Veterinärmedizinische Fakultät - Klinik für Vögel und Reptilien
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Veterinärmedizinische Fakultät - Klinik für Vögel und Reptilien
Klinik für Vögel und Reptilien Veterinärmedizinische Fakultät Haltung und Ernährung häufig gehaltener Sittiche Bei den meisten in menschlicher Obhut gehaltenen Sittichen handelt es sich um Arten, die ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet in Australien haben. Jedoch erfreuen sich Sittiche südamerikanischer und asiatischer Herkunft ebenfalls einer wachsenden Beliebtheit. Bei deren Verbreitung über 3 Kontinente und teilweise sehr unterschiedliche Habitate ist eine allumfassende Fütterungs- und Haltungsempfehlung „des Sittichs“ nicht möglich. Im Prinzip basieren viele Informationen hinsichtlich der Vogelernährung auf Spekulationen, da die tatsächliche Nahrung der Sittiche in der Natur nicht oder nur teilweise bekannt ist. Grundlegendes zur Lebensweise Um zu begreifen, welche Futtermittel und welche Haltungsart für den jeweiligen Vogel am besten geeignet sind, muss man sich sowohl den natürlichen Lebensraum als auch die bestehenden natürlichen Lebensbedingungen vor Augen halten. Allen Sittichen ist gemein, dass sie ein sehr ausgeprägtes Sozialverhalten besitzen. Nymphen- und Bourkesittiche bspw., die zu den australischen Sittichen gehören, leben paarweise in größeren Gruppen (bis zu 50 Individuen) zusammen. Der bekannteste australische Stubenvogel – der Wellensittich – ist sogar ein ausgesprochener Schwarmvogel; ein Schwarm setzt sich hier aus mehreren hundert Tieren zusammen. Ein Großteil der australischen Sittiche besiedelt die Trockengebiete des Binnenlandes und bevorzugt Habitate in den Gras- und Strauchsteppen, Sanddünen und in der Nähe von Wasserstellen. Aufgrund unregelmäßiger Niederschläge und ihrer Ernährungsweise sind sie gezwungen, den Regenfronten hinterher zu ziehen. Sie führen also überwiegend ein nomadisches Leben und durchstreifen ausgedehnte Gebiete zur Futtersuche. Dementsprechend haben Sittiche ein ausgeprägtes Flugbedürfnis, welches auch in menschlicher Obhut unbedingt erfüllt werden muss. Wild lebende Nymphensittiche ernähren sich von Beeren, Kernen, Grassamen, Pflanzenteilen und Wurzeln. Selten nehmen sie Früchte aus Sträuchern und Bäumen auf. Wellensittiche und Bourkesittiche ernähren sich unter natürlichen Bedingungen hauptsächlich von Samen bodenbedeckender Pflanzen und Grassamen. Dementsprechend halten sie sich bei der Futtersuche vorwiegend in Bodennähe und auf dem Boden auf. Ein ähnliches Nahrungsaufnahmeverhalten zeigen Grassittiche (bspw. Schönsittich, Glanzsittich), die sich überwiegend von kleinen Sämereien, bspw. von Gräsern und kräuterartigen Pflanzen ernähren. Anforderungen an eine tiergerechte Haltung Da alle Sittiche ein ausgeprägtes Sozialverhalten aufweisen und unter natürlichen Bedingungen in großen Gruppen zusammenleben, ist eine Einzeltierhaltung nicht gerechtfertigt. Sie alle sollten mindestens paarweise gehalten werden, da der Mensch keinesfalls den Vogelpartner ersetzen kann. Wellensittiche sind untereinander in der Regel gut verträglich, so dass hier eine Vergesellschaftung „echter Paare“(Hahn & Henne) aber auch die von zwei Hähnen erfolgen kann. Wellensittichhennen lassen sich weniger gut als Paar halten, da sie häufig unverträglich sind. Bei der Verpaarung von Nymphensittichen sollte man darauf achten, dass die beiden Partner gegengeschlechtlich (Hahn & Henne) sind, da es sonst zu feindlichen Auseinandersetzungen kommen kann. Idealerweise sollten Sittiche in Gruppen gehalten werden; jedoch ist dieser Umstand natürlich vom Platzangebot des Halters abhängig. Unterbringung – Käfig und Zubehör Die Käfig- bzw. Volierengröße muss so gewählt sein, dass es den Vögeln „hinter Gittern“ möglich ist, kurze Flugstrecken zu absolvieren, ohne die Käfigwände mit den Flügeln zu berühren. Diese Forderung gilt für mindestens 2 Tiere. Trotzdem ist es erforderlich, den Vögeln täglich Freiflug unter Aufsicht zu gewähren. Die geeignete Käfigform ist rechteckig, da sich ein Vogel in einem Rundkäfig schlecht orientieren kann. Eine horizontale Anordnung der Gitterstäbe erleichtert das Klettern. Ebenso ist die Farbe der Gitterstäbe von großer Bedeutung; es sollte eine möglichst dunkle Farbe gewählt werden, da helle Stäbe eine Blendwirkung ausüben. Beim Kauf eines Käfigs oder einer Voliere sollte darauf geachtet werden, dass das Material beim Universität Leipzig Klinik für Vögel und Reptilien An den Tierkliniken 17, 04103 Leipzig Telefon (0341) 97 384 05 Telefax (0341) 97 384 09 E-mail: [email protected] Vogel keine gesundheitsschädlichen Folgen hervorruft. Eine Kunststoffbeschichtung bspw. ist ungeeignet, da sie vom Vogel abgeknabbert und so kleine Plastikteile verschluckt werden können. Auch das Abnagen und Aufnehmen von Teilen einer Lackbeschichtung oder einer Zinklegierung kann zu Unverträglichkeitssymptomen und Vergiftungen beim Vogel führen. Wenn der Käfig länger als hoch ist, gestattet dies dem Vogel einen waagerechten Flugraum, der seinem natürlichen Flugverhalten entspricht. An den Standort des Käfigs bzw. der Voliere sind verschiedene Bedingungen geknüpft. Vögel müssen sich in ihrem Domizil sicher fühlen; nur so ist sichergestellt, dass sie den Sozialkontakt zu Artgenossen und ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben können. Der Käfig darf nicht von allen Seiten zugänglich bzw. einsehbar sein und sollte an einem ruhigen Ort des Raumes, wegen der Helligkeit am besten in Fensternähe stehen. Der Vogel muss sich jederzeit über die Augenhöhe des Betrachters zurückziehen können, da er Einflüsse von oben als Bedrohung wahrnimmt. Es ist darauf zu achten, dass die Tiere nicht in Zugluft stehen und keinen Kochdünsten und Tabakrauch ausgesetzt sind. Wenn es die räumlichen Gegebenheiten zulassen, ist die Einrichtung eines geeigneten Vogelzimmers die ideale Unterbringungsmöglichkeit. Die Vögel sollten zu einer ca. 10 stündigen Nachtruhe kommen, und während dieser nicht gestört werden. Die Käfigeinrichtung sollte ausschließlich aus Naturzweigen als Sitzstangen bestehen, welche mit Rinde, Knospen und Blattwerk besetzt sein können. Ihr unterschiedlicher Durchmesser sorgt für eine wechselnde Belastung der Sohle und kann zur Abnutzung der Krallen beitragen. Die Äste sollten so angebracht werden, dass sie beim Landen dem Körpergewicht des Vogels nachgeben; so kann eine Schonung der Fußgelenke und des gesamten Bewegungsapparates erzielt werden. Die im Handel häufig kaufbaren Sitzgelegenheiten aus gedrechseltem Hartholz, Kunststoff und mit Sandpapierüberzügen sind ungeeignet, weil sie Druckstellen verursachen und zu Sohlenballengeschwüren führen können. Als Spielzeug sollten ausschließlich Naturmaterialen wie bereits angesprochene Naturzweige, Blattwerk und Knospen, Korkrinde und Holz Verwendung finden. Faseriges Material, Kunststoff und zinkhaltige Materialien sind äußerst ungeeignet. Als tierschutzwidriges Zubehör sind Plastikvögel und Spiegel zu sehen, da sie dem Vogel einen Partner vorgaukeln und Verhaltensstörungen sowie eine Kropfreizung durch exzessives Würgen hervorrufen. Insgesamt sollte die Ausgestaltung des Käfig bzw. der Voliere den Vögeln Beschäftigungsmöglichkeiten und Schutz bieten, darf die Bewegungsfreiheit jedoch nicht in einem Maße einschränken, dass die Flugmöglichkeiten nicht mehr gegeben sind. Anforderungen an die Fütterung Die tägliche Futterration sollte idealerweise aus einem Sämereiengemisch und Frischfutter bestehen. Eine Faustregel besagt, dass die täglich verabreichte Menge des Körnerfutters 10 – 20 % des Körpergewichtes betragen sollte. Die Fütterung des Wellensittichs sollte (in Anlehnung an natürliche Bedingungen) eher karg sein. Das fettarme Grundfutter von Wellensittichen und anderen kleinen Sittichen sollte zu einem großen Anteil aus Glanz und verschiedenen Hirsearten bestehen. Ölhaltige Saaten wie Leinsamen und Negersaat sollten lediglich zu einem geringen Anteil enthalten sein. Die Futtermischung kann zusätzlich durch Grassamen bereichert werden. Ein Wellensittich sollte täglich nicht mehr als 2 Teelöffel Körnerfutter angeboten bekommen. Die Fütterung von Nymphensittichen und anderen größeren Sittichen ist ähnlich, jedoch kann die Ration durch einen geringen Sonnenblumenkernanteil (max. 5 %) und Kardisaat komplettiert werden. Die Tagesration entspricht zwei gehäuften Teelöffeln pro Tag. Alle Sittiche benötigen täglich zusätzlich Grünfutter. Dies kann aus Salatgemüse, verschiedenen Wildgräsern und Kräutern bestehen. Obst und Kolbenhirse sollten sparsam verfüttert werden. Als wichtiger Futterzusatz sollte täglich Grit (extra in einer Schale oder über das Frischfutter gestreut) angeboten werden. Diese zerkleinerten Kiesel/Steinchen unterstützen die Reibetätigkeit des Muskelmagens und helfen so bei der Zerkleinerung der Nahrung und sind für die Verdauung besonders wichtig. Als löslicher Kalkgrit ist er ebenfalls eine Mineralstoffquelle. Geeignete Naturzweige als Sitzgelegenheit und Knabberspaß Verwendung ungespritzt & nicht aus der Nähe befahrener Straßen sämtliche Obstgehölze, Hasel, Walnuss, Linde, Pappel, Kastanie, Holunder, Platane, Eberesche Das gehört nicht auf den Speiseplan! „Vogelbisquit“, Knabber- & Honigstangen → zu hoher Zucker- & Kaloriengehalt menschliche Nahrung → insb. gesalzene Speisen, Schokolade, Alkohol, Süßigkeiten, Backwerk Fleisch, Käse, Quark, Ei → hoher Eiweißgehalt kann zu Nierenschädigungen führen Avocado → giftig Universität Leipzig Klinik für Vögel und Reptilien An den Tierkliniken 17, 04103 Leipzig Telefon (0341) 97 384 05 Telefax (0341) 97 384 09 E-mail: [email protected]