vorwort - Sandoz

Transcrição

vorwort - Sandoz
K.H. Spitzy
Vorwort
ANTIBIOTIKA
MONITOR
tom. XXV, 1/2/2009
Vorwort
Vor allem möchte ich Herrn Univ.-Prof. Dr. Heinz Burgmann für seine Mühe danken die auf
englisch gehaltenen Referate am 13. Meeting der Europäischen Gesellschaft für Chemotherapie und
Infektionskrankheiten anlässlich des 60ten Geburtstages von Univ.-Prof. DDr Wolfgang Graninger
in eine publikable Form gebracht zu haben. Dazu waren auch entsprechende Kürzungen und eine
Auswahl von Folien notwendig. Durch eine eigene Arbeit hat er das Heft noch wertvoller gemacht.
Ich schließe mich den Gratulanten zu Graningers Ehrentag an und kann mit Stolz darauf hinweisen,
dass die Therapietraditionen der alten Univ.-Klinik für Chemotherapie fortgesetzt und erweitert
wurden. Insbesondere die „Ehrenrettung“ für das nach wie vor in bestimmten Fällen hochwirksame hochdosierte Penicillin G mit seinen Kombinationen in Konkurenz zu den zahlreichen neuen
Antibiotika war für mich interessant. Dass in diesem Zusammenhang das Werk Kundl hochdosiertes Penicillin G nach den USA exportieren musste, ist amüsant.
Nur durch gezieltes Auswählen und Dosieren ist rasche Resistenzbildung zu vermeiden.
So wünsche ich der Klinik, ihrem Leiter und seinen Mitarbeitern weiterhin viele Jahre Erfolg im
ständigen Kampf mit der Resistenz der Mikroorganismen.
Em.Univ.-Prof. DDr. Karl H. Spitzy
E-Mail: [email protected]
1
ANTIBIOTIKA MONITOR - 1/2/09 - Neue Aspekte bei Anti-Infektiva
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13. Scientific Meeting
der European Society of Chemotherapy
and Infectious Diseases
6. Dezember 2008
Symposium unter dem Titel
New Trends in Anti-Infectives
zu Ehren des 60. Geburtstages von Herrn Univ.-Prof. DDr. Wolfgang
Im Rahmen des 13. Scientific Meetings der Europe
Society of Chemotherapy and Infectious Diseases
Samstag den 6. Dezember 2008 ein Symposium u
dem Titel “New Trends in Anti-Infectives” zu Ehren
Geburtstages von Herrn Univ.-Prof. DDr. Wolfgang
Graninger statt. Wegbegleiter von Prof. Graninger w
dazu als Referenten eingeladen und hielten Vorträg
ausgewählten Themen. Den Vorsitz führten Prof.
Georgopoulos und Prof. Breyer. Als Ehrengast kon
Spitzy begrüßt werden.
*Zusammenfassung der Referate durch Univ.-Prof. Dr. Heinz
und Frau Dr. Veronika Plunger
Referenten:
Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger, Universität Wien:
Neue Trends bei Anti-Infektiva
Univ.-Prof. Dr. Peter Kremsner, Universität Tübingen:
Leben und Lebenswerk von Herrn Univ.-Prof. DDr.Wolfgang Graninger
Univ.-Prof. Dr. Georg Peters, Universität Münster:
Neues zum Thema S. aureus
Rektor Univ.-Prof. Dr. Vladimir Krcmery, Universität Trnava, Slowakei:
Infektionen bei neutropenischen Patienten in der Hämatologie
Univ.-Prof. Dr. John Kosmidis, Universität Athen:
Umweltveränderungen und Epidemiologie von Infektionen
zurück zum Inhalt
http://www.antibiotikamonitor.at/09_12/09_12_01.htm
16.11.2010
H. Burgmann
Neue Trends bei Anti-Infektiva
ANTIBIOTIKA
MONITOR
tom. XXV, 1/2/2009
Neue Trends bei Anti-Infektiva
W. Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Tropenmedizin, Medizinische Universität Wien
Entwicklung der Antibiotika
F3
Das vorige Jahrhundert war durch die Entwicklung der
Antibiotika geprägt (Folie 1 und 2). Nach der Einführung
von Penicillin, Penicillin-Derivaten, Cephalosporinen,
Tetracyklinen, Makroliden und Carbapenemen glaubte
man, dass Infektionskrankheiten kein Problem mehr darstellen. Die Pharmaindustrie reduzierte den Forschungsaufwand und konzentrierte sich auf andere Gebiete
(Folie 3). Das Ende des vorigen Jahrhunderts war allerdings durch das zunehmende Auftreten von resistenten
Keimen geprägt, die heute nur mehr schwer zu bekämpfen
sind (Folie 4 und 5).
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Neue Trends bei Anti-Infektiva
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MONITOR
Resistenzsituation
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Eine Ursache der Resistenzentstehung ist die häufige
Verwendung von Antibiotika. Während beispielsweise in
Griechenland die Resistenzsituation aufgrund des starken
Verbrauchs antimikrobieller Substanzen dramatisch
gestiegen ist, werden Antibiotika in Schweden viel seltener
verwendet, weshalb dort eine Pneumokokken-Pneumonie
heute noch erfolgreich mit Pen V behandelbar ist (Folie 6).
Weltweit sterben jährlich etwa 90 000 Patienten an den
Folgen bakterieller Resistenzen. 70 % der im Spital
erworbenen Infektionen werden durch resistente Erreger
hervorgerufen. Diese Zahl unterliegt allerdings starken
geografischen Schwankungen. In den Niederlanden wird
bei S. aureus-Infektionen registriert werden. Die Ursachen
eine geringe antimikrobielle Resistenz verzeichnet,
für die unterschiedlichen Resistenzsituationen sind man-
während in Spanien sogar Resistenzen gegen Linezolid
nigfaltig. In Großbritannien beispielsweise führt der
drastische Sparkurs zu Reduktion von Personal, und das
F6
führt wiederum dazu, dass resistente Keime leichter
übertragen werden. Eine andere Ursache dürfte aber auch
in der medizinischen Ausbildung liegen.
Was können wir dagegen unternehmen?
Ein Punkt ist konsequente Quarantäne, aber viel wichtiger
noch ist der geringere Einsatz von Antibiotika.
Heute gibt es sehr wenige Antibiotika mit neuen
Wirkmechanismen. Meist handelt es sich um Derivate
bereits bestehender Anti-Infektiva (Folie 7). Daptomycin
z.B., ein sehr altes Präparat (1987), ist wegen Bedarfs
gegen MRSA erst 2003 auf den Markt gekommen.
Ähnliches gilt für Tigecyclin und Doripenem. Iclaprim
F7
wurde vor 20 Jahren verboten – heute versucht man es
wieder einzuführen.
Es wird immer wieder behauptet, wir hätten keine neuen
Antibiotika – das ist nicht wahr. Es gibt momentan etwa
15 000 neue Antibiotika, viele werden allerdings nicht
weiterentwickelt.
Häufigste Verwendung derzeit finden Cephalosporine mit
27% – da dürfen wir uns nicht über steigende ESBL-Raten
wundern, Makrolide mit 20%, Fluorchinolone mit 18%
und Penicilline mit 17%. Penicillin G gerät immer mehr
außer Mode, auch Cephalosporine (Folie 8).
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Was ist nun mit dem alten
Spitzy-Medikament?
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Pen G war lange Zeit in Amerika nicht mehr erhältlich,
weil geglaubt wurde, dass es nicht mehr gebraucht wird.
Es musste sogar aus Kundl reimportiert werden.
Andere Antibiotika
In Hinsicht auf die Peneme hat auch ein Wandel
stattgefunden. Das neurotoxische Imipenem sollte heute
durch Meropenem und Doripenem ersetzt werden.
Ertapenem hat ein Revival durch die ESBL erhalten.
Allerdings ist es nicht klar, wie ein Medikament mit einer
Halbwertszeit von 3 h nur 1 x täglich verabreicht werden
Vancomycindosierungen führen allerdings zu erhöhten
kann.
Nebenwirkungsraten, sodass Vanco in 10 Jahren nicht
Betreffend Aminoglykoside haben wir gelernt, dass sie
mehr verwendet werden wird (Folie 10).
individuell – abhängig von Geschlecht, Alter, Gewicht und
Auch für Daptomycin ist die endgültige Dosis noch nicht
Nierenfunktion – verabreicht werden müssen. Früher hat
gefunden. Wahrscheinlich müssen wir bei schweren
jeder 1 g Streptomycin erhalten, was zu einer hohen
Infektionen Dosierungen von 8 - 10 mg/kg KG verwenden.
Nebenwirkungsrate geführt hat. Isepmycin ist eines der
Das neue Präparat Dalbavancin zeichnet sich durch eine
besten Aminoglykoside, hat sich am Markt aber leider
sehr lange Halbwertszeit aus und ist für die 1/Woche-
nicht durchgesetzt.
Verabreichung geeignet. Die Behandlung des Erysipels
All die Antibiotika, die 2005 angekündigt wurden, sind
könnte so mit einer einmaligen Spritze durchgeführt
leider gestorben – nur Dalbavancin, Tigecyclin und die
werden.
Peneme haben überlebt (Folie 9).
Linezolid wurde von einer Firma entwickelt, die Wasch-
Auch bei den Glykopeptiden haben wir gelernt, dass
pulver produziert. Zufällig wurde seine antibakterielle
die Dosis entscheidet. Für lange Zeit wurden Vancomycin
Aktivität gefunden. Großer Vorteil des Linezolid ist die
und Teicoplanin viel zu gering dosiert. Die hohen
orale und intravenöse Verabreichungsform. Ein Problem ist
allerdings die Dosis. Die Dosiseskalation wird durch die
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steigende Nebenwirkungsrate limitiert.
Tigecyclin gehört de facto zu den Tetracyclinen und ist
verwandt mit Minocyclin. Es hat eine gute Aktivität
gegen zahlreiche resistente Erreger. Aber auch in diesem
Fall ist die derzeit empfohlene Dosis zu gering.
Resistenzkeime wie ESBL, MRSA etc. bilden ein großes
Problem. ESBL entstehen durch die Verwendung vor allem
von Drittgenerationscephalosporinen (Folie 11). Wieder ist
ein Beispiel Griechenland, wo die freizügige Gabe der
Cephalosporine zu einem enormen Zuwachs von ESBL
geführt hat. Als Folge davon werden nun vermehrt
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Oder man verwendet neue Strategien: In einer alten Studie
von Shinefield konnte gezeigt werden, dass wenn
Patienten mit harmlosen Bakterien versetzt werden, die
gefährlichen Bakterien nicht angreifen können. Oder man
reist nach Tahiti, um Cordyceps sinensis zu bekommen,
eine Pflanze mit guter Antistaphylokokkenaktivität (Folie
13). Auch dem australischen Honig werden ausgezeichnete
antibakterielle Wirkungen nachgesagt.
Weitere Therapieoptionen finden sich bei Tieren. Frösche
oder Alligatoren versterben nicht an bakteriellen
Infektionen. Die Tiere bilden antibakteriell wirkende
Peptide (Folie 14). Nisin beispielsweise ist ein kurzkettiges
Peptid, oder Laktoferrin. Diese Substanzen haben nichts
Carbapeneme verwendet, und schon sehen wir das
Auftreten von Carbapenem-resistenten Keimen.
mit den alten, konventionellen Antibiotika zu tun. Wir
wissen fast nichts über deren Pharmakokinetik – vielleicht
Substanzen der Zukunft.
Was ist für die Zukunft notwendig,
welche Alternativen gibt es?
F 13
Nun, wir haben eine Reihe von neuen Antimykotika, wie
beispielsweise die Echinocandine, die das toxische
Amphotericin weitgehend verdrängt haben. Wir können
auch auf alte Antibiotika zurückgreifen, wie beispielsweise
Fosfomycin, das auch eine ausgezeichnete Wirkung gegen
ESBL-produzierende Bakterien hat (Folie 12). Interessant
ist auch die Biosurgery: Therapie durch Maden. Vor allem
bei der Behandlung von Wundgeschwüren eine denkbare
Therapie.
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Wichtig ist auch eine verbesserte Diagnostik (Folie 15).
Die rasche Verfügbarkeit des Pathogens mit seiner
Resistenz ermöglicht die gezielte antimikrobielle Therapie
und reduziert die Verwendung von BreitspektrumAntibiotika.
Impfungen stellen eine wichtige Alternative dar. Wir
verfügen über einen Impfstoff gegen Pneumokokken, aber
auch gegen Staphylokokken und P. aeruginosa sind
Impfstoffe verfügbar oder aber in klinischer Entwicklung.
Betont werden muss auch die Einhaltung strenger
Hygienemaßnahmen. In Holland konnte man dadurch die
MRSA-Rate auf niedrigstem Level halten.
Anschrift des Referenten:
Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger
Univ.-Klinik für Innere Medizin I,
Klin. Abt. für Infektionen und Tropenmedizin
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20
E-Mail: [email protected]
Redaktionell bearbeitet*
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H. Burgmann
Leben und Lebenswerk ...
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Leben und Lebenswerk
von Herrn Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger
P. Kremsner
Institut für Tropenmedizin, Universität Tübingen, Deutschland
Leben und Lebenswerk von
Professor Graninger
Prof. Peter Kremsner vom Institut für Tropenmedizin des
Universitätsklinikums Tübingen, langjähriger Freund und
Weggefährte von Professor Graninger, hielt zu Beginn sei-
ist sehr populär/bekannt, nicht nur in Wien und in Österreich wegen seiner Lehrfähigkeiten. Sogar in Tübingen
kommen Leute zu mir, die Vorlesungen/Vorträge von Prof.
Graninger gehört haben und überrascht waren von seinen
Lehrfähigkeiten.
nes Vortrages eine kurze Rede über Leben und Lebenswerk
von Professor Graninger.
Der Mediziner Wolfgang Graninger
Das Leben ist kurz, die Kunst ist lang, die Gelegenheit
Es ist sehr schwer zu behaupten, dass jemand ein guter
flüchtig und der Vortrag fad. Aber nicht wenn er von Wolf-
Mediziner ist. Vielleicht ist es für einen Mediziner noch
gang Graninger kommt.
schwerer zu sagen, dass jemand ein guter Mediziner ist.
Wolfgang Graninger wurde vor 60 Jahren in der Stadt von
Wolfgang Amadeus Mozart geboren. Er studierte Medizin,
Biologie und Psychologie in Wien. Er beendete diese
Studien mit großem Erfolg, ist nun Doktor der Medizin,
der Biologie, und er beeilte sich, da die Teile fertig waren,
Ich glaube, Wolfgang Graninger ist ein guter Mediziner.
Staatsoberhäupter, bekannte Künstler, ... weltweit sind
seine Patienten. Er ist immer sehr freundlich, sehr direkt
mit den Patienten, und die Patienten mögen ihn sehr. Bis
heute wird er so von vielen Menschen ausgesucht.
den 3. Doktor zu machen – um genannt zu werden:
Prof.Dr.Dr.Dr. – da das aber ein ziemlicher Zungenbrecher
Der Forscher Wolfgang Graninger
ist, beschloss er, sich mit DDr. zu begnügen – obwohl er
Er ist Autor zahlreicher Publikationen. Zu Beginn stand die
das 3. Studium beendet hat. Während er seine Speziali-
Forschung über die Sepsisparameter, ein Panel von Labor-
sierungen in verschiedenen Fächern absolvierte, publi-
werten, das Auskunft über den Zustand des Patienten gibt.
zierte er viele wissenschaftliche Arbeiten und wurde 1985
Er bewegte auch viel auf dem Gebiet der Antibiotika und
Universitätsdozent. Anschließend wurde er 1990 Vorstand
Antimykotika. Und dann ist da noch die Tropenmedizin,
der Abteilung für Infektionen und Chemotherapie, welche
dort, wo die richtigen Infektionen vorkommen. Wir mach-
sich nun Klinische Abteilung für Infektionen und Tropen-
ten gemeinsam Studien in Brasilien, in Syrien, an vielen
medizin nennt.
anderen Orten und speziell zu Beginn der 90er in Gabun.
Im Albert-Schweitzer-Krankenhaus, wo wir seit damals
Der Lehrer Wolfgang Graninger
Er ist als solcher einigen Generationen von Medizinstudenten bekannt. Ich besuchte seine Vorlesungen und lernte viel von ihm. Zu Beginn versammelten wir uns in einer
kleinen Gruppe in seinem Büro im Labor und machten
Studien durchführen. Und wir haben es geschafft, einige
Studien zu veröffentlichen, wie der Gebrauch von Clindamycin in der Malariatherapie, welche eine weltweit
bekannte – sogar von der WHO empfohlene – Therapieform bei Malaria tropica wurde.
anschließend klinische Runden durch das ganze AKH. Er
Er stellte immer wieder Mitarbeiter zur Verfügung, damit
wurde vor 5 Jahren zum (ersten) Lehrer des Jahres der
Lambaréné weiterleben konnte. Ich hätte das ohne die
medizinischen Fakultät gewählt. Ich glaube, er sollte jedes
Hilfe von ihm nicht machen können. Wir begannen mit
Jahr – oder zumindest jedes 2. Jahr – gewählt werden. Er
einem Null-Budget. Heute haben wir Geld, das von vie-
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H. Burgmann
Leben und Lebenswerk ...
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len verschiedenen Quellen kommt. Viele Veröffentlichungen im Lancet, im CID und anderen prominenten Journalen waren die Folge dieser Kooperation, und ich hoffe, wir
können damit fortfahren.
Alles in allem ist Wolfgang Graninger ein „Guter Mann,
der keinem Diktator die Füße küssen würde, was ihn zu
einem einzigartigen Menschen und Arzt macht“.
Fahren wir fort, für einige Jahre, mit vielen Überraschungen. Danke, Glückwünsche an Wolfgang.
Anschrift des Referenten:
Prof. Dr. Peter G. Kremsner
Universitätsklinikum Tübingen
Institut für Tropenmedizin
D-72 074 Tübingen, Wilhelmstraße 27
E-Mail: [email protected]
Redaktionell bearbeitet*
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H. Burgmann
Neues zum Thema S. aureus
ANTIBIOTIKA
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Neues zum Thema S. aureus
G. Peters
Institut für Med. Mikrobiologie, Universität Münster, Deutschland
Das beste Medikament in der Behandlung von S. aureus
ist Penicillin, alles andere wirkt zumindest 10 x schlechter.
Vancomycin dagegen ist ein schlechtes Antibiotikum –
wäre da nicht MRSA.
Ich will nun darüber referieren, warum S. aureus uns
Probleme macht, basierend auf der modernen molekularbiologischen Grundlagenforschung.
Das Hauptproblem in der S. aureus-Epidemiologie steht
irgendwie in Wechselwirkung mit MRSA. Es existieren
unterschiedlichste Prävalenzen weltweit (Folie 1), einige
Länder zeigen besonders niedere Resistenzraten wie z.B.
die Niederlande, jedoch gibt es dort einen Anstieg von
MRSA zu verzeichnen – wie ich später berichten werde.
Deutschland hingegen befindet sich auf einem Plateau,
Tendenz sinkend. Konsequente Hygiene scheint Wirkung
F1
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zu zeigen. Allerdings muss betont werden, dass die
Prävalenz innerhalb Deutschlands sehr variabel ist.
In den USA gab es einen dramatischen Anstieg von
MRSA, und zwar nicht der üblichen 5 Subklone
nosokomialer MRSAs, sondern einen CA-MRSA
(community-acquired MRSA)-Anstieg (Folie 2).
Diese neue Situation ist besonders auf molekularer Ebene
interessant. Innerhalb eines Zeitraums von wenigen Jahren
kam es, an sehr unterschiedlichen Orten, erstmals entdeckt
bei Einwohnern Alaskas und native Indians, zu einem
Auftreten von CA-MRSA, zurückzuführen auf das MecA-Gen, welches sich innerhalb einer chromosomalen
Kassette bei MRSA-Stämmen befindet.
In Deutschland beträgt der Anteil noch ca. 1%. Häufigster
Vertreter des CA-MRSA in den USA ist ST8, entsprechend PFGE-TYPE-USA300, in Europa hingegen
ST80. USA300 wird in Kontinentaleuropa nicht durchkommen. Die Verbreitung von US300 hängt von
unterschiedlichen kulturellen Verhaltensweisen wie z.B.
Austausch von Kleidung, Waschen der Unterwäsche etc.
ab – Verhaltensweisen, die sich zwischen Kontinentaleuropa und USA signifikant unterscheiden.
Innerhalb von US300 trat erstmals in San Francisco in
homosexuellen Kreisen ein neuer Subklon auf, der mehr
und mehr resistent wird. Dieser nimmt R-Gene von
Transposomen und Plasmiden auf und wird dadurch
immer fetter. Trotz der momentan starken Verbreitung von
USA300 scheint es, als könnte sich dieser Klon selbst
eliminieren.
Ein weiteres Problem mit MRSA besteht in Europa. Für
den bereits erwähnten Anstieg von MRSA in den
Niederlanden sind Schweinefarmen verantwortlich.
Schweinefarmen in den Niederlanden haben die Größe
von Fabriken. Ein MSSA/MRSA-Klon tritt dabei in
Schweinen auf. Der MSSA nimmt verschiedene
Resistenzgene auf, dabei auch das Mec-A-Gen, das
Strukturgen für Methicillin-Resistenz. Dieser Klon,
ST398, der ursprünglich wahrscheinlich ein humaner Klon
war und auf Schweine überging, wird nun wiederum auf
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H. Burgmann
Neues zum Thema S. aureus
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den Menschen übertragen und führt nun bereits zu ersten
Ausbrüchen nosokomialer Infekte. Auch in Deutschland,
nahe der Grenze zu den Niederlanden, gibt es ST398
bereits in 18% aller klinischen S. aureus-Isolate. Der Klon
scheint besonders promiskuitiv und suszeptibel für die
Aufnahme neuer DNA zu sein.
Es gibt noch weitere Bakterien-Klone, die auf ST398 im
Schwein treffen können. Einer davon ist ein Linezolidresistenter Klon, eine sehr schwer zu erwerbende
Resistenz. Hier kam es jedoch zu einem Enzymmediierten Mechanismus aufgrund der Behandlung von
Schweinen mit Fofenicol. Das Resistenzgen liegt auf
einem mobilen Plasmid. In Deutschland gibt es davon
bereits 3 Fälle.
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durchgeführt. Für einige Wochen wurde in einer
randomisierten Studie bei Patienten mit geplantem
Krankenhausaufenthalt, wie z.B. elektiven chirurgischen
Eingriffen, die nasale Kolonisation (bei PCR-Positivität)
mittels Mupirocin (lokal) eradiziert, was in der Gruppe der
mit Mupirocin Behandelten zu einer 60%igen Reduktion
von S. aureus-invasiven Infektionen führte. Die Eradikation verringert demnach massiv das Risiko invasiver
Infektionen, aber es bilden sich Resistenzen. Die
Resistenzrate lag nach einem Jahr bei 4,1%, nach drei
Jahren bei 7,7%. Wir brauchen also dringend Konzepte
zur Eradikation von S. aureus in der Nase – Nisin oder
Lysostaphin wären gute Möglichkeiten.
Ein weiteres Problem bei Infektionen mit S. aureus findet
man in seiner Fähigkeit, für ein und dieselbe Aufgabe
mehrere Strategien zu finden, wie z.B. die Adhäsion an
Oberflächen durch verschiedenste Oberflächenproteine
(Folie 4, 5).
Zwei Adhäsine, Eap und Emp sind wichtig für die
Adhäsion von S. aureus an menschliche Haut oder
F4
Das natürliche Habitat von S. aureus ist der Biofilm
(Folie 3), gruppiert an Oberflächen, vor allem an der Haut
bzw. in der Nasenschleimhaut, am Übergang zur Mukosa.
Staphylokokken mögen es, in Gesellschaft zu sein, in
Zellvereinigungen und immer an der Oberfläche.
In Deutschland wurde eine Multicenter-Studie durchgeführt, bei der Nasenabstriche von Patienten in ganz
Deutschland auf klonale Identität getestet wurden. Das
Resultat zeigte 80% Übereinstimmung der Klone. In einer
weiteren Studie am Prof.-Peters-Zentrum wurden ebenfalls
Nasenabstriche von Patienten entnommen, die möglicherweise eine S. aureus-Sepsis entwickeln würden. Nach
7 Jahren hatten 14 dieser Patienten eine Sepsis, auch hier
mit 80 %iger klonaler Identität, gleichbedeutend mit
endogener Herkunft der S. aureus-Sepsis.
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In den Niederlanden wird eine große Follow up-Studie,
basierend auf den oben beschriebenen Resultaten,
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H. Burgmann
Neues zum Thema S. aureus
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Knorpelgewebe, KCl-Behandlung entfernt Emp und Eap
von der Bakterienoberfläche und verringert somit die
Adhäsion an diese Gewebe. Bei Präsenz zusätzlicher
Adhäsine (FnBPs und Cna) binden Eap und Emp auch an
die extrazelluläre Matrix. Eap besitzt außerdem “immune
escape”-Fähigkeiten. Diese Eigenheit von S. aureus, mit
einem Protein zahlreiche Funktionen zu erfüllen, macht
ihn zu einem einzigartigen Organismus.
S. aureus gilt auch als intrazellulärer Erreger. Bei
Produktion hoher Konzentrationen von Toxinen, wie
␣-Toxin wird dabei die Wirtszelle zerstört, bei niedrigen
Konzentrationen hingegen wird die Zelle in Apoptose
getrieben; wird aber kein Toxin gebildet, kann S. aureus
in der Zelle dem Immunsystem entgehen. Diesen
Mechanismus nützt der SCV-Phänotyp (Small colony
variant), der mit chronisch verlaufenden S. aureusInfektionen assoziiert ist (Folie 6, 7).
Zurück zu US300 und damit assoziierten Erkrankungen,
allen voran die fulminant nekrotisierende Pneumonie. Ein
Fallbeispiel (Folie 8): Ein 12-jähriges gesundes Mädchen
wurde mit Tachykardie, Tachydyspnoe, Hämoptoe und
Leukopenie aufgenommen. Drei Tage vor Aufnahme
hatte das Mädchen Grippe-ähnliche Symptome, 10 Tage
nach Aufnahme verstarb sie. Die Obduktion ergab
extensive nekrotische Ulzerationen der bronchialen
Mucosa und massive hämorrhagische Nekrosen der
interalveolären Septen. Bei einer solchen fulminant
verlaufenden Pneumonie mit Leukopenie unter 1000/μl
muss es sich um PVL(Panton-valentine leukocytinetoxin)-positive Stämme handeln. PVL besteht aus zwei
Peptiden und zerstört neutrophile Granulozyten durch
Porenbildung.
F6
F7
F8
Zusammenfassend zu US300
Molekulare und zelluläre Mechanismen sind noch
weitgehend unklar, einige umweltbedingte und praktische
Gründe für den Erfolg der Ausbreitung von US300 sind
sehr klar. Betreffend Pathogenität hat dieser Keim alles,
was S. aureus zu bieten hat.
In Zukunft wird USA300 desaströs bleiben, nicht vom
Menschen eradiziert werden können, aber sich
möglicherweise irgendwann selbst – ähnlich wie der
Phage-Typ 80/81 – eliminieren.
12
Anschrift des Referenten:
Univ.-Prof. Dr. Georg Peters
Universität Münster
Institut für Medizinische Mikrobiologie
D-48 149 Münster, Domagkstraße 10
E-Mail: [email protected]
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H. Burgmann
Infektionen bei neutropenischen Patienten in der Hämatologie
ANTIBIOTIKA
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Infektionen bei neutropenischen Patienten
in der Hämatologie
V. Krcmery
St. Elizabeth University College, Department of Public Health, Heydukova, Bratislava, Slovakia
Rektor Professor Vladimir Krcmery von der Universität
4. Brauchen wir Vancomycin? Nein, Vancomycin zeigt
Trnava, Slowakei, ehemaliger Student bei Prof. Graninger
keine Verbesserung der Lebensqualität noch der Überle-
erwähnte zu Beginn, dass Prof. Graninger Arzt von 5 Prä-
bensrate.
sidenten war. Er berichtete über eine angenehme Zeit vor
20 Jahren hier in Wien als Student bei Prof. Graninger.
5. Ist eine orale Therapie gerechtfertigt? Ja, bei „low-risk“Patienten.
Prof. Krcmery verlieh Prof. Graninger die Goldene
Elisabeth-Medaille der Universität.
6. Ist eine Prophylaxe mit Chinolonen akzeptabel? Nein,
nur bei Hochrisikopatienten ist sie gerechtfertigt.
Im Anschluss sprach er über Infektionen bei febriler Neutropenie in hämatologischen Malignomen.
„Die Rolle der Medizin ist nicht der Sieg gegen den
In den letzten 30 Jahren gelang es, die Mortalität bei Pati-
Tod. Wir werden den Tod nie eliminieren können.
enten mit febriler Neutropenie von 20 auf 5 – 7 % zu sen-
Unsere Rolle ist es, Leid zu verhindern und zu behan-
ken – allerdings hat sich diese Zahl seit 10 Jahren nicht
deln und unseren Patienten eine akzeptable Lebens-
mehr verändert. Es sind nicht mehr die Infektionen, die
qualität zu geben.”
den Patienten töten, sondern die zugrunde liegende
Erkrankung. Es gab in den letzten Jahren viele Studien
mit neuen Medikamenten, doch der Effekt blieb sehr
gering. Einige Fragen bleiben noch offen:
1. Sind Gram-positive Keime noch prädominant? Nein,
nach einer 70 % Prädominanz Gram-positiver Keime
kam es zwischen 2000 – 2004 zu einem Verhältnis
von 1:1 zwischen Gram-positiven und Gram-negativen
Anschrift des Referenten:
Rektor Univ.-Prof. Dr. Vladimir Krcmery
St. Elizabeth University College
Department of Public Health
Heydukova, Bratislava
Slovakia
E-Mail: [email protected]
Redaktionell bearbeitet*
Keimen.
2. Ist die Antibiotika-Resistenz ein wirkliches Problem
oder nur ein Horrorszenario für Mikrobiologen? Resistenzen stellen ein wahres Problem dar. Ein Anstieg von
Resistenzen ist bei Streptokokken, Enterobacteriaceae,
Pseudomonaden etc. zu verzeichnen. Infektionen mit
Resistenzkeimen weisen eine höhere Mortalität auf.
3. Monotherapie: Brauchen wir Aminoglykoside für Kombinationstherapien? Nein, die Kombination von Aminoglykosiden/Betalactamen weist gegenüber der Monotherapie mit Betalactamen keine geringere R-Rate auf,
Aminoglykoside sind nephrotoxisch. Die Kombination ist
nur bei Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter und Klebsiella sinnvoll.
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H. Burgmann
Umweltveränderungen und Epidemiologie von Infektionen
ANTIBIOTIKA
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Umweltveränderungen und Epidemiologie
von Infektionen
J. Kosmidis
1st Department of Internal Medicine, Athens General Hospital “G Gennimatas”, Athens, Greece
Prof. Kosmidis, Assoc. Professor der Medizinischen Uni-
Die Erderwärmung bewirkt das Überleben von Insekten
versität Athen, präsentierte einen zusammenfassenden
als Vektoren in höheren Lebensräumen, zunehmender Nie-
Bericht über Umweltveränderungen und die Epidemiolo-
derschlag verändert deren Lebensraum ebenso.
gie von Infektionen.
Ein Vegetationszuwachs führt zur Vermehrung von
Prof. Kosmidis erwähnte, dass das Thema seines Refera-
Insekten und Nagetieren, häufige Überträger von Krank-
tes ihn sehr bewegt und ein persönliches Anliegen ist. Wir
heiten.
sehen heute, dass viele Krankheiten, von denen wir
Die globale Abholzung führt zu einem Zuwachs von auf
geglaubt haben, dass sie unter Kontrolle wären, aus der
den Menschen übertragbaren Krankheiten bei verschiede-
Vergangenheit wiederkommen, nicht zuletzt durch die
nen Tierpopulationen. Überbevölkerung, Armut, Stress,
Aktivität des Menschen.
Krieg begünstigen die Transmission von Infektionen
Unter den klimatischen Veränderungen, welche die
(Folie 4).
Epidemiologie beeinflussen, ist vor allem die Erderwärmung zu erwähnen (Folie 1). Das Austrocknen von
F2
Seen, Flüssen sowie die Abholzung von Waldflächen
in globalem Maßstab beeinflussen maßgeblich die
Epidemiologie. Der Treibhauseffekt, ein natürlicher
Mechanismus, der dazu dient, solare Wärme an der
Erdoberfläche zu bewahren und die Erdoberflächentemperatur höher zu halten, steigt aufgrund der erhöhten
Gasproduktion, wie z. B. CO2, N2O, CH4, CFCs, O3,
stetig an, was zu einem Temperaturanstieg von 0,6 Grad
Celsius seit 1975 führte und voraussichtlich 1,5 bis 4,5
Grad Celsius mit 2100 erreichen wird (Folie 2 und 3).
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H. Burgmann
Umweltveränderungen und Epidemiologie von Infektionen
ANTIBIOTIKA
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Das Auftreten und Wiederauftreten von Infektionen betrifft
dabei vor allem die Pest, Malaria, nekrotisierende Fasciitis, Lyme-Borreliose, Dengue-Fieber, Cholera, Enzephalitiden, Leptospirose, viszerale Leishmaniose und Diphtherie, aber auch zahlreiche andere Erreger. Durch den Klimawandel wird die Situation zwangsläufig schlechter.
In Ohio beispielsweise kam es aufgrund von milden Wintern und Zunahme der Regenfälle zu 2000 Fällen von St.Louis-Encephalitis – als Folge einer mangelnden Moskitokontrolle. In Mexiko verzeichnen wir durch enorme
Zunahme der Regenfälle dramatisch steigende Zahlen von
Dengue-Fieber. In Indien gibt es aufgrund mangelnder
Kontrolle von Nagern und Insekten immer wieder Pestausbrüche. Die Liste kann beliebig weitergeführt werden.
Was können wir tun?
Alle Nationen und mächtigen internationalen Organisationen müssten zusammenarbeiten und gegen den Klimawandel gemeinsam ankämpfen. Wir müssen aufwachen!
Anschrift des Referenten:
Univ.-Prof. Dr. John Kosmidis
1st Department of Internal Medicine
Athens General Hospital “G Gennimatas”
Athens
Greece
E-Mail: [email protected]
Redaktionell bearbeitet*
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H. Burgmann
Piperacillin/Tazobactam
ANTIBIOTIKA
MONITOR
tom. XXV, 1/2/2009
Piperacillin/Tazobactam
H. Burgmann
Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Klin. Abt. für Infektionen und Tropenmedizin, Medizinische Universität Wien
Piperacillin/Tazobactam
Piperacillin/Tazobactam ist ein Breitspektrum-Antibiotikum mit ausgezeichnetem Wirk- und Sicherheitsprofil.
Es findet Verwendung in der Therapie zahlreicher Infektionen [1].
Tazobactam (Abbildung 2) [2] (Molekulargewicht: 322,3)
ist ein synthetisches Penicillansäuresulfon, welches einen
Betalaktam-Ring besitzt und sich von der 6-Aminopenicillansäure ableitet. Es wirkt als Betalaktamasehemmer
und schützt Piperacillin vor der Zerstörung durch Betalaktamaseenzyme. Wenn es mit Piperacillin kombiniert
Aufbau
Piperacillin (Abbildung 1) (Molekulargewicht: 539,5) ist
ein semisynthetisches Ureidopenicillin mit antibakterieller Aktivität gegen Gram-positive und Gram-negative Aerobier- und Anaerobierbakterien. Die Verwendung von
Piperacillin wurde allerdings durch das vermehrte Auftreten von Betalaktamase-produzierenden Bakterien eingeschränkt.
wird, wird das Spektrum auf zahlreiche Betalaktamaseproduzierte Keime inklusive Staphylokokken und viele
Enterobakterien, Haemophilus influenzae und Bacteroides
spp. erweitert.
Pharmakodynamik
Wie andere Betalaktame entfaltet Piperacillin seine bakterizide Aktivität durch Bindung an das Penicillin-bin-
Abbildung 1: Piperacillin
dende Protein der Bakterienzellwand. Dies führt zu einer
Hemmung der Zellwandsynthese und evtl. zur Zelllyse.
Tazobactam hemmt irreversibel viele Betalaktamasen, die
von wichtigen Gram-negativen oder Gram-positiven
aeroben oder anaeroben Bakterien produziert werden.
Tazobactam hat eine sehr niedrige Affinität für Penicillinbindende Proteine und zeigt daher eine sehr geringe intrinsische antibakterielle Aktivität.
Wirksamkeit
Tabelle 1: Wirksamkeit von Piperacillin/Tazobactam
Gram-positive Bakterien
Piperacillin/Tazobactam zeigt eine gute In vitro-Aktivität
gegenüber dem Großteil von Gram-positiven Bakterien
Abbildung 2: Tazobactam
inklusive der Betalaktamase-produzierenden.
Piperacillin/Tazobactam entfaltet gute Wirksamkeit gegen
Methicillin-/Oxacillin-empfindliche Stämme von Staphylococcus aureus und Koagulase-negativen Staphylokokken. Wie andere Betalaktam/Betalaktamasekombinationen
ist Piperacillin/Tazobactam unwirksam gegenüber Methicillin-resistenten S. aureus und ist generell inaktiv
gegenüber anderen Stämmen von Methicillin-resistenten
Staphylokokken inkl. Methicillin-resistenter Koagulasenegativer Staphylokokken.
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H. Burgmann
Piperacillin/Tazobactam
ANTIBIOTIKA
MONITOR
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Tabelle 1: Wirksamkeit von Piperacillin/Tazobactam
Überwiegend sensible
Arten
Spezies, bei denen erworbene Resistenzen ein
Problem darstellen können
Von Natur aus resistente
Erreger
E. faecium
Corynebacterium jeikeium
Aerobe Gram-positive Mikroorganismen
Enterococcus faecalis
S. aureus, Methicillin-empfindlich
S. aureus, MR
S. epidermidis, Methicillin-empfindlich
S. epidermidis, MR
S. haemolyticus, Methicillin-empfindlich
S. haemolyticus, MR
S. hominis, Methicillin-empfindlich
S. hominis, MR
S. agalacticae
S. pneumoniae
S. pyogenes
Streptokokken der Viridans-Gruppe
Aerobe Gram-negative Mikroorganismen
Eikenella corrodens
Burkholderia cepacia
Legionella pneumophila
Acinetobacter baumannii
Citrobacter freundii
Stenotrophomonas maltophilia
E. coli
Enterobacter cloacae
H. influenzae
Klebsiella oxytoca
K. pneumoniae
Serratia marcescens
M. catarrhalis
M. morganii
P. mirabilis
P. vulgaris
P. aeruginosa
Anaerobe Mikroorganismen
Andere Mikroorganismen
Bacteroides fragilis
Chlamydia spp.
Fusobacterium spp.
Mycoplasma spp.
Porphyromonas spp.
Ureaplasma urealyticum
Prevotella spp.
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H. Burgmann
Piperacillin/Tazobactam
ANTIBIOTIKA
MONITOR
Penicillin-empfindliche Streptococcus pneumoniae -Stämme sind hoch empfindlich gegenüber Piperacillin/Tazobactam. Pip/Taz zeigt aber auch gute Aktivität gegen intermediär und Penicillin-resistente Pneumokokken.
Piperacillin/Tazobactam zeigt auch Aktivität gegenüber
Enterococcus faecalis, während Enterococcus faecium Stämme resistent sind.
Gram-negative Bakterien
Piperacillin/Tazobactam ist aktiv gegenüber einem Großteil von Plasmid-mediierten, Betalaktamase-produzierenden (und nicht Betalaktamase-produzierenden) Gramnegativen Bakterien. Einige Non-Fermenter sind ebenfalls
empfindlich auf die Kombination.
Enterobakterien: Stämme von E. coli, S. marcescens, Proteus mirabilis, Proteus vulgaris, Klebsiella pneumoniae,
Klebsiella oxytoca (und anderen Klebsiella spp.), Enterobacter aerogenes und Citrobacter spp. sind generell
empfindlich oder intramediär empfindlich auf Piperacillin/Tazobactam. Andererseits gibt es aber auch
Hinweise von Resistenz gegenüber einigen Citrobacter
freundii- und Enterobacter cloacae-Stämmen.
Andere Gram-negative Bakterien
Piperacillin/Tazobactam zeigt exzellente Aktivität gegenüber Betalaktamase- und nicht Betalaktamase-produzierenden Stämmen von Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis.
Non-Fermenter
Piperacillin/Tazobactam ist aktiv gegen Piperacillin-empfindlich Stämme von Pseudomonas aeruginosa. Auch
andere Stämme von Pseudomonas befinden sich im Wirkspektrum. Piperacillin/Tazobactam zeigt auch gute Aktivität gegenüber Acinetobacter spp.
Piperacillin ist instabil gegen Betalaktamasen und wird
durch diese zerstört. Tazobactam inaktiviert zahlreiche klinisch relevante Betalaktamasen. Besondere Aufmerksamkeit wird unter anderem den Extended-Spectrum-Betalaktamasen (ESBL) gewidmet, da diese weltweit zunehmen und die meisten Substanzen der Betalaktamgruppe
betreffen. Tazobactam ist in vitro der effizienteste Inhibitor auch bei ESBL [3]. Studien haben gezeigt, dass Piperacillin/Tazobactam auch bei ESBL-produzierenden Keimen effektiv eingesetzt werden kann.
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Anaerobier
Piperacillin/Tazobactam ist höchst aktiv gegen Bacteroides fragilis (inklusive Cefoxitin- und Clindamycin-resistenter Stämme). Die Aktivität ist zumindest genauso gut
wie die von Ampicillin/Sulbactam oder Amoxicillin/Clavulansäure.
Andere Anaerobier wie Clostridium spp., Fusobacterium
spp., Peptostreptococcus spp. und Peptococcus spp. werden ebenfalls gut durch Piperacillin/Tazobactam abgedeckt.
Pharmakokinetik [4, 5]
Weder Piperacillin noch Tazobactam werden aus dem
Gastrointestinaltrakt resorbiert. Die Kombination Piperacillin/Tazobactam wird als langsamer Bolus oder als
Infusion in einer 8:1- oder 4:1-Ratio verabreicht. Die beiden Substanzen können gleichzeitig verabreicht werden,
da sie ähnliche pharmakokinetische Profile bei Erwachsenen und Kindern aufweisen. Zunehmend an Bedeutung
erreichte in den letzten Jahren die prolongierte bzw. auch
kontinuierliche Verabreichung von Piperacillin/Tazobactam [6, 7, 8]. So konnten Lorente et al. bei Patienten mit
Gram-negativer Respirationspneumonie höhere klinische
Heilungsraten bei kontinuierlicher Gabe beobachten.
Lodise et al. [9] zeigten bei kritisch kranken Patienten mit
P. aeruginosa-Infektion signifikant geringere 14-TageMortalität bei prolongierter Verabreichung von Piperacillin/Tazobactam in Vergleich zu Bolusapplikation (30
min) (12,2 vs. 31,6%).
Die Spitzenkonzentrationen im Serum werden unmittelbar
nach intravenöser Gabe erreicht.
Die mittlere maximale Plasmakonzentration (Cmax) von
Piperacillin/Tazobactam schwankte nach einer Einmalgabe von 4/0,5 g Piperacillin/Tazobactam bei gesunden
erwachsenen Probanden zwischen 264,4 bis 368 und 29,1 39 mg/l. Es konnte weder bei Piperacillin noch bei Tazobactam ein Hinweis auf Akkumulation nach der Verabreichung von multiplen Dosen bei gesunden Probanden
oder bei Patienten mit Infektionen beobachtet werden.
Nach mehrfacher Gabe (4/0,5 g 6- oder 8-stündlich) war
die Ratio von Piperacillin Cmax zu Tazobactam Cmax
ungefähr 8 zu 1.
H. Burgmann
Piperacillin/Tazobactam
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MONITOR
Verteilung
Das Verteilungsvolumen von Piperacillin im Steady-State
reicht von 15 - 21 Litern (bei Gesunden oder bei Patienten
mit Infektionen). Die korrespondierenden Werte von
Tazobactam waren 18 - 34,6 Liter. Piperacillin und Tazobactam werden beide zu ungefähr 20 % an Plasmaprotein
gebunden. Die Verteilung von Piperacillin und Tazobactam
erfolgt rasch innerhalb von 30 Minuten nach dem Ende
einer 30-minütigen Infusion. Beide Komponenten sind
hydrophil und penetrieren gut in unterschiedliche Gewebe und Körperflüssigkeiten.
Metabolismus und Elimination
Bei den Erwachsenen werden ungefähr 50 - 60% der verabreichten Dosis von Piperacillin und Tazobactam renal
durch glomeruläre Filtration und tubuläre Sekretion ausgeschieden. Bei einmaliger oder mehrmaliger Verabreichung von Piperacillin und Tazobactam an gesunden Probanden lag die Plasmahalbwertszeit von Piperacillin und
Tazobactam zwischen 0,7 und 1,2 Stunden und war von
der Dosis und der Infusionszeit unabhängig.
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Piperacillin und Tazobactam haben beide eine mittlere
Plasmaeliminationshalbwertszeit von ungefähr 0,8 - 1
Stunde.
Metabolismus: Piperacillin wird zu einem unbedeutenden
mikrobiologisch aktiven Desethyl-Metaboliten abgebaut.
Tazobactam wird zu einem einzigen Metaboliten abgebaut,
der mikrobiologisch inaktiv ist.
Tabelle 2 mit pharmakokinetischen Daten.
Pharmakokinetik bei speziellen
Patientenpopulationen
Patienten mit renalen Störungen
Ähnlich wie bei anderen Betalaktamaseinhibitorkombinationen steigt die Plasmakonzentration von Piperacillin
und Tazobactam beträchtlich an und die Halbwertszeit
verlängert sich bei Patienten mit renaler Insuffizienz. Bei
einer Kreatininclearance < 20 ml/min verdoppelt sich
die Halbwertszeit von Piperacillin, die von Tazobactam
vervierfacht sich. Daher wird bei einer Kreatinin-
Tazobactam führt zu keiner signifikanten Veränderung der
Pharmakokinetik von Piperacillin. Piperacillin scheint die
Eliminationsrate von Tazobactam zu verringern.
clearance unter 20 ml pro Minute eine Dosisreduktion
Die biliäre Exkretion beträgt etwa 2 % der verabreichten
Dosis. Die mittlere Konzentration von Piperacillin in der
Gallenblase war mehr als 10-fach höher als die PlasmaPiperacillin-Konzentration, was wiederum auf einen aktiven Sekretionsprozess in die Galle hinweisen würde. So
ein aktiver Transport konnte für Tazobactam nicht beobachtet werden.
acillin/Tazobactam. Peritonealdialyse entfernt 6% von
empfohlen.
Hämodialyse entfernt etwa 30 - 40 % von PiperPiperacillin und 21% der Tazobactamdosis.
Patienten mit hepatischen Störungen
Die Pharmakokinetik von Piperacillin und Tazobactam
wird bei Patienten mit hepatischen Störungen nicht signifikant verändert.
Tabelle 2: Pharmakokinetische Daten
Parameter
Tazobactam (0,5 g)
Piperacillin (4,0 g)
Cmax (mg/l)
27,9 +/- 7,7
259,0 +/- 81,8
Tmax (min)
30,6 +/- 1,8
30,6 +/- 1,8
T1/2 (h)
0,7 - 1,2
Proteinbindung (%)
Vdss (Verteilungsvolumen, L)
AUC (μg x h/ml)
30
18 - 34,6
15 - 21
47,6 +/- 13,3
361,0 +/- 80,3
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Piperacillin/Tazobactam
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Septischer Patient
Zahlreiche Studien belegen eine Veränderung der Pharmakokinetik bei Patienten mit schwerem Schock [10].
Einerseits kann durch Ödeme, Pleuraergüsse oder Aszites
eine Erhöhung des Verteilungsvolumens beobachtet werden, andererseits nimmt die Clearance durch den hyperdynamischen Kreislauf zu. Für Piperacillin konnten 5-10-
tom. XXV, 1/2/2009
• außerhalb des Krankenhauses erworbene Hautund Weichteilinfektionen,
• komplizierte Harnwegsinfektionen,
• intraabdominelle Infektionen,
• bakterielle Infektionen bei neutropenischen
Erwachsenen.
fach geringere Gewebespiegel mittels Mikrodialyse im
Vergleich zu den korrespondierenden Plasmawerten
gemessen werden [11]. Bei diesen Patienten wird daher
eine Dosis-erhöhung auf 4 x 4,5 g/Tag empfohlen.
Kleinkinder und Kinder
Keine dosisabhängigen Differenzen der Pharmakokinetik
von Piperacillin und Tazobactam betreffend Cmax und
AUC wurden bei Kindern und Kleinkindern mit Infektionen gefunden. Bei Säuglingen unter 6 Monaten war
allerdings die Halbwertszeit länger und die totale Körperclearance geringer als bei Kindern über 6 Monaten.
Daher sollte bei diesen Patienten die Dosis modifiziert
werden.
Anwendungsgebiete
Piperacillin/Tazobactam ist zur Behandlung folgender
systemischer und/oder lokaler bakterieller Infektionen
angezeigt, bei denen empfindliche Erreger nachgewiesen
und vermutet werden können.
• Außerhalb des Krankenhauses erworbene Pneumonie
(ausschließlich mäßiger Schweregrad),
• nosokomiale Pneumonie (mäßig bis schwer),
Dosierung
Die Gesamtdosis hängt von der Schwere und Lokalisation
der Infektion, der Empfindlichkeit des Erregers und dem
Krankheitszustand des Patienten ab und kann bis zu 3 – 4
x 4,5 g (4 g Piperacillin/500 mg Tazobactam) betragen.
Höhere Dosierungen von 4 g Piperacillin/0,5 g Tazobactam alle 6 Stunden werden zur Behandlung von Patienten
mit schwerer Infektion einschließlich febriler Neutropenie
verwendet. Die empfohlene Tagesdosis liegt üblicherweise zwischen 100 und 200 mg Piperacillin pro kg Körpergewicht. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz sollte die
intravenöse Dosis der Einschränkung der Nierenfunktion
angepasst werden. Bis zu einer Kreatininclearance von
20 ml/min kann ein normales Dosierungsintervall (8 Stunden) beibehalten werden. Wenn die Kreatininclearance
weniger als 20 ml/min ist oder der Patient dialysiert wird,
sollte das Dosierungsintervall auf 12 Stunden verlängert
werden. Bei Patienten mit Hämodialyse beträgt die maximale Dosis 4 g Piperacillin und 0,5 g Tazobactam 2 x täglich. Da durch die Hämodialyse 30 - 50% des Piperacillins
und ca. 39% des Tazobactams in 4 Stunden entfernt
werden, soll eine zusätzliche Dosis von 2 g Piperacillin
und 0,25 mg Tazobactam nach jeder Dialyseperiode ver-
Tabelle 3: Dosierung von Piperacillin/Tazobactam
GFR
(ml/min)
> 40
Plasmakreatinin
(mg/dl)
Pip/Taz
(g)
Dosierungsintervall
(h)
Tagesdosis
Pip/Taz (g)
<2
40 - 20
2 - 3,2
4,5
8
13,5
19 - 2
3,3 - 10
4,5
12
9
12
9
Dialyse
20
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Tabelle 4: Konzentrationen von Piperacillin/Tazobactam in unterschiedlichen Geweben und Körperflüssigkeiten [1]
Gewebe/Flüssigkeit
Patienten
Dosis (g)
Zeit nach
Verabreichung
Konzentration
Pip
Taz
Bronchialsekret
Pat. mit Pneumonie
4/0,5 q6h
0,5
29,3
Lungengewebe
Pat. mit
4/0,5 SD
1
67,1
14,2
4/0,5 SD
1
162,0
23,7
1,2
630,4
11,8
1
21,3
6,86
Thoraxchirurg.
Eingriff
Bronchialmukosa
Galle
Cholezystektomie
4/0,5 SD
Knochen
Hüft-Op
4/0,5
abreicht werden. Durch Peritonealdialyse (CAPD) werden
nur 5 % der Piperacillin- und 12 % der Tazobactam-Dosis
entfernt. Eine zusätzliche Dosis wie bei der Hämodialyse
ist nicht erforderlich (Tabelle 3).
Bei Patienten mit Hämodialyse beträgt die Maximaldosis
8 g Piperacillin und 1 g Tazobactam.
Dosierung bei Kindern
Für 2 - 12-jährige Kinder mit Körpergewicht bis zu 40 kg
und normaler Nierenfunktion beträgt die empfoh-lene
Dosis 112,5 mg/kg KG (100 mg Piperacillin/12,5 mg
Tazobactam) alle 8 Stunden. Bei Kindern über 40 kg Kg
wird die Erwachsenendosis angewendet.
2,46
Tabelle 5: Nebenwirkungen von Piperacillin/Tazobactam
(häufig: 1/100 - 1/10; gelegentlich: 1/1000 - 1/100)
häufig
gelegentlich
Durchfall
Infektion aufgrund resistenter Keime
Übelkeit
Leukopenie
Erbrechen
Neutropenie
Hautausschlag Thrombozytopenie
Überempfindlichkeitsreaktionen
Kopfschmerzen
Insomnie
Piperacillin/Tazobactam wird weitgehend in den Geweben
und Körperflüssigkeiten einschließlich der Darmschleimhaut, Gallenblase, Lunge, Galle und Knochen verteilt. Die
mittleren Gewebekonzentrationen belaufen sich in der
Regel auf 50 - 100% der Konzentrationen in Plasma.
Konzentrationen von Piperacillin/Tazobactam in unterschiedlichen Geweben/Flüssigkeiten nach single dose
(SD) oder Mehrfachapplikation als iv -Infusion über
30 min (Tabelle 4).
Hypotonie
Neuere Studien belegen auch eine exzellente Gewebeanreicherung im Pankreassaft [12] bzw. Kiefer- und Hüftknochen [13].
Juckreiz
Phlebitis
Obstipation
Dyspepsie
Stomatitis
Anstieg der Leberenzyme (AST, ALT)
Ikterus
Urtikaria
Erythem
Nebenwirkungen
Am häufigsten treten gastrointestinale Störungen auf, selten zentralnervöse, kardiovaskuläre Beeinträchtigungen
Anstieg des Serumkreatinins
Fieber
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H. Burgmann
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ANTIBIOTIKA
MONITOR
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Tabelle 6: Initialtherapie bei schweren Infektionen
Mittel der Wahl bei
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H. Burgmann
Piperacillin/Tazobactam
ANTIBIOTIKA
MONITOR
sowie pseudomembranöse Enterokolitis. Weiters werden
selten vorübergehender Anstieg der Leberenzyme und des
Bilirubins im Blut sowie cholestatische Hepatitis beobachtet (Tabelle 5).
Klinische Beurteilung
Die fixe Kombination von Piperacillin/Tazobactam
stellt ein bewährtes Therapiekonzept bei der Therapie
schwerer Infektionen dar. Das breite Wirkspektrum umfasst fast alle relevanten Gram-positiven und Gram-negativen Erreger.
Als Indikation für Piperacillin/Tazobactam ergeben sich
Infektionen, bei denen unter anderem Pseudomonas aeruginosa eine potenzielle Rolle haben könnte, z. B. der neutropenische bzw. der Verbrennungspatient, Patienten mit
intraabdominellen Atemwegs- und Weichteilinfektionen
[14] (siehe Tabelle 6).
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zum Profil der beobachtenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen gesammelt. Bei der Anwendung von Piperacillin/Tazobactam in der Standarddosierung konnten in
Abhängigkeit von der Schwere der Lokalisation der
Infektionen sehr gute klinische Ansprechraten von bis zu
93,7% beobachtet werden. Lediglich bei 1,5% der Patienten wurden unerwünschte Arzneimittelwirkungen, am
häufigsten Diarrhoe, beobachtet.
Auch für die empirische Behandlung des neutropenischen
Patienten stellt Piperacillin/Tazobactam eine bewährte
Therapiestrategie dar [16] (Tabelle 7).
Tabelle 7: Laut PEG-Empfehlungen (2004) wird Pip/Taz
bei folgenden Indikationen empfohlen
AECB III
Bronchiektasien
Schwere ambulante Pneumonie
Die Dosierung ist mit 3 x 4,5 bis 4 x 4,5 schon deutlich
höher als die der anderen Betalaktamase-Kombinationen,
was in der hohen MHK von Pseudomonas aeruginosa
begründet liegt. Wesentlicher Teil der positiven Einschätzung ist die hohe Dosierungsmöglichkeit, bedingt durch
eine große therapeutische Breite.
Die aktuelle klinische Literatur zur Anwendung von Piperacillin/Tazobactam belegt auch heute noch eine gute
Wirksamkeit. Beispielsweise konnte in einer Studie zu
Bauch-rauminfektionen eine klinische Heilung bei 97%
der Patienten erreicht werden.
Bodmann et al [15] berichten über eine insgesamt 87,5%
die klinische Effektivität bei einer Vielzahl im Routinebetrieb behandelnder Infektionen aus dem Zeitraum 2000 2004. In dieser Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit der Anwendung der fixen Kombination von Piperacillin/Tazobactam in der Behandlung ein breites Spektrum
mittlerer bis schwerer nosokomialer sowie außerhalb des
Krankenhauses erworbener Infektionen in der klinischen
Praxis untersucht. Es wurden 9 488 hospitalisierte Patienten mit unterschiedlichen Infektionen, vorwiegend im
Bereich der Atemwege, der Haut- und des Weichgewebes,
sowie intraabdominellen Infektionen untersucht. Es wurden ausführliche Daten zur antibiotischen Therapie sowie
zur klinischen und mikrobiologischen Wirksamkeit sowie
Nosokomiale Pneumonie
Lungenabszess
Pleuraempyem
Sinusitis
Mastoiditis
Orbitalphlegmone
Perichondritis
Peritonitis
Cholangitis
Komplizierter HWI
Urosepsis
Komplizierte Weichteilinfektion
Diabetischer Fuß
Dekubitus
Empirische Tx des febrilen neutropenischen
Patienten
Sepsis
23
H. Burgmann
Piperacillin/Tazobactam
ANTIBIOTIKA
MONITOR
Zusammenfassung
Die fixe Kombination von Piperacillin/Tazobactam stellt
auch heute noch ein effektives Therapiekonzept bei der
Therapie schwerer Infektionen dar. Aufgrund der großen
therapeutischen Breite kann Piperacillin/Tazobactam hoch
dosiert werden, ein Umstand, der besonders bei Intensivoder neutropenischen Patienten eine bedeutende Rolle
spielt. Die Wirksamkeit bei einerseits P. aeruginosa als
auch bei Penicillinase-bildenden Staphylokokken ermöglicht den empirischen Einsatz der Kombination bei nosokomialen Infektionen und bei granulozytopenischen Patienten. Durch die Wirkung im anaeroben Bereich empfiehlt
sich Piperacil-lin/Tazobactam für den Einsatz bei abdominellen Infektionen.
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Anschrift des Verfassers:
A.o. Univ.-Prof. Dr. Heinz Burgmann
Univ.-Klinik für Innere Medizin I
Klin. Abt. f. Infektionen und Tropenmedizin
1090 Wien,Währinger Gürtel 18-20
E-Mail: [email protected]

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