Erhalt des Mehrzwecksaales im Kulturpalast und Bau

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Erhalt des Mehrzwecksaales im Kulturpalast und Bau
Interessengemeinschaft Neues Konzerthaus Dresden
Erhalt des Mehrzwecksaales im Kulturpalast
und Bau des Neuen Konzerthauses Dresden
Positionen
Panorama vom Standort Narrenhäusl
In Abwägung verschiedener Möglichkeiten entschied sich der Stadtrat 1994 dazu, den Kulturpalast zum Konzertsaal der Dresdner Philharmonie umzubauen. Alle damit verbundenen Planungen wurden bisher nicht realisiert, so dass die eigentliche Aufgabe heute besteht, in Dresden
einen Konzertsaal zu errichten, welcher den beiden großen Orchestern der Stadt ein angemessenes Zuhause und Orchestern aus aller Welt ein würdiger Gastgeber sein kann.
Die Interessengemeinschaft Neues Konzerthaus Dresden wirbt für den Neubau eines Konzerthauses von europäischem Rang, das in seiner Anlage mit Konzert- und Kammermusiksaal dem
Reichtum des Dresdner Musiklebens und in der Akustik des Konzertsaals der Noblesse der beiden großen Dresdner Orchester angemessen gerecht wird. Sie möchte mit dieser Publikation Ihr
Interesse gewinnen und zur sachlichen Diskussion aufrufen.
Impressum
IG „Neues Konzerthaus Dresden“
Prof. Dr. med. habil. Heinz Diettrich
Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze
Prof. Dr. habil. Manfred Zumpe
Kontakt: Goetheallee 53A, 01309 Dresden
Redaktion und Gestaltung: Knut Köhler M.A.
Titelbild: Christoph Münch
Druck: Druckcenter Vehmann
Dresden, Mai 2009
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IG Neues Konzerthaus Dresden
Erhalt des Mehrzwecksaales im Kulturpalast
und Bau des Neuen Konzerthauses Dresden
Positionen
Dresden, Mai 2009
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Professor Dr. med. habil. Heinz Diettrich
Initiator der Interessengemeinschaft ”Neues Konzerthaus Dresden”
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Zielstellung
Professor Dr. med. habil. Jan Schulze
Initiator der Interessengemeinschaft ”Neues Konzerthaus Dresden”
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Kulturpalast heute: Der Mehrzwecksaal und seine kulturpolitische,
funktionale und ökonomische Bedeutung
Dietmar Kühnert
Dipl. Kultur- und Theaterwissenschaftler
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Ein neues Konzerthaus als Wirkungsstätte zweier Orchester von
Weltgeltung: Dresdner Philharmonie und Sächsische Staatskapelle
Professor Hartmut Haenchen
Bis 2008 Intendant der Dresdner Musikfestspiele
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Bürgerstiftung für ein Konzerthaus
Dr. Reiner Zimmermann
Ehem. Abteilungsleiter Musik des Sächsischen Staatsministeriums
für Wissenschaft und Kunst
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Neue Ideen in der Stadtentwicklung
Gunter Just
Ehem. Bürgermeister für Stadtentwicklung und Bau Dresden
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Der Kulturpalast muss für populäre Kunst zugänglich bleiben
Dr. Eva-Maria Stange
Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst
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Denkschrift der IG „Neues Konzerthaus Dresden“
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Initiatoren und Unterstützer der IG „Neues Konzerthaus Dresden“
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Einleitung
Prof. Dr. med. habil. Heinz Diettrich
Es gibt für uns keinen Zweifel, die wir gemeinsam mit weltberühmten Künstlern wie
Theo Adam, Peter Schreier, Hartmut Hähnchen, Ludwig Güttler, Peter Rösel und Fabio
Luisi seit einem Jahr kämpfen, dass die Diskussion um ein neues Konzerthaus in Dresden in einem kulturpolitischen Kontext zu sehen ist. Verdienstvolle Bürger, bekannte
Dresdner Künstler und Architekten und Freunde der ernsten Musik sind über den provinziell anmutenden Beschluss des Stadtrates vom Juli 2008 bestürzt, dass mit dieser
Fehlentscheidung dem einzigartigen Kulturland Sachsen mit seiner herausragenden Musikhistorie Schaden zugefügt wird, der, wenn es politisch gewollt ist, zu korrigieren wäre.
Einfach ausgedrückt: Es ist ein Hilferuf!
Die Staatskapelle gehört zu den Top-Ten-Orchestern weltweit. Sie verfügt als eines der
wenigen Spitzenorchester nicht über einen originären Konzertsaal. Die Bühne der Semperoper ist für einen Teil des spät- und postromantischen Repertoires zu klein. Die Musiker der beiden Orchester Staatskapelle und Philharmonie, die auf ihren weltweit beachteten Konzertreisen deutlich bessere Akustik erleben als zu Hause, kennen sehr wohl
den Unterschied. Die in Dresden geplante Abgrenzung durch einen fatalen Stadtratsbeschluss erregt auch im Ausland Kopfschütteln.
International renommierte Spitzenorchester oder bedeutende Kammermusikensembles
sind in Dresden nur selten zu hören. Es fehlt ein Konzertsaal mit attraktiver Akustik für
beide Orchester.
Der geplante Umbau des Kulturpalastes wird entgegen den Beteuerungen der Stadtverwaltung nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen. Dagegen sprechen die Vorgaben des Denkmalschutzes und die Urheberrechte des noch lebenden Architekten. Dagegen spricht auch das Nichtvorhandensein eines Kammermusiksaales und einer Probebühne.
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Es ist kein böser Wille sondern den Tatsachen geschuldet, dass die Mitnutzung des umgebauten Kulturpalastes von der Staatskapelle abgelehnt wird, denn auch international
renommierte Orchester werden fragen: „Wo spielt die Staatskapelle?“
Die Unterhaltungsmusik verliert eine bisher hervorragende Spielstätte. Dass nach dem
Umbau noch 85 % der Veranstaltungen der Unterhaltungsmusik stattfinden können, ist
nach Aussagen von fachkundigen Insidern unrealistisch. Der umgebaute Saal wird nur
noch 1.800 Sitzplätze haben. Die Messe als neuen Veranstaltungsort für die Unterhaltungsmusik auszubauen wird Schätzungen zufolge mindestens 10 Millionen Euro plus
Betriebskosten fordern. Die im Haushalt eingestellten 1,9 Millionen Euro werden nicht
genügen. Außerdem wünscht die große Mehrheit der Dresdner den Kulturpalast weiterhin für die Unterhaltungsmusik in der jetzigen Form behalten zu dürfen. Betriebskosten
kämen sowohl für den umgebauten Kulturpalast als auch für den Umbau der Messe auf
die Stadt Dresden zu.
Es ist also nicht wahr, dass ein neues Konzerthaus für unzumutbare Lasten verantwortlich wäre, vor allem dann nicht, wenn der Freistaat quasi als konzertierte Aktion offensiv
für eine Zusammenarbeit mit der Stadt gewonnen würde.
Als finanzieller Träger der Staatskapelle trägt er ebenso wie die Stadt für das Dresdner
Musikleben Verantwortung. Unsere seit Monaten mehrfach geäußerten Gesprächsangebote gegenüber Regierungsvertretern gelten auch jetzt noch.
Fazit: Ein gemeinsam genutztes Konzerthaus für beide Orchester wäre ein Gewinn für
Dresden und das Land Sachsen. Stadt und Land sollten sich fernab machtstrategischer
Gegebenheiten rasch zu diesem Anliegen an einen Tisch setzen. Noch ist es nicht zu
spät!
Wir appellieren an die politisch Verantwortlichen in der Landeshauptstadt und im Freistaat, sich der besonderen Verantwortung für Dresden und Sachsen bewusst zu sein
und ihre Entscheidung vom Juli 2008 in dieser einmaligen Situation zu revidieren.
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Zielstellung
Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze
Wenn sich Dresden als künftige Konzertmetropole, warum nicht Kulturhauptstadt von
europäischem Format, weiter profilieren will und damit Touristenströme verstärkt anziehen möchte, bedarf es eines größeren Wurfes. Am kürzesten und prägnantesten hat
es Karl-Heinz Drechsel vom Dresdner Dixiland Festival formuliert: „Wir brauchen beides,
den modernisierten und rekonstruierten Kulturpalast und ein Konzerthaus für die zwei
Spitzenorchester Dresdens!“ Dieser Aussage, die von der IG „Neues Konzerthaus Dresden“ mit Nachdruck vertreten wird, haben sich zahlreiche Vertreter des Dresdner Bildungsbürgertums engagiert und Kenntnisreich angeschlossen.
In einer leidenschaftlichen teils öffentlichen medienwirksamen Diskussion wurden die
Pro- und Contra-Argumente ausgetauscht. Folgendes Fazit muss leider bisher gezogen
werden: Die Stadt Dresden favorisiert den Komplettumbau des Kulturpalastes mit Rückbau des großen Mehrzwecksaales zugunsten eines verkleinerten modernen Konzertsaales für die Dresdner Philharmonie sowie den Einbau einer Spielstätte für die Herkuleskeule und die Unterbringung einer Stadtbibliothek. Dadurch fehlende Kapazitäten für
die „Heitere Muse“ und die Unterhaltungsmusik sollen in das Messegelände ausgelagert
werden. Auf einen notwendigen Kammermusiksaal muss leider auch bei dieser Konzeption eines mit Verlaub „Gemischtwarenladens“ verzichtet werden!
Die vernünftige und zukunftsweisende Alternative geht vom Neubau eines modernen
höchsten Ansprüchen genügenden Konzerthauses für Staatskapelle und Dresdner Philharmonie aus. Dieses „Concerteum Dresden“ könnte als zeitgemäßer Signalbau an die
besten Traditionen der Dresdner Musikkultur von Schütz über Wagner, Weber und
Strauss anschließen. Neben dem großen Konzertsaal mit 1.800 Plätzen würde ein Kammermusiksaal mit 450 Plätzen in diesem Gebäude eingebaut werden können.
Der Neubau könnte an exponierter Stelle am Elbufer im Bereich des jetzigen „Narrenhäusels“ oder im Bereich der „Dresdner Kulturmeile“ (Postplatz/Herzogingarten) errichtet werden. Eine detaillierte Machbarkeitsstudie liegt zu diesem Projekt vor.
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Die Studie weist im Besonderen die ökonomische Sinnfälligkeit dieses Konzerthauses
dann aus, wenn beide hochkarätigen Klangkörper dort konzertieren. Das bedeutet im
Umkehrschluss, dass sich sowohl die Stadt Dresden für die Philharmonie als auch das
Land Sachsen für die Staatskapelle gemeinsam für das Konzerthaus engagieren. Dazu
stellte der Generalmusikdirektor der Staatskapelle, Fabio Luisi zutreffend fest: „Nur ein
neuer Saal, der von beiden Orchestern genutzt werden sollte und auch den Dresdner
Musikfestspielen und berühmten Gastorchestern offen stünde, kann dieses Dilemma
lösen“.
Wir appellieren an die Verantwortlichen der Stadt Dresden und das Land Sachsen, sich
dieser besonderen Verantwortung für Dresden und Sachsen bewusst zu sein und ihre
Entscheidungen in dieser einmaligen Situation nochmals zu überdenken und zugunsten
des dargestellten Doppelprojektes zu revidieren.
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Kulturpalast heute: Der Mehrzwecksaal und seine kulturpolitische,
funktionale und ökonomische Bedeutung
Dietmar Kühnert
Ich möchte in meinem Statement nur auf wenige, für mich wichtige Punkte verweisen,
die es rechtfertigen sollten, den Mehrzwecksaal des Kulturpalastes in seiner jetzigen
Form und Funktion zu erhalten.
Der Kulturpalast mit seinem Festsaal faszinierte von Anfang an wegen seiner vielfältigen
Nutzungsmöglichkeiten – der Film „Was bleibt“ zeigt das eindrucksvoll. Das originelle
Kippparkett ist einmalig in Deutschland. Mit seinem Festsaal inklusive seiner Infrastruktur zählt der Kulturpalast noch heute zu den modernsten Veranstaltungsstätten. Es gibt
keinen vielseitigeren Saal als diesen, der als Konzertsaal für U- wie E-Musik, für Show
und Unterhaltung, als Ball- und auch als Kongresssaal genutzt werden kann.
Der Kulturpalast sollte nicht nur wegen seiner baulichen Hülle, sondern mit seinem
Mehrzwecksaal unter Denkmalschutz gestellt werden.
Mit dem Kulturpalast und seinen vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten verfügt die Stadt
über eine kulturpolitisch und ökonomisch effektive Einrichtung. Der Kulturpalast hat seit
Jahren eine hohe Auslastung; die Nachfrage nach freien Terminen ist ungebrochen und
übersteigt die verfügbaren Kapazitäten. Der Geschäftsführer Herr Schmidtke wies in
einem Pressegespräch im Februar darauf hin.
Es steht zu befürchten, das diese hohe Auslastung wegfällt, wenn der Saal zugunsten
eines einseitig für Konzerte der E-Musik nutzbaren Saales umgebaut wird. Damit geht
auch die ökonomische Effektivität verloren.
Die Veranstalter von Gastspielen, Herr Aust und Herr Semmelmann z.B., haben davor
schon gewarnt, weil der umgebaute Saal für sie wegen der um 600 Plätze verringerten
Platzkapazität und der sich verschlechternden technischen Möglichkeiten nicht mehr
interessant und ökonomisch uneffektiv sei.
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Es finden das Jahr über wesentlich mehr Veranstaltungen der Unterhaltungskunst als
Konzerte der Philharmonie statt. Im schon erwähnten Pressegespräch nannte Herr
Schmidtke die Zahl 90. Das ist fast die doppelte Anzahl der philharmonischen Konzerte.
Die Auslastung in den Unterhaltungskunstveranstaltungen ist ein ganzes Stück höher, in
der Regel sind sie ausverkauft.
Den Festsaal für nur eine Besuchergruppe umzubauen und die überwiegende Mehrheit
der Besucher aus dem Kulturpalast zu verbannen, ist kulturpolitisch nicht zu vertreten,
auch nicht zu begründen. Dies vor allem, weil eine Alternative in der Qualität des Kulturpalastes fehlt. Jeder, der schon einmal eine Veranstaltung im Kongresszentrum oder
der Messe besucht hat, wird das bestätigen. Das beginnt bei der Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem PKW, den schlechten Sichtbedingungen, dem Gestühl,
geht über die miserablen akustischen Bedingungen bis hin zu den schlechten
Auftrittsbedingungen für die Künstler. Auch der Besucher einer Veranstaltung der
Unterhaltungskunst hat das Recht auf einen hochwertigen Veranstaltungssaal. Er bezahlt auch einen hohen Preis dafür.
Kulturbürgermeister Lunau äußerte in einem Interview, Kulturpolitik für alle Bürger machen zu wollen. Mit dem Umbau des Kulturpalastes macht er das nicht. Die angeblich
schlechte Akustik im Festsaal ist so schlecht nicht, wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Ich kann mir darüber ein Urteil bilden, ich habe lange genug dort gearbeitet.
Das Thema ist von der Politik künstlich hochgespielt worden. Der ehemalige Kulturbürgermeister Stüdemann hat mir das in einem persönlichen Gespräch bestätigt. Der
Grund war die Beeinflussung der Stadträte, um Mittel für Sanierung und Umbau zu bekommen.
Die Akustik ist für einen Mehrzwecksaal gut und für ein Orchester durchaus ausreichend. Natürlich genügen die akustischen Bedingungen für die Ansprüche eines Spitzenorchesters wie Staatskapelle oder für die Musikfestspiele nicht.
Die vielen akustischen Probleme im Kulturpalast sind aber hausgemacht und haben ihre
Ursache in baulichen Veränderungen und Einbauten, wie z.B. dem Gestühl 1990. Ich
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habe das in einem Leserbrief in den Dresdner Neuesten Nachrichten ausführlich dargestellt.
Zitat: „Prof. Reichert von der TU, der Akustiker beim Bau des Kulturpalastes, hat von
Anfang an auf die Kompromisse in der Saalakustik hingewiesen. Für die Sinfoniekonzerte lies er holzgetäfelte Akustikwände bauen, die die Akustik im Bühnenbereich verbesserten. Diese wurden abgeschafft, weil sie schwer und unhandlich waren und einen
schnellen Bühnenumbau hinderlich waren. Später wurden auf Vorschlag von Peter
Schreier hässliche Plexiglaswände angeschafft, die akustisch nicht eingemessen wurden
und deren Wirkung zweifelhaft war. Die Beleuchtungsklappen an den Seitenwänden
wurden ursprünglich bei Konzerten eingeklappt. Später wurden die Traversen für die
Scheinwerfer so verändert, dass ein Einklappen nicht mehr möglich war, was die Akustik verschlechterte. Prof. Reichert wies darauf hin, dass es günstig sei, wenn die Vorbühnen hochgefahren wird, da sich dadurch der Streicherklang im Saal besser ausbreitet. Dieser Vorschlag wurde zugunsten von 144 zu verkaufenden Eintrittskarten später
fallen gelassen. Erst ein in den 90er Jahren vom damaligen Philharmonieintendanten
von Winterstein in Auftrag gegebenes teures Gutachten von Japanern und Münchnern
brachte die alte Erkenntnis wieder ans Tageslicht“.
Mit einer akustischen Aufwertung und behutsamen Sanierung lassen sich die Nachteile
wieder ausgleichen. Dazu gehört auch die elektronische Nachhallverbesserung, wie sie
in vielen Konzertsälen in der Welt üblich ist.
Der Kulturpalast ist auch ein wichtiger Auftrittsort für internationale Künstler und Ensembles, die nicht nur wegen Dresden, sondern auch wegen der Auftrittsbedingungen
gern in dieses Haus kommen. Ich verweise auf Aussagen von Herman van Veen und
Udo Jürgens sowie kürzlich Peter Maffey. Er bezeichnete den Kulturpalast als einen der
herausragenden Auftrittsorte seiner Tournee. Wo treten diese Künstler dann auf? Wo
finden dann die Musicals, die Danceshows, der chinesische Zirkus u.v.a. statt, die
Auftrittsmöglichkeiten in der Qualität des Kulturpalastes und seiner Platzkapazität und
seinen Sichtmöglichkeiten verlangen?
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Ich möchte hier auch die Frage stellen, ob sich jemand das Dixielandfestival ohne Konzerte und den Ball im Kulturpalast vorstellen kann. Herr Schlese wird die gleiche Auffassung vertreten wie ich, das Dixielandfestival gehört in das Stadtzentrum und den Kulturpalast, so wie er jetzt ist.
Dies und noch mehr spricht dafür, den Kulturpalast in seiner Substanz nicht anzutasten,
ihn zu sanieren und nicht umzubauen. Und die Kräfte zu bündeln und sich für den Neubau eines Konzertsaales für Staatskapelle, Philharmonie, Musikfestspiele und internationale Orchester zu konzentrieren. Und zum Schluss möchte ich noch auf die Nutzungsmöglichkeit für Kongresse hinweisen.
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Ein neues Konzerthaus als Wirkungsstätte zweier Orchester von Weltgeltung: Dresdner Philharmonie und Sächsische Staatskapelle
Professor Hartmut Haenchen
Spanien hat eine ganze Reihe von neuen hervorragenden Konzertsälen, Tokyo hat gerade seinen 105. Konzertsaal eröffnet und ein neues Opernhaus gebaut, Stockholm hat
neben einem herrlichen „Konserthus“, wo sich schon Fritz Busch hingezogen fühlte, die
Berwald-Halle gebaut.
Kleine Städte wie Luzern mit 57.500 Einwohnern (!) haben einen großen, guten Konzertsaal gebaut (nicht den Besten, da der hervorragende Akustiker sein Konzept nicht
gegen den Architekten durchsetzen konnte) und holen damit die ganze musikalische
und musikliebende Welt nach Luzern. Kopenhagen hat gerade nach einem neuen
Opernhaus einen ungewöhnlichen Konzertsaal mit hervorragender Architektur und
Akustik erbaut.
Los Angeles hat einen der wohl besten Konzertsäle der Welt eröffnet. Der Architekt
Frank Gehry hat dies gemeinsam mit dem besten Akustiker der Welt Yasuhisa Toyota
geschaffen. Die von ihm akustisch vorbereiteten Konzertsäle in Sapporo oder eben die
Walt Disney Concert Hall in Los Angeles sind die Spitzenklasse der neuen Konzertsäle.
Hamburg baut aus gutem Grund ebenso mit diesem Akustiker. Helsinki (ebensoviel
Einwohner wie Dresden) bekommt von ihm auch einen neuen Konzertsaal. Selbst Bamberg hat seinen Konzertsaal – nachträglich, was wieder viel mehr Geld kostet - herrlich
optimieren lassen.
Frank Gehry hat in Los Angeles zu dieser Akustik eine Gebäude-Skulptur entworfen,
welche Dresden - gegenüber dem einmaligen Dresden-Panorama - mit einem ebenbürtigen architektonisches Kunstwerk anstehen würde. Der ursprüngliche Plan Gehrys, der
durch die Forderung des Hauptsponsors verworfen wurde, die Skulptur in Sandstein zu
bauen wäre für Dresden das städtebaulich ideale Material und die selbstverständlichste
Lösung. Dazu käme die herrliche Idee, eine umlaufende grüne Panorama-Terrasse für
die Dresden-Bewunderer zu integrieren von der man je nach Standort den Zwinger oder
das Altstadtpanorama bewundern könnte.
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Die Terrasse könnte auch noch eine Konzertmuschel beherbergen, wo Amateure vom
Kinderchor bis zum Laienorchester sich täglich produzieren können.
Dies wäre auch unabhängig von den Konzerten in den beiden Sälen (Kammermusik und
Sinfonik) der Anziehungspunkt für Dresden, der schließlich auch den nötigen Zuwachs
an Publikum von außerhalb Dresdens befördern würde. Warum holen wir nicht, die etwas verkleinerte Disney-Hall mit dem ursprünglichen, zu Dresden passenden, Baukonzept hierher? Es würde die Kosten ganz sicher optimieren, ohne dass es gesichtslose
Wiederholung eines Gebäudes aus anderer Umgebung wäre.
Beide Dresdner Spitzenorchester habe ich jahrelang, die Staatskapelle auch vor und
nach dem Wiederaufbau der Semperoper dirigiert und mit der Philharmonie habe ich
auf zahlreichen Tourneen erlebt, wie sich Akustik auf die Klangqualität des Orchesters
sprunghaft auswirkt.
Ich habe in fast allen bedeutenden Konzertsälen der Welt gearbeitet von Petersburg bis
Wien, von Tokyo bis Montreal, von Prag bis Amsterdam. Ich kenne schätzungsweise
300-400 Konzertsäle in der Welt. Davon allein 12 in Tokyo. Ich wurde aufgefordert an
der internationalen akustischen Evaluation der führenden Konzertsäle der Welt mitzuarbeiten, was ich gern getan habe. Dresden kam dabei nicht vor.
Glücklicherweise ist Dank der Staatsministern, Frau Dr. Stange, noch in meiner Amtszeit
die Umkehr beschlossen worden, dass das Land Sachsen die Negativspirale der von einander abhängigen Subventionen für die Dresdner Musikfestspiele durchbrach. Dies im
Gegensatz zur Stadt Dresden, welche die Schließung schon beschlossen hatte. Auf der
anderen Seite beschließt die Stadtregierung nicht nur einen schlechten Kompromiss für
das Kongresszentrum, das eben einen Kulturpalast nicht ersetzen kann. Deswegen und
auch aus Gründen der Ökonomie ist der Umbau des Kulturpalastes keine Lösung. Die
Staatskapelle würde diesen Saal auch nicht nutzen und die relativ kleine Semperoper ist
eines der akustisch besten Opernhäuser in seiner Größenordnung, aber für Konzerte mit
großem Orchester ist sie weder gebaut noch dafür wirklich geeignet.
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Aus internationalen Erfahrungen kann man sagen: Dort, wo in gute akustische Konzertsäle investiert wurde, haben sich die besten Konzert-Orchester der Welt entwickelt. Ich
erinnere nur an das „Concertgebouw“, wo ich selbst über 600 Konzerte bisher dirigiert
habe, oder die Wiener Philharmoniker mit dem Musikvereins-Saal oder Boston oder Los
Angeles, wo mit dem neuen Konzertsaal das ohnehin hervorragende Orchester einen
enormen Aufschwung genommen hat. Spitzenmusiker sind für schlechte Kompromisse
nicht zu haben. Ein guter bildender Künstler sucht sich auch die besten Materialien.
Dresden kann aber weder wirklich einen Kammermusik- noch Konzertsaal für Sinfonieorchester anbieten. Wenn ich das im Ausland erzähle glaubt es mir keiner. Die Wiener
Philharmoniker mit Werken von Strawinski in der Frauenkirche – in einer für diese Musik
vollständig ungeeigneten Akustik - sind für die Musikstadt Dresden bestenfalls ein
Event, aber kein Musikerlebnis.
George Bähr wusste genau für welche geistliche Musik seine Kirche akustisch geeignet
sein musste. An Strawinski konnte er noch nicht denken. Das ist die Aufgabe der heutigen Zeit: einen Saal zu bauen, der zukunftsgerichtete Musikentwicklung befördert.
Die sowohl architektonisch und städtebauliche wie auch praktisch misslungene Neugestaltung des Postplatzes ist zur internationalen Lachnummer verkommen, das Kongresszentrum ist – wie gesagt - ein unzureichender, typisch Dresdner Kompromiss, die versuchte Abschaffung der Musikfestspiele ein Schlag gegen die Musikstadt Dresden und
mit seiner Reduktion auf weniger als ein Drittel der Besucher in diesem Jahr geht auch
ein drastischer Rückgang der Touristen einher (Nur die Auslastungs-Prozentzahlen werden steigen und alle werden jubeln, obwohl dies effektiv einen enormen Einbruch bei
den Besuchern darstellt).
Unsere Stadtväter haben die falsche Frage für den Brücken-Volksentscheid gestellt, was
uns nicht nur eine überteuerte Brücke beschert sondern Folgekosten die sonst alle anderen Brücken der Stadt zusammen kosten, die bei der Kultur fehlen werden. Wir haben auch das Loch am Wiener Platz, welches mit Millionen zugestopft wird, weil niemand zur richtigen Zeit die richtige Entscheidung getroffen hat, wir haben mit dem
neuen Baumgesetz den ohnehin schon weit fortgeschrittenen Kahlschlag der Natur be15
schließen lassen. Dieses Gesetz ist eine in heutiger Zeit unglaubliche Negativbewegung
gegen den Umweltschutz und den CO2-Ausstoß. Wir müssen zusehen, wie in Zukunft
Schnellboote die Elbufer und Ruderer gefährden werden, weil einige Politiker die Zeichen der Zeit nicht sehen, dass Dresdens Stadtlandschaft immer mehr seine Anziehung
aus der Entschleunigung ziehen wird und die wird immer mehr gefragt sein. All dem
folgte und folgt logischerweise ein drastischer Rückgang der Touristen, dem eine weitere Fehlentscheidung gegenübersteht: Der vollständig unverhältnismäßiger Neubau von
Hotels. Insgesamt ist in all diesen Projekten Geld einfach weggeworfen worden. Niemand soll behaupten, es gäbe keines.
Kultur erwirtschaftet mehr Volksvermögen als die Autoindustrie. Aber die Autoindustrie
wird in der Krise gefördert, die Kultur weiter abgebaut.
Fußball hat weit weniger Besucher in Deutschland als Konzerte und Theater. Der Neubau des Dresdner Stadions, der fast ein Drittel eines Konzertsaales kostet, ist deshalb
mit der Vorrangstellung, dem man diesem Projekt gegeben hat, schwer nachzuvollziehen. Dazu kommt vor allem aber, dass dieses Stadion keine Spitzen-Mannschaft hat.
Für den Konzertsaal aber haben wir zwei Weltklasse-Mannschaften, die nicht irgendwie
der 2. Liga erfolglos hinterherlaufen. Sie spielen auf den vordersten Rängen der Welt
und können mit einem gelungenen Konzertsaal diese Position ausbauen, da dies sich,
wie gesagt, auf die Qualität des Orchesters sehr schnell auswirken wird.
Es gibt ein überlegenswertes Finanzierungskonzept. Dazu möchte ich zusätzlich das
Amsterdamer Modell zur Sanierung des Concertgebouw vorschlagen, welches helfen
kann, dass die Stadt keine Neuverschuldung eingehen muss: Neben öffentlichen Mitteln
wurde für einige Jahre auf jede Eintrittskarte eine Obolus von 50 Cent erhoben. Die
Musikliebhaber haben dafür einen Konzertsaal, dessen Pfähle im Wasser nicht nur bei
vollem Spielbetrieb erneuert wurden, sondern einen mit viel Stilempfinden rekonstruierten und erneuerten Saal bekommen, der noch viel schöner ist, als der ursprüngliche
Bau ohne dass dieser akustisch angetastet wurde.
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Dieses Konzept würde in Dresden bei allen staatlich subventionierten Konzerten im Jahr
mindestens eine halbe Million Euro bedeuten.
Es gibt bereits eine grundsätzliche Machbarkeitsstufe, die kostenfrei erstellt wurde, zu
der zur weiteren Ausarbeitung natürlich vor allem die beiden Orchester mit ihren Chefdirigenten herangezogen werden müssen. Die Kosten müssen genau berechnet werden.
Und es gibt mindestens zwei repräsentative Standorte: Narrenhäusl und Postplatz.
Wenn wir dann noch ein effektives und funktionierendes Touristikbüro hätten, welches
zwischen Stadt und Land koordiniert wäre, dann gäbe es nur noch eine Antwort: Alles
spricht für den neuen Konzertsaal und den Erhalt des Kulturpalastes in seiner ursprünglichen Form, der ebenfalls dringend in Dresden benötigt wird.
Dresden kann sich nichts Billiges leisten. Das wird zu teuer!
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Bürgerstiftung für ein Konzerthaus
Dr. Reiner Zimmermann
Der Freistaat hat bisher unendlich viel für die Kunst- und Musikstadt Dresden getan. Ich
erinnere an die Museen, die Schauspielhäuser, das Schloss, die Frauenkirche, ja sogar
in Radebeul steht ein neues, funktionierendes Theater. Jetzt sollte die Stadt zeigen,
dass es ihr ernst und die Beteuerung, dass Dresden eine Kunststadt ist, nicht nur eine
leere Floskel ist. Es gibt keinen Operettenneubau, vom Theater der Jungen Generation
ganz zu schweigen. Die Stadt sollte ein Neues Konzerthaus wollen und alles tun (auch
mit Land verhandeln), damit es zustande kommt.
Die Bürger sollten die Sache selbst in die Hand nehmen und eine Stiftung zur Betreibung eines Konzerthauses gründen. (Wiener Musikverein führt auch das dortige Konzerthaus). Bauträger kann ein Verein oder Stiftung sein, wie beim Hygienemuseum oder
der Frauenkirche, zwei in Dresden erfolgreiche Modelle.
Notwendigkeit besteht auch für die Staatskapelle: Ohne Orgel sind bestimmte Werke in
der Semperoper nicht darstellbar. Die Staatsoper kann bei einer Konzerthaus-Lösung
parallel zu Konzerten Opern spielen und muss das Opernhaus nicht an klassischen Besuchstagen wie Sonnabend oder Sonntag für Konzerte bereithalten.
Messe: Stadtrat und Stadtverwaltung müssen sich fragen lassen, nach Aufgabe des Kulturpalastes für Veranstaltungen der Leichten Muse, ob die Freunde der U-Musik als Bürger 2. Klasse behandelt und aus dem Stadtzentrum verbannt werden sollen? Dieser
großen Schar von Musikfreunden sollte man den Besuch im Kulturpalast weiter ermöglichen.
Dass man die Messe als Veranstaltungsort für die heitere Muse zum Nulltarif bekommt,
ist eine Verkennung der Tatsachen. Auch hier würden Betreiberkosten entstehen.
Künftig muss man Fachleute, auch aus Dresden, hinzuziehen, und zwar bereits in der
vorherigen internen Diskussion, um Vorlagen zu erarbeiten, die hieb- und stichfest sind.
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Neue Ideen in der Stadtentwicklung
Gunter Just
Als ein sein gesamtes Berufsleben mit dem Bauen Befasster will ich auf zwei Aspekte
besonders eingehen, nämlich auf die Kosten und die Stadtentwicklung. Auf die Kosten
deshalb, weil mit manipulierten, beziehungsweise unterstellten Kosten und Zahlen ein
Projekt entweder schöngerechnet oder als finanziell nicht machbar disqualifiziert werden kann.
Der Aspekt der Stadtentwicklung, obgleich von eminenter Bedeutung, spielt im Zusammenhang mit einem Konzerthaus seitens der städtischen Vertreter keine Rolle. Ich
wünschte mir endlich einmal eine vom Ressortchef Stadtentwicklung deutliche Wortmeldung.
Zu den Kosten: Sie erinnern sich sicher an die Äußerungen des Kulturbürgermeisters in
der Tagespresse, wonach er ein Neues Konzerthaus nicht einmal haben wolle, wenn er
es geschenkt bekäme. Er fügte hinzu, dass im Falle des Baues eines Konzerthauses die
Stadt zwei Häuser betreiben müsse und wer solle dies bezahlen? Er ignorierte unser
wesentliches Anliegen, ein Konzerthaus für die Philharmonie und die Sächsische Staatskapelle gemeinsam mit dem Freistaat Sachsen zu errichten, wobei sich dabei die
Investkosten und die Betriebskosten halbieren würden. In den Unterlagen der Stadt für
den Umbau des Kulturpalastes werden die Investkosten mit 65 Mio. angegeben.
Nirgendwo in den Unterlagen finden sich die Kosten für eine als Folge des Umbaues
notwendige Veranstaltungsstätte für die dann im Kulturpalast nicht mehr durchführbaren Veranstaltungen der Unterhaltung. Dabei handelt es sich keineswegs um ein Provisorium, sondern um eine dauerhafte Einrichtung mit all den technischen Erfordernissen
für höchste Ansprüche der Unterhaltungsbranche. Also zum Beispiel keine aufpolierte
Messehalle beziehungsweise keine magere Ergänzung im Messegelände!
Nirgendwo auch finden sich in den städtischen Unterlagen die Kosten für Konzerte der
Philharmonie während der ca. dreijährigen Umbauzeit. Seriös kalkuliert, also eher nach
unten als nach oben tendierend, werden sich die Investkosten für die Stadt bei 90 Mio.
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einpendeln. Diese Lösung bedeutet die Betreibung zweier Häuser, erstens des umgebauten Kulturpalastes und zweitens des Hauses der Unterhaltung!
Angesichts unserer Skepsis gegenüber dem städtischen Zahlenwerk meinte Herr Lunau
in einem Zeitungsinterview: „Wer die von uns angegebenen Werte bezweifelt und Horrormeldungen verbreitet, müsse exakter kalkulieren als die Stadtverwaltung." Diese
Passage empfinde ich als ausgesprochen makaber. Sie belegt entweder die Inkompetenz des Autors oder die bewusste Täuschung der Öffentlichkeit durch den Verfasser!
Wir erinnern uns an die lückenlose Kette von Irrungen und Pannen der städtischen Ämter während der letzten Jahre. Ich erinnere Sie an die Sporthalle Bremer Straße, die
Waldschlösschenbrücke, dass Dynamo Stadion – und jüngst an das leidvolle Thema
Operette. Bei all diesen Vorhaben beklagen wir eine enorme Verteuerung als Folge fehlerhafter Planung und unzulänglicher Kalkulation.
Ich möchte Ihnen nun die beiden Möglichkeiten, die Absicht der Stadt einerseits und
unsere Vorstellungen andererseits, gegenüberstehend erläutern. Zunächst die Planung
der Stadt: Die Saalkapazität wird von derzeitig 2400 auf 1800 Plätze reduziert. Die für
das Betriebsergebnis des Kulturpalastes so eminent wichtigen großen Veranstaltungen
der Heiteren Muse finden nicht mehr in diesem Hause statt. Derzeit besuchen etwa
300.000 Personen jährlich die Veranstaltungen im Kulturpalast. 100.000 Personen die
der Dresdner Philharmonie. 200.000 Personen die Veranstaltungen unterschiedlichen
Inhalts. Von den letztgenannten muss für ca. 150.000 Menschen, nämlich für die Besucher der großen Unterhaltungsveranstaltungen, ein neues Domizil geschaffen werden.
Während im Unterhaltungsbereich nur das zur Aufführung gelangt, was sich auch rechnet, muss jeder Konzertsaalplatz mit 100 EUR pro Veranstaltung subventioniert werden.
Der sehnsüchtig erwartete Kammermusiksaal wird nach dem Umbau nicht vorhanden
sein. Stattdessen soll das Haus artfremde Nutzungen – wie zum Beispiel die Stadtbibliothek – beherbergen. Dies wird zu erhöhtem Bauaufwand und höheren Betriebskosten
führen. Die Staatskapelle wird unter diesen Umständen in diesem Hause nicht musizieren!
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Resultat: Die Investkosten sind von der Stadt allein zu tragen. Die Einnahmen sinken
drastisch. Die Betriebskosten erhöhen sich rapide. Ein zweites Haus muss für die auszulagernden Veranstaltungen neu errichtet und betrieben werden.
Nun zum Vorschlag neues Konzerthaus: Zusammen mit dem Freistaat Sachsen, quasi in
konzertierter Aktion, wird für die beiden berühmten Dresdner Orchester ein Konzerthaus mit einem dazugehörigen Kammermusiksaal errichtet. Die Kosten können so geteilt werden und entsprechen dann auch nur halben Belastungen. Der Kulturpalast wird
nach der Auslagerung der Dresdner Philharmonie durch die Orientierung auf eine
Stadthallenfunktion mit Veranstaltungen der Unterhaltung, mit Tagungen und Kongressen nahezu ohne Zuschüsse der Stadt fungieren können.
Das Konzerthaus wird mit ca. 80 Mio. Euro veranschlagt. Plus Grundstückskosten durch
zwei ergibt ca. 45 Mio. Euro pro Partner. Zu etwa der Hälfte der für den Umbau des
Kulturpalastes notwendigen Mittel erhielte die Stadt Dresden anteilig ein Konzerthaus
voller Ausstrahlung mit einem Konzertsaal und einem Kammermusiksaal. Sie ersparte
sich dadurch die in Invest- und Betriebskosten (über Jahre) für eine weitere Veranstaltungsstätte außerhalb des Kulturpalastes. Sie könnte über Jahre den Kulturpalast künftig nahezu ohne städtische Zuschüsse betreiben und sie könnte die nicht in Anspruch
genommenen Investmittel nach Fertigstellung des Concerteums zur Auffrischung beziehungsweise zur Sanierung des Kulturpalastes verwenden. Die Kosten hierfür werden auf
ca. 20 Mio. Euro geschätzt.
Stadtentwicklung: Viele, sehr viele Dresdner und ihre Gäste werden ihren Kulturpalast
nicht mehr besuchen können. Die dringlich erforderliche Urbanität unserer Stadt nimmt
als Folge der Verbannung unterhaltungsbedürftiger Menschen aus dem Stadtzentrum
Schaden.
Wir Dresdner erwarten, dass bei einer Investition in Höhe von ca. 90 Mio. Euro nicht
nur im Inneren eines vorhandenen Gebäudes gewerkelt, sondern ein städtebauliches
und stadtentwicklerisches gebautes Zeichen gesetzt wird!
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Dies um so mehr, als unserer Stadt noch immer über reichlich unbebaute Flächen verfügt, die nicht zuletzt aus touristischer Sicht, bestückt mit baulichen Edelsteinen, der
Landeshauptstadt neuerliche Ausstrahlung verleihen sollten.
Stellen Sie sich vor, wir bauten am Neustädter Elbufer im Bereich des ehemaligen Narrenhäusels ein Konzerthaus und böten den Konzertbesuchen den betörenden Blick auf
unser Altstadtpanorama. Es glückte uns bei dieser Gelegenheit die Gäste über die Elbe
zu locken und ihnen unsere herrlich rekonstruierte Innere Neustadt zu präsentieren. Es
gelänge uns verstärkt ein internationales Konzertpublikum in unsere Stadt zu ziehen
und darüber hinaus die Granden der Klassik-Szene in der gewünschten Häufigkeit in
Dresden bewundern zu dürfen. Eine faszinierende Vorstellung!
Statt einen möglichen Finanzier massiv zu diffamieren, den wir, wie ich nachgewiesen
zu haben glaube, nicht benötigen, statt also verdienstvolle Dresdner Bürger in der Tagespresse zu beleidigen, wäre es des Finanzbürgermeisters Vorjohann Pflicht gewesen,
mit der Staatsregierung des Freistaates zu sprechen, um die möglichen Synergieeffekte
beim Bau eines neuen Konzerthauses für Philharmonie und Staatskapelle zu erörtern.
Es wäre gleichfalls seines Amtes gewesen, das für ein solches Haus geeignete Betreibermodell zu entwickeln und zum Beispiel die Kommunalpolitiker der Stadt Bonn zu
konsultieren.
Dort nämlich will die Stadt am Rheinufer neben der in die Jahre gekommenen Beethovenhalle ein architektonisch und akustisch hochkarätiges Konzerthaus mit Kammermusiksaal errichten. Zehn international renommierte Architekten hatten in der letzten Januarwoche 2009 ihre Entwürfe der Öffentlichkeit und einer Jury vorgestellt. In privatöffentlicher Partnerschaft wird eine Objektgesellschaft, später eine Betreibergesellschaft
geschaffen. Dazu wird eine gemeinnützige Stiftung gegründet, aus deren Mitteln die
Betriebskosten bestritten werden können. Neben regionalen Institutionen ist es unter
anderem Kulturstaatsminister der Bundesregierung Bernd Neumann, der mit 39 Mio.
Euro Stiftungskapital das Projekt unterstützen will. Die Bonner fanden jenen das Stadtsäckel schonenden Weg. Im traditionsreichen Dresden hingegen registriere ich Ideenarmut, Inaktivität und Fehlentscheidungen, insbesondere der Geschäftsbereiche Kultur
und Finanzen.
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Der Kulturpalast muss für populäre Kunst zugänglich bleiben
Dr. Eva-Maria Stange, Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und
Kunst
Die Initialzündung für den Bau eines Konzerthauses muss von der Stadt ausgehen. Der
Kulturpalast in der Mitte der Stadt ist ein Kulturpalast für alle, nicht nur für die, die das
klassische Konzert lieben. Er muss in dieser Funktion erhalten bleiben!
Dresden sollte ein modernes und angemessenes Konzerthaus besitzen; das wäre auch
ein enormer Anziehungspunkt für Orchester von internationalem Rang und von touristischer Bedeutung. Es muss eine Konzeption für den Betrieb des Konzerthauses in den
nächsten 20 Jahren vorliegen. Die Gesamtsumme der Kosten setzt sich aus Bau- und
Betriebskosten zusammen. Auf den Betrieb eines solchen Veranstaltungsgebäudes in
den nächsten 20 Jahren, entfallen ca. 80 Prozent und auf den Bau vergleichsweise 20
Prozent der Gesamtsumme.
Derzeit sind für den Bau eines Konzerthauses in Dresden keine Mittel im Haushaltsplan
des Landes enthalten. Der Betriebs- und Auslastungsplan muss vorliegen, um in neue
Verhandlungen gehen zu können; dies wird nicht mehr in diesem Jahr möglich sein.
Damit sich der Freistaat an den Kosten beteiligt, müsste zunächst eine Machbarkeitsstudie hinsichtlich Bau und Betrieb des Hauses vorliegen. Ich bin bereit, eine solche
Studie gemeinsam mit der Stadt in Auftrag zu geben.
Bei einem positiven Ergebnis für den Bau eines Konzerthauses können frühestens für
2011/2012 Mittel im Landeshaushalt eingeplant werden. Aber als Erstes ist die Stadt
Dresden gefordert. Sie müsste sich für ein neues Konzerthaus entscheiden, was sicher
nur auf der Grundlage der Änderung des Stadtratsbeschlusses zum Kulturpalast möglich
ist.
Ich kann mir den Standort des neuen Konzerthauses auch auf der Achse Postplatz Kraftwerk Mitte vorstellen - dann gibt es kein Konfliktpotential mit dem „barocken"
Dresden.
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Denkschrift der IG Neues Konzerthaus Dresden
Die Jahrhunderte währenden Traditionen auf dem Gebiet der Musik erhebt die Sächsische Landeshauptstadt Dresden in den Rang einer führenden Musikmetropole Europas,
deren Ausstrahlungskraft auch zukünftig erhalten werden muss. Sensationelle Erfolge
der beiden weltberühmten Orchester – Sächsische Staatskapelle und Dresdner Philharmonie – bewirken seit mehr als 100 Jahren gleichsam als Botschafter sächsischer Kultur
Anerkennung und Bewunderung in vielen Ländern und Kontinenten. Leider entspricht
das derzeitige räumliche Angebot für beide Orchester nicht deren vortrefflichen Ruf.
Dass unsere Forderung, zwanzig Jahre nach der politischen Wende, endlich ein Neues
Konzerthaus in Dresden zu errichten, durch den Stadtratsbeschluss vom Sommer 2008
ignoriert wurde und stattdessen der Umbau des Mehrzwecksaales im Kulturpalast zu
einem Konzertsaal für die Dresdner Philharmonie vorbereitet wird, muss als eine folgenschwere Fehlentscheidung benannt werden. Namhafte und international berühmte
Dresdner Künstler, Architekten des BDA Sachsen und viele verdienstvolle Dresdner Bürger haben seit gut einem Jahr für den Neubau eines Konzerthauses als Alternative zum
Umbau des Kulturpalastes ernsthaft plädiert, planerische Grundlagenarbeit geleistet und
die verantwortlichen Bürgermeister davon in Kenntnis gesetzt. Es wurde von Fachleuten
ermittelt, dass für den Umbau des Kulturpalastes und die damit verbundenen Folgeinvestitionen nahezu der gleiche Finanzaufwand erforderlich ist, wie für den Neubau eines
Konzerthauses.
Die Errichtung eines Neuen Konzerthauses bietet die Chance, dass ein Gebäude geschaffen würde, das nur der klassischen Musik dient und das neben einem großen Konzertsaal auch den unbedingt erforderlichen Kammermusiksaal enthielte. Der Kulturpalast könnte nach dem Bau eines Neuen Konzerthauses mit einem bedeutend geringeren
Kostenaufwand modernisiert werden und danach der Unterhaltungsmusik und anderen
wichtigen Veranstaltungen im Sinne einer Stadthalle im Zentrum Dresdens, wie bisher
auch, künftig genügen. Der von großen Teilen der Bevölkerung gewünschte Charakter
des Kulturpalastes bliebe damit erhalten.
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In Anbetracht der in unserer rastlosen Welt ständig zunehmenden Rivalität der Musikmetropolen untereinander kann die Stadt Dresden nur weiterhin einen oberen Rang
einnehmen, wenn sie neben der künstlerischen Leistung ihrer Orchester auch über eine
Spielstätte verfügt, die sich mit den imposanten bereits realisierten beziehungsweise im
Bau befindlichen Konzerthäusern vergleichbarer deutscher und ausländischer Musikzentren messen kann.
Durch eine Zukunftsinvestition dieser Größenordnung muss die Stadt Dresden und das
Land Sachsen ein städtebauliches wie stadtentwicklerisches Zeichen setzen! Das Konzerthaus muss ein Glanzlicht mit weit über unsere Region, mehr noch, über die nationalen Grenzen hinaus wirkender Leuchtkraft werden, dass nicht zuletzt deshalb auch zur
Belebung des drastisch zurückgegangenen Touristenstroms beiträgt.
Die Initiatoren der IG „Neues Konzerthaus Dresden“ sind der Meinung, dass eine derart
dringliche, zukunftsträchtige Entscheidung von den zuständigen Politikern des Freistaates und der Landeshauptstadt – quasi als eine konzertierte Aktion – gemeinsam getroffen und für spätere Generationen mittelfristig realisiert werden muss.
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Initiatoren und Unterstützer der IG Neues Konzerthaus Dresden
Kammersänger Prof. Theo Adam, Dresden
Bernd Aust, Konzertveranstalter, Dresden
Harald Baumann-Haske, Rechtsanwalt, Präsident der Gesellschaft Freunde der Dresdner
Musikfestspiele e.V., Dresden
Dr. Peter Bäumler, Journalist, Dresden
Dr. Volker Benedix, bis Mai 2009 Präsident der Architektenkammer Sachsen, Dresden
Prof. Dr. med. habil. Heinz Diettrich; Arzt, Dresden
Karl-Heinz Drechsel, Begründer und Moderator des Dresdner Dixiland Festivals, Berlin
Prof. Ludwig Güttler, Musiker, Dresden
Prof. Hartmut Haenchen, bis 2008 Intendant der Dresdner Musikfestspiele
Dr. h.c. Wolfgang Hänsch, Architekt und Erbauer des Kulturpalastes, Dresden
Margita Herz, Institut zur Erforschung und Erschließung der Alten Musik in Dresden e.V.
Gunter Just, Architekt, ehem. Bürgermeister für Stadtentwicklung der Stadt Dresden
Prof. Herrmann Kokenge, Rektor der TU Dresden
Prof. Dr. Gert und Christa Kossatz, Architekten, Murnau
Dietmar Kühnert, Dipl. Kultur- und Theaterwissenschaftler, Dresden
Prof. Siegbert Langner von Hatzfeld, Architekt, Dresden
Dr. Frank Lohse, Rechtsanwalt, Dresden
Fabio Luisi, Generalmusikdirektor Semperoper Dresden
Peter Makolies, Bildhauer, Dresden
Jan Nast, Orchesterdirektor der Sächsischen Staatskapelle, Dresden
Dr. Eberhard Pfau, Architekt (BDA), Dresden
Prof. Dr. Giesela Raap, Architektin, Dresden
Prof. Peter Rösel, Pianist, Dresden
Dipl.-Ing. Matthias von Rüdiger, Dresden
Dr. Klaus-Jürgen Schöler, Architekt (BDA), Dresden
Dr. Claudia Schrader, Architektin (BDA), Dresden
Prof. Peter Schreier, Kammersänger, Dresden
Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze, Arzt, Dresden
Philipp Stamborski, Architekt (BDA), Dresden
Dr. Lutz Vehmann, Unternehmer, Dresden
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Dr. med. habil. Dieter Wallrabe, Arzt, Dresden
Prof. Dr. hc. Leopold Wiel, Architekt, Dresden
Prof. Thomas Will, Dresden
Horst Witter, Architekt (BDA), Dresden
Dr. Reiner Zimmermann, ehem. Abteilungsleiter Musik des Sächsischen
Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, Dresden
Prof. Dr. Manfred Zumpe, Architekt (BDA), Dresden
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