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Transcrição

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DEFA-FILMMUSIK
KOMPONIERT IN DEUTSCHLAND SPECIAL I
EDITIONFILMMUSIK
EDITION
FILMMUSIK
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CD 1 DEFA-Filmklassiker
1. Triumph der Liebe
Film: „Hauptmann Florian von der Mühle“,
Musik: Karl-Ernst Sasse 4:13
10. Mein Liebster zog von dannen
(Film: „Beschreibung eines Sommers“,
Musik: Wolfgang Lesser) 1:31
2. Sagt holde Frauen/Ariette des Cherubin
(Film: „Figaros Hochzeit“, Musik: Wolfgang Amadeus Mozart) 2:40
11. Serenade für Karla
(Film: „Karla“, Musik: Karl-Ernst Sasse) 3:50
3. Marcia
(Film: „Figaros Hochzeit“,
Musik: Wolfgang Amadeus Mozart) 1:04
4. Ich lade gern mir Gäste ein
(Film: „Rauschende Melodien“,
Musik: Johann Strauß) 2:42
5. Couplet vom Souper
(Film: „Die schöne Lurette“,
Musik: Jacques Offenbach) 2:20
6. Can Can
(Film: „Orpheus in der Unterwelt“,
Musik: Jacques Offenbach) 2:15
7. Couplet der Diana
(Film: „Orpheus in der Unterwelt“,
Musik: Jacques Offenbach) 1:26
8. Jede Frau in Berlin hat ihr kleines Verhältnis
(Film: „Zille und ick“, Musik: Peter Rabenalt) 1:54
9. Die Mörder sind unter uns
(gleichnamiger Film, Musik: Ernst Roters) 4:33
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12. Vergiss nie die Zeit
(Film: „Meine Frau macht Musik“,
Musik: Gerd Natschinski) 2:13
13. Der Schatten der Vergangenheit
(Film: „Revue um Mitternacht“,
Musik: Gerd Natschinski) 2:39
14. Der Scout
(gleichnamiger Film,
Musik: Karl-Ernst Sasse) 5:51
15. Tango für Paul
(Film: „Der Bruch“, Musik: Günther Fischer) 3:42
16. Solo Sunny
(gleichnamiger Film, Musik: Günther Fischer) 3:09
17. Wenn ein Mensch lebt
(Film: „Die Legende von Paul und Paula“,
Musik: Peter Gotthardt) 3:19
18. Solo Sunny
(instrumental) (gleichnamiger Film,
Musik: Günther Fischer) 3:10
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„Solo Sunny“
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CD 2 DEFA-Filmsongs
1. Manfred Krug Auf der Sonnenseite
(Film: „Auf der Sonnenseite“, 1962) 2:37
2.
Chris & Frank Heißer Sommer
(Film: „Heißer Sommer“, 1968) 3:19
12. Klaus Renft Combo Aber ich kann’s nicht verstehn
(Film: „Wie füttert man einen Esel“, 1974) 2:30
13. Veronika Fischer Guten Tag
(Film: „Hostess“, 1976) 3:00
3. Großes Rundfunkorchester Leipzig Erste Suite
(Film: „Die Söhne der großen Bärin“, 1966) 1:41
14. Nina Hagen & Stern Combo Meißen Zieh die
Schuhe aus (Film: „Hostess“, 1976) 4:05
4. Gojko Mitic Löscht das Feuer
(Film: „Die Söhne der großen Bärin“, 1966) 3:32
15. City Am Fenster
(Film: „Bis dass der Tod euch scheidet“, 1979) 6:56
5. Chris & Frank und die Puhdys Der Abend ist heiß
(Film: „Nicht schummeln, Liebling“, 1973) 4:20
16. Regine Dobberschütz Solo Sunny
(Film: „Solo Sunny“, 1980) 3:05
6. Manfred Krug Das Lied vom Käsebier
(Film: „Die gestohlene Schlacht“, 1972) 4:13
17. Veronika Fischer & Günther Fischer Das Versteck
(Film: „Das Versteck“, 1978) 4:06
7. Puhdys Wenn ein Mensch lebt
(Film: „Die Legende von Paul und Paula“, 1973) 3:22
18. Angelika Weiz I Saw You Yesterday
(Film: „Bockshorn“, 1984) 4:23
8. Puhdys Geh zu ihr
(Film: „Die Legende von Paul und Paula“, 1973) 2:43
19. Günther Fischer Traumvision
(Film: „Die Alleinseglerin“, 1987) 3:20
9. Marion Sprawe Erste Liebe
(Film: „Erste Liebe“, 1985) 3:05
20. Die Zöllner ‘n Käfer auf’m Blatt
(Film: „flüstern & SCHREIEN“, 1988) 2:19
10. Jessica Nach der Schule
(Film: „Erste Liebe“, 1985) 2:15
21. Silly So’ne kleine Frau
(Film: „flüstern & SCHREIEN“, 1988) 4:22
11. Klaus Renft Combo Als ich wie ein Vogel war
(Film: „Für die Liebe noch zu mager“, 1974) 3:55
22. Günther Fischer Für Laura Friederike
(Film: „Einer trage des anderen Last“, 1988) 3:18
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„Die Legende von Paul und Paula“
verstehn
die
6:56
ersteck
18
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Filmmusik bei der DEFA
Fragmentarische Notizen zu einem enzyklopädischen Thema
Im Kindergarten wurden wir angeregt, mit offenen Augen
die Welt zu entdecken, und sangen gern jenen eingängigen
Text, der gut dazu passte: „Wohin soll denn die Reise
geh’n?/ wo wir den bunten Sommer seh’n!“ Später, in der
Schule, lernten wir das Lied der jungen Naturforscher: „Die
Heimat hat sich schön gemacht/ und Tau blitzt ihr im Haar.“
Und wir hatten Tränen in den Augen, wenn ganz leise von
Leuten gesungen wurde, die in der Zeit des Nationalsozialismus sterben mussten: „Wer möchte nicht im Leben bleiben/
die Sonne und den Mond besehn?“ Was wir damals nicht
wussten: Jedes dieser Lieder war ursprünglich für einen
DEFA-Film geschrieben worden und zum ersten Mal im Kino
erklungen, bevor es ins den musikalischen Kanon nahezu
jedes in der DDR sozialisierten Kindes einging.
Wer im deutschen Osten aufwuchs, der kam, bewusst oder
unbewusst, um DEFA-Musik nicht herum. Spätestens als
die in der DDR zunächst wenig gepflegte Vermarktung von
Kinomelodien auch im Radio und auf der Platte ausgebaut
wurde, also ab den frühen 1960er-Jahren, gehörte Musik
aus Babelsberger Produktionen zum Stammrepertoire der
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Rundfunksender und des Platenlabels Amiga. Diese mediale
Korrespondenz verstärkte sich noch, als DDR-Schlager-Stars
und Rock-Gruppen gezielt für DEFA-Filme verpflichtet
wurden: Chris Doerk und Frank Schöbel trällerten sich durch
Lustspiele wie „Heißer Sommer“ (1968, Regie: Jo Hasler),
deren Storys zwar banal waren, was aber dem Triumphzug
von Songs wie „Ich will heut’ was erleben“ wenig Abbruch
tat. Die Rock-Gruppe Puhdys wurde durch die von Peter
Gotthardt komponierten Balladen „Geh’ zu ihr“ und „Wenn
ein Mensch lebt“ aus „Die Legende von Paul und Paula“
(1973, Regie: Heiner Carow) schlagartig berühmt. Regine
Dobberschütz lieh Renate Krössner ihre Stimme für die
Chansons aus „Solo Sunny“ (1980, Regie: Konrad Wolf).
Um DEFA-Gegenwartsfilme für ein größeres und jüngeres
Publikum anziehend zu machen, wurden die Klaus-RenftCombo und Veronika Fischer, Nina Hagen und die Gruppe
Silly, Angelika Weiz, Uve Schikora und die Stern-Combo
Meißen, Günther Fischer, Reinhard Lakomy, die ungarische
Gruppe Illes und andere Rock-, Pop- und Soulgrößen der
DDR und Osteuropas engagiert. Egon Günther nutzte
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den eruptiven Jazz des Polen Czeslaw Niemen für seinen
wunderbaren Liebesfilm „Die Schlüssel“ (1974). Eine
Zeitlang galt der US-amerikanische, in die DDR übergesiedelte Rock- und Protestsänger Dean Reed als Versprechen,
dass die große weite Welt in das kleine, abgeschlossene
Land käme – in Celino Bleiweiß Eichendorff-Adaption „Aus
dem Leben eines Taugenichts“ (1973) sang er denn auch
gleich „Die Gedanken sind frei“. In Dieter Schumanns und
Jochen Wisotzkis Dokumentarfilm „Flüstern & Schreien“
(1987) waren sogar unangepasste und widerständige
Rock-Gruppen zu sehen und zu hören, die in der Endzeit der
DDR aus dem subversiven Untergrund an die Öffentlichkeit
gespült wurden.
Die Musikgeschichte des DEFA-Kinos lässt sich freilich nicht
nur auf den Einsatz von populären Interpreten oder gar auf
die mehr oder wenig glückliche Adaption von Opern und
Operetten (von „Figaros Hochzeit“, 1949, Regie: Georg
Wildhagen, bis „Orpheus in der Unterwelt“, 1974, Regie:
Horst Bonnet) reduzieren: Das wäre sogar eine höchst fahrlässige Verkürzung. In dem riesigen DEFA-Konvolut von rund
950 Spiel- und Kurzspielfilmen, mehr als 700 Animationsfilmen und Tausenden von Dokumentar- und populärwissenschaftlichen Filmen, die zwischen 1946 und 1993 ins Kino
kamen, finden sich auch zahlreiche, heute oft vergessene
sinfonische, kammermusikalische, ja musikavantgardistische
Kostbarkeiten – ein Schatz, der nach und nach gehoben
werden sollte!
Dabei waren die frühen DEFA-Jahre noch vom konventionellen epischen Stimmungsmusikstil des NS-Kinos geprägt:
Zahlreiche Komponisten der Ufa-Zeit, so Werner Eisbrenner
und Michael Jary, Theo Mackeben und Hans-Otto Borgmann,
setzten zunächst bei der DEFA ihre Karriere fort. Symptomatisch für diese bruchlosen Arbeitsbiografien mag ein Fall
wie der von Wolfgang Zeller sein, der sowohl die Musik für
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den 1940 inszenierten antisemitischen Propagandafilm „Jud
Süss“ (Regie: Veit Harlan) als auch für den 1947 gedrehten
ersten deutschen Nachkriegsfilm zur Judenverfolgung, „Ehe
im Schatten“ (Regie: Kurt Maetzig) schuf. Ob seine Mitarbeit
an Maetzigs eindringlichem Melodram ein bewusster Akt der
Reue und Sühne gewesen ist, muss offen bleiben.
Der flächigen, illustrativen orchestralen Begleitung von
Filmhandlungen stellte Hanns Eisler in Arbeiten wie „Unser
täglich Brot“ (1949, Regie: Slatan Dudow) und „Geschwader Fledermaus“ (1958, Regie: Erich Engel), vor allem
aber in „Der Rat der Götter“ (1950, Regie: Kurt Maetzig)
ein dramaturgisch ökonomisches Prinzip entgegen, das
durch seine kontrapunktischen Finessen und Experimente
überzeugte: Die in „Der Rat der Götter“ demonstrierten
Verbrechen der deutschen Chemie-Industrie im NS-Reich
werden durch elektronische Klänge begleitet, für deren
Herstellung Eisler mit Oskar Sala zusammenarbeitete, der
hier, lange vor Hitchcocks „The Birds“, sein Trautonium zum
Einsatz brachte. Der ebenfalls aus dem Exil zurückgekehrte
Komponist Paul Dessau interessierte sich derweil vor allem
für den DEFA-Dokumentarfilm. Zu den herausragenden
DEFA-Komponisten der 1950er- und 1960er-Jahre gehörten
zudem Joachim Werzlau, der die Musik zu frühen Filmen von
Konrad Wolf und Frank Beyer schuf – bis hin zu „Jakob der
Lügner“ (1974) –, sowie André Asriel, Günter Kochan und
Gerhard Rosenfeld.
Wilhelm Neef, eher ein Vertreter der klassischen orchestralen
Filmmusik, schrieb sowohl die Orchestersätze für die
filmische Haupt- und Staatsaktion „Ernst Thälmann – Führer
seiner Klasse“ (1955) als auch für den ersten Indianerfilm
der DEFA, „Die Söhne der großen Bärin“ (1966), mit
deutlichen Bezügen zu Martin Böttchers westdeutschen KarlMay-Musiken. Im heiteren Genre tummelte sich mit riesigem
Publikumserfolg Gerd Natschinski, der die Musik zu den
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„Karla“
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ersten DEFA-Schlager- und Revuefilmen „Meine Frau macht
Musik“ (1958) und „Revue um Mitternacht“ (1962) schuf
und dabei u.a. Gitta Lind, Evelyn Künneke und Manfred Krug
zum Singen brachte.
Der Verweis auf einzelne herausragende Partituren für
DEFA-Filme muss an dieser Stelle fragmentarisch bleiben.
Unbedingt aber sind Komponisten zu erwähnen, deren
Schaffen ohne das Umfeld der Brechtschen Theaterästhetik
nicht denkbar gewesen wäre: Kurt Schwaen etwa oder
Hans-Dieter Hosalla. Schwaens sparsam kommentierende
und karikierende Musik zu „Der Fall Gleiwitz“ (1961, Regie:
Gerhard Klein) stellt ein Musterbeispiel dafür dar, „den
philosophischen Untertext einer Bildaussage transparent
werden zu lassen“ (Wolfgang Thiel). Schwaen verdanken
wir auch die einzige Filmoper für Kinder, die je in deutschen
Ateliers entstand, wenngleich dieses Experiment in der
DDR sofort mit dem Verdikt formalistisch belegt wurde und
kaum zur Aufführung kam: „Vom König Midas“ (1963,
Regie: Günther Stahnke). Hosalla, der viele Jahre für Brechts
Berliner Ensemble arbeitete, komponierte u.a. für Konrad
Wolfs „Professor Mamlock“ (1961) und „Der geteilte
Himmel“ (1964).
Experimentellen Charakter trugen Filmmusiken wie André
Asriels Zwölfton-Fuge für Solo-Bratsche in „Netzwerk“
(1970, Regie: Ralf Kirsten) oder Friedrich Goldmanns
Kompositionen für Rainer Simons „Till Eulenspiegel“ (1975)
und „Das Luftschiff“ (1983), die auf das Absonderliche und
Irreale der vorgeführten Narrenspiele hinwiesen. Georg
Katzer komponierte für die Hölderlin-Biografie „Hälfte des
Lebens“ (1984, Regie: Herrmann Zschoche), der viel und
gern beschäftigte Peter Rabenalt u.a. für Ulrich Weiß’ Parabeln „Dein unbekannter Bruder“ (1981) und „Olle Henry“
(1983). Rainer Bredemeyer, der ebenfalls in der ideellen
Nähe Brechts verortet werden kann, arbeitete für Doku-
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mentarfilme Walter Heynowskis und Gerhard Scheumanns,
aber auch für Rainer Simons verbotenen „Jadup und Boel“
(1981), in dem die Zerrissenheit der Hauptfigur, die Endzeitstimmung eines Landes nicht zuletzt durch musikalische
Dissonanzen zum Ausdruck kam.
Der auch als Opernkomponist bekannt gewordene Siegfried
Matthus stellte Egon Günther für dessen Goethe-Verfilmung
„Die Leiden des jungen Werthers“ (1976) ein zehnminütiges
Orchesterwerk zur Verfügung und überließ es dem Regisseur,
Teile daraus zu verwenden – ein nahezu einmaliges
Verfahren in der DEFA-Geschichte. (Für „Lotte in Weimar“,
1975, hatte sich Günther bei Gustav Mahler bedient, in
„Stein“, 1991, zitierte er Johannes Brahms und Henry
Purcell.) Währenddessen schöpfte Karl-Ernst Sasse, neben
Günther Fischer einer der langjährigen „Hauskomponisten“
des DEFA-Spielfilmstudios, aus dem reichen Fundus der
Musikgeschichte und verknüpfte Elemente aus sinfonischen,
Jazz- und Tanzmusiken zu neuen, auch elektronischen
Klangteppichen für Indianer- oder Science-Fiction-Filme und
vieles andere mehr. Für den ersten großen 70mm-Spielfilm
der DEFA, „Hauptmann Florian von der Mühle“ (1968),
komponierte er sogar eine minutenlange Ouvertüre, die, bei
geschlossenem Vorhang, sämtliche musikalische Themen
der kommenden Story vorwegnahm und die Zuschauer auf
deren emotionalen Sog vorbereitete.
Die letzte Generation der DEFA-Komponisten, von Andreas
Aigmüller bis Stefan Carow, konnte bis zum Ende der DDR
kaum eine eigene Handschrift entwickeln – manche von ihnen suchten dann im gesamtdeutschen Kino und Fernsehen
ihr Auskommen. Ihr Babelsberger Frühwerk als Quelle späterer filmmusikalischer Näherungen und Metamorphosen zu
befragen, gehört zu den Aufgaben, die mit der gründlichen
Erforschung der DEFA-Filmmusik unbedingt verbunden sind.
Ralf Schenk
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Das Deutsche
Filmorchester Babelsberg
Bereits 1918 gründeten die UFA-Studios in Babelsberg
das erste Filmorchester in Deutschland. Nach Ende des
Zweiten Weltkriegs konnte dieses Orchester unter dem Dach
der DEFA seine Arbeit fortsetzen. Bis 1989 wurden u.a.
sämtliche DEFA-Spielfilm- und Fernsehproduktionen von und
mit dem DEFA-Sinfonieorchester eingespielt. Am 22.6.1991
gab das DEFA-Sinfonieorchester unter der Leitung seines
langjährigen Dirigenten Manfred Rosenberg sein Abschiedskonzert. Bedingt durch den Verkauf und die Umstrukturierung der Studios waren das Orchester und seine Musiker
zwischenzeitlich integrierter Teil der Brandenburgischen
Philharmonie Potsdam und des RBT Orchesters. Um die drohende Auflösung des Ensembles zu verhindern, wurde es unter dem Namen Deutsches Filmorchester Babelsberg durch
Klaus-Peter Beyer 1993 neu gegründet und gilt seitdem als
einzige professionelle Formation in Westeuropa, die fast
ausschließlich auf Filmmusik spezialisiert ist. Seit Dezember
2007 spielt es wieder in seiner alten Produktionsstätte.
Seitdem erklingt wieder Filmmusik aus jenem Studio, in dem
das Orchester zwischen 1930 und 1990 arbeitete. „Die Filmproduktion der DEFA räumte der Musik immer einen großen
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Stellenwert ein, wovon das über die gesamte Zeit tätige
DEFA-Sinfonieorchester hörenswert Zeugnis ablegte. Den
großen sinfonischen Zugriff verkörpern die Musiken zu ‚Die
Mörder sind unter uns‘, einem der ersten und wichtigsten
DEFA-Filme, ebenso wie ‚Der Triumph der Liebe‘ in seiner
romantischen Opulenz. Das kleine intime Chanson ‚Mein
Liebster…‘ und die gesungenen Kompilationen aus der Oper
und Operette stehen für die Bandbreite der ‚DEFA-Musik‘,
und mit ‚Solo Sunny‘ und ‚Wenn ein Mensch lebt‘ ist die
DEFA in ‚Hitparade‘ angekommen. Das Deutsche Filmorchester Babelsberg hat sämtliche Musiken neu eingespielt und
produziert, was für die klangliche und künstlerische Wirkung
ein großer Gewinn ist. Besonders freut es mich, dass damit
das Orchester gewonnen wurde, das in direkter Nachfolge
zum ursprünglichen DEFA-Sinfonieorchester steht und mit
diesen Aufnahmen den Beweis für die lebendige Wirkung
der DEFA-Musik erbringt.“ (Bernd Wefelmeyer, Komponist/
Arrangeur/Dirigent)
Das Deutsche Filmorchester Babelsberg
im Internet: www.filmorchester.de
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Die DEFA-Filmsongs
1. Manfred Krug: „Auf der Sonnenseite“ 2:37
K: André Asriel, Manfred Krug/T: Manfred Krug
Film: „Auf der Sonnenseite“, Regie: Ralf Kirsten, 1962
Nach mancherlei Umwegen kann ein junger Arbeiter seinen
Wunsch erfüllen, Schauspieler zu werden. Amüsante und gut
gespielte Komödie, die den Hauptdarsteller Manfred Krug
endgültig zum Star werden ließ.
2. Chris & Frank: „Heißer Sommer“ 3:19
(K: Thomas Natschinski/T: Jürgen Degenhardt)
Film: „Heißer Sommer“, Regie: Joachim Hasler, 1968
Die Erlebnisse von Oberschülern und -schülerinnen während
ihres Ferienaufenthaltes an der Ostsee dienen als dünner
Handlungsfaden für teils etwas naive Musik- und Tanzeinlagen. Mit den Schlagerstars Chris Doerk und Frank Schöbel
prominent besetzt, avancierte die heiter-unverbindliche
Sommergeschichte, die Gemeinschaftsgeist propagiert und
egoistischen Haltungen eine Abfuhr erteilt, zum Kultfilm.
3. Großes Rundfunkorchester Leipzig:
Erste Suite 1:41
K: Wilhelm Neef
4. Gojko Mitic: „Löscht das Feuer“ 3:32
K: Arndt Bause/T: Gisela Steinckert
Film: „Die Söhne der großen Bärin“, Regie: Josef Mach,
1966
Der erste Indianerfilm der DDR, von einem tschechischen
Regisseur in Jugoslawien etwas langatmig und unbeholfen,
aber mit großem szenischen Aufwand und einem guten
Hauptdarsteller inszeniert. Nach einem sechsbändigen
Roman erzählt der Film vom Kampf der Dakotas (1876/77)
gegen land- und geldgierige weiße Eindringlinge.
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5. Chris & Frank und die Puhdys:
„Der Abend ist heiß“ 4:20
K: Gerhard Siebholz/Wolfgang Brandenstein
Film: „Nicht schummeln, Liebling!“, Regie: Joachim Hasler,
1973
Die neue Schuldirektorin erzieht den fußballbegeisterten
Bürgermeister eines Städtchens, indem sie kurzerhand
eine Damenfußballmannschaft gründet. Anspruchslose
Unterhaltung mit den DDR-Schlagerstars Chris Doerk und
Frank Schöbel, die nicht an den Erfolg ihres Films „Heißer
Sommer“ (1968) anknüpfen konnten.
6. Manfred Krug: „Das Lied vom Käsebier“ 4:13
K: Liska/T: Erwin Stranka
Film: „Die gestohlene Schlacht“, Regie: Erwin Stranka, 1972
Episode aus dem Siebenjährigen Krieg. Nach mehrwöchiger
Belagerung Prags beauftragt Friedrich II. den berühmtberüchtigten Meisterdieb Käsebier, in die Stadt einzudringen
und den preußischen Truppen die Tore zu öffnen. Käsebier
aber durchkreuzt die Eroberungsabsichten des Königs.
Mäßig amüsanter Film mit einigen satirischen Akzenten.
7. Puhdys: „Wenn ein Mensch lebt“ 3:22
8. Puhdys: „Geh zu ihr“ 2:43
K: Peter Gotthardt/T: Ulrich Plenzdorf
Film: „Die Legende von Paul und Paula“, Regie: Heiner
Carow, 1973
Zwei junge Menschen kämpfen zäh und einfallsreich um
ihre Liebe. Sie überwinden individuelle Schwierigkeiten,
gesellschaftliche Normen und Anpassungsideologien. Ein
erfrischend unterhaltsamer und offener Film, der Traum
und Wirklichkeit, Poesie und banale Alltagsrealität mischt
und mit Spaß, Ironie und Ernst künstlerisch entfaltet. Der
schauspielerisch beachtliche Film macht durch seine grotes-
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ken Übersteigerungen deutlich, dass den Menschen auch
in der realsozialistischen Gesellschaft das Glück nicht von
vornherein in die Wiege gelegt wird. Sowohl das emotionale
als auch das kritische Potential des Films, nicht zuletzt sein
Plädoyer für Individualität und die Kraft der Träume, sorgten
in der DDR für einen anhaltenden Publikumserfolg.
9. Marion Sprawe: „Erste Liebe“ 3:05
2:15
10. Jessica: „Nach der Schule“ Film: „Erste Liebe“, 1985
K: Thomas Natschinski/T: Konrad Weiß
Aus dem Film: „Erste Liebe“, Regie: Konrad Weiß, 1985
Dokumentation über Jugendliche einer achten Klasse in
Berlin, die ihre Erfahrungen mit der ersten Liebe mitteilen.
Sensibler Interviewfilm, der auf moralisch-ethische Fragen
hinweist und sie mit Takt und Feingefühl behandelt.
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11. Klaus Renft Combo:
„Als ich wie ein Vogel war“ 3:55
K: Thomas Schoppe/T: Gerulf Pannach
Film „Für die Liebe noch zu mager?“, Regie: Bernhard
Stephan, 1974
Selbstverwirklichungsprobleme einer 18jährigen Arbeiterin
in der DDR. Trotz einiger kritischer Ansätze gelangt die
freundlich-lakonische Inszenierung selten über die von der
Hauptdarstellerin charmant ausgefüllte Privatsphäre hinaus.
12. Klaus Renft Combo: „Aber ich kann’s
nicht verstehn“ 2:30
K: Christian Kunert/T: Kurt Demmler
Film: „Wie füttert man einen Esel?“, Regie: Lothar Oehme,
1974
Ein Fernfahrer auf der Balkan-Route hat in jedem Land eine
Braut, bis eine ihm zugeteilte tschechische Beifahrerin den
hartnäckigen Junggesellen einfängt. Liebesgeschichte im
Fernfahrermilieu, überwiegend kurzweilig und heiter erzählt.
13. Veronika Fischer: „Guten Tag“ 3:00
K: Franz Bartzsch/T: Kurt Demmler
14. Nina Hagen & Stern-Combo Meißen:
4:05
Zieh die Schuhe aus“ K: Norbert Jäger, Thomas Kurzhals/T: Nina Hagen, Kurt
Demmler
Film: „Hostess“, Regie: Rolf Römer, 1976
Eine Hostess, die seit zwei Jahren mit einem Automechaniker
zusammenlebt, trennt sich von diesem und beginnt, ihr
gegenseitiges Verhältnis zu überprüfen. Sie sammelt Erfahrungen im Bekanntenkreis und kehrt schließlich wieder zu
ihrem Freund zurück. Thematisch interessanter Gegenwartsfilm über Probleme in den Partnerschaftsbeziehungen. Einige
offen erotische Szenen sorgten in der DDR für beträchtlichen
Publikumszuspruch.
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6:56
15. City: „Am Fenster“
K: City/T: Hildegard Maria Rauchfuß
Film: „Bis dass der Tod euch scheidet“, Regie: Heiner Carow,
1979
Eine Ehe scheitert an den unterschiedlichen Glücksvorstellungen des Paares: Der Mann will nicht, dass sich seine
Frau weiterbildet, und quält sie so lange, bis sie schweigend
zusieht, wie er aus Versehen Gift schluckt. Streckenweise
grell inszenierter, dramaturgisch geschickt aufgebauter
Ehekonflikt-Film der DEFA, der die offiziellen Phrasen vom
allgemeinen Glücklichsein in der sozialistischen Gesellschaft
ad absurdum führt.
3:05
16. Regine Dobberschütz: „Solo Sunny“ K: Günther Fischer/T: Wolfgang Kohlhaase
Film: „Solo Sunny“, Regie: Konrad Wolf, 1980
Die alltagsnahe Geschichte einer Schlagersängerin in einer
durch die DDR tingelnden Band. Die Frau scheitert privat
und beruflich, findet aber wieder einen neuen Anfang. Film
über die Identitätsprobleme der Jugend nicht nur in der DDR;
differenziert in der Charakterzeichnung, mit treffsicheren
Dialogen, heiter und leicht inszeniert. Zugleich ein mutiges
Plädoyer gegen gesellschaftliche Bevormundung, für Individualität und den eigenen Weg durchs Leben.
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17. Veronika Fischer & Günther Fischer:
„Das Versteck“ 4:06
K: Günther Fischer
Film: „Das Versteck“, Regie: Frank Beyer, 1978
Ein nach 14 Jahren Ehe geschiedener Mann versucht durch
einen Trick, seine Frau zurückzugewinnen, was aber an
seiner unveränderten spießbürgerlichen Haltung scheitert.
Um gerechte Abwägung der Standpunkte bemühter,
psychologisch einfühlsamer Film, der seine moderne Beziehungsgeschichte auf dem Hintergrund der gesellschaftlichen
Verhältnisse in der DDR erzählt. Fesselnd vor allem durch
das lebendige Spiel und die hintergründige Ironie. Wegen
der Ausreise von Manfred Krug in die BRD wurde der Film
fast zwei Jahre verboten und dann nur mit wenigen Kopien
gestartet.
4:23
18. Angelika Weiz: „I Saw You Yesterday“ K: Günther Fischer/T: Angelika Weiz
Aus dem Film „Bockshorn“, Regie: Frank Beyer, 1984
Zwei halbwüchsige Jungen geraten in arge Bedrängnis und
mancherlei Abenteuer, als ein Erwachsener dem jüngeren
der beiden weismacht, er habe dessen Schutzengel verkauft.
Der Junge erkrankt kurz darauf und bittet den Freund, mit
ihm den Engel zu suchen. Der Scherz nimmt eine tragische
Wendung, als sich das Kind in seiner Verzweiflung tödlich
verletzt. In einem fiktiven Land angesiedelte Parabel über
Sinnsuche, die an der Diskrepanz zwischen Dokumentarischem und Stilisiertem scheitert; beeindruckend die guten
Leistungen der beiden jungen Laiendarsteller.
belastet, stellt sich aber der Herausforderung, weil sie darin
eine Möglichkeit der Emanzipation sieht. Einfühlsam inszeniertes und gespieltes Frauenporträt, das die Alltagsprobleme des real existierenden Sozialismus als kabarettistisches
Beiwerk benutzt, um auf unterhaltsam-nachdenkliche Weise
eine Lanze für starke Frauen zu brechen.
20. Die Zöllner: „‘n Käfer auf’m Blatt“ K: Dirk Zöllner/T: Peter Margraf
2:19
21. Silly – So’ne kleine Frau 4:22
K: Silly/T: Werrner Karma
Film: „flüstern & SCHREIEN – Ein Rockreport“, Regie: Dieter
Schumann, 1988
„Rockreport“ über mehrere Musikgruppen in der DDR, die
bei ihrer Arbeit beobachtet, nach ihren Hoffnungen und
Wünschen sowie nach ihren Schwierigkeiten mit dem System
befragt werden. Ein lebhaftes Dokument einer lebendigen
Szene und einer im Verborgenen blühenden Subkultur des
„real existierenden Sozialismus“.
3:20
19. Günther Fischer: „Traumvision“ K: Günther Fischer
Film: „Die Alleinseglerin“, Regie: Herrmann Zschoche, 1987
Eine allein erziehende berufstätige Frau wird durch die
Arbeit, die ein geerbtes Segelboot mit sich bringt, noch mehr
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CREDITS
22. Günther Fischer: „Für Laura Friederike“ 3:18
K: Günther Fischer
Film: „Einer trage des anderen Last“,
Regie: Lothar Warneke, 1988
In einem Sanatorium für Lungenkranke in der DDR treffen
1950 ein Volkspolizist und ein evangelischer Vikar aufeinander. Aus der gegenseitigen Ablehnung und dem Misstrauen
der antagonistischen Weltanschauungen entwickeln sich
solidarisches Miteinander und Freundschaft, wenn auch
immer wieder Verunsicherungen aufbrechen. Zwar ein etwas
schablonenhaft entworfener, dennoch sympathischer Film,
dessen Plädoyer für den Dialog zwischen Christen und
Marxisten von Witz und guten Darstellern getragen wird. Der
Stoff lag seit Mitte der 1970er-Jahre bei der DEFA; erst im
Zeichen der Perestroika wurde die Produktion genehmigt
Texte: Lexikon des Internationalen Films, Bonn
Die Doppel-CD wurde
gefördert durch die
DEFA-Stiftung.
Indigo 966502 Booklet DEFA.indd 16
CD 1: Deutsches Filmorchester Babelsberg
Dirigenten: Manfred Rosenberg (1-14),
Bernd Wefelmeyer (15-18)
Gesang: Friederike Meinel (2,4,5,7,8,10,12,13,15,16)
Klavier und Saxofon: Günther Fischer (16, 18)
Textdichter: J. Degenhardt (13), H. Heinrich (12), K.-H.
Jakobs (10), W. Kohlhaase (15,16), D. Wardetzky (8)
Arrangements: Manfred Rosenberg (1-8,10,11,14,15),
Gerd Natschinski (12,13), Martin Suschke (9), Bernd
Wefelmeyer (16,17,18)
Aufnahme und Mischung:
Studio des Deutschen Filmorchesters Babelsberg
Tonmeister: Michael Schubert
Mastering: TTM Mastering GmbH, Tom Müller
Verlage: 5 (Textbearbeitung: Gerhard Schalbe, Walter
Zimmer), copyright Henschel-Verlag für Musik, vertreten
durch Alkor-Edition Kassel; 1,11,14 edition modern
München, Musikverlage Wewerka
CD 2: Mit freundlicher Genehmigung von Sony Music
Entertainment Germany GmbH.
Fotos: DEFA-Filmstiftung,
Deutsches Filmorchester Babelsberg (S.11)
IMPRESSUM
Die EDITION FILMMUSIK – KOMPONIERT IN DEUTSCHLAND wird initiiert und herausgegeben vom Filmmagazin
FILM-DIENST, Heinrich-Brüning-Str. 9, 53113 Bonn
Im Internet: www.film-dienst.de
Redaktion und Gesamtkonzept der Reihe:
Horst Peter Koll, Jörg Gerle
Layout: Wolfgang Diemer, Köln
22.03.12 13:29

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