Interviewserie Frauenfragen - Ariadne von Schirach
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Interviewserie Frauenfragen - Ariadne von Schirach
Frau, 42, Finanzberaterin, selbstständig, 1 Sohn Frauen sind grundsätzlich gebundener als Männer. In dem Moment wo sie Kinder haben und auch schon durch den Kinderwunsch. Und selbst wenn kein Kinderwunsch vorhanden ist, sorgen irgendwann die Hormone dafür, dass ein nicht vorhandener Kinderwunsch durch Gelegenheit geweckt wird. Dies führt dazu, dass Frauen in ihren Möglichkeiten eingeschränkt werden, weil sie immer an das Kind gebunden sind. Auch wenn sie parallel eine Karriere verfolgen, wird diese durch die fehlende Mobilität und Flexibilität eingeschränkt. Natürlich gibt es heutzutage viel mehr Möglichkeiten, sowohl Karriere als auch Kind zu haben. Aber nie in gleichem Maße wie der Mann. Weil es immer seitens der Frau mit viel mehr Energie und Aufwand verbunden ist. Dein Wonderwoman Bild passt da sehr gut. Natürlich bekommen sie es hin - aber was ist der Preis? Das ewige Gefühl der Unzulänglichkeit in allen Bereichen. Deshalb ist der Unterschied zwischen Frauen und Männern heutzutage viel drastischer als früher. Weil durch die Rolle der Frau in der Gesellschaft früher, der Anspruch alles hinzubekommen gar nicht so ausgeprägt war. Die klaren Rollenverhältnisse haben der Frau eigentlich weniger eingeschränkt als heute. Sie konnte neben der Kindererziehung und der Haushaltsführung ihren persönlichen Interessen nachgehen. Heutzutage geht die Zeit dafür zwischen Haushalt und Kindererziehung und Karriere verloren. Da wird selbstverständlich dann die Karriere zur persönlichen Verwirklichung stilisiert. Das, was Frau sozusagen "für sich" tut. Dies führt dann genau zu Deiner dritten Frage, die Gefahr für das 21. Jahrhundert: Das was der Feminismus für die Frauen erreicht hat, ist mittlerweile so selbstverständlich und wird immer selbstverständlicher. Das schafft Raum für die Verklärung der klassischen Rollenmodelle, Frau zuhause bei Kind und Haushalt und Mann bei der Erwerbstätigkeit. Und die gestresste Wonderwoman-Frau (s.o.) erkennt plötzlich, dass dieses Modell ja auch ganz nützlich ist. Gefördert noch durch die aktuelle Familienpolitik (Stichwort Herdprämie). Und schon ist Frau wieder in der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Mann und die schönen Errungenschaften des Feminismus (Stichwort „Selbstbestimmtes Leben inklusive eigene Entscheidung für oder gegen Kinder“) sind wieder dahin. An meinen zwei vorherigen Antworten erkennt man natürlich auch meine persönlich empfundene Benachteiligung, die da lautet – als Frau ist man immer eingeschränkt, sobald man Kinder hat, was ich persönlich als Benachteiligung empfinde. Viele andere würden mir da sicher widersprechen, weil Kinder natürlich auch immer eine Bereicherung sind. Aber in bezug auf den Mann ist da doch genau der Unterschied. Mann hat die gleiche Bereicherung wie die Frau, aber nicht die gleiche Eingeschränktheit. Auch da würden mir sicher viele Väter widersprechen, aber ich glaube schon, dass es für Männer sehr viel einfacher ist, ihr Leben so zu führen, als hätten sie keine Kinder. Für Frauen ist das unmöglich. Abgesehen vom Kinderthema, habe ich beruflich mich immer in einer männerdominierten Welt aufgehalten und grundsätzlich weniger Gehalt bekommen, als ein Mann in meiner gleichen Position. Dass das so ist, ist ja auch statistisch erwiesen. Frau 35, Journalistin, selbstständig, keine Kinder wie siehst du gegenwärtig den unterschied zwischen der weiblichen und der männlichen rolle? Beide muessen das selbe in der Gesellschaft leisten - aber die Frau hat eben zusaetzlich immer auch die Kinder mehr mit am Start, oder. bist du schon einmal benachteiligt worden als frau? wie? hm, als Fleisch in einer Werbeagentur wahrgenommen zu werden... Oder neben einer Gruppe Jungs zu stehen und zuzusehen, wie die ihren Plausch ohne mich im eigenen Old Boys Netzwerk fortsetzen. was ist deiner meinung nach die größte gefahr für die frau im 21sten jahrhundert? So hyper-perfekt sein zu wollen und alles hinkriegen muessen, also die ubelichen Karriere+Kindersachen, und sich dabei zu zerreiben. Die Maenner gehen das viel laessiger an, sollten wir auch mal. Dann passiert halt vielleicht weniger, koennen die ja schon mal anfangen.. Frau, 43, Grafikerin, angestellt, keine Kinder wie siehst du gegenwärtig den unterschied zwischen der weiblichen und der männlichen rolle? bin kürzlich im spiegel hängen geblieben bei einer klage über den soften neuen mann ("Adieu, haariges Biest") http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,810406,00.html. demnach befänden wir uns an einem interessanten punkt: die klassischen rollen stehen kopf. was mich in deutschland immer gewundert hat, ist allerdings weder softigkeit noch hörte, sondern das desinteressse der männer an frauen (demonstratives oder sogar wirkliches desinteresse). niemand pfeift einem plump hinterher, wie in österreich, niemand aber charmiert einen, einfach weil man eine frau ist. damit entbehrt der alltag des plänkelnden-spielerischen. gewonnen ist in meinen augen gar nichts. es ist nur nüchterner, profaner, geschäftsmäßiger, funktionalistischer. ich bin ganz d'accord mit dem französischen Autor mit dem wunderlichen Namen, Alain Xavier-Wurst, der voriges Jahr "Zur Sache, Chérie" herausbrachte, wo er das Leiden an der deutschen Frau schildert. Sie ist so wahnsinnig abgegrenzt, versucht ein mann eine avance, fragt sie barsch: "Was willst du von mir?", also Null Galanterie-Kultur. Herrn Wurst stößt das jedesmal wieder vor den Kopf, kastriert ihn gewissermaßen. Vielleicht liegt in der deutschen Frau der Schlüssel für den merkwürdig desinteressiert wirkenden deutschen Mann. Kein Wunder, dass es Nachwuchsprobleme gibt. bist du schon einmal benachteiligt worden als frau? wie? Es ist wahrscheinlich sehr weiblich, dass im immer dachte, nie wegen meinem frausein benachteiligt worden zu sein. Ich habe es wohl einfach nicht gemerkt. Unübersehbar wird es, wenn man sich in der Alpha-Mann-Zone bewegt, bei mir eher en passent geschehen, weil ich eine berufliche Verbesserung wollte, gar nicht einen karrieremäßigen Aufstieg, bloß das Versetztwerden in eine andere Stadt, was mal nicht ganz auf der Linie der Lenker war. War sehr interessant mal einzutauchen in das Klima der Alpha-Männer, die Reviere markieren, Duftmarken setzten, miteinander in dauerkämpfen stehen etc. Gegenüber einer Frau, die ihren eigenen Kopf durchsetzen will, spielt man dann eine merkwürdige Doppelrolle, mit Charme zu entwaffnen versuchen, zu lilliputisieren (nicht ernst nehmen). Oder, wenn das nicht hilft, untergriffe - wie es wohl gegenüber einem männlichen Kollegen nicht passieren würde, aburteilende Sätze sagen wie "umfassendere planung, das kannst du nicht", "das wäre nicht dein ding", die vermeintliche schwäche im Blick habend, die wohl allein der anblick einer frau nahe legt. Ganz fieser destabilisierungsversuch, der mich an strindberg erinnerte, die figur des bösen arztes, der seiner frau einredet, sie sehe gespenster und sie in die irrenanstalt einliefert; ich wurde konkret damit konfrontiert, dass der chefmann behauptete, was ich als feste verabredung mit einem dritten gemacht hatte (konkurrierender überchef), sei gar nicht so, hätte ich mir nur eingebildet. davor machte ich mit einem ganz ähnlich strukturierten alpha-mann eine andere erfahrung: hier war ich dessen protege, wurde beschützt, während männliche kollegen von ihm symbolisch kasteriert wurden. auch die bevorzugung war meiner weiblichkeit geschuldet, dem harmlos sein, nicht eine konkurrenzgefahr darstellen. was ist deiner meinung nach die größte gefahr für die frau im 21sten jahrhundert? das größte problem ist gegenwärtig wohl, für Männer wie für Frauen nicht der Kapitalismus, sondern der Funktionalismus. Es gibt diesen Film "Die Summe meiner einzelnen Teile" von Weingartner, der führt das vor augen - dieses eingespanntsein in eiserne logiken ist schlimm. formen der transzendierung sind überlebenswichtig für die seele, die kunst z.B., oder Religion, wenn nicht fantatisch. Frau 73, Künstlerin, 1 Tochter 1) bei dem wort rolle haperts bei mir. frau heisst wissen wissen fuehlen spueren handeln nach diesen kriterien mut kreativitaet intuition wissen wissen wissen. naive kindliche frauen sind mir ein graeuel. 2)benachteiligt worden? schlecht angesehen ja. als alleinlebende aeltere frau. die nicht mit dem auto kommt.von -ehepaaren....als zwei gegen einen.viele beispiele.strassen situationeman kanns kaum glauben abhaengig-und wie!! von der jeweiligen kleidung..... aber das ist auch ein starnbergproblem nie ist mir das in washington dc passiert. wo man in der ubahn sowieso nie von oben bis unten gemustert wird keiner von keinem und sei er noch so abgerissen oder exotisch, so ein outcast eben aber wenn ein mensch sich schwertut mit bein oder so... heisst es: CAN I HELP YOU 3)die groesste gefahr der frau in unsrem jahrhundert so viele,welche soll ich nehmen? go back to the roots! eine gratwanderung! music! wie in der zauberfloete. alles individuelle loesungen. es gibt kein rezept fuer niemand finde dich lebe liebe.und sei wach..hoere auf dein gefuehle deinen koerper Frau 43, Autorin, selbstständig, 3 Kinder wie siehst du gegenwärtig den unterschied zwischen der weiblichen und der männlichen rolle? es gibt biologische Unterschiede. Männer mögen es, sich mit anderen zu messen, frauen können kinder kriegen. diese unterschiede wirken sich auf das ganze leben aus, wobei wir nicht wissen, wie sie es tun. wir können es nur im nachhinein feststellen, aber nicht prognostizieren. es geht also nicht ums festschreiben, sondern ums aushalten von unsicherheit/unwissen. bist du schon einmal benachteiligt worden als frau? wie? ich denke, dass junge frauen anders gesehen werden als junge männer. junge frauen sind schön, junge männer sind schlau/klug. das finde ich extrem ungerecht. ich denke auch, dass wir in der gesellschaft jungen frauen nicht so viel zutrauen. ich selbst würde ganz sicher benachteiligt, weil in meiner familie frauen nicht so viel zählen wie männer. was ist deiner meinung nach die größte gefahr für die frau im 21sten jahrhundert? keine eigene rolle zu finden, sondern immer nur in Abgrenzung zu... zu funktionieren. Männer und Frauen müssen aber gemeinsam handeln. Frau 41, Filmproduzentin, angestellt, 1 Tochter wie siehst du gegenwärtig den unterschied zwischen der weiblichen und der männlichen rolle? Ich sehe den verkrampften Versuch der Annäherung der Rollen, in der Theorie. Die Praxis scheitert leider an multiplen Gründen, die nicht nur auf der männlichen Seite zu suchen sind. Es ist eben so, dass es kein Rollenmodell für beide Seiten mehr gibt und jedes Paar ganz individuell versucht, das beste Prinzip für ihre Situation anzuwenden, aber die Vereinbarungen sind schwer zu finden, der moderne Zwang der Freiheit eben... Die Männer sind verunsichert und ziehen sich zurück, die Frauen sind fordernd, aber nicht konsequent. Es ist eine ewige und tägliche Diskussion über die Gestaltung des Alltages, die, denke ich, viele Paare zermürben. Ich habe das Gefühl, das Männer eine klare Haltung und Ansage von Frauen erwarten, auf die sie sich dann einrichten können, die kommt aber so nicht, bzw. wird immer wieder verworfen... ach, es ist schwer, miteinanderauszukommen, dann noch mit Kind, und jeder von beiden will natürlich im Job was werden... das hat die Natur so nicht vorgesehen, oder? bist du schon einmal benachteiligt worden als frau? wie? Also ich persönlich habe mich bisher weder als Frau noch als Mensch mit Migrationshintergrund benachteiligt gefühlt. Nun bin ich aber auch nicht die rasende Karrierefrau und muss mich gegen Männer in den höheren Etagen behaupten, da könnte einem Benachteiligung schon eher begegnen... was ist deiner meinung nach die größte gefahr für die frau im 21sten jahrhundert? Also, das ist die schwierigste Frage... ich gehe mal von der Frau aus, die in einer westlichen Demokratie lebt und dem Mittelstand angehört, also ich und Du. Der Verlust von Solidarität und famliären Bindungen, die Auflösung von Paarbeziehung mit Nachhaltigkeit hin zur serieller Monogamie, die Grätsche zwischen Anspruch als Mutter und die Verwirklichung im Beruf. All das macht unglücklich und lastet mehr auf Frauen als auf Männern, die haben da noch einen straigteren Angang. Sie fühlen sich dem Kind nicht durch Präsenz allzusehr verpflichtet, sondern überlassen den Part "naturbedingt" lieber der Mutter, und sind damit auch im Reinen... Also die größte Gefahr für die mittelständische Frau in Westeuropa ist vielleicht sie selbst und ihr übertriebener Anspruch an die Dinge des Lebens. Etwas mehr Gelassenheit in vielen Lebenslagen würde manch einer sicherlich gut tun. Frau 21, Studentin wie siehst du gegenwärtig den unterschied zwischen der weiblichen und der männlichen rolle? Ich glaube, dass der Unterschied der weiblichen Rolle zur männlichen heutzutage darin liegt, dass von Frauen erwartet wird hauptsächlich um die Bestätigung von Männern zu kämpfen. Es geht viel ums gut Aussehen und sich "mädchenhaft" Verhalten. Auf jeden Fall ist es das, was die Medien zu sagen scheinen. Obwohl ich einsehe, dass von Männern auf ähnliche Weise erwartet wird, dass sie den Frauen gefallen, glaube ich trotzdem, dass sie mehr Freiheit haben im Entscheiden wie sie es tun und ob es Ihre Priorität im Leben ist (das könnte für ein Mann ja auch Geld und beruflicher Erfolg sein). bist du schon einmal benachteiligt worden als frau? wie? Ja. Ich finde, dass ich andauernd dadurch benachteiligt bin, dass ich als Frau viel angreifbarer/schutzloser bin als Männer. Ich muss mehr aufpassen als ein Mann wohin ich gehe, wie spät und wie angezogen etc... nur weil es einem Mann in den Sinn kommen könnte mein Verhalten als Einladung zu sexueller Belästigung zu interpretieren. was ist deiner meinung nach die größte gefahr für die frau im 21sten jahrhundert? Der Druck von Männern bestätigt zu werden und das Bild von Frau, das von den Medien verbreitet wird und die meisten Frauen niemals werden erfüllen können führt zu Frustrierung und mangelndem Selbstwertgefühl in vielen Frauen. Die größte Gefahr, die - meiner Meinung nach - für Frauen dadurch entsteht ist Konkurrenz zwischen Frauen, die sie immer mehr auseinander bringt. Stattdessen wäre es wichtig, dass Frauen sich gegeneinander unterstützen um eines Tages nach ihren eigenen Prioritäten leben zu können. Frau, Anfang 30, Redakteurin, angestellt, keine Kinder 1. wie siehst du gegenwärtig den unterschied zwischen der weiblichen und der männlichen rolle? es gibt meiner meinung nach 4 rollen. es gibt eine weibliche und männliche rolle, die aus biologischer sicht beurteilt werden muss und eine weibliche und männliche rolle, die gesellschaftlichen veränderungen unterliegt. die beiden tiere haben nach wie vor ähnliche bedürfnisse. sie wollen sich vermehren und die natur arbeitet äußerst genau daraufhin, dass dies auch weiterhin passiert. die beiden gesellschaftsteile, die männlich und weiblich definiert sind, haben große schwierigkeiten ihre biologischen erwarteungen mit den gesellschaftlichen in übereinstimmung zu bringen. ich glaube, dass das größte problem ist und die schon oft diskutierte verwirrung darin begründet liegt. dazu kommt die befreite bedürfnisartikulation der frau. ich darf öffentlich begehren, dies wird von mir gesellschaftlich sogar erwartet, um als emanzipiert zu gelten. der instinkt des mannes aber lehnt diesen aspekt vollständig ab. das neue rollenbild des mannes allerdings erwartet die bedürfnisartikulation von einer frau. die probleme, die daraus resultieren, kennen wir alle. 2. bist du schon einmal benachteiligt worden als frau? wie? ja. beruflich erlebe ich nach wie vor einen extrem biologisch orientierten mann. es geht um macht und machtausübung. frauen werden als kanonenfutter für die männliche profilierung benutzt. in der beruflichen hierarchie komme ich nur hoch, indem ich mich als jenes kanonenfutter anbiete und mit dem mann nach oben wandere. eine ablösung mündet meiner meinung nach in einem offengeführten krieg oder dem verlust meiner position. 3. was ist deiner meinung nach die größte gefahr für die frau im 21sten jahrhundert? die größte gefahr ist, zu glauben, emanzipiert zu sein und emanzipiert leben zu können. von dieser tatsache sind wir lichtjahre entfernt. ob diese lebensweise überhaupt mit einer biologischen disposition möglich ist, halte ich für fraglich. wir sind denkende tiere und wir werden immer denkende tiere bleiben.