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DEFA-FILMMUSIK KOMPONIERT IN DEUTSCHLAND SPECIAL I EDITIONFILMMUSIK EDITION FILMMUSIK Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 1 22.03.12 13:29 CD 1 DEFA-Filmklassiker 1. Triumph der Liebe Film: „Hauptmann Florian von der Mühle“, Musik: Karl-Ernst Sasse 4:13 10. Mein Liebster zog von dannen (Film: „Beschreibung eines Sommers“, Musik: Wolfgang Lesser) 1:31 2. Sagt holde Frauen/Ariette des Cherubin (Film: „Figaros Hochzeit“, Musik: Wolfgang Amadeus Mozart) 2:40 11. Serenade für Karla (Film: „Karla“, Musik: Karl-Ernst Sasse) 3:50 3. Marcia (Film: „Figaros Hochzeit“, Musik: Wolfgang Amadeus Mozart) 1:04 4. Ich lade gern mir Gäste ein (Film: „Rauschende Melodien“, Musik: Johann Strauß) 2:42 5. Couplet vom Souper (Film: „Die schöne Lurette“, Musik: Jacques Offenbach) 2:20 6. Can Can (Film: „Orpheus in der Unterwelt“, Musik: Jacques Offenbach) 2:15 7. Couplet der Diana (Film: „Orpheus in der Unterwelt“, Musik: Jacques Offenbach) 1:26 8. Jede Frau in Berlin hat ihr kleines Verhältnis (Film: „Zille und ick“, Musik: Peter Rabenalt) 1:54 9. Die Mörder sind unter uns (gleichnamiger Film, Musik: Ernst Roters) 4:33 Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 2 12. Vergiss nie die Zeit (Film: „Meine Frau macht Musik“, Musik: Gerd Natschinski) 2:13 13. Der Schatten der Vergangenheit (Film: „Revue um Mitternacht“, Musik: Gerd Natschinski) 2:39 14. Der Scout (gleichnamiger Film, Musik: Karl-Ernst Sasse) 5:51 15. Tango für Paul (Film: „Der Bruch“, Musik: Günther Fischer) 3:42 16. Solo Sunny (gleichnamiger Film, Musik: Günther Fischer) 3:09 17. Wenn ein Mensch lebt (Film: „Die Legende von Paul und Paula“, Musik: Peter Gotthardt) 3:19 18. Solo Sunny (instrumental) (gleichnamiger Film, Musik: Günther Fischer) 3:10 22.03.12 13:29 „Solo Sunny“ Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 3 22.03.12 13:29 CD 2 DEFA-Filmsongs 1. Manfred Krug Auf der Sonnenseite (Film: „Auf der Sonnenseite“, 1962) 2:37 2. Chris & Frank Heißer Sommer (Film: „Heißer Sommer“, 1968) 3:19 12. Klaus Renft Combo Aber ich kann’s nicht verstehn (Film: „Wie füttert man einen Esel“, 1974) 2:30 13. Veronika Fischer Guten Tag (Film: „Hostess“, 1976) 3:00 3. Großes Rundfunkorchester Leipzig Erste Suite (Film: „Die Söhne der großen Bärin“, 1966) 1:41 14. Nina Hagen & Stern Combo Meißen Zieh die Schuhe aus (Film: „Hostess“, 1976) 4:05 4. Gojko Mitic Löscht das Feuer (Film: „Die Söhne der großen Bärin“, 1966) 3:32 15. City Am Fenster (Film: „Bis dass der Tod euch scheidet“, 1979) 6:56 5. Chris & Frank und die Puhdys Der Abend ist heiß (Film: „Nicht schummeln, Liebling“, 1973) 4:20 16. Regine Dobberschütz Solo Sunny (Film: „Solo Sunny“, 1980) 3:05 6. Manfred Krug Das Lied vom Käsebier (Film: „Die gestohlene Schlacht“, 1972) 4:13 17. Veronika Fischer & Günther Fischer Das Versteck (Film: „Das Versteck“, 1978) 4:06 7. Puhdys Wenn ein Mensch lebt (Film: „Die Legende von Paul und Paula“, 1973) 3:22 18. Angelika Weiz I Saw You Yesterday (Film: „Bockshorn“, 1984) 4:23 8. Puhdys Geh zu ihr (Film: „Die Legende von Paul und Paula“, 1973) 2:43 19. Günther Fischer Traumvision (Film: „Die Alleinseglerin“, 1987) 3:20 9. Marion Sprawe Erste Liebe (Film: „Erste Liebe“, 1985) 3:05 20. Die Zöllner ‘n Käfer auf’m Blatt (Film: „flüstern & SCHREIEN“, 1988) 2:19 10. Jessica Nach der Schule (Film: „Erste Liebe“, 1985) 2:15 21. Silly So’ne kleine Frau (Film: „flüstern & SCHREIEN“, 1988) 4:22 11. Klaus Renft Combo Als ich wie ein Vogel war (Film: „Für die Liebe noch zu mager“, 1974) 3:55 22. Günther Fischer Für Laura Friederike (Film: „Einer trage des anderen Last“, 1988) 3:18 Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 4 22.03.12 13:29 „Die Legende von Paul und Paula“ verstehn die 6:56 ersteck 18 Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 5 22.03.12 13:29 Filmmusik bei der DEFA Fragmentarische Notizen zu einem enzyklopädischen Thema Im Kindergarten wurden wir angeregt, mit offenen Augen die Welt zu entdecken, und sangen gern jenen eingängigen Text, der gut dazu passte: „Wohin soll denn die Reise geh’n?/ wo wir den bunten Sommer seh’n!“ Später, in der Schule, lernten wir das Lied der jungen Naturforscher: „Die Heimat hat sich schön gemacht/ und Tau blitzt ihr im Haar.“ Und wir hatten Tränen in den Augen, wenn ganz leise von Leuten gesungen wurde, die in der Zeit des Nationalsozialismus sterben mussten: „Wer möchte nicht im Leben bleiben/ die Sonne und den Mond besehn?“ Was wir damals nicht wussten: Jedes dieser Lieder war ursprünglich für einen DEFA-Film geschrieben worden und zum ersten Mal im Kino erklungen, bevor es ins den musikalischen Kanon nahezu jedes in der DDR sozialisierten Kindes einging. Wer im deutschen Osten aufwuchs, der kam, bewusst oder unbewusst, um DEFA-Musik nicht herum. Spätestens als die in der DDR zunächst wenig gepflegte Vermarktung von Kinomelodien auch im Radio und auf der Platte ausgebaut wurde, also ab den frühen 1960er-Jahren, gehörte Musik aus Babelsberger Produktionen zum Stammrepertoire der Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 6 Rundfunksender und des Platenlabels Amiga. Diese mediale Korrespondenz verstärkte sich noch, als DDR-Schlager-Stars und Rock-Gruppen gezielt für DEFA-Filme verpflichtet wurden: Chris Doerk und Frank Schöbel trällerten sich durch Lustspiele wie „Heißer Sommer“ (1968, Regie: Jo Hasler), deren Storys zwar banal waren, was aber dem Triumphzug von Songs wie „Ich will heut’ was erleben“ wenig Abbruch tat. Die Rock-Gruppe Puhdys wurde durch die von Peter Gotthardt komponierten Balladen „Geh’ zu ihr“ und „Wenn ein Mensch lebt“ aus „Die Legende von Paul und Paula“ (1973, Regie: Heiner Carow) schlagartig berühmt. Regine Dobberschütz lieh Renate Krössner ihre Stimme für die Chansons aus „Solo Sunny“ (1980, Regie: Konrad Wolf). Um DEFA-Gegenwartsfilme für ein größeres und jüngeres Publikum anziehend zu machen, wurden die Klaus-RenftCombo und Veronika Fischer, Nina Hagen und die Gruppe Silly, Angelika Weiz, Uve Schikora und die Stern-Combo Meißen, Günther Fischer, Reinhard Lakomy, die ungarische Gruppe Illes und andere Rock-, Pop- und Soulgrößen der DDR und Osteuropas engagiert. Egon Günther nutzte 22.03.12 13:29 den eruptiven Jazz des Polen Czeslaw Niemen für seinen wunderbaren Liebesfilm „Die Schlüssel“ (1974). Eine Zeitlang galt der US-amerikanische, in die DDR übergesiedelte Rock- und Protestsänger Dean Reed als Versprechen, dass die große weite Welt in das kleine, abgeschlossene Land käme – in Celino Bleiweiß Eichendorff-Adaption „Aus dem Leben eines Taugenichts“ (1973) sang er denn auch gleich „Die Gedanken sind frei“. In Dieter Schumanns und Jochen Wisotzkis Dokumentarfilm „Flüstern & Schreien“ (1987) waren sogar unangepasste und widerständige Rock-Gruppen zu sehen und zu hören, die in der Endzeit der DDR aus dem subversiven Untergrund an die Öffentlichkeit gespült wurden. Die Musikgeschichte des DEFA-Kinos lässt sich freilich nicht nur auf den Einsatz von populären Interpreten oder gar auf die mehr oder wenig glückliche Adaption von Opern und Operetten (von „Figaros Hochzeit“, 1949, Regie: Georg Wildhagen, bis „Orpheus in der Unterwelt“, 1974, Regie: Horst Bonnet) reduzieren: Das wäre sogar eine höchst fahrlässige Verkürzung. In dem riesigen DEFA-Konvolut von rund 950 Spiel- und Kurzspielfilmen, mehr als 700 Animationsfilmen und Tausenden von Dokumentar- und populärwissenschaftlichen Filmen, die zwischen 1946 und 1993 ins Kino kamen, finden sich auch zahlreiche, heute oft vergessene sinfonische, kammermusikalische, ja musikavantgardistische Kostbarkeiten – ein Schatz, der nach und nach gehoben werden sollte! Dabei waren die frühen DEFA-Jahre noch vom konventionellen epischen Stimmungsmusikstil des NS-Kinos geprägt: Zahlreiche Komponisten der Ufa-Zeit, so Werner Eisbrenner und Michael Jary, Theo Mackeben und Hans-Otto Borgmann, setzten zunächst bei der DEFA ihre Karriere fort. Symptomatisch für diese bruchlosen Arbeitsbiografien mag ein Fall wie der von Wolfgang Zeller sein, der sowohl die Musik für Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 7 den 1940 inszenierten antisemitischen Propagandafilm „Jud Süss“ (Regie: Veit Harlan) als auch für den 1947 gedrehten ersten deutschen Nachkriegsfilm zur Judenverfolgung, „Ehe im Schatten“ (Regie: Kurt Maetzig) schuf. Ob seine Mitarbeit an Maetzigs eindringlichem Melodram ein bewusster Akt der Reue und Sühne gewesen ist, muss offen bleiben. Der flächigen, illustrativen orchestralen Begleitung von Filmhandlungen stellte Hanns Eisler in Arbeiten wie „Unser täglich Brot“ (1949, Regie: Slatan Dudow) und „Geschwader Fledermaus“ (1958, Regie: Erich Engel), vor allem aber in „Der Rat der Götter“ (1950, Regie: Kurt Maetzig) ein dramaturgisch ökonomisches Prinzip entgegen, das durch seine kontrapunktischen Finessen und Experimente überzeugte: Die in „Der Rat der Götter“ demonstrierten Verbrechen der deutschen Chemie-Industrie im NS-Reich werden durch elektronische Klänge begleitet, für deren Herstellung Eisler mit Oskar Sala zusammenarbeitete, der hier, lange vor Hitchcocks „The Birds“, sein Trautonium zum Einsatz brachte. Der ebenfalls aus dem Exil zurückgekehrte Komponist Paul Dessau interessierte sich derweil vor allem für den DEFA-Dokumentarfilm. Zu den herausragenden DEFA-Komponisten der 1950er- und 1960er-Jahre gehörten zudem Joachim Werzlau, der die Musik zu frühen Filmen von Konrad Wolf und Frank Beyer schuf – bis hin zu „Jakob der Lügner“ (1974) –, sowie André Asriel, Günter Kochan und Gerhard Rosenfeld. Wilhelm Neef, eher ein Vertreter der klassischen orchestralen Filmmusik, schrieb sowohl die Orchestersätze für die filmische Haupt- und Staatsaktion „Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse“ (1955) als auch für den ersten Indianerfilm der DEFA, „Die Söhne der großen Bärin“ (1966), mit deutlichen Bezügen zu Martin Böttchers westdeutschen KarlMay-Musiken. Im heiteren Genre tummelte sich mit riesigem Publikumserfolg Gerd Natschinski, der die Musik zu den 22.03.12 13:29 „Karla“ Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 8 22.03.12 13:29 Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 9 22.03.12 13:29 ersten DEFA-Schlager- und Revuefilmen „Meine Frau macht Musik“ (1958) und „Revue um Mitternacht“ (1962) schuf und dabei u.a. Gitta Lind, Evelyn Künneke und Manfred Krug zum Singen brachte. Der Verweis auf einzelne herausragende Partituren für DEFA-Filme muss an dieser Stelle fragmentarisch bleiben. Unbedingt aber sind Komponisten zu erwähnen, deren Schaffen ohne das Umfeld der Brechtschen Theaterästhetik nicht denkbar gewesen wäre: Kurt Schwaen etwa oder Hans-Dieter Hosalla. Schwaens sparsam kommentierende und karikierende Musik zu „Der Fall Gleiwitz“ (1961, Regie: Gerhard Klein) stellt ein Musterbeispiel dafür dar, „den philosophischen Untertext einer Bildaussage transparent werden zu lassen“ (Wolfgang Thiel). Schwaen verdanken wir auch die einzige Filmoper für Kinder, die je in deutschen Ateliers entstand, wenngleich dieses Experiment in der DDR sofort mit dem Verdikt formalistisch belegt wurde und kaum zur Aufführung kam: „Vom König Midas“ (1963, Regie: Günther Stahnke). Hosalla, der viele Jahre für Brechts Berliner Ensemble arbeitete, komponierte u.a. für Konrad Wolfs „Professor Mamlock“ (1961) und „Der geteilte Himmel“ (1964). Experimentellen Charakter trugen Filmmusiken wie André Asriels Zwölfton-Fuge für Solo-Bratsche in „Netzwerk“ (1970, Regie: Ralf Kirsten) oder Friedrich Goldmanns Kompositionen für Rainer Simons „Till Eulenspiegel“ (1975) und „Das Luftschiff“ (1983), die auf das Absonderliche und Irreale der vorgeführten Narrenspiele hinwiesen. Georg Katzer komponierte für die Hölderlin-Biografie „Hälfte des Lebens“ (1984, Regie: Herrmann Zschoche), der viel und gern beschäftigte Peter Rabenalt u.a. für Ulrich Weiß’ Parabeln „Dein unbekannter Bruder“ (1981) und „Olle Henry“ (1983). Rainer Bredemeyer, der ebenfalls in der ideellen Nähe Brechts verortet werden kann, arbeitete für Doku- Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 10 mentarfilme Walter Heynowskis und Gerhard Scheumanns, aber auch für Rainer Simons verbotenen „Jadup und Boel“ (1981), in dem die Zerrissenheit der Hauptfigur, die Endzeitstimmung eines Landes nicht zuletzt durch musikalische Dissonanzen zum Ausdruck kam. Der auch als Opernkomponist bekannt gewordene Siegfried Matthus stellte Egon Günther für dessen Goethe-Verfilmung „Die Leiden des jungen Werthers“ (1976) ein zehnminütiges Orchesterwerk zur Verfügung und überließ es dem Regisseur, Teile daraus zu verwenden – ein nahezu einmaliges Verfahren in der DEFA-Geschichte. (Für „Lotte in Weimar“, 1975, hatte sich Günther bei Gustav Mahler bedient, in „Stein“, 1991, zitierte er Johannes Brahms und Henry Purcell.) Währenddessen schöpfte Karl-Ernst Sasse, neben Günther Fischer einer der langjährigen „Hauskomponisten“ des DEFA-Spielfilmstudios, aus dem reichen Fundus der Musikgeschichte und verknüpfte Elemente aus sinfonischen, Jazz- und Tanzmusiken zu neuen, auch elektronischen Klangteppichen für Indianer- oder Science-Fiction-Filme und vieles andere mehr. Für den ersten großen 70mm-Spielfilm der DEFA, „Hauptmann Florian von der Mühle“ (1968), komponierte er sogar eine minutenlange Ouvertüre, die, bei geschlossenem Vorhang, sämtliche musikalische Themen der kommenden Story vorwegnahm und die Zuschauer auf deren emotionalen Sog vorbereitete. Die letzte Generation der DEFA-Komponisten, von Andreas Aigmüller bis Stefan Carow, konnte bis zum Ende der DDR kaum eine eigene Handschrift entwickeln – manche von ihnen suchten dann im gesamtdeutschen Kino und Fernsehen ihr Auskommen. Ihr Babelsberger Frühwerk als Quelle späterer filmmusikalischer Näherungen und Metamorphosen zu befragen, gehört zu den Aufgaben, die mit der gründlichen Erforschung der DEFA-Filmmusik unbedingt verbunden sind. Ralf Schenk 22.03.12 13:29 Das Deutsche Filmorchester Babelsberg Bereits 1918 gründeten die UFA-Studios in Babelsberg das erste Filmorchester in Deutschland. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs konnte dieses Orchester unter dem Dach der DEFA seine Arbeit fortsetzen. Bis 1989 wurden u.a. sämtliche DEFA-Spielfilm- und Fernsehproduktionen von und mit dem DEFA-Sinfonieorchester eingespielt. Am 22.6.1991 gab das DEFA-Sinfonieorchester unter der Leitung seines langjährigen Dirigenten Manfred Rosenberg sein Abschiedskonzert. Bedingt durch den Verkauf und die Umstrukturierung der Studios waren das Orchester und seine Musiker zwischenzeitlich integrierter Teil der Brandenburgischen Philharmonie Potsdam und des RBT Orchesters. Um die drohende Auflösung des Ensembles zu verhindern, wurde es unter dem Namen Deutsches Filmorchester Babelsberg durch Klaus-Peter Beyer 1993 neu gegründet und gilt seitdem als einzige professionelle Formation in Westeuropa, die fast ausschließlich auf Filmmusik spezialisiert ist. Seit Dezember 2007 spielt es wieder in seiner alten Produktionsstätte. Seitdem erklingt wieder Filmmusik aus jenem Studio, in dem das Orchester zwischen 1930 und 1990 arbeitete. „Die Filmproduktion der DEFA räumte der Musik immer einen großen Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 11 Stellenwert ein, wovon das über die gesamte Zeit tätige DEFA-Sinfonieorchester hörenswert Zeugnis ablegte. Den großen sinfonischen Zugriff verkörpern die Musiken zu ‚Die Mörder sind unter uns‘, einem der ersten und wichtigsten DEFA-Filme, ebenso wie ‚Der Triumph der Liebe‘ in seiner romantischen Opulenz. Das kleine intime Chanson ‚Mein Liebster…‘ und die gesungenen Kompilationen aus der Oper und Operette stehen für die Bandbreite der ‚DEFA-Musik‘, und mit ‚Solo Sunny‘ und ‚Wenn ein Mensch lebt‘ ist die DEFA in ‚Hitparade‘ angekommen. Das Deutsche Filmorchester Babelsberg hat sämtliche Musiken neu eingespielt und produziert, was für die klangliche und künstlerische Wirkung ein großer Gewinn ist. Besonders freut es mich, dass damit das Orchester gewonnen wurde, das in direkter Nachfolge zum ursprünglichen DEFA-Sinfonieorchester steht und mit diesen Aufnahmen den Beweis für die lebendige Wirkung der DEFA-Musik erbringt.“ (Bernd Wefelmeyer, Komponist/ Arrangeur/Dirigent) Das Deutsche Filmorchester Babelsberg im Internet: www.filmorchester.de 22.03.12 13:29 Die DEFA-Filmsongs 1. Manfred Krug: „Auf der Sonnenseite“ 2:37 K: André Asriel, Manfred Krug/T: Manfred Krug Film: „Auf der Sonnenseite“, Regie: Ralf Kirsten, 1962 Nach mancherlei Umwegen kann ein junger Arbeiter seinen Wunsch erfüllen, Schauspieler zu werden. Amüsante und gut gespielte Komödie, die den Hauptdarsteller Manfred Krug endgültig zum Star werden ließ. 2. Chris & Frank: „Heißer Sommer“ 3:19 (K: Thomas Natschinski/T: Jürgen Degenhardt) Film: „Heißer Sommer“, Regie: Joachim Hasler, 1968 Die Erlebnisse von Oberschülern und -schülerinnen während ihres Ferienaufenthaltes an der Ostsee dienen als dünner Handlungsfaden für teils etwas naive Musik- und Tanzeinlagen. Mit den Schlagerstars Chris Doerk und Frank Schöbel prominent besetzt, avancierte die heiter-unverbindliche Sommergeschichte, die Gemeinschaftsgeist propagiert und egoistischen Haltungen eine Abfuhr erteilt, zum Kultfilm. 3. Großes Rundfunkorchester Leipzig: Erste Suite 1:41 K: Wilhelm Neef 4. Gojko Mitic: „Löscht das Feuer“ 3:32 K: Arndt Bause/T: Gisela Steinckert Film: „Die Söhne der großen Bärin“, Regie: Josef Mach, 1966 Der erste Indianerfilm der DDR, von einem tschechischen Regisseur in Jugoslawien etwas langatmig und unbeholfen, aber mit großem szenischen Aufwand und einem guten Hauptdarsteller inszeniert. Nach einem sechsbändigen Roman erzählt der Film vom Kampf der Dakotas (1876/77) gegen land- und geldgierige weiße Eindringlinge. Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 12 22.03.12 13:29 5. Chris & Frank und die Puhdys: „Der Abend ist heiß“ 4:20 K: Gerhard Siebholz/Wolfgang Brandenstein Film: „Nicht schummeln, Liebling!“, Regie: Joachim Hasler, 1973 Die neue Schuldirektorin erzieht den fußballbegeisterten Bürgermeister eines Städtchens, indem sie kurzerhand eine Damenfußballmannschaft gründet. Anspruchslose Unterhaltung mit den DDR-Schlagerstars Chris Doerk und Frank Schöbel, die nicht an den Erfolg ihres Films „Heißer Sommer“ (1968) anknüpfen konnten. 6. Manfred Krug: „Das Lied vom Käsebier“ 4:13 K: Liska/T: Erwin Stranka Film: „Die gestohlene Schlacht“, Regie: Erwin Stranka, 1972 Episode aus dem Siebenjährigen Krieg. Nach mehrwöchiger Belagerung Prags beauftragt Friedrich II. den berühmtberüchtigten Meisterdieb Käsebier, in die Stadt einzudringen und den preußischen Truppen die Tore zu öffnen. Käsebier aber durchkreuzt die Eroberungsabsichten des Königs. Mäßig amüsanter Film mit einigen satirischen Akzenten. 7. Puhdys: „Wenn ein Mensch lebt“ 3:22 8. Puhdys: „Geh zu ihr“ 2:43 K: Peter Gotthardt/T: Ulrich Plenzdorf Film: „Die Legende von Paul und Paula“, Regie: Heiner Carow, 1973 Zwei junge Menschen kämpfen zäh und einfallsreich um ihre Liebe. Sie überwinden individuelle Schwierigkeiten, gesellschaftliche Normen und Anpassungsideologien. Ein erfrischend unterhaltsamer und offener Film, der Traum und Wirklichkeit, Poesie und banale Alltagsrealität mischt und mit Spaß, Ironie und Ernst künstlerisch entfaltet. Der schauspielerisch beachtliche Film macht durch seine grotes- Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 13 ken Übersteigerungen deutlich, dass den Menschen auch in der realsozialistischen Gesellschaft das Glück nicht von vornherein in die Wiege gelegt wird. Sowohl das emotionale als auch das kritische Potential des Films, nicht zuletzt sein Plädoyer für Individualität und die Kraft der Träume, sorgten in der DDR für einen anhaltenden Publikumserfolg. 9. Marion Sprawe: „Erste Liebe“ 3:05 2:15 10. Jessica: „Nach der Schule“ Film: „Erste Liebe“, 1985 K: Thomas Natschinski/T: Konrad Weiß Aus dem Film: „Erste Liebe“, Regie: Konrad Weiß, 1985 Dokumentation über Jugendliche einer achten Klasse in Berlin, die ihre Erfahrungen mit der ersten Liebe mitteilen. Sensibler Interviewfilm, der auf moralisch-ethische Fragen hinweist und sie mit Takt und Feingefühl behandelt. 22.03.12 13:29 11. Klaus Renft Combo: „Als ich wie ein Vogel war“ 3:55 K: Thomas Schoppe/T: Gerulf Pannach Film „Für die Liebe noch zu mager?“, Regie: Bernhard Stephan, 1974 Selbstverwirklichungsprobleme einer 18jährigen Arbeiterin in der DDR. Trotz einiger kritischer Ansätze gelangt die freundlich-lakonische Inszenierung selten über die von der Hauptdarstellerin charmant ausgefüllte Privatsphäre hinaus. 12. Klaus Renft Combo: „Aber ich kann’s nicht verstehn“ 2:30 K: Christian Kunert/T: Kurt Demmler Film: „Wie füttert man einen Esel?“, Regie: Lothar Oehme, 1974 Ein Fernfahrer auf der Balkan-Route hat in jedem Land eine Braut, bis eine ihm zugeteilte tschechische Beifahrerin den hartnäckigen Junggesellen einfängt. Liebesgeschichte im Fernfahrermilieu, überwiegend kurzweilig und heiter erzählt. 13. Veronika Fischer: „Guten Tag“ 3:00 K: Franz Bartzsch/T: Kurt Demmler 14. Nina Hagen & Stern-Combo Meißen: 4:05 Zieh die Schuhe aus“ K: Norbert Jäger, Thomas Kurzhals/T: Nina Hagen, Kurt Demmler Film: „Hostess“, Regie: Rolf Römer, 1976 Eine Hostess, die seit zwei Jahren mit einem Automechaniker zusammenlebt, trennt sich von diesem und beginnt, ihr gegenseitiges Verhältnis zu überprüfen. Sie sammelt Erfahrungen im Bekanntenkreis und kehrt schließlich wieder zu ihrem Freund zurück. Thematisch interessanter Gegenwartsfilm über Probleme in den Partnerschaftsbeziehungen. Einige offen erotische Szenen sorgten in der DDR für beträchtlichen Publikumszuspruch. Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 14 6:56 15. City: „Am Fenster“ K: City/T: Hildegard Maria Rauchfuß Film: „Bis dass der Tod euch scheidet“, Regie: Heiner Carow, 1979 Eine Ehe scheitert an den unterschiedlichen Glücksvorstellungen des Paares: Der Mann will nicht, dass sich seine Frau weiterbildet, und quält sie so lange, bis sie schweigend zusieht, wie er aus Versehen Gift schluckt. Streckenweise grell inszenierter, dramaturgisch geschickt aufgebauter Ehekonflikt-Film der DEFA, der die offiziellen Phrasen vom allgemeinen Glücklichsein in der sozialistischen Gesellschaft ad absurdum führt. 3:05 16. Regine Dobberschütz: „Solo Sunny“ K: Günther Fischer/T: Wolfgang Kohlhaase Film: „Solo Sunny“, Regie: Konrad Wolf, 1980 Die alltagsnahe Geschichte einer Schlagersängerin in einer durch die DDR tingelnden Band. Die Frau scheitert privat und beruflich, findet aber wieder einen neuen Anfang. Film über die Identitätsprobleme der Jugend nicht nur in der DDR; differenziert in der Charakterzeichnung, mit treffsicheren Dialogen, heiter und leicht inszeniert. Zugleich ein mutiges Plädoyer gegen gesellschaftliche Bevormundung, für Individualität und den eigenen Weg durchs Leben. 22.03.12 13:29 17. Veronika Fischer & Günther Fischer: „Das Versteck“ 4:06 K: Günther Fischer Film: „Das Versteck“, Regie: Frank Beyer, 1978 Ein nach 14 Jahren Ehe geschiedener Mann versucht durch einen Trick, seine Frau zurückzugewinnen, was aber an seiner unveränderten spießbürgerlichen Haltung scheitert. Um gerechte Abwägung der Standpunkte bemühter, psychologisch einfühlsamer Film, der seine moderne Beziehungsgeschichte auf dem Hintergrund der gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR erzählt. Fesselnd vor allem durch das lebendige Spiel und die hintergründige Ironie. Wegen der Ausreise von Manfred Krug in die BRD wurde der Film fast zwei Jahre verboten und dann nur mit wenigen Kopien gestartet. 4:23 18. Angelika Weiz: „I Saw You Yesterday“ K: Günther Fischer/T: Angelika Weiz Aus dem Film „Bockshorn“, Regie: Frank Beyer, 1984 Zwei halbwüchsige Jungen geraten in arge Bedrängnis und mancherlei Abenteuer, als ein Erwachsener dem jüngeren der beiden weismacht, er habe dessen Schutzengel verkauft. Der Junge erkrankt kurz darauf und bittet den Freund, mit ihm den Engel zu suchen. Der Scherz nimmt eine tragische Wendung, als sich das Kind in seiner Verzweiflung tödlich verletzt. In einem fiktiven Land angesiedelte Parabel über Sinnsuche, die an der Diskrepanz zwischen Dokumentarischem und Stilisiertem scheitert; beeindruckend die guten Leistungen der beiden jungen Laiendarsteller. belastet, stellt sich aber der Herausforderung, weil sie darin eine Möglichkeit der Emanzipation sieht. Einfühlsam inszeniertes und gespieltes Frauenporträt, das die Alltagsprobleme des real existierenden Sozialismus als kabarettistisches Beiwerk benutzt, um auf unterhaltsam-nachdenkliche Weise eine Lanze für starke Frauen zu brechen. 20. Die Zöllner: „‘n Käfer auf’m Blatt“ K: Dirk Zöllner/T: Peter Margraf 2:19 21. Silly – So’ne kleine Frau 4:22 K: Silly/T: Werrner Karma Film: „flüstern & SCHREIEN – Ein Rockreport“, Regie: Dieter Schumann, 1988 „Rockreport“ über mehrere Musikgruppen in der DDR, die bei ihrer Arbeit beobachtet, nach ihren Hoffnungen und Wünschen sowie nach ihren Schwierigkeiten mit dem System befragt werden. Ein lebhaftes Dokument einer lebendigen Szene und einer im Verborgenen blühenden Subkultur des „real existierenden Sozialismus“. 3:20 19. Günther Fischer: „Traumvision“ K: Günther Fischer Film: „Die Alleinseglerin“, Regie: Herrmann Zschoche, 1987 Eine allein erziehende berufstätige Frau wird durch die Arbeit, die ein geerbtes Segelboot mit sich bringt, noch mehr Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 15 22.03.12 13:29 CREDITS 22. Günther Fischer: „Für Laura Friederike“ 3:18 K: Günther Fischer Film: „Einer trage des anderen Last“, Regie: Lothar Warneke, 1988 In einem Sanatorium für Lungenkranke in der DDR treffen 1950 ein Volkspolizist und ein evangelischer Vikar aufeinander. Aus der gegenseitigen Ablehnung und dem Misstrauen der antagonistischen Weltanschauungen entwickeln sich solidarisches Miteinander und Freundschaft, wenn auch immer wieder Verunsicherungen aufbrechen. Zwar ein etwas schablonenhaft entworfener, dennoch sympathischer Film, dessen Plädoyer für den Dialog zwischen Christen und Marxisten von Witz und guten Darstellern getragen wird. Der Stoff lag seit Mitte der 1970er-Jahre bei der DEFA; erst im Zeichen der Perestroika wurde die Produktion genehmigt Texte: Lexikon des Internationalen Films, Bonn Die Doppel-CD wurde gefördert durch die DEFA-Stiftung. Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 16 CD 1: Deutsches Filmorchester Babelsberg Dirigenten: Manfred Rosenberg (1-14), Bernd Wefelmeyer (15-18) Gesang: Friederike Meinel (2,4,5,7,8,10,12,13,15,16) Klavier und Saxofon: Günther Fischer (16, 18) Textdichter: J. Degenhardt (13), H. Heinrich (12), K.-H. Jakobs (10), W. Kohlhaase (15,16), D. Wardetzky (8) Arrangements: Manfred Rosenberg (1-8,10,11,14,15), Gerd Natschinski (12,13), Martin Suschke (9), Bernd Wefelmeyer (16,17,18) Aufnahme und Mischung: Studio des Deutschen Filmorchesters Babelsberg Tonmeister: Michael Schubert Mastering: TTM Mastering GmbH, Tom Müller Verlage: 5 (Textbearbeitung: Gerhard Schalbe, Walter Zimmer), copyright Henschel-Verlag für Musik, vertreten durch Alkor-Edition Kassel; 1,11,14 edition modern München, Musikverlage Wewerka CD 2: Mit freundlicher Genehmigung von Sony Music Entertainment Germany GmbH. Fotos: DEFA-Filmstiftung, Deutsches Filmorchester Babelsberg (S.11) IMPRESSUM Die EDITION FILMMUSIK – KOMPONIERT IN DEUTSCHLAND wird initiiert und herausgegeben vom Filmmagazin FILM-DIENST, Heinrich-Brüning-Str. 9, 53113 Bonn Im Internet: www.film-dienst.de Redaktion und Gesamtkonzept der Reihe: Horst Peter Koll, Jörg Gerle Layout: Wolfgang Diemer, Köln 22.03.12 13:29