Gründe
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LG Amberg, Beschluss v. 14.01.2015 – 32 T 14/15 Titel: Zum konkreten Betreuungsbedarf als Betreuungsvoraussetzung bei begrenzter Vorsorgevollmacht Normenkette: BGB § 1896 Abs. 2 Leitsätze: 1. Bleibt in einer Vorsorgevollmacht für einen altersdementen Betroffenen die Vertretung vor Gericht ausdrücklich ausgenommen, so begründet dies auch ohne konkret anstehende Angelegenheiten eine Betreuungsbedürftigkeit (entgegen BGH NZFam 2015, 732). (redaktioneller Leitsatz) 2. Bleibt in einer Vorsorgevollmacht für einen altersdementen Betroffenen die Eingehung von Verbindlichkeiten ausgeschlossen, so besteht dessen Betreuungsbedürftigkeit auch insoweit, weil auch die Berechtigung zur Aufnahme größerer Schulden lückenlos geregelt sein muss (entgegen NZFam 2015, 732). (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte: Beschwerde, Betreuung, Aufgabenkreis, Vorsorgevollmacht, Betreuungsbedürftigkeit, Betreuungsbedarf Vorinstanz: AG Schwandorf, Beschluss vom 30.10.2014 – 405 XVII 443/14 Rechtsmittelinstanz: BGH Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2015 – XII ZB 29/15 Gründe Landgericht Amberg Az.: 32 T 14/15 405 XVII 443/14 AG Schwandorf In Sachen ... - Betreuter, Betroffener Weitere Beteiligte: 1) ... - Verfahrenspfleger, sonstiger Beteiligter 2) ... - Betreuerin 3) ... - Betreuungsbehörde und Beschwerdeführerin 4) ... - Sachverständige wegen Betreuungsbeschwerde erlässt das Landgericht Amberg - 3. Zivilkammer - durch die Richterin am Landgericht ... am 14.01.2015 folgenden Beschluss 1. Die Beschwerde der Betreuungsbehörde gegen den Beschluss des Amtsgericht Schwandorf vom 30.10.2014, Az. 405 XVII 443/14, wird zurückgewiesen. 2. Von der Erhebung von Kosten wird abgesehen. Gründe: I. Mit Beschluss vom 30.10.2014 ordnete das Amtsgericht Schwandorf für den Betreuten die Betreuung für alle Angelegenheiten inkl. Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post an. Der Beschluss wurde der Betreuungsbehörde, dem Landratsamt ..., am 04.11.2014 zugestellt. Mit Schreiben vom 11.11.2014, eingegangen beim Amtsgericht Schwandorf am 19.11.2014, legte die Betreuungsbehörde hiergegen Beschwerde ein. Das Amtsgericht Schwandorf half der Beschwerde mit Beschluss vom 30.12.2014 dahingehend ab, dass die Betreuung nur noch die Aufgabenkreise „Eingehen von Verbindlichkeiten“ und „Vertretung gegenüber Gerichten sowie Prozesshandlungen aller Art“ umfasst. Im Übrigen half es der Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem Landgericht Amberg zur Entscheidung über die Beschwerde vor. II. Soweit das Amtsgericht Schwandorf der Beschwerde nicht abgeholfen hat, ist sie zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Nichtabhilfebeschlusses vom 30.12.2014 verwiesen, insbesondere auf die dortigen Ausführungen zur Geschäftsunfähigkeit des Betreuten. Soweit die Betreuung durch das Amtsgericht Schwandorf für die Aufgabenkreise „Eingehen von Verbindlichkeiten“ und „Vertretung gegenüber Gerichten sowie Prozesshandlungen aller Art“ aufrecht erhalten wurde, ist dies nicht zu beanstanden. Gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB darf eine Betreuung nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist; nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB ist eine Betreuung nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten ebenso gut besorgt werden können. Vorliegend besteht eine Vorsorgevollmacht. In dieser ist jedoch die Vertretung vor Gericht einschließlich der Vornahme von Prozesshandlungen durch Ankreuzen des Feldes „Nein“ ausdrücklich ausgenommen, der Punkt „Verbindlichkeiten eingehen“ wurde weder mit ja noch mit nein angekreuzt. Hinsichtlich der Vertretung gegenüber Gerichten besteht somit unproblematisch eine Betreuungsbedürftigkeit. Ob derzeit konkret Angelegenheiten anstehen, ist unerheblich. Hinsichtlich der Eingehung von Verbindlichkeiten ist die Vorsorgevollmacht jedenfalls unklar, und es besteht insoweit ein Betreuungsbedarf. Dabei übersieht das Gericht nicht, dass Betreuter und Bevollmächtigte nach ihren Angaben wohl der Bevollmächtigten die Möglichkeit überlassen wollten, einfache Verträge für den Betreuten einzugehen, und nur das Aufnehmen von (größeren) Schulden ausschließen wollten. Die Angelegenheiten des Betreuten sollen im Bedarfsfalle jedoch lückenlos besorgt werden können. Dies ist aufgrund der Vorsorgevollmacht zum einen jedenfalls hinsichtlich des Eingehens von größeren Verbindlichkeiten nicht der Fall; zum anderen können sich beim Eingehen anderer Verträge, die eigentlich von der Vorsorgevollmacht umfasst sein sollen, aufgrund deren Missverständlichkeit Unklarheiten ergeben, die durch die Betreuung beseitigt werden. Denn in jedem Falle kann der Betreuer dann die Geschäfte vornehmen und der Betreute ist nicht ungeschützt. III. Von der Erhebung der Kosten wurde gemäß § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG abgesehen. IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG).