was kann venture capital?

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was kann venture capital?
Text: Ursula Horvath
Fotos: zur Verfügung gestellt, iStockphoto
WAS KANN
VENTURE CAPITAL?
BETEILIGUNGSKAPITAL IST GERADE FÜR JUNGE UNTERNEHMEN EINE INTERESSANTE
FINANZIERUNGSALTERNATIVE ZUM KLASSISCHEN KREDIT. WIR ERKLÄREN, WAS VENTURE CAPITAL IST, WIE MAN DAZU KOMMT, WER ES ANBIETET UND WORAUF MAN DABEI
ACHTEN MUSS.
Ohne Geld kein Wachstum. Doch in den
frühen Phasen der Unternehmensentwicklung ist eine Kreditfinanzierung nicht
immer möglich. Dann kann Venture Capital (risikobereites Eigenkapital) eine interessante Alternative sein: Venture-Capital-Geber sind in der Regel Fonds, in die institutionelle Investoren wie Versicherungen,
Banken oder Pensionskassen investieren. Die Venture-Capital-Gesellschaft stellt
Eigenkapital zur Verfügung – und zwar
ohne Nachweis von Sicherheiten und
ohne fest stehende Rückzahlung bzw.
Verzinsung des Kapitals. Während für
Banken die Finanzierung von jungen Unternehmen, die keine Umsätze, aber eine
hohe Burn Rate (negative Cash-Flows)
aufweisen, zu riskant ist, gehen VentureCapital-Fonds dieses Risiko bewusst ein.
Sie ermöglichen dadurch innovativen Unternehmen Anfangsinvestitionen zu tätigen,
ihre Produkte zu entwickeln und damit ein
schnelles Wachstum.
Im Gegenzug beteiligen sie sich am Unternehmen. Und zwar mit allen Rechten
und Pflichten, Chancen und Risiken. Als UnternehmerIn muss man sich daher gut
überlegen, ob man eine/n neue/n MiteigentümerIn akzeptieren und einbinden
möchte. Man muss sich dessen bewusst
sein, dass der Geldgeber ein Mitspracherecht hat. Die Venture-Capital-Gesellschaft
wird zum haftenden Partner und ist am Gewinn und an der Wertsteigerung beteiligt.
„Das Thema der Mitsprache ist immer die
große Befürchtung der Unternehmen.
Aber die ist unbegründet – es geht schließlich nicht um eine feindliche Übernahme,
sondern um eine Kooperation. Die meisten
ßerdem ist der Investor froh über einen Entrepreneur oder Geschäftsführer als treibende Kraft im Unternehmen. Nur wenn
die Strategie gar nicht funktioniert und alles aus dem Ruder läuft, wird sich der Geldgeber einmischen.“
Jürgen Marchart
(Jahrgang 1973)
der
Geschäftsführer
AVCO
österreichischen Kapitalgeber streben gar
keine Mehrheitseigentümerschaft an“,
weiß Jürgen Marchart, Geschäftsführer der
AVCO (Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation). Die meisten Venture-Capital-Gesellschaften streben eine
Beteiligung von zehn bis 35 Prozent am Unternehmen an.
Außerdem stellen Venture-Capital-Gesellschaften ihre unternehmerische Erfahrung und Kontakte zur Verfügung und eröffnen damit neue Möglichkeiten. „Venture
Capital ist intelligentes Geld“, betont Marchart: „Man bekommt auch Know-how vom
Venture-Capital-Fonds. Wenn dieser zum
Beispiel schon fünf Unternehmen der selben Branche finanziert hat, bekommt
man wertvolles Know-how, Zugang zu
Netzwerken und Märkten und so weiter. Au-
Was wollen die Geldgeber?
Risikokapitalgeber verfolgen ein klares
Ziel: Innerhalb von vier bis acht Jahren will
der Venture-Capital-Geber die Anteile am
Unternehmen verkaufen und damit eine
überdurchschnittlich gute Rendite erzielen.
Daher muss das Unternehmen in der
Lage sein, innerhalb dieser Zeit eine substanzielle Wertsteigerung zu erzielen. Das
gesamte Finanzierungskonzept ist auf die
Kennziffer „Internal Rate of Return” (Rendite auf das eingesetzte Kapital) ausgerichtet. Bei Venture-Capital-Gesellschaften liegen die Internal-Rate-of-Return- Ziele in der Frühphase bei 30 bis 50 Prozent,
danach bei 30 bis 35 Prozent.
„In vielen Fällen ist die Exit-Strategie
schon im Vorfeld geregelt“, sagt Marchart. Möglichkeiten gibt es viele: Das Unternehmen geht an die Börse oder ein
Fonds, der auf die nächste Unternehmensphase spezialisiert ist, kauft die Anteile. Der Kauf durch einen strategischen
Investor oder ein anderes Unternehmen ist
ebenso möglich wie ein Rückkauf durch
die/den UnternehmerIn.
Ist Ihr Unternehmen bereit?
„Wenn das Unternehmen bereits existiert
und man eine gewisse Größe erreicht
hat, ist die Zeit reif für Venture Capital.
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SERVICE
TIPPS
So kommen Sie zu Venture Capital
 Bereiten Sie Informationen gut
auf und erstellen Sie einen
Businessplan. Üben Sie den
„elevators pitch“: Sie müssen
während der Dauer einer Aufzugsfahrt dem Investor erklären
können, warum sich eine Beteiligung an Ihrem Unternehmen
lohnt.
Meist ist es soweit, wenn man bei anderen Finanzierungstools an die Grenzen
des Möglichen stößt. Ab Summen von
500.000,– Euro können Banken oft das
Kreditrisiko nicht eingehen, Förderungen gibt es nicht mehr und für Business Angels ist der Kapitalaufwand zu groß“,
sagt Marchart. Venture-Capital-Gesellschaften investieren vor allem in Unternehmen, die sich in einer frühen Entwicklungsphase befinden. Das Unternehmen muss sich durch seine Produkt- bzw.
Geschäftsidee von den Mitbewerbern
deutlich positiv abheben, es muss sich auf
einem dynamisch wachsenden Markt bewegen und braucht ein Führungsteam, das
rasches Wachstum professionell bewältigen kann.
Wie findet man die Kapitalgeber?
Die AVCO, der Dachverband der österreichischen Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds vermittelt zwar nicht zwischen
Unternehmer und Investor, aber die Mitgliederliste gibt einen guten Überblick
über die heimischen Marktteilnehmer.
„So etwas wie die AVCO gibt es in jedem
Land. Es ist durchaus üblich, dass mehr als
ein Fonds in ein Unternehmen investiert.
Wenn es das Unternehmensziel ist, einen
neuen Markt zu erobern, ist es außerdem
sinnvoll, einen Investor im Zielland zu haben“, erklärt Marchart.
Wie beliebt ist Venture Capital?
Im weltweiten Vergleich ist die österreichische Venture-Capital-Szene sehr klein.
„Wir liegen im europäischen Ranking an
fünft-letzter Stelle“, erzählt Marchart. Die
Volumina sind im Lichte der Finanzkrise
auch in Österreich zurück gegangen.
Schließlich ist auf der Seite der Investoren
der bis zur Krise dominanten Bankensektor
quasi über Nacht weggebrochen. „Von
2008 bis 2010 hat man gesehen, dass es
Unternehmen bei Neuinvestments schwer
hatten, weil die Fonds nicht in neue Projekte investiert haben, sondern bestehende Unternehmen unterstützen mussten. Aber es gab viele Anbahnungen in dieser Zeit. Und jetzt zeichnet sich ab, dass
die Neuinvestments wieder kommen“, so
Marchart. Da in Zeiten wie diesen andere
Kapitalquellen limitierter sind als früher,
steigt auch das Bewusstsein der Unternehmer, dass es Beteiligungskapital gibt.
Ist vielleicht auch Ihr Unternehmen reif für
eine Venture-Capital-Finanzierung?
 Wie bei jeder Partnerschaft
muss man vorsichtig sein: Machen Sie sich über den Investor
schlau. Holen Sie sich für Vertragsverhandlungen rechtlichen
und steuerlichen Beistand.
 Suchen Sie einen Investor, der
zum Unternehmen passt. Wenn
ein Fonds auf Biotech spezialisiert ist und Sie ein Industrieprodukt herstellen, wird eine
Kooperation nicht zustande
kommen. Ebenso wenig bringt
eine Anfrage, wenn Sie 1,5 Mio.
brauchen, der Fonds aber bei
seinen Investments die
500.000-Euro-Grenze nicht
überschreitet.
 Bedenken Sie auch, dass Venture Capital nicht für jedes Unternehmen das richtige Tool ist.
Die Fonds suchen Unternehmen
auf Expansionskurs mit hohem
Wertsteigerungspotenzial.
 Es ist durchaus üblich, verschiedene Quellen anzuzapfen:
Venture Capital (Eigenkapital),
Förderungen und Fremdmittel.
Nützen Sie alle Möglichkeiten.
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