Finalspektakel: Der große Hobbit

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Finalspektakel: Der große Hobbit
Mayers Almanach
Finalspektakel: Der große Hobbit
Herzlichen
Glückwunsch,
Matt Groening!
Ich weiß, ich habe Ihnen bereits
letztes Jahr in dieser Rubrik
gratuliert, aber dem Schöpfer
der Simpsons kann man im
Grunde bis in alle Ewigkeit
gratulieren.
Die zehn realistischsten
Simpson-Figuren:
oochie, der Hund
10.P(weil
er von den
Figuren als erfunden
verpönt wird)
Simpson (weil sie
9.Lisa
das alles nicht mehr
lustig findet)
& Carl 8.+7.Lenny
(weil sie sich nicht outen)
Flanders (weil
6.Maude
sie gestorben ist)
Hummelmann
5.Der
(weil ich ihn nicht
verstehe)
Simpson
4.Abraham
(weil er dement ist)
3.Apu
Nahasapeemapetilon
Matthias Mayer
kommentiert alles
Mögliche
I
ch war für Sie im Kino und habe mir
„Die Schlacht der fünf Heere angesehen“, auch genannt „Der Hobbit III“ oder auch „Herr der Ringe,
Ende von Episode Null“. Der Hobbit
heißt in deutschen Büchern „Der kleine
Hobbit“, weil man mit der Hinzufügung
von „klein“ auf Niedlichkeit hinweisen
will, auf etwas, das in ein Kinderbuch
und in ein Kinderzimmer gehört. Und
so hat Tolkien es sich ja auch gedacht.
Vielleicht müsste man mit dem Regisseur
Peter Jackson also weniger die Werktreue erörtern als vielmehr den Tonfall
des Buches: Aus dem Buch keinen Hollywoodfilm, sondern einen Kinderfilm
zu machen, wäre die größere Kunst gewesen. Dialoge wie „Wer hat hier das
Sagen?“ – „Wer will das wissen?“ erinnern stets daran.
Teil III ist aber natürlich ein fulminantes, martialisches Finalspektakel.
Es sind zwar nur noch die letzten paar
Seiten des Buches, die nun in allen
Schlachtknoten dargestellt und aufgelöst werden müssen, aber das braucht
O
ff-Kanon oder In-Kanon bleibt
wohl für Literaten dennoch die
wichtigere Frage. Dass Jackson
zusätzlich Tolkiens Festplatte geplündert hat, verweist zumindest auf sehr engagierte Intertextualität. Ob einem das
Ergebnis gefällt, muss man halt selber
sehen. So wird Legolas fast zum Anakin
Skywalker der Hobbit-Trilogie, weil die
alberne Lovestory zwischen Elbin Tauriel und Zwerg Kili allzu deutlich und
zweckmäßig Legolas’ späteren Zwergenhass für LOTR heranzüchtet. (LOTR sagt
man statt „Herr-der-Ringe-Filme“, wenn
man sich als Fachmann kennzeichnen
will.) (Man kann aber auch sagen „Der
Hobbit, Episode 4“.)
Schau genau: Buchcover auf den Punkt
(weil er kein Problem
mit seinen Klischees
hat)
Simpson (weil
2.Homer
er kein Held ist)
Montgomery
1.C.Burns
(von allen
Gründen: weil er seine
Angestellten nicht
kennt)
20
Zeit, Eisen und Blut von mindestens
fünf Spezies. Kann Hollywood ja nichts
dafür, wenn Tolkien das in ein paar Sätzen abhudelt. Diese fünf Heere sind
eine Menge Zeugs. In der Zeit hätte
ich im Foyer ein kleines Mittagessen
zu mir nehmen können.
(Wenn ich mir vorstelle, dass man das
mit jedem Buch macht: Eine Monumentalreihe „Der Struwwelpeter“! In solch
scharfem Doppel-HD-HD, dass man
die Schuppen vom Struwwelpeter sehen
kann! Allein der Dreiteiler über den Suppenkasper würde Millionen verschlingen!
Benedict Cumberbatch spielt alle Rollen!)
BuchMarkt Februar 2015
D
as war mein erster Film in HFRSuper-Täterätä-HD. Und sicherlich
mein letzter, aber es ist interessant,
das wenigstens einmal selber gesehen zu
haben: Jawohl, das Bild ist wirklich wahnsinnig scharf, und nein, ein Gewinn ist das
keiner. Vielleicht mag es Gewohnheitssache sein und braucht Zeit, aber mir gefällt
das nicht. Das Bild ist eher unweich als
scharf, eher kalt als deutlich, eher hässlicher statt schöner, und das ist ein kleiner,
aber störender Unterschied. Sieht in etwa
so aus wie die unangenehm klaren Studioaufnahmen von britischen Fernsehserien
der 70er, Camcorder der 80er und Videospiele der 90er. Ich will Legolas, den Elb
sehen, aber nicht die Ränder seiner Kontaktlinsen oder seine Bartstoppeln. Elben
haben keinen Bart. Ich sehe die Konterbewegung schon vor mir: Regisseure, die
sich alte Kameras und altes Rohmaterial
besorgen, um klassisch zu fotografilmen.
Der Nachspann hat 13 Minuten gedauert, aber es kam kein Gag mehr. Das
Putzpersonal scharrte schon mit den Hufen; einer feixte gar „Da kommt noch e
naggisch Frau!“ Allein dass ich trotzdem
dasitze und warte, zeigt, dass es zur Unsitte geworden ist. Aber keine Sorge: Das
tolkiensche Werk ist ja nun filmisch gemolken. Das Weiterlesen auf elbischen
und orkischen Pfaden ist hiermit ange-
Trend des Monats:
Ehrlichkeitsaufkleber
bei Klett-Cotta entdeckt
Was denn – Wolfgang
Kreges absonderliche Neuübersetzung war doch nicht
etwa unbeliebt?
regt. Saurons ganze Geschichte ist schon
einen Blick in die Bücher wert.
(Irritierend im Ohr: Hobbit-Darsteller
Martin Freeman hat die deutsche Synchronstimme von TV-Enfant Terrible
Stewie Griffin. Wer „Family Guy“ mag,
wird das nicht enthören können, aber das
nur nebenbei.) Ob der Film nun gut war
oder nicht? Das spielt keine Rolle, weil
Sie ihn ohnehin (oder ohnehin nicht)
sehen werden. Aber ja, ich fand ihn gut.
»Niemand bereitet einen
auf das Leben so gut vor
wie Anne Tyler.«
Olga Grjasnowa
Foto: Michael Lionstar
Richtigstellung des Monats: Entschuldigung, Arena!
Im letzten Monat hatte ich Arena einen Coverklau bei Lori Nelson Spielman
(Krüger) unterstellt, und in Wahrheit ist es eher andersherum: Arena hatte
sein Baummotiv bereits 2010 angeschnitten und den Anschnitt dann später
erweitert, nachdem man sich bei Krüger durch diesen Titel optisch inspiriert
sah. Augen auf im Motivwald – das gilt natürlich auch und besonders für
mich und gerade für den Baum der Erkenntnis. Sorry für den Fehler!
Hardcover
ISBN 978-3
978-3-0369-5712-8
0369 5712-8
448 Seiten, ca. E 22.90
BuchMarkt Februar 2015
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KEIN & ABER