Bote der Urschweiz Nov 2009

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Bote der Urschweiz Nov 2009
REGION
BOTE DER URSCHWEIZ | MONTAG, 30. NOVEMBER 2009
«Eine, wo so richtig abgad»: Marc Sway, Gigi Moto (links) und Freda A. Goodlett harmonieren bestens.
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Bilder Silvia Camenzind
Erst Sway holt das Publikum an Bühne
Am Gersauer Herbst sorgten
am Samstag in der Aula Eliana
Burki und die Funky Brotherhood für einen fulminanten Abschluss. Doch erst Marc Sway
lockte das Publikum aus der
Reserve.
Von Silvia Camenzind
Gersau. – Eliana Burki spielt auf
demAlphorn Funk. Sie entlockt dem
Instrument nicht melancholische
Heimatklänge, die Assoziationen
zum 1. August wecken würden, sondern verblüffend schnelle Töne, die
perfekt in den Klang einer elektrischen Gitarre übergehen.
Die junge Alphornistin macht den
traditionellen Hintergrund des Instruments vergessen, machtWeltmusik, Jazz-Funk und Pop.
Dazu singt sie, wird von einer starken Band begleitet und ist eine sexy
Erscheinung. Sie verblüffte die über
300 Menschen im Publikum in der
GersauerAula, und doch blieb dieses
etwas auf Distanz. Die ersten drei,
vier Meter vor der Bühne blieben
leer.
Sway völlig locker drauf
Das blieb auch danach so, als die
Funky Brotherhood auf der Bühne
loslegte und zeigte, dass sie auch ohne die Stars, die danach noch kommen werden, eine Top-Band ist. Sie
bringt Funk, Jazz und Soul so gekonnt, dass das Publikum nicht mehr
ruhig stehen kann.
Freda A. Goodlett, die im letzten
Jahr zusammen mit Marc Sway das
Publikum im Alten Rathaus in Entzücken versetzt hatte, war die erste
Sängerin, die auf die Bühne trat und
auch einen wesentlichen Part alleine
bestritt. Sie forderte das Publikum
auf, nach vorne zu kommen. «Oder
ist die Musik zu laut?» Das war sie
tatsächlich, und dies störte auch Roger Bürgler vom Organisationskomitee. Erst spät kam die wunderbare
Gigi Moto dazu und ganz zuletzt
Marc Sway, völlig locker drauf und
gewillt, denAbstand zwischen Publikum und Bühne nun endgültig zu
verringern. Einige Sprüche über die
Republik, ein Aufruf, nach vorne zu
kommen – dann sang er los, und das
Publikum stand schon am Bühnenrand.
«Yes», sagte Sway nach dem ersten
Song, wohl mehr zu sich selber als
zum Publikum, wohl mehr als Bestätigung, dass er es wieder geschafft
hatte, dass der Funken erneut gesprungen war und er nun sein Publikum nur noch glücklich machen
musste, mit seinem Hit «Severina».
Zusammen mit seinen Mitsängerinnen sorgte er danach für Party bis
zur Zugabe, dem Klassiker derTemptations «Papa Was a Rollin’ Stone»,
der dem Publikum erneut aufzeigte,
welch starke Band hier an den Instrumenten war.
Knaller zum 10-Jahre-Jubiläum
Auch nach dem sechsten GersauerHerbst-Jahr zeigt sich: Das Programm ist gut, das Publikum qualitätsbewusst. Roger Bürgler, der das
Festival zusammen mit Ivan Steiner, Manuela Cucchia und Morena
Landis organisiert, konnte Samstagnacht noch keine genauen Zahlen
vermelden, einzig am Schlussabend
hätte er gerne 50 Personen mehr gehabt. Viel wichtiger ist ihm das
Feedback, dass das Publikum zufrieden ist.
Ihn freut, dass der Gersauer
Herbst inzwischen Sachen präsentieren kann, die vermeintlich niemand kennt. Er erinnerte daran,
dass in den ersten drei Jahren be-
reits Heidi Happy in Gersau aufgetreten war. Sein Traum ist, dass das
Publikum grundsätzlich an den
Gersauer Herbst kommt, und er
zeigte sich selber offen für Neues.
Intern denken die Organisatoren
jetzt schon ans 10-Jahre-Jubiläum:
«Wir diskutieren bereits und wollen
durchwegs Knaller bringen.» (sc)
Jung, hübsch und mit sexy Hüftschwung: Eliana Burki entlockt dem
Alphorn funky Klänge.
Drei swingende «Schwestern» begeisterten
Am Freitagabend traten beim
Gersauer Herbst in der vollbesetzten Aula die 3sisters4swing
auf. Zusammen mit einem passenden Live-Trio waren sie verantwortlich für einen aussergewöhnlichen Höhepunkt in musikalischer und schauspielerischer Hinsicht.
Von Felix Deprez
Gersau. – Die drei swingenden
«Schwestern» Brigitte Amrein, Tanja
Bollmann und Brigitta Jost haben eine
Geschichte aus den Vereinigten Staaten, welche sich tatsächlich so zugetragen haben soll, aufgegriffen und weiterentwickelt. Zusammen mit Markus
Buelmann von der Seebühne Brunnen
haben sie ein Stimmungsbild aus den
40er-Jahren inszeniert und musikalisch-choreografisch gekonnt an den
Vierwaldstättersee transportiert. Kurz
vor Kriegseintritt der USA reiten die
drei Freundinnen Annabelle, Laura
und Susan auf einer Erfolgswelle; zusammen mit ihrem Close-HarmonyTrio begeistern sie die Massen. Mit
der vom authentisch wirkenden Radioreporter eingebauten Meldung
vom Überfall der Japaner auf Pearl
Harbour verändert sich die Sachlage
entscheidend. «Ich bin nicht nur
Bandleader und Musiker, sondern
auch Mann – das Vaterland braucht
mich», meint Allan. Mit seinem Entscheid, sich nach Europa einziehen zu
lassen, beginnt der Niedergang des
Trios: Alkoholprobleme der einen,
Mutterschaft einer zweiten, der Fall
eines Bruders im Krieg der dritten
sind zu viele der Probleme. So treten
sie nur noch zu zweit auf und heimsen dabei nur noch Misserfolge bei ihren Auftritten ein.
So ist ein Comeback zu dritt ein Gebot der Stunde: Nach längerer Überzeugungsarbeit gelingt die Rückkehr
auf die Bühne erfolgreich. Und so be-
schliessen sie, nach der Amerika-Tournee nach Italien zu fahren, «die GIs bei
Laune zu halten» undAllan zu suchen:
«Europa, wir kommen!» Unter grossem Aufwand wird Allan schliesslich in
Viareggio gefunden, schwer verletzt.
Nachdem ihm Susan noch mitteilen
konnte, dass sie eine Tochter haben,
stirbt er. Den letzten Song widmen sie
deshalb ihrem Bandleader.
Optisch und gesanglich überzeugend: Die 3sisters begeisterten auf der Gersauer
Bühne.
Bild Felix Deprez
Überzeugende Powerfrauen
Die «Drei Schwestern» imponieren
während des ganzenAbends mit einer
beachtlichen Präsenz. Stimmlich
überzeugen sie sowohl als Trio wie
auch im Einzelauftritt; klar, gut artikuliert und mitVolumen füllen sie den
grossen Saal mühelos. Doch nicht nur
ihr gewinnender Gesang begeistert
die Besucher; die unterschiedlichen
Kostüme, den veränderten Ereignissen und Ländern entsprechend, mit
den glaubhaft dargebotenen Szenenwechseln zeugen von Geschick und
Professionalität.