Radfuehrer Koeln_final:01 - Shop der Kölnischen Rundschau

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Inhalt
K 01 | Rheinperlen zwischen Mülheim und Leverkusen 10
Auf der Spur von Industrie und Kultur
K 02 | Zum Kloster Knechtsteden und zu
Lichters Oldiethek
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Vorhergezeigte Ordensgründung und
ein Motorrad im Birnbaum
K 03 | Zum Haus der Geschichte
26
Ein Tagesausflug nach Bonn
K 04 | Landpartie nach Brühl
36
Schloss Augustusburg und Max-Ernst-Museum
N 01 | Grüne Oasen im Kölner Norden
48
Eine abwechslungsreiche Tour durch Wald und Flur
N 02 | Zum Wildpark und Waldbad nach Dünnwald
60
Ländliches Idyll, Natur, Wald, Wasser und Tiere
N 03 | Von Zündorf zum Rotter See
68
Unter weitem Himmel grüßt in der Ferne das
Siebengebirge
N 04 | In die Wahner Heide
78
Wo Flughafen und Naturschutz sich vertragen
G 01 | Bio-Bistro und Krancafé
86
Ein leckerer Ausflug ins Bergische Land und
zurück zum Rhein
G 02 | Rheinauf – rheinab
96
Köln von beiden Seiten
G 03 | Zum Mediterana und in die Merheimer Heide
110
Maurische Badekultur und Entspannung im Grünen
G 04 | Zum Schloss Türnich und zum Otto-Maigler-See 120
Bio-Genuss und Badefreuden mit Blick über Köln
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KULTUR TOUR 01
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Rheinperlen zwischen Mülheim und Leverkusen
Rheinperlen zwischen Mülheim und Leverkusen
Auf der Spur von Industrie und Kultur
Denkt man an Mülheim oder Leverkusen, so fallen einem zumeist die
Begriffe „Felten & Guillaume“ oder „Bayer Leverkusen“ ein. Tatsächlich reihen sich Zeugnisse früherer und heutiger Industrieanlagen entlang des Rheins wie Perlen auf einer Schnur aneinander. Aber auch die
Kultur kommt nicht zu kurz. Wir besuchen den Schlosspark in Stammheim mit seinen Skulpturen, den Japanischen Garten auf dem Gelände der Bayer AG und machen einen Rundgang über das Gelände der
Landesgartenschau 2005 in Leverkusen. In Flittard bestaunen wir einen der letzten erhaltenen Vorläufer unserer modernen Telekommunikation, den optischen Telegrafen. Linksrheinisch fahren wir mitten
durch die Ford-Werke und werfen einen Blick auf den Niehler Hafen.
Start und Ziel: Haltestelle Sebastianstraße
ÖPNV: Endhaltestelle Sebastianstraße der KVB-Linie 16, Köln-Niehl
Pkw: Parkplatz gegenüber der Endhaltestelle Sebastianstraße der
KVB-Linie 16, Köln-Niehl
Rundtour: Ca. 27 Kilometer/2 Stunden
Streckenprofil: Leichte Tour im Flachland ohne Steigungen, geeignet
für jedermann, asphaltiert, zum Teil auf eigenen Radwegen,
ansonsten verkehrsarm, für Kinderanhänger geeignet
Einkehr: Wacht am Rhein, Rheinallee 3, 51373 Leverkusen,
Tel. (02 14) 50 69 98 81 (Mo geschl.); Eis-Café Dolomiti,
Merkenicher Hauptstraße 131, 50769 Köln-Merkenich,
Tel. (02 21) 70 39 77
Am Wegesrand: Niehler Hafen; Mülheimer Brücke; Stadtbrunnen
Mülheim; ehemalige Endstation der Pferdebahn; Schlackenbergwerft; Stammheimer Schlosspark; Optischer Telegraf; Japanischer
Garten; Neuland-Park, www.neuland-park.de; Ford-Werke,
www.ford.de
Fahrradservice: Zweirad Jung, Clevischer Ring 74-78, 51063 KölnMülheim, Tel. (02 21) 96 70 70
Berührungspunkt: Mit Touren G 01 und N 02
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KULTUR TOUR 01
Blick über den Niehler Hafen
Wir starten unsere Tour auf dem parallel zur Straßenbahnlinie
verlaufenden Rad- und Fußweg und folgen diesem, bis er in einen kleinen Platz mündet. Dort halten wir uns links und an der
nächsten Gabelung rechts, um unseren Weg auf der Straße In der
Maienkammer fortzusetzen. Wir überqueren die Straße Niehler Damm und nehmen auf der gegenüberliegenden Seite die
Brückenauffahrt zur Rad- und Fußgängerbrücke über den
Niehler Hafen. Dabei folgen wir der NRW-Beschilderung in
Richtung Mülheim/Riehl. Von der Brückenmitte aus haben wir
einen schönen Panoramablick über die Hafenanlagen sowie auf
die gegenüberliegende Rheinseite mit dem Großklärwerk
Stammheim, den Bayer-Werken in Leverkusen und auf die Ford1 Niehler Hafen; 1,5 km
Werke in Niehl.
Mit dem Niehler Hafen entstand einer der modernsten und bedeutendsten Umschlagplätze für die Industrie am Rhein. Er bietet ein
breites Angebot an Umschlageinrichtungen für Güter aller Art.
Krananlagen unterschiedlichster Leistungsspektren, Ro-Ro-Anla-
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gen und Trockenumschlaganlagen für nässeempfindliche Güter,
zwei leistungsfähige Containerterminals und fünf Containerbrücken stehen bereit. Mittlerweile kann auch die neueste Generation
der Container-Binnenschiffe den Hafen Köln-Niehl ansteuern.
Wir folgen dem straßenbegleitenden Rad- und Fußweg längs
des Kuhwegs bis zu seinem Ende. Dort überqueren wir die Fahrbahn und radeln unter der Brückenrampe hindurch in einer
Serpentine auf die Mülheimer Brücke. 2 Mülheimer Brücke; 4,5 km
Mülheim war bis 1927 durch eine Schiffbrücke mit dem linksrheinischen Ufer verbunden. Die Stadt Köln hatte sich im Eingemeindungsvertrag mit der Stadt Mülheim am 1. April 1914 zum Bau einer festen Brücke verpflichtet. Aufgrund des Ersten Weltkriegs und
der Inflationszeit wurden erste Schritte zur Realisierung erst sehr
viel später unternommen. Ein Ausschuss unter dem Vorsitz von
Hans Böckler und eine von ihm eingesetzte Jury hatten für das Bauprojekt den Vorschlag der Firma Krupp, eine monumentale Bogenbrücke, ausgewählt. Der damalige Kölner Oberbürgermeister, Konrad Adenauer, plädierte jedoch für eine schlankere Hängebrücke
mit Tragseilen des Köln-Mülheimer Carlswerks von Felten & Guillaume, dessen Direktor ebenso wie Adenauer zur Zentrumsfraktion
im Stadtrat von Köln gehörte. Da Adenauer für seinen Vorschlag
auf keine ausreichende Unterstützung aus den eigenen Reihen zurückgreifen konnte, überzeugte er die politisch gegnerische KPDFraktion von der Qualität des Hängebrückenmodells. Legendär,
aber nicht belegbar: Er habe den Kommunisten eines ihrer Argumente, in Leningrad gebe es keine einzige Bogenbrücke, eingeredet.
In der Sitzung vom 28. April 1927 gab es eine Ratsmehrheit für eine Hängebrücke.
Am rechtsrheinischen Ende der Brückenabfahrt halten wir uns
rechts und biegen hinter der Bushaltestelle scharf nach rechts in
den Bergischen Ring ein. Nach der nächsten Linkskurve heißt
die Straße nun Bachstraße. Sie führt uns zum Rhein hinunter,
wo wir nach rechts in die Mülheimer Freiheit fahren. An der
scharfen Rechtskurve liegt vor uns der Mülheimer Stadtbrunnen.
3 Stadtbrunnen Mülheim; 6,5 km
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KULTUR TOUR 01
Arkadenbögen der Schlackenbergwerft vom linken Rheinufer
Der Stadtbrunnen Mülheims wurde 1884 anstelle einer ehemaligen städtischen Pumpe errichtet. Er ist Ausdruck bürgerlichen
Selbstbewusstseins zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Die Personifizierung der Stadt Mülheim, die Mülheimia, ziert ein Säulenbündel, bestehend aus drei mittelalterlich gewandeten Knaben.
Diese tragen die Zeichen des wirtschaftlichen Erfolgs in ihren Händen. Für die Industrie stehen Zahnrad und Kabelrolle, Buch und
Paket symbolisieren die Handelszweige und Sense und Korn die
Landwirtschaft.
Hinter dem Brunnen, auf der linken Seite, in dem Gebäude mit
zwei Pferdeköpfen über der Toreinfahrt befand sich früher die
Endstation der Mülheimer Pferdebahn.
1877 wurde zwischen den damals noch selbstständigen Orten
Deutz und Kalk die erste Pferdebahnverbindung eröffnet, 1880
folgte eine weitere Verbindung zwischen Mülheim und Deutz. Zum
1. April 1900 wurde der Betrieb der Kölner Pferdebahnen von der
Stadt Köln übernommen. Seit diesem Zeitpunkt wurde die Umstellung auf die Elektrische zügig vorangetrieben und im Wesentlichen
bis 1903 abgeschlossen.
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Rheinperlen zwischen Mülheim und Leverkusen
Am Stadtbrunnen an der Krahnenstraße folgen wir der grün-weißen Beschilderung mit der Aufschrift Flittard/Stammheim/
Rheinufer. Linker Hand ist der Rhein nun unser Begleiter, und
bald stoßen wir auf die Schlackenbergwerft, heute eine Grünanlage, die mit ihren Ruhebänken zum Verweilen einlädt. Vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts diente dieses Areal allerdings allem anderen als der Erholung.
Ende des 19. Jahrhunderts schmeckte hier die Luft nach dem Ruß
und Staub der Hochöfen. Sie standen Tag und Nacht unter Feuer
und schmolzen aus Erz das für die aufblühende Industrie in Mülheim so wichtige Eisen. Die dabei anfallende Schlacke und glühende Asche wurden zischend in den Rhein gekippt. Über die Jahrzehnte entstand so ein Schlackenberg. Die Hochöfen und das Gelände
gehörten seinerzeit zum Walzwerk Böcking. 1896 ging das Gelände an die Firma Felten & Guillaume, die sich mit der Draht- und
Kabelherstellung weltweit einen guten Ruf erwarb. Der Schlackenberg wurde zur firmeneigenen Rheinwerft ausgebaut. Die vorgelagerte Kranbrücke mit den charakteristischen Rundbogenarkaden
diente als Schiffsanlegestelle. Obenauf verluden zwei Kräne auf
Gleisen die mächtigen Kabeltrommeln in die Schiffe. Die Kräne
sind längst verschwunden, die ehemaligen Gleisanlagen sind heute durch in den Boden eingelassene Stahlschienen symbolisiert.
Am Rhein entlang geht es in Richtung Stammheim. Dort, wo
der Radweg nach rechts in den Ort Stammheim hochführt, wählen wir jedoch die Abfahrt nach links zum nun tiefer liegenden
Radweg. Wir passieren die monumentale Stromkilometer-Anzeige 695 und biegen kurz dahinter nach rechts in die Straße Am
Stammheimer Schlosspark ab. Wir radeln geradeaus weiter und
schwenken nach etwa 150 Metern rechts in den Stammheimer
4 Schlosspark Stammheim; 9,5 km
Schlosspark ein.
Schloss Stammheim wurde bereits im Jahr 1637 erwähnt. Die Parkanlagen wurden zwischen 1829 und 1831 als englischer Garten angelegt. Im Jahre 1944 wurde die gesamte Anlage ein Opfer der Bomben. Der Schlosspark jedoch blieb bis heute erhalten. Dies ist in erster
Linie der Bayer AG in Leverkusen zu verdanken. Sie erwarb 1952
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das Gelände mit der Schlossruine und dem in der Nachkriegszeit arg
verwahrlosten Park und verpflichtete sich, diesen wieder instand zu
setzen und auch weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Die Stadt Köln übernahm 1983 wieder das Gelände. Mittels der im
Park präsentierten Ausstellung „Rheinblicke – Einblicke“ wurde für
Künstler aus der Region eine neue Präsentationsplattform mit
Langzeitcharakter für Objekte, Skulpturen und Installationen geschaffen. Zielsetzung ist es, den 12.700 Quadratmeter großen historischen Park in seiner einzigartigen Lage am Ufer des Rheins mit
zeitgenössischer Kunst zu beleben und so dem rechtsrheinischen
Kölner Raum neue Akzente zu verleihen.
Wir verlassen den Schlosspark über die Allee in Fahrtrichtung
Stammheim und wenden uns nach dem Tor nach links in die
Egonstraße. Sie führt uns zu einem in Europa einmaligen Relikt
der Telekommunikation, dem Optischen Telegrafen.
Der Preußische Optische Telegraf führte von der Sternwarte in der
Dorotheenstraße in Berlin über Paderborn nach Köln und von dort
nach Koblenz zur Feste Ehrenbreitstein. Die Station in Flittard war
eine von 61 Stationen, die zwischen 1833 und 1848 zur Übermittlung von Staatsdepeschen dienten. Die nächsten Stationen befanden sich in Schlebusch und auf dem Westwerk der Kirche St. Pantaleon in Köln. Für die Strecke von Berlin nach Köln dauerte die
Übermittlung einer Nachricht etwa zwei Stunden.
Die optische Telegrafie mithilfe von Fackeln und Spiegeln war
bereits in der griechischen Antike bekannt. Die moderne optische
Telegrafie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und basiert auf
Signalflügeln (sogenannte Semaphore). Mit insgesamt 4096 Flügelstellungen stand der Übermittlung ein komplexes System zur Verfügung. Mit der Einführung der elektrischen Telegrafie Mitte des
19. Jahrhunderts verlor die optische Telegrafie ihre Bedeutung und
wurde schließlich überflüssig.
Mit der Egonstraße fahren wir in den Ort Flittard hinein. An der
Kreuzung mit der Evergerstraße biegen wir nach rechts ab. Nach
Überqueren des Bahnüberganges heißt die Straße nun Roggendorfstraße. Auf ihr bleiben wir, bis wir an der Abzweigung vor
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Rheinperlen zwischen Mülheim und Leverkusen
Skulptur Stammheimer Bürger im Schlosspark
dem Aldi-Markt nach links der grün-weißen Beschilderung
Leverkusen/Carl-Duisberg-Park in die Straße Auf dem Lind
folgen. Zwischen Bayer-Betriebsgebäuden und einer Kleingartenanlage radeln wir bis zum Ende der Straße. Dann nehmen wir
nach links den breiten Rad- und Fußweg, der die Düsseldorfer
Straße (B 8) begleitet, bis zur NRW-Beschilderung mit der Aufschrift Japanischer Garten an der Kaiser-Wilhelm-Allee.
Hier biegen wir links ab und fahren auf dem straßenbegleitenden Radweg entlang der Kaiser-Wilhelm-Allee auf das ehemalige Haupt-Verwaltungsgebäude der Bayer-Werke, den einzigen Wolkenkratzer in Leverkusen, zu und folgen sodann der
Beschilderung durch den Carl-Duisberg-Park bis zum Japanischen Garten. Vor dem Eingang befindet sich rechts eine Fahr5 Japanischer Garten; 13,5 km
radabstellanlage.
Der Japanische Garten in Leverkusen, heute Eigentum der Bayer
AG, entstand 1912 als privater Garten des damaligen Generaldirektors der Farbenfabrik Friedrich Bayer & Co., Geheimrat Carl
Duisberg. Der Japan-Fan Duisberg schuf den Garten mit fachmän-
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Im Japanischen Garten
nischer Unterstützung als eine Anlage mit europäischem Einschlag.
In den 50er-Jahren wurde der Garten der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht. Der Japanische Garten in Leverkusen ist 2006 in die Hitliste der zehn schönsten deutschen Parks gewählt worden.
Wir verlassen den Japanischen Garten auf dem gleichen Weg, auf
dem wir gekommen sind, und wenden uns an der Düsseldorfer
Straße nach links. Bis zur Einmündung der Titanstraße führt
die Route nun über den kombinierten Rad- und Fußweg entlang
der Düsseldorfer Straße. Die Einmündung der Titanstraße
überqueren wir an der Ampel und folgen ihr nach links auf dem
rechten Rad- und Fußweg bis zur Peschstraße. Wir wenden uns
nach links in die Peschstraße und noch einmal nach links in die
Hauptstraße. Endlich haben wir nach kurzer Distanz die Rheinallee und somit das Flussufer erreicht. Wir folgen nun der NRWBeschilderung zunächst in Richtung Merkenich. Kurz vor der
Weggabelung, die links hinunter nach Hitdorf/Monheim führt,
lädt die Wacht am Rhein mit ihrer Außenterrasse zu einer Einkehr ein. Wir nehmen die rechte Abzweigung in Richtung Neuland-Park (siehe S. 88) auf dem Gelände der Landesgartenschau, die 2005 in Leverkusen stattfand (BP mit Tour G 01).
6 Neuland-Park; 19,5 km