Baumwollnachfrage – Einschätzung des
Transcrição
Baumwollnachfrage – Einschätzung des
COTTON COUNCIL INTERNATIONAL Immermannstr. 13 40210 Düsseldorf Deutschland Tel.: +49 (0) 211 17 95 636 Fax: +49 (0) 211 17 95 766 E-Mail: [email protected] Websites: www.cottonusa.org und www.cottonusa.de Allen A. Terhaar – Executive Director von Cotton Council International (CCI), Washington D.C. Baumwollnachfrage – Einschätzung des Konsumverhaltens Einführung Wie bereits in der Vergangenheit wird die Rentabilität der Baumwollindustrie auch künftig stark vom Bedarf an Baumwollprodukten und der Nachfrage der Verbraucher nach solchen Produkten im Einzelhandel abhängen. Ohne entsprechende Nachfrage seitens der Endverbraucher kommt es zu Produktionsüberschüssen und dadurch unweigerlich auch zu einem Preisrückgang. Diese Entwicklung wurde insbesondere im Lichte der Finanzkrise 2008/09 deutlich, als die sinkende Nachfrage trotz einer geringeren Baumwollernte zu einem Preisrückgang und Überschüssen bei den Lagerbeständen führte. Ohne starke Nachfrageseite geht die Gleichung nicht auf: Baumwolle kann in Bezug auf die Flächenbewirtschaftung nicht mit anderen Gütern wie Lebensmitteln und Biobrennstoffen konkurrieren, und die Preise können kein Niveau erreichen, mit dem die Produzenten eine angemessene Marktrendite erzielen können. Ohne Verbraucher, die Baumwollprodukte bevorzugen und kaufen, verlieren Hersteller und Markenunternehmen das Interesse, und Baumwollprodukte werden durch alternative Produkte ersetzt. Folgt die Verbraucherpräferenz einem natürlichen Zyklus? Im Zusammenhang mit der Verbrauchernachfrage nach Naturfasern scheint sich ein Standardzyklus herauszukristallisieren, der sich mit wachsender Urbanisierung und einem steigenden Einkommen verändert. In landwirtschaftlich geprägten Gesellschaften oder in Gesellschaften, die ausschließlich für den eigenen Bedarf produzieren, werden Naturfasern, einschließlich Baumwolle, verstärkt verwendet. Diese Produkte werden unter Verwendung lokal verfügbarer Fasern in Eigenproduktion hergestellt. Selbst Nationen wie die ehemalige Sowjetunion, Indien und China nutzten vor Beginn der Modernisierung hauptsächlich Naturfasern. Im Zuge der Industrialisierung und Modernisierung steht den Menschen nicht nur mehr Einkommen für Konsumgüter wie Kleidung und Heimtextilien zur Verfügung, sondern es findet auch eine Verschiebung des Verbraucherinteresses hin zu neuen, als „modern“ empfundenen Fasern wie Nylon, Polyester, Rayon oder Stretchfasern statt., Naturfasern wie Wolle, Baumwolle, Seide oder Leinen hingegen werden von den Verbrauchern in dieser Übergangszeit als „altmodische“ Textilfasern angesehen. Naturfasern sind aufgrund naturgegebener Unregelmäßigkeiten manchmal schwerer zu verarbeiten, dadurch zum Teil teurer, und sie gelten manchmal bei den Verbrauchern als pflegeaufwändiger und weniger langlebig als Synthetikfasern. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Synthetikfasern in Beispielländern scheint während der Modernisierungsphase rasch anzusteigen, während der Verbrauch von Naturfasern stagniert. COTTON COUNCIL INTERNATIONAL Nachfrage chinesicher Endverbraucher nach Textilfasern Quelle: PCI Fibres Red Book 14,0 12,0 10,0 f p o 8,0 K o r p 6,0 G K 4,0 2,0 0,0 Wool Cotton Man-Made Fibers Doch bei weiter voranschreitender Urbanisierung und Modernisierung und mit steigendem Einkommen revidieren die Verbraucher häufig ihre Präferenzen bezüglich Textilfasern wieder und stehen aus vielerlei Gründen einer Rückkehr zur Naturfaser meist offen gegenüber. Baumwolle, als die am weitesten verbreitete Naturfaser, scheint von dieser Entwicklung am meisten zu profitieren. Ausgangspunkt für einen Promotionansatz für Baumwollprodukte sind somit die neuen wohlhabenden Verbraucher dieser Länder. Gerade die Verbraucher aus dem mittleren und gehobenen Einkommenssegment verfügen nicht nur über das nötige Einkommen, um mehr Kleidung und Heimtextilien zu kaufen, sondern bevorzugen in der Regel auch die oft etwas höherpreisigen Naturfaserprodukte. Die wohlhabenderen Verbraucher setzen häufig auch die Modetrends, die dann bei steigendem Einkommen von der restlichen Bevölkerung übernommen werden. Studien zeigen, weltweit bevorzugen Verbraucher Naturfasern COTTON USA führt weltweit umfassende Untersuchungen zu Verbraucherpräferenzen für Fasern und Produkte durch. Die Ergebnisse belegen, dass Verbraucher in jeder Region der Welt, einschließlich der Entwicklungsländer, Naturfasern den Synthetikfasern deutlich vorziehen. Seit 1999 werden im Rahmen der weltweiten Studie „Global Lifestyle Monitor“ Menschen u.a. befragt: „Würden Sie für Bekleidung aus Naturfasern wie Baumwolle mehr zahlen als für Bekleidung aus Synthetikfasern wie Polyester?“ Die Ergebnisse sind über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg außerordentlich konstant. In allen Studien in den vergangenen zehn Jahren haben jeweils mehr als 60 % der Befragten auf diese Frage mit „Ja“ geantwortet. COTTON COUNCIL INTERNATIONAL Chart: „Würden Sie für Naturfasern wie Baumwolle mehr zahlen als für Synthetikfasern wie Polyester“ Diese grundlegende Präferenz für Naturfasern spielt eine wichtige Rolle, da sie die Tendenz der Verbraucher erkennen lässt, bevorzugt Produkte aus Naturfasern, darunter auch Baumwolle, zu kaufen, selbst angesichts der höherer Preise im Vergleich zu Konkurrenzprodukten. Wahrnehmung unterstützt die Realität Unter Betrachtung aller Faktoren hat Baumwolle einige entscheidende Vorteile. Bei der Vermarktung von Baumwolle wird häufig auf deren Aufnahmefähigkeit, Weichheit, Atmungsaktivität, biologische Abbaubarkeit, Farbechtheit usw. hingewiesen – Merkmale, die für die Verbraucher besonders attraktiv sind. Angesichts des gesteigerten Umweltbewusstseins sollte die Baumwollindustrie besser auch die Natürlichkeit von Baumwolle stärker betonen, da diese Eigenschaft für die Verbraucher ebenfalls von hohem Wert ist. Als Naturprodukt hat Baumwolle sowohl in der Praxis als auch in der Wahrnehmung der Verbraucher eine günstige Stellung inne. Trotz negativer Publicity bleibt Baumwolle auch weiterhin Spitzenreiter in Bezug auf die Wahrnehmung der Umweltverträglichkeit von Textilfasern durch die Verbraucher. Laut unserer laufenden Verbraucherumfragen ordnen die Verbraucher weltweit Baumwolle über allen anderen Naturfasern ein und nehmen sie zudem als deutlich umweltverträglicher wahr als alle Synthetikfasern (siehe Abb. 3). Dies ist eine optimale Ausgangsposition, um unsere Botschaft an die Verbraucher bezüglich der Natürlichkeit und Erneuerbarkeit von Produkten aus natürlichen Rohstoffen erneut zu stärken. COTTON COUNCIL INTERNATIONAL Chart: „Wie stufen Sie auf einer Scala von 0 (= „besonders schädlich“) bis 10 (= „besonders verträglich“) die folgenden Fasern bezüglich ihrer Umweltverträglichkeit ein?“ von links nach rechts: Nylon, Rayon, Lycra, Polyester, Wolle, Seide, Baumwolle Using a 0-10 Scale, where 0 means “Extremely Harmful” and 10 means “Extremely Safe”, in your opinion how harmful or safe are these fibers to the environment? GLOBAL 0 10 Extremely Harmful 1 2 3 4 5 Nylon (4.27) 6 8 Polyester (5.19) Lycra (5.17) Rayon (4.85) 7 9 Extremely Safe Cotton (8.58) Silk (7.65) Wool (7.42) Means Source: 2008 Global Lifestyle Monitor Markenunternehmen und Einzelhändler möchten vertrauen Es steht außer Frage, dass wir in einem starken Wettstreit um die Gunst und die Geldbörsen der Verbraucher stehen, wenn es um die Nachhaltigkeit geht. Während die Verbraucher letztendlich den Bedarf an Baumwolle und deren Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Synthetikfasern bestimmen, dürfen wir nicht die Hersteller, Markenunternehmen und Einzelhändler vergessen, die bei der Gestaltung der Botschaften an die Verbraucher eine entscheidende Rolle spielen. Einige dieser Markenunternehmen und Einzelhändler wurden ungenau und in stark verzerrter Weise über konventionelle Baumwolle informiert. Diese ungenauen Informationen müssen durch faktengestützte Informationen ersetzt werden, und die entsprechenden Markenunternehmer und Einzelhändler sollten erfahren, was wir bereits tun, damit die Wahrnehmung der Nachhaltigkeit von Baumwolle nicht nur auf den Baumwollfarmen, sondern in der gesamten Lieferkette verbessert wird. Markenunternehmen und Einzelhändler möchten darauf vertrauen, dass Baumwolle, und insbesondere konventionelle Baumwolle, die nachhaltige Naturfaser sein könnte. Sie wissen, dass ihre Kunden Baumwollprodukte für viele verschiedene Verwendungszwecke bevorzugen: sie möchten sicher sein, dass die Baumwollindustrie alles erdenklich Mögliche unternimmt, um die ökologische und soziale Verträglichkeit ihrer Produkte sicherzustellen. COTTON COUNCIL INTERNATIONAL Die Bruttonachfrage nach Textilfasern stellt keine Beschränkung dar Trotz wirtschaftlich bedingter Schwankungen rechnen wir auch in Zukunft nicht mit einer mangelnden Nachfrage nach Textilfasern. Die weltweite Nachfrage nach Textilfasern wird voraussichtlich bis zum Jahr 2050 um das Drei- bis Vierfache ansteigen. Es stellt sich vielmehr die Frage, welche Rolle Baumwolle und andere Naturfasern angesichts des rasch ansteigenden Bedarfs an Textilfasern im Allgemeinen spielen werden, da die globale Wirtschaft insbesondere in den Entwicklungsländern immer mehr wächst und stärker integriert wird. Abbildung 4: „Weltweite Nachfrage nach Textilfasern“ Von 2000 bis 2050 wird die weltweite Nachfrage nach Textilfasern um das 3 bis 4,5 fache steigern (in Mrd Pfund) Total World Demand for Textile Fibers 220 200 Billion Pounds 180 From 2000 to 2050, world textile demand will rise by 3 - 4.5 times. 160 140 120 100 80 60 40 20 0 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Source: Cotton Incorporated Die US Baumwollindustrie führt eine eingehende Analyse der Nachfrage nach Baumwolle im Einzelhandel in China und Indien durch. Diese beiden sich entwickelnden Märkte, die rund 2,5 Milliarden Verbraucher bedienen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach den weltweiten künftigen Bedarf an Textilfasern und Baumwolle bestimmen. Kein anderer Markt wird in den kommenden beiden Jahrzehnten stärkere fundamentale Auswirkungen auf die Angebots- und Nachfragesituation in Bezug auf Baumwolle haben, und dieser Effekt wird auf der Nachfrageseite noch stärker spürbar sein als auf der Produktionsund Angebotsseite. Andererseits gibt es kaum zwei weitere Märkte, auf denen noch weniger über die potenziellen Verbraucher bekannt ist, die nicht der urbanen Elite in einigen wenigen größeren Städten angehören. Wir wissen nur wenig über die aktuelle Marktsituation für Fertigerzeugnisse aus Baumwolle in diesen geografisch weitläufigen Ländern, und wir wissen sogar noch weniger über die Richtung und die Geschwindigkeit, in der die Marktentwicklung stattfindet. Unsere Plänen sehen vor, dass die weiteren Forschungen über einen Zeitraum von mehreren Jahren laufen sollen, damit wir einen besseren Überblick über den Anteil erhalten, den Baumwolle bei dem erwarteten Anstieg der Nachfrage nach Textilfasern sowohl in diesen Ländern als auch weltweit möglicherweise abdecken wird. COTTON COUNCIL INTERNATIONAL Die künftige Entwicklung Nach 13 Jahren relativer Stagnation bis zum Jahr 1998 nahm der Verbrauch von Baumwolle in den darauf folgenden neun Jahren bis zur Finanzkrise 2008/2009 stark zu, wodurch es in diesem Zeitraum zu einem Mehrumsatz von durchschnittlich 4,2 Millionen Ballen pro Jahr kam. Selbst jetzt prognostizieren Experten für das Jahr 2010 in Bezug auf die globale Nachfrage nach Baumwolle einen deutlichen Aufschwung, der in erster Linie auf die Märkte in den Entwicklungsländern zurückzuführen sein dürfte. Die für diesen Aufschwung verantwortlichen Faktoren sind vielfältig. Alle Anzeichen deuten auf die erwartungsgemäße Entwicklung der Nachfrage nach Textilfasern insgesamt hin. Nationen, die Baumwolle und Baumwollprodukte herstellen, erhalten durch eine Stärkung der Nachfrage die Möglichkeit, den Anteil der Baumwolle an diesem wachsenden Markt für Textilfasern stabil zu halten oder sogar noch zu steigern. Anteil von Baumwolle am weltweiten Verbrauch von Textilfasern (Quellen: ICAC und CCI) 60% 50% 40% 30% 1975 1985 1995 2005 2015 Historical Data ICAC Projected Trend Maintain 2005 Share Return to 1995 Share Im Hinblick auf Beschäftigung, Einkommen und Produktkategorien hat keine andere Naturfaser den gleichen Stellenwert bei Produktion, Verarbeitung und Vermarktung wie Baumwolle. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung für Hunderte Millionen Familien und zahlreiche Länder weltweit wird Baumwolle häufig als „weißes Gold“ bezeichnet. Die Finanzkrise und das von der UNO ausgerufene Internationale Jahr der Naturfaser rückten die Bedeutung von Baumwolle und Naturfasern im Allgemeinen für die globale Wirtschaft wieder in den Blickpunkt. Mangelnde Nachfrage nach aus diesen Fasern hergestellten Produkten können in ländlichen und urbanen Gegenden und sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern zu ernsten wirtschaftlichen und sozialen Problemen innerhalb der Lieferkette führen. COTTON COUNCIL INTERNATIONAL Möglicherweise wird diese Erkenntnis in Zukunft zu einer Verlagerung des Schwerpunkts und zum Einsatz von mehr Ressourcen zur Beeinflussung der Kaufentscheidung zugunsten von Baumwollprodukten auf nationaler und internationaler Ebene und damit zugunsten der gesamten Lieferkette für Baumwolle führen.