Baumwollnachfrage – Einschätzung des

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Baumwollnachfrage – Einschätzung des
COTTON COUNCIL INTERNATIONAL
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40210 Düsseldorf
Deutschland
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Websites: www.cottonusa.org und www.cottonusa.de
Allen A. Terhaar – Executive Director von Cotton Council International (CCI), Washington D.C.
Baumwollnachfrage – Einschätzung des Konsumverhaltens
Einführung
Wie bereits in der Vergangenheit wird die Rentabilität der Baumwollindustrie auch künftig stark vom
Bedarf an Baumwollprodukten und der Nachfrage der Verbraucher nach solchen Produkten im
Einzelhandel abhängen. Ohne entsprechende Nachfrage seitens der Endverbraucher kommt es zu
Produktionsüberschüssen und dadurch unweigerlich auch zu einem Preisrückgang. Diese Entwicklung
wurde insbesondere im Lichte der Finanzkrise 2008/09 deutlich, als die sinkende Nachfrage trotz einer
geringeren Baumwollernte zu einem Preisrückgang und Überschüssen bei den Lagerbeständen führte.
Ohne starke Nachfrageseite geht die Gleichung nicht auf: Baumwolle kann in Bezug auf die
Flächenbewirtschaftung nicht mit anderen Gütern wie Lebensmitteln und Biobrennstoffen konkurrieren,
und die Preise können kein Niveau erreichen, mit dem die Produzenten eine angemessene Marktrendite
erzielen können. Ohne Verbraucher, die Baumwollprodukte bevorzugen und kaufen, verlieren Hersteller
und Markenunternehmen das Interesse, und Baumwollprodukte werden durch alternative Produkte ersetzt.
Folgt die Verbraucherpräferenz einem natürlichen Zyklus?
Im Zusammenhang mit der Verbrauchernachfrage nach Naturfasern scheint sich ein Standardzyklus
herauszukristallisieren, der sich mit wachsender Urbanisierung und einem steigenden Einkommen
verändert. In landwirtschaftlich geprägten Gesellschaften oder in Gesellschaften, die ausschließlich für
den eigenen Bedarf produzieren, werden Naturfasern, einschließlich Baumwolle, verstärkt verwendet.
Diese Produkte werden unter Verwendung lokal verfügbarer Fasern in Eigenproduktion hergestellt. Selbst
Nationen wie die ehemalige Sowjetunion, Indien und China nutzten vor Beginn der Modernisierung
hauptsächlich Naturfasern.
Im Zuge der Industrialisierung und Modernisierung steht den Menschen nicht nur mehr Einkommen für
Konsumgüter wie Kleidung und Heimtextilien zur Verfügung, sondern es findet auch eine Verschiebung
des Verbraucherinteresses hin zu neuen, als „modern“ empfundenen Fasern wie Nylon, Polyester, Rayon
oder Stretchfasern statt., Naturfasern wie Wolle, Baumwolle, Seide oder Leinen hingegen werden von den
Verbrauchern in dieser Übergangszeit als „altmodische“ Textilfasern angesehen. Naturfasern sind
aufgrund naturgegebener Unregelmäßigkeiten manchmal schwerer zu verarbeiten, dadurch zum Teil
teurer, und sie gelten manchmal bei den Verbrauchern als pflegeaufwändiger und weniger langlebig als
Synthetikfasern. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Synthetikfasern in Beispielländern scheint während der
Modernisierungsphase rasch anzusteigen, während der Verbrauch von Naturfasern stagniert.
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Nachfrage chinesicher Endverbraucher nach Textilfasern
Quelle: PCI Fibres Red Book
14,0
12,0
10,0
f
p
o 8,0
K
o
r
p 6,0
G
K
4,0
2,0
0,0
Wool
Cotton
Man-Made Fibers
Doch bei weiter voranschreitender Urbanisierung und Modernisierung und mit steigendem Einkommen
revidieren die Verbraucher häufig ihre Präferenzen bezüglich Textilfasern wieder und stehen aus vielerlei
Gründen einer Rückkehr zur Naturfaser meist offen gegenüber. Baumwolle, als die am weitesten
verbreitete Naturfaser, scheint von dieser Entwicklung am meisten zu profitieren.
Ausgangspunkt für einen Promotionansatz für Baumwollprodukte sind somit die neuen wohlhabenden
Verbraucher dieser Länder. Gerade die Verbraucher aus dem mittleren und gehobenen
Einkommenssegment verfügen nicht nur über das nötige Einkommen, um mehr Kleidung und
Heimtextilien zu kaufen, sondern bevorzugen in der Regel auch die oft etwas höherpreisigen
Naturfaserprodukte. Die wohlhabenderen Verbraucher setzen häufig auch die Modetrends, die dann bei
steigendem Einkommen von der restlichen Bevölkerung übernommen werden.
Studien zeigen, weltweit bevorzugen Verbraucher Naturfasern
COTTON USA führt weltweit umfassende Untersuchungen zu Verbraucherpräferenzen für Fasern und
Produkte durch. Die Ergebnisse belegen, dass Verbraucher in jeder Region der Welt, einschließlich der
Entwicklungsländer, Naturfasern den Synthetikfasern deutlich vorziehen. Seit 1999 werden im Rahmen
der weltweiten Studie „Global Lifestyle Monitor“ Menschen u.a. befragt: „Würden Sie für Bekleidung
aus Naturfasern wie Baumwolle mehr zahlen als für Bekleidung aus Synthetikfasern wie
Polyester?“ Die Ergebnisse sind über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg außerordentlich
konstant. In allen Studien in den vergangenen zehn Jahren haben jeweils mehr als 60 % der Befragten auf
diese Frage mit „Ja“ geantwortet.
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Chart:
„Würden Sie für Naturfasern wie Baumwolle mehr zahlen als für Synthetikfasern wie Polyester“
Diese grundlegende Präferenz für Naturfasern spielt eine wichtige Rolle, da sie die Tendenz der
Verbraucher erkennen lässt, bevorzugt Produkte aus Naturfasern, darunter auch Baumwolle, zu kaufen,
selbst angesichts der höherer Preise im Vergleich zu Konkurrenzprodukten.
Wahrnehmung unterstützt die Realität
Unter Betrachtung aller Faktoren hat Baumwolle einige entscheidende Vorteile. Bei der Vermarktung von
Baumwolle wird häufig auf deren Aufnahmefähigkeit, Weichheit, Atmungsaktivität, biologische
Abbaubarkeit, Farbechtheit usw. hingewiesen – Merkmale, die für die Verbraucher besonders attraktiv
sind. Angesichts des gesteigerten Umweltbewusstseins sollte die Baumwollindustrie besser auch die
Natürlichkeit von Baumwolle stärker betonen, da diese Eigenschaft für die Verbraucher ebenfalls von
hohem Wert ist.
Als Naturprodukt hat Baumwolle sowohl in der Praxis als auch in der Wahrnehmung der Verbraucher
eine günstige Stellung inne. Trotz negativer Publicity bleibt Baumwolle auch weiterhin Spitzenreiter in
Bezug auf die Wahrnehmung der Umweltverträglichkeit von Textilfasern durch die Verbraucher. Laut
unserer laufenden Verbraucherumfragen ordnen die Verbraucher weltweit Baumwolle über allen anderen
Naturfasern ein und nehmen sie zudem als deutlich umweltverträglicher wahr als alle Synthetikfasern
(siehe Abb. 3). Dies ist eine optimale Ausgangsposition, um unsere Botschaft an die Verbraucher
bezüglich der Natürlichkeit und Erneuerbarkeit von Produkten aus natürlichen Rohstoffen erneut zu
stärken.
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Chart: „Wie stufen Sie auf einer Scala von 0 (= „besonders schädlich“) bis 10 (= „besonders
verträglich“) die folgenden Fasern bezüglich ihrer Umweltverträglichkeit ein?“
von links nach rechts: Nylon, Rayon, Lycra, Polyester, Wolle, Seide, Baumwolle
Using a 0-10 Scale, where 0 means “Extremely
Harmful” and 10 means “Extremely Safe”, in
your opinion how harmful or safe are these
fibers to the environment?
GLOBAL
0
10
Extremely
Harmful 1
2
3
4
5
Nylon
(4.27)
6
8
Polyester
(5.19)
Lycra
(5.17)
Rayon
(4.85)
7
9
Extremely
Safe
Cotton
(8.58)
Silk
(7.65)
Wool
(7.42)
Means
Source: 2008 Global Lifestyle Monitor
Markenunternehmen und Einzelhändler möchten vertrauen
Es steht außer Frage, dass wir in einem starken Wettstreit um die Gunst und die Geldbörsen der
Verbraucher stehen, wenn es um die Nachhaltigkeit geht. Während die Verbraucher letztendlich den
Bedarf an Baumwolle und deren Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Synthetikfasern bestimmen,
dürfen wir nicht die Hersteller, Markenunternehmen und Einzelhändler vergessen, die bei der Gestaltung
der Botschaften an die Verbraucher eine entscheidende Rolle spielen. Einige dieser Markenunternehmen
und Einzelhändler wurden ungenau und in stark verzerrter Weise über konventionelle Baumwolle
informiert. Diese ungenauen Informationen müssen durch faktengestützte Informationen ersetzt werden,
und die entsprechenden Markenunternehmer und Einzelhändler sollten erfahren, was wir bereits tun,
damit die Wahrnehmung der Nachhaltigkeit von Baumwolle nicht nur auf den Baumwollfarmen, sondern
in der gesamten Lieferkette verbessert wird.
Markenunternehmen und Einzelhändler möchten darauf vertrauen, dass Baumwolle, und insbesondere
konventionelle Baumwolle, die nachhaltige Naturfaser sein könnte. Sie wissen, dass ihre Kunden
Baumwollprodukte für viele verschiedene Verwendungszwecke bevorzugen: sie möchten sicher sein,
dass die Baumwollindustrie alles erdenklich Mögliche unternimmt, um die ökologische und soziale
Verträglichkeit ihrer Produkte sicherzustellen.
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Die Bruttonachfrage nach Textilfasern stellt keine Beschränkung dar
Trotz wirtschaftlich bedingter Schwankungen rechnen wir auch in Zukunft nicht mit einer mangelnden
Nachfrage nach Textilfasern. Die weltweite Nachfrage nach Textilfasern wird voraussichtlich bis zum
Jahr 2050 um das Drei- bis Vierfache ansteigen. Es stellt sich vielmehr die Frage, welche Rolle
Baumwolle und andere Naturfasern angesichts des rasch ansteigenden Bedarfs an Textilfasern im
Allgemeinen spielen werden, da die globale Wirtschaft insbesondere in den Entwicklungsländern immer
mehr wächst und stärker integriert wird.
Abbildung 4:
„Weltweite Nachfrage nach Textilfasern“
Von 2000 bis 2050 wird die weltweite Nachfrage nach Textilfasern um das 3 bis 4,5 fache steigern (in
Mrd Pfund)
Total World Demand
for Textile Fibers
220
200
Billion Pounds
180
From 2000 to 2050, world textile demand will rise
by 3 - 4.5 times.
160
140
120
100
80
60
40
20
0
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020
Source: Cotton Incorporated
Die US Baumwollindustrie führt eine eingehende Analyse der Nachfrage nach Baumwolle im
Einzelhandel in China und Indien durch. Diese beiden sich entwickelnden Märkte, die rund 2,5 Milliarden
Verbraucher bedienen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach den weltweiten künftigen Bedarf an
Textilfasern und Baumwolle bestimmen. Kein anderer Markt wird in den kommenden beiden Jahrzehnten
stärkere fundamentale Auswirkungen auf die Angebots- und Nachfragesituation in Bezug auf Baumwolle
haben, und dieser Effekt wird auf der Nachfrageseite noch stärker spürbar sein als auf der Produktionsund Angebotsseite. Andererseits gibt es kaum zwei weitere Märkte, auf denen noch weniger über die
potenziellen Verbraucher bekannt ist, die nicht der urbanen Elite in einigen wenigen größeren Städten
angehören. Wir wissen nur wenig über die aktuelle Marktsituation für Fertigerzeugnisse aus Baumwolle
in diesen geografisch weitläufigen Ländern, und wir wissen sogar noch weniger über die Richtung und die
Geschwindigkeit, in der die Marktentwicklung stattfindet. Unsere Plänen sehen vor, dass die weiteren
Forschungen über einen Zeitraum von mehreren Jahren laufen sollen, damit wir einen besseren Überblick
über den Anteil erhalten, den Baumwolle bei dem erwarteten Anstieg der Nachfrage nach Textilfasern
sowohl in diesen Ländern als auch weltweit möglicherweise abdecken wird.
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Die künftige Entwicklung
Nach 13 Jahren relativer Stagnation bis zum Jahr 1998 nahm der Verbrauch von Baumwolle in den darauf
folgenden neun Jahren bis zur Finanzkrise 2008/2009 stark zu, wodurch es in diesem Zeitraum zu einem
Mehrumsatz von durchschnittlich 4,2 Millionen Ballen pro Jahr kam. Selbst jetzt prognostizieren
Experten für das Jahr 2010 in Bezug auf die globale Nachfrage nach Baumwolle einen deutlichen
Aufschwung, der in erster Linie auf die Märkte in den Entwicklungsländern zurückzuführen sein dürfte.
Die für diesen Aufschwung verantwortlichen Faktoren sind vielfältig.
Alle Anzeichen deuten auf die erwartungsgemäße Entwicklung der Nachfrage nach Textilfasern
insgesamt hin. Nationen, die Baumwolle und Baumwollprodukte herstellen, erhalten durch eine Stärkung
der Nachfrage die Möglichkeit, den Anteil der Baumwolle an diesem wachsenden Markt für Textilfasern
stabil zu halten oder sogar noch zu steigern.
Anteil von Baumwolle am weltweiten Verbrauch von Textilfasern
(Quellen: ICAC und CCI)
60%
50%
40%
30%
1975
1985
1995
2005
2015
Historical Data
ICAC Projected Trend
Maintain 2005 Share
Return to 1995 Share
Im Hinblick auf Beschäftigung, Einkommen und Produktkategorien hat keine andere Naturfaser den
gleichen Stellenwert bei Produktion, Verarbeitung und Vermarktung wie Baumwolle. Aufgrund der
wirtschaftlichen Bedeutung für Hunderte Millionen Familien und zahlreiche Länder weltweit wird
Baumwolle häufig als „weißes Gold“ bezeichnet. Die Finanzkrise und das von der UNO ausgerufene
Internationale Jahr der Naturfaser rückten die Bedeutung von Baumwolle und Naturfasern im
Allgemeinen für die globale Wirtschaft wieder in den Blickpunkt. Mangelnde Nachfrage nach aus diesen
Fasern hergestellten Produkten können in ländlichen und urbanen Gegenden und sowohl in Industrie- als
auch in Entwicklungsländern zu ernsten wirtschaftlichen und sozialen Problemen innerhalb der
Lieferkette führen.
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Möglicherweise wird diese Erkenntnis in Zukunft zu einer Verlagerung des Schwerpunkts und zum
Einsatz von mehr Ressourcen zur Beeinflussung der Kaufentscheidung zugunsten von
Baumwollprodukten auf nationaler und internationaler Ebene und damit zugunsten der gesamten
Lieferkette für Baumwolle führen.

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