiesigen Zauberschule. Der neidische
Hexenmeister hat mich aber in einen Esel verwandelt, weil ich besser als er
zaubern konnte. Nur wenn ich jemandem bei der Lösung einer fast unmöglichen Aufgabe helfe, wird der Zauberspruch aufgehoben und werde ich
wieder ein Mensch. Und diese drei Aufgaben sind die perfekte Gelegenheit
für mich.“ „Ach, das finde ich wunderbar!“, rief der Junge. „Ja“, sagte der
Esel, „und ich kenne zufälligerweise die alte Hausgehilfin. Sie hat nämlich
auch bei meiner Mama gearbeitet und hat Sachen geklaut.“ „Nein!“, rief der
Junge begeistert, „so ein Zufall! Das ist aber ein Glück!“
Der Esel sprach: „Simsalasimbanten, zeig mir den Weg zu den Diamanten ! “, und schon waren sie an der Stelle, wo die Diamanten vergraben
waren. Er war wirklich ein ausgezeichneter Zauberer.
Sie fanden die Diamanten unter einem Stein. Der Junge legte die sieben
herrlichen Steine in seine Tasche. Jetzt mussten die beiden aber zu ihrem
Schrecken feststellen, dass die Bäume in diesem Wald böse Geister waren.
Das war auch die Arbeit vom Hexenmeister! Die Bäume streckten ihre
Zweige aus und wollten den Esel und seinen Herrn fangen und wer weiß
was mit ihnen machen.
„Springen Sie auf meinen Rücken!“, rief der Esel. Der Junge sprang, und
schon lief der Esel wie der Wind mit seinem Herrn davon. An der Grenze
des Waldes konnten sie aufatmen, weil die Bäume den verzauberten Wald
nicht verlassen durften.
„Und die zweite Aufgabe?“, fragte der Junge und lächelte. „Ach, einfach“,
sagte der Esel, „ kaufen Sie mir schnell zehn Eier bei Aldi.“ So gesagt,
so getan, und bald kam der Junge mit zehn Eiern zurück. „Simsalasimwollt’,
Eier aus Gold!“, sprach der Esel. Da fiel dem Jungen das Kinn fast auf den
Boden, denn die zehn Eier lagen goldglänzend in der Verpackung. „Hach,
die machen bestimmt eine tolle Halskette“, sagte der Junge. Er legte die
zehn Eier zu den Diamanten in seinen Sack und seine Augen strahlten.
„Und die dritte Aufgabe?“, fragte er. „Nichts einfacher“, sagte der Esel, „ich
weiß ja, wo der gemeine Hexenmeister wohnt.“
Über sechs hohe Berge ging es. Es war sehr anstrengend! Nach sechs
Stunden und zwölf Minuten kamen sie zum Schloss des Zauberers.
Der Junge lächelte nicht mehr und seine Augen strahlten nicht mehr.
Er hatte Muskelkater, und im Ungewitter sah das Schloss unheimlich aus.
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„Oh, Mann“, sagte der Junge, „wenn ich mir’s recht überlege, sind Drachen
eigentlich ziemlich gefährlich und …“ „Kein Wort weiter!“, unterbrach ihn
der Esel, „geben Sie mir Ihr Taschenmesser!“
Etwas erschrocken über die Strenge des Esels gab der Junge dem Esel das
Messer, und der Esel sprach: „Simsalsimwert, Messer wird Schwert!“ Er gab
dem Jungen ein silbernes Schwert mit einer gefährlich glänzenden Klinge.
Der Junge staunte nicht mehr. Allmählich gewöhnte er sich daran, dass der
Esel alles machen konnte.
„Kommen Sie mit“, sagte der Esel und führte den Jungen auf eine enge
Brücke, die über den Schlossgraben ins Schloss führte.
„Halloooo, Freund Drache!“, rief der Esel, „Sie haben Besuch!“ „Ach ja?“,
fragte der Drache überrascht und hob seine drei Köpfe in die Höhe.
„Simsalamuskelrachen, schlagen alle bösen Drachen!“, sprach der Esel,
und mit einem Hieb trennte der Junge die drei Drachenköpfe, las sie vom
Boden auf und steckte sie zu den Diamanten und den goldenen Eiern in
seine Tasche. Seine Augen leuchteten, sein Grinsen war breit.
„ Gehen wir jetzt zum Schloss der Königstochter ? “, fragte der Junge.
„Nein, noch nicht“, antwortete der Esel: „Jetzt ist der Hexenmeister dran!“
Der Esel fand den Hexenmeister schlafend in seinem Bett und sprach:
“Simsalasimbein, Hexenmeister in Stein und in den Fluss hinein!“ Da flog
der steinerne Hexenmeister durch die Luft, fiel – plumps – in den Rhein
und wurde nie wieder gesehen.
„So“, sagte der Esel zufrieden, „jetzt zurück zum Schloss der Königs­tochter.“
Als sie zum Schloss der Königstochter kamen, gab der Junge ihr die Sachen.
Die Königstochter staunte nicht wenig, als sie alles sah: sieben Diamanten,
zehn goldene Eier und drei Drachenköpfe. Da wurden die Augen der
Prinzessin weich, denn welche Frau liebt nicht teure Geschenke? „Ach“,
sagte sie, „Sie haben das Unmögliche möglich gemacht. Sie sind wirklich
ein wahrer Mann und ich liebe Sie“, sagte die Königstochter, „Sie dürfen
mich heiraten.“
Der Junge und die Königstochter heirateten am nächsten Tag. Der Junge
wurde König und die Königstochter wurde Königin. Um Mitternacht
wurde der Esel wieder ein Mensch, und der König gab ihm viel Gold
aus den Goldkisten, die im Schlosskeller waren – nicht dass der Esel es
nötig hatte, denn er konnte ja sein eigenes Gold zaubern. Der König lud
den Esel ein, bei ihnen im Stall zu wohnen. Der König hatte vor, den Stall
schön einzurichten. Der Esel durfte den König sogar duzen.
Der Esel wollte aber nicht bei seinem ehemaligen Herrn wohnen, weil er
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auch schon die Nase voll hatte und nicht mehr den ratgebenden Knecht
spielen wollte. Er zog in das Schloss des ehemaligen Hexenmeisters
und strich alle Wände blau und gelb, damit das Schloss nicht mehr so
finster aussah. Er besuchte seinen ehemaligen Herrn jedes Jahr, entweder
zu Ostern oder zu Weihnachten, weil man ja nicht ein schlechtes Verhältnis
mit den Nachbarn haben möchte.
Die kleine Hütte des ehemaligen Waisenkindes wurde das königliche
Ferienhaus, denn der neue König wollte nämlich seine Herkunft nicht
vergessen. Der König und seine etwas hochnäsige Königin aßen oft Pilzsuppe und herrschten glücklich und zufrieden in ihrem Schloss, und wenn
sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
27
Wie Hanneliese ihre
Sicht wieder bekam
Es war einmal ein junges Mädchen. Es war ein blindes Waisenkind und
dazu sehr arm. Es hieß Hanneliese. Nun, Hanneliese wohnte bei einer alten
Frau auf einem Bauernhof. Jeden Tag kehrte sie den Küchenboden, und
dann bezahlte die alte Frau sie mit sieben Maiskörnern. Zum Abendessen
bekam sie immer ein Stück trockenes Brot und ein gekochtes Ei. Sie klagte
aber nie, denn trockenes Brot war besser als gar keins. In der Nacht schlief
sie auf einer kleinen Matte vor der Küchentür. Wenn der Hunger nachts
plagte, knabberte sie die Maiskörner. Trotzdem war Hanneliese nicht
unglücklich und bei der Arbeit sang sie mit ihrer süßen Stimme immer
schöne Lieder. Sie war auch recht schön, aber wie sollte sie das wissen?
Sie war ja blind und konnte sich nicht im Spiegel betrachten.
Eines Tages wurde ein Vögelchen von Hannelieses Singen herangelockt,
und es setzte sich auf ihre Schulter. Das Vögelchen trillerte und pfiff ihr
unaufhörlich ins Ohr. Die schönen Melodien des Vogels gefielen ihr so,
dass sie ihm ein Maiskorn gab. Er schluckte das Maiskorn und dann
zwitscherte er ihr leise ins Ohr: „Möchtest du deine Sicht zurück haben?
Ich kann dir helfen.“ Da staunte das Mädchen, setzte sich vor Aufregung
auf einen Stuhl und gab ihm ein zweites Maiskorn. „Wie kannst du mir
helfen?“, fragte sie. „Ich bin ein Zaubervogel“, sagte er. „Ich helfe nur Menschen, die etwas Gutes für mich tun. Du hast gerade etwas Gutes getan,
indem du mir etwas zu essen gegeben hast. Jetzt möchte ich dir helfen.“
„Ja? Aber wie?“, wollte das Mädchen erstaunt wissen. „In einem Schloss,
weit weg von hier, wohnt ein Zauberer, der deine Blindheit heilen kann.
Ich kann dir zeigen, wo sein Schloss ist.“
Oh, das war ja Hannelieses größter Wunsch, die Bäume und Blumen zu
sehen, die blaue Luft, die gelbe Sonne. Sie packte einen kleinen Beutel mit
ihren Siebensachen. Die übrigen fünf Maiskörner steckte sie in eine kleine
Tasche aus Seide. Sie bedankte sich bei der Bauersfrau und machte sich,
28
mit dem Vögelchen auf ihrer Schulter, auf den Weg zum Zauberer. Das Vögelchen gab Anweisungen, damit sie nicht über etwas stolperte. Es dauerte
nicht lange, bevor sie an eine Kreuzung kamen. „Hier ist der Anfang von
einem Labyrinth. Die Wege verändern sich die ganze Zeit, und das verwirrt
die Menschen, die hier laufen“, sagte der Vogel. „Manche sind schon hier
vor Hunger gestorben, weil sie nicht aus dem Labyrinth herauskommen
konnten. Ich fliege hoch in die Luft und rufe dir Anweisungen zu.“ Er flog
also hoch in die Luft und zwitscherte: „Nach links!“ oder „Nach rechts!“,
und das Mädchen lief dorthin, wie er sagte. Als der Vogel sich wieder auf
ihre Schulter setzte, gab sie ihm als Belohnung ein drittes Maiskorn, und
sie liefen weiter.
Es dauerte nicht lange, bis sie an ein Blumenfeld kamen, das so groß war,
dass man das andere Ende davon nicht sehen konnte. „Diese Blumen
sind Zauberblumen. Ihr Geruch macht einen sehr müde, und wenn man
einschläft, wacht man nie wieder auf “, warnte das Vögelchen. Das Mädchen
fing fast sofort zu gähnen an. Der Geruch hatte keinen Einfluss auf das
Vögelchen, und es zwitscherte dem Mädchen eine Melodie nach der
anderen ins Ohr, damit es wach blieb. Am anderen Ende des Blumenfeldes gab das Mädchen ihm als Belohnung das vierte Maiskorn, und
sie liefen weiter.
Bald kamen sie an einen See. Auf der anderen Seite sahen sie das Schloss
des Zauberers. Der See war sehr groß und es gab kein Boot, mit dem sie auf
die andere Seite segeln konnten, aber es waren drei Schwäne auf dem See.
Das Vögelchen kannte die Schwanensprache, denn es war ja auch selber
ein Vogel, und es sprach sie höflich an: „Könnten Sie uns vielleicht helfen?
Wir wollen an das andere Ufer vom See.“ „Ja, wir könnten helfen“, sagten
die Schwäne, „wenn Sie jedem von uns ein Maiskorn gäben.“ Hanneliese
gab den Schwänen ihre letzten drei Maiskörner. Die Schwäne stellten sich
einer neben den anderen, und Hanneliese setzte sich quer über ihre Rücken.
Dann schwammen sie an das andere Ufer vom See. Als sie zum Schloss
kamen, führte das Vögelchen sie ins Schloss. Der Zauberer saß auf einem
goldenen Thron in einer großen Halle mit goldenen Säulen und Granit­
böden. Die Wände waren aber mit schwarzen Leinentüchern bedeckt. Man
konnte die Traurigkeit fast riechen. „Was wollt ihr“, fragte der Zauberer
mürrisch. „Wir sind von weit her gekommen und ich habe gedacht, dass
Sie vielleicht meine Blindheit heilen könnten“, sagte Hanneliese mit leiser
Stimme. „Mein liebes Kind, es war sehr tapfer von dir, so eine lange Reise
zu Fuß zu unternehmen. Ich bin eigentlich ein guter Zauberer, aber ich
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kann dir nicht helfen. Siehst du hier meine schwarze Armbinde? Das ist ein
Trauerflor. Eine böse Hexe hat meinen Sohn entführt und hat ihn wahrscheinlich verzaubert. Bevor die Hexe nicht tot ist und mein Sohn nicht
wieder nach Hause gekommen ist, benutze ich meine Zauberkraft nicht
wieder“, sagte der Zauberer.
Hanneliese wurde sehr traurig und musste furchtbar weinen. „Alles umsonst“, schluchzte sie, „ich habe mich so auf die Bäume und die bunten
Blumen gefreut.“ „Sei nicht so traurig“, wisperte das Vögelchen: „Ich weiß,
wo die Hexe wohnt.“ Hanneliese hörte mit ihrem Schluchzen auf, und die
beiden machten sich auf den Weg zur Hexe, die tief in einem unheim­
lichen Wald wohnte. Hanneliese fand den Wald gruselig. Die Bäume hatten
riesen­große Augen und guckten das Mädchen und das Vögelchen an.
Unheimliche Schreie hallten durch den Wald, und sie wussten nicht, wer
so schrie. Als sie an die Hütte der Hexe kamen, rief die Hexe gackernd:
„Ich habe gewusst, dass ihr kommt, denn die Bäume haben mir das erzählt.
Was machst du hier, du blindes Gör? Ich bin die größte Hexe der Welt, und
ich habe keine Zeit für blinde Kinder wie dich.“ „Oh, liebe Frau Hexe, ich
habe in meinem Land gehört, dass Sie die mächtigste Hexe der Welt sind,
und ich wollte Sie mit meinen eigenen Augen sehen.“ „Danke“, grinste die
Hexe geschmeichelt und vergaß, dass das Mädchen eigentlich nicht sehen
konnte. „Sagen sie mal, können Sie Ihren Zauberstab in Gold verwandeln?“,
schmeichelte Hanneliese weiter. „Aber natürlich kann ich, du Idiot! Ich bin
ja die beste Hexe der Welt“, sagte die Hexe und verwandelte sofort ihren
Zauberstab in Gold. „Siehst du? Und das ist nur eine Kleinigkeit für mich“,
gab die Hexe prahlerisch an.
„Ja, das ist schon toll, aber wie kann ich sicher sein, dass Sie jetzt einen
goldenen Zauberstab haben? Ich kann doch nicht sehen, was Sie gemacht
haben. Darf ich den Zauberstab anfassen?“, fragte das Mädchen vorsichtig.
„Wenn du mir nicht glaubst“, sagte die Hexe, und gab dem Mädchen ihren
goldenen Zauberstab. Das Mädchen nahm den Zauberstab, schwang ihn
dreimal durch die Luft und verwandelte die Hexe mit einem „Alakazam!“
in einen Wurm. Das Vögelchen hüpfte von ihrer Schulter und fraß den
Wurm auf. Dann gab es einen lauten Knall, und eine Rauchwolke und
eine tiefe Männerstimme sprach sie an: „Ich bin der Sohn des Zauberers.
Du hast den Bann gebrochen. Ich habe jetzt wieder meine normale Gestalt
und bin kein Vögelchen mehr“, sagte er. Hanneliese musste vor Glück laut
lachen: „Ist das auch wirklich wahr?“, fragte sie. „Die Hexe, die ich gerade
gegessen habe, hatte mich in ein Vögelchen verwandelt, und du hast mich
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gerettet. Komm, wir gehen zum Schloss meines Vaters. Er wird deine Blindheit heilen“, erwiderte der junge Mann.
Dann gingen der junge Mann und Hanneliese wieder zum Schloss zurück.
Der Zauberer fiel fast von seinem Thron, als er seinen Sohn wieder­erkannte.
Der Zauberer gab dem Mädchen seine Sicht wieder und sprach: „Du bist
so tapfer gewesen. Du darfst meinen Sohn heiraten.“ Am nächsten Tag
heirateten sie. Alle Nachbarn wurden zur Hochzeit eingeladen und sie
haben drei Tage und drei Nächte gefeiert, so groß war die Freude über den
zurückgekommenen Sohn und die gestorbene Hexe. Sie musste wirklich
eine sehr schlechte Hexe gewesen sein.
Der junge Mann wurde später auch ein toller Zauberer und Hanneliese
wurde eine prima Hausfrau. Sie packte die schwarzen Leinentücher in
einen Schrank und verbot gekochte Eier in ihrem Haushalt. Das Pärchen
hatte sieben gehorsame Kinder, von denen nur eines später eine Brille
tragen musste. Die ganze Familie war also sehr glücklich, und wenn sie
nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute.
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Jackie
Es waren einmal eine alte Frau und ihr Mann. Sie hießen Frau Schön und
Herr Schön und wohnten in einem kleinen Dorf.
Eines Tages ging Herr Schön spazieren und kam mit einem kleinen,
mageren Hund zurück. Herr Schön und Frau Schön nannten ihn Jackie
und kümmerten sich liebevoll um ihn.
Als Jackie zu einem großen, starken Hund herangewachsen war, sagte
er eines Tages zu Herrn Schön: „Danke, dass du mich gerettet hast. Jetzt
will ich dir etwas zurückgeben dafür. Nimm eine Schaufel und steig auf
meinen Rücken!“ Herr Schön tat, was der Hund sagte, nahm eine Schaufel
und stieg auf Jackies Rücken. „Wohin gehen wir denn?“, fragte Herr Schön.
„Du wirst schon sehen“, antwortete der Hund. So liefen sie los.
Nach einer Weile blieben sie auf einem Hügel stehen. „Grab hier ein Loch!“,
befahl Jackie und Herr Schön tat es. Er grub und grub, bis der Hund auf
einmal sprach: „Schau mal!“ Da sprudelten plötzlich Goldstücke aus dem
Boden. Herr Schön traute seinen Augen nicht. So schnell er konnte, rannte
er nach Hause, um Säcke zu holen für das ganze Gold. Zuhause zeigte
er seiner Frau die beiden vollen Säcke. Herr Schön und Frau Schön feierten
die ganze Nacht vor Freude und luden dazu ihre Nachbarn ein. Aber
als Herr Neidisch den Reichtum sah, sprach er zu seiner Frau: „Morgen
fangen wir den Hund. Dann gehen wir auf den Hügel und holen uns das
viele Gold.“
Früh am Morgen fing Herr Neidisch Jackie und ging mit ihm auf den
Hügel. „Grab hier“, sagte Jackie, und Herr Neidisch fing an zu schaufeln.
Aber er fand nicht Gold, sondern – viele Würmer. „Was ist das denn!“,
schrie Herr Neidisch. Er war so wütend, dass er den Hund tötete.
Herr Schön und Frau Schön waren sehr traurig, weil ihr geliebter Jackie
tot war. Sie begruben ihn in ihrem Garten. Als sie am nächsten Morgen
zu seinem Grab gingen, stand da stattdessen ein Apfelbaum. Überrascht
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hörten sie Jackies Stimme: „Ihr müsst nicht traurig sein. Nehmt einen Apfel
von dem Baum und kocht ihn.“ So nahmen sie einen Apfel und kochten
ihn. Nach einer Weile war der Topf voller Gold. Aufgeregt erzählten sie
es ihren Nachbarn. Herr Neidisch flüsterte seiner Frau zu: „Ich werde
alle Äpfel von dem Baum pflücken und dann kochen wir sie.“ Das taten
sie dann auch. Gespannt warteten sie neben dem Topf, bis sich die Äpfel
in – Pferdemist verwandelten. Immer mehr quoll aus dem Topf und flog
auf Herrn Neidisch und Frau Neidisch, bis beide über und über davon
bedeckt waren. „Diesen lügnerischen Apfelbaum werde ich abhacken!“,
schrie Herr Neidisch und tat es.
Traurig sahen Herr Schön und Frau Schön den gefällten Baum. Da hörten
sie wieder Jackies Stimme: „Nehmt den Baum, verbrennt ihn und streut die
Asche über die anderen Bäume.“ Und sie taten es. Im selben Moment kam
der König vorbei und sah, wie Herr Schön etwas auf die Bäume warf und
sofort wunderschöne Blumen auf den Bäumen wuchsen. „Wer bist du?“,
fragte der König erfreut. „Ich bin Herr Schön, der Blumenmann.“ „Gebt
diesem Mann eine Belohnung für seine schönen Blumen. Drei Säcke voll
Gold!“, befahl der König.
„Nein, wartet“, rief Herr Neidisch, „ich kann noch viel mehr Blumen
wachsen lassen!“ „Sogar noch schneller als Herr Schön“, versprach er.
„Gut, dann zeig mir das“, verlangte der König. Da nahm Herr Neidisch die
Asche in seine Hand, holte weit aus und warf sie in die Bäume. Aber sie
landete auf – dem König! „Was soll das denn?“, schrie der König und war
so wütend, dass er Herrn Neidisch töten ließ. Von diesem Tage an war niemand mehr neidisch auf Herrn Schön und Frau Schön, und wenn sie nicht
gestorben sind, dann leben sie noch heute.
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Ein umgekehrtes
Märchen
Es war einmal ein König. Er hatte sieben Kinder: sechs Söhne und eine
Tochter. Die sechs Prinzen waren schon alle verheiratet, aber die Prinzessin
war noch ganz allein. Der König war ungeduldig und sagte zu der Prin­
zessin: „Meine hübsche Tochter, ich glaube, es ist Zeit, dass du heiratest.
Viele Prinzen haben mich schon um deine Hand gebeten, aber ohne Erfolg.
Ich gebe dir drei Monate, um einen Prinzen zu finden. Wenn du keinen
Prinzen finden kannst, darfst du leider nicht zurückkommen. Ich liebe
dich, mein Schatz!“
Die Prinzessin nahm ihr Pferd und ritt schnell weg. Sie war sehr tapfer und
hatte Angst vor nichts.
Eines Tages, als die Frist von drei Monaten beinahe vorbei war, kam
die Prinzessin zu einem Schloss. Das Schloss bestand aus lauter Gold und
Diamanten. Sie konnte ihren Augen nicht glauben! Aus dem Schloss kam
dann der attraktivste junge Mann, den sie in ihrem ganzen Leben gesehen
hatte! Sie fiel beinahe von ihrem Pferd. „Diesen Prinzen“, dachte sie mit
klopfendem Herzen, „nur diesen Prinzen möchte ich heiraten!“
„Guten Tag, meine schöne Dame. Was kann ich für Sie tun?“ fragte er
und küsste sie auf die Hand. Zuerst war sie sprachlos. „G-G-Guten Tag,
mein Herr. Wenn Sie wirklich etwas für mich tun wollen, können Sie sich
mit mir verloben“, sagte sie. Plötzlich sah er traurig aus.
„Hab ich etwas Falsches gesagt?“ „Nein, überhaupt nicht! Es ist nur … mein
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Vater, der König. Die Prinzessin, die sich mit mir verloben will, müsste drei
Prüfungen bestehen.“
Die Prinzessin dachte einen Moment nach und sagte dann mutig :
„Mein Prinz, ich bin tapfer, und für Sie würde ich alle drei Prüfungen
machen und sie bestehen! Was wird von mir erwartet?“
Der Prinz sah etwas skeptisch aus, aber sagte dann doch: „Die Prinzessin,
die mich heiraten möchte, muss es schaffen, an Rapunzels Haaren nach
oben in ihren Turm zu klettern. Sie muss ein weltberühmtes Plätzchen­
rezept von Hänsel und Gretel abbetteln, und drittens muss es ihr gelingen,
dass ich mich in sie verliebe!“
Die Prinzessin machte sich sofort auf den Weg, um die erste Prüfung abzuhandeln. Zuerst musste sie Rapunzels Turm finden. Das war leicht, denn sie
hörte Rapunzel schon von weitem traurig und alleine singen. Sie kletterte
an Rapunzels Haaren nach oben. Rapunzel freute sich über den Besuch!
Nach einer Tasse Tee zusammen kletterte die Prinzessin wieder nach
unten. Sie fand es sehr leicht, weil sie jung, tapfer und stark war!
Die zweite Mutprobe war ein bisschen schwieriger. Wie könnte sie Hänsel
und Gretel überzeugen, ihr das Plätzchenrezept zu geben?
Um dorthin zu kommen, musste die Prinzessin durch einen Wald reiten.
In dem Wald fand sie eine Fee. Die Fee war sehr freundlich und nett
und sagte zu der Prinzessin: „Sie wollen nicht vielleicht das Rezept von
Hänsel und Gretels schmackhaften Plätzchen haben?“ Die Prinzessin war
verblüfft. „Wie haben Sie das gewusst?“ Die Fee antwortete: „Ein Zwerg hat
es mir zugeflüstert.“ Und damit gab die Fee ihr das Rezept und verschwand.
Die Prinzessin war sehr froh über das Rezept und sagte mehrmals danke!
Die letzte Prüfung war am schwierigsten. Die Prinzessin musste es
schaffen, dass der Prinz sich in sie verliebte, damit sie sich verloben
könnten. Diesmal verlor sie beinahe den Mut: sie hatte gehört, dass zwölf
Prinzessinnen ihn schon um seine Hand gebeten hatten, und klar, niemand
hatte Erfolg gehabt. Wie würde sie es schaffen?
Sie beschloss, wie alle tapferen, ehrbaren jungen Mädchen mit der Tür ins
Haus zu fallen: sie fragte ihn einfach!
Zu ihrer größten Überraschung antwortete er, ohne zu zögern: „Aber
selbstverständlich, meine liebe Prinzessin! Als ich dich zum ersten Mal
sah, war es Liebe auf den ersten Blick! Mein Vater, der während deines
Besuchs die ganze Zeit hinter einer Säule stand und uns zusah, wusste
sofort, dass du die richtige Braut für mich bist, als er den Liebesblick in
meinen Augen sah!“
35
Der Prinz und die Prinzessin fielen einander in die Arme …
Am nächsten Tag wurde die Hochzeit mit großem Prunk und Schwung
gefeiert. Der Prinz und die Prinzessin wurden sehr glücklich, und sie
bekamen viele Kinder. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie
noch heute!
36
Das magische
Krokodil
Es war einmal ein junges Mädchen im Norden, dieses Mädchen hieß Sylvia.
Sylvia war nicht übermäßig hübsch, reich oder klug, aber normal war sie
auch nicht. Denn sie hatte etwas, was kein anderes Mädchen ihres Alters
hatte: ein magisches Krokodil. Dieses Krokodil hieß Zähnchen. Zähnchen
und Sylvia waren die besten Freunde, die man finden konnte. Selbst als
Sylvias Vater gestorben war, war Zähnchen da für Sylvia.
An einem sonnigen Nachmittag, als Sylvia und Zähnchen einen Spaziergang machten, kam Sylvia ein alter Mann entgegen und fragte sie, ob sie ein
paar Münzen zu verschenken hätte. Sie gab ihm ihre letzten Münzen.
Später am Tag war die Mutter böse, denn Sylvia hätte eigentlich das Geld
benutzen sollen, um Brot zu kaufen. „Ich konnte doch nicht einen alten
Mann verhungern lassen!“, rief Sylvia. „Nein, aber verhungern kannst du
heute Abend!“, schrie die Mutter. Und so gab es kein Abendessen für Sylvia.
Am nächsten Tag, als Sylvia und Zähnchen draußen saßen und die Sonne
genossen, kam eine alte Frau und fragte Sylvia, ob sie ein paar Münzen zu
verschenken hätte. Sie rannte ins Haus und nahm zwei Münzen aus der
Handtasche ihrer Mutter. Dann ging sie wieder nach draußen und gab die
Münzen der Frau.
Am Abend gab es wieder mit der Mutter Ärger, denn sie sah, dass
Sylvia wieder die Münzen genommen hatte. „Ich konnte doch nicht eine
alte Dame verhungern lassen!“, rief Sylvia. „Nein, aber verhungern kannst
du heute Abend!“, schrie die Mutter. Und so gab es wieder kein Abendessen
für Sylvia.
Eine Woche später, als Sylvia zum Markt gehen musste, um Wurst, Gemüse
und Brötchen zu kaufen, kam ein kleiner Junge ihr entgegen und fragte sie,
ob sie ein paar Münzen zum Verschenken hätte. Dieses Mal gab sie ihm nur
eine Münze, denn Ärger wollte sie nicht wieder haben.
Aber Ärger gab es doch! „Warum gibst du unser ganzes Geld all denen,
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die dich fragen? Reich sind wir nicht, Sylvia!“, schrie die Mutter. Sylvia
sagte nichts und saß in ihrem Zimmer.
„Oh Zähnchen, was soll ich bloß tun? Die Mutter wird böse, wenn ich
unser Geld ausgebe, aber anders kann ich nicht!“, weinte Sylvia. „Ich habe
eine Lösung“, sagte Zähnchen. „Ich kenne einen Zauberspruch, der es mir
ermöglicht, Münzen zu machen. Aber mit jedem Geschenk kommt leider
eine Gefahr. Diese Münzen sind giftig, und mehr als drei kannst du am
Tag nicht anfassen, sonst wirst du krank.“ „Ich verstehe. Kannst du mir
morgen drei Münzen machen? Ich werde der Mutter etwas Schönes kaufen“,
sagte Sylvia.
Zähnchen war damit einverstanden. Jeden Tag, drei Tage lang, machte Zähnchen drei Münzen. Aber am vierten Tag hatte Sylvia schon die
Warnung vergessen. Sie wollte vier Münzen haben. Zähnchen warnte sie
wieder, aber hören wollte Sylvia nicht. Sie war gierig. Also machte Zähnchen
vier Münzen.
Als Sylvia am nächsten Tag aufwachte, hatte sie hohes Fieber und Schmerzen überall. Sie vebrachte den ganzen Tag im Bett. Als sie sich besser fühlte,
hatte sie einen Gedanken. „Zähnchen, kannst du mir magische Hand­schuhe
machen, damit ich die Münzen anfassen kann?“, fragte Sylvia. Zähnchen
war damit einverstanden und machte ihr die Handschuhe.
Sylvia fing dann an, mit den magischen Münzen einkaufen zu gehen.
Sie benutze nie mehr als drei Münzen auf einmal, damit die Leute, die
die Münzen anfassen mussten, nicht krank wurden.
An einem Tag hatte Sylvia wieder vergessen, dass die Münzen giftig
waren. Da kam ihr wieder der alte Mann entgegen und fragte sie, ob sie
vier Münzen hätte. Sie gab ihm die Münzen und sah, wie er tot umfiel, als
er die Münzen in seiner Hand hielt. Sie war so schockiert, dass sie nicht mal
weinen konnte.
Danach hat sie Zähnchen nie wieder gefragt, ihr Münzen zu machen, denn
man weiß nie, wann Geld giftig sein könnte …
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Die wilden Sieben
Es gab einmal eine Herde Riesentrolle, die in einem Wald lebten, weit weit
weg von der Zivilisation. Sie nannten sich „die wilden Sieben“. Nortinel, der
Anführer, war der einzige intelligente Riesentroll. Bori hatte Gedächtnisschwund. Mok war sehr stark, wusste aber nicht, wie er seine Stärke nutzen
sollte. Klak war Optimist und glaubte an Wunder. Lippo war immer negativ, egal was passierte. Schlipp und Schlapp dachten stets positiv und waren
immer gut gelaunt.
Eines Tages, als Mok wieder die ganzen Bäume ausriss, kamen Schlipp
und Lippo angelaufen. „Mensch Mok, reiß doch nicht die Bäume raus!“,
schimpfte Lippo. „Also ich sehe das positiv, so haben wir mehr Feuerholz“, probierte Schlipp Lippo zu erklären. „In diesem Wald leben wirklich
nur Trottel, ich will jetzt alleine sein!“, schimpfte Lippo herum. „Alleine
sein? Das ist gut! Ich komme mit“, sagte Schlipp begeistert. Schlipp lief zu
Schlapp, um ihn davon zu überzeugen mit ihm zu gehen. Nach ein paar
Stunden waren die wilden Sieben wieder zusammen. „Tschüss, Wäldchen!“,
verabschiedete sich Klak, „wir werden schon wiederkommen!“ „Das glaubst
auch nur du. In den Wald geh ich nicht mehr!“, murmelte Lippo.
Sie hatten ihren Wald noch nie verlassen. Felder, Berge, offene Landschaften:
das kannten sie alle nicht. Andere Pflanzen wuchsen da und es war viel
heißer als im Wald. Am ersten Tag reisten sie ganz gelassen und langsam.
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Am zweiten Tag kamen sie überhaupt nicht vorwärts, weil Mok wieder
seine Stärke nicht kontrollieren konnte und Schlapp eins auf die Nase
haute. Schlapp fand das positiv, denn so mussten sie nicht so weit wandern.
Bori bohrte die ganze Zeit in der Nase und rief: „He, guckt mal, Schlapp
hat Nasenbluten: He, guckt mal, Schlapp hat Nasenbluten! Was wollte ich
noch mal sagen?“, fragte er sich selbst total verwirrt. Da fiel es ihm wieder
ein: „Ach ja – he, guckt mal, Schlapp hat Nasenbluten!“ „Wir haben dich
alle schon beim ersten Mal gehört. Also Klappe halten!!!“, brüllte Lippo aus
vollem Halse.
Am dritten Tag rannten sie regelrecht, bis Klak einen Sonnenstich bekam
und umfiel. Nach zwei Stunden war er wieder wach und trank drei Liter
Wasser. Am Abend kamen sie dann zu einer großen und starken Mauer.
Nortinel befahl Mok, seine Stärke endlich mal zu etwas Sinnvollem zu
benutzen und die Mauer entzwei zu schlagen. „Es hat geklappt“, rief Schlapp
aufgeregt. „Na und, kann doch jeder!“, motzte Lippo mürrisch. Sie kletterten
über die Mauerreste, als jemand schrie: „ Halt, bleibt sofort stehen! Um
dieses Reich zu betreten, braucht man eine Genehmigung des Königs!“, rief
ein Mann herüber. Im Nu tauchten ein paar Soldaten auf und nahmen die
Trolle gefangen.
Bald saßen sie mit Ketten an die Wand gefesselt im Verlies. Eine Tür
öffnete sich. „Bringt die Gefangenen zum Thronsaal!“, befahl ein Offizier
des Königs. Nun standen sie als Bittsteller vor dem König und erklärten:
„Wir wollten doch nur hier wohnen und wussten nichts von einer Genehmigung.“ „Na gut, um hier zu leben, müsst ihr aber drei Aufgaben erfüllen“,
entschied der König. „Ihr müsst zuerst den dreiköpfigen Basilisken in
der Wüste besiegen, dann das Stahlnetz der Riesenspinne zerstören und
zuallerletzt den bösen Zauberer Merlin überlisten. Schafft ihr das, dürft ihr
in meinem Königreich leben und müsst nie Steuern zahlen.“
Am nächsten Morgen fuhren sie in sieben Kutschen in die Wüste, jeder
mit einer Privatkutsche. Dort angekommen, stiegen sie aus und suchten
nach der Schlange. Nach nicht allzu langer Zeit fanden sie sie hinter einem
vertrockneten Baum schlafend zusammengerollt. Die Schlange war groß,
grün und hatte spitze Zähne. Sie fingen an zu kämpfen. Nortinel schmiss
Sand in die Augen der Schlange, doch sie spie Feuer zurück! Mit ihrem
mächtigen Leib warf sie die Trolle zu Boden, die nun hilflos darauf
warteten, gefressen zu werden.
Doch es kam nicht dazu! Auf einmal kam ein Zwerg auf einem Feuer­
phönix angeflogen. In der linken Hand hielt er ein langes dickes Seil und
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in seiner rechten ein Stück Fleisch. Die Schlange folgte dem Zwerg, weil
sie das Fleisch fressen wollte. Der Retter auf dem Feuerphönix flog immer
wieder um den Baum herum, bis die Schlange an den Baum gefesselt war.
Sie war besiegt. Anschließend bot der Zwerg den Trollen einen Zaubertrank an. Nortinel und die anderen tranken die Wunderlimo des Zwerges.
Nun waren alle auf einmal sehr, sehr stark. „Zur nächsten Aufgabe!“, rief
Klak erfrischt.
Schnell fanden sie das Stahlnetz. Schlipp und Schlapp warfen riesige
Steine dagegen, während Mok gegen die schwarze, behaarte Riesenspinne
kämpfte. Im Nu war die Riesenspinne tot und das Netz kaputt. Der Zwerg
organisierte noch mehr Feuerphönixe und schon bald flogen alle gemeinsam zum bösen Zauberer.
Von weitem sahen sie schon Merlins Palast. Der Zauberer hatte einen
langen Bart und grüne Augen; er war kleiner als die Trolle. „Wer hat es
gewagt in meinen Palast einzudringen?“, kreischte der Zauberer wütend.
„Wir“, antwortete Bori gelassen. „Todissimus!“, zauberte Merlin. „Passt
auf, der Todesfluch!“, schrie Nortinel. Blitzschnell warf Bori einen Spiegel
quer durch den Raum. Der Zauberfluch spiegelte sich und traf Merlin, der
sofort tot umfiel. „Super, Bori!“, riefen alle zusammen. Weil es draußen
schon dunkel war, übernachteten die wilden Sieben und der Zwerg
im Palast.
Am nächsten Morgen beschlossen sie, den Zwerg in ihre Bande aufzu­
nehmen, und gemeinsam liefen sie zurück zum König. Der König stellte
ihnen, von ihren Heldentaten beeindruckt, ein Haus zur Verfügung. Nach
ein paar Wochen dachten sie immer öfter an ihren schönen, kühlen Wald.
„Ich habe Heimweh“, klagte Klak. Da beschlossen sie zum König zu gehen
und ihm zu sagen, dass sie das Haus nicht mehr wollten. Glücklich reisten
sie zurück in ihren Wald. Und wenn sie nicht weggelaufen sind (denn
Riesentrolle und Zwerge können nicht sterben), so leben „die wilden Acht“
noch immer in ihrem Wald.
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Alisas Abenteuer
Alisa war eine kluge Prinzessin mit wunderschönem, langem, braunem
Haar. Als sie fünfzehn Jahre alt war, fand ihr Vater heraus, dass seine Tante
eine böse Hexe war, die das Königreich beherrschen wollte.
Also verbannte sie der König von seinem Land. Doch bevor die alte,
schrumpelhäutige Hexe das Land verließ, verfluchte sie den König und er
wurde jeder Tag kränker. Alisa suchte in allen Büchern nach der Krankheit ihres Vaters. Eines Tages, als sie ein altes Buch öffnete, kam eine Fee
zum Vorschein. Sie hatte ein langes, gelbes Kleid an und schwarzes Haar.
Ihre schönen blauen Augen glitzerten. Sie sprach zu ihr und sagte: „Liebe
Alisa, wenn du deinen Vater retten möchtest, musst du diese drei Elemente
zusammenbringen. Du brauchst die magische Nuss aus dem Eisreich, das
magische Wasser aus dem Reich der Bäume und die blauen Blätter aus dem
Land des Chaos. Sei vorsichtig auf deiner Reise.“ „Vielen Dank für deine
Hilfe“, erwiderte Alisa und packte eine kleine Flasche in ihre Tasche. Dann
lief sie zu ihrem Pferd. Rufus hatte schwarzes Fell, eine braune Mähne und
einen braunen Schweif. Sein Fell war sanft wie Seide.
Alisa raste auf ihrem Pferd aus dem Schloss. Sie ritt drei Nächte und drei
Tage lang, bis sie an das Ufer eines Sees kam. Der weiße See des Eisreichs
war gefroren, so dass sie auf ihm gehen konnte. In der Mitte des Sees war
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ein Eisberg und in seinem Inneren lag die Nuss. In diesem Moment dachte
Alisa an den Kamm, den ihr Vater ihr geschenkt hatte. Der Kamm hatte
drei Diamanten und damit konnte sie die Sonne reflektieren, um ein Loch
in den Eisberg zu brennen und die Nuss zu erreichen. Aber Alisa konnte
die Nuss nicht einfach nehmen. Sie musste sie gegen einen Stein tauschen.
Alisa fand einen Stein, der wie eine Nuss aussah. „Nun muss ich die Nuss
sehr schnell gegen den Stein tauschen, da sonst das Eis bricht und ich in
den magischen See falle“, dachte Alisa. Sie war aber sehr geschickt, und der
See hatte es nicht bemerkt.
Alisa ritt mit der Nuss in der Tasche drei Tage und drei Nächte lang bis zum
magischen Wald. Da sollte sie das magische Wasser holen. Doch als sie den
Wald betreten wollte, wurde sie von sieben Soldaten angegriffen und zum
Schloss des bösen Königs Gargor gebracht. „Du wirst mich heiraten, denn
ich will mein Königreich vergrößern!“, sagte der fiese König. „Ich werde
dich niemals heiraten, nicht mal in deinen Träumen!“, schrie Alisa. Da
befahl der König seinen Soldaten: „Bringt sie in das schönste Zimmer in
der Mitte des Schlosses. Mal sehen, ob sie ihre Meinung ändert. Zwei Soldaten sollen vor ihrer Tür Wache halten, damit sie nicht weglaufen kann!“
Wenig später klopfte jemand an ihrem Fenster. Alisa machte das Fenster auf
und sah einen Vogel. Er hatte viele Farben und leuchtete strahlend schön.
Sein Schnabel hatte die Farbe der Sonne. Der Vogel sprach zu ihr: „Die
gute Fee hat mich geschickt, um dir zu helfen. Komm! Folge mir! Ich hole
dich hier raus.“ Er gab dem Mädchen eine Pergamentrolle. Alisa nahm das
Papier und sah die Zeichnung eines geheimen Ganges und erkannte das
Bett wieder. Schnell schaute sie unter das Bett, und tatsächlich, dort war
eine Luke. Als Alisa sie endlich geöffnet hatte, flog der schöne Vogel auch
schon hinein. „Ahhh!“ Alisa schrie auf, denn es hatten sich zwei Wächter
ins Zimmer geschlichen und stürmten auf sie los. Alisa sprang sofort in den
Geheimgang und folgte dem Vogel. Sie rannte und rannte, plötzlich ging
alles ganz schnell.
Alisa folgte dem Vogel bis zu dem Versteck, in das die Vögel ihr Pferd Rufus
gebracht hatten. Da stand Rufus, Alisa konnte ihr Glück kaum glauben. Sie
ritt eilig bis zur Mitte des Waldes, wo sie das magische Wasser in einem
Baum fand.
Plötzlich schnappte der Baum mit seinen Ästen nach ihr. Aber Alisa konnte
ausweichen. Der Baum versuchte es wieder, aber er konnte sie nicht fangen.
Da nahm Rufus Anlauf und rannte gegen den Baum. Er schubste ihn so
stark, dass der magische Baum wackelte. Alisa konnte gerade noch die
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letzten Tropfen vom magischen Wasser in ihre kleine Flasche füllen,
bevor der Baum ganz umkippte, und dann flitzte sie los in Richtung Land
des Chaos.
Sie ritt drei Tage und drei Nächte, bis sie am Eingang des Irrgartens ankam.
Dort band sie Rufus fest. Es war nicht einfach, den richtigen Weg zu finden,
aber Alisa schaffte es bis zum Baum der blauen Blätter. Sie packte ein paar
Blätter in ihre Tasche und wollte schnell zurück zu Rufus. Doch da merkte
sie, dass sie den Weg nicht mehr wiederfand. Die Hecken kamen ihr plötzlich viel höher vor, und alle sahen gleich aus. Sie war verzweifelt und rief
um Hilfe. Da hörte sie aus der Entfernung ein Wiehern. „Das ist Rufus!“,
dachte Alisa und lief in die Richtung, aus der das Wiehern kam. Sie rannte
kreuz und quer und hatte große Angst, sich immer weiter zu verlaufen.
Aber sie vertraute Rufus, der immer wieder nach ihr wieherte. Endlich
erreichte sie den Ausgang und sprang schnell auf ihr Pferd.
Obwohl sie schnell ritt, brauchte Alisa drei Tage und drei Nächte, bis sie an
ihrem Schloss ankam. Ihr Vater war sehr krank und erkannte seine Tochter
fast nicht. Alisa war nämlich zwölf Tage weg gewesen. Sie knackte die Nuss
und machte einen Tee mit dem magischen Wasser und den blauen Blättern.
Sobald ihr Vater die Nuss gegessen und den Tee getrunken hatte, wurde er
gesund und die böse Hexe, die ihn verflucht hatte, wurde zu Staub. Und so
lebten alle fröhlich bis ans Ende ihrer Tage.
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Tom Flinke
Es war einmal ein Junge namens Tom. Er lebte zusammen mit seinem
Onkel und seiner Tante in großer Armut. Seine Mutter war bei Toms
Geburt gestorben, sein Vater verschwunden. Niemand wusste, wo er war.
Es war irgendwo im Sommer, als Tom durch die dichten Wälder lief und
plötzlich ganz viel Rauch sah. Sofort rannte er zu seinem Onkel, weil er der
Vorsitzende des Dorfes war. Sein Onkel trommelte alle Leute zusammen.
Jemand musste dem König Bescheid geben. Sie berieten sich eine Zeit lang,
bis es Tom zu bunt wurde. Er rief: „Lasst mich zum König gehen!“ Die
Dorfbewohner tuschelten: „Der ist doch zu jung, der ist doch erst zwölf,
oder?“ Toms Onkel aber sagte: „Okay, aber erst am Morgen.“ Am frühen
Morgen ging Tom los. Er musste ziemlich weit laufen, denn Awara, wo das
Schloss von König Kaspian war, lag weit entfernt. Er wusste von seinem
Onkel, dass am Hofe des Königs ein Zauberer namens Aduru lebte.
Plötzlich fühlte sich Tom beobachtet. Als er sich umdrehte, sah er ein
Mädchen. Es war wunderschön. Es hatte lange, schwarze Haare und seine
Augen waren eisblau. Neben dem Mädchen stand ein schneeweißer Wolf.
Als der Wolf anfing zu knurren, drehte Tom sich erschrocken um. Er sah
große, ja riesige Wachen auf sich losstürmen. Tom sah zurück zu dem
Mädchen. Aber sie war verschwunden. Plötzlich packte ihn jemand kräftig
an der Schulter. Erschrocken drehte Tom sich um und sah eine grimmige
Wache hinter sich. Die Wache rief: „Das könnte der sein, der den Drachen
töten muss, oder nicht?“ Die anderen Wachen nickten. Als der Hauptmann
der Wachen sich zu ihm umdrehte, fragte Tom: „Was macht ihr mit mir?
Ich will doch nur zum König von Awara.“ Die Wachen lachten und sagten:
„Da bringen wir dich jetzt hin.“ Tom nahm an, dass es das einzig Richtige
war, den Wachen zu gehorchen. Man weiß ja nie, wie Wachen reagieren,
wenn man nein zu ihnen sagt. Tom drehte sich noch einmal zu dem
Mädchen um, aber sie blieb verschwunden.
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Sie machten sich auf den Weg zum König. Tom taten die Füße weh, weil sie
über viele Berge und viele Wiesen wanderten. Nach sieben Tagen kamen
sie endlich an eine große, helle und weiße Burg. Tom kam aus dem Staunen
nicht mehr heraus. Eine der Wachen sprach: „Das gehört alles dir, wenn du
es schaffst, den Drachen zu töten. Und die Tochter des Königs bekommst
du auch dazu.“ Auf einmal knackste das Tor und heraus kamen der
König und das Mädchen aus dem Wald. Der König sprach: „Wen bringt ihr
mir dieses Mal? Hoffentlich nicht wieder einen Verräter wie beim letzten
Mal. Ihr wisst schon, wie Thomas von Zaudrer Kaldugo. Die Wachen
riefen entsetzt: „Nein, nein, mein Herr!“ König Kaspian sagte: „Nun,
kommt alle rein. Elena, kümmere dich um unseren jungen Freund. Ich hole
Aduru und dann wird gefeiert.“ Elena erwiderte: „Du da! Wie heißt du?
Komm, ich zeig dir das Schloss.“ Tom antwortete: „Ich heiße Tom Flinke.“
Kaspian rief: „Wie Kaldor der Flinke? Wie hieß dein Vater, Tom?“ „Äh,
Kaldor“, flüsterte Tom. Elena kicherte: „Können wir jetzt feiern?“ Kaspian
sagte: „Ja, lasst uns in den Drachensaal gehen.“
Sie kamen an vielen Bildern und Türen vorbei. Auf einmal hielt König Kaspian an und stieß eine Tür auf. Tom blieb der Mund offen stehen. Er hatte
noch nie so viel Essen auf einem Tisch gesehen.
Am Ende des Tisches saß ein uralter Mann. Kaspian rief: „Hallo Aduru, wie
geht es dir? Das ist Tom Flinke. Ja, ja, sein Vater war Kaldor der Flinke.“
Aduru rief zurück: „Er ist der Sohn von Kaldor? Das könnte uns retten!“
Tom fragte: „Was meint ihr? Wie kann ich euch helfen?“ „Dein Vater war
ein mutiger Mann“ antwortete Aduru. ,,Er hat versucht, den Drachen zu
besiegen, aber er ist dabei umgekommen. Ferna, der Drache, hat sich
danach beruhigt und lange keine Wälder in Brand gesteckt, aber in letzter
Zeit geschieht es immer öfter. Das ist ein großes Problem. Jemand muss
Ferna erledigen!“
Da läutete es und alle setzten sich an den Tisch und aßen das leckere Essen.
Nach einer Weile sagte Kaspian zu Tom: „Du musst den Drachen töten, weil
er viel Unheil anrichtet. Du bist unsere einzige Hoffnung. Du bekommst
Elena und das ganze Königreich, wenn du alt genug bist.“
Tom sprach: „Ich werde es versuchen. Gibt es etwas, um Ferna zu besiegen?“ Aduru antwortete: „Ja, um Ferna zu besiegen, musst du die Wassersteine holen. Denn nur mit den Wassersteinen kannst du ihn töten. Und
jetzt los mit dir. Dein Pferd ist im Stall und es heißt Donner. Viel Glück.“
Bevor sich Tom auf den Weg machte, sagte er: ,,Mein Dorf braucht Hilfe,
weil es fast in Flammen untergeht. Ich werde den Drachen vernichten und
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das Königreich und mein Dorf retten!“ Er lief zu den Ställen und sattelte
Donner. Er stieg auf, ritt durch das offene Tor und verschwand im Nichts.
Nach sieben Tagen kam er in ein Gebirge, wo ihm eine rote Flamme
entgegenschoss. Tom sah den Drachen. Schnell hechtete er in einen kleinen
Felsspalt. Das war Rettung in letzter Sekunde. Nach einiger Zeit traute
er sich hinaus, aber er konnte nicht nach draußen, da Steine den Eingang
zugedeckt hatten. Sein einziger Weg führte durch einen schmalen Tunnel.
Als Tom sich umdrehte, sah er den Tunnel hell erleuchtet. Seine einzige
Sorge war, wo er herauskommen würde. Er lief und nach einigen Minuten
sah er endlich Tageslicht. Und da lagen die Wassersteine. Tom griff nach
einem Stein und rannte durch die Tür, die aus dem Nichts aufgetaucht war.
Er sah Ferna. Sofort sprang Tom auf den Drachen zu und warf den Stein auf
ihn. Ferna brüllte sehr, sehr laut, aber nichts passierte. Tom rannte zurück
durch die Tür und griff nach mehr Wassersteinen. Ferna folgte ihm durch
die Tür. Da drehte sich Tom um und warf die Steine auf Ferna. Ein Stein traf
Ferna am Auge und Tom war bewusst, dass er auf die Augen zielen musste,
um ihn zu töten. Die ersten Versuche missglückten, aber beim dritten Versuch traf er endlich das andere Auge. Ferna fiel um und zerfiel zu Staub.
Glücklich machte Tom sich auf den Weg zurück zu Kaspian. Nach einiger
Zeit sah er das Schloss. Er rannte zum Drachensaal, stieß die Tür auf
und rief: „Erledigt!“ Kaspian, Elena und Aduru sahen ihn erstaunt an.
Am nächsten Morgen war alles voller Blumen. Elena sah blass aus und ihr
schwarzes Haar hing locker auf ihrer Schulter, als sie die Rückkehr von Tom
feierten. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
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Ein langer Weg
nach Hause
Es war einmal ein Prinz, der hieß Gilbert. Gilbert wollte auf Wanderschaft
gehen, aber sein Vater, König Heinrich, sagte, dass er nicht aus dem Schloss
gehen dürfe, sonst würden die Räuber ihn töten, wie seine Mutter getötet
worden ist. Aber eine Nacht schlich Gilbert raus, vorbei an dem Wächter
und durch die Wand. Als Gilbert auf der andere Seite der dicken Wand
ankam, fand er sich in einem sehr erschreckenden Wald. Gilbert wollte
wieder durch die Wand, aber er war so ängstlich, dass er vergessen hatte,
wie. Gilbert ging weiter und weiter, bis er so müde war, dass er einfach
einschlief. Als er wieder aufwachte, ging er weiter. Sieben Tage lang schlief
Gilbert nur, er ging und pflückte Beeren und aß sie.
Plözlich hörte er ein Geräusch in den Büschen und aus den Büschen kam
ein Mädchen. Gilbert sah, dass sie sehr hübsch war und fragte: „Wieso bist
du im Wald?“ Das Mädchen antwortete: „Ich suche meine Katze“. Gilbert
anwortete: „Ich werde dir helfen. Mein Name ist Gilbert“. Das Mädchen
sagte: „Ich heiße Katharina. Ich habe dich noch nie gesehen“. Gilbert sprach:
„Ich wohne nicht in dieser Gegend, sondern im Schloss. Ich bin nämlich
ein Prinz.“ Katharina war begeistert und mochte Gilbert.
Gilbert und Katharina suchten den ganzen Tag Schnuffie, die Katze.
Plötzlich war da ein Rascheln in den Büschen und Gilbert und Katharina
versteckten sich schnell. Sie sahen die Räuberbande und hörten, dass sie
gerade eine Kutsche klauten. Gilbert wollte die sieben Räuber fangen, und
Katharina wollte ihm dabei helfen.
Als es Nacht wurde und die Räuber alle schliefen, nahm Gilbert ein Seil
und mit einem Klatsch von den Händen waren die Räuber alle gefesselt.
Dann luden Gilbert und Katharina die Räuber in die gestohlene Kutsche
und fanden ihren Weg zum Schloss. Auf dem Weg zum Schloss fanden sie
Schnuffi. Als sie beim Schloss ankamen, war der König sehr froh und hielt
eine Feier. Katharina wurde Gilberts Frau und sie wohnten fröhlich und
räuberlos lebenslang.
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Abu und Shongweni
Es war einmal ein sehr abenteuerlustiger Zuluprinz, der hieß Shongweni.
Er wanderte mit Speer und Schild durch ganz Afrika und half Tieren und
Menschen, die in Not waren. Eines Tages sah er einen Affen, dessen Hände
in einem Loch fest waren. Shongweni half ihm sich zu befreien, zur großen
Freude des Affen.
„Ich heiße Abu und bin eigentlich ein Mensch“, sprach der Affe. „Eine böse
Hexe hat mich in einen dummen Affen verwandelt, weil ich sie einmal nicht
gegrüßt habe. Hast du vielleicht etwas für mich zu essen, mein Retter?“
Shongweni gab ihm etwas Brot und Wasser, das Abu in einer Rekordzeit
verschlang. „ Vielen Dank, Meister ! “, bedankte sich Abu. „Darf ich bitte
mit dir reisen? Ich kann dir alle Wege auf der Steppe zeigen und dich
irgendwo hinführen.“ „Na gut!“, gab Shongweni nach, „wo möchtest du als
erstes hingehen, du kleiner Affe?“ „Wenn du mich weiter so beleidigst, lass
ich dich hier zum Sterben“, empörte sich Abu, „aber so bin ich ja nicht, zum
Glück. Doch am liebsten würde ich die alte Hexe zurückschlagen!“ „Also,
los geht’s!“, sprach Shongweni, „der Hexe zeigen wir es!“
So ging das merkwürdige Paar los, um die Hexe zu zerstören. Sie gingen
sechs Tage lang durch die Steppe, ohne große Ereignisse. Jedoch am siebten
Tag, als sie abends aßen, rief Abu Shongweni aufgeregt zu: „Die Hexe ist auf
dem Weg hierher, versteck dich hinter diesem Stein!“
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Shongweni tat, wie es ihm geboten wurde, mit einer schnellen Bewegung.
Bald danach kam eine dunkle Gestalt an. Sie trug einen Mantel und eine
Mütze, die tief ins Gesicht gezogen war. Abu winkte Shongweni zu, dass
er die Gestalt angreifen solle. Er sprang hinter dem Stein hervor und fiel
auf die Gestalt nieder. Er griff nach seinem Speer und mit einem Hieb des
Speergriffes schlug er sie bewusstlos.
Plötzlich sprang Abu hinter dem Stein hervor und verwandelte sich in
einen großen Sangoma. Shongweni versuchte seinen Speer zu erreichen,
der auf dem Boden lag, doch der Sangoma war schon da.
„Du Dummkopf!“, rief er, „ich bin der große Sangoma, Sipho. Ich hatte
mich selber in einen Affen verwandelt, um dich reinzulegen. Die Gestalt,
die du da geschlagen hast, ist eine wunderschöne Frau, keine Hexe. Wenn
sie erwacht, werde ich dich fesseln und so tun als wäre ich ein Held, der sie
gerettet hat. Dann töte ich dich und heirate sie. Ha! Ha! Ha!“
Sipho fesselte ihn und lehnte ihn gegen einen Stein und bereitete schon vor,
wie er ihn töten würde. Als er da saß, bemerkte Shongweni, dass der Stein
eine scharfe Kante hatte. Er fing an die Fesseln zu schneiden und schmiedete einen Plan.
Als die Fesseln durchgeschnitten waren, sprang Shongweni auf, um zu
kämpfen. Er nahm sein Schild und seinen Speer und sprang auf Sipho
hinauf. Sipho hatte keine Zeit, um sich zu wehren, also wurde er bald
besiegt und getötet. Shongweni hatte gerade noch genug Zeit, um die
Leiche zu begraben, bevor die Frau erwachte. Als sie erwachte, erzählte er
ihr die Geschichte, und sie war so froh, dass sie ihn gleich zu ihrem Vater
brachte. Der Vater, der ein Stammeshäuptling war, war so erfreut, dass er
die beiden gleich traute. Die beiden zogen zurück zu Shongwenis Königreich, wo sie dann wohnten. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben
sie noch heute.
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Die Autorinnen
und Autoren
Hoër Meisieskool Bloemhof,
Stellenbosch, Klasse 11
Hoërskool Diamantveld,
Kimberley, Klasse 11
Ein modernes Liebesmärchen
Hauptautorinnen:
Ené Steyn
Ina Odendaal
Das Geisterlied
Hauptautorinnen:
Nicola Victor
Anelda Botes
Michelle Botes
Daniella de Lange
Lena und Specki
Hauptautorinnen:
Karlien Heyns
Mieke Gouws
Charné du Preez
Wolfgang und Amm
Hauptautorinnen und -autoren:
Danielle du Toit
Nielda Smit
Daniel van Zyl
Ruan Maritz
Mitautorinnen:
Johanei Borstlap
Kristin Stanford
Anja Baxter
Aletta Steyn
Ingemari Knoetze
Elise Wium
Lida Malherbe
Jani Otto
Sujen Roos
Mitautorinnen und -autoren:
Leoni Botha
Luzendah Hoogstander
Marioné Oosthuizen
Annerie Schoeman
Stephan van der Westhuizen
Annecke van Heerden
Karien van Zyl
Margot Wharren
Lehrerin:
Marcia Combrinck
Lehrerinnen:
Susan van der Westhuizen
Susanne Rottler
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Pretoria High School
for Girls, Pretoria, Klasse 10
Hoërskool Tygerberg,
Cape Town, Klasse 11
Das Märchen von den Zwillingen,
der Elfe und dem Monster
Autorinnen und -autoren:
Shaakirah Adams
Kelly Frances Abdrew
Robyn Leigh Bezuidenhout
Andie Ruth Burroughs
Penelope Citton
Grethen de Waal
Chané Engelbrecht
Kimberly Jardin
Nicci Lombard
Lebogang Rosemary Malala
Lindiwe Indira Matthews
Lauren Frances Megaw
Side Tabazi Ntsaluba
Anna Thea Hermina Oppler
Alexandrea Maureen Pallikarides
Saskia Schüttenberg
Paige Karla Schweiger
Margoux Steenkamp
Tamryn Yvonne Stewart
Abigail Janice Zandberg
Der verzauberte Esel
Hauptautor:
Armand Coetzee
Wie Hanneliese
ihre Sicht wieder bekam
Hauptautorin:
Nicolene Versfeld
Mitautorinnen und -autoren:
Francois-Willem Basson
Leardt Batt
Adrian Bergh
Janie Delport
Anderine Ferreira
Chanté Greeff
Marli Stegmann
Monique van der Merwe
Zinta van Wyk
Lehrer:
Pieter Nel
Lehrerin:
Birgit du Toit
52
Stellenberg High School,
Cape Town, Klasse 11
Deutsche Schule Durban,
Durban, Klasse 6
Ein umgekehrtes Märchen
Hauptautorin:
Nicoli Mathee
Die wilden Sieben
Hauptautor:
Moritz Weigel
Das magische Krokodil
Hauptautorin:
Beatrice Atzl
Jackie
Hauptautor:
Timothy Huang
Mitautorinnen und -autoren:
Simone Bartel
Rodeen Basson
Jome Beukes
Michaela Botes
Mare Cheminais
Shulami Godlo
Dillon Leite
Nicky Lurwengu
Tanya Meissenheimer
Anica Meuter
Cleo Mlenzana
Lynn Rudolph
Kyle Swartz
Mitautorinnen und -autoren:
Lena Weigel
Paul Rhodes-Jones
Alex Küsel
Kelly Williams
Tiara Bänziger
Noá Miller
David Weber
Lehrerin:
Helga Bucher
Lehrerin:
Rosemarie Riedemann
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St. George’s Preparatory School,
Port Elizabeth, Klassen 4 und 5
Wartburg Kirchdorf School,
Wartburg, Klassen 6 und 7
Alisas Abenteuer
Hauptautorin:
Andrea Parr Zazón
Ein langer Weg nach Hause
Hauptautor:
Dieter Lucht
Tom Flinke
Hauptautorin:
Franziska Victoria Horni
Abu und Shongweni
Hauptautor:
Gerhard Rencken
Mitautorinnen und -autoren:
Luca Sophie Schmidt
Lukas Keils
Annemieke Mock
Lea Siggenauer
Mitautorinnen und -autoren:
Michelle Engelbrecht
Elona Engelbrecht
Ruben Hohls
Katja Schädle
Gabriele Straeuli
Holger Eggers
Christine Wortmann
Lehrer:
Liliom Strauch
Lehrer:
Rumen Zidarov
54
„Und wenn sie nicht gestorben sind,
dann leben sie noch heute.“