Special - BIOspektrum

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Special - BIOspektrum
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Ein neuer Weg zu Antikörper-Mikroarrays mit
höherer Spezifität und Selektivität
René Rübenhagen und Ronald Frank
Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF), Braunschweig
Antikörper-Mikroarrays haben das große
Potenzial sowohl der Proteomforschung als
auch der medizinischen Diagnostik neue
Horizonte zu erschließen. Für die Proteomforschung sind Mikroarrays wegweisend da
sie, gemäß der „ambient analyte theory“[1],
selbst niedrig konzentrierte Komponenten
eines komplexen Proteingemisches nachweisen können. Ein großer Fortschritt für
die medizinische Diagnostik wäre der kostengünstige simultane Nachweis einer Vielzahl krankheitsbezogener Biomarker mit nur
sehr geringen Mengen an Probenmaterial.
Vorteile von Sandwich-AntikörperMikroarrays
Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von Mikroarrays ist eine sehr hohe Selektivität der Sondenmoleküle, hier der
Antikörper (Ak). Gegenüber einfachen AkMikroarrays, die mittels immobilisierter Ak
markierte Proteine nachweisen, haben
Sandwich-Ak-Mikroarrays, analog dem
Sandwich-ELISA, eine sehr viel höhere Spezifität, da jedes Protein sowohl von einem
Fänger- als auch von einem Detektions-Ak
erkannt werden muss[2]. Ein weiterer Vorteil
von Sandwich-Assays ist, dass eine Markierung des zu untersuchenden Proteingemisches mit z. B. Biotin oder Fluoreszenzfarbstoffen, welche die Protein-Ak-Interaktionen beeinflussen könnte, überflüssig ist. Um
auch noch die Markierung der großen Anzahl von Detektions-Ak zu vermeiden, verwenden wir monoklonale Maus-Ak als Fänger und polyklonale Kaninchen-Ak zur Detektion. Hierdurch ist es nun möglich, die
Detektions-Ak indirekt mit nur einem markierten Anti-Kaninchen-Ak nachzuweisen.
Unspezifische Bindungen als zentrales
Problem
Seit einigen Jahren werden Ak-Arrays zur
Anwendung in der Laborroutine kommerziell angeboten. Mikroarrays mit mehreren
hundert oder gar tausenden von Antikörpern
sind bisher jedoch noch Wunschvorstellung.
Dies liegt an einem zentralen Problem, das
jeden Forscher, der Ak-Mikroarrays entwickelt, verzweifeln lässt. Obwohl Antikörper
eigentlich dafür bekannt sind, hochspezifisch ihr Antigen zu binden, beobachtet man
im realen Experiment, dass viele Antikörper,
selbst im Sandwichverfahren, unspezifisch
Abb. 1: A. Isolierung Epitop-spezifischer Antikörper aus polyklonalem Serum. Nach der Epitop-Charakterisierung eines polyklonalen Ak-Serums gegen ActA mit einem synthetischen Peptid-Array auf einer
Cellulose-Membran (SPOT-Synthese) wurden die markierten Regionen der Membran ausgeschnitten,
gestrippt, neu inkubiert und die gebundenen Epitop-spezifischen Ak jeweils separat eluiert. Region #8
diente als Kontrolle. B. Quantifizierung der auf PVDF-Membran immobilisierten eluierten Ak (5 µl). Der
Nachweis erfolgte jeweils mit einem Alkalische Phosphatase konjugierten Ziege-Anti-Kaninchen-Ak.
sowohl an andere Antikörper als auch an andere Proteine des Proteingemisches binden,
wenn auch häufig nur mit einer geringen Affinität. In einem Mikroarray-Experiment
allerdings, dass dafür ausgelegt ist, sowohl
hoch- als auch niedrig exprimierte Proteine
parallel nachzuweisen, lassen diese unspezifischen Bindungen niedrig exprimierte
Proteine im Hintergrundrauschen untergehen.
Um die Spezifität der Protein-Ak-Bindung zu erhöhen, werden oft Antipeptid-Ak
eingesetzt[3]. Allerdings binden sehr viele
der gegen Peptide generierten Ak nicht
mehr das native Protein und selbst eine Reihe erfolgreich generierter peptidgerichteter
polyklonaler Ak binden unspezifisch an andere Proteine[4]. Ein entscheidender Grund
hierfür ist, dass nach wie vor die Wahl der
Peptide aus theoretischen Überlegungen
heraus getroffen wird. Darüber hinaus müssen sich in einem Sandwichverfahren Detektions- und Fänger-Ak gut ergänzen, indem sie Epitope binden, die auf der Antigenoberfläche weit genug voneinander entfernt liegen.
Isolierung von Epitop-spezifischen
Antikörpern
Wir haben eine Methodik entwickelt, die es
ermöglicht, die Eignung von Ak für den Einsatz in Mikroarray-Experimenten mit dem
jeweils zu untersuchenden komplexen Proteingemisch (z. B. Blutserum, Urin, etc.) bereits frühzeitig experimentell zu bestimmen
und Epitop-spezifische Ak zu selektieren,
welche die geringsten Kreuzreaktionen aufzeigen. Wir nutzen dafür den Ak-Pool eines
tierischen Immunsystems, der gegen ein
Protein-Antigen generiert wurde.
Unser Verfahren verdeutlichen wir hier
am Beispiel des ActA-Proteins, einem Pathogenitätsfaktor des Listeriose-Erregers
Listeria monocytogenes. Dazu wurde eine Serie von überlappenden ActA-Peptiden (15mere, jeweils um 3 AS versetzt) auf einer
Cellulose-Membran als kleine Spots chemisch synthetisiert[5]. Diese Membran wurde mit einem polyklonalen Anti-ActA-Kaninchenserum inkubiert und die Peptid-bindenden Ak-Subpopulationen detektiert
(Abb. 1A). Die positiven Peptidregionen wurden aus der Membran ausgeschnitten, von
Proteinresten freigewaschen (gestrippt) und
mit einer höheren Serumkonzentration erneut inkubiert. Die peptidbindenden Epitop-spezifischen Ak wurden dann mit einem
saurem Puffer (pH 2,3 – 3,0) separat von den
Membransegmenten eluiert, wobei in jeweils 250 µl Eluat 0,5 – 1,25 µg Ak enthalten
waren (Abb. 1B). Die eluierten Ak wurden
anschließend im Sandwich-Ak-Mikroarray
als Detektions-Ak eingesetzt und miteinanBIOspektrum · Sonderausgabe · 11. Jahrgang
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Abb. 2: Vergleich der isolierten Epitop-spezifischen Anti-ActA-Antikörper im Sandwich-Ak-Mikroarray. Monoklonale MausAk gegen alle bekannten Pathogenitätsfaktoren aus L. monocytogenes wurden als Fänger-Ak wie im Schema oben Mitte
dargestellt immobilisiert. Als Detektions-Ak wurden das polyklonale Ak-Serum (pAk) sowie die isolierten Epitop-spezifischen Ak (#1–#11) verwendet bzw. kein Detektions-Ak (ohne Ak) eingesetzt. Der Nachweis erfolgte mit einem Cy5markierten Ziege-Anti-Kaninchen-Ak.
der verglichen (Abb. 2). Als Beispiel eines
komplexen Proteingemisches haben wir hier
die von L. monocytogenes sekretierten Proteine, das Sekretom, verwendet. Dieses Subproteom besteht aus über 200 Proteinen, darunter alle bekanntermaßen an der Pathogenität von L. monocytogenes beteiligten Virulenzfaktoren[6]. Beim Vergleich der eluierten
Ak zeigten die Ak #2, #1 und #5 die höchste
Affinität zu ActA. Die höchste Selektivität
hatte schließlich Ak #2, da dieser überhaupt
keine anderen Ak oder Proteine unspezifisch
gebunden hat; die noch nachweisbaren Restsignale resultierten einzig aus unspezifischen
Bindungen des Cy5-markierten sekundären
Ziege-Anti-Kaninchen-Ak an die immobilisierten Ak sowie an die Sekretom-Proteine
(vgl. in Abb. 2 „ohne Ak“ und „#2“).
Schlussfolgerungen und Ausblick
Mittels unseres neuen Screeningverfahrens
haben wir einen Detektions-Ak selektiert,
der die unspezifischen Bindungen im Mikroarray-Experiment extrem minimiert (vgl. in
Abb. 2 „pAk“ und „#2“). Hierdurch wird es
nun möglich, auch sehr niedrig exprimierte
Proteine in komplexen biologischen Proben
nachzuweisen. Dies trifft im übrigen nicht
nur auf Mikroarray-Experimente zu, da das
von uns beschriebene Ak-Screening auch
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ohne weiteres auf Bead-basierte Verfahren
übertragbar ist, die in gleichem Maße mit
unspezifischen Bindungen zu kämpfen haben[7]. Größere Mengen des Epitop-spezifischen Ak #2 haben wir inzwischen durch
Peptid-Affinitäts-Chromatographie gewonnen. Eine weitere Quelle könnte durch Generierung von anti-#2 Ak mittels Peptidimmunisierung im Kaninchen erschlossen werden. Um Detektions-Ak gleicher Qualität
auch in unbegrenzter Menge zur Verfügung
zu haben, versuchen wir auch, gegen die
„besten Epitope“ peptid-gerichtete monoklonale Ak in Kaninchen oder Ratten zu generieren.
Danksagung
Diese Arbeiten wurden mit Mitteln des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter den Förderkennzeichen
0312892A und 01GR0425 gefördert. Die
Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. Wir bedanken uns bei J. Wehland und U. Kärst für
die kritische Durchsicht des Manuskriptes.
Literatur
[1] Ekins, R. P. (1989): Multi-analyte immunoassays.
J Pharm Biomed Anal. 7: 155–68.
[2] MacBeath, G. (2002): Protein microarrays and proteomics. Nat Genet. 32: Suppl. 526–32.
[3] Palfreyman, J.W. et al. (1984): Guidelines for the
production of polypepdide specific antisera using small
synthetic oligopeptides as immunogens. J Immunol
Methods. 75: 383–393.
[4] Michaud, G.A. et al. (2003): Analyzing antibody
specificity with whole proteome microarrays. Nat
Biotechnol. 21: 1509–12.
[5] Frank, R. (2002): The SPOT-synthesis technique.
Synthetic peptide arrays on membrane supports – principles and applications. J Immunol Methods. 267: 13–26.
[6] Trost, M. et al. (2005): Comparative proteome
analysis of secretory proteins from pathogenic and nonpathogenic Listeria species. Proteomics. 5: 1544–1557.
[7] Templin, M.F. (2004): Protein microarrays and multiplexed sandwich immunoassays: What beats the beads?
Comb Chem High Throughput Screen. 7: 223–9.
Korrespondenzadresse:
Dr. Ronald Frank
GBF Braunschweig
Abt. Chemische Biologie
Mascheroder Weg 1
D-38124 Braunschweig
Tel.: 0531-6181 720
Fax: 0531-6181 795
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