zurück mp3 abspielen - Katholisches Rundfunkreferat NRW

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27/12 2004:
DER EVANGELIST JOHANNES
Autor: Prälat Winfried Pilz
Ort: Aachen
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Ein Zeichen des Segens über einen Becher Wein - und sofort danach ein Schock:
eine giftige Schlange kommt zischend aus dem Getränk hervor und windet sich
in Panik davon. So jedenfalls, meine lieben Hörerinnen und Hörer, erzählt es eine Legende über den heiligen Johannes, an den
wir heute denken. Auf ihn geht das vierte Evangelium zurück. Die Bibel deutet an, dass Jesus unter den zwölf Aposteln diesem
einen am meisten zugetan war. Wenn sie sagt, dass Jesus ihn ´liebte´, so bedeutet das wohl: Jesus spürte, dass Johannes seine
Botschaft von der Liebe am tiefsten verstand. Tatsächlich gipfelt sein Evangelium - in der Nacht des Letzten Mahles - im
Vermächtnis Jesu: ´Bleibt in meiner Liebe! Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe!´ (Joh 15,9.12) Der
erste von drei Briefen, die auf Johannes zurückgehen, entfaltet dieses wichtigste aller Gebote zu einem umfassenden
Bekenntnis: ´Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.´ (1 Joh 4,16b)
Das ist die Mitte unseres christlichen Glaubens. Wer diese Botschaft für sich angenommen hat, kann für immer, buchstäblich in
alle Ewigkeit aus ihr leben. Vielleicht trifft uns diese Erkenntnis zunächst nur für einen Augenblick wie jene Hirten von Betlehem.
Unerwartet sahen sie den Himmel offen. Nur kurz traten sie ein in den Lichtschein jener Höhle, um das Wunder eines neu
geborenen Kindes zu bestaunen. Wie der heraufziehende Tag dämmerte ihnen dann vielleicht, dass dieses Erlebnis ein Signal
Gottes war, wie nahe er uns mit seiner Liebe sein möchte.
´Ubi caritas et amor, Deus ibi est´, singt unsere Liturgie. Gott ist da, wo Liebe ist.
So einfach ist das. Aber Sie und ich wissen, wie leicht das gesagt und wie schwer
es wahr zu machen ist. Aber wenn wir nicht zum Segen füreinander werden, lauert weiterhin die Schlange der Vergiftung und des
Unfriedens im Bodensatz unserer Welt, erzeugt sie in jeder Hoffnung einen bitteren Nachgeschmack. Gott schenkt uns reinen
Wein ein, so oder so. Dieser unser Gott, sagt Johannes, ist Liebe - ganz und gar. Und so nimmt uns der Evangelist unmittelbar
nach dem Weihnachtsfest an die Hand und führt die Kette derer an, die uns in diesen Tagen an die Schwelle des Neuen Jahres
begleiten.
In unserer deutschen Sprache beginnt übrigens noch ein anderes Wort mit den gleichen Buchstaben wie das Wort ´Liebe´. Die
Botschaft vom ´Licht´ ist für Johannes ebenso wichtig. ´Gott ist Licht´, so lesen wir am Beginn seines Briefes. Eins unserer
Kirchenlieder stellt die Verbindung von beidem her: ´Wer liebt, der kehrt zu dir nach Haus / und ist der Nacht entrissen. / Er sendet
neu mit dir sich aus / als Licht zu Finsternissen.´ Das, liebe Hörerinnen und Hörer, ist es, was wir als Christen sollen: Aus der
Liebe, die Gott uns geschenkt hat, für andere zum Licht werden.
Nur schöne, dichterische Worte, verträumte Parolen? Ein Traum, ja. Aber das Fest Gottes, der Mensch wird, sagt uns von neuem,
dass dieser Traum wahr werden kann.
(Ende Kurzfassung)
Manche Christen in unserem Land kennen einen alten, schönen Brauch. Heute, am Johannestag, segnen sie Wein und sagen,
indem sie das Glas erheben: ´Bibite amorem Sancti Joannis! - Trinkt die Liebe, die Johannes gemeint hat!´ ´Lass uns den Hass,
das bittre Leid / fortlieben aus der dunklen Zeit!´ singt unser Kirchenlied, und es fährt fort: ´Lass uns dein Reich erscheinen!´
Erscheinung des Herrn - ein Aufleuchten seiner ´Güte und Menschenfreundlichkeit´ (Tit 3,4) mitten unter uns. Vielleicht eine
Anregung für das Ende des heutigen Tages: noch einmal die Lichter anzuzünden und ein Glas zu füllen mit dem Wein des
Festes. Gott wird ihn segnen. Er segnet Sie und alle, die das Gleiche tun.