"Dein Gehirn weiß mehr..." Presseinformation

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"Dein Gehirn weiß mehr..." Presseinformation
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Niels Birbaumer
Dein Gehirn weiß mehr, als du denkst
Neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung
Unser Gehirn gleicht bei der Geburt einer Tabula rasa.
Nur das wenigste ist festgelegt, das meiste wird geformt. Das heißt, wir haben selbst großen Einfluss auf
unser Denken und Handeln – und unser Gehirn kann
sich selbst aus dem Sumpf seiner Erkrankungen ziehen.
Niels Birbaumer zeigt anhand konkreter Fälle aus seiner
Forschung und Praxis, wie Patienten lernen, ihre psychischen Störungen selbst zu kontrollieren. Depressionen, Epilepsie, Schlaganfälle und ADS lassen sich kontrollieren, nur durch Lernen und ohne risikoreiche Medikamente. Sogar Psychopathen können dadurch Mitgefühl entwickeln und völlig Gelähmte wieder Lebensfreude finden. Denn die Potentiale des Gehirns, so
Birbaumers bahnbrechende Erkenntnis, sind fast grenzenlos: Es bietet dem Leben auch dann noch eine Perspektive, wenn wir sie nicht mehr sehen.
Birbaumer geht mit der Psychotherapie hart ins Gericht, übt aber auch harsche Kritik an der Medikamentengläubigkeit der meisten Ärzte.
304 Seiten
€ (D) 19,99/ € (A) 20,60/ sFr 27,90
ISBN: 978-3-550-08031-9
Erscheint am 11. April 2014
Niels Birbaumer, geboren 1945, studierte
Psychologie und Neurophysiologie in Wien
und London. Er leitet das Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie an der Universität Tübingen. Birbaumer bekleidet zahlreiche Gastprofessuren
im Ausland und ist Mitglied der Nationalen
Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften, Mainz.
©privat
Kontakt: Leitung Presse und Kommunikation, Christine Heinrich, Friedrichstr. 126, 10117 Berlin
Tel. 030 / 23456 – 433, Fax 030 / 23456 – 445, [email protected]
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Gespräch mit Niels Birbaumer
Herr Professor Birbaumer, was fasziniert Sie an dem Organ, das ein Kollege von ihnen mal etwas prosaisch „Gedankenpumpe“ genannt hat?
Was mich schon lange fasziniert, ist die Fähigkeit des Gehirns zur Selbstregulation, die Möglichkeiten,
seine eigene Tätigkeit und damit unser Verhalten zu beeinflussen und das beeinflusst dann umgekehrt
wieder das Gehirn. Diese schier unerschöpfliche Fähigkeit des Gehirns zum Lernen, seine Plastizität ist ja
auch das Einzige, was uns die Chance für eine Änderung bietet. Denn wenn wir uns ändern wollen, geht
das nur über die Änderung der Selbstregulation des Gehirns.
Was für ein ‚Interesse‘ hat denn das Gehirn, sich zu regulieren, sich zu ändern?
Überhaupt keins. Das Gehirn hat kein Interesse. Das Gehirn gleicht zunächst einer Tabula rasa. Was es
später tut, hängt von den Umgebungsumständen ab. Es ahmt ‚hirnlos‘ alles nach, was Erfolg verspricht.
Was verspricht dem Gehirn Erfolg?
Die meisten Zellen des Gehirns stehen unter dem Einfluss dessen, was wir im Umgangssprachlichen Belohnung, Freude, Zuwendung nennen. Und diese speziellen Regionen entscheiden dann, was das Gehirn
sich einprägt. Das heißt, die Erfahrungen, über das, was gut ist und das, was angenehm ist, oder über
das, was schlecht ist und was unangenehm ist, bestimmt, wie das Gehirn sich selbst reguliert. Es versucht immer, die Lust zu erhöhen und die Unlust zu verringern. Und je nachdem, wie die Erfahrungen
waren, wird’s das häufiger tun.
Positiv für das Gehirn heißt aber nicht gleichzeitig moralisch gut?
Nein, das Gehirn hat keine Moral. Die Moral lernt es meist im Laufe der Jugend über den Einfluss der
Erziehung und über die Tatsache, ob eine moralische Leistung belohnt wird. Das Gehirn hat kein Interesse, weder an Moral noch an Nicht-Moral.
Das heißt, wenn wir in einer unmoralischen Gesellschaft leben, dann wird unser Gehirn für Unmoral belohnt?
Das was in der Vergangenheit Erfolg versprochen hat, das macht es auch in der Zukunft. Natürlich, wenn
sich die Bedingungen dann ändern und sich zeigt, dass das, wofür man früher belohnt worden ist, nicht
mehr funktioniert, dann ändert sich das Gehirn langsam wieder. Darum kann ja aus einem Massenmörder ein netter Familienvater werden und wieder umgekehrt. Insofern ist der Mensch eine unkalkulierbare Variable. Das ist ja an sich nichts Neues. Heute können Sie das eben auch im Gehirn nachvollziehen.
Das geht natürlich nicht ‚auf der Straße‘, also in der direkten Situation, es ist immer an Apparaturen gebunden. Aber man kann viele dieser Situationen im Experiment simulieren.
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Wenn das Gehirn unbegrenzt formbar ist, dann kann man es auch ‚in Dienst‘ nehmen sozusagen – zur
Heilung, oder aber zur Linderung unheilbarer Krankheiten. Geradezu sensationelle Erfolge hatten Sie mit
sog. Locked-In-Patienten, mit denen Sie forschen und arbeiten. Was genau bedeutet ein Locked-in Zustand?
Wenn Sie geistig und seelisch vollkommen normal sind, alles in ihrer Umgebung hören und verstehen
können,– also auch mitbekommen, wenn Ärzte oder Verwandte an Ihrem Bett über das Abstellen der
lebenserhaltenden Maschinen debattieren – aber keinerlei Muskel mehr bewegen können, auch nicht
mehr sprechen können. Komplette Locked-in Patienten können nicht einmal mehr die Augen bewegen,
mit denen sie sich vorher noch mitteilen konnten. Dann ist das Gehirn mit seinen Gedanken allein. Und
wenn die Kommunikation langfristig unterbrochen ist, dann lässt auch das Denken langsam nach.
Und Sie haben ein System entwickelt, um mit dem Gehirn dieser Menschen zu kommunizieren.
Die Kommunikation erfolgt über eine Schnittstelle zwischen Gehirn und Computer, das sogenannte
Brain-Machine-Interface (BMI). ‚Gehirnmaschine‘ haben wir das unter uns genannt. Und wir schulen die
Patienten im sogenannten Neurofeedback, das ist, einfach gesagt, eine Methode zur Kontrolle der eigenen Hirntätigkeit. Genau wie Menschen in der Lage sind, ihre Atmung zu beeinflussen, können sie innerhalb gewisser Grenzen lernen, ihre Hirntätigkeit zu lenken und damit zu kommunizieren.
Wie kann man sich diese „Hirnsprache“ denn vorstellen?
So kompliziert ist das gar nicht. Sie stellen Fragen, die man mit Ja oder Nein beantworten kann. Und der
Patient braucht die Antworten ja nur zu denken Dann fragen Sie zuerst die dringendsten nach dem Befinden, nach Schmerzen. Sie stellen zum Beispiel die Frage: Hast du gerade Rückenschmerzen? Liegst du
falsch? Und der Patient denkt ‚Ja‘. Und der Computer identifiziert aus der Gehirntätigkeit, was der
Mensch gedacht hat, ob das ein Ja oder ein Nein war. Ja oder nein ist das, was wir leicht messen können.
Kann man ganze Sätze mit ‚Gehirnsprache‘ sprechen?
Noch nicht, aber das ist eine Frage der Zeit, bis das geht.
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Von außen betrachtet stellt man sich ja vor, dass ein Leben in diesem Zustand nicht besonders lebenswert
ist. Was für eine Rückmeldung haben Sie von Ihren Patienten bekommen?
Wir sind immer davon ausgegangen, dass die Leute niedergeschlagen sind, dass sie eigentlich nicht mehr
leben wollen. Das Überraschende war aber, dass alle Patienten, die wir bisher untersucht haben, eine
sehr hohe Lebensqualität angeben. Sie sagen, ich bin nicht unglücklich. Natürlich sind sie unglücklich,
wenn sie Schmerzen haben, aber das kann man immer beseitigen. Sie sind nicht depressiv, sie sind nicht
hoffnungslos – solange die soziale Interaktion mit der Familie aufrecht erhalten bleibt. Meistens ist es
die Familie, die sich um sie kümmert. Und solange diese Interaktion aufrecht erhalten bleibt, ist die Lebensqualität zum Teil besser als bei Gesunden. Also die Idee, dass es einem vollkommen gelähmten
Menschen psychisch schlecht geht, die ist schlichtweg falsch. Der Grund ist eigentlich selbstverständlich:
wenn die Umgebung mit einem solchen schwerstkranken Menschen positiv umgeht, ihm positive Gefühle vermittelt, positiv sozial interagiert, dann ist am Ende des Tages auch die Stimmung dieses Menschen
positiv. Das ist genauso wie bei Gesunden, die den ganzen Tag mit netten Menschen zusammen sind, die
fühlen sich auch am Abend besser, als wenn sie den ganzen Tag mit unangenehmen Leuten zusammen
gewesen wären.
Wo ‚sprechen‘ Sie mit den Patienten?
Wir sind immer bei ihnen zu Hause. Diese Patienten sind so schwer krank, die können Sie nicht ins Labor
transportieren. Wir bauen die häusliche Umgebung in ein kleines Labor um, so dass sie mit der Maschine
Ja und Nein sagen können.
Lehren Sie dann auch die Angehörigen mit den Kranken zu kommunizieren?
Natürlich versuchen wir immer, die Angehörigen mit einzubeziehen, aber wir lernen auch Pfleger an.
Denn das Kommunizieren mit diesem System ist geistig sehr anstrengend, genauso als würden Sie eine
Fremdsprache lernen.
Ob eine Kommunikation glückt, liegt sicher auch an der Geschicktheit der Fragen, die mit Ja oder Nein
beantwortet werden können?
Das ist ganz wichtig. Wir formulieren vorher mit den Angehörigen Hunderte von Fragen. Wir fangen immer mit einfachen Fragen an, wo wir die Antwort wissen. Ich muss wissen, ob das Ja wirklich ein Ja ist.
Also stelle ich erst Hunderte von Fragen, von denen ich die Antwort kenne, so dass der Computer nach
einiger Zeit weiß, das war sicher ein Ja, das war sicher ein Nein.
Eine Frage, die wir dann immer stellen, bezieht sich auf ihr Denken. Denn wir sind ja daran interessiert,
wie ändert sich das Denken in diesem oft Jahre dauernden Zustand. Und so eine Frage lautet zum Beispiel: Denkst du viel? ‚Denkst du wenig? ‚Fantasierst du viel? ‚Träumst du viel? Denn die Annahme, die
wir ja immer haben, ist, dass die Gedanken langsam versiegen. Und in der Tat versiegen alle Gedanken,
mit denen ich einen Effekt erzielen will. Sie denken zum Beispiel: Ach, ich würde jetzt gerne ein Schnitzel
essen! Aber Sie können ja kein Schnitzel mehr essen, weil Sie künstlich ernährt werden. Der Gedanke
kommt dann nach einiger Zeit nicht mehr. Aber es bleibt immer noch viel übrig Fantasien, Träume aus
der Vergangenheit.
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Fragen Sie die Patienten auch, ob sie leben wollen?
Ja. Die meisten Patienten, die wir haben leiden unter Amyotropher Lateralsklerose (ALS) und da ist der
Arzt per Gesetz berechtigt, dem Patienten den Sterbe-Prozess zu erleichtern, wenn der sich weigert, die
Notfallversorgung – die er ja immer braucht, er muss immer beatmet werden – zu akzeptieren.
Die meisten Menschen nehmen das auch in Anspruch, meiner Meinung nach aus der falschen Auffassung heraus, dass dieser Zustand, wenn sie beatmet werden müssen, unerträglich ist. Von unseren Patienten, die wissen, dass wir berechtigt und willens sind, ihnen ein angenehmes Ende zu bereiten, wenn
sie das wünschen, hat bisher kein einziger das gewollt. Daran sehen Sie, dass dieser Wunsch zu sterben
determiniert ist von den Möglichkeiten, die ich habe. Und von dem Unfug, den mir meine Umgebung
beibringt über meinen Zustand.
Halten Sie deshalb auch Patientenverfügungen für eine „grenzenlose Dummheit“?
Genau! Weil Sie zu dem Zeitpunkt, wo Sie die Patientenverfügung unterschreiben, über Ihre Lebensqualität in dem späteren Zustand einer Krankheit nichts wissen. Sie können sich nicht einmal vorstellen, was
es bedeutet, künstlich beatmet zu werden. Und Sie können sich als gesunder Mensch nicht vorstellen,
dass künstliche Beatmung eine Erleichterung sein kann, eine Zunahme an Lebensqualität, was hier der
Fall ist. Denn vorher ringen Sie ja nach Luft, oft über Wochen. Und dann werden Sie künstlich beatmet –
auf einmal ist das Luftringen weg. Diese so genannte Techno-Medizin, auf die heute überall geschimpft
wird, die in diesem Fall ja nur in Maschinen zur Beatmung und zur Nahrungsaufnahme besteht, die ist
hier nicht negativ.
Für die Angehörigen ist die Betreuung aber doch eine enorme Belastung, oder?
Ja, wahrhaftig! Aber es ist dennoch weniger anstrengend, als wenn Sie einen Alzheimer Patienten hätten. Merkwürdigerweise ist die Panik vor der Pflege eines Demenzkranken geringer als vor dieser Art von
Krankheit. Obwohl in Wirklichkeit die Situation umgekehrt ist. Offenbar erleben Gesunde das als bedrohlicher, wenn Patienten in diesem Locked-in-Zustand beatmet und künstlich ernährt werden als einen
Alzheimer Patienten, der noch durch die Tür gehen kann, der aber nicht mehr weiß, wie er heißt und den
man intensiv betreuen und pflegen muss und der auch aggressiv werden kann.
Wie viele Fälle von Locked-In Patienten, die mit Ihrer Methode behandelt werden könnten, gibt es denn
schätzungsweise in Deutschland?
Wir wissen überhaupt nicht, wie viele davon betroffen sind. Denn Sie finden auf Intensivstationen Menschen mit ganz anderen Krankheiten, die auch Locked-in sind. Die werden dann meist unter dem Begriff
apallisches Syndrom, Koma, oder Wach-Koma geführt. Wir haben viele dieser Patienten untersucht und
festgestellt, dass von diesen Diagnosen 30 Prozent falsch sind. Das heißt, es gibt in Deutschland viele
Tausende, die eine solche Kommunikation benötigen würden, die aber nie gefragt werden und die auch
keine Antwort mehr geben könnten.
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Woran liegt das?
Woran es wirklich liegt, kann ich Ihnen nicht sagen, das ist ein komplizierter Zusammenhang. Eine Mischung aus Ignoranz, Angst vorm Sterben, die ja bei Ärzten oft besonders ausgeprägt ist, Angst und der
Tatsache, dass ich in der Medizin kurativ tätig sein will. Ich will ja als Arzt heilen und ich weiß hier, dass
ich nichts mehr heilen kann, nur lindern.
Es gibt praktisch keine Schwersterkrankung, sagen Sie, die die Betroffenen nicht – dank Neurofeedback –
zu hoher Lebensqualität finden lässt. Sie haben Erfolge mit Parkinson-Patienten, Epileptikern und auch
mit ADHS – Kindern erzielt. Mit einer Ihrer neuesten Forschungen wollen Sie nachweisen, dass psychopathische Straftäter ihre Affekte mithilfe von Neurofeedback besser kontrollieren können. Wie geht das?
Psychopathen sind Menschen, die nicht gelernt haben, die negativen Konsequenzen ihres Tuns zu fühlen. Das heißt, die wissen sehr wohl, was sie tun, aber es fehlt die Angst dabei. Es fehlt ihnen das Körpergefühl, dass das, was ich da tue, unangenehm für mich und andere ist. Wenn Sie überhaupt kein Gefühl
dafür haben, wie ein Messerstich wehtun kann, dann stechen sie auch auf jemand anderen ein.
Das ist also eine Fehlfunktion des Gehirns?
Es ist keine Fehlfunktion, es ist ein fehlgeleiteter Lernprozess, nein, ich muss mich korrigieren – es ist
auch nicht fehlgeleitet – es ist ein normaler Lernprozess, der dazu geführt hat, dass ein Mensch Dinge
macht, die die Gesellschaft nicht so gerne sieht. Im Krieg wäre derselbe Mann ein Held. Bei gefährlichen
Sportarten oder in Führungsetagen finden Sie viele solcher Leute!
…aber auch im Gefängnis
Im Gefängnis finden wir die, die kein Geld haben und die sich haben erwischen lassen, weil sie nicht intelligent genug waren. Wir finden eben diejenigen dort, die in ihrer sozialen Umgebung nicht die Möglichkeit hatten, diese Psychopathie sozusagen zum Erfolg zu führen.
Wie haben Sie hier eine Änderung herbeiführen können?
Die Betroffenen können die Gehirnteile, die mit dem Mangel an Angst zu tun haben, wieder hochtrainieren, so dass sie wieder Angst haben – es dauert lediglich länger als bei ‚Gesunden‘. Ob das allerdings
auch außerhalb der ‚Laborsituation‘, also außerhalb des Gefängnisses, funktioniert, kann ich so nicht
sagen. Man müsste diejenigen, die Freigang haben, weitertrainieren und man müsste sie danach für
mindestens drei oder vier Jahre nachuntersuchen, ob sie wieder rückfällig werden -was immer einen
toten Menschen mehr bedeuten kann. Das wäre ein viel zu riskantes Unternehmen.
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Wie haben sie die Straftäter überhaupt motiviert, an Ihren Versuchen teilzunehmen? Bei Psychopathen
besteht ja kein Leidensdruck.
Mit Geld! Wir bekommen für unsere Forschungsprojekte Gelder und wir machen unsere Förderer gleich
darauf aufmerksam, dass wir für die Bezahlung dieser Leute viel Geld brauchen, sonst erzielen wir keine
Effekte.
Sie trauen dem Neurofeedback viel zu, wie halten Sie es denn mit der traditionellen Psychotherapie, die ja
nachweislich auch Veränderungen im Gehirn erzeugt?
Das kommt auf die Psychotherapien an. Es gibt Psychotherapien, denen traue ich gar nichts zu, der Psychoanalyse zum Beispiel. Aber natürlich kann eine wissenschaftlich fundierte Psychotherapie genauso
viel ändern wie Neurofeedback. Sie können ja durch Umgebungsveränderungen, durch Pädagogik, durch
Musik viel verändern. Jeder Musiklehrer verändert das Gehirn mehr als ich mit meinem Neurofeedback!
Der einzige Unterschied zwischen Psychotherapie und dem, was wir tun, ist, dass wir uns das Gehirn auf
dem Weg zur Änderung anschauen. Wirklich unersetzlich ist es bei den Locked-In-Patienten, da gibt es
keine Alternative.
Ihre eigene Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür, dass Lebenswege wandelbar sind: als Jugendlicher
waren Sie Mitglied einer Gang und haben einem Mitschüler sogar mal eine Schere in den Fuß gerammt.
Welchen Impuls brauchte ihr Gehirn, um Sie doch noch zu einem ‚nützlichen Mitglied‘ der Gesellschaft zu
machen?
Die Antwort ist so einfach wie nur was: Schulwechsel! Raus aus der Umgebung! Die schulische Umgebung, in der ich am Anfang aufgewachsen bin – die häusliche war ja in Ordnung – war so negativ, dass
die dieses Verhalten belohnt hat. Und in der Schule, auf die ich nach dieser Katastrophe kam, war so ein
Verhalten absolut tabuisiert.
Hat die unendliche Plastizität des Gehirns eigentlich auch Schattenseiten?
Die Schattenseite ist, dass das Gehirn so abhängig davon ist, was in seiner Umgebung passiert, dass es in
alle Richtungen losgehen kann. Seit es Menschen gibt, sitzen wir auf diesem Pulverfass, das zeigt uns ja
die Geschichte.
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