Chronische Lymphatische Leukämie
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Chronische Lymphatische Leukämie
Chronische Lymphatische Leukämie (Informationsschrift für Betroffene und ihre Angehörigen) Autoren: Anne Roth, Axel Glasmacher Medizinische Klinik und Poliklinik I Universität Bonn Sigmund-Freud-Straße 25 · 53105 Bonn München und Bonn, den 15.02.1999 Geleitwort Die Chronische Lymphatische Leukämie ist die häufigste Leukämie der westlichen Welt. Derzeit ist die Behandlung einem starken Wandel unterworfen. Darüber hinaus können Symptome der Erkrankung sehr unterschiedlich sein. Aus diesem Grund ist die Initiative von A. Roth und A. Glasmacher sehr zu begrüßen, eine Patientenbroschüre zur Chronischen Lymphatischen Leukämie herauszugeben. Diese Broschüre soll den Patienten helfen, ihre eigenen Beschwerden besser einzuordnen und die zum Teil sehr unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten der Chronischen Lymphatischen Leukämie besser zu verstehen. Die Broschüre soll darüber hinaus die wesentlichen Komplikationen im Verlauf der Erkrankung frühzeitig erkennen helfen. Priv.-Doz. Dr. M. Hallek Prof. Dr. I. Schmidt-Wolf (Koordinator der Deutschen CLL-Studiengruppe) (Med. Univ. Klinik I, Bonn) Liebe Leserin, lieber Leser, Ihr Arzt hat bei Ihnen „Chronische Lymphatische Leukämie“ (CLL), eine Erkrankung der weißen Blutkörperchen, festgestellt. Diese Diagnose wird bei Ihnen und Ihren Angehörigen viele Fragen und Sorgen aufwerfen sowohl zur Krankheit selbst als auch den möglichen Ursachen und Heilungsaussichten. Antworten darauf wird Ihnen in erster Linie Ihr behandelnder Arzt geben können. Die vorliegende Broschüre kann und soll natürlich nicht das Gespräch mit Ihrem Arzt ersetzen. Sie soll Ihnen vielmehr darüber hinaus helfen, mehr über Ihre Erkrankung und deren Therapie zu erfahren, und Ihnen die Möglichkeit bieten, Antworten auf einige Fragen nochmals in Ruhe nachlesen zu können. Die Tatsache, an einer bösartigen Erkrankung zu leiden, ist für niemanden leicht zu verkraften. Doch können Ängste und Befürchtungen durch ein besseres Verständnis vermindert werden. Dieser Ratgeber soll Ihnen helfen, Ihre Erkrankung besser zu verstehen, und Sie auf die Auswirkungen der CLL für Ihr Leben vorzubereiten. Im folgenden finden Sie zunächst eine kurze Übersicht über die Zusammensetzung und die Funktionen des Blutes. Es folgen daran eine Beschreibung der Krankheit mit ihren Symptomen, mit Erklärungen zu den notwendigen Untersuchungen und eine Darstellung der gegenwärtigen Behandlungsmöglichkeiten. Schließ- lich widmet sich ein eigenes Kapitel den Risiken, die die CLL mit sich bringt, sowie den Maßnahmen, die Sie ganz persönlich ergreifen können, um diese Folgeerscheinungen zu reduzieren oder völlig zu vermeiden. Helfen Sie mit, Ihre Erkrankung aktiv zu bekämpfen ! Wir hoffen, daß wir Ihnen mit dieser Schrift helfen können, das Leben mit Ihrer Erkrankung zu bewältigen, und wünschen Ihnen persönlich alles Gute dazu. Anne Roth Dr. Axel Glasmacher Inhaltsverzeichnis Seite Zusammensetzung und Funktionen unseres Blutes .................. 1 Was ist Chronische Lymphatische Leukämie ? .......................... 3 Symptome der Leukämie .......................................................... 5 Diagnose der Chronischen Lymphatischen Leukämie................ 6 Therapie der Chronischen Lymphatischen Leukämie ................ 7 Nebenwirkungen der Chemotherapie ........................................ 9 Heilungsaussichten durch Chemotherapie ................................11 Gibt es neue Behandlungsmöglichkeiten ? ................................11 Risikofaktoren der Chronischen Lymphatischen Leukämie ........12 Infektionen..................................................................................12 Welche Arten von Infektionen treten bei der CLL auf ? ............14 Was können Sie selbst zur Vermeidung von Infektionen beitragen ? ................................................................................16 Wie vermeiden Sie Infektionen aus Nahrungsmitteln ? ............17 Seelische Auswirkungen ............................................................19 Ausblick ......................................................................................22 Glossar........................................................................................24 Wichtige Adressen ....................................................................26 Zusammensetzung und Funktionen unseres Blutes 1 Zusammensetzung und Funktionen unseres Blutes Gesundes Blut besteht aus einem flüssigen Anteil, dem Blutplasma, und aus einer zellulären Komponente, den Blutkörperchen. Jeder dieser Bestandteile ist lebenswichtig. Die reifen Blutkörperchen entwickeln sich im Knochenmark aus unreifen Zellen. Aus den ganz unreifen Zellen, den sog. Stammzellen, die gleichsam die „Keimzelle“ aller Blutkörperchen darstellen, entwickeln sich über verschiedene Zwischenstufen (Vorläuferzellen, s. Abb. 1) von unterschiedlichem Reifegrad die – weißen Blutkörperchen (Leukozyten; siehe Abb. 1; 2a) – roten Blutkörperchen (Erythrozyten; siehe Abb. 1; 2c) – Blutplättchen (Thrombozyten; siehe Abb. 1; 2b). Abb. 1: Schematische Darstellung der Blutbildung Bei den weißen Blutkörperchen unterscheiden wir im wesentlichen die Monozyten, Granulozyten (sie weisen feinste Körnchen 2 Zusammensetzung und Funktionen unseres Blutes in ihrem Zellinneren auf) und die Lymphozyten (B- und T-Lymphozyten). Jeder dieser Blutzelltypen erfüllt spezielle Aufgaben: Weiße Blutkörperchen stellen die „erste Verteidigungslinie“ des Organismus gegen mögliche Krankheitskeime, gegen Infektionen und auch Krebs dar. Die Monozyten und Granulozyten töten Bakterien u. a. dadurch, daß sie sie auffressen. Ein Teil der Lymphozyten, die sog. T-Lymphozyten, helfen den Granulozyten bei dieser Verteidigungsarbeit überwiegend als „Manager“ im Hintergrund. Eine andere Art von Lymphozyten, die B-Lymphozyten, bilden Abwehrstoffe (Antikörper) gegen Infektionserreger wie Bakterien und Viren. b) c) a) Abb. 2: Die Bestandteile des Blutes (Raster-Elektronen-Mikroskopische Aufnahme); a) weiße Blutkörperchen; b) Blutplättchen; c) rote Blutkörperchen Was ist Chronische Lymphatische Leukämie ? 3 Die roten Blutkörperchen sorgen für den Transport von Sauerstoff von der Lunge zu den Organen und Geweben. Dort tauschen die Erythrozyten den Sauerstoff gegen Kohlendioxid aus. Durch die Venen wandern die Erythrozyten zurück zum Herzen und wieder zur Lunge, wo sie das Kohlendioxid abladen und neuerlich Sauerstoff aufladen. Die Lebenszeit der Erythrozyten beträgt 120 Tage. Jeder Mensch besitzt 4–6 Millionen rote Blutkörperchen pro Mikroliter Blut (s. Tab. 1). Die Blutplättchen sind für die Blutgerinnung unerläßlich. Bei einer Verletzung eines Blutgefäßes wird die Gefäßwand durch Thrombozyten abgedichtet. Blutplättchen verweilen etwa 10 Tage in der Blutbahn, falls sie nicht vorher zur Blutstillung herangezogen werden. Tabelle 1: Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) 12–14 g/dl bei Frauen 14–16 g/dl bei Männern Erythrozyten (rote Blutkörperchen) 4–6 Millionen pro Mikroliter (µl) Leukozyten (weiße Blutkörperchen) 4000–9000 pro Mikroliter (µl) Thrombozyten (Blutplättchen) 150 000–300 000 pro Mikroliter (µl) Tab.: 1. Normwerte des menschlichen Blutes Was ist Chronische Lymphatische Leukämie ? Die CLL ist eine Erkrankung des Blutes. Aus noch nicht geklärter Ursache kann es dazu kommen, daß sich eine Stammzelle oder eine „unreife Zwischenstufe“ (s. Abb. 1) auf dem Weg zum vollen Reifungsgrad krankhaft verändert oder ungehemmt vermehrt. Mit zunehmender Vermehrung beanspruchen diese krankhaften Zellen immer mehr Raum im Knochenmark. Sie verdrängen dabei nicht 4 Was ist Chronische Lymphatische Leukämie ? nur die gesunden reifen Zellen, sondern auch die Vor- und Zwischenstufen der gesunden Zellen. Dementsprechend sind immer weniger reife, funktionstüchtige Blutkörperchen vorhanden bzw. werden immer weniger neue nachgebildet. Die Vermehrung der krankhaften Zellen setzt sich fort, bis schließlich das Knochenmark so „vollgestopft“ ist, daß auch diese aus dem Knochenmark auswandern. Sie treten in das außerhalb des Knochenmarks gelegene periphere Blut und in andere Organe über, so z. B. in die Leber, Milz und Lymphknoten (s. Abb. 3). Im Prinzip können die Blasten jedoch in alle Organe und Gewebe einwandern. Bei der CLL kommt es nun zu einer krankhaften Vermehrung unreifer Lymphozyten, die nach und nach zu einer Verdrängung der gesunden Blutbestandteile – Blutplättchen, rote und weiße Blutkörperchen – führt. Schließlich kommt es zu einer völligen Verdrängung der normalen Blutzellbildung, so daß die wenigen funktionsfähigen Blutzellen nicht mehr in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfülLeber Milz len. Becken Abb. 3: Das lymphatische System des Menschen Symptome der Leukämie 5 Symptome der Leukämie Die bei der CLL auftretenden Krankheitserscheinungen werden hauptsächlich durch die anteilsmäßige Veränderung (Vermehrung/ Verminderung) der einzelnen Blutbestandteile in den verschiedenen Regionen (Blut, Organe, Knochen) des menschlichen Körpers verursacht. Verminderung der roten Blutkörperchen: Durch eine unzureichende Bildung roter Blutkörperchen sind Blässe und Blutarmut (Anämie) bedingt. Auch die bei CLL häufig beobachtete Müdigkeit und Abgeschlagenheit lassen sich dadurch erklären, da die wenigen noch vorhandenen roten Blutkörperchen kaum mehr in der Lage sind, ausreichend Sauerstoff für eine körperliche Leistung zu transportieren. Verminderung der Blutplättchen: Blaue Flecken, die schon nach geringfügigen Verletzungen auftreten können, sind – ebenso wie kleine, „flohstichartige“ Blutungen (sogenannte Petechien) – auf die Verminderung der Blutplättchen, die für die Stillung von Blutungen mitverantwortlich sind, zurückzuführen. Weiterhin kann es zu vermehrtem Zahnfleischbluten oder Nasenbluten kommen. Verminderung der gesunden weißen Blutkörperchen: Vielleicht hatten Sie in letzter Zeit auch häufiger Fieber oder schlecht heilende Wunden, so z. B. eine lange nicht abheilende Halsentzündung. Schuld daran ist eine Verminderung der Granulozyten sowie der Monozyten. Vermehrung der kranken weißen Blutkörperchen: Möglicherweise hat Ihr Arzt eine vergrößerte Leber, Milz oder vergrößerte Lymphknoten festgestellt. Die Vergrößerung der Organe ist Ausdruck dafür, daß nicht funktionsfähige Lymphozyten aus dem 6 Diagnose der Chronischen Lymphatischen Leukämie Knochenmark in diese ausgewandert sind. Da krankhafte Lymphozyten grundsätzlich in alle Organe „auswandern“ können, werden auch Knochen- oder Gelenkschmerzen verständlich. Abschließend sei betont, daß nicht alle Patienten mit einer CLL diese Symptome aufweisen müssen und daß verschiedene Kombinationen einzelner der hier erwähnten Symptome möglich sind. Diagnose der Chronischen Lymphatischen Leukämie Die Blutbildkontrolle kann Hinweise auf ein mögliches Vorliegen einer CLL ergeben. Auffällig ist eine starke Vermehrung der weißen Blutkörperchen, wobei der Anteil der Lymphozyten dabei sehr hoch ist. Eine Sicherung der Diagnose ist nur mittels einer Knochenmarkspunktion möglich. Die Knochenmarkspunktion erfolgt in Bauch- oder Seitenlage (s. Abb. 4). Unter örtlicher Betäubung wird aus dem Beckenknochen Knochenmark entnommen, das anschließend mikroskopisch untersucht wird. Die Punka) b) Abb. 4a und b: Darstellung einer Knochenmarkspunktion. Therapie der Chronischen Lymphatischen Leukämie 7 tion wird von den meisten Ihrer Mitpatienten als nicht sehr schmerzhaft beurteilt. Bei Vorliegen einer CLL weist die Knochenmarkprobe viele gleich aussehende Zellen auf: funktionsgestörte Lymphozyten. Eine (schmerzlose) Ultraschall-Untersuchung des Bauches sichert die Diagnose zusätzlich ab. Bei dieser Untersuchung werden die inneren Organe wie Leber, Darm, Nieren und Milz dargestellt. Vergrößerungen eines dieser Organe bzw. Lymphknotenschwellungen im Bauchraum können mit dieser Untersuchung sichtbar gemacht werden. Die Untersuchung erfolgt ebenfalls im Liegen. In den meisten Fällen wird mit einer Computer-Tomographie („CT“) die Diagnose abgeschlossen. Bei dieser Untersuchung werden zweidimensionale Schichtdarstellungen der inneren Körperorgane erzeugt. Um die Aufnahmen besser auswerten und beurteilen zu können, kann es notwendig sein, das Gefäßsystem mittels Kontrastmittel gesondert darzustellen. Dazu wird vor oder während der Computer-Tomographie Kontrastmittel über eine Kanüle in die Vene geleitet. Während der Computer-Tomographie liegt der Patient – möglichst ruhig – auf einem Untersuchungstisch. Die ebenfalls schmerzlose Untersuchung dauert ca. 15 Minuten. Therapie der Chronischen Lymphatischen Leukämie Beim ersten Auftreten der Erkrankung haben etwa 10–15% der Patienten keine Beschwerden. Bei etwa 60% der Betroffenen schreitet die Erkrankung mäßig rasch fort. Mit der Behandlung wird begonnen, sobald Symptome auftreten. Weitere 25% der Erkrankten zeigen einen rasch fortschreitenden Verlauf. Diese Patienten benötigen sofort nach Diagnosestellung 8 Therapie der Chronischen Lymphatischen Leukämie eine Therapie. Zeichen eines raschen Fortschreitens der Erkrankung sind: eine schnelle Vermehrung der weißen Blutkörperchen eine Lymphozyten-Verdoppelungszeit von weniger als 12 Monaten ● vergrößerte Lymphknoten ● eine vergrößerte Milz ● ein Abfallen der Thrombozyten- und Erythrozytenzahlen. ● ● Die Entscheidung über einen Therapiebeginn muß individuell getroffen werden. Bei einem Großteil der Patienten mit CLL ist ein sofortiger Therapiebeginn unmittelbar nach Diagnosestellung nicht nötig. Selbst ohne Behandlung schreitet die Erkrankung innerhalb eines Zeitraumes von 10-15 Jahren nicht fort. Wenn Sie also anfangs nicht behandelt werden, bedeutet dies nicht, daß eine Therapie nicht aussichtsreich wäre. In jedem Fall sollten Sie aber Ihre Blutwerte regelmäßig durch den Hausarzt kontrollieren lassen (einen Patientenpaß zur regelmäßigen Dokumentation Ihrer Blutwerte finden Sie am Ende der Patientenbroschüre). Mit der Therapie wird begonnen, sobald sich Ihre Werte verschlechtern oder Sie durch Beschwerden beeinträchtigt werden. Die CLL wird mittels Chemotherapie behandelt. Die Chemotherapie zielt ab auf eine Wachstumshemmung von Tumorzellen. Ziel der Behandlung der CLL ist es, die Zahl der Lymphozyten im Knochenmark zu senken, so daß sich nachfolgend eine normale Blutbildung einstellen kann. Damit verbunden ist ein Rückgang der Einwanderung von Lymphozyten in andere Organe wie die Leber und die Milz. Dazu ist die Gabe von Medikamenten (Zellgifte, sogenannte Zytostatika) erforderlich, die eine Wachstumshemmung von Tumorzellen im Organismus bewirken. Diese Medikamente verhindern die Teilung der bösartigen Zellen. Es läßt sich leider nicht vermeiden, daß teilweise auch gesunde, sich rasch teilende Gewebe in Mitleidenschaft gezogen werden, wie z. B. die Nebenwirkungen der Chemotherapie 9 Zellen des Knochenmarks, die Mund- und Darmschleimhaut und die Haare. Auf derartige Nebenwirkungen einer Chemotherapie wird später gesondert eingegangen. Sicherlich werden Sie sich fragen, ob es Alternativen zur Behandlung der CLL mit Zytostatika gibt. Wichtig zur Beantwortung dieser Frage ist die Tatsache, daß es sich bei der CLL um eine „systemische“, also den ganzen Körper betreffende Erkrankung handelt. Aus diesem Grund können „lokale“ Maßnahmen, wie z.B. chirurgische Eingriffe oder Strahlentherapie allenfalls ergänzend zur Chemotherapie eingesetzt werden. In Ausnahmefällen kann so eine zu große Milz operativ entfernt werden. Eine Strahlentherapie ist gelegentlich sinnvoll bei großen, störenden oder zu Komplikationen führenden Lymphknoten oder ebenfalls bei einer zu großen Milz. Einen hohen Stellenwert in der Therapie der CLL nehmen begleitende (sog. supportive) Maßnahmen ein. Darunter versteht man Maßnahmen, die nicht direkt die Erkrankung bekämpfen, aber Komplikationen vorbeugen und somit zu einer Verbesserung Ihrer Lebensqualität erheblich beitragen. Beispiele sind Blutzell-Ersatz oder die Gabe von Antibiotika (Medikamente zur Abtötung von Bakterien) zur Vorbeugung und Bekämpfung von Infektionen. Nebenwirkungen der Chemotherapie Wie erwähnt ergeben sich Nebenwirkungen der Chemotherapie daraus, daß die eingesetzten Medikamente nicht nur Tumorzellen, sondern auch gesunde Zellen angreifen. Besonders schwerwiegende Auswirkungen hat die Schädigung der Zellen des Knochenmarks. Während der Behandlungszeit besteht daher erhöhte Infektionsgefahr aufgrund eines Mangels an weißen Blutkörperchen (s. Seite 12+14). 10 Nebenwirkungen der Chemotherapie Die am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen der Chemotherapie sind Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen. Die Ursache hierfür liegt in einer Wirkung der Chemotherapeutika auf das „Brechzentrum“ im Gehirn. Psychische Faktoren, wie beispielsweise Angst, können erheblich zu dieser Symptomatik beitragen. In den letzten Jahren sind sehr wirkungsvolle Medikamente gegen Übelkeit, sogenannte Antiemetika, entwickelt worden, die als Tropfen, Tabletten, Spritzen oder Infusionen zur Verfügung stehen. Antiemetika werden schon vor Beginn der Chemotherapie gegeben, um Übelkeit erst gar nicht aufkommen zu lassen. Durch die Chemotherapie kann es zu einer Entzündung der Schleimhäute des Mundes und des Verdauungstraktes kommen. Das Schlucken ist oft schmerzhaft, was die Nahrungsaufnahme erschwert. Solchen Entzündungen kann durch regelmäßige Mundspülungen vorgebeugt werden. Entstehen sie trotzdem, kann durch Mundspülungen und Medikamente Linderung herbeigeführt werden. Ebenso müssen Sie mit Haarausfall als weiterer unerwünschter Nebenwirkung rechnen. Die Haare wachsen im Anschluß an die Behandlung in jedem Fall nach. Eine für Sie angefertigte Perücke, ein Kopftuch oder eine Kappe kann die Zeit bis zum Nachwachsen der Haare überbrücken. Es kommt jedoch bei der Behandlung der CLL mit Zytostatika nicht regelmäßig zu einem so starken Haarausfall. Ihr Arzt wird Ihnen sagen, was Sie erwarten müssen. Bitte seien Sie durch diese Auflistung von Nebenwirkungen nicht allzu beunruhigt. Die beschriebenen Symptome können, müssen aber nicht auftreten. Zudem sind sie auf die Zeit der Chemotherapie und einige Tage im Anschluß daran begrenzt. Danach verschwinden sie wieder. Ihr Arzt wird sich bemühen, diese Phase für Sie so erträglich wie möglich zu gestalten. Heilungsaussichten durch Chemotherapie 11 Heilungsaussichten durch Chemotherapie Die CLL ist durch die Chemotherapie noch nicht heilbar, da die bösartigen Zellen zwar zurückgedrängt, aber nicht vollständig beseitigt werden können. Jedoch kann durch die oben genannten therapeutischen Maßnahmen bei 80 % der Patienten eine Besserung der Symptome und ein Überleben für Jahre erreicht werden. In jedem Fall wird durch die Behandlung das Leben vieler Patienten verlängert. Eine Heilungschance besteht derzeit für junge Patienten mit CLL (Lebensalter unter 50 Jahren), bei denen eine Knochenmarktransplantation durchgeführt werden kann. Gibt es neue Behandlungsmöglichkeiten? Mit der neuen Medikamentengruppe der sogenannten Purinanaloga konnten in der jüngsten Vergangenheit Fortschritte in der Behandlung der CLL erzielt werden. Die bislang bei der CLL am besten untersuchte Substanz heißt Fludarabin. Fludarabin wirkt besonders gut bei der CLL, da es den Zelltod von Lymphozyten herbeiführen kann. Wissenschaftliche Untersuchungen haben nachgewiesen, daß die Ansprechraten auf die Behandlung mit Fludarabin höher sind als unter Therapie mit den bisher verwendeten Medikamenten. Vielleicht kann auch ein verbessertes Überleben erreicht werden. Die wesentliche Nebenwirkung von Fludarabin besteht in einer langanhaltenden Unterdrückung der Lymphozytenproduktion. Während dieser Phase ist die Anzahl der Lymphozyten stark erniedrigt, so daß ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Die üblichen Nebenwirkungen der meisten Zytostatika wie Übelkeit, Durchfall und Haarausfall sind unter Fludarabin seltener und nicht sehr ausgeprägt. 12 Risikofaktoren der Chronischen Lymphatischen Leukämie Risikofaktoren der Chronischen Lymphatischen Leukämie Kinder von Patienten mit CLL haben im Vergleich zur Normalbevölkerung ein dreifach erhöhtes Risiko, an einer CLL zu erkranken, d.h., das Risiko für eines Ihrer Kinder, an CLL zu erkranken, steigt von 5/100.000 Einwohner auf 15/100.000 Einwohner und Jahr an. Damit ist die tatsächliche Gefahr, daß eines Ihrer Kinder erkrankt, immer noch sehr gering. Das gehäufte Auftreten in Verbindung mit einer Trisomie 12 (Trisomie bedeutet das Vorhandensein überzähliger Chromosomen, hier des menschlichen Chromosoms 12) weist ebenfalls auf eine genetische Ursache hin. Jedoch ist die Bedeutung dieser Beobachtungen unklar, da noch kein eindeutiger Vererbungsweg nachgewiesen werden konnte. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die für die Prognose der Erkrankung bedeutsam sind: So deuten ein schnelles Wachstum der bösartigen Zellen, eine fortschreitende Lymphknotenvergrößerung, eine symptomatische Milz- oder Lebervergrößerung sowie hohe Leukozytenzahlen bei Diagnosestellung auf einen eher ungünstigen Krankheitsverlauf hin. Infektionen Die beiden häufigsten und folgenschwersten Folgeerscheinungen der CLL sind Infektionen und Blutungen. Wie erwähnt, sind letztere Folge des Thrombozytenmangels und können sich als Hautblutungen, Schleimhautblutungen oder als Nasenbluten äußern. Ist der Blutverlust stark, so müssen neben dem Versuch, die Blutung durch lokale Maßnahmen zu stoppen, Thrombozytenkonzentrate gegeben werden. Infektionen spielen für den Verlauf der CLL eine wichtige Rolle. Ein großer Teil der Komplikationen bei Patienten mit weit fortgeschrit- Infektionen 13 tener CLL ist nicht durch die Erkrankung selbst, sondern durch das Auftreten schwerer Infektionen bedingt. Daher ist es sehr wichtig, Sie gut über dieses Risiko zu informieren. Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie ein möglichst umfassendes Verständnis dieser Zusammenhänge erwerben würden, damit Sie selbst zur Vermeidung von Infektionen beitragen können. Wir werden Ihnen in diesem Kapitel die dazu notwendigen Informationen geben. Wie in dieser Broschüre bereits erläutert, liegt bei der CLL eine Entartung der Lymphozyten vor. Die massive Ausdehnung dieser Lymphozyten im Knochenmark führt bei weit fortgeschrittener Erkrankung zu einer Verdrängung von gesunden Zellen. So kommt es zu einem Mangel an Blutplättchen, weißen und roten Blutkörperchen. Das Infektionsrisiko steigt durch die verminderte Anzahl weißer Blutzellen stark an. Zusätzlich kommt es durch Nebenwirkungen der Behandlungsmaßnahmen zu einem – meist vorübergehenden – Anstieg des Risikos einer Infektion. Dies rührt von der Eigenschaft der Chemotherapie her, das Wachstum schnell teilender Zellen zu verhindern. Daher vermindert sie, neben der erwünschten Wirkung auf die kranken Zellen, die Blutbildungsrate im Knochenmark. Die weißen Zellen, insbesondere die Granulozyten, können als Folge der Chemotherapie auf sehr niedrige Werte absinken. Dabei ist ein Absinken dieser Zellen auf Zahlen unter 1000/µl möglich. Es kommen sogar Werte von 100/µl oder sogar 0/µl vor. Infektionen kommen bei Leukozytenwerten unter 1000/µl deutlich häufiger vor und nehmen einen schwereren Verlauf. Bei Leukozytenwerten unter 1000/µl spricht man von Aplasie. Um Infektionen in dieser Phase vorzubeugen, werden häufig bestimmte Antibiotika verabreicht. Dies ist allerdings nicht zwingend notwendig. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob für Sie eine solche Maßnahme in Frage kommt. Weiterhin kann man Patienten 14 Welche Arten von Infektionen treten bei der CLL auf ? mit stark verminderter Abwehr Antikörper durch eine Infusion übertragen. Einerseits kann so durch eine Erhöhung der Antikörperkonzentration die Abwehrlage verbessert werden. Andererseits ist diese Behandlungsmaßnahme sehr teuer und sie birgt, wie jede Übertragung von Blutprodukten, ein gewisses, wenn auch sehr geringes Risiko für die Übertragung von Infektionserregern aus der Blutspende. Obwohl dieses Risiko sehr gering ist, ist eine vollständige Sicherheit nicht erreichbar. Auch diese Behandlungsmaßnahme bedarf daher der Abwägung mit Ihrem Arzt. Bei einem ausgeprägten therapiebedingten Abfall weißer Blutkörperchen kann durch die Gabe von sog. Blutzellwachstumsfaktoren das Wachstum und die Teilung der gesunden Zellen beschleunigt werden. Die Aplasiephase soll damit verkürzt und die Infektionsgefahr gesenkt werden. Welche Arten von Infektionen treten bei der CLL auf ? Das dramatischste Krankheitsbild ist sicherlich die akute Blutvergiftung (Sepsis), bei der eine große Anzahl an Krankheitserregern von einer Infektionsstelle aus in das Blut gelangt. Dies bedeutet, daß im gesamten Organismus in hoher Zahl Krankheitserreger vorhanden sind. Die Abwehrmechanismen des Körpers werden massiv in Anspruch genommen und können überfordert sein. Die Sepsis ist daher eine lebensbedrohliche Erkrankung und bedarf der sofortigen, stationären ärztlichen Behandlung. Es ist notwendig, Ihnen sofort breit wirkende Antibiotika intravenös (d.h. durch Einlegen einer Kanüle in eine Vene) zu verabreichen. Oft sind zusätzliche Behandlungsmaßnahmen (Infusionen von Elektrolytlösungen, kreislaufunterstützende Mittel und anderes) notwendig. Woran können Sie das Auftreten einer Sepsis erkennen? Das erste und wichtigste Zeichen ist natürlich Fieber. Während Fieber Welche Arten von Infektionen treten bei der CLL auf ? 15 auch bei harmloseren Infektionen vorkommt, ist es bei der Sepsis oft sehr hoch, häufig über 39.0°C oder 39.5°C. Oft ist der Blutdruck erniedrigt und der Herzschlag beschleunigt. Weiterhin liegt in der Regel eine deutliche Verschlechterung des Allgemeinzustandes vor, d.h., Sie fühlen sich erschöpft, sehr schwach oder sind sogar bettlägerig. Bemerken Sie derartige Symptome bei sich, ist eine sofortige Kontaktaufnahme mit Ihrem Hausarzt angebracht, der dann entscheidet, ob eine stationäre Aufnahme notwendig ist. Wenn Sie Ihren Hausarzt nicht erreichen, warten Sie nicht, sondern nehmen Sie Kontakt mit dem ärztlichen Notdienst auf. Eine weitere lebensbedrohliche Infektkomplikation ist die Lungenentzündung. Sie macht sich durch hohes Fieber, Luftnot oder Husten bemerkbar. Einige Patienten haben eine deutlich erhöhte Atemfrequenz oder Stiche beim Atmen. Sehr oft tritt Husten mit oder ohne Schleimproduktion auf. In einigen Fällen kommt es auch zu einer Rippenfellentzündung mit starken, atmungsabhängigen Schmerzen an der Brustwand. Weitere Erkrankungen sind Magen-Darm-Infektionen, Hautentzündungen, Entzündungen der Harnwege oder sogenannte „einfache“ Erkältungen. Im Anfangsstadium dieser Erkrankungen besteht in der Regel keine Lebensgefahr. Sie sollten aber nicht verschleppt werden. Für den Fall, daß Sie Fieber bekommen, Schmerzen verspüren oder Veränderungen Ihres Allgemeinbefindens bemerken, sollten Sie ohne Verzögerung Ihren Arzt aufsuchen. Weil bei Ihnen eine Abwehrschwäche vorliegt, können bakterielle Infektionen nicht mehr mit der gleichen Zuverlässigkeit abgewehrt werden. Ist es den Bakterien erst einmal gelungen, die Abwehrkräfte des Körpers zu überwinden, so können sie sich dann oft ungehindert vermehren und den Körper regelrecht überschwemmen. Eine 16 Was können Sie selbst zur Vermeidung von Infektionen beitragen ? Antibiotikatherapie ist daher um so erfolgreicher, je früher sie einsetzt und je geringer die Zahl der Bakterien ist. Merkregeln Tritt eine der folgenden Beschwerden auf, sollten Sie sich umgehend mit Ihrem Arzt in Verbindung setzen: 1. Fieber (d.h. eine erhöhte Körpertemperatur über 38.0°C, im Mund oder rektal gemessen) 2. Schüttelfrost mit oder ohne Fieber 3. Durchfälle, die länger als 24 Stunden andauern oder sehr heftig sind 4. Husten, atmungsabhängige Schmerzen, Atemnot 5. Blutungen (z. B. länger anhaltend aus der Nase oder anderen Körperstellen), Bluterbrechen oder schwarz gefärbter Stuhl 6. Brennen oder Schmerzen beim Wasserlassen, Schmerzen in der Nierengegend 7. Veränderungen an Haut und Schleimhäuten, wie z. B. weißliche Beläge, Schmerzen beim Schlucken oder Halsentzündungen 8. Bewußtseinsstörungen, Verwirrtheit Wichtig ist auch, daß Sie jeden Sie behandelnden Arzt (z. B. auch Ihren Zahn- oder Augenarzt) über Ihre Erkrankung informieren. Was können Sie selbst zur Vermeidung von Infektionen beitragen? Im Rahmen der medizinischen Behandlung können supportive Maßnahmen – wie oben erwähnt Antibiotika, Wachstumsfaktoren und Antikörper – eingesetzt werden, um Infektionen zu verhindern oder abzuschwächen. Auch Sie selbst können viel für die Vermeidung von Infektionen tun. Im folgenden möchten wir Ihnen einige Regeln aufzählen, die für die Mehrzahl der Patienten mit CLL gültig sind. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber, worauf Sie besonders achten müssen. Wir wollen Ihnen nur wenige Regeln an die Hand geben: Wie vermeiden Sie Infektionen aus Nahrungsmitteln ? 17 Schlaf: Wichtig ist ausreichender Schlaf. Die nötige Schlafmenge ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Für die richtige Schlafmenge ist am ehesten das subjektive Gefühl des Ausgeschlafenseins maßgeblich. Das Schlafbedürfnis kann je nach Krankheitszustand ansteigen. Diesem Schlafbedürfnis sollten Sie in der Regel nachgeben. E rn ä h ru n g: Ihr Gesamtbefinden kann durch eine gesunde Ernährung verbessert werden. Es gibt keine spezielle Diät für Ihre Erkrankung und somit auch keine „verbotenen“ Nahrungsmittel. Dies gilt allerdings nicht für die Aplasiephase, in der die Leukozyten auf Werte unter 1000/µl abfallen (siehe weiter unten). Wir empfehlen Ihnen eine ausgewogene Mischung aus frischen, ungekochten Nahrungsbestandteilen (Obst, Rohkost) sowie Gemüse, Eiweiß und Kohlenhydraten. Viele Menschen mit CLL entwickeln eine Abneigung gegen Fleisch. Hier müssen Sie sich sicherlich nicht zwingen; sie können Eiweiß auch aus anderen Quellen (Milchprodukte, Fisch) zu sich nehmen. Körperliche Aktivität: Körperliche Bewegung fördert den Muskelaufbau und kann wirkungsvoll einer weiteren Schwächung vorbeugen. Die Lunge wird dadurch besser belüftet, und Infektionen kann so vorgebeugt werden. Regelmäßige Gymnastik am Morgen oder Spaziergänge sind hierzu ausreichend. Auskühlung sollten Sie vermeiden. Wie vermeiden Sie Infektionen aus Nahrungsmitteln ? Nahrungsmittel enthalten, wenn sie nicht sterilisiert sind, immer Mikroorganismen und gelegentlich auch Krankheitserreger. Die meisten gesunden Menschen werden selbst nach der Aufnahme kleinerer Mengen von Erregern nicht krank. In der Phase der Abwehrschwäche ist die Gefahr aber deutlich größer. 18 Wie vermeiden Sie Infektionen aus Nahrungsmitteln ? Bitte beachten Sie daher die folgenden Regeln: 1. Wegen Salmonellengefahr essen Sie bitte keine rohen oder weichen Eier, keine Spiegeleier und auch keine Gerichte, in denen rohe Eier ohne entsprechende Erhitzung verarbeitet worden sind (z. B. bestimmte Eierspeisen wie Tiramisu). 2. Essen Sie keine Rohmilchprodukte (z. B. Rohmilch oder Rohmilchkäse). 3. Essen Sie möglichst nur frisch zubereitete und ausreichend lange gekochte Speisen (Kochdauer mindestens 10 Minuten bei mindestens 60°C). 4. Bewahren Sie Nahrungsmittel, die gekühlt sein müssen, nicht außerhalb des Kühlschranks auf. Verbrauchen Sie alle geöffneten Nahrungsmittel sofort oder werfen Sie den Rest weg. 5. Beim Genuß von Eiscreme bevorzugen Sie möglichst Tiefkühlware, und auch nur, wenn Sie sicher sind, daß die Kühlkette nicht länger unterbrochen wurde. Eiscreme vom „Eismann“ ist nur dann erlaubt, wenn Ihre Abwehrschwäche noch nicht zu weit fortgeschritten ist. Meiden Sie bitte auf jeden Fall Softeis, da hier oft sehr große Mengen von Krankheitserregern gemessen wurden. Bei Aplasie – d. h. Granulozytenzahlen unter 1000/µl – sollten Sie zusätzlich noch folgende Regeln beachten, bis die Zellzahlen wieder angestiegen sind: 1. Vermeiden Sie Gewürze (Pfeffer, Curry o. ä.), Nüsse oder Nußprodukte (z. B. Erdnußbutter). In diesen Nahrungsmitteln sind oft erhöhte Mengen von Schimmelpilzen enthalten. 2. Essen Sie nicht in Restaurants, und bestellen Sie keine Mahlzeiten von Lieferungsdiensten. Auch hier können erhöhte Keimzahlen nicht ausgeschlossen werden. 3. Essen Sie Obst und Gemüse nur, wenn es ausreichend lange gekocht oder wenn es geschält wurde. Obst, das nicht geschält werden kann, darf nicht gegessen werden. 4. Vermeiden Sie Salate mit Mayonnaisen oder ähnlichen Saucen. Seelische Auswirkungen 19 Weiterhin besteht die Gefahr, aus der Atemluft Schimmelpilzerreger aufzunehmen. Das Risiko einer Infektion durch Schimmelpilze ist jedoch für Patienten mit mehr als 1.000 Leukozyten/µl gering. Bei Werten darunter steigt es aber deutlich an. Daher sollten Sie folgende Regeln beachten: Für alle Patienten gilt, daß die Benutzung der Biotonne (d.h. die Abfallentsorgung von organischen Materialien in einer Mülltonne zu einer entsprechenden Verwertung) unbedingt vermieden werden muß. Dort sind in der Regel extrem hohe Konzentrationen von Schimmelpilzsporen enthalten, die ein hohes Infektionsrisiko mit sich bringen. Weiterhin sollten alle Patienten schimmelpilzbefallene Stellen in ihrer Wohnung sanieren lassen. Im Schlafzimmer sollten keine Zimmerpflanzen stehen. Diese sind in der restlichen Wohnung jedoch „erlaubt“. Soweit die Blumenerde schimmelpilzbefallen ist, empfehlen wir, statt dessen Hydrokulturen zu ver wenden, da diese wesentlich seltener verschimmeln. Einen Erdaustausch sollten Sie als Patient nicht selbst vornehmen. Für Patienten mit schwerer Neutropenie gelten noch folgende zusätzliche Regeln: 1. Bitte vermeiden Sie jeden Umgang mit schimmelpilzhaltigen Materialien (z.B. auch mit verschimmelten Lebensmitteln etc.). 2. Garten- oder Holzarbeiten sollten Sie nicht durchführen. 3. Im Bereich von Bauarbeiten sollten Sie sich nach Möglichkeit nicht aufhalten. Bitte besprechen Sie diese Regeln und alle Fragen, die Sie dazu haben, mit Ihrem behandelnden Arzt. Seelische Auswirkungen Es ist nie leicht, auch nicht für Sie und Ihre Angehörigen, eine lebensbedrohliche und meist nicht heilbare Erkrankung zu akzeptieren. 20 Seelische Auswirkungen Mit der Diagnose CLL ändert sich das Leben oft über Nacht. Häufige Arztbesuche werden notwendig. Nicht selten muß der bisherige Arbeitsplatz aufgegeben werden, was möglicherweise auch finanzielle Probleme nach sich zieht. Das bisherige soziale Gefüge in Ihrer Familie gerät aus der Balance. Doch damit sind nur die äußerlichen Veränderungen skizziert. Die Erkrankung löst vor allem existentielle Gedanken, Gefühle und Ängste aus, und Sie als Patient müssen lernen, damit umzugehen. Es stellt sich eine bis dahin nicht gekannte Ungewißheit über Ihre Zukunft ein. Insbesondere bei der CLL steht dabei häufig dem subjektiven Wohlbefinden – die meisten Patienten werden im „asymptomatischen“ Stadium, d.h. ohne Symptome zu haben, diagnostiziert – eine lebensbedrohliche Diagnose gegenüber. Oft besteht das Bedürfnis, eine Ursache für die Erkrankung zu finden. Vielleicht stoßen Sie bei der Suche danach auf ein zurückliegendes Lebensereignis, das schwierig oder belastend für Sie gewesen ist. Vielleicht suchen Sie eine Schuld für die Erkrankung bei sich. Wichtig ist es, über derartige Erfahrungen und Gefühle zu sprechen. Gesprächspartner sind Ihre Angehörigen, die behandelnden Ärzte, das Pflegeteam, Ihre Mitpatienten und der Seelsorger. Für Ihre Angehörigen wird es eher erleichternd sein, wenn Sie Ihre Sorgen und Probleme offen mitteilen. Eine große Hilfe stellen auch sog. Selbsthilfegruppen dar. Der Austausch mit anderen Erkrankten kann Ihnen Rückhalt geben und die Gewißheit vermitteln, nicht allein zu sein. Adressen von Selbsthilfegruppen finden Sie im Anhang. Wir hoffen, daß Ihnen die Anpassung an die grundlegend veränderte Lebenssituation anhand dieser Erläuterungen etwas erleichtert wird. 22 Ausblick Ausblick Obwohl die CLL eine ernsthafte Erkrankung ist, können manche Patienten jahrelang ohne Therapie und ohne große Einschränkungen leben. Dank der Fortschritte im Wissen um die CLL und ihre Behandlungsmöglichkeiten kann das Leben vieler Patienten verlängert werden. Wissenschaftler arbeiten an der genauen Erforschung der Krankheitsentstehung. Eine Reihe von Faktoren, die ein Fortschreiten der Erkrankung signalisieren und somit bedeutsam für die Prognose sind, wurden bereits identifiziert. Dies hat zu einer Verbesserung der Behandlung geführt. Durch Ihre Teilnahme an wissenschaftlichen Studien könnten auch Sie dazu beitragen, daß Fortschritte in der Therapie und Diagnostik erzielt werden. Neue Medikamente und Therapieansätze werden laufend mit dem Ziel untersucht, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Dazu gehören unter anderem die Weiter- und Neuentwicklung zytostatisch wirksamer Medikamente und die Verbesserung der supportiven Maßnahmen wie Infektbekämpfung und Vorbeugung bzw. Prävention, die Übertragung von Blutzellprodukten und die Behandlung mit Blutzell-Wachstumsfaktoren. Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg dieser Maßnahmen ist jedoch eine aktive Mitarbeit von Ihnen als Patient. Ausblick 23 24 Glossar Glossar Anämie Blutarmut; Verminderung der roten Blutkörperchen, des Hämoglobins oder des gesamten Blutvolumens Antibiotika Medikamente zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten Antiemetika Medikamente gegen Übelkeit Antigen Substanz, die vom Körper als fremd erkannt wird Antikörper gegen ein Antigen gerichtetes Bluteiweiß Aplasie Leukozytenzahlen unter 1000/µl asymptomatisch Krankheit ohne Symptome oder Beschwerden Benzol einfachster aromatischer Kohlenwasserstoff, Inhalationsund Kontaktgift Blasten unreife Zellen im Blut bzw. Knochenmark Blutplättchen eine der Hauptkomponenten des Blutes, welche Klumpen produziert, um Verletzungen zu schließen und um starken Blutungen vorzubeugen Blutzell-Wachstumsfaktoren Medikamente, die den Anstieg der Blutzellen nach einer Chemotherapie beschleunigen können Chemotherapie Behandlung mit Medikamenten, die eine Wachstumshemmung von Tumorzellen im Körper bewirken rote Blutkörperchen, die für den Sauerstofftransport zuständig sind Erythrozyten Erythrozytenkonzentrate Blut mit konzentrierten roten Blutkörperchen, das von einem Blutspender stammt und an die Blutgruppeneigenschaften des Patienten angepaßt ist Fludarabin Chemotherapeutikum, das direkt die entarteten Lymphozyten angreift und diese abtötet Granulozyten eine Sorte von weißen Blutzellen. Sie zerstören eindringende Bakterien, welche Krankheiten verursachen können Hämoglobin roter Blutfarbstoff Immunsystem körpereigenes Regulationssystem für Körperabwehrfunktionen Infektion die Invasion und Vervielfältigung von krankheitsproduzierenden Organismen im Körper Infiltration krankhaft vermehrtes, meist örtlich begrenztes Eindringen krankhafter oder fremdartiger Zellen in Organe und Gewebe intravenös das Verabreichen eines Medikamentes oder einer flüssigen Substanz direkt in die Vene Glossar Knochenmark Knochenmarktransplantation Leukämie Leukozyten lymphatisches System Lymphknoten Lymphozyten maligne Monozyten Neutropenie Prognose Prophylaxe Remission Rückfall Sepsis Strahlentherapie Symptome Thrombozyten Toxizität Zytostatika Zytokine 25 Gewebe, das das Innere des Knochens ausfüllt. Ort der Blutbildung eine Prozedur, bei der das Knochenmark des Patienten mit einer hohen Dosis von Chemo- oder Strahlentherapie zerstört und mit neuem Knochenmark eines Spenders ersetzt wird die krebsartige Erkrankung eines blutbildenden Gewebes, incl. des Knochenmarks weiße Blutzellen. Sie spielen die Hauptrolle in dem Kampf des Körpers gegen Infektionen und Erkrankungen. Die Zellen sind in 3 Hauptgruppen unterteilt: Granulozyten, Lymphozyten, Monozyten Gewebe, das im ganzen Körper verteilt ist und weiße Blutzellen enthält, welche Infektionen bekämpfen finden sich an vielen Stellen des Körpers und stellen ein Filtersystem für das Gewebewasser in einer Körperregion dar. Die Lymphknoten gehören zum Abwehrsystem Untergruppe der weißen Blutzellen, die bei der Abwehr von Krankheiten und Fremdstoffen mitwirken bösartig, feindselig; charakterisiert ein abnormales Wachsen der Zellen (aus den Promonozyten hervorgehende) größte weiße Blutzellen Mangel an neutrophilen Granulozyten Vorhersage über den weiteren Krankheitsverlauf Vorbeugung das Nachlassen der Symptome einer Krankheit, also die Periode, während der keine Anzeichen der Krankheit präsent sind das Wiederauftreten einer Erkrankung nach einer Periode, in der die Symptome der Krankheit nachgelassen haben oder verschwunden waren durch Mikroorganismen bedingte, den ganzen Körper einbeziehende Infektion; Blutvergiftung Behandlung mit radioaktiven Strahlen, wie von einem Röntgengerät Krankheitszeichen Blutplättchen die Giftigkeit eines Stoffes/einer Substanz Medikamente, die das Zellwachstum hemmen Oberbegriff für zahlreiche körpereigene Substanzen, die von aktivierten T-Zellen und anderen Zellen freigesetzt werden 26 Wichtige Adressen Wichtige Adressen CLL-Selbsthilfegruppen: (Mitgliedsorganisationen im Bundesverband der Deutschen Leukämie-Hilfe (Thomas-Mann-Str. 40; 53020 Bonn) sind mit * gekennzeichnet) Augsburg Leukämiehilfe Augsburg, Annette Wenz, Tel: 08 21 / 55 03 44 Aschaffenburg* Regionalgruppe – Leukämie RHEIN-MAIN e.V. Barbara Urhan-Schuck; Annette Höfling, Tel: 0 60 21 / 21 91 01; Tel: 0 60 26 / 66 95 Berg.-Gladbach MDS-SHG, Christa Peetz, Tel & Fax: 0 22 04 / 5 39 22 Berlin SHG HOFFNUNG, c/o SEKIS, Tel: 030 / 8 51 19 64 Bonn Leukämie-Initiative Bonn e.V., Katja Martini, Tel & Fax: 02 28 / 28 39 31 Bremen Leukämie SHG, c/o Bremer Krebsgesellschaft e.V. Marie Rösler, Tel: 04 21 / 4 91 92 22, Fax: 04 21 / 4 91 94 24 Bremerhaven Leben mit Krebs e. V., Dagmar Linnemann, Tel: 04 71 / 9 82 42 22, Fax: 04 71 / 9 82 42 23 Coburg SHG Leukämie / Hämatologie, Birgit Rauscher, Tel & Fax: 0 95 69 / 14 20 Cottbus* Leukämiehilfe e.V., Jochen Rädisch, Tel & Fax: 03 55 / 3 81 83 08 Dresden* SHG leukämiekranke Erwachsene, Heike Kroh, Tel: 03 51 / 2 52 02 10 (ab 17:00 Uhr) Düsseldorf Leukämie Liga e.V., Patienten helfen Patienten Marion Hartmann; Monika Rost, Tel: 02 11 / 8 11-77 20; Tel: 02 11 / 40 35 05 Fax: 02 11 / 8 11-88 53 Essen SHG Leukämie, Erna Glamann, Tel: 0 49 71 / 9 10 20, Fax: 0 49 71 / 91 02 31 Flensburg SHG Leukämie und Lymphome, Bärbel Schütte, Tel & Fax: 0 46 46 / 10 28 (DI, FR + SA) Freiburg SHG Leukämie, Martine Freeks, Tel: 0 76 42 / 27 50 Goslar SHG Haarzell-Leukämie, c/o AWO KISS Goslar Barbara Eble, Tel: 0 53 21 / 34 19 20, Tel: 0 53 21 / 8 10 03, Fax: 0 53 21 / 4 36 00 Wichtige Adressen 27 Halle SHG Leukämie, Heike Krause, Tel: 03 47 74 / 9 19 21 (ab 18:00 Uhr) Hamburg* Förderverein für KMT in Hamburg e.V.; Hinrich Kahl, Tel: 040 / 6 08 03 14, Fax: 040 / 6 08 42 31 Hildesheim* Leukämie-Hilfe e.V., Gerd Rump, Tel: 0 51 21 / 4 29 81, Fax: 0 51 21 / 4 29 82 Karlsruhe Selbsthilfe Plasmozytom Karlsruhe, Johanna Schick-Stankewitz, Tel: 07 21 / 89 12 45 Köln Leukämiehilfe Köln e.V., Norbert Bendler, Tel: 0 22 33 / 3 42 34 Köln SHG Morbus Hodgkin, Brigitta Meister; Veronika Dick, Tel: 0 24 61 / 5 75 34, Tel: 02 21 / 5 99 19 68; Fax: 0 24 61 / 5 95 91, Fax: 02 21 / 5 99 58 94 Landshut SHG Leukämie, Christa Hummel, Tel & Fax: 0 87 04 / 13 33 Leipzig SHG Leukämie, Petra Christiane Neumann, Tel & Fax: 03 41 / 6 49 47 20 Mannheim* SHG Leukämie-Hilfe RHEIN-NECKAR, Irmgard Lense, Peter Jaschke, Tel & Fax: 06 21 / 8 28 01 03, Tel & Fax: 0 62 03 / 29 95 Marburg* SHG Leukämie-Hilfe Mittelhessen Marburg, Monika Bonath, Tel: 0 64 21 / 8 41 17 Mönchengladbach Selbsthilfe bei Plasmozytom, Elisabeth Mann, Tel: 0 21 61 / 67 11 08 (Di. + Do. 18:00 – 20:00 Uhr) München Leukämie-Hilfe München e.V., Dr. Beate Landen, Tel & Fax: 089 / 70 95 32 99 Münster S.E.L.P. e.V., Annette Hünefeld, Tel: 0 25 06 / 67 68 (Di. – Fr. 9:00 – 13:00 Uhr) Fax: 0 25 06 / 8 55 59 Neubrandenburg* Plasmozytom SHG Regionalgruppe, Jürgen Breuer Tel: 03 95 / 7 07 05 98 (Di. + Mi. 18:00 – 20:00 Uhr) Nürnberg* Leukämie SHG – S.E.L.P. e. V., Heidrun Schmid, Tel & Fax: 09 11 / 41 44 79 Regensburg SHG Leukämie Oberpfalz, c/o Bayerische Krebsgesellschaft e. V. Marie-Luise Arnhofer, Tel: 09 41 / 5 99 97 83 (Mo. – Do. 9:00 – 12:00) Fax: 09 41 / 5 99 97 84 (Mi. 17:00 – 19:00 Uhr; Ingeborg Janker, Tel: 0 94 63 / 437 Rüsselsheim* Leukämiehilfe RHEIN-MAIN e.V., Anita Waldmann, Tel & Fax: 0 61 42 / 3 22 40 (Mo. – Fr. 8:30 – 12:30 Uhr) Tel & Fax: 0 61 42 / 3 21 23 (sonstige Zeit) 28 Wichtige Adressen Seesen Leukämie-Hilfe Niedersachsen e.V., Annette Könnecke, Tel & Fax: 0 53 84 / 17 07 Straubing SHG Leukämie und Lymphome der Bayer. Krebsgesellschaft Johann Rainer, Tel: 0 94 27 / 15 14 Tübingen* Leukämie und KMT-SHG, Günter Klemp Tel: 0 71 21 / 23 00 16 (Mo. – Do. 18:30 – 19:30 Uhr) Weingarten* Freundeskreis Leukämiekranker e.V., Elke Jordan; Tel: 0 72 44 / 7 02 40, Fax: 0 72 44 / 70 24 55 Wiesbaden* Regionalgruppe – Leukämiehilfe RHEIN-MAIN e.V. Dr. Regina Rettenbach; Gabriele Schwärzel, Tel: 06 11 / 30 35 81; Tel: 06 11 / 50 15 14 Wiesbaden* Plasmozytom SHG RHEIN-MAIN, Bernd Natusch, Tel & Fax: 06 11 / 71 99 38 (Di. + Mi. 18:00 – 20:00 Uhr) Wolfsburg Wolfsburg hilft, Petra Neumann, Tel: 0 53 62 / 33 31, Fax: 0 53 62 / 33 32 Würzburg SHG Leukämie und maligne Systemerkrankungen c/o Bayerische Krebsgesellschaft e. V., Evelyn Flohr-Schmitt, Tel: 09 31 / 28 06 50, Fax: 09 31 / 28 06 70