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Info 4/2014
Zoonose-Risiken durch unsere Nager-Parasiten
und Dermatophyten
Entsprechend der Zunahme der als Heimtie­
re gehaltenen Nagetiere nimmt auch deren
Vorstellung in der täglichen Tierarztpraxis
zu. Ein häufiges Problem stellen dabei die
nicht immer sehr wirtsspezifischen Parasiten
und Dermatophyten dar.
Probenentnahme – Ektoparasiten:
Diese muss der Lebensweise der Parasiten
angepasst sein. So können Haarlinge,
Läuse, Flöhe, aber auch Fellmilben oder
Raubmilben mit einem Tesafilm-Abklatsch
fixiert und dann auch mikroskopisch identi­
fiziert werden.
Zur Diagnostik anderer in der Haut lebender
Milben wie Grab- oder Haarbalgmilben müs­
sen oberflächliche oder tiefe Hautgeschab­
sel angefertigt werden. Hierfür wird mittels
Skalpell ein Geschabsel aus einer verdächti­
gen Lokalisation entnommen, für die Mikros­
kopie das Probenmaterial auf einen Objekt­
träger überführt, mit Paraffinöl überschichtet
und mit einem Deckgläschen abgedeckt.
Probenentnahme – Endoparasiten:
Hierzu ist eine Kotuntersuchung mit ent­
sprechenden Anreicherungsverfahren wie
Flotation und/oder Sedimentation Mittel der
Wahl. Bei Oxyuren kann auch ein Klebeabklatsch von der Analregion für die Diagno­
se hilfreich sein.
Kaninchen:
Zu den häufigsten Ektoparasiten unserer
Kaninchen gehört zweifelsohne die Raub­
milbe, Cheyletiella parasitivorax. Diese
nicht übermäßig wirtsspezifische Milbe weist
beim Kaninchen eine Prädilektionsstelle im
Nackenbereich auf. Es kommt zu einer mas­
siven Schuppenbildung mit Juckreiz. Bürstet
man die Schuppen ab, fangen die „Schup­
pen“ zu laufen an.
Abb.:
Aus dem Ei schlüpfende Cheyletiella
parasitivorax Larve.
Genauso passiert es auch, wenn man das
Probenmaterial nicht gleich fixiert, die Milben
flüchten, man kann nur noch Milbenkot oder
die an den Haaren festgeklebten Eier nach­
weisen. Diese Milben ernähren sich von den
Schuppen, häufig findet man aber gleichzei­
tig eine Infestation mit der Fellmilbe Leporacarus gibbus, diese dient der Raubmilbe als
Beutetier. Selbst verursacht der Befall dieser
Fellmilbe nur ein gering ausgeprägtes klini­
sches Bild.
Bei zoonotischen Endoparasiten ist vor al­
lem an Enzephalitozoon cuniculi zu den­
ken. Die Erkrankung verläuft beim Kanin­
chen meist subklinisch, es kann jedoch auch
zu zentralnervösen Störungen mit Torticollis
kommen. Das Mikrosporidium hat ein breites
Wirtsspektrum und steht auch im Verdacht,
als opportunistischer Parasit bei AIDS-Pati­
enten eine Rolle zu spielen. Bei immunkom­
petenten Menschen ruft die Infektion mit den
Mikrosporidien maximal eine katarrhalische
Enteritis hervor. Es wird ein oraler Infektions­
weg angenommen, die Trophozoiten parasi­
tieren vorwiegend in Zellen des Zentralner­
vensystems, aber auch in Makrophagen und
anderen Geweben. Die Sporen werden vor
allem mit dem Urin ausgeschieden.
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Zur Diagnostik eignet sich ein AntikörperNachweis aus dem Serum, wobei auch sehr
viele klinisch unauffällige Kaninchen hohe
Antikörpertiter aufweisen. Die Ausscheidung
der Sporen kann mittels einer spezifischen
PCR aus dem Harn festgestellt werden.
Abb.: Hymenolepis nana Ei
Der Nachweis der dünnschaligen Eier, wel­
che die Onkosphäre enthalten, erfolgt nach
Flotationsanreicherung. Dieselbe Entwick­
lung von Hymenolepis nana kann auch im
Menschen ablaufen.
Abb.:
Enzephalitozoon cuniculi Sporen, indirekte
Immunfluoreszenz
Meerschweinchen:
Bei Meerschweinchen hat ein Parasitenbefall
meist nur eine geringe Bedeutung, das gilt
vor allem für Endoparasiten. Von den Proto­
zoen, die bei dieser Tierart vorkommen, wer­
den die meisten als apathogen eingestuft.
Der einzige bei diesen Tieren vorkommende
Parasit, der zoonotisches Potential besitzt,
ist der Zwergbandwurm Hymenolepis nana.
Das Meerschweinchen infiziert sich entwe­
der direkt durch die Aufnahme der Eier oder
indirekt durch die Aufnahme von Zwischen­
wirten wie Käfern. Bei Aufnahme der Eier
findet die Entwicklung, die normalerweise
im Zwischenwirt abläuft, in den Ileumzotten
des Endwirtes statt. Die Onkosphäre wird im
Darm aus dem Ei frei und dringt in die Darm­
zotten ein. Dort entwickelt sie sich innerhalb
von fünf Tagen zum Zystizerkoid, welches
aus den Darmzotten ausbricht und sich im
Darm ansiedelt. Nach 15­17 Tagen scheidet
dann der adulte Bandwurm reife Proglottiden
ab. Diese werden bei der Darmpassage auf­
gelöst, im Kot werden in der Regel nur noch
die typischen Eier nachgewiesen.
Goldhamster:
Beim Goldhamster gibt es insgesamt nur
wenige Parasitenarten.
An Endoparasiten besitzt ähnlich wie beim
Meerschweinchen nur der Befall mit dem
Zwergbandwurm Hymenolepis nana ein ge­
wisses Zoonose-Potential.
An Ektoparasiten hat in letzter Zeit der
Befall mit der tropischen Rattenmilbe
Ornithonyssus bacoti massiv an Bedeu­
tung gewonnen. Inzwischen sind die Heim­
tierarten Hamster und Gerbil häufiger von
dieser Milbenart betroffen als die Ratte. Die­
se Blut saugende Milbenart gehört zur Fa­
milie der Macronyssidae. Sie wird häufig mit
der Roten Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae) oder der Nordischen Vogelmilbe (Ornithonyssus sylviarum) verwechselt, die ebenfalls zu den Macronyssidae gehören und
ähnliche morphologische Charakteristika
aufweisen.
2­3 Tage nach einer einmaligen Blutmahlzeit
legen die bis zu 70 Tage lebenden Weibchen
90–120 Eier in verschiedenen Gelegen in der
Umgebung ab, also nicht auf der Hautober­
fläche des Wirtes. 1-4 Tage später schlüpfen
die Larven. Bei Zimmertemperatur und bei
einer relativen Luftfeuchtigkeit von 75–80 %
dauert der gesamte Entwicklungszyklus
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11–16 Tage. Wie die meisten Vertreter der
Macronyssidae sind Tropische Rattenmilben
nachtaktiv und verstecken sich tagsüber in
dunklen Schlupfwinkeln in der Umgebung
des Wirtes. Stehen die bevorzugten Wirte
nicht ausreichend zur Verfügung, wird auch
der Mensch von dieser wenig wirtsspezifi­
schen Milbenart befallen. Die Verbreitung
der tropischen Rattenmilbe erfolgt neben
dem Handel mit befallenen Heimtieren über
Schadnager, aber auch unbelebte Vektoren
wie Käfige oder Einstreu spielen bei der Ver­
breitung eine große Rolle.
Abb.: Ornithonyssus bacoti
Diagnostik: Aufgrund ihrer Lebensweise sind
sie häufig am Tier nicht nachweisbar, aber in
dessen Umgebung. Besonders ist in diesem
Zusammenhang auch der Vorbericht des
Besitzers zu beachten, insbesondere, wenn
er selbst stark juckende mückenstichartige
Hautirritationen aufweist.
Beim Hamster wäre als Zoonose­Erreger
noch die Infektion mit dem Lymphozytären
Choriomeningitis Virus (LCMV), einem be­
hüllten Einzelstrang-RNA-Virus der Gattung
Arenavirus, zu nennen. Das Virus wird über
sämtliche Se­ und Exkrete ausgeschie­
den. Die Infektion des Menschen erfolgt
durch Aufnahme virushaltiger Partikel über
den Mund und die Atemwege sowie durch
direkten Tierkontakt oder Bisse. Bei den
Nagetieren verläuft die Infektion meist symp­
tomlos und tritt ausschließlich bei Jungtieren
auf. Beim Menschen steht ein grippaler In­
fekt im Vordergrund, eine Meningitis kann
sich allerdings auch entwickeln.
Die Diagnose ist serologisch über Antikör­
pernachweis (ELISA, IFT) möglich.
Ratte:
Auch bei dieser Tierart kommt der Zwerg­
bandwurm Hymenolepis nana als Zoonose­
Erreger vor. Die eben beschriebene tropi­
sche Rattenmilbe Ornithonyssus bacoti tritt
ebenfalls auf.
Zusammen mit der zunehmenden Haltung
von Ratten wird auch immer häufiger der
Rattenfloh, Xenopsylla cheopis, nachge­
wiesen. Dieser gilt als Vektor von Yersinia
pestis, wobei allerdings nicht der Floh son­
dern die Ratte das Reservoir für dieses
Bakterium darstellt.
Maus:
Bei der Einzelhaltung im Privatbesitz weisen
Mäuse nur wenige Endoparasiten auf. Für
den Menschen sind keine davon infektiös,
Giardia muris oder Tritrichomonas muris gel­
ten als Tierart spezifisch.
Auch an Ektoparasiten kommt bis auf die tro­
pische Rattenmilbe der Maus keine Bedeu­
tung als Träger von Zoonose-Erregern zu.
Bekannt und auch meldepflichtig beim Men­
schen ist die Infektion mit Hantaviren. Die
Übertragung erfolgt über Exkrete wie Harn
oder Kot, in denen große Mengen an Viren
ausgeschieden werden. Bei uns kommt vor
allem der Rötelmaus als Vektor eine bedeu­
tende Rolle zu. Obwohl selbst nicht erkrankt,
scheidet die einmal infizierte Maus ihr Le­
ben lang das Virus aus. Dabei kommt beim
Menschen vor allem der Aufnahme über den
Respirationstrakt als Eintrittspforte eine be­
sondere Bedeutung zu. Besonders in staub­
haltigem Material, wie es beim Ausfegen von
Speichern oder Schuppen, aber auch beim
Saubermachen von Käfigen auftritt, sind
hohe Zahlen an Viruspartikeln enthalten.
Gerbil:
An Endoparasiten spielt bei dieser Tierart nur
Hymenolepis nana, der Zwergbandwurm,
eine zoonotische Rolle. Bei den Ektoparasi­
ten scheinen Gerbils besonders empfänglich
für die tropische Rattenmilbe Ornithonyssus
bacoti zu sein.
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Chinchilla:
Bei dieser Tierart treten zwar zahlreiche
Parasitenarten auf, aber nur der Zwerg­
bandwurm Hymenoplepis nana spielt als
Zoonose-Erreger eine Rolle. Die beim Chin­
chilla häufig nachgewiesenen Giardien ste­
hen zwar im Verdacht als Zoonose­Erreger
eine Rolle zu spielen. Die entsprechenden
Assamblages A und B konnten in unserem
Untersuchungsmaterial aber nur in Einzelfäl­
len mittels PCR nachgewiesen werden.
Ektoparasiten treten sehr selten auf, Zoono­
se-Erreger sind nicht dabei.
Dermatophyten:
Unsere Nagetiere sind häufig latent ohne kli­
nische Veränderungen mit Dermatophyten
infiziert. Rundliche haarlose Stellen, aber
auch nässende, teils krustös veränderte
Kahlstellen im Bereich der Augen, Ohren
und im Nasenbereich sind für eine Dermatophytose verdächtig. Andere veränderte
Stellen am Körper treten eher selten auf.
Häufig weisen auch die meist jugendlichen
Besitzer typische Hautläsionen auf.
Die Probenentnahme sollte stets am Rand
der Veränderung erfolgen. Es sollten Haare
gezupft bzw. auch ein Geschabsel entnom­
men werden. Da die Erreger einer Derma­
tophytose zoonotisches Potential aufweisen,
ist hierbei besonders auf ein hygienisches
Vorgehen zu achten.
Für die mikroskopische Beurteilung werden
krustöses Material und Haarwurzeln auf ei­
nen Objektträger aufgebracht und mit Par­
affinöl überschichtet, das Präparat wird mit
einem Deckgläschen überdeckt und durch
Andrücken für die Mikroskopie vorbereitet.
Abb.: Durch Pilzsporen verändertes Haar
Das Geschabsel wird dann auch kulturell un­
tersucht. Hierzu wird es zerkleinert und auf
spezielle Nährböden aufgebracht.
Anhand typischer Kulturmerkmale und des
mikroskopischen Bildes werden die gewach­
senen Pilze dann differenziert.
Als Erreger werden bei unseren Nagern vor
allem Trichophyton mentagrophytes, selte­
ner der eher geophile Mikrosporum gypseum oder der geophile Trichophyton terrestre
kultiviert. Ob diesen beiden geophilen Spe­
zies dann eine große pathogenetische Rele­
vanz zukommt, muss anhand der klinischen
Erscheinungen entschieden werden.
Durch moderne Differenzierungsmethoden
mittels PCR oder MALDI TOF erhält man
jetzt auch häufig die Diagnose Arthroderma
benhamiae als kultivierten Pilz. Dabei han­
delt es sich aber nur um das telemorphe Sta­
dium von Tr. mentagrophytes.
Fazit:
Das höchste zoonotische Potential für den Be­
sitzer und das Personal einer Tierarztpraxis
geht von unseren als Heimtieren gehalte­
nen Nagern, von der tropischen Rattenmilbe
Ornithonyssus bacoti, der Raubmilbe Cheyletiella parasitivorax und den Dermatophyten
aus.
Andere Ekto- und Endoparasiten spielen
eher eine untergeordnete Rolle, vielleicht
eher noch als Vektor.
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