Fundraising-Konzepte und -Strategien deutscher Bürgerstiftungen

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Fundraising-Konzepte und -Strategien deutscher Bürgerstiftungen
D I S K U S S I O N S PA P I E R E
Z U M N O N P R O F I T -S E K T O R
Diskussionspapiere zum Nonprofit-Sektor
Marco Groß
Fundraising-Konzepte
und -Strategien deutscher
Bürgerstiftungen
Nr. 23 (2004)
"Diskussionspapiere zum Nonprofit-Sektor"
Die als Publikationsreihe der Arbeitsstelle Aktive Bürgerschaft im Institut für Politikwissenschaft
der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster gegründeten "Münsteraner Diskussionspapiere
zum Nonprofit-Sektor" erscheinen seit 2004 (ab Heft 23) unter Mitwirkung weiterer Hochschulen
als "Diskussionspapiere zum Nonprofit-Sektor" mit der ISSN Nr. 1613-0847.
Publiziert werden wissenschaftliche Beiträge zu aktuellen Fragen der Dritte-Sektor-Forschung.
Die
Diskussionspapiere
bieten
insbesondere
jungen
Wissenschaftlerinnen
und
Wissenschaftlern die Möglichkeit zur Veröffentlichung. Die Hefte erscheinen in begrenztem
Umfang als Printausgaben sowie als elektronische Publikationen und stehen im PDF-Format
zum kostenlosen Herunterladen unter www.dritte-sektor-forschung.de zur Verfügung. Jährlich
erscheinen zwischen sechs und zehn Hefte. Der Wissenschaftliche Beirat und die Herausgeber
entscheiden über die Annahme zur Veröffentlichung.
Redaktion:
Dr. Stefan Nährlich, Judith Polterauer. Aktive Bürgerschaft, Albrechtstraße 22, 10117
Berlin. Tel. 030/2400088-0; [email protected]
Beirat:
Prof. Dr. Annette Zimmer, Professorin für deutsche und europäische Sozialpolitik im
Institut für Politikwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Holger Backhaus-Maul, verantwortlicher wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Fachgebiet
„Recht, Verwaltung und Organisation“ im Fachbereich Erziehungswissenschaften der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg
Prof. Dr. Bettina Hohn, Professorin für Public und Nonprofit Management an der
Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin (FHVR)
Prof. Dr. Ludwig Theuvsen, Professor für Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness im Institut
für Agrarökonomie der Georg-August-Universität Göttingen
Dr. Frank Adloff, wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für vergleichende Soziologie am
Zentrum für Europa- und Nordamerikastudien (ZENS) Georg-August-Universität Göttingen
Fundraising-Konzepte und –Strategien deutscher
Bürgerstiftungen – eine Untersuchung und
Wirkungsanalyse anhand ausgewählter Beispiele
Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades
Diplom - Kaufmann (FH)
im hochschulübergreifenden Studiengang
"Öffentliches Dienstleistungsmanagement (Public Management)"
der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und der Fachhochschule
für Verwaltung und Rechtspflege Berlin
vorgelegt von:
Marco Groß
Fredericiastraße 1
14059 Berlin
Tel.: 030/30 20 12 82
Gutachter:
Prof. Dr. Olaf Winkel
Prof. Dr. Bettina Hohn
Berlin, 30. Juni 2003
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung.................................................................................................................... 1
2. Bürgerstiftungen als neue Form des bürgerschaftlichen Engagements...................... 3
3. Bürgerstiftungen ......................................................................................................... 5
3.1 Die Stiftungslandschaft in Deutschland .............................................................. 5
3.2 Was ist eine Bürgerstiftung? ............................................................................... 7
3.3 Entstehungsmodelle........................................................................................... 11
3.4 Community Foundations in den USA ............................................................... 12
3.5 Bürgerstiftungen in Deutschland....................................................................... 13
4. Fundraising ............................................................................................................... 15
4.1 Definition Fundraising ...................................................................................... 15
4.2 Der Spendenmarkt in Deutschland.................................................................... 16
4.2.1 Das Gesamtvolumen ................................................................................. 17
4.2.2 Privatpersonen als Spender....................................................................... 19
4.2.3 Spendermotive .......................................................................................... 20
4.2.4 Unternehmen als Spender ......................................................................... 21
4.2.5 Erbschaften ............................................................................................... 22
4.3 Strategien des Fundraising ................................................................................ 23
4.3.1 Planung des Fundraising........................................................................... 23
4.3.2 Die Spenderpyramide ............................................................................... 25
4.3.3 Relationship-Fundraising.......................................................................... 26
4.4 Fundraising-Instrumente ................................................................................... 27
4.4.1 Das persönliche Gespräch......................................................................... 27
4.4.2 Der Spendenbrief - das Mailing................................................................ 28
4.4.3 Telefon-Fundraising.................................................................................. 29
4.4.3 Fundraising-Event / (Benefiz-)Veranstaltung........................................... 30
4.4.4 Matching Fund.......................................................................................... 30
4.4.5 Erbschaftsmarketing ................................................................................. 31
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis ....................................................... 32
5.1 Zentrale Fragestellung und methodisches Vorgehen ........................................ 32
5.2 Fallstudie Bürgerstiftung Dresden .................................................................... 34
5.3 Fallstudie Bürgerstiftung Hamburg................................................................... 40
5.4 Fallstudie Stadt Stiftung Gütersloh ................................................................... 44
5.5 Fallstudie Bürgerstiftung Hannover .................................................................. 49
6. Ergebnisse ................................................................................................................. 54
7. Zusammenfassung und Ausblick .............................................................................. 58
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis .......................................................................... 60
Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 61
Marco Groß
1. Einleitung
1. Einleitung
Die US-amerikanischen Community Foundations leisten bereits seit mehr als achtzig
Jahren erfolgreiche Arbeit für ihr Gemeinwesen. Seit Ende der neunziger Jahre finden
sich auch in Deutschland mehr und mehr Bürger und Unternehmen, die dieses
Stiftungsmodell aufgreifen, um sich gemeinsam in einer Stiftung von Bürgern für
Bürger vor Ort mit ihrer Zeit und ihrem Geld zu engagieren. Durch den besonders weit
gefassten Stiftungszweck können Bürgerstiftungen eine Vielzahl von gemeinnützigen
Aktivitäten und Projekten in ihrer Stadt oder Region unterstützen.
Da Bürgerstiftungen anders als herkömmliche Stiftungen ihr Stiftungsvermögen erst
langfristig aufbauen, ist eines ihrer Hauptziele die Einwerbung von Spenden und
Zustiftungen, um die Arbeit der Bürgerstiftung auf lange Sicht zu gewährleisten. Um
bei dieser Mittelakquise erfolgreich zu sein, müssen sich auch Bürgerstiftungen
zunehmend mit den Instrumenten und Strategien des modernen Fundraising
auseinandersetzen und die für sie geeigneten Methoden herausfinden und anwenden. Im
Rahmen dieser Arbeit werden daher die Fundraising-Konzepte und –Strategien
ausgewählter Bürgerstiftungen näher betrachtet und es wird untersucht, welche
Fundraising-Instrumente mit welchem Erfolg angewandt werden.
Die Arbeit hat folgenden Aufbau: das nachfolgende Kapitel 2 beschäftigt sich mit den
Bürgerstiftungen als neue Form bürgerschaftlichen Engagements im Kontext der
Diskussion zum Thema Bürgergesellschaft.
Die Geschichte und Charakteristika der Bürgerstiftungen
Entstehungsmodelle werden im dritten Kapitel behandelt.
sowie
ihre
Im vierten Kapitel wird der Begriff Fundraising definiert. Des Weiteren wird in diesem
Kapitel näher auf den deutschen Spenden- und Erbschaftsmarkt eingegangen, um zu
verdeutlichen, welche Möglichkeiten und Grenzen sich in diesem Segment für die
Bürgerstiftungen eröffnen. Zudem werden die wichtigsten Fundraising-Strategien und –
Instrumente vorgestellt, um einen grundlegenden Einblick in die Thematik des
Fundraising zu bieten.
Gegenstand des fünften Kapitels ist die Untersuchung der zentralen Fragestellungen, mit
welchen Instrumenten die ausgewählten Bürgerstiftungen ihr Fundraising betreiben und
wie erfolgreich sie dabei sind. Anhand von Fallstudien werden die Ergebnisse der vom
Autor geführten Experteninterviews dokumentiert, um anschließend im Kapitel 6
1
Marco Groß
1. Einleitung
Schlussfolgerungen daraus abzuleiten. Im abschließenden siebten Kapitel folgt eine
Zusammenfassung sowie ein Ausblick auf weitergehende Forschungsfragen.
Zum Thema Bürgerstiftungen gibt es derzeit erst wenig Fachliteratur. Die Publikationen
zum Fundraising beschäftigen sich meist mit den Fundraising-Methoden großer
gemeinnütziger Organisationen oder Vereine und sind in der Regel als Ratgeber
konzipiert. Veröffentlichungen, die sich speziell mit dem Fundraising von
Bürgerstiftungen beschäftigen, sind bisher äußerst selten. Daher soll diese Arbeit dazu
beitragen, im Zusammenhang mit der aktuellen und sehr dynamischen Diskussion zum
Thema Bürgerstiftungen, die Besonderheiten im Fundraising von Bürgerstiftungen zu
untersuchen und herauszuarbeiten. Die Arbeit kann Bürgerstiftungen und
Gründungsinitiativen eine Hilfestellung bei der Frage bieten, welche FundraisingInstrumente für eine zielgerichtet und erfolgreiche Einwerbung von Spenden und
Zustiftungen geeignet sind und welche eher nicht.
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Marco Groß
2. Bürgerstiftungen als neue Form des bürgerschaftlichen Engagements
2. Bürgerstiftungen als neue Form des bürgerschaftlichen
Engagements
In den vergangenen Jahren ist das Interesse am bürgerschaftlichen Engagement
weltweit deutlich gestiegen. Dies zeigt sich u.a. darin, dass sich immer mehr
Forschungsvorhaben, Tagungen und Publikationen mit dem Thema beschäftigen
und dass der Deutsche Bundestag eine Enquete-Kommission zum Thema
„Bürgerschaftliches Engagement“ einsetzte. Grund dieser gewachsenen
Aufmerksamkeit ist, dass bürgerschaftliches Engagement als ein Ausdruck der
Mitverantwortung und Mitgestaltung der Bürger an ihrem Gemeinwesen und ihrer
Gesellschaft angesehen wird. Bürgerschaftliches Engagement gewinnt an
Attraktivität dort, wo Staat und Markt nicht in der Lage sind, die Probleme der
heutigen Zeit zu lösen. Es wird als eine Basis moderner und demokratischer
Entwicklungen anerkannt und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
unerlässlich. In diesem Zusammenhang wird hierzulande seit einiger Zeit der
Begriff der Bürgergesellschaft als neues gesellschaftliches Konzept diskutiert. Die
Enquete-Kommission
„Bürgerschaftliches
Engagement“
des
Deutschen
Bundestages definiert ihn in ihrem Abschlussbericht wie folgt:
„Bürgergesellschaft ist die Vision einer politischen Gemeinschaft, in der nicht allein
oder vorrangig der Staat und seine Institutionen für die Zukunft der politischen
Gemeinschaft Verantwortung tragen. Bürgergesellschaft heißt, sich von der
Vorstellung der Allzuständigkeit des Staates zu verabschieden, zuzulassen und zu
fordern, dass Bürgerinnen und Bürger in größerem Maße für die Geschicke des
Gemeinwesens Sorge tragen. Bürgergesellschaft ist eine Gesellschaft
selbstbewusster und selbstverantwortlicher Bürger, eine Gesellschaft der
Selbstermächtigung und Selbstorganisation“ (Enquete-Kommission 2002, S. 76).
Die relativ junge Stiftungsform der Bürgerstiftung wird zunehmend als ein Modell
für diese Bürgergesellschaft angesehen, da sie auf dem selbstorganisierten
Engagement von Bürgern und Unternehmen vor Ort basiert und durch den
langfristigen Kapitalaufbau nachhaltig und unabhängig handeln kann. Deshalb
„bieten die Bürgerstiftungen in finanzieller, persönlicher und konzeptioneller
Hinsicht vielfältige, dauerhafte und doch flexible Engagementmöglichkeiten
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2. Bürgerstiftungen als neue Form des bürgerschaftlichen Engagements
aufgrund ihrer multifunktionalen Aufgabenwahrnehmung und tragen durch ihren
breit angelegten Stiftungszweck dazu bei, dass sich eine gelebte Engagementkultur
der Bürgergesellschaft bildet“ (Nährlich 2002, S. 22).
Die Ressourcen der Bürger, sprich ihre Zeit, ihre Ideen, ihr Engagement und ihr
Vermögen, können in der zivilgesellschaftlichen Organisationsform der
Bürgerstiftung sehr gut gebündelt und zielgerichtet eingesetzt werden. Durch diese
Förderung des bürgerschaftlichen Engagements haben Bürgerstiftungen die
Möglichkeit, bei der Entwicklung der Bürgergesellschaft in ihrem Gemeinwesen
mit beizutragen (vgl. Enquete-Kommission 2002, S. 247; Bertelsmann Stiftung
1999, S. 121).
Bürgerstiftungen können und sollen eine bürgerschaftliche Ergänzung zum
staatlichen und kommunalen Handeln sein, sie haben aber nicht die Aufgabe und
auch nicht die Kapazitäten, dieses Handeln des politisch-administrativen Systems
zu ersetzen (vgl. Kanitz 2000, S. 11).
Seit Ende der neunziger Jahre findet die Idee der Bürgerstiftungen auch in
Deutschland Verbreitung. International wird die Anhängerschaft der
„Bürgerstiftungsbewegung“ ebenfalls immer größer. Überall schließen sich
Privatpersonen und Unternehmen zusammen, um dauerhafte Ressourcen für ihr
Gemeinwesen bereitzustellen. Dies belegen die hohen Zahlen an Neugründungen
dieses Stiftungstyps nicht nur in den USA, in Kanada und in Europa, hier
insbesondere in Großbritannien, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten.
Weltweit wurden Bürgerstiftungen oder ähnliche Organisationsformen gegründet,
z.B. in Mexiko, Ecuador, Brasilien, Israel, Australien, Neuseeland, Japan,
Westafrika und Indien (vgl. Feurt/Sacks 2000, S. 53f).
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Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
3. Bürgerstiftungen
3.1 Die Stiftungslandschaft in Deutschland
Stiftungen haben hierzulande eine lange Tradition, die sich bis in das Mittelalter
zurückverfolgen lässt. Im Früh- und Hochmittelalter konnte man einen regelrechten
Stiftungsboom verzeichnen. Die damaligen Stifter leisteten durch ihre Stiftung
einen wichtigen Beitrag zur Armenfürsorge sowie zur Alten- und Krankenpflege.
Diese Blütezeit des Stiftens hörte aber spätestens in der Zeit der Aufklärung auf.
Das moderne Stiftungswesen, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand, war
besonders durch die Förderung des Kulturbereichs gekennzeichnet (vgl. Zimmer
2000, S. 10f). Seit Ende des 20. Jahrhunderts erlebt das deutsche Stiftungswesen
einen starken Aufschwung. Bis 2001 wurden Jahr für Jahr mehr Stiftungen neu
errichtet. Vergleicht man die Zahlen der Neuerrichtungen in den Jahren 1990-1999
mit den Zahlen der Jahre 1980-1989, so sieht man, dass in den neunziger Jahren
mehr als doppelt so viele Stiftungen gegründet wurden wie in den achtziger Jahren.
Diese Entwicklung scheint sich tendenziell weiter fortzusetzen, da in den Jahren
2000-2002 bereits 2.299 neue Stiftungen errichtet wurden (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Neuerrichtungen von Stiftungen in Deutschland 1960-2002
Quelle: www.stiftungen.org/statistik/2002/StiftungenInZahlen20030514.pdf [02.06.03]
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Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
Im Jahr 2002 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 11.292 rechtsfähige
Stiftungen des bürgerlichen Rechts. Hinzu kommen noch unselbständige Stiftungen,
Stiftungen öffentlichen Rechts, Stiftungsvereine und Stiftungsgesellschaften (vgl.
Bundesverband Deutscher Stiftungen 2003).
Bei der Betrachtung des Stiftungswesens in Ost und West ist ein deutliches Gefälle
zu erkennen (siehe Abbildung 2). In den fünf ostdeutschen Bundesländern ist der
Stiftungsgedanke weiterhin sehr viel weniger stark verbreitet als in den
westdeutschen Ländern. Dies spiegelt sich sowohl bei den Zahlen über bereits
bestehende Stiftungen, als auch bei den Zahlen der Neuerrichtungen von Stiftungen
wider. So wurden zum Beispiel im Jahr 2002 in Brandenburg und Sachsen-Anhalt
jeweils nur vier Stiftungen gegründet, in Nordrhein-Westfalen dagegen 182 und in
Bayern 123.
Abbildung 2: Bestand Stiftungen in Deutschland
Quelle: www.stiftungen.org/statistik/2002/StiftungenInZahlen20030514.pdf [02.06.03]
Nach vielen Jahren des stetigen Wachstums wurden im Jahr 2002 erstmals weniger
Stiftungen errichtet als im Vorjahr. Laut Dr. Christoph Mecking, Geschäftsführer des
Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, ist diese gegenwärtige Entwicklung auf die
Zurückhaltung und Verunsicherung potentieller Stifter zurückzuführen, die wiederum
durch die negative Entwicklung auf den Kapitalmärkten und eine unklare Situation im
Stiftungsrecht zu begründen ist (vgl. Bundesverband Deutscher Stiftungen 2003). In
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Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
Abbildung 3 ist erkennbar, dass das Niveau der Neugründungen 2002 dennoch fast
gehalten werden konnte und im Vergleich zu 1990 um ein Vielfaches höher liegt.
Abbildung 3: Neuerrichtungen von Stiftungen in Deutschland 1990-2002
Quelle: www.stiftungen.org/statistik/2002/StiftungenInZahlen20030514.pdf [02.06.03]
3.2 Was ist eine Bürgerstiftung?
Der bundesdeutsche Stiftungssektor ist vor allem von Familienstiftungen,
Unternehmensstiftungen (z.B. Bosch-Stiftung) und Parteienstiftungen (z.B. KonradAdenauer- und Friedrich-Ebert-Stiftung) geprägt. Seit Ende der neunziger Jahre hält
mit den Bürgerstiftungen eine neue Stiftungsform in Deutschland Einzug, die mehr
und mehr Beachtung findet und deren Grundidee auf die US-amerikanischen
Community Foundations zurückzuführen ist (vgl. Kap. 3.4). Diese Stiftungsform
wird auch als Stadtstiftung oder Gemeinschaftsstiftung bezeichnet, wobei sich der
Begriff Bürgerstiftung im deutschsprachigen Raum durchgesetzt hat.
Unter einer Bürgerstiftung versteht man folglich eine selbständige und
unabhängige, gemeinnützige Institution, die verschiedene soziale, kulturelle,
ökologische und andere Belange in einem geografisch begrenzten, lokalen oder
regionalen
Wirkungsraum
fördert.
Sie
betreibt
einen
langfristigen
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Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
Vermögensaufbau und macht ihre Organisationsstruktur und die Mittelvergabe
transparent (vgl. Schlüter/Walkenhorst, 2000, S. 14).
Eine Bürgerstiftung hat das Ziel, gemeinnützige Projekte und Aktivitäten zu
unterstützen und auch zu initiieren. Sie wird fördernd tätig, indem sie Finanzmittel
für andere gemeinnützige Institutionen zur Verfügung stellt. Bei der operativen
Projektarbeit werden dagegen eigene Projekte gestartet und unterstützt.
Das Hauptziel der Bürgerstiftung liegt im langfristigen Vermögensaufbau des
Stiftungskapitals durch Zustiftungen, um aus den Erträgen und durch Spenden die
dauerhafte Unterstützung gemeinnütziger Vorhaben in der jeweiligen Stadt oder
Region zu gewährleisten. Die Bürgerstiftung ermöglicht dabei vielen verschiedenen
Stiftern und Spendern (Bürgern und Unternehmen), ihren speziellen Beitrag zum
Gemeinwohl zu kanalisieren. Dadurch kann mehr erreicht werden als durch jede
einzelne Zuwendung allein. Bürgerstiftungen lassen sich daher treffend als Stiftung
von Bürgern für Bürger beschreiben.
Erfolgreich arbeitende Bürgerstiftungen fungieren zusätzlich als Dienstleister für
ihre Spender und Stifter. Sie bieten spezielle Dienstleistungen (Donor Services),
wie die Verwaltung unselbständiger Treuhandstiftungen unter dem Dach der
Bürgerstiftung, flexibel und kostengünstig an und können dadurch gezielt auf die
Bedürfnisse ihrer Zuwender eingehen (vgl. Schlüter/Walkenhorst 2000, S. 15).
Neben der Mobilisierung finanzieller Mittel kann eine Bürgerstiftung zusätzlich
freiwilliges und ehrenamtliches Engagement fördern, indem sich Bürger nicht nur
mit ihrem Geld, sondern auch mit Zeit und guten Ideen für das Gemeinwohl
einbringen und engagieren können. Die Bürgerstiftung übernimmt als Initiator,
Koordinator und Katalysator gemeinnütziger Aktivitäten im Idealfall die Funktion
eines Vermittlers in der Gemeinde, Stadt oder Region und stellt daher keine
Konkurrenz zu bestehenden gemeinnützigen Organisationen dar. Zudem zeichnen
sich Bürgerstiftungen durch ihr transparentes und offenes Handeln aus, da sie ihre
Zuwender und die interessierte Öffentlichkeit regelmäßig über ihre Ziele,
finanziellen
Verhältnisse,
Aktivitäten,
Organisationsstruktur
und
die
Mittelverwendung informieren (vgl. Schlüter/Walkenhorst 2000, S. 16). Diese
Transparenz kann zum Beispiel durch regelmäßige Informationsrundbriefe an
Stifter, Spender und Interessierte und die Veröffentlichung von Jahresberichten
geschaffen werden.
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Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
Ein weiteres wichtiges Merkmal einer Bürgerstiftung ist ihre Unabhängigkeit. Sie
wird weder von staatlichen Instanzen, politischen Organisationen, Unternehmen
noch von einzelnen Stiftern beeinflusst. Das leitende Führungsgremium ist
unabhängig und wird in der Regel vom Stiftungsrat gewählt. Es setzt sich aus
Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die durch ihre Persönlichkeit und ihr
Engagement besonders geeignet sind, der Bürgerstiftung vorzustehen und sie nach
außen zu vertreten (vgl. Schmied 2002, S. 3).
Abbildung 4: Wie arbeitet eine Bürgerstiftung?
Quelle: Schmied 2002, S.3
Damit eine Bürgerstiftung von den staatlichen Stiftungsaufsichtsbehörden
anerkannt wird, muss das Gründungskapital in der Regel mindestens 50.000,- Euro
betragen, da eine Mittel-Zweck-Relation gegeben sein muss. Dies bedeutet, dass die
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Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
Stiftung in der Lage sein soll, ihre Zwecke aus den Erträgen des Stiftungskapitals
dauerhaft und nachhaltig zu erfüllen (vgl. Schmied 2002, S. 9).
Die Bürgerstiftungen, die im Arbeitskreis Bürgerstiftungen im Bundesverband
Deutscher Stiftungen mitarbeiten, haben auf der 56. Jahrestagung des
Bundesverbandes im Mai 2000 folgende zehn Merkmale einer Bürgerstiftung
ausgearbeitet (vgl. Schmied 2002, S. 2):
Merkmale einer Bürgerstiftung
1.
Eine Bürgerstiftung ist gemeinnützig und will das Gemeinwesen stärken. Sie versteht sich als
Element einer selbstbestimmten Bürgergesellschaft.
2.
Eine Bürgerstiftung wird in der Regel von mehreren Stiftern errichtet. Eine Initiative zu ihrer
Errichtung kann auch von Einzelpersonen oder einzelnen Institutionen ausgehen.
3.
Eine Bürgerstiftung ist wirtschaftlich und politisch unabhängig. Sie ist konfessionell und
parteipolitisch nicht gebunden. Eine Dominanz einzelner Stifter, Parteien, Unternehmen wird
abgelehnt. Politische Gremien und Verwaltungsspitzen dürfen keinen bestimmenden Einfluss auf
Entscheidungen nehmen.
4.
Das Aktionsgebiet einer Bürgerstiftung ist geographisch ausgerichtet: auf eine Stadt, einen
Landkreis, eine Region.
5.
Eine Bürgerstiftung baut kontinuierlich Stiftungskapital auf. Dabei gibt sie allen Bürgern, die sich
einer Stadt oder Region verbunden fühlen und die Stiftungsziele bejahen, die Möglichkeit einer
Zustiftung. Sie sammelt darüber hinaus Projektspenden und kann Unterstiftungen und Fonds
einrichten, die einzelne der in der Satzung aufgeführten Zwecke verfolgen oder auch regionale
Teilgebiete fördern.
6.
Eine Bürgerstiftung wirkt in einem breiten Spektrum des städtischen oder regionalen Lebens, dessen
Förderung für sie im Vordergrund steht. Ihr Stiftungszweck ist daher breit. Er umfasst in der Regel
den kulturellen Sektor, Jugend, Soziales, das Bildungswesen, Natur und Umwelt und den
Denkmalschutz. Sie ist fördernd und/oder operativ tätig und sollte innovativ tätig sein.
7.
Eine Bürgerstiftung fördert Projekte, die von bürgerschaftlichem Engagement getragen sind oder
Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Dabei bemüht sie sich um neue Formen des gesellschaftlichen
Engagements.
8.
Eine Bürgerstiftung macht ihre Projekte öffentlich und betreibt eine ausgeprägte
Öffentlichkeitsarbeit, um allen Bürgern ihrer Region die Möglichkeit zu geben, sich an den
Projekten zu beteiligen.
9.
Eine Bürgerstiftung kann ein lokales Netzwerk innerhalb verschiedener gemeinnütziger
Organisationen einer Stadt oder Region koordinieren.
10. Die interne Arbeit einer Bürgerstiftung ist durch Partizipation und Transparenz geprägt. Eine
Bürgerstiftung hat mehrere Gremien (Vorstand und Kontrollorgan), in denen Bürger für Bürger
ausführende und kontrollierende Funktionen innehaben.
10
Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
3.3 Entstehungsmodelle
Die bestehenden Bürgerstiftungen entstanden auf die unterschiedlichste Weise. Bei
den Entstehungsgeschichten findet man verschiedene Gründungsmodelle,
Initiatoren und Startfinanzierungen. Im Allgemeinen kann man von zwei
Entstehungsmodellen ausgehen:
1. (privates) top-down: bei diesem Modell treten eine oder einige wenige
Persönlichkeiten, ein Unternehmen oder eine Institution als
Gründungsstifter auf
Beim Top-down-Modell stellt ein Gründungsstifter das Gründungskapital zur
Verfügung. Dadurch wird die Bürgerstiftung in die Lage versetzt, zügig ihre ersten
Aktivitäten zu starten. Trotz dieser Kapitalausstattung wird das Ziel, das
Stiftungskapital langfristig zu erhöhen, weiterverfolgt.
2. bottom-up:
hierbei
wird
die
Bürgerstiftung
durch
eine
Stiftergemeinschaft initiiert, der eine Vielzahl von Bürgern und auch
Unternehmen und Institutionen angehören
Beim Bottom-up-Modell wird die Bürgerstiftung „von unten“ initiiert und
gegründet und das Stiftungsvermögen von den Initiatoren gemeinsam aufgebracht,
d.h. sie bilden eine Stiftergemeinschaft. Auch bei diesem Modell steht der
langfristige Aufbau des Stiftungskapitals durch Zustiftungen im Vordergrund (vgl.
Fauser/Wierth 2001, S.20f).
Die Einbeziehung eines breiten Spektrums der Bürgerschaft ist eines der
grundsätzlichen Ziele einer Bürgerstiftung. Daraus ergibt sich, dass der Bottom-upAnsatz für diese Zielerreichung naturgemäß der passendere Weg ist.
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Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
Ein Vorteil des Top-down-Modells liegt wiederum darin, dass das im Allgemeinen
höhere Gründungskapital hilft, die Probleme des Kapitalaufbaus, gerade in der
Anfangsphase, abzufedern und die Bürgerstiftung dadurch eher die Möglichkeit
erhält, möglichst schnell operativ und fördernd tätig zu werden.
Kombiniert man beide Vorteile miteinander, indem zum Beispiel ein Großstifter die
Bürger unterstützt, die eine Stiftergemeinschaft gebildet haben, kann diese
Bürgerstiftung einerseits eine breite Unterstützungsbasis vorweisen und andererseits
durch ein höheres Stiftungskapital schneller ihre Arbeit aufnehmen (vgl. Initiative
Bürgerstiftungen 2003a). Dadurch kann die Bürgerstiftung schneller ihren
Bekanntheitsgrad steigern und durch ihre Arbeit neue potentielle Stifter auf sich
aufmerksam machen.
3.4 Community Foundations in den USA
Die Idee der Bürgerstiftungen (Community Foundations) stammt aus den USA, wo
1914 in Cleveland, Ohio, die „Cleveland Foundation“ gegründet wurde. Frederick
H. Goff, ein ortsansässiger Bankier, hatte damals die Idee, mehrere Trusts zu einer
Organisation zusammenzufassen, welche dauerhaften Bestand haben und von einem
Vorstand aus Bürgerinnen und Bürgern geleitet werden sollte. Dieses neuartige
Modell entlastete die Banken von der Aufgabe der Fördermittelvergabe und
garantierte, dass die sich verändernden Bedürfnisse der Stadt auch zukünftig erfüllt
werden konnten, selbst dann, wenn der ursprüngliche Zweck eines einzelnen Trusts
nicht mehr gegeben sein sollte. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts
boomten die Bürgerstiftungen vor allem im Mittleren Westen und im Nordosten der
USA. In der Zeit der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren erlebten die
Bürgerstiftungen eine rückläufige Entwicklung. In den vierziger und fünfziger
Jahren gewann dieser Stiftungssektor wieder an Dynamik. Nach einer
Steuerrechtsreform im Jahre 1969 setzte in den siebziger Jahren ein bis heute
andauerndes Wachstum des Bürgerstiftungssektors ein. Außerdem führte der
massive Abbau von Sozialprogrammen dazu, dass immer mehr Einzelpersonen und
Stiftungen in den Bürgerstiftungen eine Möglichkeit sahen, diese Kürzungen zu
kompensieren. Das wirtschaftliche Wachstum in den neunziger Jahren und die
Zunahme des privaten Vermögens sowie der Wunsch, sich in seinem Gemeinwesen
zu engagieren, haben die Zahl der Bürgerstiftungen in den USA weiter wachsen
12
Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
lassen. Im Jahre 2000 gab es fast 600 Bürgerstiftungen in den USA. Das Vermögen
der US-amerikanischen Bürgerstiftungen belief sich 1998 auf mehr als 25,2 Mrd. $,
es gingen im gleichen Jahr über 2,8 Mrd. $ an Zuwendungen ein, und die
Fördermittel, die die Bürgerstiftungen vergaben, lagen bei über 1,5 Mrd. $ (vgl.
Feurt/Sacks 2000, S. 40f).
3.5 Bürgerstiftungen in Deutschland
Wie die Entwicklungen der Community Foundations in den USA zeigen, bieten
sich auch in Deutschland große Entwicklungschancen für die Bürgerstiftungen. Seit
1996/1997 die ersten Bürgerstiftungen in Gütersloh und Hannover gegründet
wurden, findet die Idee der Bürgerstiftung immer mehr Anhänger, was zu einer
Vielzahl weiterer Gründungen von Bürgerstiftungen und Gründungsinitiativen
führte. Leider gibt es keine eindeutigen Zahlen, wie viele Bürgerstiftungen es zur
Zeit in Deutschland gibt. Zum einen liegt es daran, dass in dieser „Bewegung“ eine
enorme Dynamik steckt, zum anderen ist es sehr schwer, die Bürgerstiftungen klar
voneinander abzugrenzen, ob es sich tatsächlich um eine Bürgerstiftung im engeren
Sinne handelt, also um eine unabhängige, regional tätige Stiftung von Bürgern für
Bürger, oder ob nur der Name genutzt wird. Diese Abgrenzung ist deshalb
schwierig,
da
es
bisher
weder
eine
juristische
noch
eine
verwaltungswissenschaftliche Definition von Bürgerstiftungen gibt. Die
Beschreibungen, die auch dem Kapitel 3.2 zugrunde liegen, sind in erster Linie
gemeinsame Merkmalskataloge, die von den bereits existierenden Bürgerstiftungen
erarbeitet wurden und auf den Erfahrungen aus dem angelsächsischen Raum
basieren (vgl. Fauser/Wierth 2001, S. 15).
Grundlegende Informationen und Anhaltspunkte zur Entwicklung des deutschen
Bürgerstiftungssektors bieten zwei in Berlin ansässige und bundesweit tätige
Supportorganisationen, der Verein Aktive Bürgerschaft und die Initiative
Bürgerstiftungen, an.
Die Aktive Bürgerschaft schätzte, dass es zum Jahresende 2002 rund 100
Bürgerstiftungen und Gründungsinitiativen gab. Die Chancen, dass sich dieser
Bereich des Stiftungswesens weiter so dynamisch entwickelt, stehen gut, da sich
13
Marco Groß
3. Bürgerstiftungen
nach einer repräsentativen Untersuchung des Zentralinstituts für kirchliche
Stiftungen 27 Prozent der Bundesbürger vorstellen können, gemeinsam mit anderen
eine Stiftung zu gründen (vgl. Aktive Bürgerschaft 2003, S. 19).
Die Initiative Bürgerstiftungen führt seit März 2002 jährlich eine Umfrage zum
Vermögensstand deutscher Bürgerstiftungen durch. Bei der Umfrage im März 2002
hatten die 35 befragten Bürgerstiftungen ein Gesamtvermögen in Höhe von rund
11,4 Mio. Euro, das sich aus dem Gründungskapital, den Zustiftungen und den
Treuhandstiftungen zusammensetzt. Die letzte Umfrage im März 2003 ergab, dass
die jetzt 43 befragten Bürgerstiftungen ein Gesamtvermögen von über 18 Mio. Euro
aufweisen konnten (vgl. Initiative Bürgerstiftungen 2003b). Das tatsächliche
Vermögen aller deutschen Bürgerstiftungen liegt aber wahrscheinlich noch höher,
da bei dieser Umfrage nur 43 von 45 befragten Bürgerstiftungen geantwortet haben
und nur die Bürgerstiftungen ausgewählt wurden, die die zehn Merkmale des
Arbeitskreises Bürgerstiftung erfüllen (siehe Kap. 3.2). Die Bürgerstiftungen, die
die Merkmale nur teilweise erfüllen, aber dennoch gute Arbeit vor Ort leisten,
finden sich in diesen Zahlen jedoch nicht wieder. Diese Angaben machen dennoch
deutlich, welche Chancen und Möglichkeiten sich für deutsche Bürgerstiftungen in
Zukunft bieten.
14
Marco Groß
4. Fundraising
4. Fundraising
4.1 Definition Fundraising
Das Fundraising ist, neben der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in
der Region, eine der Hauptaufgaben einer Bürgerstiftung (vgl. Initiative
Bürgerstiftung 2003c, S. E3).
Für den Begriff Fundraising findet man in der deutschsprachigen Literatur bisher
keine einheitliche und eindeutige Definition. Die verschiedenen Autoren leiten
Fundraising aus praktischen Erfahrungen ab und orientieren sich an den
Definitionen aus dem angloamerikanischen Sprachraum.
Der Fundraising-Begriff stammt ursprünglich aus den USA und setzt sich aus dem
Substantiv fund, was soviel bedeutet wie Geldmittel bzw. Kapital, und dem Verb to
raise, etwas aufbringen, beschaffen, zusammen. Bei einer wörtlichen Übersetzung
käme man also auf die Geld- oder Kapitalbeschaffung. Würde man sich auf diese
Übersetzung beschränken, könnte man den weitgefassten Begriff nicht ausreichend
beschreiben (vgl. Haibach 2002, S. 19). In der Fachliteratur wird der Begriff
Fundraising
sehr
facettenreich
interpretiert.
Durch
die
folgenden
Begriffsbestimmungen soll ein Überblick der unterschiedlichen Interpretationen
gegeben werden.
Haibach definiert das Fundraising „als umfassende Mittelbeschaffung einer
Nonprofit-Organisation (Finanz- und Sachmittel, Rechte und Informationen,
Arbeits- und Dienstleistungen), wobei der Schwerpunkt auf der Einwerbung
finanzieller Mittel liegt“ (Haibach 2001, S. 68). Fabisch erklärt Fundraising in ihrer
weitergehenden Definition wie folgt: „Fundraising ist die strategisch geplante
Beschaffung sowohl von finanziellen Ressourcen als auch von Sachwerten, Zeit
(ehrenamtliche Mitarbeit) und Know-how zur Verwirklichung von am Gemeinwohl
orientierten Zwecken unter Verwendung von Marketingprinzipien“ (Fabisch 2002,
S. 7).
Urselmann geht bei seiner Definition auf die Austauschprozesse ein und definiert
Fundraising folgendermaßen: „Unter Fundraising soll derjenige Teil des
Beschaffungsmarketing einer Nonprofit-Organisation verstanden werden, bei dem
die benötigten Ressourcen ohne marktadäquate materielle Gegenleistung beschafft
15
Marco Groß
4. Fundraising
werden“ (Urselmann 2002, S. 21). Auch Urselmann unterstreicht, dass sich das
Einwerben der benötigten Ressourcen nicht allein auf die Finanzleistungen, sondern
auch auf Sachleistungen, Dienst- und Arbeitsleistungen, Rechte und Informationen
bezieht. Fundraising ist nicht nur ein Teilgebiet der Kommunikationspolitik, weil
man u.a. für eine Organisation wirbt bzw. Aufmerksamkeit erreichen möchte,
Fundraising steht eher für eine komplexe
(Beschaffungs-) Marketing-Konzeption, bei der die Planung, Durchführung und
Kontrolle von Marketingstrategien und –aktivitäten einer Nonprofit-Organisation
im Vordergrund stehen, um benötigte Ressourcen effizient zu beschaffen (vgl.
Urselmann 2002, S. 21).
Das Fundraising ist in Zusammenhang mit der Kommunikationspolitik, der
Öffentlichkeitsarbeit und dem Marketing der jeweiligen Organisation zu sehen, da
es sich oft ähnlicher Instrumente und Mittel bedient und es ohne einen
entsprechenden Bekanntheitsgrad, der durch die o.g. Bereiche erreicht wird, nur
unter erschwerten Bedingungen möglich ist.
Für meine Untersuchungen des Fundraising von Bürgerstiftungen steht der
finanzielle Aspekt im Vordergrund, also in welcher Art und Weise, mit welchen
Mitteln und Strategien die Bürgerstiftungen Spenden und Zustiftungen einwerben
und akquirieren. Diese Sicht von Fundraising liegt dieser Arbeit zugrunde, da die
Einwerbung von Zustiftungen zur langfristigen Erhöhung des Stiftungskapitals eine
der wichtigsten Aufgaben einer Bürgerstiftung ist.
4.2 Der Spendenmarkt in Deutschland
Nachdem der Begriff des Fundraising erklärt wurde, soll im folgenden Abschnitt
versucht werden, einen Überblick über den Spendenmarkt in Deutschland zu geben.
Dieser Überblick soll verdeutlichen, welche finanziellen Potentiale durch
erfolgreiches Fundraising erschlossen und damit für Nonprofit-Organisationen
nutzbar gemacht werden können.
In den USA erscheint alljährlich die wissenschaftlich fundierte Publikation „Giving
USA“ der American Association of Fundraising Counsel (AAFRC), die genaue
16
Marco Groß
4. Fundraising
Aussagen über den dortigen Spendenmarkt zulässt1. So wird ausführlich dargestellt,
woher die Gelder stammen und wie viele Gelder für welche philanthropischen
Zwecke zur Verfügung gestellt wurden (vgl. Luthe 1997, S. 53). Eine vergleichbar
umfassende Darstellung gibt es für den deutschen Spendenmarkt jedoch noch nicht.
In den vergangenen Jahren sind aber vermehrte Anstrengungen zu erkennen, den
Spenden- und Fundraising-Markt in Deutschland zu dokumentieren. So gibt zum
Beispiel das Meinungsforschungsinstitut TNS-EMNID aus Bielefeld seit 1995
jährlich
den
„TNS-EMNID-Spendenmonitor“
heraus,
eine
bevölkerungsrepräsentative Studie zur Beobachtung des deutschen Spendenmarktes.
Daneben veröffentlicht die Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmarketing (BSM) –
Deutscher
Fundraising
Verband
e.V.
auf
ihrer
Website
(www.sozialmarketing.de/zahlenallgemein.htm) verschiedenste Zahlen zum
Fundraising in Deutschland ( z.B. Spendenvolumen, Erbschaftsvolumen etc.).
Die BSM bemüht sich bereits seit Jahren vergeblich, Finanziers für eine jährliche
Spendenforschung nach dem Vorbild des „Giving USA“ für den deutschen
Spendenmarkt zu finden (vgl. o.V. 2002, S. 55f).
4.2.1 Das Gesamtvolumen
Trotz der o.g. Versuche, den Spendenmarkt in Deutschland näher zu beschreiben,
existieren in der Literatur keine exakten Angaben über die Höhe des jährlichen
Spendenaufkommens in Deutschland. Daher ist es sehr schwierig, eine treffende Aussage
darüber abzugeben. Haibach merkt an, dass die Angaben über das Gesamtvolumen des
deutschen Spendenmarktes schon seit mehreren Jahren zwischen 2 und 8 Milliarden Euro
schwanken. Das Deutsche Spendeninstitut Krefeld (DSK), das seine Arbeit zum 30.04.2002
einstellte, ging für 1998 von einem Gesamtvolumen von rund 5,1 Milliarden Euro (10
Milliarden DM)2 aus. Das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) schätzt, dass
allein im humanitär-karitativen Bereich ca. 2,1 Milliarden Euro jährlich gespendet werden
(vgl. Haibach 2002, S. 145). Neuhoff erwähnt, dass sich für das Jahr 1990 und bezogen auf
die alten Bundesländer durch Hochrechnungen ein Gesamt-Spenden- , -Stiftungs- und 1
Im Jahr 2000 lag das Gesamtvergabevolumen für philanthropische Zwecke bei 203,45 Milliarden
US-Dollar, 75% der Spenden wurden von Einzelpersonen gespendet, weitere Gelder kamen von
Stiftungen (12%), aus Erbschaften (7,8%) und Wirtschaftsunternehmen (5,3%) (vgl. Haibach 2002,
S.145).
2
Im weiteren Verlauf werden der gerundete Euro-Wert und der Originalwert der Quelle in DM in
Klammern angegeben.
17
Marco Groß
4. Fundraising
Erbschaftsvolumen von rund 2,8 Milliarden Euro (5,5 Milliarden DM) ergibt (vgl.
Neuhoff 2001, S. 53). Auch der „TNS-Emnid-Spendenmonitor“ macht keine
Aussagen über die Gesamthöhe des Spendenaufkommens, sondern untersucht die
Einstellung zum Spenden, die Spenderstruktur, für welche Zwecke gespendet wird
und ob sich die Spendenhöhe der Befragten verändert (vgl. Matzke 2003, S. 17ff),
vergleiche dazu auch Kapitel 4.2.2. Obwohl es sich bei den angegebenen Zahlen
jeweils um Schätzungen handelt wird deutlich, dass es beträchtliche Summen sind,
um die die verschiedenen Nonprofit-Organisationen aus unterschiedlichsten
Bereichen untereinander konkurrieren.
Auch über die Entwicklung des Spendenmarktes kann man auf keine genauen Daten
und Zahlen zurückgreifen. Einen Anhaltspunkt bieten aber die Ergebnisse der BSMStudie 2000 zum deutschen Spendenmarkt. Bei dieser Untersuchung nahmen 79
spendensammelnde Organisationen teil, die im Jahr 1999 insgesamt fast 1,24
Milliarden Euro (2,43 Milliarden DM) private Gelder sammelten (siehe Abbildung
5). Das sind gut 25% aller Spenden, wenn man von den geschätzten 5,1 Milliarden
Euro Gesamtvolumen, die das Deutsche Spendeninstitut Krefeld (DSK) ansetzte,
ausgeht.
Obwohl die BSM-Studie keinen repräsentativen Überblick über den deutschen
Spendenmarkt gibt, bildet sie dennoch einen Trend ab und lässt Rückschlüsse auf
die Gesamtentwicklung zu.
18
Marco Groß
4. Fundraising
Abbildung 5: Beschaffte private Ressourcen
Beschaffte private Ressourcen
3,0
Mrd. DM
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
1991
1992
1993
1994
1995
nominal
1996
1997
1998
1999
real
Quelle: bsm-Newsletter 04/2000, S. 13
Dass die Spenden aus privaten Haushalten im Untersuchungszeitraum nur
geringfügig gestiegen und inflationsbereinigt nahezu gleichgeblieben sind,
verdeutlicht die Abbildung 5. Der Spendenmarkt in Deutschland stagniert also (vgl.
o.V. 2000a, S.12f). Wenn sich das Spendenvolumen erhöht, so liegt diese
Entwicklung meistens am verstärkten Engagement der Bundesbürger im Rahmen
der Notfallhilfe. Die Jahrhundertflut in Sachsen und Bayern im Sommer 2002 war
sicherlich ein wichtiger Grund dafür, dass 29% der Befragten des „TNS-EMNIDSpendenmonitors 2002“ angaben, mehr gespendet zu haben als im Vorjahr (vgl.
Matzke 2003, S. 19).
4.2.2 Privatpersonen als Spender
Die Privatpersonen sind das wichtigste Segment des Spendermarktes. Laut „TNSEmnid-Spendenmonitor 2002“ hat beinahe jeder zweite Bundesbürger ab 14 Jahre
(47,1%) schon einmal für eine Nonprofit-Organisation gespendet. Im Vergleich
zum Vorjahr ist dieser Wert um etwa 7% angewachsen. In Zahlen ausgedrückt gibt
es in Deutschland derzeit etwa 30,2 Millionen aktive Spender, wobei vor allem die
über 50-Jährigen spenden. Bei der Analyse nach Berufsgruppen kam heraus, dass
die leitenden Angestellten und Beamten sowie Selbständige, Freiberufler und
Landwirte mit am spendenfreudigsten sind. In diesen Berufgruppen gaben 58% an,
19
Marco Groß
4. Fundraising
im Jahr 2002 mindestens einmal gespendet zu haben. Die Spender haben zudem
ganz bestimmte Präferenzen, für welchen Zweck sie ihr Geld zur Verfügung stellen.
Danach haben die Deutschen im Jahr 2002 vor allem für die Sofort-/Nothilfe, die
Behinderten- und Krankenpflege sowie für die Kinder- und Jugendhilfe gespendet
(vgl. Matzke 2003, S. 17ff).
Tabelle 1: Bevorzugte Spendenzwecke deutscher Spender
Spendenzwecke
Sofort-/Nothilfe in Kriegs- und
Katastrophengebieten
Behinderten-/Krankenhilfe
Kinder- und Jugendhilfe
Kirche/Glaubensgemeinschaften
Wohlfahrtspflege/Soziale Hilfen
Tierschutz
Entwicklungshilfe
Umwelt- und Naturschutz
Bildung/Wissenschaft/Forschung
Politische Arbeit
Kunst/Kultur
2002*
53%
2001**
28%
23%
23%
20%
19%
14%
14%
10%
2%
2%
2%
29%
25%
31%
27%
16%
13%
12%
5%
3%
3%
* Basis: 1.895 befragte Personen
** Basis:1.680 befragte Personen
Quelle: Matzke 2003, S. 19, eigene Darstellung
4.2.3 Spendermotive
Die Menschen spenden und stiften aus den unterschiedlichsten Motiven. Diese
Motive sind oft sehr komplex und vielfältig. Sie können zum Beispiel von
bestimmten Werten und Glaubensgrundsätzen herrühren oder von dem Wunsch
nach Zugehörigkeit, d.h. die Menschen möchten durch eine Zuwendung ihre
Unterstützung und Zugehörigkeit zum Ausdruck bringen. Auch das Motiv der
Einflussnahme, gerade bei höheren Beträgen, spielt eine Rolle, aber auch die
Beruhigung des schlechten Gewissens und die Sinnstiftung, also mit der Spende
oder der Zustiftung etwas Sinnvolles und Gutes zu tun oder durch eine
Stiftung/Zustiftung etwas über den eigenen Tod hinaus zu bewirken, sind wichtige
Motive (vgl. Haibach 2002, S. 152f). Die Flutkatastrophe des Jahres 2002 hat
gezeigt, dass Menschen in extremen Situationen gern helfen möchten und eine
große Solidarität zu Tage kommt sowie enorme Summen an Geldern gesammelt
werden können. Oft sind Menschen auch zu finanzieller Unterstützung bereit, wenn
20
Marco Groß
4. Fundraising
ihnen selbst in schweren Zeiten geholfen wurde oder im persönlichen Umfeld
positive Erfahrungen mit der Hilfsbereitschaft durch andere gemacht werden
konnten.
Die Ziele und Anliegen der spendensammelnden Organisation und die des
Zuwenders müssen also zueinander passen. Diese Erkenntnis sollte einer
Bürgerstiftung und allen anderen Nonprofit-Organisationen bewusst sein und daher
bei den Fundraising-Aktivitäten berücksichtigt werden.
4.2.4 Unternehmen als Spender
Neben den Privatpersonen kommen auch Unternehmen als Förderer von
gemeinnützigen Organisationen in Betracht, sei es als Spender, Sponsor oder
Stifter. Unternehmen können ferner Geld- und Sachmittel zur Verfügung stellen
oder Arbeitskraft und –zeit pro bono einbringen (vgl. Fabisch 2002, S. 126). Neben
den steuerlichen Abzugsmöglichkeiten spielt die gesellschaftliche Rolle, die die
Unternehmen übernehmen, eine immer wichtigere Rolle. Dabei geht es darum, dass
sich die Unternehmen nicht nur als Wirtschaftssubjekte verstehen, sondern sich
ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als Corporate Citizens (gute
Unternehmensbürger) bewusst werden und sich gezielt im gemeinnützigen und
philanthropischen Bereich engagieren (vgl. Haibach 2002, S.186f). Das Institut für
Mittelstandsforschung Bonn fand in einer empirischen Erhebung zum
bürgerschaftlichen Engagement von Unternehmen heraus, dass sich vier von fünf
mittelständischen Unternehmen (82%, hochgerechnet) für wohltätige Zwecke
engagieren. Dieses Engagement spiegelt sich vor allem in Spenden und Sponsoring
wider (vgl. Maaß/Clemens 2002, S. 61). Auch im Bereich der Spenden, des
Sponsorings und der Stiftungen von Unternehmen liegen bisher keine genauen
Zahlen zum Gesamtvolumen vor.
21
Marco Groß
4. Fundraising
4.2.5 Erbschaften
In den vergangenen Jahrzehnten konnten die Bundesbürger aufgrund politischer und
wirtschaftlicher Stabilität ein beträchtliches Vermögen aufbauen. Dieser Umstand
erklärt auch, dass in den kommenden Jahren immer mehr und vor allem immer
höhere Erbschaften an die Erbengeneration weitergegeben werden. Eine
repräsentative Befragung der BBE-Unternehmensberatung GmbH, Köln, aus dem
Jahr 1999 belegt diese Entwicklungen. Demnach gab es im Jahr 1998 etwa 852.000
Erbschaften, für 2005 rechnet man mit über 910.000, und für das Jahr 2010 geht
man sogar von rund 960.000 Erbschaften aus. Im Jahr 1999 wurden insgesamt mehr
als 133 Milliarden Euro (261 Milliarden DM) vererbt. Dabei ist ein deutliches OstWest-Gefälle zu erkennen, was sich natürlich durch die ungleichen Möglichkeiten,
Vermögen anzusammeln, erklären lässt. So wurden z.B. 25% des gesamten
Erbschaftsvolumens 1999 in Nordrhein-Westfalen vererbt, in MecklenburgVorpommern dagegen nur 0,6%.
Laut der o.g. Studie der BBE-Unternehmensberatung wird in den Jahren 2000-2010
die Summe aller Erbschaften bei etwa 2,2 Billionen Euro (4,4 Billionen DM)
liegen. Diese Summe wird sich im Vergleich zum Zeitraum 1990-2000 fast
verdoppeln.
Diese enormen Erbschaften setzen sich zu fast gleichen Teilen aus Barvermögen
(47%) und Immobilienvermögen (46%) zusammen. Gebrauchsvermögen und
Lebensversicherungen nehmen dagegen nur einen sehr kleinen Teil des
Gesamtvolumens ein.
Neben der Anzahl der Erbschaften wird auch die durchschnittlich vererbte Summe
stark ansteigen. Im Jahr 2000 lag diese schätzungsweise bei 164.000 Euro (320.000
DM), für 2010 erwartet man einen Durchschnittswert von 294.000 Euro (574.400
DM) (vgl. Erbschaften, BBE-Studie, Köln 1999, zit. in: o.V. 2000b, S. 8).
Diese beeindruckenden Zahlen sind natürlich auch für spendensammelnde
Organisationen und gerade für Bürgerstiftungen von großer Bedeutung und
Wichtigkeit, wenn es um die Anwendung relevanter Fundraising-Instrumente und
entsprechender Strategien, wie z.B. dem Erbschaftsmarketing, geht. Unter dem
Eindruck der genannten Zahlen können diese Organisationen solche
Finanzierungsquellen zukünftig kaum außer Acht lassen.
22
Marco Groß
4. Fundraising
4.3 Strategien des Fundraising
4.3.1 Planung des Fundraising
Das Fundraising ist ein umfassendes und komplexes Aufgabenfeld. Daher ist es
notwendig, dass gemeinnützige Organisationen ihre Fundraising-Aktivitäten
systematisch und strukturiert koordinieren, da es letztendlich um die Schaffung
einer finanziellen Grundlage ihrer Arbeit geht. Aus diesem Grund empfiehlt
Urselmann vor Beginn des Fundraising eine sorgfältige, ausführliche strategische
Planung für den Zeitraum der nächsten drei bis fünf Jahre sowie eine operative
Planung für die Periode eines Jahres. Dabei steht zuerst eine Situationsanalyse der
gesamten Organisation zur Beurteilung der Ausgangssituation auf dem Programm,
bei der die internen Stärken und Schwächen sowie die externen Chancen und
Risiken analysiert und bewertet werden. Im Rahmen dieser Grundsatzplanung sollte
es im Anschluss zur Erarbeitung und Formulierung eines Leitbildes kommen, in
dem sich das Selbstverständnis, die „Mission“, der Organisation widerspiegelt. Es
beinhaltet Aussagen über die grundlegenden Aufgaben, Wertvorstellungen und
Ziele. Bei der Erarbeitung ist es wichtig, möglichst alle Mitwirkenden innerhalb der
Organisation mit einzubeziehen, damit das fertige Leitbild angenommen und
„gelebt“ wird und nicht als Phrase auf dem Papier endet. Sind die genannten
Planungsschritte vollzogen, müssen Ziele festgelegt und möglichst präzise
schriftlich fixiert werden (z.B. Steigerung der Zustiftungen, der Spenden etc.).
Danach werden Strategien und Maßnahmen, ein Budget sowie ein Zeitplan und
Zuständigkeiten festgelegt, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Um den Erfolg der
Maßnahmen beurteilen zu können und aus eventuell auftretenden Problemen und
Fehlern zu lernen, ist eine Kontrolle unabdingbar. Die so erlangten Erkenntnisse
können dann in der darauffolgenden Planungsperiode berücksichtigt werden (vgl.
Urselmann 2002, S. 163ff).
23
Marco Groß
4. Fundraising
Abbildung 6: Teilschritte der Fundraising-Planung
Situationsanalyse
Zielfestlegung/Operationalisierung
Festlegung der Strategien und Maßnahmen
Budgetierung der Strategien und Maßnahmen
Festlegung von Zeitplan und Zuständigkeit
Kontrolle
Quelle: Urselmann 2002, S. 171
Urselmann hat in seiner empirischen Untersuchung herausgefunden, dass die
Fundraising-Planung einen höchst signifikanten Einfluss auf den FundraisingErfolg hat. Dies bedeutet, dass die Organisationen, die ihre Fundraising-Ziele
detailliert, kontinuierlich, strategisch und operativ geplant haben, deutlich
erfolgreicher in ihren Fundraising-Aktivitäten waren als diejenigen, die dies nicht in
gleichem Maße taten. Er kommt daher zu dem Schluss, dass der Einsatz einer
Fundraising-Planung einen der stärksten Erfolgsfaktoren beim Fundraising darstellt
(vgl. Urselmann 2001, S. 495).
Luthe sieht die systematische und vor allem die kontinuierliche Arbeit als
Eckpfeiler eines erfolgreichen Fundraising. Es müssen Informationen beschafft,
ausgewertet und nutzbar gemacht werden, um am Ende dieses aufwendigen Arbeitsund Planungsprozesses erfolgreich Mittel einzuwerben. Die Mittelbeschaffung im
Fundraising ist in erster Linie das Ergebnis komplexer Prozesse und weniger ein
Produkt kurzfristiger und isoliert angewandter Aktionen und Maßnahmen (vgl.
Luthe 1997, S. 43).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in der Literatur der Standpunkt vertreten
wird, dass erfolgreiches Fundraising nur durch Planung, bei der Ziele festgelegt,
Ergebnisse kontrolliert und ggf. Verbesserungen vorgenommen werden, möglich
ist.
Bei der Planung der Fundraising-Aktivitäten ist zu bedenken, dass Fundraising
nicht nur Finanzmittel einbringt, sondern auch finanzielle Ressourcen bindet.
Fundraising ist somit nicht kostenlos und man muss die entstehenden Kosten für
24
Marco Groß
4. Fundraising
Personal, Büromaterial, Porto, Fundraising-Schulungen etc. bei den Planungen mit
berücksichtigen.
4.3.2 Die Spenderpyramide
Das Modell der Spenderpyramide veranschaulicht den Zusammenhang zwischen
der Spenden-/Zuwendungshöhe, dem notwendigen (Zeit-)Aufwand und der Anzahl
der Förderer, also den Grad der Spenderbindung (vgl. Weger 1999, S. 28). Haibach
erweitert ihre Darstellung der Spenderpyramide noch um die allgemeine
Öffentlichkeit, auf der die Pyramide steht. Damit sind Personen gemeint, die keine
gezielten Kenntnisse über bestimmte spendensammelnde Organisationen bzw.
Nonprofit-Organisationen haben (vgl. Haibach 2002, S. 216).
Abbildung 7: Die Spenderpyramide
sehr hoch
Erforderlicher
Zeitaufwand nimmt zu
Stifter,
Erblasser
Höhe des
Förderbetrags wächst
Großspender
Dauerspender, Freiwillige
Förderkreismitglieder
Einmalspender, Kunden
Mögliche Interessenten, potentielle Kunden
keine
Anzahl der Personen
Grad der
(Spender-)
Bindung
Quelle: Joan Flanagan: Successful Fundraising. How to Raise Money in Your Community, Chicago, USA, 1992; entnommen aus:
Weger 1999, S.28
Die erste Stufe der Pyramide bilden die möglichen Interessenten. Diese
Personengruppe hat über die Medien von einer bestimmten Organisation Kenntnis
genommen oder interessiert sich für ihre Arbeit oder deren Ziele und kommt als
potentielle Spendergruppe in Frage. Theoretisch haben alle diese Interessenten das
25
Marco Groß
4. Fundraising
Potenzial, Einmalspender zu werden. Die Gruppe der Einmalspender hat auf
Aktionen der Organisation reagiert und es ist eine erste Verbindung zwischen den
beiden Parteien entstanden. Die Fördermitglieder oder auch Mehrfachspender
haben der Organisation schon mehrmals Geld zukommen lassen und möchten damit
die Arbeit unterstützen. Sie identifizieren sich mit den Zielen und konnten dadurch
als Mitglieder gewonnen werden. Die nächste Ebene bilden die Dauerspender und
Freiwilligen, die durch dauerhafte Zahlungen und/oder Zeitspenden die
Organisation unterstützen. Um Menschen zu einer Großspende zu bewegen und erst
recht, um Stifter und Erblasser zu gewinnen, ist eine intensive Betreuung
notwendig, die sowohl viel Zeit in Anspruch nimmt, als auch Kosten verursacht
(vgl. Fabisch 2002, S. 108ff). Das Fundraising steht also in einem sehr engen
Zusammenhang zur Betreuung der Zuwender und deren Bindung an die
Organisation. Um große Summen, Zustiftungen und Testamente zu akquirieren,
müssen Beziehungen und Vertrauen langfristig aufgebaut werden. Insgesamt
handelt es sich beim Fundraising also um Beziehungsmarketing.
4.3.3 Relationship-Fundraising
Das in 4.3.2 erwähnte Beziehungsmarketing bezeichnet man im Kontext des
Fundraising auch als Relationship-Fundraising, bei dem langfristige Beziehungen
zwischen der Organisation und dem Stifter/Spender aufgebaut werden. Je länger
und intensiver diese Beziehung ist, desto größeres Vertrauen kann auf beiden Seiten
entwickelt werden und die Bereitschaft wächst, sich finanziell mehr zu engagieren.
Der Zuwender „klettert“ die Pyramide hinauf, es kommt zu einer Heraufstufung
(„Upgrading“). Die Intensivierung der Beziehung erfolgt vor allem durch
regelmäßige Informationen über die Arbeit der Organisation, durch regelmäßige
Kontaktaufnahme und durch eine gute Betreuung der Zuwender. Es wird sicherlich
nicht jeder Erstspender zu einem Dauerspender oder begünstigt die Organisation in
seinem Testament, jedoch müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass
diese Entwicklung überhaupt möglich ist. Aus eigenem Antrieb werden wohl nur
die wenigsten Zuwender die Pyramide hinaufsteigen. Da die Zuwendungsbeträge in
der Spitze der Pyramide pro Kopf am höchsten sind, liegt es auf der Hand, der
Betreuung dieser Gruppe besondere Beachtung zu schenken. Eine intensive
Betreuung aller Förderergruppen auf dem selben Niveau würde wahrscheinlich
26
Marco Groß
4. Fundraising
sämtliche personellen Ressourcen der Organisation sprengen und wäre eher
kontraproduktiv. Der Trend in großen Organisationen geht dahin, für jede Stufe der
Spenderpyramide ein maßgeschneidertes Kommunikations- und Betreuungskonzept
zu entwickeln, welches auf die Bedürfnisse der Förderer zugeschnitten ist (vgl.
Urselmann 2002, S. 35ff). Entscheidend ist also die möglichst individuelle und
persönliche Betreuung des Spenders, bzw. Stifters und die Bindung an die
Nonprofit-Organisation. Diese Betreuung und Bindung des Förderers kann zum
Beispiel in Form eines Dankschreibens, welches zügig nach einer eingegangenen
Spende oder Zustiftung versandt wird, durch regelmäßige Informationen über die
aktuellen Aktivitäten und Entwicklungen der Organisation oder durch Einladungen
zu Veranstaltungen, die von der Nonprofit-Organisation angeboten werden,
erfolgen (vgl. Scheibe-Jäger 1998, S. 120).
4.4 Fundraising-Instrumente
In diesem Abschnitt soll ein kurzer Überblick über einige der gängigsten
Instrumente im Fundraising gegeben werden, mit welchen Maßnahmen man die
verschiedenen Zielgruppen aus der Spenderpyramide ansprechen und als Spender
oder Zustifter gewinnen kann.
Welche Fundraising-Methoden von den jeweiligen spendensammelnden
Organisationen angewandt werden, hängt von den jeweils gesetzten FundraisingZielen, von den Zielgruppen und vom Fundraising-Budget ab. Der persönliche
Kontakt verspricht in der Regel den größten Erfolg und ist den anderen
Fundraising-Instrumenten möglichst vorzuziehen (vgl. Haibach 2002, S. 233).
4.4.1 Das persönliche Gespräch
„Fundraising-Gespräche sind besonders dann, wenn Personen um größere
Förderbeträge gebeten werden sollen, unumgänglich; doch auch auf der lokalen
Ebene sind sie von großer Bedeutung“ (Haibach 2002, S. 237). Bei einem
persönlichen Gespräch kann ein Fundraiser im direkten Kontakt zum potentiellen
Förderer seine Nonprofit-Organisation vorstellen und präsentieren. Im Gespräch
kann gezielt auf den Gesprächspartner eingegangen und reagiert werden und
27
Marco Groß
4. Fundraising
auftretende Unklarheiten und Fragen können sofort kompetent geklärt werden.
Zudem lässt sich durch den persönlichen Kontakt am ehesten ein
Vertrauensverhältnis zwischen der Nonprofit-Organisation, vertreten durch den
Fundraiser, und dem potentiellen Förderer aufbauen. Obwohl es sicherlich zu den
erfolgversprechendsten Fundraising-Methoden zählt, ist anzumerken, dass das
Fundraising-Gespräch sehr zeitintensiv und, wenn ein hauptamtlicher Fundraiser
beschäftigt ist oder der Geschäftsführer diese Gespräche übernimmt, auch
kostenintensiv ist. Daher wird dieses Instrument häufig nur dann angewandt, wenn
größere Fördersummen zu erwarten sind, da der Aufwand in einer gewissen
Relation zum finanziellen „Erfolg“, also zur Höhe der Zuwendung, stehen muss
(vgl. Urselmann 2002, S. 123).
4.4.2 Der Spendenbrief - das Mailing
Der Spendenbrief ist ein sehr gängiges und weit verbreitetes FundraisingInstrument. Es kann in einem kleinen Rahmen genutzt werden, d.h. es können
individuelle und persönlich gehaltene Briefe an einige ausgewählte Adressaten
geschickt werden, in denen um Unterstützung gebeten wird. Diese Form bietet sich
gerade für kleinere Organisationen an, die lokal oder regional agieren. Eine weitere
Möglichkeit ist das Versenden von Serienbriefen, sogenannten Massenmailings, die
an hunderte oder tausende Menschen verschickt werden. Diese Form des
Spendenbriefs wird meist von den großen und bundesweit agierenden NonprofitOrganisationen gerade in der Vorweihnachtszeit zur Spendenakquise genutzt. In
letzter Zeit haben allerdings immer mehr Organisationen dieses Instrument für sich
entdeckt, so dass sich mehr und mehr Menschen durch überfüllte Briefkästen
belästigt fühlen (vgl. Haibach 2002, S. 242). Um dieser Entwicklung vorzubeugen,
werden Mailings zunehmend zielgenauer angewandt, indem die Adressdatenbanken
intensiv genutzt werden. Die Adressen werden segmentiert, bewertet und optimiert,
so dass zukünftig immer kleinere Auflagen eine immer größere Wirkung erzielen
können (vgl. Urselmann 2002, S. 124). In der Literatur werden drei
Einsatzmöglichkeiten des Mailings unterschieden: Erstens zur Spendergewinnung,
bei der Fremdadressen angeschrieben werden, die noch nicht mit der Organisation
in Kontakt standen. Zweitens zur Spenderbindung oder zur Einwerbung von
Extraspenden für bestimmte Projekte. Dabei greift man auf die Daten der
Spenderdatenbank zurück, d.h. zu diesen Personen besteht/bestand bereits ein
28
Marco Groß
4. Fundraising
Kontakt. Die dritte Einsatzmöglichkeit für Mailings ist das Upgrading, bei dem
bisherige Spender/Stifter durch erneute Kontaktaufnahme zu weiteren bzw.
größeren Spenden/Zustiftungen motiviert werden sollen (vgl. Haibach 2002, S.
243).
4.4.3 Telefon-Fundraising
Beim Telefon-Fundraising, auch Telemarketing genannt, unterscheidet man
zwischen dem aktiven und passiven Telemarketing. Beim aktiven Telemarketing
(Outbound) werden die Förderer von der Organisation angerufen und um
Unterstützung o.ä. gebeten. Bei der passiven Form des Telemarketing (Inbound)
rufen die potentiellen Förderer von selbst bei der Organisation an, weil sie zum
Beispiel durch die Medien auf die Nonprofit-Organisation aufmerksam geworden
sind. Das Telemarketing eignet sich für spendensammelnde Organisationen vor
allem für die Spenderbindung bzw. –betreuung. Beim Outbound-Telemarketing
kann man sich telefonisch für Spenden bedanken, Gesprächstermine, die das
Fundraising betreffen, vereinbaren, Einladungen für besondere Veranstaltungen
aussprechen, freundlich an ausstehende Förderbeträge erinnern oder auch mittels
Telefon um Förderbeträge für bestimmte aktuelle Projekte, beziehungsweise um die
Erhöhung des bisherigen Förderbetrags bitten (Upgrading). Bei dieser Form des
Telemarketing sind die rechtlichen Bestimmungen zu beachten, nach denen
Personen nur angerufen werden dürfen, wenn diese vorher ausdrücklich oder
konkludent ihr Einverständnis gegeben haben. Eine telefonische „Kaltansprache“ ist
daher gesetzlich verboten.
Das Inbound-Telemarketing eignet sich insbesondere für die Betreuung der
Förderer. Über eine Service-Nummer können Stifter und Spender bei Fragen,
Wünschen und Problemen die Nonprofit-Organsation erreichen. Weiterhin wird die
erste Kontaktaufnahme zur Organisation ermöglicht und potentielle Förderer
können Erstinformationen einholen.
Das Telemarketing ist nicht ausschließlich für große Spendenorganisationen
interessant, sondern auch kleinere Organisationen können dieses Instrument für ihr
Fundraising einsetzten. Gerade die Betreuung der Förderer per Telefon ist für diese
29
Marco Groß
4. Fundraising
Organisationen ein nützliches Mittel (vgl. dazu Urselmann 2002, S. 126f sowie
Haibach 2002, S. 269ff).
4.4.3 Fundraising-Event / (Benefiz-)Veranstaltung
Der Fundraising-Event kann in den verschiedensten Varianten und zu den
unterschiedlichsten Anlässen organisiert und durchgeführt werden. Solch ein Event
kann in kleinem Rahmen, wie zum Beispiel als Basar zur Weihnachtszeit oder als
Sommerfest mit Tombola, stattfinden. In dieser Form ist ein Event auch für kleine
Organisationen geeignet. Konzerte, Theaterveranstaltungen, Sportturniere oder
Bälle verursachen dagegen mehr Aufwand und dadurch auch mehr Kosten. Bevor
ein Fundraising-Event geplant wird, muss jede Nonprofit-Organisation für sich
entscheiden, ob der Nutzen solch einer Veranstaltung im vertretbaren Verhältnis
zum Aufwand steht. Das Einwerben von Geldmitteln muss nicht immer im Fokus
eines solchen Events stehen, denn eine Nonprofit-Organisation kann diese
Veranstaltungen auch nutzen, um sich bei seinen Förderern und Mitarbeitern zu
bedanken und mit ihnen in Kontakt zu treten (vgl. Urselmann 2002, S. 131).
Haibach unterstreicht den vielfältigen Nutzen solcher Fundraising-Events: „Ein
wichtiger Zweck von Fundraising Events ist, Geld einzunehmen, doch das zentrale
Ziel liegt aber darin, die jeweilige Organisation und ihre Anliegen in sichtbarer, ja
greifbarer Form darzustellen“ (Haibach 2002, S. 276).
4.4.4 Matching Fund
Dieses in den USA weitverbreitete Fundraising-Instrument findet man zunehmend
auch in Deutschland. Die Idee des Matching Funds ist die Spendenvervielfachung.
Es gibt zwei Ausprägungen dieses Instruments: Eine Person oder eine Institution
(z.B. eine Stiftung, ein Unternehmen oder eine Bank) stellen einen größeren
Förderbetrag zur Verfügung, vorausgesetzt, dass sich weitere Personen oder
Institutionen finden, die sich mit dem gleichen Betrag engagieren. Bei der zweiten
Variante wird eine gewisse Geldsumme bereitgestellt, durch die jeder gespendete
oder gestiftete Betrag zum Beispiel verdoppelt wird (vgl. Piwko 1999, S. 20). Die
Auflage eines Matching Funds ist aus drei Gründen überlegenswert: Erstens können
die geförderte Organisation oder das geförderte Projekt von dem Ansehen und der
Seriosität eines namenhaften Matching Fund-Gebers profitieren. Zweitens wird die
30
Marco Groß
4. Fundraising
finanzielle Unterstützung gefördert, da der Wert weiterer Spenden und Zustiftungen
erhöht wird. Einzelne Spender oder Stifter können so zur finanziellen Unterstützung
animiert werden. Drittens kann derjenige, der den Matching Fund zur Verfügung
stellt, mehr bewirken, als er es mit einer einfachen Spende oder Zustiftung in
gleicher Höhe hätte tun können (vgl. Schmidt 2000, S. 6).
4.4.5 Erbschaftsmarketing
Wie im Abschnitt 4.2.5 geschildert, werden in den kommenden Jahren beachtliche
Vermögen in Deutschland an die nächste Generation vererbt. Viele Menschen
möchten mit ihrem zu vererbenden Vermögen oder mit Teilen davon auch nach
ihrem Tode etwas Gutes tun. Darauf müssen sich spendensammelnde
Organisationen einstellen.
Gemeinnützige Organisationen erhalten in den seltensten Fällen ganz unvermittelt
eine Erbschaft. Deshalb wenden immer mehr Nonprofit-Organisationen
strukturiertes Erbschaftsmarketing an. Das Erbschaftsmarketing ist „ein spezielles
Fundraising-Instrument, mit dem um Vermächtnisse und Erbschaften geworben
wird und das als Zielgruppe potenzielle Erblasser und Erben hat“ (Hönig 2001, S.
62). Das Erbschaftsmarketing ist nicht als isoliertes Instrument zu verstehen,
sondern muss immer im engen Zusammenhang mit anderen FundraisingInstrumenten und -Aktivitäten, wie z.B. dem Relationship-Fundraising, der
Spenderbindung und –betreuung, gesehen werden. Damit einer gemeinnützigen
Organisation eine Erbschaft zukommt, muss zwischen der Organisation und dem
Erblasser ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden, welches über einen längeren
Zeitraum Bestand hat. Als interne Zielgruppe kommen die Mitglieder der Gremien
(Vorstand, Beiräte, Kuratoren) sowie die Ehrenamtlichen in Betracht. Die externe
Zielgruppe setzt sich vornehmlich aus älteren (vermögenden) Personen, Erben, die
einen Teil ihres Erbes nicht benötigen, und sogenannte Multiplikatoren wie Notare,
Rechtsanwälte und Vermögensberater, die ihre Klienten in Vermögens- und
Erbschaftsangelegenheiten beraten. Als Beispiele für Maßnahmen des
Erbschaftsmarketings können insbesondere die persönliche Ansprache,
Informationsflyer und -broschüren, Informationsveranstaltungen rund um das
Thema Erbschaften und Vererben sowie Fachvorträge für die o.g. Multiplikatoren
genannt werden (vgl. Hönig 2001, S. 62f).
31
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
5.1 Zentrale Fragestellung und methodisches Vorgehen
Eines der Hauptziele von Bürgerstiftungen ist die Einwerbung von Spenden und
Zustiftungen, um zum einen eigene operative Projekte sowie Förderprojekte zu
finanzieren und zum anderen das Stiftungskapital zu erhöhen, damit die Arbeit der
Bürgerstiftung auf Dauer gewährleistet ist. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen
auch Bürgerstiftungen Fundraising betreiben.
Die dargestellten Fundraising-Instrumente beziehen sich in der Literatur in der
Regel auf die großen Nonprofit-Organisationen, wie die Wohlfahrtsverbände,
Greenpeace u.a., mit ihren entsprechenden Zielgruppen und organisatorischen
Strukturen. Das Fundraising von Bürgerstiftungen wurde in der Literatur bisher nur
angeschnitten. Es gibt bislang nur vereinzelte Veröffentlichungen, die sich
ausschließlich mit dem Fundraising für diese junge Stiftungsform beschäftigen (z.B.
Weger 1999).
Ziel dieser Arbeit ist es, das Fundraising von Bürgerstiftungen näher zu
untersuchen. Daraus ergeben sich die folgenden zentralen Fragestellungen:
Welche Fundraising-Instrumente sind für Bürgerstiftungen geeignet?
Welche Fundraising-Instrumente und Fundraising-Strategien werden
angewandt und wie erfolgreich geschieht dies?
Um den Erfolg des Fundraising bewerten zu können, bedarf es bestimmter
Indikatoren. Bei den Bürgerstiftungen bietet es sich an, die Entwicklung und die
Höhe des Stiftungskapitals, den Zuwachs an Stiftern und Förderern und die
Verwaltung von unselbständigen Treuhandstiftungen als Indikatoren für den
Fundraising-Erfolg zu nutzen.
Um diese zentralen Fragen beantworten zu können, wird das Fundraising von
Bürgerstiftungen in qualitativer Form durch Experteninterviews und
Dokumentenanalyse untersucht. Die Untersuchung hat explorativen Charakter und
32
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
soll dazu beitragen, Aussagen über die Vorgehensweise deutscher Bürgerstiftungen
bei der Mittelbeschaffung treffen zu können.
Gegenstände der Untersuchung sind die folgenden Bürgerstiftungen: die
Bürgerstiftung Dresden, die Bürgerstiftung Hamburg, die Stadt Stiftung Gütersloh
und die Bürgerstiftung Hannover. Die Wahl fiel auf diese vier Bürgerstiftungen, da
die Bürgerstiftungen in Gütersloh und Hannover als Pioniere in Deutschland gelten
und die Bürgerstiftungen in Dresden und Hamburg ebenfalls seit mehreren Jahren
bestehen. Daher ist davon auszugehen, dass diese Bürgerstiftungen bereits durch die
Dauer ihres Bestehens die Chance hatten, Erfahrungen im Fundraising zu sammeln.
Zudem unterscheiden sich die Standorte relativ stark voneinander: Hamburg, eine
Millionenstadt und Stadtstaat, Hannover und Dresden, Landeshauptstädte, und
Gütersloh, eine mittlere Kreisstadt. Weiterhin ist davon auszugehen, dass die
ostdeutsche Stadt Dresden geringere Finanzvolumina akquirieren kann als zum
Beispiel Hamburg, da die Vermögensverteilung in der Bevölkerung noch erhebliche
Unterschiede in Ost und West aufweist (vgl. auch Kapitel 4.2.5). Des Weiteren
finden sich bei diesen vier Bürgerstiftungen unterschiedliche Entstehungsmodelle
wieder. So steht die Stadt Stiftung Gütersloh für das Top-down-Modell, die
Bürgerstiftung Hamburg und Hannover vertreten das Bottom-up-Modell und die
Bürgerstiftung Dresden stellt eine Mischform aus beiden Modellen dar. Diese
Unterschiede und äußeren Faktoren lassen verschiedene Konzepte und Strategien
im Fundraising erwarten und haben die Auswahl der untersuchten Bürgerstiftungen
maßgeblich bestimmt.
Die deskriptive Darstellung der Bürgerstiftungen und ihrer FundraisingOrganisation, -Planung und –Instrumente stützt sich auf die Informationsgewinnung
aus den Tätigkeits- und Jahresberichten und den Internetauftritten der beteiligten
Bürgerstiftungen sowie auf die vier leitfadenorientierten Experteninterviews, die im
April und Mai 2003 vom Autor dieser Arbeit durchgeführt wurden. Die Interviews
dauerten jeweils etwa anderthalb Stunden. Bei den Gesprächspartnern handelte es
sich um Experten, die durch ihr Amt über mehrjährige Erfahrung in der aktiven
Arbeit der Bürgerstiftung und im Fundraising verfügen. Das Spektrum der Ämter,
die die Interviewpartner in der jeweiligen Bürgerstiftung bekleiden, reicht vom
33
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Fundraising innerhalb der Bürgerstiftung über den
Geschäftsführer bis hin zum Vorstandsvorsitzenden der Bürgerstiftung.
5.2 Fallstudie Bürgerstiftung Dresden
Stadt Dresden
Dresden ist die Landeshauptstadt des Freistaates Sachsen und liegt im südöstlichen
Teil des Bundeslandes. In Dresden und Umland leben ca. 1,3 Millionen Menschen,
in der Stadt selbst etwa 478.000 Einwohner (Stand 01.01.2002). Damit liegt sie im
Bevölkerungsvergleich bundesdeutscher Städte an 15. Stelle (vgl. Deutscher
Städtetag 2003). Das Pro-Kopf-Einkommen in dieser Region gehört zu den
höchsten in den östlichen Bundesländern (vgl. Messe Dresden 2003). Dresden ist
Hochschulstandort, Verkehrsknotenpunkt und kulturelles Zentrum der Region.
Darüber hinaus sind in Dresden vor allem Wirtschaftsbetriebe aus den Bereichen
der Informations- und Elektrotechnik, dem Maschinen- und Fahrzeugbau sowie aus
dem Druckerei- und Verlagswesen angesiedelt (vgl. Brockhaus 2003).
Bürgerstiftung Dresden – „Dresdner stiften Zukunft“
Die Bürgerstiftung Dresden wurde im Januar 1999 ins Leben gerufen und nimmt
damit eine Vorreiterrolle in Ostdeutschland ein.
Die in Hamburg ansässige Körber-Stiftung, die zur damaligen Zeit auch eine
Dependance in Dresden unterhielt, unterstützte den Initiativkreis zur Gründung
einer Bürgerstiftung, in dem engagierte Dresdner Persönlichkeiten vertreten waren,
und stellte das Gründungskapital von 51.129,- Euro (100.000,- DM) sowie einen
Matching Fund in Höhe von 460.163,- Euro (900.000,- DM) zur Verfügung. Des
Weiteren werden die Personal- und Sachkosten bis Ende 2004 von der KörberStiftung getragen (vgl. Ripp 2001, S. 7, Wehmeier 2003, S. 9).
Neben dem Aufbau des Stiftungskapitals ist die Förderung des bürgerschaftlichen
Engagements eines der wichtigsten Anliegen der Bürgerstiftung Dresden. Sie
möchte dazu beitragen, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger bei der
Gestaltung ihres Gemeinwesens Mitverantwortung übernehmen (vgl. Weidelener
2003, S. 4).
34
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Die Organe der Bürgerstiftung sind die Stifterversammlung, der Stiftungsrat und
der Vorstand. Die Stifterversammlung setzt sich aus den Stiftern und Zustiftern
zusammen. Sie wählt die Mitglieder des Stiftungsrats und bestimmt die
grundsätzliche Ausrichtung der Stiftungsarbeit mit. Mit einer Zustiftung von
mindestens 500,- Euro gehört der Stifter für drei Jahre der Stifterversammlung an.
Die Mitgliedschaft verlängert sich pro zusätzlich gestifteter 500,- Euro um drei
Jahre und ab einer Zustiftung von 5.000,- Euro gehört der Stifter der
Stifterversammlung lebenslänglich an (Ripp 25.04.2003). Der Stiftungsrat besteht
aus zehn Personen, die sich im Sinne des Stiftungszweckes um die Belange des
Gemeinwesens in Dresden verdient gemacht haben und in der Öffentlichkeit als
glaubwürdige Repräsentanten des Bürgerstiftungsgedankens auftreten können. Sie
wählen den Vorstand der Bürgerstiftung. Der Vorstand besteht aus drei Personen
und vertritt die Bürgerstiftung nach außen. Ein weiteres Gremium ist das
Kuratorium, deren Mitglieder die Bürgerstiftung und ihre Organe beraten (vgl.
Bürgerstiftung Dresden 2002).
Die Bürgerstiftung beschäftigt drei hauptamtliche Mitarbeiter. Darüber hinaus
engagieren sich etwa 30 Personen ehrenamtlich in den Gremien (Vorstand,
Stiftungsrat und Kuratorium) oder helfen in ihrer Freizeit in der Geschäftsstelle.
Zusätzlich gibt es einige Helfer, die die Bürgerstiftung punktuell unterstützen (Ripp
25.04.2003).
Interviewpartner
Herr Winfried Ripp ist Vorstandsmitglied, Geschäftsführer und Stifter der
Bürgerstiftung Dresden. Er ist Angestellter der Körber-Stiftung, Hamburg und
vorerst bis 2004 hauptamtlich in Dresden beschäftigt. Eine Verlängerung ist
wahrscheinlich. Zuvor war Herr Ripp Leiter der Dependance der Körber-Stiftung
und hat dadurch langjährige Erfahrung im Stiftungssektor, u.a. auch im Fundraising.
Er war maßgeblich an der Konzipierung der Bürgerstiftung beteiligt. Einen
entscheidenden Faktor für den Erfolg der Bürgerstiftung sieht Herr Ripp in dieser
personellen Professionalisierung (Ripp, 25.04.2003).
35
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Fundraising-Organisation
Eine der Hauptaufgaben des Vorstandes ist das Fundraising. Zusätzlich engagieren
sich einige Stifter und die Arbeitsgruppe Fundraising, die zur Zeit acht Mitglieder
zählt, bei der Mittelbeschaffung. Diese Arbeitsgruppe trifft sich einmal im Jahr zu
einer gemeinsamen Sitzung, die weitere Koordination erfolgt über bilaterale
Gespräche zwischen dem Vorstand und den einzelnen Mitgliedern. Die Mitglieder
stammen aus den beratenden Berufen (Banker, Rechtsanwälte, Notare,
Steuerberater) und engagieren sich jeweils eigenständig für das Fundraising der
Bürgerstiftung. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe fungieren in erster Linie als
„Türöffner“ und Multiplikatoren für die Bürgerstiftung. Durch die Empfehlung
eines Vermögensverwalters wird ein erster Kontakt zwischen einem Interessenten,
der sich für das Stiften interessiert, und der Bürgerstiftung aufgebaut. Der Einsatz
eines professionellen Fundraisers ist theoretisch vorstellbar, aber in Dresden
momentan nicht aktuell. Momentan steht die Gewinnung neuer Multiplikatoren im
Vordergrund. Herr Ripp wendet ca. 10% seiner Geschäftsführertätigkeit für das
Fundraising auf. Dieser Wert wird von ihm als deutlich zu gering eingeschätzt und
müsste ausgebaut werden. Die Gremienmitglieder des Stiftungsrats und des
Kuratoriums unterstützen die Fundraising-Aktivitäten der Bürgerstiftung in der
Form, dass die Bürgerstiftung vom hohen Ansehen, den guten Reputationen und der
Seriosität dieser Mitglieder profitieren kann. Die Bürgerstiftung wird dadurch als
eine vertrauenswürdige Organisation wahrgenommen (Ripp, 25.04.2003).
Fundraising-Planung
Die Bürgerstiftung Dresden verfolgt von Anfang an die Strategie, mit Fachleuten
aus den beratenden Berufen als Multiplikatoren eng zusammenzuarbeiten. Gerade
in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist eine genaue Fundraising-Planung für die
Bürgerstiftungen sehr kompliziert. Sinnvoller ist es, flexibel auf Veränderungen zu
reagieren, auf die Erfahrungen im Fundraising und auf bereits erfolgreiche
Maßnahmen zurückzugreifen. Auch die Zielsetzung im Fundraising von
Bürgerstiftungen sollte flexibel erfolgen, da das Fundraising in diesem Bereich oft
von Zufällen begleitet wird. Zudem ist das Fundraising einer Bürgerstiftung nicht in
dem Maße standardisierbar, wie bei einem großen Wohlfahrtsverband, der zum
Beispiel mit einem Massenmailing eine bestimmte Summe einwerben kann. Die
Zielerreichungskontrolle erfolgt, indem am Ende eines Jahres bilanziert wird, wie
36
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
viel Geld durch Spenden und Zustiftungen der Bürgerstiftung zugeflossen sind. Das
jährliche Fundraising-Budget wird mit ca. 10.000,- Euro beziffert (Ripp,
25.04.2003).
Fundraising-Instrumente
Die Fundraising-Instrumente haben das primäre Ziel, das Stiftungsvermögen der
Bürgerstiftung zu erhöhen. Das persönliche Gespräch wird als das wichtigste
Fundraising-Instrument angesehen. Der Fundraiser sollte daher seriös und
vertrauenswürdig sein und diese Eigenschaften ausstrahlen. Der persönliche
Kontakt zu potentiellen Interessenten wird vor allem über die bereits genannten
Multiplikatoren aufgebaut. Diese Zusammenarbeit ist der entscheidende
Erfolgsfaktor. Bei rund 80% der vermittelten Kontakte kommt es zu einem
persönlichen Gespräch zwischen dem Vertreter der Bürgerstiftung und dem
Interessenten. Die Kooperation mit den einzelnen Multiplikatoren erfolgt
projektbezogen. So werden z.B. Informationsveranstaltungen zum Thema Erbrecht
gemeinsam mit Fachanwälten konzipiert.
Benefiz- und Informationsveranstaltungen werden als flankierende Maßnahmen
eingesetzt. Es gibt keine feste Medienpartnerschaft mit einer Zeitung, dennoch
werden Pressekontakte sehr gepflegt, damit regelmäßig Artikel über die
Bürgerstiftung erscheinen.
Die operativen und geförderten Projekten übernehmen bei der Mittelakquise eine
wichtige Rolle, denn über sie wird die Bürgerstiftung vor Ort wahrgenommen und
in der Öffentlichkeit bekannt und damit für die Menschen interessant. Des Weiteren
dienen diese Projekte dazu, sich von anderen Fördervereinen und
spendensammelnden Organisationen in Dresden abzugrenzen.
Der Matching Fund, der der Bürgerstiftung Dresden zur Verfügung stand, erzielte
nicht den gewünschten Erfolg. Dieses Instrument eignet sich nach Aussagen von
Herrn Ripp eher zur Förderung einzelner konkreter Projekte, nicht aber zur
allgemeinen Einwerbung von Mitteln für eine Bürgerstiftung. Die nicht abgerufenen
Mittel aus dem Matching Fund wurden deshalb in das Stiftungsvermögen
eingebracht.
37
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Die Bürgerstiftung Dresden betreibt zudem intensives Erbschaftsmarketing, bei
dem die Multiplikatoren mit ihrem Sachverstand und ihrer Kompetenz stark
miteinbezogen werden. Zur Zeit sind etwa 3 Mio. Euro zu Gunsten der
Bürgerstiftung testamentarisch hinterlegt. Dieses Instrument soll weiter ausgebaut
werden, da davon ausgegangen wird, dass die entscheidenden Zustiftungen in
Zukunft vor allem über testamentarische Verfügungen realisiert werden können.
Die Stärken im Fundraising der Bürgerstiftung Dresden liegen in erster Linie in den
Persönlichkeiten, die sich für die Bürgerstiftung in den Gremien und als
Multiplikatoren engagieren. Als Schwäche wird das momentan zu geringe
Zeitbudget sowie die relativ dünne Personaldecke bei den Multiplikatoren
angesehen (Ripp, 25.04.2003).
Stifter-/Spenderorientierung bzw. –betreuung
Bei der Bürgerstiftung Dresden werden keine speziellen Zielgruppen für das
Fundraising gebildet, dennoch werden ältere Privatpersonen, die sich für klassische
Musik, Kunst und Denkmalpflege interessieren, besonders angesprochen.
Im Rahmen der Stifterbetreuung wird die schnelle Reaktion nach einer
eingegangenen Spende/Zustiftung in Form eines Dankschreibens als sehr wichtig
angesehen. Neben dem Zwei-Jahresbericht erscheint zwei- bis dreimal pro Jahr ein
Stifterrundbrief mit aktuellen Informationen rund um die Bürgerstiftung. Ein
jährlich stattfindendes Fest für alle Stifter, Spender und ehrenamtlichen Helfer
runden die Betreuung ab.
Generell werden bei der Betreuung keine Unterschiede zwischen Groß- und
Kleinspendern bzw. -stiftern gemacht. Ab höheren Geldsummen kommt es jedoch
automatisch zu einer intensiveren Betreuung.
Die Bürgerstiftung Dresden führt eine Adressdatenbank, die als unerlässlich für
erfolgreiches Fundraising angesehen wird (Ripp, 25.04.2003).
Finanzentwicklung
In den beiden ersten Jahren hat sich das Stiftungskapital sehr gut entwickelt, in den
beiden folgenden Jahre war diese Entwicklung nicht ganz so dynamisch. Das
Stiftungskapital betrug zum 31.12.2002 457.000,- Euro und lag Ende April 2003
38
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
bereits bei 479.000,- Euro und wurde von insgesamt 24 Stiftern aufgebracht, wobei
die Körber-Stiftung der größte Stifter und auch Spender ist. Die Zustiftungen pro
Jahr schwanken. Dennoch kann man sagen, dass pro Jahr mindestens 30.000,- Euro
gestiftet werden. Die Bürgerstiftung konnte bisher 5.113,- Euro (10.000,- DM) aus
einem Testament in ihr Stiftungsvermögen einbringen.
Im April 2003 gab es 10 nicht rechtsfähige Stiftungen unter den Dach der
Bürgerstiftung mit einem Gesamtstiftungskapital von 374.500,- Euro. Diese
Unterstiftungen haben bislang Spenden in Höhe von 65.100,- Euro eingeworben.
Die Initiatoren solcher Treuhandstiftungen kommen mittlerweile vermehrt von sich
aus auf die Bürgerstiftung zu, um sich bei der Gründung etc. beraten zu lassen
(Ripp, 25.04.2003).
Das Spendenaufkommen der Bürgerstiftung Dresden lässt sich wie folgt abbilden:
Tabelle 2: Finanzentwicklung der Bürgerstiftung Dresden in Euro
Stiftungen/Zustiftungen
Spenden
Förderbeiträge
Ausschüttung/Projektförderung
1999/2000
126.000
103.300
68.300
2001
65.000
210.400
47.200
2002
266.000
117.5001
97.6002
2003
kumuliert
22.000
479.000
k.A.3
431.200
k.A.
213.100
1 Die Bürgerstiftung konnte zusätzlich noch 864.200 Euro Hochwasserspenden sowie Sachspenden in Höhe von 49.500
Euro sammeln.
2 Zusätzlich wurden Hochwasserhilfen in Höhe von 878.800 Euro gewährt.
3 Im Jahr 2003 gingen ca. 700.000,- Euro Hochwasserspenden ein.
Quelle: Bürgerstiftung Dresden 2001+2003, sowie Ripp, 25.04.2003, eigene Darstellung
Aufgrund der hohen Spendeneinnahmen und des Umstandes, dass Spenden zeitnah
verwandt werden müssen, hatte die Bürgerstiftung die Möglichkeit, Teile der
ausgeschütteten Erträge in das Stiftungsvermögen übertragen zu können.
Bis eine Bürgerstiftung ihre Aktivitäten und Projekte aus ihren Stiftungserträgen
finanzieren kann und in ihrer Existenz langfristig gesichert ist, dauert es nach
Einschätzung von Herrn Ripp ca. zehn Jahre, zudem wird dafür ein
Stiftungsvermögen von mindestens 5 Mio. Euro benötigt (Ripp, 25.04.2003).
39
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
5.3 Fallstudie Bürgerstiftung Hamburg
Stadt Hamburg
Mit 1,7 Millionen Einwohnern ist die Freie und Hansestadt Hamburg die
zweitgrößte Stadt Deutschlands und eines der 16 Bundesländer der Bundesrepublik
Deutschland. Hamburg ist sowohl wirtschaftliches als auch kulturelles Zentrum
Norddeutschlands. Die Hansestadt ist ferner ein wichtiger Pressestandort und durch
den Seehafen ein bedeutender Handelsplatz. Hamburg hat mehrere Universitäten
und ist Sitz mehrerer Bundesbehörden (vgl. Brockhaus 2003).
Bürgerstiftung Hamburg – „Menschen verbinden – Zukunft stiften“
Die Bürgerstiftung Hamburg wurde im März 1999 als eine Gemeinschaftsstiftung
von 14 engagierten Hamburgerinnen und Hamburgern gegründet, die gemeinsam
das erforderliche Stiftungsvermögen von 51.129,- Euro (100.000,- DM)
aufbrachten. Die Bürgerstiftung möchte durch ihre Arbeit dem Gemeinwohl dienen
und das Gemeinwesen in Hamburg nachhaltig stärken und innovative Kräfte
mobilisieren. Die satzungsgemäßen Zwecke umfassen die Förderung von Jugendund Altenhilfe, Erziehung und Bildung, Wissenschaft und Forschung, Kunst und
Kultur sowie Umwelt und Naturschutz (vgl. Bürgerstiftung Hamburg 2001, S.
3+15). Trotz dieses breiten Stiftungszwecks hat sich die Bürgerstiftung Hamburg
entschieden, in den ersten Jahren gezielt Projekte aus dem Jugendbereich zu
fördern, da die Jugend als Garant für die Zukunft angesehen wird (Emmrich,
30.04.2003). Ein weiteres Ziel ist die verstärkte Akquisition von
Treuhandstiftungen, die unter dem Dach der Bürgerstiftung Hamburg verwaltet
werden (vgl. Bürgerstiftung Hamburg 2003, S. 5).
Neben dem Vorstand der Bürgerstiftung gibt es noch einen Stiftungsrat, der zur Zeit
aus zehn Personen besteht und den Vorstand bestellt, überwacht, entlastet und berät.
Eine Stifterversammlung existiert nicht (vgl. Bürgerstiftung Hamburg 2001, S. 15f).
Die Bürgerstiftung beschäftigt zwei hauptamtliche Mitarbeiter in ihrer
Geschäftsstelle. Insgesamt 25 Personen engagieren sich ehrenamtlich im Vorstand,
in den Arbeitsgruppen „Projekte“, „Kommunikation“ und „Fundraising“ oder
helfen in der Geschäftsstelle (Emmrich, 30.04.2003).
40
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Interviewpartner
Herr Alexander Emmrich ist ehrenamtlicher Leiter der „Arbeitsgruppe Fundraising“
und von Beruf Jurist. Vor anderthalb Jahren stieß er auf der Suche nach einer
ehrenamtlichen Tätigkeit auf die Bürgerstiftung und ist seit dem dort aktiv. Er nahm
an einer Fundraising-Inhouse-Schulung von Frau Dr. Marita Haibach teil, derzeit
läuft eine Schulung durch den Fundraising-Berater Kai Fischer. Zusätzlich greift er
auf Fachliteratur zum Thema Fundraising zurück (Emmrich, 30.04.2003).
Fundraising-Organisation
Bei der Bürgerstiftung Hamburg ist die „Arbeitsgruppe Fundraising“ für die
Fundraising-Aktivitäten zuständig. Sie besteht aus fünf ehrenamtlichen Mitgliedern
(zwei Journalisten, zwei Juristen, ein Tanzpädagoge). Die Arbeitsgruppe trifft sich
derzeit etwa ein- bis zweimal im Monat für jeweils ca. drei Stunden. Herr Emmrich
wendet ungefähr vier Stunden pro Woche für das Fundraising der Bürgerstiftung
auf. In den Zuständigkeitsbereich der Arbeitsgruppe fallen sämtliche konzeptionelle
Fundraising-Planungen und die Stifter- und Spenderbetreuung. Bisher wurde die
Arbeitsgruppe relativ selten operativ im Fundraising tätig. Die Spenden und
Zustiftungen kamen bislang vor allem durch die allgemeine Arbeit der
Bürgerstiftung und weniger durch die Arbeit der Arbeitsgruppe zu Stande. Die
Arbeitsgruppe arbeitet eng mit dem für das Fundraising zuständigen
Vorstandsmitglied zusammen und stimmt das Vorgehen mit ihm ab. Einige
Vorstandsmitglieder sind selbst Stifter, bzw. gehören zu den Erststiftern und haben
dadurch Vorbildfunktion. Zusätzlich fungieren die Vorstands- und auch die
Stiftungsratsmitglieder als „Türöffner“ und helfen bei der Kontaktaufnahme zu
potentiellen Zuwendern (Emmrich, 30.04.2003).
Fundraising-Planung
Bisher wurde von der Arbeitsgruppe jährlich ein Zielwert anvisiert, wie viele Mittel
im Jahr eingeworben werden sollen (eine genaue Zahl wurde nicht genannt). Im
Jahr 2002 wurde dieser Wert weitestgehend erreicht. Eine schriftlich fixierte
41
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Fundraising-Strategie besteht bislang noch nicht. Das Fundraising-Budget beträgt
etwa 3.000,- Euro. Für das laufende Jahr wurden mehrere Maßnahmen geplant:
Kontaktpflege, abgesprungene Förderer zurückgewinnen, neue Kontakte zu
empfohlenen, potentiellen Förderern knüpfen und Vortragsreihen in Altersheimen
zum Thema Erbschaften. Es wurde ein Strategieentwurf für einen Drei-Jahres-Plan
erarbeitet, der auf der Einstellung eines hauptamtlichen Fundraisers zum 01.04.2003
basierte. Leider sah sich der Vorstand nicht in der Lage, die finanziellen Mittel für
diesen Mitarbeiter aufzubringen. Bis spätestens 2005 sollen genügend Gelder
eingeworben werden, um diese Stelle zu finanzieren. Alternativ ist bis zum Ende
2003 geplant, eine Fundraiserin auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung
einzustellen, die im Laufe des kommenden Jahres die Mittel einwirbt, um sich
selbst hauptamtlich zu tragen. Ihre Hauptaufgabe wäre die kompetente Betreuung
der Zuwender, d.h. die Kontakte zu Stiftern und Spendern zu pflegen und als
Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Das Fundraising der Bürgerstiftung
Hamburg soll dadurch weiter professionalisiert werden (Emmrich, 30.04.2003).
Fundraising-Instrumente
Die Bürgerstiftung Hamburg strebt durch ihr Fundraising die kontinuierliche
Erhöhung des Stiftungskapitals durch Zustiftungen an. Insbesondere in den
Anfangsjahren sind jedoch Spendeneinwerbungen zur Finanzierung der laufenden
Aktivitäten von besonderer Bedeutung, da die Stiftungserträge noch relativ gering
sind (vgl. Bürgerstiftung Hamburg 2003, S. 5). Das persönliche Gespräch wird als
das entscheidende Fundraising-Instrument mit dem größten Erfolg angesehen.
Bisher sind viele Spender, Stifter und auch Initiatoren von Treuhandstiftungen von
sich aus an die Bürgerstiftung herangetreten, da sie über die Presse etc. auf die
Bürgerstiftung aufmerksam wurden. Des Weiteren wurden in den Anfangsjahren
vor allem die privaten Kontakte der Erststifter zur Ansprache genutzt. Da diese
Zugangswege begrenzt sind, wird bei der Bürgerstiftung Hamburg zunehmend auf
eine strukturierte und gezielte Ansprache von potentiellen Spendern und Stiftern
gesetzt. Dabei kann u.a. auf die Kontakte und Empfehlungen der Gremienmitglieder
zurückgegriffen werden.
Mailings, Benefizveranstaltungen und Telefonmarketing werden von der
Bürgerstiftung nicht für das Fundraising genutzt, da kein positives Kosten-Nutzen-
42
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Verhältnis gesehen wird oder die Instrumente (Mailing, Telefonmarketing) für eine
Bürgerstiftung als ungeeignet angesehen werden, da sie zu unpersönlich sind.
Bei der Bürgerstiftung Hamburg wird das Erbschaftsmarketing nicht strukturiert
betrieben. Es wird eher „nebenbei“, zum Beispiel im persönlichen Gespräch,
erwähnt. Bei Bedarf sind aber kompetente Ansprechpartner bei der Bürgerstiftung
vorhanden. Die gezielte Kontaktaufnahme zu Anwälten und Notaren bezüglich
einer Zusammenarbeit in diesem Bereich ist in Planung. Der Bürgerstiftung kamen
bereits 100.000,- Euro aus einer Erbschaft zu Gute, außerdem ist man sie in
mehreren Testamenten berücksichtigt.
Die zunehmende Professionalisierung und Strukturierung der FundraisingAktivitäten wird als Stärke der Bürgerstiftung empfunden, das Fehlen einer
intensiven persönlichen Betreuung der Stifter und Spender wird dagegen als
Schwäche gesehen (Emmrich, 30.04.2003).
Stifter-/Spenderorientierung bzw. –betreuung
Die Bürgerstiftung Hamburg spricht im Fundraising vor allem vermögende
Hamburger Bürger an. Bei ihnen vermögenden Bürgern handelt es sich in erster
Linie um mittelständische Unternehmerpersönlichkeiten „aus der zweiten Reihe“,
die nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen, wie zum Beispiel die Familie Otto,
Eigentümer des Otto-Versands.
Die Stifter und Spender erhalten möglichst schnell nach dem Geldeingang ein
Dankschreiben, darüber hinaus erhalten sie regelmäßig einen Infobrief/Newsletter
mit den neuesten Nachrichten über die Aktivitäten der Bürgerstiftung. Der jährliche
Jahresbericht rundet die Printinformationen ab. Ebenfalls einmal im Jahr findet ein
„Stiftungstreff“ statt, bei dem alle Mitarbeiter, Ehrenamtlichen und Stifter zu einem
geselligen Miteinander zusammenkommen. Im Herbst 2003 ist ein „Stifterevent“
geplant, bei dem Stiftern und Spendern verschiedene Projekte vor Ort vorgestellt
werden, um transparent zu machen, für welche Zwecke das Geld verwendet wird.
Bei den genannten Betreuungsmaßnahmen werden generell keine Unterschiede
zwischen Groß- und Kleinspendern/-stiftern gemacht, aber auch bei der
Bürgerstiftung Hamburg intensiviert sich die Betreuung automatisch mit der Höhe
der Zuwendung. In Hamburg wird die vorhandene Stifter-/Spenderdatenbank
ebenfalls gezielt für Fundraising-Zwecke genutzt (Emmrich, 30.04.2003).
43
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Finanzentwicklung
Das Stiftungskapital der Bürgerstiftung Hamburg lag am 31.12.2002 bei 589.300,Euro und wurde von 25 Stiftern eingebracht. Im Jahr 2002 konnten 134.539,- Euro
Einzelspenden, 10.442,- Euro Spenden von regelmäßigen Förderern und 55.000,Euro an Zustiftungen registriert werden. Die Entwicklung der vergangenen Jahre
stellt sich wie folgt dar:
Tabelle 3: Finanzentwicklung der Bürgerstiftung Hamburg in Euro
Stiftungen/Zustiftungen
Spenden
Förderbeiträge
Ausschüttung/Projektförderung
1998/1999
178.952
120.532
537
~16.639
2000
309.332
118.136
9.387
56.880
2001
46.016
85.849
10.459
78.230
2002
55.000
134.539
10.442
114.000
kumuliert
589.300
459.055
30.825
265.749
Quelle: Bürgerstiftung Hamburg 2001+2002+2003, Emmrich, 30.04.2003, eigene Darstellung
Die
Bürgerstiftung
verwaltet
fünf
Treuhandstiftungen
mit
einem
Gesamtstiftungsvermögen von 2.032.681,- Euro. Das Kapital der verwalteten
unselbständigen Treuhandstiftungen liegt demnach um ein Vielfaches höher als das
Stiftungskapital der Bürgerstiftung Hamburg (Emmrich, 30.04.2003). Der Vorstand
der Bürgerstiftung Hamburg hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2010 ca. 10
Mio. Euro Stiftungskapital zu erreichen, um damit jährlich etwa eine halbe Million
Euro aus den Erträgen für die Erfüllung des Stiftungszwecks bereitzustellen (vgl.
Bürgerstiftung Hamburg 2003, S. 14).
5.4 Fallstudie Stadt Stiftung Gütersloh
Stadt Gütersloh
Die Kreisstadt Gütersloh hat etwa 95.000 Einwohner und liegt am südlichen Rand
des Teutoburger Waldes in Nordrhein-Westfalen. Die Wirtschaft wird von
Verlagen, Druckereien, der Möbelindustrie sowie dem Landmaschinenbau geprägt
(vgl. Brockhaus 2003). Die Stadt ist von großen Unternehmen wie Bertelsmann und
Miele geprägt.
44
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Stadt Stiftung Gütersloh – „Wir für unsere Stadt“
Die Stadt Stiftung Gütersloh wurde im Dezember 1996 gegründet und ist damit die
erste Bürgerstiftung in Deutschland, die auf der Idee des amerikanischen Modells
der Community Foundation basiert. Reinhard Mohn, damaliger Vorsitzender der
Bertelsmann Stiftung, und die Bertelsmann AG stellten ein Startkapital in Höhe von
insgesamt 1.022.584,- Euro (2.000.000,- DM) sowie die Infrastruktur (z.B. Büros)
zur Verfügung (vgl. Stadt Stiftung Gütersloh 2003, S. 24).
Die Stadt Stiftung initiiert und fördert Projekte aus den Bereichen Bildung,
Erziehung, Sport, Kunst, Kultur, Denkmalschutz, Jugend- und Altenhilfe,
Gesundheit, Umwelt- und Landschaftsschutz sowie Wissenschaft und Forschung.
Die Projekte werden stets mit kompetenten Partnern realisiert. Zu Beginn
konzentrierte man sich auf operative Projekte im Jugendbereich, wobei die
Jugendlichen bei der Projektauswahl miteinbezogen wurden (Jacobi 15.05.2003).
Es gibt fünf Möglichkeiten, sich für die Stadt Stiftung zu engagieren. Neben den
bekannten Zustiftungen kann man die Stiftung mit einer Patenschaft finanziell
unterstützen. Mit einem jährlichen Betrag von 2.500,- Euro, 1.250,- Euro oder 500,Euro wird man zum Gold-, Silber- oder Bronze-Paten. Darüber hinaus besteht die
Möglichkeit einer Mitgliedschaft im Freundeskreis der Stadt Stiftung. Der
Jahresbeitrag beträgt mindestens 50,- Euro. Weitere Unterstützung erhält die Stadt
Stiftung durch Geld- und Zeitspenden (vgl. Stadt Stiftung Gütersloh 2003, S. 18ff).
Das Kuratorium, welches die Stiftungsziele festlegt, das Jahresbudget und die
mittelfristige Planung erstellt und den Beirat und die Ausschüsse beruft, besteht aus
acht prominenten Bürgern Güterslohs. Die Steuerung der Projektarbeit wird vom
19-köpfigen Beirat übernommen. Zusätzlich gibt es noch einen Juniorenbeirat, der
als Berater in der Jugendarbeit fungiert (vgl. Stadt Stiftung Gütersloh 2003, S. 24).
Das Gremium einer Stifterversammlung existiert in Gütersloh nicht, was u.a. aus
dem Top-down-Ansatz resultiert (Jacobi, 15.05.2003).
Die Stadt Stiftung beschäftigt
Mitarbeiterin im Sekretariat und
Gremien (Kuratorium, Beirat und
engagiert, des Weiteren gibt es
Gütersloh 2003, S. 25).
zwei hauptamtliche Mitarbeiterinnen, eine
die stellvertretende Geschäftsführerin. In den
Jugendbeirat) sind 35 Menschen ehrenamtlich
noch drei Projektberater (vgl. Stadt Stiftung
45
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Interviewpartner
Herr Michael Jacobi ist seit ihrer Gründung ehrenamtlicher Geschäftsführer der
Stadt Stiftung Gütersloh. Der ehemalige Manager und Unternehmensberater selbst
bezeichnet seine Tätigkeit als „Full-Time-Job“ (Jacobi, 15.05.2003).
Fundraising-Organisation
Das Fundraising der Stadt Stiftung Gütersloh ist eine Schwerpunktaufgabe der
Kuratoren und wird jeweils individuell von den Mitgliedern des Gremiums
übernommen. Sie fungieren als Türöffner und nutzen ihre Kontakte zu Gunsten der
Stadt Stiftung. Die Erfahrungen in Gütersloh zeigen, dass die erfolgreiche
Mittelbeschaffung vor allem durch die Nutzung persönlicher Kontakte funktioniert
und sich dadurch nur sehr schwer institutionalisieren lässt. Der Geschäftsführer
konzentriert sich hauptsächlich auf den Aufbau von Strukturen und auf das
operative Geschäft. Zur Zeit wird das Fundraising in Gütersloh „aus dem Bauch“
heraus gemacht. Es ist aber geplant, die stellvertretende Geschäftsführerin im
Fundraising fortzubilden, da die Bereitschaft der Bürger, sich finanziell zu
engagieren, gesunken ist. Durch die gezielten Schulungen verspricht man sich neue
Impulse und Ideen für die Mittelakquise der Stadt Stiftung (Jacobi, 15.05.2003).
Fundraising-Planung
„Auch Bürgerstiftungen brauchen eine Strategie und Taktik“ (Jacobi, 15.05.2003).
Bis zum 10-jährigen Jubiläum der Stiftung im Jahr 2007 soll das Stiftungskapital
auf mindestens 5.000.000,- Euro anwachsen. Die Stadt Stiftung plant keine
Professionalisierung ihres Fundraising, d.h. es wird kein hauptamtlicher Fundraiser
eingestellt, sondern sie wird weiterhin auf das persönliche Engagement ihrer
Kuratoren und Gremienmitglieder setzen, da deren Kontakte in einer Stadt wie
Gütersloh von besonderer Bedeutung sind.
Ein genaues Fundraising-Zeitbudget kann nicht benannt werden. Wenn sich die
Gelegenheit in Gesprächen ergibt, wird auch über die Mittelzuwendung gesprochen.
46
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Im Jahr 2002 betrugen die Aufwendungen für die Öffentlichkeitsarbeit (beinhaltet
u.a. das Fundraising) 21.300,- Euro (Jacobi, 15.05.2003).
Fundraising-Instrumente
Auch bei der Stadt Stiftung ist das persönliche Gespräch das wichtigste und
erfolgreichste Fundraising-Instrument. Das Mailing hat dagegen einen sehr
niedrigen Stellenwert und Telefonmarketing wird für eine Bürgerstiftung als völlig
ungeeignet angesehen, da sich die Menschen durch die Anrufe gestört fühlten.
Benefizveranstaltungen sind für die Einwerbung von Geldmitteln bedingt geeignet.
In Gütersloh hat man gute Erfahrungen mit den bereits erwähnten Patenschaften
und Fördermitgliedschaften gemacht, da durch diese Instrumente eine gewisse
finanzielle Grundlage geschaffen wird, mit der man planen kann. Beim
Erbschaftsmarketing wird mit Anlageberatern (Notare, Steuerberater und Banker)
zusammengearbeitet. Die Stadt Stiftung konnte bereits einige testamentarische
Verfügungen zu ihren Gunsten verbuchen. Es wird darauf hingewiesen, dass dieses
Instrument mit sehr viel Fingerspitzengefühl und Sensibilität genutzt werden muss.
Eine feste Medienpartnerschaft existiert bisher nicht, es ist aber geplant,
wöchentlich eine kleine Rubrik der Bürgerstiftung („Haben Sie heute schon daran
gedacht, sich mit Geld und Zeit bei der Stadt Stiftung zu engagieren?“) auf der
ersten Seite der Lokalzeitung zu platzieren (Jacobi, 15.05.2003). Ein weiteres
Instrument ist die jährlich stattfindende Lotterie der Stadt Stiftung mit attraktiven
Sachpreisen. Im Jahr 2002 wurden 85.200 Lose zum Stückpreis von 1,- Euro
verkauft; der Reinerlös betrug 21.300,- Euro (vgl. Stadt Stiftung Gütersloh 2003, S.
22).
Die Stärke im Fundraising der Stadt Stiftung liegt in den vielen persönlichen
Kontakten, die die Engagierten der Bürgerstiftung in Gütersloh und Umgebung
haben. Diese können in einer Stadt wie Gütersloh, in der man sich kennt, besser
genutzt werden als zum Beispiel in einer Großstadt. Zukünftig soll das Fundraising
der Stiftung in allen Bereichen weiter intensiviert, ausgebaut und systematisch
verbessert werden, um den Ausbau des Stiftungskapitals voranzubringen (Jacobi,
15.05.2003).
47
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Stifter-/Spenderorientierung bzw. –betreuung
Bei der Stadt Stiftung kann jeder Pate, Förderer oder Stifter werden. Die Stiftung ist
sich „nicht zu schade, um jeden zu werben“ (Jacobi, 15.05.2003). Die Stifter und
Spender werden regelmäßig durch den jährlichen Tätigkeitsbericht und durch
Rundbriefe über die Bürgerstiftung informiert. Bei der Betreuung steht der
persönliche Dank im Vordergrund. Den Paten wird eine Urkunde überreicht und
sämtliche Stifter, Paten, Förderer und Spender werden auf der Internetseite und im
Jahresbericht namentlich aufgeführt. Da es keine Stifterversammlung gibt, werden
die Stifter i.d.R. bei der Stiftungsarbeit nicht miteinbezogen. Herr Jacobi merkt dazu
an, dass die großen Zustifter (ab 50.000,- Euro) von der Arbeit der Stiftung
überzeugt sind und hauptsächlich wissen möchten, wofür das Geld verwendet wird
und eigentlich nicht direkt an den Gestaltungsprozessen innerhalb der Stiftung
beteiligt werden möchten. Eine Stifter- und Spenderdatenbank wird nicht
systematisch für das Fundraising genutzt (Jacobi, 15.05.2003).
Finanzentwicklung
Zum 01.03.2003 betrug das Stiftungsvermögen 3.044.700,- Euro. In diesem Betrag
sind zwei zweckgebundene Fonds mit jeweils 511.300,- Euro enthalten, so dass sich
das eigentliche Stiftungsvermögen der Stadt Stiftung auf 2.022.100,- Euro beläuft
(vgl. Stadt Stiftung Gütersloh 2003, S. 26). Zur Zeit wird die Stiftung durch 40
Paten und 17 Freundeskreismitglieder unterstützt (vgl. Pressedienst der Stadt
Gütersloh 2003, Stadt Stiftung Gütersloh 2003, S. 20).
Tabelle 4: Finanzentwicklung der Stadt Stiftung Gütersloh in Euro
Stiftungen/Zustiftungen
Spenden
Förderbeiträge
Ausschüttung/Projektförderung
1997
1.585.000
k.A.
k.A.
51.000
1998
306.800
k.A.
k.A.
153.000
1999
40.900
98.3601
k.A.
218.340
2000
357.900
85.600
34.260
223.440
2001
754.100
154.200
56.500
283.600
2002
237.000
53.700
274.700
kumuliert
3.044.700
575.160
144.460
1.204.080
1 inklusive Förderbeiträge
Quelle: Stadt Stiftung Gütersloh 1998, 1999, 2000, 2001, 2002, 2003, eigene Darstellung
Bei der Stadt Stiftung geht man davon aus, dass das Stiftungskapital mindestens 5
Mio. Euro betragen muss, damit die Stiftung wirklich handlungsfähig ist. Man
48
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
strebt so ein Budget von 500.000,- Euro aus den Stiftungserträgen, Patenschaften
und Spenden an.
5.5 Fallstudie Bürgerstiftung Hannover
Stadt Hannover
Die niedersächsische Landeshauptstadt hat rund 510.000 Einwohner. Die Industrieund Messestadt hat mehrere Universitäten und Fachhochschulen und ist der
Standort von Unternehmen aus der Maschinen-, Fahrzeug-, Gummi- sowie
Nahrungs- und Genussmittelindustrie (vgl. Brockhaus 2003).
Bürgerstiftung Hannover – „Gemeinsam für unsere Region“
Die Bürgerstiftung Hannover wurde im Dezember 1997 als erste deutsche
Gemeinschaftsstiftung von Bürgern für Bürger gegründet und stand Pate für viele
nachfolgende Bürgerstiftungsgründungen. Im Gegensatz zur Stadt Stiftung
Gütersloh fanden sich in Hannover 31 Gründungsstifter zusammen, um das
Gründungskapital in Höhe von 53.686,- Euro (105.000,- DM) gemeinsam
aufzubringen (vgl. Bürgerstiftung Hannover 2002, S. 4).
Auch in Hannover konzentriert man sich bei der Projektauswahl insbesondere auf
den Jugendbereich nach dem Motto: „Zukunft Investition Jugend – Stärkung der
Jugend“. Darüber hinaus möchte die Bürgerstiftung durch ihre Projektförderung das
ehrenamtliche Engagement der Bürger in der Region unterstützen. Die
Bürgerstiftung Hannover hat in den ersten zweieinhalb Jahren in erster Linie eigene
operative Projekte initiiert und vor allem Spenden für diese Projekte gesammelt. Da
dies sehr viel Zeit, Know-how und Geld beanspruchte, verfolgt man seit einiger Zeit
das Ziel, sich auf die Erhöhung des Stiftungsvermögens zu konzentrieren und sich
verstärkt als Dienstleister für unselbständige Treuhandstiftungen unter dem Dach
der Bürgerstiftung Hannover zu profilieren (von Holn, 21.05.2003).
Aus der Tatsache heraus, dass die Bürgerstiftung auf Grundlage des Bottom-upAnsatzes entstand, existiert in Hannover eine Stifterversammlung. Stifter, die
mindestens 1.500,- Euro stiften, werden für drei Jahre Mitglied der
49
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Stifterversammlung. Die Mitgliedschaft verlängert sich pro zusätzlich gestifteter
500,- Euro um ein Jahr. Die Stifterversammlung wählt den Stiftungsrat, das oberste
Aufsichtsgremium. Der Stiftungsrat wiederum wählt den Vorstand. Der Vorstand
vertritt die Bürgerstiftung nach außen, beschließt den Wirtschaftsplan und legt den
Jahresabschluss vor (vgl. Bürgerstiftung Hannover 1997).
Die Bürgerstiftung Hannover beschäftigt zwei hauptamtliche Mitarbeiterinnen in
ihrer Geschäftsstelle (1,5 Stellen). Insgesamt sind 28 Personen ehrenamtlich (u.a. in
den Gremien) für die Bürgerstiftung tätig. Hinzu kommen noch zahlreiche
Ehrenamtliche, die in den Projekten aktiv sind (von Holn, 21.05.2003).
Interviewpartner
Herr
Claus
von
Holn
ist
ehemaliges
Vorstandsmitglied
eines
Versicherungsunternehmens und seit zweieinhalb Jahren Vorstandsvorsitzender der
Bürgerstiftung Hannover. Nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben sieht Herr
von Holn seine Tätigkeit bei der Stiftung als seinen „zweiten Hauptberuf“ an. Um
sich im Fundraising fortzubilden, besucht er Seminare. Des Weiteren greift er auf
Erfahrungen aus dem aktiven Berufsleben zurück (von Holn, 21.05.2003).
Fundraising-Organisation
Bei der Bürgerstiftung Hannover existiert kein Gremium, welches sich
ausschließlich mit dem Fundraising beschäftigt. Organisatorisch ist die
Mittelbeschaffung beim Vorstand angesiedelt. Vom zeitlichen Aufwand her
betrachtet, wird das Fundraising am intensivsten vom Vorstandsvorsitzenden
betrieben. Aber auch die weiteren Vorstands- und Gremienmitglieder sind
unterstützend im Fundraising tätig und nutzen ihre privaten Kontakte zu Gunsten
der Bürgerstiftung (von Holn, 21.05.2003).
Fundraising-Planung
Die Entwicklung der Bürgerstiftung ist äußerst dynamisch und daher ist eine genaue
Planung sehr schwer. Die strategische Planung beginnt nach Herrn von Holns
50
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
Meinung bereits mit der Berufung der Gremienmitglieder, denn diese vertreten und
repräsentieren die Stiftung nach außen. Darüber hinaus verfolgt die Bürgerstiftung
Hannover ebenfalls die Strategie, mit Multiplikatoren aus den beratenden Berufen
zusammenzuarbeiten, die als „Türöffner“ zu potentiellen Stiftern und Spendern
fungieren. Bei der Bürgerstiftung in Hannover sieht man die Chance, bis Ende 2005
ein Stiftungskapital von drei Millionen Euro zu erreichen. Bei der Planung der
Fundraising-Instrumente werden Ideen entwickelt, die dann umgesetzt werden.
Neuen Instrumenten sollte man immer aufgeschlossen gegenüberstehen (von Holn,
21.05.2003).
Fundraising-Instrumente
Bei der Bürgerstiftung Hannover wird das persönliche Gespräch ebenfalls als das
wichtigste Fundraising-Instrument angesehen. Insbesondere die persönliche
Kontaktaufnahme zu den Multiplikatoren wird als entscheidend angesehen. In den
Anfangsjahren wurden auch regelmäßig Benefizveranstaltungen etc. organisiert,
jedoch ist man von diesem Instrument in Hannover abgekommen, da die
Organisation solcher Veranstaltungen einen enormen Aufwand verursachte und der
Ertrag nicht im erwarteten Verhältnis dazu stand. Durch die guten Kontakte der
Bürgerstiftung Hannover zur örtlichen Presse erscheinen regelmäßig Artikel über
die Arbeit der Stiftung in den Hannoveraner Zeitungen. Herr von Holn merkt dazu
an: „Öffentlichkeitsarbeit ist die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiches
Fundraising“ (von Holn, 21.05.2003). Erbschaftsmarketing wird bei der
Bürgerstiftung Hannover ebenfalls betrieben. Dabei arbeitet man eng mit
Multiplikatoren zusammen. Bisher wurde die Bürgerstiftung in zwei Testamenten
bedacht und zur Zeit steht man mit einem Testamentsverwalter bezüglich der
Errichtung einer Treuhandstiftung in Kontakt. Aufgrund guter Erfahrungen mit der
Multiplikatoren-Strategie soll das Erbschaftsmarketing zukünftig weiter ausgebaut
werden. Darüber hinaus soll der Kontakt zur örtlichen mittelständischen Wirtschaft
intensiviert werden, um diese als Projektpartner zu gewinnen, die sich sowohl
finanziell als auch mit ihren Mitarbeitern bei ausgewählten Projekten engagieren.
Mailings und Telefonmarketing werden dagegen nicht angewandt (von Holn,
21.05.2003).
In den ersten Jahren hätte die Bürgerstiftung Hannover gern einen Matching Fund
aufgelegt, konnte damals aber keinen Fund-Geber finden. Mit zunehmender Höhe
51
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
des Stiftungskapitals wird diese Suche immer schwerer, daher könnte man sich in
der jetzigen Situation einen internen Matching Fund der Bürgerstiftung vorstellen,
mit dem die Projekte gefördert werden. Dabei werden zum Beispiel die Spenden,
die die Projekte sammeln durch die Bürgerstiftung verdoppelt (von Holn,
21.05.2003).
Die bisherigen Stifter wurden zu großen Teilen durch die persönlichen Kontakte des
Initiativkreises und der Gremienmitglieder angesprochen. Da dieser anzusprechende
Personenkreis gezwungenermaßen begrenzt ist, verfolgt man bei der Bürgerstiftung
das Ziel, zukünftig vor allem durch die Verwaltung treuhänderischer
Unterstiftungen zu wachsen (von Holn, 21.05.2003).
Eine Stärke im Fundraising der Bürgerstiftung Hannover liegt darin, dass man sich
im Laufe der Jahre als eine erfolgreich arbeitende Bürgerstiftung mit
vertrauenswürdigen und engagierten Gremienmitgliedern positionieren konnte und
zunehmend als kompetenter Dienstleister im Stiftungswesen wahrgenommen wird.
Als Schwäche wird die relativ dünne Personaldecke der Bürgerstiftung angesehen
(von Holn, 21.05.2003).
Stifter-/Spenderorientierung bzw. –betreuung
Neben dem jährlich erscheinenden Jahresbericht bietet auch ein Halbjahresbrief
regelmäßige Informationen für Stifter und Spender. Zusätzlich findet einmal im Jahr
eine Stifterversammlung statt. Des Weiteren führt die Bürgerstiftung Hannover
gemeinsam mit den Projektpartnern seit 2002 einen Bürgerstiftungstag durch. An
diesem Tag wird den Stiftern die Chance gegeben wird, sich vor Ort einen Einblick
zu verschaffen, was mit ihrem Geld möglich gemacht wird. Ein Dankesbrief und
eventuell ein Telefonat sind nach erfolgter Stiftung obligatorisch. Die bestehende
Adressdatenbank wird hauptsächlich als Informationsdatenbank und nicht
systematisch für das Fundraising genutzt (von Holn, 21.05.2003).
Finanzentwicklung
Das derzeitige Stiftungsvermögen beträgt 723.000,- Euro und wurde von 51 Stiftern
eingebracht. Die Bürgerstiftung verwaltet zur Zeit das Vermögen von sieben
52
Marco Groß
5. Bürgerstiftungen und Fundraising in der Praxis
unselbständigen Treuhandstiftungen, die ein Gesamtstiftungskapital von ca.
100.000,- Euro aufweisen. Dieser Betrag wird sich mittelfristig erhöhen, da es bei
der Bürgerstiftung Hannover die Möglichkeit gibt, das Stiftungskapital einer
Unterstiftung in einem festgelegten Zeitraum anzusparen (von Holn, 21.05.2003).
Tabelle 5: Finanzentwicklung der Bürgerstiftung Hannover in Euro
Stiftungen/Zustiftungen
Spenden
Förderbeiträge
Ausschüttung/Projektförderung
1997
54.000
k.A.
k.A.
1998
12.000
84.000
k.A.
1999
11.000
45.000
k.A.
2000
92.000
50.000
k.A.
2001
139.000
44.000
k.A.
2002
kumuliert
415.000
723.000
30.000
253.000
k.A.
250.0001
1 Projektförderung 1997-2001 (Bürgerstiftung Hannover 2002, S. 4)
Quelle: von Holn, 21.05.2003, eigene Darstellung
Die Bürgerstiftung konnte im Jahr 2001 Erträge in Höhe von 11.000,- Euro
verbuchen, im Jahr 2002 waren es bereits 37.000,- Euro. Diese positive
Entwicklung kann die zu erwartenden geringeren Spendeneinnahmen teilweise
kompensieren.
Bei der Bürgerstiftung Hannover gibt es 16 Förderer, die regelmäßig per
Lastschriftverfahren spenden. Diese Art der Förderung stammt noch aus den
Anfangsjahren. Das Spendenaufkommen der Stiftung ist sehr schwankend. Im Jahr
2002 spielte die Jahrhundertflut auch in Hannover eine Rolle, denn die
Bürgerstiftung Hannover rief erfolgreich zu Spenden für die Bürgerstiftung Dresden
auf und verzichtete dadurch auf Spenden, die eigentlich für die eigene Arbeit
gedacht waren (von Holn, 21.05.2003).
Nach Einschätzung von Herrn von Holn muss eine Bürgerstiftung in ca. acht bis
neun Jahren etwa 8-10 Mio. Euro an Stiftungskapital akquirieren, um eine
wirkungsvolle Administration aufbauen zu können. Es wird ungefähr 15 Jahre
dauern, bis sich eine erfolgreiche Bürgerstiftung tatsächlich und dauerhaft etabliert
hat. In dieser Zeit müsste eine erfolgreiche Bürgerstiftung etwa 15 Mio. Euro an
Stiftungskapital angesammelt haben (von Holn, 21.05.2003).
53
Marco Groß
6. Ergebnisse
6. Ergebnisse
Wie die vier Fallstudien gezeigt haben, wird das Fundraising bei den
Bürgerstiftungen fast ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern übernommen.
Diese ehrenamtliche Arbeit stößt an einem bestimmten Punkt an ihre Grenzen. So
spielt der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle, denn die engagierten Personen
setzen sich in ihrer Freizeit bzw. während ihres Ruhestandes für das Fundraising der
Bürgerstiftung ein. Dieser Zeitmangel, aber auch eventuell fehlende Sachkenntnis,
können dazu führen, dass das Fundraising nicht intensiv genug oder zu wenig
strukturiert betrieben wird. Salamon spricht in diesem Zusammenhang vom
voluntary failure, einem Versagen bzw. spezifischen Schwächen einer Nonprofit
Organisation (vgl. Salamon 1987, S. 111-113). Um dem entgegenzuwirken, erwägt
zum Beispiel die Bürgerstiftung Hamburg die Beschäftigung eines hauptamtlichen
Fundraisers. Sie erhofft sich durch diese Professionalisierung vor allem eine
verbesserte persönliche Betreuung der Stifter und Spender. Eine weitere
Professionalisierung wird durch Fortbildungen im Bereich Fundraising angestrebt.
Bei allen vier untersuchten Bürgerstiftungen wird das persönliche Gespräch, bzw.
der persönliche Kontakt, als das entscheidende und erfolgreichste FundraisingInstrument angesehen und damit auch am häufigsten genutzt. Dass gerade dieses
Instrument für das Fundraising von Bürgerstiftungen so wichtig ist, erklärt sich u.a.
aus dem Umstand, dass das Stiften eine sehr durchdachte und gut überlegte
Angelegenheit ist. Spenden werden dagegen oft emotional, spontan und aus
Betroffenheit heraus gegeben. Der Stifter muss also viel stärker informiert und
überzeugt werden (vgl. Weger 1999, S. 30). Diese Information und Überzeugung ist
nur durch das persönliche Gespräch realisierbar. Daher sind die unpersönlichen
Fundraising-Instrumente wie Massenmailings und Telefonmarketingkampagnen
weniger für Bürgerstiftungen geeignet, denn „Bürgerstiftungen und
Treuhandverwaltung sind etwas sehr, sehr Persönliches“ (von Holn, 21.05.2003).
In den ersten Jahren konnten die Bürgerstiftungen vor allem die Kontakte der
Erststifter und Gremienmitglieder nutzen. In der Anfangsphase halfen sie, mit ihren
persönlichen Empfehlungen und ihrer Reputation, potentielle Stifter und Spender
anzusprechen und zu gewinnen. Da der Personenkreis, der dadurch neu erschlossen
werden konnte, begrenzt ist und die Potenziale nahezu ausgereizt sind, verschiebt
54
Marco Groß
6. Ergebnisse
sich der Schwerpunkt auf die Nutzung der Reputation der Gremienmitglieder.
Deswegen müssen die Bürgerstiftungen jetzt vermehrt auf neue Instrumente
zurückgreifen. Daher arbeiten einige Bürgerstiftungen verstärkt mit Multiplikatoren
aus den beratenden Berufen (Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater,
Vermögensverwalter etc.) zusammen, um durch sie neue Kontakte zu potentiellen
Stiftern und Spendern aufzubauen.
Dennoch kommt den Gremienmitgliedern eine besondere Bedeutung im
Fundraising zu, denn eine Bürgerstiftung profitiert enorm von dem hohen Ansehen,
der Reputation und den Kontakten dieser Personen. Daher ist bereits die Besetzung
dieser Gremien (z.B. Stiftungsrat und Kuratorium) eine strategische FundraisingEntscheidung. Es ist davon auszugehen, dass die Nutzung vorhandener Netzwerke
ein entscheidender Punkt für das erfolgreiche Einwerben von Spenden und
Zustiftungen ist.
Alle befragten Bürgerstiftungen stehen den Benefizveranstaltungen als FundraisingInstrument eher kritisch gegenüber, da der Organisationsaufwand oft nicht im
angemessenen Verhältnis zum späteren Ertrag steht, denn um solche
Veranstaltungen gut zu organisieren, wird entsprechend viel Personal benötigt, auf
das die Bürgerstiftungen meist nicht zurückgreifen können. In welchem Umfang
dieses Instrument zukünftig von Bürgerstiftungen genutzt wird, bleibt abzuwarten.
Diese Veranstaltungen bieten den Bürgerstiftungen eine gute Möglichkeit, sich
neuen Personenkreisen zu öffnen und vorzustellen. So können erste Kontakte
geknüpft werden, aus denen später eine Spende oder eine Zustiftung resultieren
kann.
Das Erbschaftsmarketing soll bei drei der vier befragten Bürgerstiftungen weiter
ausgebaut werden, da man in Zukunft wohl nur durch dieses Instrument größere
Zustiftungen für die Bürgerstiftung realisieren kann. Wie in Kapitel 4.2.5
beschrieben, werden im Zeitraum von 2000 bis 2010 etwa 2,2 Billionen Euro
vererbt. Von dieser Entwicklung können auch die Bürgerstiftungen profitieren, da
gerade diese Stiftungsform den Erblassern, aber auch den Erben, die Möglichkeit
geben, mit ihrem Vermögen dauerhaft gemeinnützige Aktivitäten zu fördern und zu
unterstützen. Gleichzeitig reduziert die derzeitige, schlechte wirtschaftliche Lage
auch die Bereitschaft von Privatpersonen und Unternehmen, sich in Form einer
Zustiftung finanziell zu engagieren. Dies unterstreicht die neue Bedeutung des
Erbschaftsmarketings für die Bürgerstiftungen.
55
Marco Groß
6. Ergebnisse
Der Matching Fund als unterstützendes Instrument des Fundraising wurde bisher
nur von der Bürgerstiftung Dresden angewandt. Jedoch blieb der erhoffte Erfolg
aus, denn es wurde nicht zwangsläufig mehr für die Bürgerstiftung gespendet oder
gestiftet. Dieses Instrument scheint mehr als Mittel der Projektförderung der
Bürgerstiftung geeignet zu sein (Dresden, Hannover).
Die untersuchten Bürgerstiftungen konnten in den vergangenen Jahren insbesondere
durch ihre persönlichen Kontakte beträchtliche Spendenmittel, aber auch
Zustiftungen akquirieren. Bei den Bürgerstiftungen in Dresden und Hamburg lag
beides auf etwa gleichem Niveau. Die Bürgerstiftung Hannover hatte dagegen vor
allem bei den Zustiftungen Erfolg, was sich auch in der höchsten Stifterzahl (51)
aller untersuchten Bürgerstiftungen widerspiegelt. Die Stadt Stiftung Gütersloh
weist derzeit das höchste Stiftungskapital auf, was hauptsächlich auf das hohe
Gründungskapital und zwei große zweckgebundene Fonds zurückzuführen ist.
Ein großes Wachstumspotenzial für die Bürgerstiftungen steckt zukünftig in der
Verwaltung unselbständiger Treuhandstiftungen. Dies zeigen die bisherigen
Entwicklungen in Hannover, Dresden und Hamburg. In Hannover werden bereits
sieben Stiftungen mit einem Stiftungsvermögen von 200.000,- Euro verwaltet, in
Dresden sind es sogar schon zehn Stiftungen mit einem Vermögen von über
370.000,- Euro und in Hamburg werden fünf Treuhandstiftungen mit einem
Vermögen von mehr als zwei Millionen Euro verwaltet. Hier ist das Vermögen der
Unterstiftungen bereits fast viermal höher als das eigentliche Stiftungsvermögen der
Bürgerstiftung.
Die Erkenntnisse über die Vermögenszugänge aus der Spenderpyramide, nach
denen zuerst Spenden, dann Stiftungen und Erbschaften eingehen, werden von fast
allen Bürgerstiftungen bestätigt.
Die transparente Verwendung der Stiftungsmittel, die für Bürgerstiftungen von
besonderer Bedeutung sind, wird von allen befragten Bürgerstiftungen ernst
genommen und erfolgt in Form von regelmäßigen Publikationen und durch
Vorstellung der Projekte vor Ort (z.B. durch Stiftertage o.ä.).
56
Marco Groß
6. Ergebnisse
Abschließend lässt sich sagen, dass beim Fundraising von Bürgerstiftungen in erster
Linie das Instrument des persönlichen Gesprächs genutzt wird und dadurch der
Fundraising-Erfolg entscheidend vom persönlichen Engagement der Beteiligten
abhängt.
57
Marco Groß
7. Zusammenfassung und Ausblick
7. Zusammenfassung und Ausblick
In Deutschland wird das Stiften immer beliebter. Die noch relativ junge
Stiftungsform der Bürgerstiftung, die nach dem Vorbild der amerikanischen
Community Foundations auch hierzulande immer mehr Anhänger findet, bietet die
Möglichkeit, dass sich neben reichen und vermögenden Bürgern und Unternehmen
auch Menschen mit kleinen und mittleren Beträgen an dieser Stiftung beteiligen
können, um damit auf Dauer ihr Gemeinwesen zu unterstützen. Damit die
Bürgerstiftung wirkungsvoll arbeiten kann, indem sie zum Beispiel lokale und
regionale gemeinnützige Projekte initiiert, fördert und unterstützt, benötigt sie ein
möglichst ständig wachsendes Stiftungskapital. Um dieses langfristig aufzubauen,
müssen auch die Bürgerstiftungen Mittel und Wege finden, die dafür nötigen
Spenden und Zustiftungen einzuwerben.
Ziel dieser Arbeit war es, die Fundraising-Strategien und –Instrumente
ausgewählter Bürgerstiftungen zu untersuchen, um herauszufinden, welche von
Bürgerstiftungen angewandt werden und als geeignet und erfolgversprechend
angesehen werden können und welche eher ungeeignet sind.
Nachdem im Grundlagenteil die Begrifflichkeiten der Bürgerstiftung und des
Fundraising erläutert und vorgestellt wurden, folgte im Hauptteil die Untersuchung
des Fundraising der Bürgerstiftungen. Für die Untersuchung wurden
Experteninterviews mit Vertretern der vier Bürgerstiftungen aus Dresden, Hamburg,
Gütersloh und Hannover geführt und anhand von Fallstudien dokumentiert. Ferner
wurden die Jahresberichte bzw. die Jahresabschlüsse der Bürgerstiftungen
ausgewertet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass erfolgreiches Fundraising für
Bürgerstiftungen in Deutschland, bis zum jetzigen Zeitpunkt, insbesondere über das
persönliche Gespräch funktioniert und dass den Gremienmitgliedern im Kuratorium
oder im Stiftungsrat und ihren persönlichen Netzwerken besondere Bedeutung
zukommt. Außerdem profitiert das Fundraising von Bürgerstiftungen von der
Zusammenarbeit mit sogenannten Multiplikatoren aus den beratenden Berufen
(Notare, Rechtsanwälte, Steuer- und Vermögensberater), die helfen, Kontakte zu
potentiellen Spendern und Stiftern aufzubauen. Unpersönliche FundraisingInstrumente wie Massenmailing oder aktives Telefonmarketing sind dagegen für
Bürgerstiftungen eher ungeeignet. Auch die Betreuung der Stifter und Spender im
58
Marco Groß
7. Zusammenfassung und Ausblick
Rahmen des Relationship-Fundraising, z.B. durch regelmäßige Informationen und
„Stifterevents“, spielt bei den Bürgerstiftungen eine entscheidende Rolle. Der
erfolgreiche Aufbau des Stiftungsvermögens einer Bürgerstiftung ist also sehr vom
persönlichen Engagement und den Kontakten der Fundraiser abhängig.
Bürgerstiftungen sollten sich nicht scheuen, gute Fundraising-Ideen anderer
Bürgerstiftungen oder sonstiger spendensammelnder Organisationen aufzugreifen
und auszuprobieren, um mit den eingeworbenen Mitteln die langfristige Arbeit der
Bürgerstiftungen sicherzustellen und das Gemeinwesen vor Ort zu stärken.
Abschließend lässt sich sagen, dass die vier ausgewählten Bürgerstiftungen in der
Kürze der Zeit ihres Bestehens bereits beachtliche Stiftungsvermögen von 479.000,Euro bis über 3.000.000,- Euro ansammeln konnten. Durch die Aussagen der
Interviewpartner kann man davon ausgehen, dass die Bürgerstiftungen in Zukunft
vor allem ihre Position als Dienstleister für sogenannte nicht rechtsfähige
Treuhandstiftungen ausbauen und durch diese Dienstleistung wachsen werden.
Die Frage, welchen Einfluss die Entstehungsmodelle der Bürgerstiftungen, also ob
sich viele Gründungsstifter zusammen gefunden haben oder ob es einen
großzügigen Gründungsstifter gab, auf die Finanzausstattung und das Fundraising
haben, ließ sich im Rahmen dieser Arbeit nicht beantworten, da u.a. die Zeitspanne,
die seit der Gründung der ersten Bürgerstiftung in Deutschland (1996, Stadt
Stiftung Gütersloh) noch zu kurz ist, um genaue vergleichende Aussagen zu treffen.
Ebenso ließ sich nicht eindeutig feststellen, welchen Einfluss es hat, ob das
Fundraising ehrenamtlich oder hauptberuflich bei der Bürgerstiftung betrieben wird,
da es derzeit bei keiner der befragten Bürgerstiftungen einen hauptamtlichen
Mitarbeiter gibt, der sich ausschließlich mit dem Fundraising beschäftigt. Diese
Fragen müssten in weitergehenden Untersuchungen geklärt werden.
59
Marco Groß
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungen
Abbildung 1: Neuerrichtung von Stiftungen in Deutschland 1960-2002
5
Abbildung 2: Bestand Stiftungen in Deutschland
6
Abbildung 3: Neuerrichtungen von Stiftungen in Deutschland 1990-2002
7
Abbildung 4: Wie arbeitet eine Bürgerstiftung?
9
Abbildung 5: Beschaffte private Ressourcen
19
Abbildung 6: Teilschritte der Fundraising-Planung
24
Abbildung 7: Die Spenderpyramide
25
Tabellen
Tabelle 1: Bevorzugte Spendenzwecke deutscher Spender
20
Tabelle 2: Finanzentwicklung der Bürgerstiftung Dresden in Euro
40
Tabelle 3: Finanzentwicklung der Bürgerstiftung Hamburg in Euro
44
Tabelle 4: Finanzentwicklung der Stadt Stiftung Gütersloh in Euro
49
Tabelle 5: Finanzentwicklung der Bürgerstiftung Hannover in Euro
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"Kompetenz für Bürgerengagement"
Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung sind für uns die Basis einer modernen
Bürgergesellschaft. Diese ist unerlässlich für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, um
Lebensbedingungen und Lebensqualität auch künftig zu erhalten und zu verbessern.
Als Kompetenzzentrum für Praxis und Theorie bürgerschaftlichen Engagements setzen wir
uns seit 1997 als privater und überparteilicher Verein bundesweit für die Stärkung von
Ehrenamt
und
gemeinnützigen
Organisationen,
Corporate
Citizenship
und
Bürgergesellschaft ein. Wir bieten aktiven Bürgerinnen und Bürgern Informationen und
Fachwissen rund ums bürgerschaftliche Engagement, beraten und qualifizieren in
gemeinnützigen Organisationen Engagierte und unterstützen Wirtschaft, Politik und
Verwaltung bei der Entwicklung einer zukunftsorientierten Politik für mehr Engagement. Wir
fördern die noch junge Forschung zum »Dritten Sektor« und geben der öffentlichen
Diskussion für die Weiterentwicklung einer modernen Bürgergesellschaft ein bundesweites
Forum. Besondere Aufmerksamkeit widmen wir dem Bereich Bürgerstiftungen, um
nachhaltig die Bürgergesellschaft »von unten« zu stärken.
Wir verstehen uns als gesellschaftliche Plattform für ein zeitgemäßes Bürgerengagement
und
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FinanzVerbundes
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(BVR). Namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, Medien und
Gesellschaft unterstützen uns als Kuratoren.
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ISSN 1613-0847

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