Neue Bücher - BIOspektrum
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Neue Bücher - BIOspektrum
Buchbesprechungen 319 Neue Bücher gesichtet von Lothar Jaenicke kation, transponierbaren Elementen sowie Mitochondrien – eine bunte Mixtur, welche die gesamte Spannbreite der gegenwärtigen S. pombe-Forschung widerspiegelt. Die Abbildungen sind bis auf zwei Mikroskopiebilder konsequent in Schwarz/ Weiß gehalten und teilweise etwas schlicht. Die einzelnen Beiträge sind überwiegend detailliert und aktuell einschließlich der Referenzen. Das Buch ist ein Muss für jeden heutigen und zukünftigen S. pombe-Forscher, aber aufgrund des Modellcharakters dieser Hefe auch interessant für For- scher, die an verwandten biologischen Fragestellungen in anderen Systemen arbeiten. Bedauerlicherweise wird der Preis von 199 Euro der – verdienten – Verbreitung des Buches nicht förderlich sein. Ursula Fleig, Düsseldorf The Molecular Biology of Schizosaccharomyces pombe Richard Egel (Ed.). XXVIII, 450 p., 72 figs., 15 tabs.. Springer, Heidelberg 2004. Kart., € 199,95 (Netto). ISBN 3-540-00693-1 Die Spalthefe Schizosaccharomyces pombe hat sich längst von einem Nischendasein zu einem eukaryotischen Modellorganismus für das Studium vieler grundlegender biologischer Fragestellungen in Laboren auf der ganzen Welt entwickelt. Ein Buch, das einen aktuellen Überblick über die wichtigsten Bereiche der gegenwärtigen genetischen, zellbiologischen und biochemischen Forschung der Spalthefe gibt, war also mehr als überfällig. Die einzelnen Kapitel des Buches, beginnend mit einer Einführung in die klassische S. pombe-Genetik und endend mit der phylogenetischen Analyse dieses Organismus, wurden von den auf den unterschiedlichen Themengebieten tätigen Wissenschaftlern geschrieben. Sie bieten unter anderem detaillierte, aktuelle Informationen über das sequenzierte S. pombe-Genom, Determinanten und Regulatoren des vegetativen Zellzyklus und der Meiose sowie damit verwandten Aspekten. Weitere Kapitel befassen sich mit Transkription und Translation, ProteinmodifiBIOspektrum · 3/05 · 11. Jahrgang Praktikum der Molekulargenetik. Ulrich Kück (Hrsg.). XVI, 432 S., 83 Abb., 40 Tab.. Springer, Heidelberg, New York, 2005. € 34,95. ISBN 3-540-21166-7 Mit dem ausführlichen Band „Praktikum der Molekulargenetik“ füllt der Springer-Verlag eine offensichtliche Marktlücke zwischen einem Lehrbuch und den reinen „Kochrezepten“. Der Herausgeber und seine Autoren verstehen es hervorragend, diesen Spagat auszuhalten und das Buch zu einem großen Gewinn für den Leser werden zu lassen. In diesem Buch werden beispielhaft molekulargenetische Experimente mit pro- und eukaryotischen Modellorganismen dargestellt; die Zielgruppe sind Studierende des Grund- und Hauptstudiums verschiedener biowissenschaftlicher Disziplinen. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass Lehrer an Gymnasien und Dozenten an den Universitäten, die ihre jeweiligen Praktika planen, dieses Buch mit großem Nutzen verwenden können. Das Buch beginnt in seinem ersten von 10 Kapiteln mit der Vorstellung der wichtigsten einfachen Modellsysteme der Genetik wie Bakterien, Pilzen, Algen, Arabidopsis und dem Hausund Hoftierchen der Genetiker, der Taufliege Drosophila. Dabei werden jeweils historische Bemerkungen mit der Darstellung des Lebenszyklus, technischen Entwicklungen, biologischen Fragestellungen und genetischen Ressourcen verknüpft. In den folgenden Kapiteln wird dann die praktische Klärung einiger wichtiger biologischer Fragestellungen erläutert und die Durchführung basaler Experimente in genauen Laborvorschriften dargestellt; dazu gehören dann auch Hinweise zur Auswertung. Die besprochenen Themen umfassen genetische Kreuzungen, DNA-Transformation, PCR-Analytik mit ihren diversen Verästelungen, die Analyse von DNA-Protein-Wechselwirkungen, heterologe Genexpression und Reportergene. Die Schlusskapitel beschäftigen sich mit der Bioinformatik (wo finde ich was im Netz?) und den Grundtechniken der molekularen Genetik. Bei all’ den lobenden Worten bleibt am Ende doch ein Wehrmutstropfen: das „Praktikum der Molekulargenetik“ beschränkt sich leider auf „besonders geeignete“ – höhere Modellorganismen, wie den Fadenwurm C. elegans, der Zebrafisch oder gar die Maus, fehlen dagegen vollständig. Das ist schade, weil damit eine Chance verpasst wurde, diese etwas komplexeren Systeme im Gesamtzusammenhang mit anderen etablierten Modellsystemen der Genetik darzustellen, auch wenn einzelne Anwendungen in einem Grundpraktikum für Genetik aufgrund der Komplexität nicht zum Zuge kommen können. Allerdings könnten bei einer Neuauflage in einigen Jahren sicherlich Anregungen für Vertiefungskurse von Kollegen aufgenommen werden, die an diesen Modellorganismen arbeiten, so dass dieses wertvolle Buch sich noch einem weiteren Leserkreis würde erschließen können. Jochen Graw, GSF-Forschungszentrum für Umwelt- und Gesundheit, Neuherberg Buchbesprechungen 320 Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“ W. Schieder und Achim Trunk (Hrsg.). Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, Bd. 7. Hrsg. der Reihe: Reinhard Rürup und Wolfgang Schieder im Auftrag der Präsidentenkommision der Max-PlanckGesellschaft. 456 S.. Wallstein Verlag, Göttingen, 2004. Brosch. € 34,00. ISBN 3-89244-752-7 Sage mir Deine Freunde, und ich sage Dir, wer Du bist. Adolf Butenandt (1903–1995) war wohl der bekannteste und höchstdekorierte Chemiker im restaurativen Deutschland des vorigen Jahrhunderts, das er tatsächlich wie kaum ein anderer Wissenschaftler in Haltung, Person und Perspektive verkörperte. Er war das, was heute ein „Leuchtturm der Spitzenforschung“ genannt wird, dazu ein hervorragender Manager mit „politischer“ Begabung, „strategischer“ Perspektive, „taktischem“ Fingerspitzengefühl und „bestrickender“ Kombinationskunst, ein Magnet für eine bestimmte Art von Menschen und ein Repräsentant der Institution Kaiser-Wilhelm-/ Max-Planck-Gesellschaft, die er nach Otto Hahn zehn Jahre lang als Präsident leitete und gespürsicher sehr wesentlich ausrichtend in die und in der Nach-NSZeit führte. Diese hat er, als Aufsteiger und Anpasser, gut überstanden, aber sie holte ihn im Lauf der achtziger Jahre ein. Er ließ deshalb von seinem Hierodulen eine Ikone auf Goldgrund in glättendem Öl malen, die so über-zweidimensional verschönend aus der reichhaltigen Akten- und Memorienlage ausgewählt war, dass sie, zunächst inneren, dann äußeren Widerspruch hervorrief. Wodurch der Untergrund sich verdunkelte und blätterte, wenn auch das Standardbild bleibt: Ein mit allen Drittmittelgebern kollaborierender vespasianischer „non olet“-Patriot. Man darf ihn nicht mit der tragischen Parallele Fritz Habers vergleichen, dessen heilloser Patriotismus aus ganz anderen historischen und menschlichen Wurzeln stammte. Den nun vorgelegten Studien aus dem von Hubert Markl, Butenandts dritten Nachfolger, inaugurierten Projekt, der „Geschichte der KWG im NS“ nachzugehen, ist lesenswert. Sie machen durchaus keine Mohrenwäsche, denn dazu gibt es zu wenig Anlass und zu viele Unterlagen, auch persönlichster (wenn vielleicht auch gefilterter) Art in Briefen und Äußerungen, die die Unentwicklung vom kleinbürgerlich- antiproletarischen, jungdeutsch-verquasten Ordensmann zum Gefolgschaft führenden Pflichtdurchhalter mit noblem Schliff, emphatischen Schwulst und obligater Frauenmissachtung dokumentieren, aber auf Gerechtigkeit unter der Perspektive der Milieu- und Zeitumstände bedacht, insbesondere gegen die Anwürfe der Mittäter-, nicht Mitwisserschaft an wissenschaftlichen Verbrechen der Rassen- und Inhumanmedizin. Die Darstellung der „kriegswichtigen“ Forscherei mancher seiner Mitarbeiter, aber auch die nibelungentreuen Wechselkontakte zu gefährlicheren Ideologen der Anthropologie und die nützlichen Gegen- und Dreiseitigkeiten mit verschiedenen Pharmaunternehmen sowie die Versuche, sich in der Nach-NS-Zeit glatt zu verhalten, charakterisieren hervorragend. Vergangenheiten bewältigt der Überlebenskünstler ohne Verlegenheiten. Die Aufsätze sind natürlich umfassend mit Fußnoten offen gelegt, sie sind auch geistreich und wägend, oft etwas gedeckt argumentierend, geschrieben. Diese Historiker, auch wenn sie von der Seite einsteigen, kennen die Materie aus naher Nähe und können alles Geschriebene belegen, nur – fast alle scheuen sich, im Seelengestrüpp Staub aufzuwirbeln. Das ist nicht ihr Metier, aber gibt der Person plastische Form. Wer Feodor Lynen gekannt hat, weiß, weshalb diese von geistigem und körperlichem Habitus so ungleichen, in der Forschung komplementären Typen Abstand wahr- ten, wie die Pole einer Ellipse der Lebenswissenschaft, auch wenn sie geographisch nur einen knappen Kilometer auseinander lagen. Das war ein Mann! HEXAL-Taschenlexikon Medizin. deutschter Begriffe (mit „k“ und „z“). Man kann halt nicht stur systematisch sein und soll auch nicht allen Herren dienen wollen. Es ist ein gescheiter und sympathischer Kompromiss zwischen Herkommen und Gebrauch. Natürlich bedingen das Format und die Fülle einen sehr kleinen Druck, und die konventionelle Times-Type macht ihn nicht lesbarer. Man muss das fürs allgemeine Beste in Kauf nehmen, hält sich zumindest an den Gebrauch. Notwendige chemische Formeln sind auf ein Minimum, aber korrekt, reduziert, klinisch wichtige Syndrome und diagnostische Hilfen sind kleinräumig tabelliert, die Zeichnungen klar und die Buntbilder, auf die für den medizinischen Augenmenschen großer Wert gelegt wird, gut erkennbar reproduziert. Da Mediziner zudem noch ein liebenswertes Stilgefühl für ihre Vorväter haben, benutzen sie Eponyme, die hier in Versalien hervorgehoben werden. Ein AkronymenVerzeichnis (z.B. der vielen unter „Syndrom“ (= „xxxS“) hilflos zusammengefassten multiplen Krankheitserscheinungen) wäre ein hilfreicher Entwirrungsbeitrag – oder eine kurze Auflistung der griechischen und lateinischen Wurzelwörter ein aufklärender Beitrag zur Allgemeinbildung. Das Ganze aber ist auch ohne das ein sehr brauchbares informatives Taschenbuch. Es besticht durch die saubere Aufmachung, die Fülle, das Preis-Leistungsverhältnis und besteht dadurch sicher neben analogen, lange bewährten Medizinwörterbüchern. 3. neubearb., erw. Aufl., bearb. v. d. Lexikonredaktion. II, 934 S. zahlr., z. Großteil farb. Abb.. Elsevier/Urban & Fischer, München/Jena, 2004. Kart. € 19,95. ISBN 3-437-15011-1 Sobald unsere gebündelten Wissenschaften in die Anwendung gehen, haben wir es mit der Medizin und den Medizinern zu tun, sei es diagnostisch analysierend oder therapeutisch helfend. Da ist es gut, wenn man schon nicht von Beginn in der gleichen Sprache trainiert wurde, sich über ein Lexikon zu verständigen. Und im Übrigen ist es immer belehrendes Abenteuer, in einem solchen Nach- und Überschlagebuch Neugier zu befriedigen, die uns notorisch beschäftigt und aus ihm Wissen zu mehren, das uns tagtäglich abgefordert wird. Durch die generöse Sponsorschaft des Pharma-Unternehmens HEXAL AG war des dem Verlagskombinat mit Hilfe einer kleinen, aber offensichtlich tüchtigen Redaktion, Layouterei und Datenverarbeitung möglich, ein umfassendes und zugleich erschwingliches alphabetisches Wörterbuch der Medizinbegriffe in abermalig kontrollierter und erweiteter Auflage vorzulegen. Auf knapp tausend Seiten findet man kurze, sich gegenseitig bündelnde und stützende Definitionen von, wie die Redaktion angibt, über 23.000 Eintragungen aus der grundlegenden, klinischen und Labormedizin, aus Praxis und Forschung. Die Schreibweise ist bevorzugt das internationale „c“ bei lateinischem, „k“ bei griechischem Ursprung – mit Ausnahmen einge- Lothar Jaenicke, Köln Lothar Jaenicke, Köln BIOspektrum · 3/05 · 11. Jahrgang