Schreiben an Herrn Prof. Friedrich - Deutscher Club für Bullterrier eV

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Schreiben an Herrn Prof. Friedrich - Deutscher Club für Bullterrier eV
Ältester zuchtbuchführender
Verein Deutschlands
für die Rassen:
Bullterrier
Miniatur Bullterrier
Staffordshire Bullterrier
American Staffordshire Terrier
- seit 1924 1. Vorsitzende DCBT e.V.
Christiane Thul-Steinheuer
Unterstr. 33, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler
Tel: 02641-3039197 Fax: 02641 - 7119
Internet: www.dcbt.de Email: [email protected]
VDH
Herrn Professor Dr. Peter Friedrich
Per Mail
Bad Neuenahr, 26.12.2015
Größenproblematik Miniatur Bullterrier
Sehr geehrter Herr Professor Dr. Friedrich,
Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 22.12.2015 teile ich Ihnen mit, dass
der DCBT e.V. sich intensiv mit dieser Problematik befasst.
Auf der letzten Tagung unseres Zuchtausschusses am 13.12.2015 hatte
dieses Thema höchste Priorität.
Hier der Auszug aus dem Protokoll der Sitzung:
…In einer Züchtertagung und Zuchtausschusssitzung wurde am 25.03.
2012 nachfolgender Stufenplan beschlossen:
a) bis 15 inch
volle Zuchttauglichkeit
b) bis 16 inch
Übergangsweise bis 1.1.2015 volle
Zuchttauglichkeit nach dem 1.1.2015 beschränkte
Zuchttauglichkeit für 2 Würfe
c) über 16 inch
Übergangsweise bis zum 1.1.2015 beschränkte
Zuchttauglichkeit für 2 Würfe
C.Thul-St. erklärt die momentane Situation, in der sich die Vereine befinden.
Es gibt mittlerweile, insbesondere in NRW, vermehrt Ordnungsämter, die auch
Hunde mit VDH-Ahnentafel zur Vermessung vorladen. Auch die VDHAhnentafel wird nur noch als Indiz zur Rassezugehörigkeit gewertet. Hunde,
die über 40cm groß sind, sind trotz Ahnentafel als Standard BT eingestuft
worden. Um weiteren Schaden abzuwenden, muss dringend eine Lösung
gefunden werden, die zum einen der Größenproblematik Rechnung trägt; zum
anderen aber auch eine rigorose Einschränkung im Gesamtzuchtpotential
verhindert.
Die Versammlung entscheidet, dass die Gesamthöhe der Verpaarung
77cm nicht überschreiten darf. Dieses gilt ab 01.01.2016.
Ab dem 01.01.2017 gilt als maximale Gesamthöhe 76cm.
MBT, die neu zur Zucht zugelassen werden sollen, dürfen ab
01.01.2016 nicht größer sein als 40cm. Ab 01.01.2017 gilt eine
maximale Schulterhöhe von 39cm.
Die Regelung der Gesamthöhe einer Verpaarung betrifft auch alle
bereits zuchttauglich geschriebenen Hunde. Hunde, die bisher noch
nicht vermessen sind, müssen vor dem nächsten Zuchteinsatz
vermessen werden.
Zu diesem Zweck wird ein „Messtermin“ in Kürze in Ginsheim
abgehalten. Ist die Entfernung für den Einzelnen zu groß, kann das
Tier von einem anerkannten Körmeister vermessen werden… .
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Politik der vergangenen Jahre
bereits erste Früchte trägt. Die größeren Hunde, die zu den ZTPs vorgeführt
werden, sind absolut in der Minderzahl. Von 42 zur Zucht zugelassenen
Miniaturbullterriern, liegen 2 Hunde über 39cm. Mehr als 70% der
vorgeführten Hunde liegen unter 38cm. Mit der Gesamthöhenregelung
beabsichtigen wir in erster Linie auch den Altbestand mit Regularien zu
versehen.
Um eine möglichst große Objektivität zu wahren, wird die Messung immer von
3 Personen (1 Richter, 1 Zuchtwart 1 Vorstandsmitglied) nacheinander
durchgeführt. Nach Abschluss der Messung werden die Ergebnisse
abgeglichen.
Im Jahr 2015 wurden insgesamt 42 Hunde der Rasse MBT im DCBT e.V.
zuchttauglich.
Nachfolgend die Messergebnisse:
Rüden (8):
•
•
•
•
1
4
1
2
mit
mit
mit
mit
35 cm
37 cm
38 cm
40,5 cm (nur für 2 Deckakte zugelassen)
Hündinnen (34):
•
•
•
•
•
1
1
1
2
2
mit
mit
mit
mit
mit
32 cm
33 cm
34 cm
34,5 cm
35 cm
•
•
•
•
•
•
•
•
3
3
5
3
4
5
1
3
mit
mit
mit
mit
mit
mit
mit
mit
35,5 cm
36 cm
36,5 cm
37 cm
37,5 cm
38 cm
38,5 cm
39 cm
Ein grundsätzlicher Gedankengang:
Der Miniatur Bullterrier-Markt boomt.
Im Jahr 2014 wurden 688 Miniatur Bullterrier über den VDH gezüchtet. Zudem
kann man von ca. 1.000 sogenannten „Dissidenzhunden“ mit „bunten
Papieren“ ausgehen, die jährlich auf den Markt gebracht werden. Nicht
vergessen dürfen wir die vermutlich noch größere Anzahl der illegal
importierten Standard BT, die als MBT feilgeboten werden. Diese Tiere leiden
zusätzlich häufig an sozialer Deprivation, da sie meist im Alter von 4-5
Wochen verkauft werden, um den Käufer über die wahre Rassezugehörigkeit
zu täuschen. Last but not least die Anzahl der sogenannten „Mischlingswürfe“
mit tatsächlicher oder angeblicher MBT-Beteiligung.
Durch mein mittlerweile über 20 Jahre währendes Engagement für den Verein
„Bullterrier in Not e.V.“ habe ich täglich mit den Problemen, die insbesondere
durch die 3 letztgenannten Gruppen verursacht werden, zu tun.
Wir (Zuchtbeauftragte, Richter, Züchter, Vorstände, Rassespezialtierschutzvereine), die wir uns täglich mit diesen Tieren befassen, sind in der Lage einen
echten, großen MBT von einem etwas zu „mickrig“ geratenem BT zu unterscheiden. Die Entscheidungsträger bei den Behörden verfügen jedoch häufig
nicht über unsere Kompetenz. Zudem erfolgen dort Messungen, die oft mehr
einer Schätzung entsprechen.
Die meisten Probleme bei den Behörden treten durch die große Gruppe
falscher MBT auf. Oft werden Kopien von VDH-Ahnentafeln als angebliche
Abstammungsnachweise vorgelegt. Tatsächlich liegt eine Elternschaft nicht
vor. Leider gibt es Anwälte, die sich diesem Markt sehr intensiv angenommen
haben.
Durch das Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf vom 18.06.2008 (Az.:
18 K 5472/07) wurde der Erlass des MUNLV vom 11.07.2008, in dem die
Ahnentafel Priorität vor dem Phänotyp hat zurückgenommen. Seit dieser Zeit
berufen sich die Behörden wieder auf ein Schreiben aus dem Jahre 2005, in
dem der MBT eine Größe von 25-35cm bei einem Gewicht von 11-15kg haben
soll; und auch der BT wurde, entgegen dem Rassestandard, mit Größen- und
Gewichtsmaßen versehen (42-56cm und 24-30kg). Ein Mini der bei einer
Körpergröße von 25cm 11kg wiegt ist eine genauso entsetzliche Vorstellung
wie ein Standard, der bei einem Schultermaß von 56cm nur 30kg wiegen soll.
In einem Gespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiters des LANUV wurde
mir mitgeteilt, dass eine Abstammungsurkunde durch den VDH nur noch als
Indiz für die Rassezugehörigkeit gilt. Dies ist auch teilweise durch die
Ausstellung von Registerahnentafeln verschuldet. Im DCBT e.V. habe ich alle
Richter angewiesen, eine Registerahnentafel nur noch dann auszustellen,
wenn das vorgestellte Tier der Sollgröße entspricht. Es kann nicht sein, dass
wir denen, die „billig“ kaufen wollen, das Produkt mit unseren Registrierungen
adeln.
Des Weiteren zeigt der Blick ins benachbarte Ausland, insbesondere in das
Mutterland der Rasse, dass die in Deutschland über den VDH gezüchteten MBT
eher zu den kleineren Exemplaren gehören.
Im Zuge der Erweiterung des Genpools sowie der Verdrängung von PLL
wurden im Ausland auch kontrolliert größere Tiere zur Zucht verwendet. In
England zählt der Miniaturbullterrier zu den „vulnerable breeds“. Hinsichtlich
der Größe wird dies nur als Fehler im Showring gewertet.
Interessanterweise ist der Miniaturbullterrier, nach meinem derzeitigen
Kenntnisstand, die einzige Rasse mit einer im Rassestandard dokumentierten
Soll-Größe, ohne aber gleichzeitig einen geschlechtsspezifischen
Größenunterschied und hier eine „von - bis Reglung“, wie sie bei den
meisten anderen Rassestandards zu finden ist, vorzugeben.
Interpretiert man „Soll“ als mittleres Maß, hätte auch der MBT Möglichkeiten
„von - bis“ , die sich im Übrigen rein rechnerisch in den von uns
vorgegebenen Zuchtzulassungen bewegen, ungeachtet dessen sieht der
Rassestandard des Bullterriers kein Größen- und Gewichtslimit vor.
Dass es bis heute immer noch größere Hunde auch aus VDH-Zucht gibt, liegt
an dem gezielten Einsatz der größeren MBT, zu der Zeit als es noch keinen
PLL-Test gab. Da man sich seinerzeit davon versprach diese Krankheit durch
den Einsatz größerer Tiere, die weniger betroffen schienen, zu eliminieren.
Dennoch lastet diese genetische Last immer noch auf unseren Schultern und
wird auch in Zukunft immer mal wieder dazu führen, dass einzelne Tiere die
Sollgröße überschreiten. Auf der anderen Seite muss man feststellen, dass
neben dem unerwünschten Größenzuwachs, sich sowohl die Optik als auch das
Wesen des MBT wesentlich verbessert haben.
Gerade weil der Markt boomt ist es umso wichtiger, dass die von uns
gezüchteten Hunde ein gutes Wesen haben. Dies ist einer der Gründe, warum
wir in unseren ZTPs, neben der Größe des MBT, insbesondere Wert auf den
Teil der Wesenüberprüfung legen und dieses selbstverständlich bei allen
Rassen, die durch unseren Verein betreut werden.
Ein Ansatz, den wir verfolgen werden, ist die Einladung der zuständigen
Personen im MUNLV und dem untergeordneten LANUV zu einem Seminar auf
dem Gelände des Nothofes, um dort „echte“ und „falsche“ MBT sowie
„mickrige“ BT im Abgleich zu präsentieren und über die Unterschiede zu
referieren.
Eine Überlegung, die wir aber verworfen haben, war die Anweisung an die
Richter mehr auf Größe zu achten. Wir halten es für falsch einen Hund, der bis
auf 1-2 Zentimeter Größe zuviel, ansonsten in Wesen und Optik perfekt ist,
abzustrafen und ihm dadurch den Championtitel zu verwehren. Insbesondere
im internationalen Vergleich zeigt sich wie erfolgreich die deutschen MBT auch
auf internationaler Ebene sind. Gerade im Mutterland der Rasse konnten in der
jüngeren Vergangenheit immer wieder Erfolge errungen werden. Dieses ist
sicherlich ein Zeichen für unsere Qualität. Den Richtern eine Meinung
aufzuzwingen erscheint uns falsch. Eine „gewaltsame“ Größenreduzierung
würde uns im internationalen Vergleich mittelfristig zurückwerfen. Zudem
sehen wir, dass unsere bisherige Politik durchaus Erfolge (siehe Messergebnisse unserer ZTPs) bringt.
Grundsätzlich sehe ich aber auch den VDH als unseren Dachverband in der
Pflicht sich einzubringen. Dies insbesondere im Bezug auf Lobbyarbeit und
Intervention auf politischer Ebene. Es darf nicht sein, dass eine VDHAhnentafel bei den Behörden genauso gewichtet wird, wie ein „buntes Stück
Papier“ eines Dissidenzvereines und der VDH diesen Imageverlust hinnimmt.
Wir bitten Sie um entsprechende Hilfestellung, um unsere Züchter und
unseren Qualitätsanspruch auch auf politischer Ebene zu vertreten.
Schlussbemerkung:
Der Miniature Bull Terrier wird letztlich nicht durch 1 oder 2 Zentimeter zuviel
auf dem Index landen. Vermutlich werden einzelne über den VDH gezogene
Hunde, die 40cm oder größer werden, als BT eingestuft werden. Die
grundsätzliche Gefahr, dass der Mini „gelistet“ wird liegt m. E. darin, dass es
bei den „bunten MBT“ zu Beißvorfällen kommen wird, da im Hinterhof alles
was 4 Beine hat und auch nur im entferntesten an einen MBT erinnert, zur
Vermehrung eingesetzt wird, ohne dass auch nur ansatzweise auf Wesen,
Optik, Größe oder gar Gesundheit geachtet wird.
Unsere Maßnahmen müssen darin liegen, dass wir die „Marke“ unter dem VDH
gezogener MBT und dass was darin impliziert ist (Wesen!!!, Gesundheit und
letztlich auch die Größenpolitik), stärker in der Öffentlichkeit und bei den
Ministerien und den untergeordneten Behörden vertreten.
Gerne sind wir bereit diese Maßnahmen gemeinsam mit Ihnen zu evaluieren
und einen Masterplan zu erarbeiten.
Ihnen und Ihrem Team wünsche ich im Namen meiner Vorstandskollegen,
unserer Züchter und unserer Mitglieder einen guten Rutsch ins neue Jahr und
viel Gesundheit, Erfolg und Glück für 2016.
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Thul-Steinheuer